Stryj
Stryj (ukrainisch Стрий, russisch Стрый, polnisch Stryj) ist eine Stadt in der Oblast Lwiw in der Ukraine mit rund 60.000 Einwohnern (2019[1]). Sie liegt am linken Ufer des gleichnamigen Fluss Stryj am Fuße der Karpaten.
Stryj | |||
Стрий | |||
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Basisdaten | |||
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Oblast: | Oblast Lwiw | ||
Rajon: | Rajon Stryj | ||
Höhe: | 296 m | ||
Fläche: | 15,00 km² | ||
Einwohner: | 59.488 (2019) | ||
Bevölkerungsdichte: | 3.966 Einwohner je km² | ||
Postleitzahlen: | 82419 | ||
Vorwahl: | +380 3245 | ||
Geographische Lage: | 49° 15′ N, 23° 51′ O | ||
KOATUU: | 4611200000 | ||
Verwaltungsgliederung: | 1 Stadt, 1 Siedlung städtischen Typs, 45 Dörfer | ||
Bürgermeister: | Roman Schramowjat | ||
Adresse: | вул. Шевченка 71 82400 м. Стрий | ||
Website: | http://stryi-rada.gov.ua/ | ||
Statistische Informationen | |||
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Am 12. Juni 2020 wurde die Stadt zum Zentrum der neu gegründeten Stadtgemeinde Stryj (Стрийська міська громада/Stryjska miska hromada) im Rajon Stryj. Zu dieser zählen die Siedlung städtischen Typs Daschawa sowie die 45 Dörfer Bereschnyzja (Бережниця), Bratikiwzi (Братківці), Chodowytschi, Dibrowa (Діброва), Dobriwljany, Dobrjany (Добряни), Hajdutschyna (Гайдучина), Holobutiw (Голобутів), Jaruschytschi (Ярушичі), Jossypowytschi (Йосиповичі), Kawske (Кавське), Komariw (Комарів), Kuty (Кути), Laniwka, Lany-Sokoliwski (Лани-Соколівські), Lotatnyky (Лотатники), Luh (Луг), Lysjatytschi (Лисятичі), Mali Diduschytschi (Малі Дідушичі), Myrtjuky (Миртюки), Neschuchiw (Нежухів), Oleksytschi, Pidhirzi (Підгірці), Pischtschany, Pjatnytschany (П'ятничани), Podoroschnje (Подорожнє), Pukenytschi (Пукеничі), Rajliw (Райлів), Roshirtsche (Розгірче), Sahirne, Saplatyn (Заплатин), Saritschne (Зарічне), Sawadiw (Завадів), Schtschaslywe (Щасливе), Schulyn (Жулин), Semyhyniw (Семигинів), Slobidka (Слобідка), Strilkiw (Стрілків), Stryhanzi (Стриганці), Sychiw (Сихів), Uhersko, Uhilnja (Угільня), Welyki Diduschytschi (Великі Дідушичі), Wertschany (Верчани) und Wiwnja (Вівня)[2]; bis dahin war sie Teil der Stadtratsgemeinde Stryj die direkt unter Oblastverwaltung stand.
Geschichte
1431 verlieh Władysław II. Jagiełło von Polen Stryj die Stadtrechte. Im 15. und 16. Jahrhundert war Stryj eine blühende Handelsstadt. 1569–1772 war das Przemyśler Land als Teil der Wojewodschaft Ruthenien eine administrative Teilungseinheit der Polnisch-Litauischen Adelsrepublik mit der Hauptstadt Lemberg und dem Landtag in Sądowa Wisznia, die von 1772 bis 1918 einen Teil des österreichischen Kronlandes Königreich Galizien und Lodomerien bildete, mit der Hauptstadt Lemberg.
Bis 1919 teilte die Stadt im Wesentlichen die Geschichte (Ost-)Galiziens, siehe Geschichte Galiziens. 1850 wurde die Stadt zum Sitz der Bezirkshauptmannschaft Stryj[3], 1867 wurde noch ein Bezirksgericht eingerichtet, beide existierten bis 1918. Von 1919 bis 1939 war die Stadt ein Teil von Polen und lag hier ab 1921 in der Woiwodschaft Stanislau. (siehe Hauptartikel: Geschichte Polens, Zweite Republik).
Im Zuge der sowjetischen Besetzung Ostpolens fiel sie 1939 an die Sowjetunion.
Nach dem Überfall auf die Sowjetunion 1941 marschierte die Wehrmacht ein und begann die jüdische Bevölkerung zusammenzutreiben und in die Vernichtungslager zu deportieren. Während des Zweiten Weltkrieges wurden so über 4.000 jüdische Einwohner von den Deutschen ermordet. Karl Klarmann, Schutzpolizeihauptmann der deutschen Besetzung, wurde 1954 vom Landgericht Hamburg zu vier Jahren und sechs Monaten Zuchthaus verurteilt.[4]
Nach dem Krieg mussten deutsche Kriegsgefangene in Stryj Zwangsarbeit leisten. In der Stadt bestand das Kriegsgefangenenlager 232 für deutsche Kriegsgefangene des Zweiten Weltkriegs.[5] Schwer Erkrankte wurden im Kriegsgefangenenhospital 5998 versorgt.
1945 kam die Stadt mit den östlichen Gebieten Polens zur Ukrainischen SSR innerhalb der Sowjetunion, und nach deren Zerfall 1991 wurde sie Teil der unabhängigen Ukraine.
Wirtschaft
Verkehr
Stryj ist ein bedeutender Eisenbahn- und Verkehrsknotenpunkt im Vorkarpatengebiet.
Es liegt an der Hauptverbindung von Lemberg über die Karpaten in die Oblast Transkarpatien und weiter nach Ungarn und die Slowakei.
- Eisenbahnstrecke Lemberg–Mukatschewe–Tschop (und weiter nach Budapest)
- Schnellstraße E 50/M 06 Lemberg–Mukatschewe
sowie
- Eisenbahnstrecke Sambir–Iwano-Frankiwsk
Kultur
Literatur
In der 1949 veröffentlichten Kriegserzählung Der Zug war pünktlich lässt Heinrich Böll seinen Protagonisten, den Soldaten der Wehrmacht Andreas, durch einen Partisanenangriff „kurz vor Stryj“ sterben. Die Erzählung trug zunächst den Titel Zwischen Lemberg und Czernowitz; der Titel wurde auf Wunsch des Verlags Middelhauve geändert, was Heinrich Böll später bedauerte.[6]
Städtepartnerschaften
Eine Städtepartnerschaft besteht mit Düren.
Söhne und Töchter der Stadt
- Artur Grottger (1837–1867), polnischer Maler und Zeichner
- Nathan Samuely (1846–1921), jüdischer Schriftsteller
- Efraim Frisch (1873–1942), deutscher Schriftsteller
- Henrik Galeen (1881–1949), deutscher Drehbuchautor, Regisseur und Filmschauspieler
- Kornel Makuszyński (1884–1953), polnischer Dichter, Theaterkritiker und Schriftsteller
- Kazimierz Wierzyński-Wirstlein (1894–1969), polnischer Dichter
- Józef Koffler (1896–1944), polnischer Komponist und Musikwissenschaftler
- Kazimierz Nowak (1897–1937), polnischer Weltenbummler, Wanderer, Fotograf und Korrespondent
- Zygmunt Wojciechowski (1900–1955), polnischer Historiker
- Julian Stryjkowski (1905–1996), polnischer sozialistischer Journalist und Schriftsteller
- Lew Rebet (1912–1957), Politiker, Publizist und Anwalt
- Basil Filevich (1918–2006), ukrainisch-kanadischer Bischof
- Laryssa Kruschelnyzka (1928–2017), Prähistorikerin und Bibliothekarin
- Solomon J. Buchsbaum (1929–1993), polnisch-amerikanischer Physiker
- Zbigniew Messner (1929–2014), polnischer Ökonom und Politiker
- Michele Jamiolkowski (* 1932), polnischstämmiger italienischer Bauingenieur für Geotechnik
- Louis Begley (* 1933), amerikanisch-jüdischer Schriftsteller
- Ihor Tenjuch (* 1958), Admiral und Politiker
- Swjatoslaw Schewtschuk (* 1970), Großerzbischof von Kiew-Halytsch der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche
- Roman Romantschuk (1979–2016), russischer Amateurboxer ukrainischer Herkunft
- Marija Musytschuk (* 1992), Schachspielerin
Literatur
- Verena Dohrn: Reise nach Galizien. S. Fischer, 1991, ISBN 3-10-015310-3.
- Ulrich Schmidt: Ich gebe zu, gehört zu haben. Mandelbaum, Wien 2013.
Weblinks
- Stryj. In: Filip Sulimierski, Władysław Walewski (Hrsg.): Słownik geograficzny Królestwa Polskiego i innych krajów słowiańskich. Band 11: Sochaczew–Szlubowska Wola. Walewskiego, Warschau 1890, S. 429 (polnisch, edu.pl).
- Standorte der Leoni AG
Einzelnachweise
- Städte und Siedlungen der Ukraine auf pop-stat.mashke.org; abgerufen am 12. Juni 2020
- Розпорядження Кабінету Міністрів України від 12 червня 2020 року № 718-р "Про визначення адміністративних центрів та затвердження територій територіальних громад Львівської області
- Reichsgesetzblatt vom 8. October 1850, Nr. 383, Seite 1741
- LG Hamburg, 16. März 1954. In: Justiz und NS-Verbrechen. Sammlung deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen 1945–1966, Bd. XII, bearbeitet von Adelheid L Rüter-Ehlermann, H. H. Fuchs und C. F. Rüter. Amsterdam : University Press, 1974, Nr. 395, S. 305–322
- Maschke, Erich (Hrsg.): Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des zweiten Weltkrieges. Verlag Ernst und Werner Gieseking, Bielefeld 1962–1977.
- Vgl. dazu: Werner Bellmann: Heinrich Bölls erste Buchveröffentlichung „Der Zug war pünktlich“. Zu Druckgeschichte, Textentwicklung und Kommentierung. In: Wirkendes Wort 65 (2015) Heft 1, S. 87–104, hier S. 87 und 100.