Heiden AR
Heiden (appenzellerdeutsch Hääde [hæːdə, hɛːdə]) ist eine politische Gemeinde im nordöstlichen Schweizer Kanton Appenzell Ausserrhoden.
AR ist das Kürzel für den Kanton Appenzell Ausserrhoden in der Schweiz und wird verwendet, um Verwechslungen mit anderen Einträgen des Namens Heiden zu vermeiden. |
Heiden | |
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Staat: | Schweiz |
Kanton: | Appenzell Ausserrhoden (AR) |
Bezirk: | ehemaliger Bezirk Vorderland |
BFS-Nr.: | 3032 |
Postleitzahl: | 9410 |
UN/LOCODE: | CH HEI |
Koordinaten: | 758153 / 256931 |
Höhe: | 802 m ü. M. |
Höhenbereich: | 465–1037 m ü. M.[1] |
Fläche: | 7,48 km²[2] |
Einwohner: | 4188 (31. Dezember 2020)[3] |
Einwohnerdichte: | 560 Einw. pro km² |
Ausländeranteil: (Einwohner ohne Schweizer Bürgerrecht) | 21,0 % (31. Dezember 2020)[4] |
Gemeindepräsident: | Gallus Pfister |
Website: | www.heiden.ch |
Dorfansicht von Süd-Osten her | |
Lage der Gemeinde | |
Geographie
Heiden liegt im Appenzeller Vorderland, eingebettet zwischen Kaien, Bischofsberg und Freudenberg, rund 400 Meter über dem Bodensee auf 790 Meter. Der Gstaldenbach, der Dorfbach, entspringt am Kaien, fliesst durchs Dorf und bildet unterhalb davon ein tiefes Tobel. Der tiefste Punkt der Gemeinde befindet sich auf 470 Meter bei der Engi am Gstaldenbach, der höchste Punkt oberhalb der Risi auf 1030 Meter. Die Fläche der Gemeinde Heiden beträgt 748 ha.
Geschichte
Das Gebiet der späteren Gemeinde Heiden war früher Teil der Gemeinde Kurzenberg. Der Kurzenberg war – entsprechend seiner ursprünglichen politischen Zugehörigkeit – nach Thal SG kirchgenössig. 1652 lösten sich Heiden und Wolfhalden wegen des langen Kirchweges von der Mutterkirche Thal und bauten eigene Gotteshäuser. Damit wurde Heiden eine selbständige Gemeinde.
Die ersten urkundlichen Nennungen des Namens Heiden datieren von 1512, 1536 und 1540. Das Gebiet der heutigen Gemeinde Heiden wurde aber schon im 14. und 15. Jahrhundert urbar gemacht. Der Ortsname ist identisch mit dem Gattungswort Heide und bedeutet damit «weites, offenes Feld».[5]
Am 7. September 1838 vernichtete ein Dorfbrand, von einem heftigen Föhnsturm begünstigt, 129 Gebäude samt der Kirche im Dorfkern und den nördlichen Gemeindeteilen. Innerhalb zweier Jahre entstand das Dorf neu, in regelmässiger klassizistisch-biedermeierlicher Anlage.
Ab 1848 entwickelte sich Heiden zum Molkenkurort. Das Wirken des Augenarztes Albrecht von Graefe[6] und des Neurologen Heinrich Frenkel machte Heiden nach 1860 zu einem der berühmtesten Kurorte Europas. Karl I., der letzte Kaiser von Österreich, und der deutsche Kaiser Friedrich III. zählten zu den Gästen. Die Glanzzeit des Kurortes endete mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914. Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 erlebt Heiden als Kur- und Ferienort eine Renaissance. Beigetragen hat dazu auch die Eröffnung eines neuen Kursaals 1957.
Ab 1850 wurden auf den ausgebauten Strassen Reisepostverbindungen eröffnet. Die erste Linie führte über Grub nach St. Gallen. Weitere Verbindungen entstanden nach Rheineck, Trogen, Oberegg und ins Rheintal. Ab 1906 löste das Postauto die Pferdekutschen ab. 1875 schloss die Rorschach-Heiden-Bergbahn (RHB), die einzige Zahnradbahn am Bodensee, Heiden an das schweizerische Schienennetz in Rorschach an.
1874 nahm das vorderländische Bezirkskrankenhaus, das heutige Kantonale Spital Heiden, seinen Betrieb auf. Hier verbrachte Henry Dunant, der Gründer des Roten Kreuzes, von 1887 bis 1910 die letzten 23 Lebensjahre.
1902 wurde die erste katholische Kirche in Heiden gebaut, die 1963 einem Neubau wich. 1936 fiel die evangelische Kirche erneut einem Brand zum Opfer. Beim Wiederaufbau blieb das klassizistische Äussere bewahrt, während die Kirche im Inneren von der Quer- zur Längskirche wurde.
Bevölkerung
Bevölkerungsentwicklung | |
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Jahr | Einwohner |
1980 | 3620 |
2000 | 4063 |
2010 | 3990 |
2015 | 4184 |
2019 | 4212 |
Wirtschaft
Zur allgemein verbreiteten Gras- und Milchwirtschaft gesellte sich im unteren Gemeindeteil schon früh der Weinbau, der heute allerdings wieder verschwunden ist. Ebenso wurde früher auf dem Gemeindegebiet Getreide angebaut. Das Textilgewerbe entwickelte sich zu grosser Blüte. Weberei- und Stickereiwaren, zunächst aus Leinen, dann aus Baumwolle und Seide, wurden hergestellt. Die Tradition der Seidenweberei hat sich bis heute in einem grossen Industriebetrieb erhalten.
Der Tourismus entwickelt sich seit dem Dorfbrand 1838 stark und ist noch heute ein wichtiger Arbeitgeber in der Region. Heiden war und ist bekannt für seine Molkenkuren. Bis um 1974 logierten die Kurgäste im bekannten Hotel Freihof an der Poststrasse, ab dann im neu errichteten Kurhotel Heiden (heute Hotel Heiden), in dem noch heute die Molkekur angeboten wird.
Verkehr
Heiden hat mit der Rorschach-Heiden-Bergbahn Anschluss an das Netz der SBB in Rorschach und durch zwei verschiedene Postauto-Linien nach St. Gallen, ausserdem bestehen Postauto-Verbindungen mit vielen umliegenden Gemeinden Rheineck, Walzenhausen, St. Margrethen, Heerbrugg, Altstätten, Trogen und Wald.
Kultur und Tourismus
Wegen seines klassizistischen Ortskerns vermarktet sich Heiden als "Biedermeierdorf".
Seit 2016 findet Ende Mai das Heiden Festival für Neue Volksmusik statt.
Sehenswürdigkeiten
- einheitliches Ortsbild im klassizistischen Stil (Biedermeier-Zeit)
- Reformierte Kirche Heiden AR, querrechteckiger klassizistischer Bau von 1840
- moderne katholische Kirche (1963)
- Henry-Dunant-Museum Heiden
- Chindlistein, ein vorzeitlicher Schalenstein (beim Hof Rasplen, ca. 2 km südöstl.)
- Witzweg nach/von Walzenhausen
- Das Schwimm- und Sonnenbad aus den frühen 30er Jahren[7].
- Der Kursaal im Stil der späten 50er Jahre, mit Wandbildern von Mario Comensoli[8]
Sport und Freizeit
Heiden ist ein Zentrum für Sport im Appenzeller Vorderland. Hier gibt es Vereine im Bereich Fussball, Handball, Floorball, Tennis, Jungschützen und Volleyball.
Besonders erwähnenswert sind die jüngsten Erfolge der ersten Herrenmannschaft des Handballvereins BSG Vorderland, die seit 2016 in der 1. Liga spielt.
Zudem gibt es das im Jahr 1932 als damals modernstes Schwimmbad der Schweiz erbaute Schwimmbad Heiden.
Bilder
- Reformierte Kirche, Heiden
- Haus Harmonie
- Kirchplatz in Heiden mit Rathaus
Persönlichkeiten
- Bartholomäus Bischofberger (1623–1698), reformierter Pfarrer und Historiker
- Johannes Graf (1714–1787), Gemeindepräsident, Regierungsmitglied und Landammann
- Johannes Walser (1773–1833), Kaufmann
- Johann Jakob Graf (1781–1847), Kaufmann und Textilunternehmer
- Johann Konrad Bischofberger (1803–1866), Baumeister und Politiker
- Bartholome Bänziger (1810–1874), Fabrikant
- Henry Dunant (1828–1910), Gründer des Roten Kreuzes, lebte von 1887 bis 1910 hier
- Albrecht von Graefe (1828–1870), deutscher Augenarzt, praktizierte in Heiden
- Alfred Tobler (1845–1923), Konzertsänger, Autor und Volkskundler
- Conrad Sonderegger (1858–1938), Ingenieur und Politiker
- Anna Theodora Eugster-Züst (1860–1938), Pietistin und Armenpflegerin
- Jakob Tobler (1883–1964), Unternehmer
- Carl Böckli (1889–1970), Schriftsteller und Karikaturist, wirkte und starb in Heiden
- Emil Schmid (1891–1978), Maler und Radierer, in Heiden geboren
- Hans Konrad Sonderegger (1891–1944), Theologe, Rechtsanwalt, Redaktor, Nationalrat und Ständerat
- Hugo Thiemann (1917–2012), Wissenschaftler, in Heiden geboren
- Ruth Westheimer (* 1928), deutsch-amerikanische Sexualtherapeutin, lebte von 1938 bis 1945 im Kinderheim «Wartheim»
- David Boadella (* 1931), Psychotherapeut und Begründer der psychotherapeutischen Biosynthese, lebt seit 1988 hier
- Jakob Kellenberger (* 1944), Diplomat, in Heiden geboren
- Carlo Schmid-Sutter (* 1950), Politiker (CVP), in Heiden geboren
- Stefan Sonderegger (* 1958), Historiker und Archivar, in Heiden geboren
- Köbi Frei (* 1959), Regierungsrat 2003–2019 (SVP), aufgewachsen und wohnt in Heiden
- Davide Chiumiento (* 1984), Fussballspieler, in Heiden geboren und aufgewachsen
Literatur
- Thomas Fuchs: Heiden. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Michael Rohner: Die Gemeinde Heiden im Kanton Appenzell A.Rh: in historischer, physikalischer und topographischer Beziehung. Druckerei Johann Ulrich Niederer, Teufen 1867. (Neudruck Weber, Heiden 1988.)
- Rudolf Sonderegger, Hans Knecht et al.: Festschrift zum 300-jährigen Bestehen der Gemeinde Heiden: 1652-1952. R. Weber, Heiden 1952.
- Eugen Steinmann: Die Kunstdenkmäler des Kantons Appenzell Ausserrhoden. Band 3: Der Bezirk Vorderland (= Die Kunstdenkmäler der Schweiz. Band 72). Birkhäuser, Basel 1981, ISBN 3-7643-1251-3, S. 151–218. Digitalisat
- Ernst Züst: Geschichte der Gemeinde Kurzenberg. Eigenverlag der Gemeinden Heiden, Wolfhalden, Lutzenberg 1991.
- Johannes Huber: Heiden: ein Gang durch Geschichte und Architektur. Kurverein Heiden, Heiden 1998.
- Arthur Oehler: 100 Jahre EW Heiden: mehr Licht! Elektrizitätswerk Heiden, Heiden 2001.
Weblinks
- Offizielle Website der Gemeinde Heiden
- Historisches Museum Heiden
- Irène Kost: Der Gesundheit auf der Spur – Ein Gang durch die Gesundheitsgeschichte von Heiden. In: Ostschweiz am Sonntag vom 17. Juli 2004, abgerufen am 3. Januar 2017.
- https://www.badi-heiden.ch/geschichte-architektur/ abgerufen am 26. April 2018.
Einzelnachweise
- BFS Generalisierte Grenzen 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Höhen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. Mai 2021
- Generalisierte Grenzen 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. Mai 2021
- Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. November 2021
- Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Ausländeranteil aufgrund Stand 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. November 2021
- ortsnamen.ch, Heiden, nach den etymologischen Forschungen von Stefan Sonderegger.
- Koelbing HM, Speiser P: Der Graefe-Stein – eine Erinnerung an A.von Graefes Wirken in HeidenGraefes regelmäßige Sommerferien in Heiden in den Septembern 1859-1869; operative Tätigkeit dort; Graefe-Gedenkstein im Waldpark. In: Gesnerus. Band 47, 1990, S. 109–117.
- Georg Frey, Moritz Flury-Rova: Das Schwimm- und Sonnenbad Heiden. (Schweizerische Kunstführer, Nr. 785, Serie 79). Hrsg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. Bern 2005, ISBN 978-3-85782-785-3.
- Arthur Oehler, Jürg Zürcher, Ueli Lindt: Der Kursaal in Heiden (= Schweizerische Kunstführer. Nr. 883, Serie 89). Hrsg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. Bern 2011, ISBN 978-3-85782-883-6.