Stein AR
Stein ist eine politische Gemeinde und eine Ortschaft im Hinterland des Kantons Appenzell Ausserrhoden in der Schweiz. Stein umfasst die das gleichnamige Dorf sowie zahlreiche Weiler und Einzelhöfe.
AR ist das Kürzel für den Kanton Appenzell Ausserrhoden in der Schweiz und wird verwendet, um Verwechslungen mit anderen Einträgen des Namens Stein zu vermeiden. |
Stein | |
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Staat: | Schweiz |
Kanton: | Appenzell Ausserrhoden (AR) |
Bezirk: | ehemaliger Bezirk Hinterland |
BFS-Nr.: | 3005 |
Postleitzahl: | 9063 |
Koordinaten: | 743901 / 248708 |
Höhe: | 816 m ü. M. |
Höhenbereich: | 588–897 m ü. M.[1] |
Fläche: | 9,36 km²[2] |
Einwohner: | 1388 (31. Dezember 2020)[3] |
Einwohnerdichte: | 148 Einw. pro km² |
Ausländeranteil: (Einwohner ohne Schweizer Bürgerrecht) | 6,1 % (31. Dezember 2020)[4] |
Gemeindepräsident: | Siegfried Dörig |
Website: | www.stein-ar.ch |
Lage der Gemeinde | |
Geografie
Die Gemeinde liegt auf einer Anhöhe zwischen den Flüssen Urnäsch im Westen und Sitter im Osten. Nachbargemeinden sind St. Gallen, Teufen, Schlatt-Haslen (AI), Hundwil und Herisau. Stein liegt auf einer Höhe von 593 m ü. M. (beim Sitterviadukt) bis 868 m (im Högg).
Geschichte
Im Haus Burg sind Mauerreste erhalten, die wohl von einem Wohnturm aus dem 13. und 14. Jahrhundert für klösterlichen Dienstmannen des Amts Hundwil stammen. Als Untere oder Horgenbühler Rhode war Stein bis 1749 Teil der Rhode und Kirchhöri Hundwil, hatte aber seit den Appenzellerkriegen (1401–1429) eigene politische Behörden. Anstelle der geplanten Kirchenerweiterung in Hundwil erfolgte 1749 trotz heftiger Proteste der Oberen Rhode die Abspaltung der Unteren Rhode, nun Stein genannt, verbunden mit dem Bau einer neuen Kirche und der Trennung der gemeinsamen Güter.[5] Stein erhielt seinen Namen nach dem Flurbezirk Auf Stein , wo der ursprüngliche Kirchenbau geplant war. Dieser wurde aufgrund von Wassermangel an den heutigen Standort verschoben – ein gusseiserner, zweistrahliger Brunnen erinnert noch heute daran. Das offizielle Siegel verblieb bis um 1835 in Hundwil.[5]
Um die neue Kirche bildete sich noch im 18. Jahrhundert ein kleiner Dorfkern. Ermöglicht wurde diese dynamische Entwicklung durch den vom Textilgewerbe begründeten Wohlstand. Flachsanbau ist vom 16. Jahrhundert an bezeugt. Die Weberei ergänzte ab dem 17. Jahrhundert zunehmend die traditionelle Vieh- und Milchwirtschaft, im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts auch die Stickerei. Versuche mit Seidenweberei und Seidenraupenzucht gab es im frühen 19. Jahrhundert. Eine Stickereifabrik wurde ca. 1870 eröffnet, stellte später auf Plattstichweberei um und beschäftigte 1930 noch 450 Heimweber. Die Korn- und Papiermühle im Kubel bestand von 1674 bis ca. 1890, die Brauerei von ca. 1860 bis 1910. Daneben blühten bis 1945 Handwerk und Gewerbe. Die Milchwirtschaft blieb stets von grosser Bedeutung. Stein war bis um 1940 neben Hundwil eine Hochburg des appenzellischen Käse- und Butterhandels. Der Tourismus setzte im frühen 19. Jahrhundert im Bad Störgel ein und nahm ab 1898 infolge der Gründung eines Verkehrsvereins zu. Die Wirtschaftsstruktur von Stein galt wegen dieser Diversifikation lange als krisensicher. 1978 wurde eine Schaukäserei erstellt, 1987 das Appenzeller Volkskunde-Museum. 1950 bis 1980 entwickelte Stein sich – auch wegen der Anlage von neuen Wohnquartieren – von einer Arbeits- zu einer Wohngemeinde, der ersten im Hinterland. Diese Entwicklung mit vielen Wegpendlern setzte sich bis ins 21. Jahrhundert fort. Ab dem späten 20. Jahrhundert intensivierte die Gemeinde die Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden zur Erfüllung gewisser Aufgaben – z. B. Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, Oberstufe, Grundbuchamt. 2005 stellte der erste Wirtschaftssektor gut 31 %, der zweite gut 20 % der Arbeitsplätze in der Gemeinde.[5]
Bevölkerungsentwicklung
Jahr | 1794 | 1818 | 1850 | 1888 | 1900 | 1950 | 1970 | 2000 | 2005 | 2010 | 2015 | 2018 | |||||||||||||||||||||
Einwohner | 1777 | 1367 | 1666 | 1957 | 1787 | 1306 | 1101 | 1355 | 1330 | 1359 | 1406 | 1429 | |||||||||||||||||||||
Quelle | [5] | [6] |
Sehenswürdigkeiten
- Dorfkern aus dem 18. Jahrhundert mit Kirche von Jakob und Hans Ulrich Grubenmann, erbaut 1749, renoviert 1832/1833 (aus dieser Zeit auch die Stuckaturen und Kanzel sowie Taufstein von Gebhard Moosbrugger). In der Kirche barocker Abendmahlskelch vom Goldschmied «TS» in Herisau
- Schaukäserei des Appenzellerkäses
- Appenzeller Volkskundemuseum unter anderem mit Webstühlen und Stickmaschinen aus dem 19. Jahrhundert.
- Zwischen dem Weiler Störgel und dem St. Galler Ortsteil Haggen liegt die Haggenbrücke, der höchste Fussgängersteg Europas, welcher die hier 355 Meter breite Schlucht der Sitter in einer Höhe von 99 Metern überspannt (erbaut 1937). Das «Ganggelibrugg» (wackelige Brücke) genannte Bauwerk war eigentlich für den Verkehr zwischen Stein und St. Gallen geplant, doch konnte es wegen schwerer baulicher Mängel nie seiner eigentlichen Bestimmung übergeben werden. Über lange Zeit war sie schweizweit die meist benutzte Brücke für Suizid. Seit der letzten Renovierung 2009/2010 ist die Brücke deshalb mit Netzen gesichert.
- Gedeckte Holzbrücke (Kubelbrücke, auch als «Sprechende Brücke» bezeichnet) über den Fluss Urnäsch im Weiler Kubel, erbaut von Hans Ulrich Grubenmann.
- Gedeckte Holzbrücke (Äbtebrücke) über den Fluss Sitter im Weiler Kubel, erbaut vom Kloster St.Gallen.
- Gedeckte Holzbrücken (Hüslibrücken) über die Sitter und den Wattbach unterhalb der «Ganggelibrugg» im Weiler Blatten/Zweibruggen.
Bilder
- Stein, Schaukäserei
- Im Dorf bei der Kirche
- Eisensteg Zweibruggen – Ganggelibrugg
- Kubelbrücke (sog. Sprechende Brücke) über die Urnäsch
- Hüslibrücken über Wattbach und Sitter
In Stein geboren
- Otto P. Clavadetscher (1919–2015), Historiker, Gymnasiallehrer und Jurist
- Johann Martin Müller (1819–1892), Redaktor, Lehrer und Politiker
- Walter Saxer (1896–1974), Mathematiker
- Jakob Stricker (1898–1965), Politiker
- Gottlieb Suhner (1842–1918), Unternehmer
- Titus Tobler (1806–1877), Arzt, Dialektforscher und Palästinaforscher
Literatur
- Heinrich Nötzli: Das zweihundertjährige Bestehen von Stein im Kanton Appenzell Ausser-Rhoden: ein geschichtliches Dokument über den Freiheitswillen einer kleinen Landgemeinde. Ohne Verlag. Ohne Ort. 1949.
- Eugen Steinmann: Die Kunstdenkmäler des Kantons Appenzell Ausserrhoden, Band 1: Der Bezirk Hinterland. Birkhäuser, Basel 1973. (= Die Kunstdenkmäler der Schweiz, Band 61), S. 401–439. Digitalisat
- Willi Rohner, Willy Ringeisen, Paul Preisig: 1749–1999. 250 Jahre Gemeinde Stein AR. Berneck 1999.
- Angelo Steccanella: Herisauer Goldschmiede. Digitalisat (PDF; 694 kB)
Einzelnachweise
- BFS Generalisierte Grenzen 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Höhen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. Mai 2021
- Generalisierte Grenzen 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. Mai 2021
- Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. November 2021
- Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Ausländeranteil aufgrund Stand 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. November 2021
- Thomas Fuchs: Stein (AR). In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Ständige und nichtständige Wohnbevölkerung nach institutionellen Gliederungen, Geburtsort und Staatsangehörigkeit. Auf der Webseite des Bundesamts für Statistik, abgerufen am 20. Oktober 2020