Hundwil
Hundwil ist eine politische Gemeinde und eine Ortschaft im Hinterland des Kantons Appenzell Ausserrhoden in der Schweiz. Sie liegt an der Strasse zwischen Herisau und Appenzell und bestehet aus dem Dorf, zahlreichen Weilern, Einzelhöfen und Alpen sowie bis 1749 aus Stein (AR).
Hundwil | |
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Staat: | Schweiz |
Kanton: | Appenzell Ausserrhoden (AR) |
Bezirk: | ehemaliger Bezirk Hinterland |
BFS-Nr.: | 3002 |
Postleitzahl: | 9064 |
Koordinaten: | 742081 / 247782 |
Höhe: | 788 m ü. M. |
Höhenbereich: | 654–2501 m ü. M.[1] |
Fläche: | 24,08 km²[2] |
Einwohner: | 968 (31. Dezember 2020)[3] |
Einwohnerdichte: | 40 Einw. pro km² |
Ausländeranteil: (Einwohner ohne Schweizer Bürgerrecht) | 6,4 % (31. Dezember 2020)[4] |
Gemeindepräsidentin: | Margrit Müller-Schoch |
Website: | www.hundwil.ch |
Hundwil | |
Lage der Gemeinde | |
Geographie
Hundwil liegt am Nordfuss der Hundwiler Höhi auf 788 m ü. M.
Auf Hundwiler Gemeindegebiet liegt auch der Säntis (2502 m ü. M.), den Hundwil aber mit anderen Gemeinden teilt. Die Talstation Schwägalp der Luftseilbahn Schwägalp–Säntis gehört auch zur langgezogenen Gemarkung Hundwil.
Die Nachbargemeinden sind im Uhrzeigersinn Urnäsch, Waldstatt, Herisau und Stein AR im Kanton Appenzell Ausserrhoden, Schlatt-Haslen, Gonten und Schwende im Kanton Appenzell Innerrhoden sowie die sanktgallischen Gemeinden Wildhaus und Nesslau-Krummenau.
Geschichte
Hundwil, die älteste Niederlassung östlich der Urnäsch, wurde ab dem 10. Jahrhundert von sankt-gallischen Gotteshausleuten kolonisiert. Es wurde 921 als Huntwilare erstmals erwähnt. Unter äbtischer Herrschaft umfasste das Amt Hundwil die Rhoden Hundwil und Urnäsch. Nicht dazu gehörte die Schwägalp, die ab 1353 direkt dem Hofamt St. Gallen unterstand. Wohnsitz der klösterlichen Dienstmannen, der Edlen von Hundwil, war vermutlich der Weiler Sonder. Hier erhielten sich im Haus «Burg» Mauerreste eines ehemaligen Wohnturms. Im Reichsverband gehörte Hundwil zur Vogtei St. Gallen. Spätestens im 14. Jahrhundert verfügte die Rhode Hundwil über eine gewisse kommunale Eigenständigkeit. 1367 verband sie sich zur Abwehr äbtischer Ansprüche mit Appenzell, 1377 trat Hundwil dem Schwäbischen Städtebund bei, ab 1401 verfügte es über ein eigenes Siegel. Zusammen mit Appenzell und Urnäsch war Hundwil 1401 bis 1429 treibende Kraft in den Appenzellerkriegen. In diese Zeit fiel auch die politische Neuordnung in eine Obere (das spätere Hundwil) und eine Untere Rhode (das spätere Stein), die je über eigene Behörden verfügten, sich aber das Gemeindegut und das Rathaus teilten. Urnäsch wurde 1417 eine selbstständige Gemeinde, die in den Appenzellerkriegen beschlagnahmte Schwägalp kam nach der Grenzbereinigung mit Urnäsch 1480 zu Hundwil Ab 1607 war Hundwil regelmässig Tagungsort des Grossen und des Kleinen Rats, 1611 bis 1997 neben Trogen zweiter Landsgemeindeort.[5]
1297 ist mit der Erwähnung eines Vizeleutpriesters die Existenz einer Kirche oder Kapelle erwiesen. Sie war im 14. Jahrhundert Filialkirche von St. Laurenzen in St. Gallen, vor 1380 wurde sie zur selbstständigen Pfarrkirche mit St.-Martins-Patrozinium erhoben.[5] 1524 setzte der Hundwiler Josef Schumacher an der Landsgemeinde das Kirchhöriprinzip durch, dass jede Kirchgemeinde abstimmen konnte, ob sie beim alten katholischen Glauben bleiben oder zum neuen evangelischen Glauben übertreten wolle. 1525 trat die Gemeinde zur Reformation über, wobei sie innerhalb des Verbands der appenzellischen Rhoden eine führende Rolle einnahm. 1522 bis 1530 und 1543 bis 1567 war der Reformator Walter Klarer evangelischer Pfarrer in Hundwil.[6] 1525 trat die Gemeinde zur Reformation über, wobei Hundwil innerhalb des Verbands der appenzellischen Rhoden eine führende Rolle einnahm. Nach der Landteilung 1597 galt im konfessionell gemischten Gebiet von Stechlenegg eine Sonderlösung, die Grenze zwischen Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden wurde hier erst 1851–1852 endgültig bereinigt.[5]
Die Lostrennung der Unteren Rhode und die Neugründung der Gemeinde Stein, die 1749 trotz heftigen Protesten der Oberen Rhode erfolgte, leitete den Niedergang Hundwils ein. Die Mehrzahl der vermögenden Hundwiler liess sich in Stein nieder und bürgerte sich dort ein. In Hundwil blieben vor allem die ärmeren Bevölkerungsteile und eine grosse Zahl auswärtiger Bürger. Dies brachte in den Hungerjahren 1770 und 1817 eine enorme Armenlast, von der sich Hundwil erst nach 1860 dank einer Neuordnung der Finanzen sowie verbesserter Verkehrserschliessung erholte.[5]
Flachsanbau und die Herstellung von Leinwandtuchen sind schon im frühen 16. Jahrhundert bezeugt. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts wurden vor allem Stickerei und Plattstichweberei (1862–1958) betrieben. Die Bleicherei im Gapf hatte bis ca. 1885 Bestand, jene im Befang 1868 bis ca. 1897. Bis um 1850 gab es in Hundwil vier Jahrmärkte. Eine herausragende Rolle spielte schon immer die Milch- und Alpwirtschaft. Hundwil und Stein waren bis um 1940 die Hochburgen der appenzellischen Molkenhändler. Dann verlagerte sich das Schwergewicht allmählich von der Milch- und Käseproduktion auf die Jungviehzucht. Das Mineralbad war um 1855 bis 1905 in Betrieb. Ab 1895 wurde Hundwil für den Fremdenverkehr, vor allem mit Ferienkolonien, attraktiv. Der Bau der Säntis-Schwebebahn 1935 begünstigte die Steuereinkünfte der Gemeinde, da die Berg- und die Talstation auf ihrem Gebiet liegen. Seit dem Zweiten Weltkrieg gilt Hundwil als strukturschwache Gemeinde, Vieh- und Milchwirtschaft sowie Holzbau bilden die wichtigsten Erwerbszweige. 2000 waren knapp zwei Fünftel der in Hundwil Beschäftigten im ersten Wirtschaftssektor tätig.[5]
Bevölkerung
Jahr | 1667 | 1734 | 1794 | 1850 | 1900 | 1950 | 1980 | 2000 | 2010 | 2018 |
Einwohner | 1845 | 3360 (mit Stein) | 1910 (ohne Stein) | 1500 | 1523 | 1290 | 943 | 1038 | 968 | 941 |
Quelle | [5] | [7] |
Sehenswürdigkeiten
Sehenswert ist neben dem hervorragend erhaltenen Ortsbild besonders die reformierte Kirche aus dem 13. Jahrhundert mit gotischen Wandmalereien.
Von den einzigen zwei erhaltenen Brücken Johann Ulrich Grubenmanns befindet sich die 1778 konstruierte Holzbrücke auf dem Gemeindegebiet. Wegen den Sprüchen und Inschriften an den Dachbalken wird sie «sprechende Brücke» genannt.
Persönlichkeiten
- Jakob Alder (1915–2004), Komponist
- Bartholomäus Anhorn der Jüngere (1616–1700), evangelisch-reformierter Pfarrer und Historiker, 1635–1636 in Hundwil
- Walter Klarer (1500–1567), evangelisch-reformierter Pfarrer in Hundwil, Herisau, Gossau SG und Urnäsch, Reformator im Appenzellerland, Gastwirt und Chronist
- Jakob Künzler (1871–1949), Zimmermann, evangelischer Diakon, Krankenpfleger, Laienarzt und Retter etwa 8.000 armenischer Waisen im Osmanischen Reich und im Libanon
- Daniel Meier (* 1972), Eishockeyspieler
- Ulrich Meyer (1732–1809), Ratsherr, Gemeindepräsident und Mitglied des Kleinen Rats aus dem Kanton Appenzell Ausserrhoden
- Jakob Müller (1878–1949), Landwirt, Gemeindepräsident und Kantonsrat
- Johannes Müller (1806–1897), Maler
- Paul Bernhard Rothen (* 1955), evangelisch-reformierter Pfarrer und Autor, seit 2010 in Hundwil
- Johann Ulrich Schiess (1775–1849), Textilunternehmer, Gemeindepräsident, Landesrittmeister, Landesfähnrich, Landeshauptmann, Landesseckelmeister und Tagsatzungsgesandter
- Johannes Schiess (1780–1859), Textilunternehmer und Mitglied des Kleinen Rats
- Marlies Schoch (1940–2016), Gastwirtin und parteilose Politikerin
- Bartholome Widmer (1713–1796), Gemeindehauptmann, Landesbauherr, Landesfähnrich, Landeshauptmann, Landesseckelmeister und Landesstatthalter
- Jakob Zähner (1812–1892), Textilunternehmer und Politiker
Literatur
- J. Signer-Walser. Gemeindegeschichte Hundwil 1860–1930. Um 1931. Manuskript im Gemeindearchiv Hundwil.
- Jakob Rietmann und Hans Frischknecht: Hundwil. Herisau 1965. (Typoskript).
- Eugen Steinmann: Die Kunstdenkmäler des Kantons Appenzell Ausserrhoden, Band 1: Der Bezirk Hinterland. Birkhäuser, Basel 1973. (= Die Kunstdenkmäler der Schweiz, Band 61), S. 352–400. Digitalisat
- Appenzeller Zeitung vom 14. April 2001.
Weblinks
Einzelnachweise
- BFS Generalisierte Grenzen 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Höhen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. Mai 2021
- Generalisierte Grenzen 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. Mai 2021
- Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. November 2021
- Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Ausländeranteil aufgrund Stand 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. November 2021
- Thomas Fuchs: Hundwil. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Andrea Vonlanthen: Mit Steinen gegen Pfarrer Hess, Interview mit Josef Rechsteiner, ideaSpektrum 20. April 2017, S. 8–11.
- Ständige und nichtständige Wohnbevölkerung nach institutionellen Gliederungen, Geburtsort und Staatsangehörigkeit. Auf der Webseite des Bundesamts für Statistik, abgerufen am 20. Oktober 2020