Herisau

Herisau ist eine Einwohnergemeinde im ehemaligen Bezirk Hinterland im Schweizer Kanton Appenzell Ausserrhoden. Es ist Sitz des Kantonsparlaments, der Kantonsregierung und der Kantonspolizei von Appenzell Ausserrhoden und gilt neben Trogen (Sitz der Judikative) de facto als Hauptort des Kantons (de jure kennt der Kanton keinen Hauptort).

Herisau
Wappen von Herisau
Staat: Schweiz Schweiz
Kanton: Kanton Appenzell Ausserrhoden Appenzell Ausserrhoden (AR)
Bezirk: Hinterland
BFS-Nr.: 3001i1f3f4
Postleitzahl: 9100
UN/LOCODE: CH HSA
Koordinaten:739022 / 249957
Höhe: 771 m ü. M.
Höhenbereich: 588–995 m ü. M.[1]
Fläche: 25,20 km²[2]
Einwohner: i15'649 (31. Dezember 2020)[3]
Einwohnerdichte: 621 Einw. pro km²
Ausländeranteil:
(Einwohner ohne
Schweizer Bürgerrecht)
23,1 % (31. Dezember 2020)[4]
Gemeindepräsident: Max Eugster (SP)
Website: www.herisau.ch
Blick auf Herisau

Blick auf Herisau

Lage der Gemeinde
Karte von Herisau
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Herisau wurde zur Alpenstadt des Jahres 2003 gekürt.

Geographie

Herisau liegt etwas südwestlich von St. Gallen an der Glatt, am Jakobsweg von Rorschach nach Einsiedeln.

Auf dem Gebiet der Gemeinde Herisau befinden sich die Ortschaften Herisau und Schachen sowie die Ortsteile oder Weiler Schwänberg, Ramsen, Ädelswil, Schloss, Wilen, Nieschberg, Rechberg und Saum.

Nachbargemeinden von Herisau sind St. Gallen, Stein, Hundwil, Waldstatt, Schwellbrunn, Degersheim, Flawil und Gossau.

Politik

Legislative

Die Legislative in Herisau ist der Einwohnerrat. Er besteht aus 31 Mitgliedern und wird alle vier Jahre durch das Volk neu gewählt (Proporz). Das Diagramm zeigt die Sitzverteilung in der Amtsperiode 2019–2023.

Insgesamt 31 Sitze

Exekutive

Die Exekutive in Herisau ist der Gemeinderat. Er besteht aus sieben Mitgliedern und wird alle vier Jahre durch das Volk neu gewählt (Majorz).

Gemeindehaus Herisau
Mitglieder des Herisauer Gemeinderates[5]
NamePartei
Glen Aggeler (seit 2018) Die Mitte
Stefanie Danner (seit 2021) parteilos
Max Eugster (seit 2006, Gemeindepräsident seit 2021) SP
Irene Hagmann (seit 2019) Gewerbeverein
Florian Hunziker (seit 2015) SVP
Peter Künzle (seit 2019) EVP
Sandra Nater-Schönenberger (seit 2014) FDP

Geschichte

Herisau um 1900
Historisches Luftbild aus 300 m von Walter Mittelholzer von 1920

Herisau wurde 837 erstmals urkundlich erwähnt.[6] Die Gegend gehörte politisch zum Kloster Sankt Gallen. Zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert wurden auf dem Gebiet um Herisau drei Burgen (Urstein, Rosenberg und Rosenburg) durch die Herren von Rorschach (Edle Ritter zu Rosenberg) errichtet.[7] Von diesen drei Festungsanlagen existieren heute nur noch (teils gut erhaltene) Ruinen. Die ehemalige Frequentier- und Residenz-Festungsanlage Rosenburg oberhalb des Ortsteils Ramsen wird heute Ruine Ramsenburg (dok. Rosenburg) genannt, ihre sehenswerten Überreste wurden 1937 letztmals restauriert. Die sogenannte Rosenburg (dok. Rosenberg) befindet sich im Ortsteil Rüti.

In den Appenzellerkriegen löste sich der Ort 1433 politisch von der Fürstabtei Sankt Gallen. Im Zuge der Reformation wurde Herisau reformiert und im Rahmen der Landteilung Teil des sich neu konstituierenden Halbkantons Appenzell Ausserrhoden. Hauptort war zunächst Trogen (Galgen im Gfeld). Erst ab ca. 1876 sind belegbar verwaltungstechnische Prozedere nach Herisau disloziert worden, Teile dieser Funktion erst im Jahre 1877.

1648 trennten sich Schwellbrunn und 1719 auch Waldstatt als souveräne Gemeinden vom ursprünglichen Marktflecken Herisau ab.

Das Textilgewerbe war seit dem 16. Jahrhundert wichtigste Quelle des relativen Wohlstandes der Gemeinde. Einzelne, auf Leinwandhandel spezialisierte Familien machten damit zeitweise ein beträchtliches Vermögen. Dies mag einer der Gründe sein, warum sich vom 17. bis ins 19. Jahrhundert bis zu 17 Goldschmiede gleichzeitig in Herisau ihr Auskommen zu teilen hatten. Aus dem überschaubaren Fundus ihrer Arbeiten sind nebst verschiedenen Abendmahlskelchen vor allem Patengeschenke (Löffel) und vereinzelt Hoheitszeichen (Weibelschilde) erhalten geblieben.

Bevölkerung

Bevölkerungszusammensetzung

Die 15'787 Einwohner von Herisau setzen sich wie folgt zusammen (Stand: 31. Dezember 2018):[8]

Konfessionen:

  • evangelisch-reformiert: 34,5 %
  • römisch-katholisch: 30,2 %
  • andere / ohne: 35,3 %

Geschlechter:

  • weiblich: 49,56 %
  • männlich: 50,54 %

Altersstruktur:

  • 0–19 Jahre: 19,0 %
  • 20–65 Jahre: 63,3 %
  • über 65 Jahre: 17,7 %

Bevölkerungsentwicklung

Die Herisauer Bevölkerung hat sich wie folgt entwickelt:[9]

Jahr Einwohner Schweizer  % deutschsprachig  % protestantisch  % römisch-katholisch
16673021
17344816
17805933
18136863
18307014
18508387818997,1 %2,9 %
18709705948192,9 %6,2 %
188812’93712’08298,9 %87,7 %12,0 %
190013’49712’42698,1 %84,9 %14,7 %
191015’33613’55095,0 %81,4 %18,0 %
193013’59912’78498,4 %82,8 %16,6 %
195013’40712’81997,6 %80,6 %18,6 %
197014’59712’12886,0 %66,3 %31,3 %
199015’62412’73184,6 %55,3 %34,1 %
200015’88212’53587,0 %48,3 %32,1 %
201015’23612’353k. A. k. A.k. A

Wappen

Blasonierung: «In Silber (Weiss) ein aufrechter, rot gezungter schwarzer Bär, der auf seinem dem Betrachter zugewandten Arm einen goldenen (gelben) Stamm trägt.»

Kultur

Sehenswürdigkeiten

  • Dorfkern. Da Herisau ein Marktflecken war, erinnert dieser Ortsteil an eine Altstadt (Obstmarkt, Oberdorfstrasse, Schmiedgasse, Bach-, Buchenstrasse)
  • Reformierte Pfarrkirche St. Laurentius (erbaut 1516–1520, spätgotisch, barocke Glocke (mit viel Geschichte), ist zu besichtigen) aus dem ehemaligen Kloster Salem, Abendmahlskelch von Christoph Laminit, Memmingen
    Abendmahlskelch von Christoph Laminit
  • Das aus einer alten (von der Glatt betriebenen) Mühle hervorgegangene und 1778 zur Textildruckerei erweiterte Schwarze Haus ist ein frühes Industriedenkmal. Heute dient es als Wohnhaus.[10]
  • Der Weiler Schwänberg gilt als die älteste urkundlich erwähnte Siedlung des Appenzellerlandes. Sehenswert ist beispielsweise das so genannte «alte Rathaus» – das Wohnhaus eines Söldnerhauptmanns aus dem Dreissigjährigen Krieg (1618–1648). Es ist auf Anfrage zu besichtigen.

Einige Gebäude im Ortskern und auf dem übrigen Gemeindegebiet von Herisau (vgl. Weiler Schwänberg) sind auf der Liste der Kulturgüter von nationaler Bedeutung im Kanton Appenzell Ausserrhoden zu finden.

Herisau, historisches Zentrum (2011)
Bachstrasse und Ref. Kirche

Veranstaltungen

  • Die Fasnacht dauert vom Schmutzigen Donnerstag bis zum Funkensonntag. Am Aschermittwoch wird Gidio Hosestoss von den Herisauer Schulkindern im Beisein der Trauergemeinde zu Grabe getragen. Am darauffolgenden Sonntag wird er (Gidio) auf dem «Ebnet» verbrannt. Herisau gilt auch als Hochburg der Ostschweizer Beizenfasnacht (Schnitzelbängg, Sauknapp-Party, Gugge-Monsterkonzert…).
  • Am «Blochmontag», dem Montag nach Aschermittwoch, findet der Bloch-Umzug statt.[11]
  • Von Mitte April bis Ende November wird jeden Samstagvormittag ein Wochenmarkt mit jeweils qualitativ hochwertigen, regionalen Produkten veranstaltet.
  • Ein Kinderfest wird alle zwei Jahre gefeiert. Hierin ist es Brauch, dass das Volk von Herisau die Kinder und Jugendlichen, privat zuhause oder offeriert in der ortsansässigen Gastronomie, zum Mittagessen einlädt. Anschliessend finden jeweils ein festlicher Umzug und verschiedene Aufführungen statt.[12]
  • Alternierend zum Kinderfest wird alle zwei Jahre das Herisauer Dorffest durchgeführt. Unter Mitwirkung der engagierten Mitglieder zahlreicher Vereine wird im Dorfzentrum (sich selbst) gefeiert.[13]
  • Die traditionelle und überaus sehenswerte Viehschau findet jeweils am Dienstag nach dem Eidgenössischen Bettag statt.
  • Am letzten Samstag im August wird «Usegstuehlet», aber nur bei schönem Wetter.[14]
  • Alle zwei Jahre im September präsentiert das Gewerbe aus der Region während vier Tagen seine Produkte an der Herisauer Herbstmarkt-Ausstellung (HEMA) in einer logistisch aufwendigen Zeltstadt auf dem Kreckel-Areal.[15]
  • Jeweils am ersten Oktober-Wochenende findet von Freitag bis Montag ein überregional äusserst beliebter Jahrmarkt auf dem Ebnet statt. Ein Warenmarkt auf der verkehrsbefreiten Bahnhofstrasse ergänzt am genannten Sonntag und Montag das Angebot.
  • Im Dezember findet der «Christchindlimarkt» an der schönen, ortsbildrelevanten Oberdorfstrasse statt.[16]
  • Am 31. Dezember sind in Herisau die Silvesterchläuse unterwegs (Schöni, Schöwüeschti, Wüeschti) aus Herisau, Waldstatt, Schönengrund und zugewandten Orten, Schwellbrunn, Urnäsch etc.

Wirtschaft

Industrie

Aufgrund der ausreichend vorhandenen Wasserkraft wurden das Appenzellerland und damit Herisau schon früh industrialisiert, und einige bedeutende Firmen (u. a. die Huber+Suhner AG oder die Metrohm AG) haben ihren Sitz in Herisau: die AG Cilander als Textilveredlerin der ersten Stunde sowie die Hänseler AG als Weltmarktführer im pharmazeutischen Fachhandel.

Verkehr

Voralpen-Express in Herisau

Der Bahnhof Herisau befindet sich an der Bahnstrecke Gossau–Appenzell der Appenzeller Bahnen sowie der Bahnstrecke St. Gallen–Wattwil der Südostbahn. Die Nationalstrasse 25 St. Gallen WinkelnAppenzell verläuft durch Herisau. Auch die Autobahn 25 ist hier projektiert.

Tourismus

Die nationale Wanderroute 4 ViaJacobi führt durch Herisau.

Eisenbahnbrücke der Südostbahn

Persönlichkeiten

Literatur

  • Thomas Fuchs: Herisau. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  • Angelo Steccanella: Goldschmiede von Herisau AG (PDF; 677 kB)
  • Eugen Steinmann: Die Kunstdenkmäler des Kantons Appenzell Ausserrhoden, Band 1: Der Bezirk Hinterland. Birkhäuser, Basel 1973. (= Die Kunstdenkmäler der Schweiz, Band 61). Digitalisat
  • Inventar der neueren Schweizer Architektur (INSA), 1850–1920, Band 5: Grenchen, Herisau, Lausanne, Liestal. Herausgegeben von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte. Orell Füssli, Zürich 1990, S. 123–223. Webzugriff via e-periodica.ch.
  • Thomas Fuchs et al.: Geschichte der Gemeinde Herisau. Appenzeller Verlag, Herisau 1999.
  • Peter Witschi: Das Schwarze Haus am Glattbach: ein Herisauer Industriedenkmal: Kanton Appenzell Ausserrhoden. (Schweizerische Kunstführer, Serie 67, Nr. 668). Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern 1999.
Commons: Herisau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. BFS Generalisierte Grenzen 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Höhen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. Mai 2021
  2. Generalisierte Grenzen 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. Mai 2021
  3. Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. November 2021
  4. Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Ausländeranteil aufgrund Stand 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. November 2021
  5. Gemeinderat auf der Website der Gemeinde Herisau, abgerufen am 25. August 2018
  6. StiASG, Urk. II 142. Online auf e-chartae, abgerufen am 19. Juni 2020.
  7. Thomas Fuchs: Herisau – 1 Bis zu den Appenzellerkriegen. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 22. August 2008, abgerufen am 10. Oktober 2011.
  8. Thomas Fuchs: Herisau. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  9. Peter Witschi: Das Schwarze Haus am Glattbach, ein Herisauer Industriedenkmal (= Schweizerische Kunstführer. Band 668). Hrsg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. Bern 1999, ISBN 3-85782-668-1.
  10. Blochmontag Herisau (Memento vom 5. November 2013 im Internet Archive)
  11. Kinderfest Herisau
  12. Dorffest Herisau
  13. Usegstuehlet
  14. Herisauer Herbstmarkt-Ausstellung
  15. Christchindlimarkt
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