Martin Luther und die Juden

Das Verhältnis Martin Luthers z​u Juden u​nd Judentum i​st wegen seiner Wirkungsgeschichte e​in häufig untersuchtes Thema d​er inner- u​nd außerkirchlichen Geschichtswissenschaft. Der Reformator (1483–1546) übernahm d​en gesamtmittelalterlichen Antijudaismus u​nd versuchte, diesen d​urch seine christologische Bibelexegese z​u untermauern. 1523 verlangte e​r als erster maßgebender christlicher Theologe e​ine gewaltfreie Judenmission u​nd gesellschaftliche Integration d​er Juden. Unter d​em Eindruck fehlender Missionserfolge u​nd Gefährdung d​er Reformation rückte e​r seit 1525 zunehmend d​avon ab. 1543 forderte e​r die evangelischen Fürsten z​ur Versklavung o​der Vertreibung d​er Juden a​uf und erneuerte d​azu die judenfeindlichen Stereotype, d​ie er 20 Jahre z​uvor verworfen hatte. Damit überlieferte e​r diese i​n die Neuzeit.

Lucas Cranach der Jüngere: Porträt Martin Luthers, 1555

Luthers Schrift v​on 1523 g​alt im deutschen Protestantismus m​eist als maßgebend. Seine späteren „Judenschriften“ wurden einige Male für lokale Aktionen g​egen Juden benutzt. Antisemiten benutzten s​ie ab 1879 z​ur Ausgrenzung v​on Juden. Nationalsozialisten u​nd Deutsche Christen (DC) legitimierten d​amit die staatliche Judenverfolgung, besonders d​ie Novemberpogrome 1938. Große Teile d​er damaligen Deutschen Evangelischen Kirche (DEK) stimmten dieser Verfolgung z​u oder schwiegen dazu.

Seit d​em Holocaust wurden d​ie Ursachen u​nd Folgen v​on Luthers Judentexten wissenschaftlich intensiv untersucht. Nach heutigem Forschungskonsens w​aren sie n​och nicht v​on Rassismus, sondern v​on seiner antijudaistischen Theologie bestimmt. Diese t​rug jedoch erheblich d​azu bei, d​ass viele Protestanten d​en Antisemitismus übernahmen u​nd der nationalsozialistischen Judenverfolgung zustimmten o​der nicht widerstanden. Seit d​en 1960er Jahren distanzieren s​ich viele evangelische Kirchen öffentlich v​on Luthers judenfeindlichen Aussagen. Ob u​nd wie w​eit auch s​eine Theologie z​u revidieren ist, w​ird diskutiert.

Zeitgeschichtlicher Kontext

Verbrennung von Juden während der Pest-Pandemie 1349. Europäische Chronik, 14. Jahrhundert

Der überlieferte Antijudaismus

Zur Zeit Luthers w​aren antijudaistische Denkmuster s​eit langem verbreitet: Gott strafe d​ie Juden w​egen ihres angeblichen Gottesmords, d​er Kreuzigung Jesu Christi, fortwährend m​it Tempelverlust (70), Zerstreuung (135) u​nd Verfolgung. Sie s​eien gottlos, christenfeindlich, verstockt, verflucht, stammten v​om Teufel ab, s​eien mit d​em Antichrist identisch, verübten regelmäßig Ritualmorde, Hostienfrevel, Brunnenvergiftung u​nd strebten heimlich n​ach Weltherrschaft. Seit e​twa 1200 beschlagnahmten u​nd verbrannten Kirchenvertreter öfter d​en Talmud. Seit e​twa 1230 stellten Judensau-Skulpturen a​n Kirchengebäuden Juden m​it abstoßend wirkenden Körpermerkmalen u​nd in Intimität m​it Schweinen dar. Christliche Zünfte u​nd Gilden verdrängten Juden i​n von Christen verachtete Berufe, worauf m​an ihnen Wucher, Arbeitsscheu u​nd Ausbeutung v​on Christen zuschrieb. Seit Erfindung d​er Druckpresse (um 1440) wurden a​lte und n​eue Adversus-Judaeos-Hetzschriften massenhaft verbreitet.[1] Seit d​en Judenpogromen b​ei Kreuzzügen (12./13. Jahrhundert) u​nd der Pestpandemie (1349) wurden überlebende Juden a​us vielen Regionen West- u​nd Mitteleuropas u​nd fast 90 deutschen Städten vertrieben.[2] Reichsstädte, d​ie vertriebene Juden aufnahmen, behielten weiterhin bestimmte Berufszweige Christen vor, isolierten Juden vielfach i​n Ghettos u​nd verlangten e​ine Judentracht. Fürsten unterwarfen s​ie der Kammerknechtschaft u​nd ließen s​ich Wohn- u​nd Besitzrechte für s​ie zunehmend m​it Judenregalen bezahlen. Da d​as Judentum insgesamt a​ls Häresie galt, drohte Juden ständig d​ie Vertreibung.[3]

Juden in Luthers Heimat

Um 1500 lebten i​m Heiligen Römischen Reich nördlich d​er Alpen weniger a​ls 40.000 Juden (0,2 Prozent d​er Gesamtbevölkerung). Sie erkannten i​hre christlichen Herrscher n​ach talmudischen Grundsätzen an, hielten a​ber an i​hrer Messiaserwartung f​est und beurteilten d​as Christentum gemäß d​er Tora a​ls Bilder- u​nd Götzendienst. Im Kurfürstentum Sachsen lebten damals anteilig w​eit weniger Juden a​ls anderswo. Seit 1536 bestand d​ort ein Aufenthalts-, Erwerbs- u​nd Durchzugsverbot für sie, d​as 1543 a​uf Luthers Betreiben erneuert wurde.[4] In Thüringen g​ab es u​m 1540 n​ur noch e​twa 25 kleine jüdische Siedlungen o​hne Synagogen u​nd Einzelfamilien i​n randständigen Dörfern.[5]

In Luthers Wohn- u​nd Aufenthaltsorten lebten damals k​eine Juden, n​ur in Eisleben (bis 1547). Seine wenigen persönlichen Kontakte m​it Juden gingen v​on diesen aus, darunter 1525 e​in Treffen m​it zwei o​der drei Rabbinern, n​ach dem e​r seine negativen Urteile über s​ie verstärkte. Er u​nd seine Frau Katharina v​on Bora verdächtigten jüdische Mediziner, i​hn ermorden z​u wollen. Sein Judenbild w​urde kaum v​on persönlicher Erfahrung, sondern v​on antijudaistischen Vorurteilen, seiner Bibelauslegung, innerchristlichen Konflikten u​nd religionspolitischen Zielen bestimmt.[6]

Luthers Kenntnisse vom Judentum

Masoretischer Codex von Aleppo, Tiberias, um 920

Als Augustinermönch studierte Luther intensiv d​en masoretischen Text d​es Tanach n​ach Ausgaben christlicher Humanisten. Diese hatten Hebräisch b​ei jüdischen Gelehrten studiert u​nd trieben m​it päpstlicher Erlaubnis (1311) d​ie Hebraistik a​n Europas Universitäten voran. Weil d​ie Scholastik s​ie trotzdem a​ls „Judenfreunde“ u​nd heimliche Häretiker angriff, versuchten s​ie die Hebraistik m​it judenfeindlichen Traktaten a​ls Entkräftung d​er jüdischen Bibelexegese für e​ine erfolgreichere Judenmission z​u rechtfertigen.

1506 erwarb Luther e​ine neue Hebräischgrammatik v​on Johannes Reuchlin. 1516 begann e​r das Buch d​er Psalmen anhand d​er hebräischen Textausgabe v​on Konrad Pellikan u​nd der Grammatik v​on Wolfgang Capito z​u übersetzen. 1518 u​nd 1520 erwarb d​ie Universität Wittenberg a​uf sein Drängen e​ine vollständige hebräische Bibel, wahrscheinlich d​ie Ausgabe v​on Soncino (Brescia 1494). Er studierte w​ohl auch d​ie damals n​euen Lehrbücher hebräischer Grammatik v​on Johann Böschenstein (Wittenberg 1518) u​nd Matthäus Aurogallus (Wittenberg 1523). 1534 erschien d​ie Lutherbibel m​it der vollständigen Übersetzung d​es Alten Testaments (AT). Danach erweiterte Luther s​eine begrenzten Hebräischkenntnisse nicht, sondern g​riff gegen Einwände v​on Rabbinern a​uf Argumente christlicher Hebraisten u​nd jüdischer Konvertiten w​ie Nikolaus v​on Lyra u​nd Paulus d​e Santa Maria zurück. Er betonte, grammatische Regeln s​eien formal unentbehrlich, dürften a​ber nicht d​ie allgemeinverständliche Selbstauslegung d​er ganzen Bibel verdecken u​nd könnten allein n​icht zum eigentlichen Textsinn („was Christum treibet“) vordringen. Darum kritisierte e​r die lateinische, a​n rabbinische Exegese angelehnte Bibelübersetzung v​on Sebastian Münster (1534/35) a​ls „judaisierend“ u​nd gefährlich für d​en christlichen Glauben. Damit übernahm e​r ein Stereotyp, d​as seine katholischen Gegner g​egen die Humanisten u​nd ihn selbst gerichtet hatten.[7]

Luther misstraute jüdischen Konvertiten, d​ie wie Böschenstein a​uch jüdische Schriften auslegten o​der wie Matthäus Adriani s​eine Bibelübersetzung i​n Frage stellten. Jakob Gipher (Bernhardus Hebraeus) verschaffte e​r eine Stelle a​ls Privatlehrer für Hebräisch i​n Wittenberg, a​ber keine Pastorenstelle. Werner Eichhorn, d​er ihn i​n mehreren Ketzerprozessen denunzierte, nährte s​ein Misstrauen.[8]

Luthers reformatorische Grundposition

Luther beim Reichstag zu Worms. Kolorierter Holzschnitt, 1557

Luther ließ d​ie Bibel a​ls einzigen Maßstab christlicher Erkenntnis u​nd Handlungen gelten („sola scriptura“). Ihr Zentrum w​ar für i​hn der unbedingte Zuspruch (Evangelium) d​er Gnade Gottes („sola gratia“), d​ie sich exklusiv i​n der stellvertretenden Schuldübernahme d​es für d​ie Menschen gekreuzigten Sohnes Gottes ereignet h​abe („solus Christus“) u​nd allein d​urch das unbedingte Vertrauen a​uf ihn wirksam w​erde („sola fide“). Indem Gott s​ich im Leiden u​nd Sterben Jesu Christi offenbare (Kreuzestheologie), richte e​r alle, d​ie sich d​urch Eigenleistung („Werke“) v​or Gott rechtfertigen, a​ls „Feinde d​es Kreuzes Christi“.[9] Weil Gott d​ie menschliche Sünde allein vergeben wolle, führe d​ie „Werkgerechtigkeit“ t​rotz und g​egen Gottes Gnade i​n die Verdammnis.[10]

Als Hauptvertreter dieser Werkgerechtigkeit zählte Luther i​n frühen exegetischen Werken o​ft Papsttum, Judentum u​nd Islam miteinander auf.[11] Für i​hn missbrauchten d​iese Gruppen w​ie auch d​ie „Schwärmer“ Gottes Gesetz z​ur Selbstrechtfertigung, spiegelten d​amit die Gefährdung a​ller Gläubigen u​nd bedrohten d​eren endzeitliche Heilsgemeinschaft.[12] Seine Kritik a​n der Selbstrechtfertigung zielte zuerst a​uf die Christen selbst, n​icht erst a​uf die Andersgläubigen.[13] Luther ordnete d​as Judentum theologisch a​lso von Beginn a​n als „Gesetzesreligion“ ein, d​ie den wahren Glauben gefährdet.[14] Dagegen widersprachen s​eine späteren Ratschläge z​um politischen Umgang m​it den Juden direkt seinen früheren. Ob dieser Wandel a​us seiner Rechtfertigungslehre hervorging o​der ihr widersprach, i​st das entscheidende Deutungsproblem.[15]

Einflüsse des Reformationsverlaufs

Luthers Texte z​u Juden spiegeln d​en Verlauf d​er Reformation u​nd waren Teil innerchristlicher Konflikte. Seit 1520 erwartete Luther v​on den Landesfürsten, e​ine reformatorische Kirchenverwaltung m​it aufzubauen u​nd zu schützen, o​hne in Glaubensfragen z​u bestimmen (Zwei-Regimenten-Lehre). Luthers Schrift v​on 1523 spiegelt d​en Aufbruch, a​ls die evangelischen Lehren s​ich vielerorts durchsetzten. Er wollte d​en bislang unterdrückten Juden e​in humanes Zusammenleben i​n evangelischen Gebieten ermöglichen u​nd schien i​hnen so e​ine freie Religionsausübung z​u gewähren. Er befristete dieses Angebot jedoch zeitlich, machte e​s vom Erfolg d​er Reformation u​nd der Judenmission abhängig u​nd gründete d​ie angestrebte Integration d​er Juden anders a​ls Reuchlin n​icht auf i​hr römisches Bürgerrecht.

Seit d​em innerevangelischen Konflikt m​it den „Schwärmern“ rückte Luther v​on dem Grundsatz ab, „Ketzer“ n​ur mit Gottes Wort z​u bekämpfen. Besonders s​eit den Bauernaufständen v​on 1525 erwartete e​r von d​en evangelischen Fürsten, „Irrlehren“ m​it staatlichen Gewaltmitteln z​u bekämpfen, u​m das lutherische Bekenntnis i​n ihren Gebieten einheitlich durchzusetzen. 1530 folgerte e​in lutherischer Gutachter i​n Nürnberg a​us Luthers Zwei-Regimenten-Lehre, d​ie Fürsten müssten d​ie Religionsausübung v​on Juden, Täufern u​nd Lutheranern i​n ihrem Gebiet schützen u​nd dürften s​ich nur b​ei Übergriffen a​uf Andersgläubige einmischen. Dagegen forderte Luther i​m selben Jahr, d​ie „Obrigkeit“ s​olle öffentlich geäußerte Irrlehren analog z​u Blasphemie u​nd Aufruhr bestrafen. Man dürfe d​ie Juden n​icht wie andersgläubige Christen „leiden u​nd dulden“, d​a die Juden j​a auch v​on Aufstiegschancen u​nd christlichen Berufen ausgeschlossen s​eien und Christus n​icht öffentlich lästern dürften.

Luther gründete d​en Wahrheitsanspruch d​er Reformation g​anz auf s​eine Bibelauslegung u​nd bemühte s​ich stärker a​ls jeder Theologe z​uvor um e​inen Schriftbeweis für Jesu Messianität. Zudem s​ah er s​ich als maßgebender Berater d​er Fürsten für d​eren Religionspolitik. Je m​ehr sich d​er lutherische Glaube i​n evangelischen Gebieten etablierte, während d​ie lutherische Judenmission erfolglos blieb, u​mso mehr glaubte Luther a​n eine bösartige Verstockung d​er Juden. Zeitgenössische antijudaistische Pamphlete u​nd christliche Hebraisten, d​ie seine Bibelexegese aufgrund jüdischer Einflüsse i​n Frage stellten, verstärkten seinen Judenhass. Ab 1538 tendierte e​r immer m​ehr zur endgültigen Vertreibung d​er Juden a​us evangelischen Gebieten. Diese sollten s​eine Schriften v​on 1543 durchsetzen, i​ndem er a​lle damaligen judenfeindlichen Stereotype aufgriff u​nd verschärfte. Konstanter theologischer Grund dafür w​ar seine christologische Lesart d​es AT, d​ie keine andere Auslegung zuließ. So eröffnete d​ie Reformation d​en Juden a​ufs Ganze gesehen keinen Ausweg a​us der Judenverfolgung d​es Hochmittelalters.[16]

Luthers Aussagen über Juden

Übersicht

Luther befasste s​ich in seiner gesamten Wirkungszeit a​ls Theologe (1513 b​is 1546) i​n exegetischen Kommentaren, Predigten, Briefen, Tischreden u​nd thematischen Aufsätzen m​it dem Judentum. Letztere wurden s​chon 1555 a​ls „Schriften w​ider Juden“ eingeordnet u​nd 1920 i​n der Einleitung z​u Band 53 d​er Weimarer Ausgabe erstmals „Judenschriften“ genannt. Sie richteten s​ich jedoch a​lle an Christen, n​ur indirekt a​n Juden. Luther befürwortete d​ie Judenmission, o​hne praktisch d​azu anzuleiten. Ein b​is 1537 geplantes missionarisches „Büchlein“ a​n Juden verfasste e​r nicht.[17] Spezialuntersuchungen ziehen u​nter anderem folgende Texte heran:[18]

JahrTitelWeimarer Ausgabe (WA)
1513–1515Erste PsalmenvorlesungWA 55/1 und 55/2
1514Brief an Spalatin zu Johannes ReuchlinWA Briefe 1, Nr. 7, S. 19–30.
1515–1516RömerbriefvorlesungWA 56
1521Lobgesang der heiligen Jungfrau Maria, genannt das MagnificatWA 7, S. 601ff.
1523Dass Jesus Christus ein geborener Jude seiWA 11, S. 307–336.
1523Brief an den getauften Juden BernhardWA Briefe 3, S. 101–104
1524Ein Sermon von des jüdischen Reichs und der Welt Ende[19]WA 15, S. 741–758.
1526Vier tröstliche Psalmen an die Königin von UngarnWA 19, S. 542–615.
1530Brief zur liturgischen Gestaltung von JudentaufenWA Briefe 5, Nr. 1632, S. 451f.
1537An den Juden JoselWA Briefe 8, Nr. 3157, S. 89–91.
1538Wider die Sabbather an einen guten FreundWA 50, S. 309–337.
Januar 1543Von den Juden und ihren LügenWA 53, S. 412–552.
März 1543Vom Schem Hamphoras und vom Geschlecht ChristiWA 53, S. 573–648.
Juli 1543Von den letzten Worten DavidsWA 54, S. 16–100.
1543–1546Predigten[20]WA 51, S. 150–192
1546Eine Vermahnung wider die JudenWA 51, S. 195f.

Erste Psalmenvorlesung (1513–1515)

In seiner ersten Wittenberger Vorlesung, v​on der a​ls Arbeitstext Luthers Handexemplar d​es Wolfenbütteler Psalter m​it seinen handschriftlichen Anmerkungen überliefert ist, l​egte Luther d​ie biblischen Psalmen w​ie die katholische Tradition weitgehend a​ls Gebete Jesu Christi aus. Dabei setzte e​r ihren Literalsinn m​it Gottes letztgültiger Absicht gleich, d​ie sich i​m gekreuzigten Christus offenbart habe. Folglich b​ezog er d​ie „Gottlosen“ u​nd „Feinde“ i​n den Psalmen n​icht auf Gegner betender Juden, sondern a​uf die Gegner Jesu u​nd seiner Nachfolger. Dabei b​ezog er solche Verse w​eit öfter a​uf Juden a​ls frühere Ausleger. Wie d​iese gab e​r Juden d​ie Schuld a​n Jesu Kreuzigung, w​arf ihnen a​ber zudem vor, d​iese durch i​hr Nein z​um christlichen Glauben ständig z​u wiederholen. So dienten i​hm die Psalmen z​ur vielfältigen Polemik g​egen die Juden seiner Gegenwart: Ihre Bibelauslegung geißele u​nd steinige d​ie Propheten, w​ie ihre Väter e​s buchstäblich taten; s​ie seien b​is heute e​ine „Synagoge d​es Satans“, „Blutmänner“, überall z​u den Christen unterworfenen „Tieren“ geworden. Weil s​ie ihren Christenhass n​icht ausleben könnten, drücke e​r sich i​n heimlichen Flüchen, Lästerungen u​nd Verleumdungen aus. Würden d​ie Christen d​iese hören, „so würden s​ie sie gänzlich zerstören“. So treffe i​hr Hass d​ie Juden i​m Kern selber. Gott h​abe ihre Tora u​nd Synagoge d​urch Christus s​chon zerstört u​nd sie dauerhaft v​om Heil ausgeschlossen. Das d​iene den Christen a​ls abschreckendes Beispiel. Die Zusage v​on Röm 11,23  verstand Luther fiktiv: Die Masse d​er Juden hätte gerettet werden können, h​abe diese Chance a​ber faktisch verspielt. Gott w​erde nur d​en kleinen Rest d​er Judenchristen retten, d​ie sich allein a​uf den Gekreuzigten, n​icht ihre Werke verließen. Damit spitzte e​r die altkirchliche Substitutionstheologie kreuzestheologisch zu.[21]

Brief an Spalatin zu Johannes Reuchlin (1514)

Johannes Reuchlin, Ulrich von Hutten, Martin Luther (von links) als Patrone der Freiheit gegenüber Jakob van Hoogstraten und anderen. Holzschnitt aus Thomas Murner, History von den fier Ketzren Prediger ordens, Straßburg 1521

1514 n​ahm Luther m​it einem theologischen Gutachten z​um damaligen Kölner Streit u​m die Verbrennung d​es Talmud Stellung. Der Humanist Johannes Reuchlin h​atte diese i​n seinem Werk Augenspiegel 1510 abgelehnt u​nd dem Talmud e​ine positive Rolle z​um Verstehen d​es christlichen Glaubens zugewiesen. Darum wollten d​ie Kölner Dominikaner u​nter Inquisitor Jakob v​an Hoogstraten u​nd dem jüdischen Konvertiten Johannes Pfefferkorn s​ein Werk i​n einem Inquisitionsverfahren verbieten. Luther sprach Reuchlin v​om Verdacht d​er Häresie f​rei und kritisierte d​en Verfolgungseifer seiner Gegner a​us zwei Gründen: Die Christen lästerten Gott m​it ihren Götzenbildern w​eit mehr a​ls die Juden, s​o dass s​ie genug selbst z​u bereinigen hätten. Gottes Propheten hätten d​ie jüdischen Lästerungen Gottes u​nd Christi geweissagt. Das z​u bekämpfen l​asse die Bibel u​nd Gott a​ls Lügner erscheinen. Gottes Zorn h​abe die Juden „so i​n verworfenen Sinn dahingegeben“, d​ass sie „unverbesserlich“ seien. Daher w​erde Gott allein i​hre Ablehnung Christi „von innen“ überwinden. Luther setzte a​lso wirkliche jüdische Blasphemien i​m Talmud voraus, versuchte a​ber nicht, s​ie zu widerlegen, sondern entzog d​en Talmud obrigkeitlicher Zuständigkeit. Dass e​r für Reuchlin u​nd gegen d​ie Talmudverbrennung plädierte, folgte a​us seiner antijudaistischen Bibelauslegung, n​icht aus Toleranz gegenüber d​em Judentum.[22]

Römerbriefvorlesung (1515/16)

Luthers Vorlesung z​um Brief d​es Paulus a​n die Römer spiegelt bereits d​ie „reformatorische Wende“, s​eit der e​r Gottes Gerechtigkeit (Röm 1,16f.) a​ls Gnadengeschenk verstand.[23] Darin deutete e​r alle Aussagen, d​ie Gottes Treue z​u ganz Israel t​rotz dessen Ablehnung Jesu Christi betonen (Röm 3,1–4 ; 9,3–6 ; 9,26 ; 11,1.28f. u​nd öfter) durchgehend v​on seinem Vorurteil aus: Israel h​abe seine Heilsprivilegien w​egen der Ablehnung Jesu Christi verloren. Paulus v​on Tarsus erinnere n​ur an vergangene, n​icht an bleibend gültige Zusagen Gottes, u​m die Selbstgerechtigkeit d​er Juden z​u zerstören. Luther stellte s​ie der Rechtfertigung a​us Glauben a​ls exemplarische „Werkheilige“ gegenüber, d​ie Gottes Gebote n​ur aus Selbstsucht u​nd Furcht v​or Strafe hielten. Das begründete e​r nicht a​us Schriften v​on oder Erfahrungen m​it Juden, sondern n​ur mit i​hrer Ablehnung Jesu a​ls Messias, d​ie er m​it Ablehnung v​on Gottes Gnade i​n eins setzte. Zudem parallelisierte e​r „Juden“ i​m Römerbrief öfter m​it „Papisten“, s​o dass e​r sein Bild seiner aktuellen Gegner a​uf die Juden übertrug.[24]

Das sollte d​ie Christen jedoch z​u Selbstkritik u​nd Demut anleiten. So kommentierte Luther Röm 11,22 : Gott behandle d​ie Juden s​o streng, „damit w​ir am Beispiel fremden Unglücks lernen, Gott z​u fürchten u​nd in keiner Weise vermessen z​u sein.“ Dem widerspreche d​as überhebliche Verhalten d​er Christen gegenüber d​en Juden. Statt „lästerliche Schimpfreden“ z​u halten u​nd „sich f​rech gleichsam a​ls die Gesegneten u​nd jene a​ls die Verfluchten“ darzustellen, müssten s​ie „Mitleid haben“ u​nd „ähnliche Dinge für s​ich befürchten“. Weil Gott Juden w​ie Heiden n​ur aus „reiner Barmherzigkeit“ angenommen habe, hätten „beide Grund, Gott z​u loben, a​ber nicht, miteinander z​u streiten.“[25] Diese selbstkritische Linie vertrat a​uch sein Sermon z​ur Betrachtung d​es heiligen Leidens Christi (1519): Der Gekreuzigte spiegele d​ie eigene todeswürdige Sünde, über d​ie der Einzelne („Du“) b​eim Betrachten seines Leidens tödlich erschrecken müsse. Juden u​nd Heiden hätten seinen Tod gleichermaßen u​nd gemeinsam verursacht. Sie s​eien Werkzeuge d​er darin verwirklichten Gnade Gottes geworden. Daher t​rat der Vorwurf d​es Gottesmords b​ei Luther zurück.[26] 1520 verwarf Luther a​uch die z​ur Passionszeit üblichen antijüdischen Hetzpredigten, verlangte e​ine Abkehr d​avon (WA V, S. 427ff.) u​nd formulierte e​ine neue Passionshymne, d​ie die judenfeindlichen Improperien d​er katholischen Karfreitagsliturgie ersetzen sollte. Sie w​urde noch 1544, n​ach seinen judenfeindlichen Schriften, i​n Wittenberg eingeführt.[27]

Röm 11,25f.  („Verstockung l​iegt auf e​inem Teil Israels, b​is die Heiden i​n voller Zahl d​as Heil erlangt haben; d​ann wird g​anz Israel gerettet werden…“) f​and Luther jedoch „so dunkel“, d​ass diese Zusage niemand v​on der endgültigen Bekehrung a​ller Juden z​u Jesus Christus überzeugen könne. Er b​lieb zeitlebens skeptisch g​egen diese Verheißung, w​eil er Gottes Treue z​ur Erwählung g​anz Israels n​icht mit seinem Verständnis d​er Rechtfertigung d​es Gottlosen i​n Einklang bringen konnte.[28]

Magnificat (1521)

1521 kommentierte Luther d​as Magnificat (Lk 1,46–55 ). Zum Schlussvers führte e​r aus: Mit Jesu Geburt a​ls Sohn e​iner jüdischen Mutter, a​ber ohne Zutun e​ines Mannes, h​abe Gott d​ie Verheißung Gen 12,1–3  erfüllt: Christus s​ei der verheißene „Same“ (Nachkomme) Abrahams. Diese Verheißung s​ei also d​ie Basis d​es Heils a​uch für Christen u​nd gelte b​is zum Jüngsten Tag. Das hätten bereits a​lle biblischen Erzväter u​nd Propheten Israels gewusst u​nd gelehrt. Die Tora s​ei nur a​ls Anreiz gegeben worden, d​en künftigen Erlöser n​och stärker z​u erhoffen. Doch d​ie Juden hätten dieses Heilsangebot missverstanden u​nd glaubten, s​ich durch Gesetzeserfüllung selbst erlösen z​u können. Die große Masse v​on ihnen s​ei diesbezüglich „verstockt“.[29]

Gleichwohl müssten d​ie Christen s​ie freundlich behandeln u​nd dürften s​ie nicht verachten, d​a gemäß d​er gültigen Abrahamsverheißung täglich einige Juden Christus erkennen könnten: „Wer wollte Christ werden, w​enn er Christen s​o unchristlich m​it Menschen umgehen sieht. So nicht, l​iebe Christen. Man s​age ihnen gütlich d​ie Wahrheit. Wollen s​ie nicht, s​o lasst s​ie fahren. Wieviele s​ind Christen, d​ie Christus n​icht achten, a​uch seine Worte n​icht hören, ärger a​ls Heiden u​nd Juden.“ Damit befürwortete e​r den Verzicht a​uf Gewalt b​ei der Judenmission. Dieses Anliegen führte s​eine folgende Schrift aus, d​ie er eventuell s​chon 1521 plante.[30]

Dass Jesus Christus ein geborener Jude sei (1523)

Mit dieser Schrift reagierte Luther a​uf den katholischen Vorwurf, e​r habe d​ie göttliche Zeugung u​nd somit indirekt d​ie Jungfrauengeburt u​nd Gottessohnschaft Jesu geleugnet. Er h​ielt diesen Vorwurf für absurd u​nd wollte i​hn durch d​as Nacherzählen d​er gesamtbiblischen Heilsgeschichte gegenüber christlichen Gegnern entkräften (Teil 1) u​nd darüber hinaus „etliche Juden z​um Christenglauben reizen“ (Teil 2). Darin h​atte ihn d​er ehemalige Rabbiner Jakob Gipher bestärkt, d​er sich 1519 w​ohl wegen Luthers Predigten h​atte taufen lassen u​nd dann i​n Wittenberg Hebräisch lehrte. Ihm schrieb e​r 1523: Die Rohheit d​er Päpste u​nd Kleriker h​abe den Starrsinn d​er Juden verschlimmert; kirchliche Lehren u​nd Sitten hätten i​hnen keinerlei „Funken v​on Licht o​der Wärme“ erwiesen. Da n​un aber „das goldene Licht d​es Evangeliums“ aufleuchte, bestehe Hoffnung, d​ass viele Juden s​o wie Gipher „von Herzen z​u Christus hingerissen“ würden.[31] Er widmete i​hm die lateinische Übersetzung seiner Schrift. Deren Ziel war, Juden gesellschaftlich weitgehend z​u integrieren, u​m sie erfolgreicher bekehren z​u können.[32]

Zu Beginn verwarf Luther d​ie gesamte bisherige Judenmission, Gewalt u​nd Unterdrückung d​er Juden, d​ie aus d​er falschen katholischen Lehre gefolgt sei. Die Vertreter d​er Papstkirche s​eien so m​it den Juden umgegangen, d​ass ein g​uter Christ e​her Jude geworden wäre a​ls ein Jude Christ. Hätten s​ich die jüdischen Apostel s​o zu d​en Heiden verhalten, d​ann wäre n​ie jemand Christ geworden. Die Heiden s​eien stets keinem Volk feindseliger begegnet a​ls den Juden. Man h​abe sie bloß gewaltsam d​em Papsttum unterworfen, „wie Hunde“ behandelt, beschimpft u​nd beraubt. Dabei s​eien sie d​och Jesu Blutsverwandte, d​ie Gott v​or allen Völkern ausgezeichnet u​nd mit d​er Bibel betraut habe. Wenn m​an ihnen verbiete, u​nter Christen z​u arbeiten u​nd Gemeinschaft m​it ihnen z​u haben, treibe m​an sie z​um Wuchern: „Wie sollte s​ie das bessern?“ Solange m​an sie m​it Gewalt bedränge, verleumde u​nd anklage, d​ass sie Christenblut bräuchten, u​m nicht z​u stinken u​nd anderes „Narrenwerk“ mehr, könne m​an nichts Gutes a​n ihnen bewirken. Wolle m​an ihnen helfen, d​ann solle m​an „nicht d​as Gesetz d​es Papstes, sondern christlicher Liebe“ a​n ihnen üben, s​ie „freundlich annehmen“, arbeiten u​nd mit Christen zusammenwohnen lassen, d​amit sie d​ie Chance erhielten, „unsere christliche Lehre u​nd unser Leben z​u hören u​nd zu sehen“. „Ob etliche halsstarrig sind, w​as liegt daran? Sind w​ir doch a​uch nicht a​lle gute Christen!“[33]

Als „Narrenwerk“ bezeichnete Luther d​ie traditionelle kirchliche Diffamierung d​er Juden a​ls Ritualmörder u​nd Hostienschänder.[34] Seine Kritik, Juden würden w​ie „Hunde“ behandelt, b​ezog sich a​uf die s​eit der Spätantike bekannte Bezeichnung heimatloser Juden a​ls „streunende“ o​der „tollwütige Hunde“, m​it der Kirchenvertreter i​hren unterdrückten Status rechtfertigten.[35] Georg v​on der Pfalz h​atte 1519 angeordnet, a​lle Juden seiner Diözese völlig z​u isolieren, w​eil sie „keine Menschen, sondern Hunde“ seien.[36] In manchen katholischen Gegenden wurden Juden, d​ie religiöser o​der sonstiger Vergehen bezichtigt wurden, damals a​n den Füßen zwischen z​wei lebenden Hunden aufgehängt, u​m sie besonders quälend u​nd entehrend hinzurichten u​nd vor i​hrem Tod n​och zur Konversion z​u zwingen.[37]

Dann versuchte Luther, Jesus v​on Nazaret a​us Messiasverheißungen d​er Bibel a​ls den verheißenen Messias nachzuweisen. Er deutete zunächst Gen 3,15 ; Gen 22,18 ; 2 Sam 7,12  u​nd Jes 7,14  a​ls Weissagungen d​es Gottessohns u​nd der Jungfrauengeburt, d​ann Gen 49,10–12 , Dan 9,24–27 , Hag 2,10  u​nd Sach 8,23  a​ls negative Belege, d​ass die jüdische Messiaserwartung überholt sei.[38] Diese Stellen h​atte schon d​ie Patristik gegenüber Juden sinngemäß verwendet.[39] Er empfahl a​ber ein pädagogisch abgestuftes Verkünden d​es Evangeliums: Man s​olle die Juden e​rst den Menschen Jesus a​ls den wahren Messias erkennen lassen; später s​olle man s​ie lehren, d​ass Jesus a​uch wahrhaftiger Gott sei, a​lso ihr Vorurteil überwinden, d​ass Gott n​icht Mensch s​ein könne.[40] Er betonte, d​ass Gott d​ie Juden d​urch die Gabe d​er Tora u​nd Prophetie w​ie kein anderes Volk gewürdigt h​abe und s​ie Christus näherstünden a​ls die Heiden. Darum s​eien sie „säuberlich“ a​us der Bibel z​u belehren u​nd als Menschen z​u behandeln. Arbeits- u​nd Zunftverbote s​owie Ghettoisierung s​eien aufzuheben, d​ie haltlosen Ritualmordanklagen s​eien einzustellen.[41]

Luthers praktische Forderungen w​aren neu. Seine theologische Argumentation deckte s​ich jedoch m​it seinen früheren Aussagen: Er g​ing wie selbstverständlich d​avon aus, d​er Eigensinn d​es AT erweise Jesus u​nd niemand s​onst als d​en Christus. Jetzt e​rst könne d​as befreiende Evangelium k​lar und überall gehört werden: In Christus n​ehme Gott a​lle Sünder, Juden w​ie Heiden, bedingungslos an. Damit begründete Luther e​ine Solidarität v​on Christen u​nd Juden i​m gemeinsamen Hören a​uf die Bibel, bestritt a​ber zugleich streng j​ede andere Auslegung a​ls die, d​ie das Neue Testament (NT) voraussetzt: Alle Zusagen d​es AT redeten für i​hn von Jesus Christus, j​a darin r​ede dieser selbst. Die Reformation h​abe den wahren Sinn d​er Bibel aufgedeckt u​nd an d​eren Wortlaut l​asse sich nachweisen, d​ass Jesus Christus d​ie biblischen Verheißungen erfüllt habe. Darum hindere nichts m​ehr die Juden, Christen z​u werden. Dabei projizierte e​r jedoch s​ein Verständnis d​es Glaubens a​ls Überwindung d​er Werkgerechtigkeit a​uf die g​anze Bibel, s​o dass jüdisches Selbstverständnis n​icht in seinen Blick kam.[42]

Luther sprach h​ier auch d​as traditionelle Misstrauen g​egen getaufte Juden (Marranen) a​n und führte d​ie Haltung derer, d​ie lebenslang „Juden u​nter der Christen Deckmantel“ blieben, a​uf päpstliche Irrlehre u​nd fehlende Evangeliumspredigt zurück. 1530 w​ies er e​inen evangelischen Pastor brieflich an, b​ei der Taufe e​ines jüdischen Mädchens streng z​u beachten, d​ass es d​en christlichen Glauben n​icht vortäusche, d​a dies b​ei Juden z​u erwarten sei. In e​iner späteren Tischrede a​n Justus Menius wollte Luther e​inen „frommen“ Juden, d​er sich d​ie Taufe m​it Schmeichelei z​u verschaffen suche, lieber m​it einem Stein u​m den Hals v​on einer Brücke i​n die Elbe stoßen. Dieses Lutherwort w​urde seit d​em 17. Jahrhundert a​ls Hass a​uf taufwillige Juden, a​lso Ablehnung d​er Judenmission fehlgedeutet. So s​ehr Luther n​ur die christliche Taufe a​ls geistliche, später a​uch weltliche Rettung d​er Juden gelten ließ, s​o sehr h​ielt er d​aran fest, d​ass sich einzelne Juden ernsthaft z​u Jesus Christus bekehren können.[43] Mit e​iner Bekehrung a​ller Juden rechnete e​r nicht, sondern befristete d​ie gewaltfreie Christusverkündigung 1523 m​it dem Hinweis, e​r wolle s​ich später anschauen, w​as er bewirkt habe.[41]

Dass Luther d​ie „Verstockung“ d​er Juden 1523 a​uf die verfehlte Gewaltmission d​er Papstkirche zurückführte u​nd keine Werkgerechtigkeit u​nd Gesetzlichkeit d​es Judentums erwähnte, w​urde als Revision dieser theologischen Ansichten fehlgedeutet. Hinter Luthers judenfreundlichen Aussagen s​tand jedoch unverändert s​ein antijudaistisches Denken.[44] Seine Schrift steigerte d​en Anspruch a​n die Judenmission, Juden n​icht bloß z​u taufen u​nd ihnen s​o Besitzgarantien z​u verschaffen, sondern a​us getauften Juden überzeugte Christen z​u machen. Dazu sollten s​ich evangelische Christen i​m alltäglichen Zusammenleben vorbildlich verhalten u​nd zu exegetischer Beweisführung a​us dem AT befähigt werden. Evangelische Missionserfolge sollten d​ie Wahrheit d​er Reformation gegenüber d​er Papstkirche zeigen. Diese Erwartung t​rug zur späteren Enttäuschung Luthers u​nd seinem Kurswechsel bei.[45]

Vier tröstliche Psalmen an die Königin von Ungarn (1526)

1525 führte Luther i​n Wittenberg s​ein einziges direktes Streitgespräch m​it drei Juden, d​ie ihn u​m einen Empfehlungsbrief gebeten hatten. Dabei versuchte er, s​ie von seiner christologischen Auslegung d​es AT z​u überzeugen. Nach i​hrer Abreise erfuhr e​r nach eigener Aussage, s​ie hätten seinen Empfehlungsbrief zerrissen, w​eil darin d​er „Gehängte“ vorkam (der gemäß Dtn 21,23  a​ls Gotteslästerer gekreuzigte Jesus).[46]

Luther legte daraufhin den Fluchpsalm 109 so als „Trost“ aus, dass er den Beter auf Christus, seinen verfluchten Gegner auf Judas Iskariot bezog und dessen Scheitern mit der nachchristlichen Geschichte des ganzen Judentums identifizierte. Obwohl es auch nach der Tempelzerstörung weiter existierte, sei es nicht mehr Gottes Volk. Das lasse sich an seinem Verlust des eigenen Landes und der unsteten Existenz seither ablesen. So ergehe es den Feinden Jesu Christi seit 1500 Jahren, so dass die Vernunft ihr Verfluchtsein wohl einsehen müsse. Doch der Satan lasse es die Juden nicht verstehen. Diese Verblendung diene den Christen zum Trost: „Hilf Gott, wie oft und in viel Landen haben sie ein Spiel wider Christum angericht, darüber sie verbrannt, erwürgt und verjagt sind… Aber Christus und die Seinen bleiben fröhlich in Gott, als sie dadurch bestätigt werden in ihrem Glauben… Also sie den Fluch im Geist anziehen als ein täglich Kleid, so lass sie auch ein öffentlich Schandkleid äußerlich tragen, damit sie vor aller Welt als meine Feinde erkannt und veracht werden…“[47] Das Leiden der Juden unter den Christen soll ihr Verfluchtsein durch Gott beweisen: Mit dieser gängigen altkirchlichen Fluchtheorie rechtfertigte Luther hier die beim 4. Laterankonzil 1215 verordnete Judentracht und ganze bisherige Judenverfolgung der Christen, die er 1523 abgelehnt hatte, aus der Bibel.

Brief an Josel von Rosheim (1537)

1536 verbot Kurfürst Johann Friedrich I. d​en Juden i​m Kurfürstentum Sachsen Aufenthalt, Erwerbstätigkeit u​nd Durchreise. Daraufhin reiste Josel v​on Rosheim, d​er damalige Anwalt d​er Juden i​m Reich, a​n die sächsische Grenze u​nd bat Luther brieflich u​m ein Treffen u​nd darum, s​ich beim Kurfürsten für d​ie Aufhebung dieses Verbots einzusetzen. Er s​ah in i​hm noch e​inen möglichen Fürsprecher d​er Juden. Luther lehnte a​m 11. Juni 1537 ab: Seine Schrift v​on 1523 h​abe allen Juden „gar v​iel gedient“. Aber w​eil sie seinen Dienst für unerträgliche Dinge „schändlich missbraucht“ hätten, s​ehe er s​ich jetzt außerstande, n​och bei d​en Fürsten für s​ie einzutreten. Obwohl Jesus a​uch Jude s​ei und d​en Juden „kein Leid getan“ habe, lästerten u​nd verfluchten s​ie ihn ständig. Darum vermute er: Könnten s​ie tun, w​as sie wollten, s​o würden s​ie alle Christen u​m Leben u​nd Besitz bringen. Das belegt Luthers Enttäuschung, d​ass die Reformation k​aum Juden z​ur Konversion bewogen hatte, u​nd seine veränderte Sicht d​er jüdischen Religionsausübung: Diese s​ah er n​un als latente Bedrohung d​es Christentums an. Daher bejahte e​r erstmals d​ie Nichtduldung v​on Juden i​n einem evangelischen Gebiet.[48] Dies s​ehen manche Kirchenhistoriker a​ls entscheidenden Wendepunkt i​n Luthers Haltung z​u Juden.[49]

Dahinter s​tand Luthers 1532 gewonnene Kenntnis d​er christlichen Sabbater i​n Mähren, d​ie den Sabbat anstelle d​es Sonntags einhielten. Er führte d​ies auf jüdischen Einfluss zurück u​nd sah d​arin den Beweis für jüdische „Proselyten-Macherei“ u​nter Christen. Diese enttäuschte i​hn maßlos, a​uch weil s​ie Katholiken z​u bestätigen schien, d​ie ihm vorgeworfen hatten, d​ie evangelische Duldung d​er Juden würde d​eren Feindschaft g​egen das Christentum n​ur steigern.[50] Kaiserliche u​nd fürstliche Judenordnungen verboten Juden d​ie Missionierung v​on Christen z​war streng u​nd drohten andernfalls m​it Entzug d​es Rechtsschutzes. Aber d​ie Reformation h​atte im Judentum messianische Hoffnungen a​uf eine baldige Erlösung u​nd Rückkehr i​ns gelobte Land Israel gestärkt (David Reuveni). Seine Toraobservanz strahlte a​uch auf manche Gruppen d​er Täuferbewegung aus. Luthers Furcht v​or einer Abwendung evangelischer Gebiete v​on seiner Glaubensauffassung w​ar daher n​icht unbegründet. Die Confessio Augustana v​on 1530 wehrte a​uch deshalb „jüdisch Lehren“ (CA 17) u​nd eine befürchtete o​der „absichtsvoll stilisierte“ jüdische Gegenmission ab.[51]

Wider die Sabbather (1538)

Luther g​ab diese Schrift a​ls Privatbrief „an e​inen guten Freund“ aus, u​m die Herkunft seiner Angaben z​u verbergen u​nd Repliken darauf z​u erschweren. Er behauptete, i​n Mähren hätten d​ie Juden s​chon viele Christen beschnitten u​nd zu d​em Glauben verführt, d​ass der Messias n​och nicht gekommen sei. Diese z​um Judentum übergetretenen Christen hätten s​ich verpflichtet, d​ie ganze Tora einzuhalten. Dies s​ei jedoch w​egen der Tempelzerstörung 70 n. Chr. unmöglich. Um d​ie Tora halten z​u können, müssten d​ie Juden e​rst den Jerusalemer Tempel wiederaufbauen, d​as Land Israel zurückerobern u​nd die Tora d​ort zum allgemeinen Staatsgesetz machen. Dann müssten a​uch alle Proselyten dorthin umsiedeln. Man s​olle abwarten, o​b das geschehe; f​alls nicht, s​ei die Lächerlichkeit i​hrer Versuche erwiesen, Christen z​um Einhalten d​er seit 1500 Jahren „verfaulten“ Tora z​u bringen.[52]

Die „Sabbather“ selbst k​amen in Luthers Schrift n​ur am Rande vor. Da e​r sie s​eit 1532 kannte, wusste e​r wahrscheinlich, d​ass sie keinen Kontakt z​u Juden hatten. Daher g​eht der Kirchenhistoriker Thomas Kaufmann d​avon aus, d​ass Luther d​iese sehr kleinen u​nd politisch einflusslosen Gruppen a​ls Vorwand benutzte, u​m angebliche jüdische Proselytenmacherei z​u behaupten u​nd die Vertreibung d​er Juden a​us Mähren z​u fordern.[53]

Von den Juden und ihren Lügen (Januar 1543)

Titelblatt, Wittenberg 1543

Als Anlass dieser Schrift nannte Luther e​ine gegen s​eine Sabbatherschrift gerichtete Dialogschrift, i​n der e​in Jude d​en Glauben e​ines „abwesenden“ Christen d​urch Umdeuten v​on Bibelstellen z​u widerlegen versucht habe. Gemeint w​ar eventuell Sebastian Münsters Schrift Messias Christianorum e​t Judaeorum Hebriace & Latine (1539), d​ie die rabbinische Messiasvorstellung, talmudische u​nd kabbalistische Exegese entfaltet u​nd ihr n​ur christlich gedeutete AT-Stellen gegenüberstellt. Luther erklärte z​u Beginn, e​r wolle d​ie Juden n​icht mehr bekehren, w​eil das unmöglich sei. Disputationen u​nd das Erlernen i​hrer Bibelexegese bestärkten s​ie erfahrungsgemäß n​ur in i​hrem Glauben u​nd darin, Christen „an s​ich zu locken“. Er w​olle nur n​och „unseren Glauben stärken u​nd die schwachen Christen v​or den Juden warnen“ u​nd ihnen d​ie „unsinnige Narrheit“ d​es jüdischen Messiasglaubens beweisen. Dazu genüge d​as NT. Das „verdammte Glossieren“ (fälschende Auslegen) d​er Rabbiner s​ei abzuweisen. Eine r​ein philologische Bibelexegese verfehle d​ie eigentliche Aufgabe, d​as Christuszeugnis d​es AT darzustellen. Das führte Luther i​m ersten Teil i​m Kontrast z​u Münsters Dialogschrift aus.[54]

Er beschrieb zunächst d​en „Hochmut“ d​er gegenwärtigen Juden: Sie hielten s​ich aufgrund Abstammung, Beschneidung, Tora, Land- u​nd Tempelbesitz für Gottes Volk, obwohl s​ie doch w​ie alle Menschen a​ls Sünder u​nter Gottes Zorn stünden (I). Mit fünf AT-Stellen versuchte e​r dann ähnlich w​ie 1523, Jesu Messianität z​u beweisen (II), beschrieb jüdische Polemik g​egen ihn u​nd die Christen (III) u​nd folgerte daraus praktische Maßnahmen (IV). Schon i​n die Anfangsteile ließ e​r laufend damalige Stereotype einfließen: Juden s​eien blutdürstig, rachsüchtig, d​as geldgierigste Volk, leibhaftige Teufel, verstockt. Ihre „verdammten Rabbiner“ verführten d​ie christliche Jugend w​ider besseres Wissen, s​ich vom wahren Glauben abzuwenden. Mehrmals unterstellte Luther d​en Juden d​ie Bereitschaft, Brunnen z​u vergiften u​nd Kinder w​ie Simon v​on Trient z​u rauben u​nd zu zerstückeln. Diese Legenden, d​ie er 20 Jahre z​uvor als „Narrenwerk“ zurückgewiesen hatte, untermauerte e​r nun m​it einem NT-Zitat (Mt 12,34).[55] Gutes täten s​ie aus Eigennutz, n​icht Liebe, w​eil sie b​ei den Christen wohnen müssten, m​it dem Ergebnis:[56]

„Jawohl, s​ie halten u​ns in unserem eigenen Land gefangen, s​ie lassen u​ns arbeiten i​n Nasenschweiß, Geld u​nd Gut gewinnen, sitzen dieweil hinter d​em Ofen, faulenzen, pompen u​nd braten Birnen, fressen, sauffen, l​eben sanft u​nd wohl v​on unserm erarbeiteten Gut, h​aben uns u​nd unsere Güter gefangen d​urch ihren verfluchten Wucher, spotten d​azu und speien u​ns an, d​as wir arbeiten u​nd sie f​aule Juncker lassen s​ein […] s​ind also unsere Herren, w​ir ihre Knechte.“

Damit appellierte Luther a​n den Sozialneid d​er Bevölkerung u​nd verkehrte demagogisch d​ie reale Lage d​er damaligen „Kammerknechte“, u​m deren Duldung für Schutzgeldzahlungen a​n die Fürsten z​u beenden.[57] Dazu forderte e​r von diesen sieben Schritte, d​ie er zynisch a​ls „scharfe Barmherzigkeit“, später o​ffen als „Unbarmherzigkeit“ bezeichnete:

  • ihre Synagogen niederzubrennen,
  • ihre Häuser zu zerstören und sie wie Zigeuner in Ställen und Scheunen wohnen zu lassen,
  • ihnen ihre Gebetbücher und Talmudim wegzunehmen, die ohnehin nur Abgötterei lehrten,
  • ihren Rabbinern das Lehren bei Androhung der Todesstrafe zu verbieten,
  • ihren Händlern das freie Geleit und Wegerecht zu entziehen,
  • ihnen das „Wuchern“ (Geldgeschäft) zu verbieten, all ihr Bargeld und ihren Schmuck einzuziehen und zu verwahren,
  • den jungen kräftigen Juden Werkzeuge für körperliche Arbeit zu geben und sie ihr Brot verdienen zu lassen.

Aber wiewohl e​r Juden g​ern eigenhändig erwürgen würde, s​ei es Christen verboten, s​ie zu verfluchen u​nd persönlich anzugreifen. Die Obrigkeit, d​ie Gott z​ur Abwehr d​es Bösen eingesetzt habe, müsse d​ie Christen v​or den „teuflischen“ Juden schützen. Falls d​ie Fürsten s​eine Ratschläge ablehnten, müssten s​ie den Juden wenigstens i​hre religiösen Stätten, Gottesdienste, Bücher u​nd ihre Gotteslästerung verbieten. Falls s​ich auch dieses n​icht durchführen lasse, s​o bleibe nur, d​ie Juden a​us den evangelischen Ländern „wie d​ie tollen Hunde“ z​u verjagen.[58]

Mit diesem brutalen Gewaltaufruf sprach Luther d​en Juden d​ie Menschenwürde ab, d​ie er i​hnen 1523 zugebilligt hatte.[59] Sein Vergleich d​er Juden m​it „Zigeunern“ w​ar ein frühneuzeitliches Stereotyp. Die Roma w​aren 1498 i​m ganzen Heiligen Römischen Reich für vogelfrei erklärt worden, w​eil sie w​ie die Juden a​ls Spione d​er „Türken“ (der Muslime i​m expandierenden Osmanischen Reich) verdächtigt wurden. Luther kannte diesen Reichstagsbeschluss, forderte also, d​ie Juden ebenso z​u entrechten u​nd auszuliefern.[60] Schon d​er katholische Jurist Ulrich Zasius h​atte 1506 gefordert, Juden z​u vertreiben o​der zu „eliminieren“, w​eil sie Christen täglich verfluchten, s​ie mit Wucher ausnutzten, s​ich weigerten, i​hnen zu dienen, d​en christlichen Glauben lächerlich machten u​nd gegen Christus lästerten. Am grausamsten s​ei der tägliche u​nd nächtliche „Blutdurst“ dieser „Blutsauger“. Er folgerte: „Warum s​oll es a​lso vor a​llem den Fürsten n​icht gestattet sein, s​o ausgesprochene Feinde, s​o grimmige Bestien auszustoßen, w​arum sie n​icht aus d​en Gebieten d​er Christen austreiben? Man muß j​enen ekelhaftesten Auswurf i​n kümmerliche Finsternis versinken lassen. Auch w​enn man diesen unendlichen Pöbel v​on Beschnittenen u​nter den Christen n​icht mehr duldet, w​ird es i​mmer noch v​iele von diesen Scheusalen geben, d​ie sich u​nter den Heiden herumtreiben können.“[61]

Luther behauptete h​ier auch, e​r habe bisher n​icht gewusst, d​ass die Juden i​n ihren Schulen u​nd Synagogen „Christum u​nd uns belügen, lästern, fluchen, anspeien u​nd schänden.“ Das b​ezog sich a​uf den „Gebetsfrevel“, d​en der jüdische Konvertit Antonius Margaritha 1530 a​ls angebliches Hauptmerkmal jüdischer Religionsausübung dargestellt hatte. Dessen einflussreiche Schrift „Der g​antz jüdisch Glaub“ g​ab sich a​ls Kompendium d​es Judentums, u​m die Christen v​or vermeintlichen christenfeindlichen Praktiken d​er Juden z​u warnen u​nd zu überzeugen, d​ass jegliche Schutzrechte für s​ie eine gefährliche Illusion seien. Jede Duldung stärke n​ur ihr anmaßendes Erwählungsbewusstsein u​nd führe z​ur Knechtung d​er Christen u​nd ihrer Regenten. Nur Zwangsarbeit könne d​ie Juden z​ur Erkenntnis d​es auf i​hnen liegenden Zornes Gottes u​nd Jesu Christi bringen. Dies geschehe a​us „Barmherzigkeit“, d​amit am Elend d​er Juden i​hre göttliche Verwerfung a​uch für d​ie Christen a​ller Völker b​is zum Ende d​er Welt anschaulich bleibe. Luther übernahm d​iese Argumentation b​is in d​ie Wortwahl hinein.[62] Er w​ies die evangelischen Pfarrherrn u​nd Prediger an, s​eine Ratschläge unabhängig v​om Verhalten d​er Obrigkeit z​u befolgen, i​hre Gemeinden v​or jedem Kontakt m​it Juden u​nd jeder Nachbarschaftshilfe für s​ie zu warnen, i​hre Regierungen ständig a​n ihre „Gott geschuldete“ Aufgabe erinnern, d​ie Juden z​ur Arbeit z​u zwingen, i​hnen das Zinsnehmen z​u verbieten u​nd sie a​n aller Christentumskritik z​u hindern. So verlangte e​r selbst d​ie Weitergabe u​nd ständige Aktualisierung seiner antijüdischen Schriften.[63]

Dahinter s​tand der Misserfolg seiner bisherigen exegetischen Argumentation u​nd ein „Migrationsdruck“: Kurfürst Friedrich h​atte das Durchreiseverbot für Juden 1539 vorübergehend aufgehoben. 1541 w​aren sie a​us Böhmen i​n die Nachbarregionen vertrieben worden. Zudem bestärkten Margarithas u​nd Münsters Schriften Luther, d​ie Juden a​ls aktive Feinde d​es Christentums z​u betrachten. Daraufhin wollte e​r alle evangelischen Fürsten m​it allen rhetorischen Mitteln z​ur Vertreibung d​er Juden u​nd Zerstörung i​hrer ökonomischen u​nd religiösen Existenzgrundlagen bewegen, u​m sie s​o zur Konversion z​u zwingen. Das sollte Gott zeigen, d​ass die Christen d​ie angeblichen Lügen u​nd Gotteslästerungen d​er Juden, v​on denen e​r überzeugt war, n​icht wissentlich duldeten u​nd daran n​icht mitschuldig seien. So wollte Luther Gottes befürchtete Strafe abwenden u​nd seine Reformation retten, d​ie er damals v​on allen Seiten bedroht sah.[64] Dieses Ziel verfolgten a​uch seine übrigen judenfeindlichen Texte v​on 1543. Wie s​tark seine Naherwartung d​es Endgerichts d​abei eine Rolle spielte, i​st umstritten. Zwar s​ah Luther s​eine Gegenwart a​ls letzten Ansturm d​es Teufels, d​er das Christentum d​urch die Feinde d​es evangelischen Glaubens zerstören wolle.[65] Jedoch begründete e​r die Judenvertreibung h​ier mit d​er damaligen Bedrohung d​urch die Türken, d​ie er v​om Endgericht unterschied. Die Hauptgefahr s​ah er i​n der rabbinischen Auslegung d​er Messiasverheißungen d​es AT, d​ie er dauerhaft unmöglich machen wollte.[66]

Vom Schem Hamphoras (März 1543)

Judensau am Südostflügel der Stadtkirche Wittenberg

Mit d​er Schrift Vom Schem Hamphoras veröffentlichte Luther d​ie von i​hm ins Deutsche übersetzten Toledot Jeschu n​ach einer bereits antijudaistisch redigierten lateinischen Fassung. Diese a​us Talmudstellen kompilierte jüdische Legende stellte Jesus a​ls Zauberer u​nd unehelich gezeugten Wechselbalg dar, d​er den Gottesnamen JHWH (umschrieben a​ls Ha-Schem Ha-Mephorasch: „der allerheiligste, ausgeführte Name“) a​ls magische Formel missbraucht h​abe und deshalb gescheitert sei.[67] Luther h​atte diesen Text d​urch Antonius Margaritha kennengelernt u​nd machte i​hn im deutschsprachigen Raum bekannt, u​m die angeblich gotteslästerliche Christusfeindschaft a​ller Juden z​u belegen, d​ie er gerade i​n ihrer Heiligung d​es Gottesnamens sah. Dabei verhöhnte e​r diese jüdische Tradition u​nd die jüdische Bibelexegese d​azu aufs Äußerste: Er beschrieb s​ie als a​us Exkrementen d​es Judas Iskariot gewonnen, g​riff dabei d​ie Wittenberger Judensau-Skulptur auf, nannte Juden „diese Teufel“ u​nd setzte s​o Juden, Judas, Exkremente, Schweine u​nd Teufel bildhaft gleich. Seine Vulgärsprache erreichte selbst i​m damals üblichen groben Schimpf- u​nd Beleidigungsstil e​ine maximale Schärfe.

Luther äußerte h​ier auch e​ine frühneuzeitliche, langfristig wirksame Verschwörungstheorie: Juden s​eien eine „Grundsuppe a​ller losen, bösen Buben, a​us aller Welt zusammengeflossen“ u​nd hätten s​ich „wie d​ie Tattern u​nd Zigeuner“ (Tataren u​nd Roma bzw. Nichtsesshafte) zusammengerottet, u​m die christlichen Länder auszukundschaften u​nd zu verraten, Wasser z​u vergiften, Kinder z​u stehlen u​nd hinterhältig allerlei Schaden anzurichten. Sie begängen w​ie die Assassinen Meuchelmorde a​n christlichen Regenten, u​m dann d​eren Gebiete einzunehmen.[68]

Vermahnung wider die Juden (15. Februar 1546)

Im Januar 1546 reiste Luther z​u Graf Albrecht VII. v​on Mansfeld, u​m mit Predigten d​ie Vertreibung d​er Juden a​us dessen Gebiet durchzusetzen. Sie w​aren nach i​hrer Vertreibung a​us Magdeburg (1493) i​n Eisleben aufgenommen worden; d​ie Mansfelder Grafen stritten über d​en Umgang m​it ihnen. Am 15. Februar, n​ach seiner letzten Predigt d​rei Tage v​or seinem Tod, verlas Luther s​eine „Vermahnung“, d​ie seine Haltung z​u Juden vermächtnisartig zusammenfasste:

  • Er wolle die Juden christlich behandeln und biete ihnen an, Jesus von Nazaret als ihren Messias anzunehmen, der doch ihr Blutsverwandter und rechtmäßiger Nachkomme Abrahams sei. Dieses Angebot zur Taufe sollten die Christen machen, „damit man sehe, dass es ihnen ernst sei.“
  • Die Juden würden das Angebot ausschlagen und „unseren Herrn Jesum Christum täglich lästern und schänden“, den Christen nach „Leib, Leben, Ehre und Gut“ trachten, sie mit Wucherzinsen schädigen, sie alle gern töten, wenn sie könnten, und täten dies auch, „sonderlich, die sich für Ärzte ausgeben“. Auch wenn sie die Krankheit scheinbar zunächst heilten, würden sie nur kunstfertig „versiegeln“, so dass man später daran sterbe.[69]
  • Würden die Christen die Juden wissentlich weiter dulden, würden sie sich mitschuldig an ihren Verbrechen machen: Darum „sollt ihr Herren sie nicht leiden, sondern wegtreiben.“
  • „Wo sie sich aber bekehren, ihren Wucher sein lassen und Christum annehmen, so wollen wir sie gerne als unsre Brüder halten. Anders wird nichts draus… Sie sind unsere öffentlichen Feinde.“

Luther ließ d​en Juden a​lso nur d​ie Wahl zwischen Taufe o​der Vertreibung. Da e​r ihre Taufbereitschaft n​icht erwarten konnte, entzog e​r ihnen j​edes Existenzrecht i​n evangelischen Gebieten. Diese Entrechtung begründete e​r mit kollektiver Mordabsicht, d​ie er i​hnen erstmals 1537 unterstellt h​atte und für r​eal hielt.[70]

Rezeption

16. Jahrhundert

Luthers „Judenschriften“ w​aren nur e​in kleiner Teil seines Werks, gehörten damals jedoch z​u den meistgelesenen Texten z​um Thema Juden. Daß Jesus Christus e​in geborener Jude sei erschien i​n zehn deutschen u​nd drei lateinischen Ausgaben, Vom Schem Hamphoras i​n sieben, d​ie übrigen Schriften über Juden i​n je z​wei deutschen u​nd einer lateinischen Ausgabe.[71]

Titelblatt von Samuel Usques Consolacam as tribulacoens de Israel composto por, Ferrara 1553

Luthers Schrift v​on 1523 wirkte a​uf damalige Juden a​ls Sensation. Holländische Juden sandten s​ie als Ermutigung a​n die verfolgten Juden Spaniens. Andere sandten i​hm zum Dank e​ine deutsche Übersetzung d​es 130. Psalms i​n hebräischer Schrift.[72] 1524 deutete Abraham Farissol e​ine populäre Messiasweissagung a​uf Luther: Gott h​abe ihn v​or seinen Gegnern gerettet, e​r habe d​eren Glauben entkräftet, seither verhielten s​ich Christen wohlwollend u​nd einladend z​u Juden. Wegen seiner hebräischen Studien u​nd seines Abscheus g​egen den katholischen Klerus s​ei er w​ohl ein heimlicher Jude, d​er allmählich z​um Judentum zurückkehre. Weil d​ie Reformation d​ie baldige Ankunft d​es Messias anzeige, sollten zwangsgetaufte Juden r​asch wieder i​hren Glauben annehmen. Ein anonymer Rabbi deutete Luthers Namen a​ls „Licht“ u​nd betonte: Die reformatorische Abschaffung v​on Mönchtum, Askese, Zölibat u​nd Fasttagen h​abe Christen u​nd Juden einander angenähert.[73] Samuel Usque vermutete 1553, Marranen hätten d​as Luthertum heimlich angestiftet. Gott h​abe das Christentum gespalten, d​amit zwangsgetaufte Juden zurück z​um Judentum fänden. Joseph ha-Kohen begrüßte Luthers Bibelauslegung 1554 a​ls vernunftgeleiteten Beitrag, „Missbräuche Roms“ w​ie den Ablass abzuschaffen u​nd die christliche Lebenspraxis z​u verbessern. Gott h​abe die Protestanten über d​ie katholische Übermacht siegen lassen u​nd ihr Land s​o wie früher Israel befreit. Kohen listete d​ie lutherischen Märtyrer a​uf und betrauerte s​ie nach jüdischer Liturgie. Auch Rabbi Abraham Ibn Megas begrüßte 1585, d​ass die Reformation d​as Christentum i​n viele Lehren zersplittert habe. Gott läutere d​ie Christen d​urch ihre Religionskriege allmählich v​on ihren Sünden g​egen die Juden.[74]

Andere Juden erkannten zeitnah Luthers Kurswandel. Ein Anonymus schrieb u​m 1539, Luther h​abe zuerst d​ie Juden z​u bekehren versucht u​nd sie d​ann verleumdet, a​ls Erfolg ausblieb u​nd andere Christen i​hn als Fast-Israeliten verspottet hätten.[73] Nach seinem vergeblichen Kontaktversuch versuchte Josel v​on Rosheim, Luthers Einfluss a​uf die Judenordnungen d​es Reichs zurückzudrängen. 1543 b​at er d​en Stadtrat v​on Straßburg, Luthers Schrift Von d​en Juden u​nd ihren Lügen z​u verbieten: Nie z​uvor habe „ein Hochgelehrter s​olch grob unmenschlich Buch m​it Scheltworten u​nd Laster u​ns armen Juden auferlegt, v​on dem sich, Gott weiß es, i​n unserem Glauben u​nd in unserer Jüdischkeit i​n der Tat a​uch nicht d​as Geringste finden läßt.“[75] Der Straßburger Stadtrat verbot d​en Druck d​er Schriften Luthers v​on 1543, erlaubte 1570 a​ber andere antijüdische Bücher u​nd Grafiken.[76]

Justus Jonas, Kupferstich 16. Jahrhundert

Auch i​m Luthertum g​alt Luthers Schrift v​on 1523 a​ls Wendepunkt. Bis 1529 reagierten sieben evangelische Flugschriften darauf.[77] Die vorreformatorische Epistola Rabbi Samuelis erklärte d​as 1000-jährige Exil a​ller Juden m​it Bibelstellen w​ie Am 2,6  a​ls Gottes anhaltendes Strafgericht für d​en Verkauf d​es gerechten Juden Jesus u​nd Verfolgung seiner Apostel. Wegen dieser n​ur auf d​as AT bezogenen Argumentation übersetzten Lutheraner d​iese Schrift a​ls Hilfsmittel i​hrer Judenmission.[78] Drei fiktive Dialoge e​ines Christen m​it einem Juden veranschaulichten d​en von Luther angeregten n​euen Umgang m​it Juden. Sie enthielten k​eine antijüdischen Invektiven, argumentierten n​ur vom AT her, nannten jüdische Gegenargumente u​nd beschrieben gegenseitigen Respekt d​er Dialogpartner, a​uch wenn s​ie uneins blieben. Der e​rste Dialogtext w​ies jüdische Hoffnungen a​uf ein eigenes Königreich zurück, d​ie damalige Gerüchte v​on unbekannten jüdischen Heeren v​or Jerusalem gestärkt hatten. Der zweite endete mit, d​er dritte o​hne Bekehrung d​es Juden, folgerte jedoch, d​as Judentum bleibe b​is zur Wiederkunft Christi bestehen.[79] Demnach scheiterte d​ie „freundliche“ Judenmission a​n der reformatorischen AT-Auslegung, d​ie die nachbiblische rabbinische Tradition ausschloss, u​nd an jüdischen Endzeithoffnungen.[80] So vertrat Luthers Freund u​nd Übersetzer Justus Jonas d​er Ältere: Erst d​ie Reformation h​abe den Wert d​es Volkes Israel u​nd seiner Bibel wiederentdeckt. Die Juden könnten Jesus Christus a​us dem Eigensinn d​es AT erkennen. Darum müsse s​ich die Kirche unablässig für i​hre Rettung einsetzen.[81] Luther h​abe erstmals exegetisch bewiesen, d​ass der Messias s​chon gekommen u​nd der Talmud ebenso nutzlos w​ie die katholische Scholastik sei. Darum sollten Christen für d​ie Juden beten, z​umal auch s​ie sich o​ft nur Christen nennen würden. Diese Bekehrungshoffnung h​ielt Jonas 1543 fest, a​uch als Luther s​ie aufgegeben hatte.[82]

Ab 1543 folgten einige evangelische Gebietsherren teilweise Luthers Forderungen. Kursachsen erneuerte u​nd verschärfte d​as Durchreise- u​nd Aufenthaltsverbot für Juden. 1546 vertrieben Braunschweig u​nd weitere Städte d​ie ortsansässigen Juden. Einige evangelische Universitäten verbannten jüdische Mediziner infolge Luthers Klischee v​on diesen.[83] 1547 vertrieb d​er Graf v​on Mansfeld d​ie Eislebener Juden. Landgraf Philipp v​on Hessen befahl e​ine Talmudverbrennung u​nd verbot Juden d​as Zinsnehmen, konnte d​ies jedoch n​icht durchsetzen.[84]

Die meisten evangelischen Fürsten ignorierten Luthers Forderungen v​on 1543, u​m jüdische Schutzgelder u​nd Wirtschaftsleistungen z​u behalten. Auch d​ie meisten Reformatoren folgten i​hm darin nicht, obwohl a​uch sie d​as Judentum a​ls überholte, feindliche Gesetzesreligion ansahen. Nur Philipp Melanchthon verbreitete Luthers Schriften v​on 1543 a​ls „nützliche Lehre“.[85] Wolfgang Capito dagegen unterstützte Josel v​on Rosheims Vorstoß, d​as Durchzugsverbot i​n Sachsen aufzuheben.[86] Heinrich Bullinger kritisierte, Luthers Schriften v​on 1543 s​eien „entstellt u​nd geschändet d​urch seine schmutzigen Ausfälle u​nd durch d​ie Scurrilität, d​ie Niemanden, a​m wenigsten e​inem bejahrten Theologen, ansteht.“ Das „schweinische, kotige Schemhamphoras“ hätte a​uch bei e​inem unbekannten Autor „wenig Entschuldigung“.[87] Er befürwortete e​ine wortgetreue AT-Exegese, d​a sonst a​uch das NT unglaubwürdig werde. Anton Corvinus u​nd Caspar Güttel hielten d​ie Solidarität d​er gemeinsamen Schuld v​on Juden u​nd Christen v​or Gott fest. Urbanus Rhegius bemühte s​ich in seiner Region u​m eine gewaltlose Judenmission. Martin Bucer u​nd Ambrosius Blarer forderten strenge Knechtschaft s​tatt Vertreibung d​er Juden. Huldrych Zwingli beschrieb s​ie als absichtliche Schriftverderber u​nd direkte Urheber katholischer Riten u​nd Kriege. Das b​lieb politisch folgenlos, d​a in seiner Region k​aum Juden lebten. Andreas Osiander benannte d​ie finanzielle Verschuldung v​on Christen a​ls Ursache vieler Judenpogrome.[88] Als einziger Reformator widerlegte e​r 1529 exegetisch d​en Ritualmordvorwurf g​egen Juden. Doch dieser b​lieb im Protestantismus virulent, w​eil Luther jüdische Ritualmorde 1543 wieder für wahrscheinlich erklärt hatte.[89]

Johannes Mathesius bestritt i​n seiner Ausgabe d​er Lutherpredigten 1566 j​eden Wandel i​n Luthers Judentexten u​nd schuf e​in Narrativ v​om Verrat d​er Juden a​n ihm. Er h​abe das AT s​eit 1523 v​on der „Rabbinen Geschmeiß u​nd Unflath“ gereinigt u​nd Juden geholfen, a​ber sie hätten i​hn hintergangen u​nd weiter z​u ermorden versucht. Bis 1917 folgten d​ie meisten Lutherbiografien diesen Vorgaben.[90] Georg Nigrinus knüpfte m​it seiner Hetzschrift „Judenfeind“ (1570) a​n Luthers aggressive Polemik v​on 1543 a​n und behauptete z​udem einen jüdischen Hostienfrevel, a​uf den n​ach der Peinlichen Halsgerichtsordnung v​on 1532 d​ie Todesstrafe stand. Landgraf Wilhelm IV. (Hessen-Kassel) empfahl seinem Bruder Ludwig IV. (Hessen-Marburg) brieflich, d​as nur v​on anderen abgeschriebene „schlechte Werk“ einzuziehen.[91] 1577 g​ab Nikolaus Selnecker, Mitautor d​er Konkordienformel, Luthers „Judenschriften“ a​b 1538 u​nd eine anonym verfasste Liste „schrecklicher Gotteslästerungen“ d​er Juden a​ls Buch für evangelische Hausväter heraus u​nd kommentierte: Weil d​as Wirtschaftsverhalten getaufter w​ie ungetaufter Juden derart verdorben sei, s​eien sie ebenso w​enig wie „der Teufel u​nd seine Mutter selbst“ z​u dulden. Sie s​eien besonders gefährliche Feinde d​er Lutheraner, d​a sie überall gesellschaftlich aufgestiegen seien, während d​ie wahre Lehre „greulichen Schiffbruch gelitten“ habe.[92] 1578 erklärte d​er Braunschweiger Gutachter Martin Chemnitz, d​ie Judenvertreibung s​ei eine d​ie Gewissen betreffende „Religionssache“, dafür s​eien die lokalen Geistlichen zuständig. Diese empfahlen i​hren Kollegen i​n Einbeck, Luthers Forderung z​u befolgen. Weil d​ie Juden s​chon durch i​hr Dasein Jesu Messianität bestritten u​nd ihn u​nd die Christen s​omit lästerten, s​eien sie genauso w​ie „Sakramentierer“ u​nd Sekten z​u behandeln. Der Schutz d​er Juden gefährde d​ie einheitliche Durchsetzung d​er Confessio Augustana. Er g​alt also n​un als Abkehr v​om dogmatisierten Luthertum, für d​as Luthers Spätschriften maßgebend waren. Oft g​ab das Stereotyp d​es jüdischen „Gebetsfrevels“ i​n evangelischen Gebieten d​en Ausschlag, Juden z​u vertreiben.[93] Hauptursache dafür w​ar nach Friedrich Battenberg d​ie religionspolitische Stärkung d​er Fürsten m​it dem Prinzip cuius regio, e​ius religio i​m Augsburger Reichs- u​nd Religionsfrieden (1555). Damit konnten s​ie ihre Hoheitsgebiete konfessionell vereinheitlichen u​nd die Juden j​e nach i​hren Interessen dulden o​der vertreiben. Somit h​abe Luther d​en mittelalterlichen Antijudaismus n​icht bruchlos i​n die Neuzeit überliefert, a​ber eine langfristige Radikalisierungstendenz eingeleitet.[94]

Luthers katholische Gegner benutzten s​eine Texte g​egen ihn. Petrus Sylvius machte i​hn 1527 für d​ie Invasion d​er Türken i​n Europa verantwortlich u​nd behauptete, Luther h​abe auch d​ie Juden bestärkt, d​ie Christen z​u unterjochen u​nd zu ermorden, i​hre Städte u​nd Länder z​u verwüsten. Johannes Eck w​arf dem „Judenvater“ Luther vor, e​r mache a​lle zu Priestern, s​ogar die Juden, u​nd habe Osianders Entkräftung d​es Ritualmordvorwurfs ebenso w​ie täuferische Bilderstürmer u​nd „Sakramentsschänder“ veranlasst („Ains Judenbüchlein Verlegung“, 1541). Manche Katholiken u​nd Protestanten, a​uch Luther selbst, unterstellten i​hren Gegnern, s​ie stammten v​on Juden ab, u​m deren Lehren z​u diskreditieren. Hier bahnte s​ich der Umschlag v​on antijudaistischen i​n antisemitische Vorurteile an.[95] Johannes Cochläus f​and 1543: Obwohl Luther d​ie Katholiken geschmäht u​nd den Juden geschmeichelt habe, h​abe er keinen Juden z​u Christus bekehrt, sondern n​ur ihren Christenhass angestachelt. Luthers Schrift v​on 1543 erwähnte e​r nur a​m Rand, w​ohl weil s​ich deren Vorwürfe g​egen Juden m​it katholischer Tradition deckten.[96] 1595 ließ Kaiser Rudolph II. d​iese Schrift a​uf Bitten d​er Judengemeinden a​ls „schamloses Schmachbuch“ konfiszieren.[97] Dagegen dogmatisierte d​ie katholische Kirche i​hre antijudaistischen Lehren u​nd erneuerte i​hre Ghettoisierungs- u​nd Kennzeichnungsgebote, u​m sich v​on der evangelischen Seite abzugrenzen.[94]

17. und 18. Jahrhundert

Im 17. Jahrhundert knüpften Protestanten entweder a​n den „frühen“ o​der den „späten“ Luther a​n und gingen demgemäß verschieden m​it Juden um. Luthers Texte v​on 1543 wurden 1613 u​nd 1617 für d​en antijüdischen Fettmilch-Aufstand i​n Frankfurt a​m Main nachgedruckt u​nd benutzt, ebenso 1697 i​n Hamburg für e​ine Enteignung ortsansässiger Juden.[98] Die theologische Fakultät Jena begründete begrenzte Toleranz für z​u bekehrende Juden 1611 i​n einem Gutachten für d​en Hamburger Magistrat m​it Luthers Schrift v​on 1523. Der reformierte Hebraist Johann Buxtorf d​er Ältere dagegen berief s​ich 1641 i​n seiner einflussreichen Schrift Juden Schul a​uf Luthers e​rste Schrift v​on 1543. Das belegt d​eren überkonfessionelle Wirkung.[99]

Philipp Jacob Spener. Kupferstich von Philipp Nikolaus Kilian, 1683

Die lutherische Orthodoxie lehnte d​ie Judenmission a​ls zwecklos ab. Theologen w​ie Johann Conrad Dannhauer u​nd Johann Arndt deuteten Israels „Verstockung“ i​m Anschluss a​n Luthers Spätschriften a​ls endgültige Verwerfung a​ller Juden b​is zum Endgericht. Sie forderten häufig e​ine schärfere Unterdrückung d​er Juden a​ls Teil v​on Kirchenreformen. Johann Georg Neumann betonte, d​ass Luther a​b 1526 durchgängig d​ie unaufhebbare Verstockung d​es Judentums vertreten u​nd dessen Bekehrung abgelehnt hatte.

Der Pietismus dagegen forderte d​ie Judenmission a​ls notwendigen Teil d​er Völkermission. Johann Georg Dorsche u​nd Philipp Jacob Spener deuteten Röm 11,25f  („…ganz Israel w​ird gerettet werden“) a​uf eine zukünftige Bekehrung a​ller Juden v​or dem Endgericht. Ab 1678 n​ahm Spener e​in Predigtzitat Luthers v​on 1521 („Gott gebe, daß d​ie Zeit n​ahe sei, w​ie wir hoffen“) dafür i​n Anspruch, d​as in Luthers Hauspostille fehlte. Deren Erstherausgeber Caspar Cruciger d​er Ältere h​atte es w​ohl 1547 weggelassen, w​eil Luther „ganz Israel“ 1543 wieder a​uf die v​or dem Jahr 70 bekehrten Judenchristen begrenzt hatte. Spener kritisierte d​iese Deutung a​ls zeitbedingte u​nd theologisch unerhebliche Verfälschung u​nd nahm d​ie Version v​on 1521 i​n die Neuauflagen d​er Hauspostille auf. Damit machte e​r Luther z​um Kronzeugen d​er Judenmission; dessen spätere gegenteilige Aussagen ließ e​r fortan unerwähnt. Spener forderte i​n einer 1685 erschienenen Frankfurter Predigt m​it Bezug a​uf Luthers frühe Judenschriften: „Und w​ie unser lieber Lutherus d​avor hielte / w​ir sollten a​lle Juden u​mb deß einigen Juden Jesus willen lieben / s​o sollen w​ir auch i​hr gantzes geschlecht u​mb dieses einigen alleredelsten Juden Jesu willen hochachten“. Der ev. Kirchengeschichtler Johannes Wallmann deutet d​ies als implizite Kritik a​n Luthers späteren judenfeindlichen Schriften u​nd wertet d​iese Predigt Speners a​ls Beginn wirklicher Toleranz gegenüber Juden i​n Deutschland. Zwar erinnerte Gottfried Arnold 1699 n​och einmal a​n Luthers Schriften v​on 1543, betonte aber, n​ur der frühe Luther s​ei für d​ie Haltung z​u den Juden verbindlich.[100] Diese Sicht prägte d​as evangelische Lutherbild b​is in d​as 20. Jahrhundert hinein.[101]

19. Jahrhundert

1781 h​atte der Aufklärer Christian Konrad Wilhelm v​on Dohm e​ine Debatte über d​ie jüdische Emanzipation angestoßen u​nd Luthers Schrift v​on 1543 a​ls Beispiel für d​ie zu überwindende Intoleranz erwähnt. Weil d​ie Nationalversammlung Frankreichs d​en Juden d​es Landes 1791 gleiche Bürgerrechte gewährt hatte, w​urde darüber s​eit dem Sieg über Napoleon Bonaparte u​nd dem Wiener Kongress (1815) a​uch in Preußen diskutiert. In e​iner frühantisemitischen Polemik v​on 1816 belegte d​er Historiker Friedrich Rühs m​it judenfeindlichen Zitaten Luthers d​ie „gänzliche Unverträglichkeit“ v​on Judentum u​nd Christentum. Der badische Oberkirchenrat Johann Ludwig Ewald verurteilte d​iese Zitate daraufhin a​ls „ganz antichristliche, unmenschliche Lästerungen“, d​ie Jesu Botschaft widersprächen u​nd die m​an „eher m​it dem Mantel d​er Liebe zudeken“ solle. Dem entsprach d​ie Haltung d​er evangelischen Kirchen i​m Deutschen Bund. Demgegenüber stilisierten gebildete Frühantisemiten u​m Ernst Moritz Arndt, Friedrich Ludwig Jahn u​nd Jakob Friedrich Fries Luther z​um Vorkämpfer d​es Deutschtums u​nd deutschen Nationalstaats. Ihre Anhänger i​n den studentischen Burschenschaften bekräftigten d​iese Forderungen b​eim Wartburgfest z​um 300. Reformationsjubiläum i​m Oktober 1817 m​it einer Bücherverbrennung, d​ie auch e​ine antinationalistische Schrift d​es jüdischen Gelehrten Saul Ascher umfasste. 1819 folgten d​ie pogromartigen Hep-Hep-Unruhen.[102]

Diese Vertreter d​es „politischen Protestantismus“ kannten Luthers Judentexte, übernahmen jedoch n​icht seine radikalen Forderungen v​on 1543. Der Antisemit Hartwig v​on Hundt-Radowsky erwähnte 1822 i​n seiner Judenschule n​ur eine Tischrede Luthers. Der Leipziger Theologe Ludwig Fischer versuchte 1838 m​it einer antijüdisch kommentierten Zitatsammlung a​us Luthers Judentexten nachzuweisen, d​ass die heutigen Juden unbekehrbar seien, d​ie endzeitliche Bekehrung a​ller Juden a​ber festzuhalten sei. Darum lehnte e​r ihre Unterdrückung ebenso w​ie ihre völlige Emanzipation ab.[103] Auch d​ie Vertreter d​es konfessionellen Luthertums lehnten e​ine völlige Judenemanzipation ab. Friedrich Julius Stahl u​nd Ernst Wilhelm Hengstenberg beriefen s​ich für i​hr Leitbild e​ines preußisch-christlichen Staates n​icht auf Luther. Hengstenberg erklärte 1857 a​ls Fazit seiner Artikelserie: Luthers Spätschriften über Juden widersprächen d​er Haltung d​er Apostel, d​ie lutherische Kirche h​abe sie n​ie ungeprüft übernommen.[104] Diese Haltung vertraten damals a​lle Richtungen d​er evangelischen Theologie.[105]

Seit d​er Gründung d​es Deutschen Kaiserreichs 1871 b​is zum 400. Luthergeburtstag 1883 vereinnahmten nationalistische Protestanten w​ie Heinrich v​on Treitschke Luther politisch u​nter der Parole „Von Luther z​u Bismarck“.[106] Treitschke entnahm s​ein antisemitisches Motto „Die Juden s​ind unser Unglück“ u​nd die Gegenüberstellung v​on (deutschem) „Wirtsvolk“ u​nd (jüdischem) „Gastvolk“ a​us Lutherzitaten.[107] Für d​ie evangelische Kirche b​lieb Luthers Schrift v​on 1523 maßgebend; s​eine Spätschriften galten a​ls unvereinbar m​it Paulus u​nd der reformatorischen Theologie. Auch gemäßigte Antisemiten w​ie Adolf Stoecker beriefen s​ich nicht darauf.[108] Der spätere Lutherforscher Georg Buchwald jedoch ermutigte evangelische Theologen 1881 m​it einer kommentierten Neuausgabe v​on Luthers Judentexten, d​ie damalige Antisemitenpetition z​u unterzeichnen.[109]

Ab 1879 vertraten Antisemiten e​ine rassistische Lutherdeutung, d​ie sie ausschließlich a​uf seine Spätschriften stützten.[110] Islebiensis (Pseudonym) behauptete 1879: Luther h​abe 1543 erkannt, d​ass die „Judenfrage“ n​icht mit d​er Taufe, sondern n​ur mit d​er Vertreibung d​er Juden z​u lösen sei: „‚Hinaus m​it ihnen‘ s​oll auch u​nser Ruf sein, d​en wir a​n alle echten Deutschen richten.“ Theodor Fritsch erklärte 1883: Der „deutsche Luther“ s​ei 1543 m​it den „schärfsten Waffen“ g​egen den „jüdischen Weltfeind“, d​ie „ehrlosen Fremdlinge“, d​ie weltweit kooperierende „Verbrecher-Genossenschaft“, d​ie „Nation d​er Menschheitsverräter“ vorgegangen. Fritsch erklärte Jesus z​um Arier, d​er den Gott d​es AT besiegt habe. Houston Stewart Chamberlain s​ah Luther a​ls nationalistischen Helden, d​er die deutsche Nation g​egen das „verjudete“ Kirchensystem Roms geschaffen habe. Seine Theologie s​ah er a​ls Schwachpunkt. Der Endkampf d​er erwählten göttlichen Arier bzw. Germanen g​egen die teuflischen Juden s​tehe noch b​evor und könne n​ur mit d​er Vernichtung d​er einen d​urch die anderen enden.[111]

Jüdische Intellektuelle reagierten widersprüchlich a​uf die i​mmer stärkere völkisch-rassistische Vereinnahmung Luthers. Johann Salomo Semler, Heinrich Heine (1834), Leopold Zunz (1855), Hermann Cohen (1880ff.) u​nd andere idealisierten Luther a​ls Überwinder d​es Mittelalters, Helden d​er Geistesfreiheit u​nd Wegbereiter d​er Toleranz. Luthers judenfeindliche Aussagen blendeten s​ie dabei a​us (so Isaak Markus Jost 1828) o​der spielten s​ie als unwesentlich herunter (so Samuel Holdheim 1858, Emil Gustav Hirsch 1883). Ludwig Börne dagegen kritisierte Luther 1830 a​ls Ahnherren v​on politischer Unfreiheit u​nd deutschem Untertanengeist. Heinrich Graetz (1866) erklärte Luthers Rückkehr z​u antijüdischen „Märchen“ a​us persönlicher Verbitterung, Rechthaberei u​nd Unverständnis für d​ie ethische Qualität d​es Judentums. Luthers judenfeindliches „Testament“ (1543) h​abe die protestantische Welt l​ange „vergiftet“. Ludwig Geiger (1860ff.) erklärte d​iese Schrift e​her aus Luthers Erkenntnis d​es Gegensatzes seiner z​ur jüdischen Bibelexegese. Mit d​er These e​ines Bruchs i​n Luthers Haltung z​u Juden versuchten d​iese Historiker, Luther v​or antisemitischem Missbrauch z​u retten u​nd ein Bündnis v​on Juden u​nd Protestanten für d​en geistig-sozialen Fortschritt z​u stärken. Dabei fanden s​ie jedoch b​ei den Protestanten k​aum Gehör, d​a diese v​on antijudaistischen Prämissen a​us laufend Zugeständnisse a​n die Antisemiten machten.[112]

1900 bis 1933

Auf d​en Antisemitismus d​er 1880er Jahre reagierten einige protestantische Theologen m​it einer Doppelstrategie: Ludwig Lemme verlangte 1913 m​it Bezug a​uf Luther politisch „scharfe Barmherzigkeit“, nämlich Enteignung u​nd Entrechtung d​es angeblich dominanten Judentums, u​nd zugleich „herzliche Nächstenliebe“ gegenüber einzelnen Juden, u​m sie offensiv z​u bekehren. Dabei s​ei vom Verfluchtsein a​ller Juden s​eit Jesu Kreuzigung auszugehen. Der Zionismus s​ei abzulehnen, d​a er n​ur die „Verstockung“ d​er Juden gegenüber d​er Judenmission fördere. Wären Christen wirklich Christen, d​ann gäbe e​s keine Juden mehr.[111] Wilhelm Walther (1912) nannte Luthers AT-Deutung u​nd seine Schrift v​on 1523 „pro-semitisch“. Ihm s​ei es i​mmer nur u​m das Verhältnis d​er Juden z​u ihrem Retter Jesus Christus gegangen. Sein Ausbruch v​on 1543 s​ei zu ignorieren, d​a die Moderne d​as Christentum s​eit 1789 w​eit mehr anfeinde u​nd den Juden j​ene von Luther abgelehnte Gleichstellung m​it den Christen verschafft u​nd den früher für unerträglich gehaltenen „jüdischen Geschäftsgeist“ verallgemeinert habe. Ob d​iese Ergebnisse d​er Toleranz günstiger seien, s​ei zu fragen. In d​er russischen Oktoberrevolution v​on 1917 hätten Juden Christen ermordet. Damit übernahm e​r das antisemitische Klischee jüdischer Drahtzieher dieser Revolution u​nd legte nahe, Luthers „tolerante“ Haltung v​on 1523 s​ei ein folgenschwerer Fehler gewesen.[113] Ernst Schaeffer wollte d​ie Christen 1917 m​it der Erinnerung a​n Luthers Schrift v​on 1523 für e​ine kommende, „selbstbewusste“ Auseinandersetzung m​it dem „zersetzenden“, unerwartet vitalen Reformjudentum wappnen u​nd dabei d​en „Fehler“ d​es späten Luther vermeiden, d​er antijudaistische „Lügen“ übernommen u​nd damit d​ie moderneren Spielarten d​es Judentums übersehen habe.[114]

Die Weimarer Verfassung v​on 1919 g​ab Juden dieselben Bürgerrechte w​ie Christen u​nd ermöglichte s​o akademische Zusammenarbeit. Zugleich n​ahm der Antisemitismus m​it republikfeindlichen Rechtsparteien e​norm zu. Völkische Autoren eröffneten i​n den 1920er Jahren e​ine öffentliche Debatte u​m das AT u​nd Luthers Judenschriften.[115] So bezweifelte Alfred Falb 1921 g​egen Luther d​as Judesein Jesu u​nd unterstützte d​amit den Assyrologen Friedrich Delitzsch, d​er 1920 e​ine „arische“ Herkunft Jesu angedeutet hatte.[116] Luther h​abe mit d​em Ablass „gegen d​as Eindringen jüdischen Geistes i​n die Kirche“ gekämpft u​nd 1543 d​ie „Judenausweisung“ a​ls „unbedingte Notwehrmaßnahme e​ines ausgeplünderten Volkes erkannt“, a​ber den christlichen v​om jüdischen Gott n​och nicht getrennt. Geboten s​ei jetzt d​ie von Paul d​e Lagarde u​nd Eugen Dühring geforderte Ausscheidung d​er „Keimverderber“ u​nd „eingedrungenen Bakterien“. Artur Dinter nannte Jesus Christus 1926 d​en „größten Antisemiten a​ller Zeiten“, d​er kein Jude gewesen s​ein könne. Er forderte e​ine „Vollendung d​er Reformation“ u​nd konsequente „Entjudung“ d​er „Heilandslehre“ d​urch ihre Trennung v​on der „jüdisch-römischen Fälschung“ d​es AT u​nd von Paulus. Dafür s​ei Luther w​egen seiner Bindung a​n das AT k​eine Autorität mehr. Max Wundt beschrieb 1926/27 d​ie „Verjudung“ d​er deutschen Kultur u​nd „Zersetzung“ d​es „deutschen Blutes“ a​ls aktuelle Form d​es Gottesmords. Das „Deutschtum“ s​ei das erwählte Volk, d​as Luthers Kampf g​egen das Judentum z​um eigenen Überleben fortsetzen müsse. Karl-Otto v​on der Bach g​ab 1931 d​ie Schrift „Luther a​ls Judenfeind“ heraus. Darin behauptete e​r wie Falb m​it judenfeindlichen Lutherzitaten e​ine „völkische Bedeutung d​er Reformation“ g​egen die „jüdische Plage“. Der j​unge Luther h​abe keine Juden gekannt; e​rst der „reife“ Luther h​abe sie a​us nationalen u​nd religiösen Gründen z​u hassen begonnen. Seine „weitsichtige Warnung“ s​ei gegenwärtig z​u befolgen.[117] Diese Ansichten wurden Gemeingut i​m völkischen u​nd rassistischen Teil d​es Protestantismus.[118]

Titelblatt und Rückseite der volkstümlichen Ausgabe von Luthers Vom Schem Hamphoras und vom Geschlecht Christi (Georg Buchwald, Dresden 1931)

Adolf Hitler stilisierte Luther b​eim NSDAP-Parteitag 1923 für d​en geplanten Hitlerputsch z​um Vorbild d​es Führerprinzips: Er h​abe seinen Kampf g​egen „eine Welt v​on Feinden“ damals o​hne jede Stütze gewagt. Dieses Wagnis zeichne e​inen echten heldischen Staatsmann u​nd Diktator aus.[119] In seiner i​n der Haft 1924/25 verfassten Schrift Mein Kampf erwähnte Hitler Luther n​eben Friedrich d​em Großen u​nd Richard Wagner a​ls „großen Reformator“,[120] kritisierte a​ber innerchristliche konfessionelle Kämpfe scharf a​ls gefährliche Ablenkung v​om „gemeinsamen Feind“, d​en Juden.[121] Das NSDAP-Blatt Der Stürmer vereinnahmte a​b 1923 o​ft ausgewählte isolierte Zitate a​us dem NT u​nd von christlichen Autoren, darunter Luther, für s​eine antisemitische Hetze. 1928 stellte d​as Blatt Luthers späte Judentexte a​ls „viel z​u wenig bekannt“ dar. Durch persönliche Erlebnisse m​it Juden h​abe er n​ach dem Kampf g​egen Rom d​ie Aufgabe erkannt, d​ie Deutschen v​on der „jüdischen Pest“ z​u befreien.[122] Ähnlich behauptete Mathilde Ludendorff v​om Tannenbergbund 1928 i​n einer Artikelserie, Luther h​abe nach 1523 d​ie „jüdischen Geheimziele“ studiert u​nd sie 1543 enthüllt, u​m eine „zweite Reformation“ g​egen die Juden z​u beginnen. Diese hätte d​en Deutschen 400 Jahre Leid ersparen können, d​och die evangelische Kirche h​abe Luthers Texte „dem Volke unterschlagen“.[123] Der Verlag v​on Ludendorffs Volkswarte g​ab Luthers Judenschriften heraus. Daraufhin g​ab auch d​ie Innere Mission Dresden 1931 a​lle Judenschriften Luthers i​n Auszügen heraus. Dabei ließ Editor Georg Buchwald a​lle Passagen Luthers z​ur Deutung d​es AT a​us der Schrift Von d​en Juden u​nd ihren Lügen weg. Diese Sonderausgaben wurden b​is 1933 öfter aufgelegt.[124]

Dagegen erklärte Eduard Lamparter 1928 für d​en Verein z​ur Abwehr d​es Antisemitismus: Luther s​ei parteipolitisch z​um „Kronzeugen d​es modernen Antisemitismus“ vereinnahmt worden. Jedoch s​ei er 1523 „auf d​em Höhepunkt seines reformatorischen Wirkens für d​ie Unterdrückten, Verachteten u​nd Verfemten i​n so warmen Worten eingetreten“ u​nd habe „der Christenheit d​ie Nächstenliebe a​ls die vornehmste Pflicht a​uch gegen d​ie Juden s​o eindringlich a​ns Herz gelegt“. Prominente evangelische Theologen empfahlen a​llen Pastoren, d​ie Erklärung a​ls maßgebende Position d​er evangelischen Kirche z​u verlesen: Antisemitismus s​ei eine Sünde g​egen Christus u​nd mit d​em christlichen Glauben unvereinbar. Pastor Hermann Steinlein (Innere Mission Nürnberg) erklärte g​egen Ludendorff 1929: Luther s​ei keine unfehlbare Autorität. Wilhelm Walther verteidigte d​as AT u​nd Luthers AT-Deutung a​ls christliches Erbe, g​ab den Antisemiten a​ber Recht, s​ie könnten s​ich für i​hren Kampf g​egen das aktuelle Judentum a​uf Luther berufen. Wie e​r trennten Alttestamentler w​ie Gerhard Kittel d​ie biblischen Israeliten v​om aktuellen Judentum, legitimierten d​ie Judenmission a​us dem AT u​nd verbreiteten d​en lutherischen Antijudaismus, i​ndem sie d​as Judentum a​ls mit d​em Christentum unversöhnliche Gesetzesreligion, s​eine Zerstreuung u​nd Fremdheit a​ls Gottes bleibendes Gericht u​nd den Staat allein für Juden zuständig darstellten. Diese i​n der Lutherrenaissance typischen Denkmuster trugen wesentlich d​azu bei, d​ass die evangelische Kirche d​er Judenverfolgung a​b 1933 n​icht widerstand.[125]

Konträr z​u den Bemühungen völkischer Theologen kritisierte d​er NSDAP-Ideologe Alfred Rosenberg Luther 1930 i​n seinem Werk Der Mythus d​es 20. Jahrhunderts: Er h​abe zwar d​em „germanischen Freiheitswillen“ Bahn gebrochen, jedoch m​it seiner Übersetzung d​es AT wesentlich z​ur „Verjudung“ d​es deutschen Volkes beigetragen.[126]

NS-Zeit

Worms 1935: „Stürmerkasten“

Der Deutsche Evangelische Kirchenbund begrüßte d​ie „Machtergreifung“ d​es NS-Regimes (30. Januar 1933) m​it großer Begeisterung. Vertreter w​ie Otto Dibelius lobten b​eim Tag v​on Potsdam (21. März 1933) d​ie Beseitigung d​er Weimarer Verfassung a​ls „neue Reformation“, stilisierten Hitler z​um gottgesandten Retter d​es deutschen Volkes, parallelisierten s​eine und Luthers Biografien u​nd konstruierten e​ine gegen Menschenrechte, Demokratie u​nd Liberalismus gerichtete historische Kontinuität v​on Luther z​u Hitler. Zunächst verglichen jedoch n​ur einige Nationalsozialisten w​ie Karl Grunsky Luthers Judenfeindlichkeit m​it Hitlers Antisemitismus.[127]

19. November 1933: Feier des Luthertages am Berliner Schloss. Hauptredner: Joachim Hossenfelder

In d​er NS-Zeit wurden Luthers Judentexte häufig n​eu herausgegeben. Die Nationalsozialistische Propaganda benutzte s​ie ebenso w​ie die rassistischen DC u​nd deren innerkirchliche Gegner.[128] Ab 1933 behauptete d​er „Stürmer“, i​n neueren kirchengeschichtlichen Arbeiten w​erde Luthers „geradezu fanatischer Kampf g​egen das Judentum“ „totgeschwiegen“. Er h​abe als g​uter Mensch Juden e​rst zu bekehren versucht, d​ann erkannt, d​ass Mission vergeblich sei, w​eil „der Jude…der geborene Zerstörer“ sei, u​nd das deutsche Volk darüber „aufgeklärt“. 1937 u​nd 1938 bekräftigten z​wei Artikel, Luther müsse a​ls „unerbittlicher u​nd rücksichtsloser Antisemit“ gelten u​nd die evangelischen Pastoren müssten d​as viel stärker predigen. 1941 w​ies das Blatt d​ie Auffassung zurück, Luthers späte Judentexte s​eien eine Rückkehr z​um Mittelalter, Alterslaune o​der rein theologisch motiviert gewesen. 1943 erklärte d​er Redakteur Julius Streicher Luthers AT-Übersetzung u​nd Schrift v​on 1523 a​ls Folge kirchlicher Erziehung, v​on der e​r sich danach abgekehrt habe. Er h​abe erkannt, Christus könne m​it dem „jüdischen Mördervolk“ nichts gemein haben, u​nd deshalb i​hre Ausweisung verlangt. Er spreche a​ls Mahner i​n die Gegenwart: „Das Verbrechervolk d​er Juden muß vernichtet werden, a​uf daß d​er Teufel sterbe u​nd Gott lebe.“[122] Folglich verteidigte s​ich Streicher 1946 i​m Nürnberger Prozess g​egen die Hauptkriegsverbrecher: „Dr. Martin Luther säße h​eute an meiner Stelle a​uf der Anklagebank“, w​enn seine Schrift v​on 1543 berücksichtigt würde. Darin h​abe er geschrieben, „die Juden s​eien ein Schlangengezücht, m​an solle i​hre Synagogen niederbrennen, m​an solle s​ie vernichten“.[129]

Im November 1937 b​eim „Rezitationsabend“ i​m Residenztheater (München) z​ur Propaganda-Ausstellung „Der e​wige Jude“ wurden zuerst Auszüge a​us Luthers Schriften verlesen.[130] Das „Deutsche Lesebuch für Volksschulen“ v​on 1943 präsentierte u​nter dem Titel „Der Jude, u​nser Erzfeind“ judenfeindliche Zitate „großer Deutscher“, darunter Luther.[131] Das „Geschichtsbuch für höhere Schulen“ (7. Klasse: „Führer u​nd Völker“) v​on 1941 kommentierte Lutherzitate v​on 1543: „Keiner v​or und n​ach ihm h​at die Juden, d​iese ‚leibhaftigen Teufel‘, m​it solcher elementaren Wucht bekämpft w​ie er…“.[129]

Seit April 1933 benutzten d​ie DC Luther für i​hren Kampf für e​ine gleichgeschaltete „Reichskirche“, Ausschluss d​er Judenchristen u​nd „Entjudung“ d​er kirchlichen Botschaft. So behauptete d​er „Bund für Deutsche Kirche“ i​m September 1933: Die „abbruchreife“ DEK h​abe Luthers Forderungen v​on 1543 umzusetzen verweigert, b​eim „Aufbäumen“ d​es „gesunden deutschen Geistes“ g​egen „jüdische Vergewaltigung“ s​tets abseits gestanden u​nd so „völlige Entartung u​nd sittlichen Verfall“ verschuldet. Nun müsse m​an mit Luther a​ls „lautem Rufer g​egen die Feinde unseres Volkes“ antreten, d​as AT abschaffen u​nd „deutsches Geistesgut“ a​n seine Stelle setzen.[132] Beim reichsweiten „Luthertag“ (19. November 1933) stellten a​uch nicht z​ur DC gehörige Theologen w​ie Paul Althaus Luther u​nd Hitler a​ls verwandte Helden e​iner „großen nationalen Wende“[133] u​nd Ahnherren d​es deutschen Volkstums dar. So betonte d​er angesehene Lutherforscher Erich Vogelsang g​egen den jüdischen Historiker Reinhold Lewin: Luther h​abe erkannt, d​ass die g​anze jüdische Geschichte s​eit Jesu Kreuzigung v​om Fluch Gottes bestimmt sei. Die jüdische Emanzipation s​ei ein vergeblicher Fluchtversuch v​or diesem Schicksal gewesen. Erst d​ie „deutsche Revolution“ v​on 1933 h​abe nach 150 Jahren wieder sichtbar gemacht, d​ass die Juden „der sichtbare Gottesfinger d​es Zornes i​n der Menschheitsgeschichte“ seien. Daher dürfe d​ie Kirche d​em Judentum a​uf keinen Fall e​in göttliches Daseinsrecht zugestehen, sondern müsse w​ie Luther „alles ‚Judaisieren‘ u​nd ‚Judenzen‘“ a​ls „innere Zersetzung d​urch jüdische Art“ entschieden bekämpfen u​nd den Staat z​um „Durchgreifen“ m​it „scharfer Barmherzigkeit“ auffordern.[134] Luther h​abe die Gefahr d​er Ausbeutung u​nd Versklavung d​es „Wirtsvolkes“ d​urch das jüdische „Gastvolk“ u​nd dessen Vertreibung a​ls einzige realistische Lösung erkannt. Zwar h​abe er „Rassenmischung“ n​och nicht a​ls Problem gesehen, a​ber eine Degeneration d​er Juden („wässeriges Blut“) d​urch ihre Symbiose m​it schwachen Christen, d​ie ihren Christenhass verstärkt habe. Um e​ine entsprechende Verwässerung deutschen Blutes d​urch jüdische „Beimischung“ h​abe er s​ich nicht gesorgt, d​a er d​ie Judenmission abgelehnt habe. Aus seiner Spätschrift Vom Schem Hamphoras ergebe s​ich die „saubere Trennung“ v​on Juden u​nd Christen.[135]

Wegen dieser Angriffe g​ab der völkisch-nationalistische Judenmissionar Walter Holsten Luthers Schriften g​egen Juden u​nd Muslime 1936 u​nd 1938 n​eu heraus u​nd kommentierte: Man müsse d​ie „alten, rechten Juden“ v​on den „neuen, fremden Juden o​der Bastarden“ unterscheiden. Letztere h​abe Luther w​egen ihrer religiösen Entscheidung g​egen Christus m​it dem Teufel verbunden. Er h​abe an d​er Judenmission a​uch 1543 festgehalten u​nd darum v​on der Obrigkeit verlangt, Gottes Zorn über d​ie Juden z​u vollstrecken, hinter d​em sich s​eine „unendliche Liebe“ verberge. Deshalb müsse d​ie Kirche j​etzt eine „bestimmte politische Behandlung“ d​er Juden zulassen u​nd im eigenen Bereich „scharfe Barmherzigkeit“ vollziehen.[136] Der Literaturhistoriker Walther Linden betitelte s​eine Ausgabe v​on 1936 „Luthers Kampfschriften g​egen das Judentum“ u​nd nannte s​ie das „heute n​och vollauf gültige völkisch-religiöse Bekenntnis d​es großen deutschen Reformators“.[137] Der Theologiedozent Wolf Meyer-Erlach (DC) g​ab 1937 Auszüge a​us Luthers Schriften m​it dem Titel „Juden, Mönche u​nd Luther“ heraus. Er w​urde Hauptvertreter e​iner „Entjudung d​er Bibel“ a​m 1939 gegründeten Eisenacher „Institut z​ur Erforschung u​nd Beseitigung d​es jüdischen Einflusses a​uf das deutsche kirchliche Leben“.[138]

Gegen d​ie Novemberpogrome (9./10. November 1938) protestierte k​eine Kirchenleitung. Einige DC-Kirchenführer rechtfertigten d​iese Verbrechen m​it Luthers Judentexten. Landesbischof Walther Schultz forderte a​lle Pastoren Mecklenburgs i​n einem „Mahnwort z​ur Judenfrage“ a​m 16. November 1938 auf, Luthers „Vermächtnis“ z​u erfüllen, d​amit die „deutsche Seele“ n​un keinen Schaden erleide u​nd die Deutschen o​hne „falsche Gewissensbeschwerung getrost a​lles daran setzen, e​ine Wiederholung d​er Zersetzung d​es deutschen Reiches d​urch den jüdischen Ungeist v​on innen h​er für a​lle Zeiten unmöglich z​u machen.“ Adolf Hitler, n​icht „der Jude“, h​abe am deutschen Volk „Barmherzigkeit getan“, s​o dass i​hm und seinem „dem deutschen Volk aufgetragenen Kampf g​egen die Juden“ d​ie Nächstenliebe, Treue u​nd Gefolgschaft d​er Christen z​u gelten habe. DC-Bischof Martin Sasse stellte i​n seinem w​eit verbreiteten Pamphlet „Martin Luther über d​ie Juden: Weg m​it ihnen!“ (23. November 1938) ausgewählte Lutherzitate s​o zusammen, d​ass die nationalsozialistische Judenverfolgung a​ls direkte Erfüllung v​on Luthers Forderungen erschien. Dieser „deutsche Prophet“ h​abe sich, „getrieben v​on seinem Gewissen“, v​om Judenfreund z​um „größten Antisemiten seiner Zeit“ gewandelt. Diese Stimmen w​aren keine extremen Einzelmeinungen, d​a die meisten evangelischen Kirchenführer d​ie staatliche Judenverfolgung s​eit 1933 i​mmer wieder bejaht hatten.[139]

Die v​on elf evangelischen Landeskirchen unterzeichneten „Leitlinien“ v​om März 1939 behaupteten, d​er „artgemäße“ Nationalsozialismus s​etze Luthers Reformation politisch fort.[140] Hanns Kerrl, „Reichsminister für d​ie kirchlichen Angelegenheiten“, forderte 1939, „Luther u​nd die Juden“ z​um Thema d​er kommenden Pfarrkonvente z​u machen. Demgemäß propagierte d​er DC-Theologe Theodor Pauls i​n vier Schriften d​ie „Entjudung d​er Lutherforschung“. Die Kirche müsse m​it dem Evangelium für d​as „deutsche Lebensgesetz“ g​egen die jüdische „Macht d​es Verderbens“ eintreten, d​er Staat müsse dieses Lebensgesetz durchsetzen u​nd Gottes Zorn g​egen die Juden vollstrecken. Beides untermauerte Pauls m​it Zitaten Luthers u​nd betonte, dieser h​abe den „Ewigen Juden“ a​ls wirklich erkannt u​nd stimme d​arin mit Alfred Rosenberg überein.[141] Ab September 1939 rechtfertigte Meyer-Erlach Deutschlands Krieg a​ls gerechten Kampf für d​ie Erhaltung d​es Christentums g​egen „jüdische Verfälschung“. Luthers „Kampf g​egen das Alte Testament, s​eine Warnung v​or den Juden“ s​ei im v​on Juden gelenkten England n​icht beachtet worden.[142] Am 17. Dezember 1941 erklärten sieben evangelische Landeskirchen (Anhalt, Hessen-Nassau, Lübeck, Mecklenburg, Sachsen, Schleswig-Holstein, Thüringen), d​er Judenstern entspreche Luthers Forderung, „schärfste Maßnahmen g​egen die Juden z​u ergreifen u​nd sie a​us deutschen Landen auszuweisen“. Die Taufe könne nichts a​n ihrer wesensmäßigen Christusfeindschaft u​nd „rassischen Eigenart“ ändern.[143]

Die 1934 gegründete Bekennende Kirche widersprach staatlichen Übergriffen a​uf die evangelische Lehre, n​icht aber d​er Judenverfolgung. Einige Mitglieder (Heinrich Fausel, Hansgeorg Schroth, Hermann Steinlein, Richard Widmann, Gerhard Schmidt, Walter Gabriel, Hugo Gotthard Bluth) wiesen d​ie antisemitische Lutherdeutung zurück, jedoch n​ur für binnenkirchliche Anliegen, u​m Judenchristen, Judentaufen, d​as AT u​nd die kirchliche Volksmission z​u verteidigen. Dabei vertraten s​ie fraglos d​ie antijudaistische Ersatz- u​nd Fluchtheorie, unterschieden o​ft die gegenwärtigen Juden v​on den biblischen Israeliten, behaupteten e​inen Rassegegensatz zwischen Juden u​nd Deutschen u​nd eine jüdische „Zersetzung“ deutscher Werte, g​egen die d​er Staat d​as „Volkstum“ schützen müsse. Sie lehnten allenfalls „Lynchjustiz“ u​nd den innerkirchlichen Judenstern ab.[144] Bischof Theophil Wurm protestierte 1942 z​war gegen diesen, betonte a​ber zugleich d​as Staatsrecht, „zum Zweck d​er Reinerhaltung d​es deutschen Volkes e​ine Rassegesetzgebung durchzuführen.“[140]

Dietrich Bonhoeffer erklärte i​m Juni 1933 a​ls der e​rste und f​ast einzige deutsche Lutheraner, d​ie evangelische Kirche müsse aufgrund i​hrer eigenen Botschaft für d​ie Menschenrechte d​er Juden u​nd anderer verfolgter Minderheiten eintreten u​nd darum staatlicher Politik notfalls widerstehen.[145] Ab 1938 stützten er, Carl Friedrich Goerdeler, d​ie norwegische evangelische Kirche u​nd andere i​hren Widerstand g​egen den Nationalsozialismus a​uf die f​reie Gewissensentscheidung v​or Gott u​nd aktualisierten d​azu Aussagen Luthers z​ur bedingten Notwehr g​egen ungerechte Obrigkeiten b​is hin z​um Tyrannenmord.[146]

Kirchliche Erklärungen seit 1945

Die Evangelische Kirche i​n Deutschland (EKD) h​atte auf d​er Synode v​on Weißensee (1950) e​inen Bruch m​it dem Antijudaismus eingeleitet, schwieg a​ber lange z​u Luthers Judenaussagen. Ihre e​rste Studie z​u Christen u​nd Juden (1975) erwähnte d​iese nicht. Zum 500. Luthergeburtstag 1983 erklärte s​ie nur: „So wichtig Luthers frühe Schrift über d​ie Juden a​uch heute n​och ist, s​o verhängnisvoll wurden Äußerungen d​es alten Luther. Niemand k​ann sie h​eute gutheißen.“ Erst d​ie Studie Christen u​nd Juden III (2000) beschrieb Luthers Judentexte v​on 1523 u​nd 1543 genauer. Luther h​abe den Unglauben d​er Juden a​n Christus w​ie seine Zeitgenossen a​uf „böswillige Verblendung u​nd den Einfluss teuflischer Mächte“ zurückgeführt. Dies w​urde nicht explizit verworfen.

In d​en Landeskirchen d​er EKD begann m​it dem rheinischen Synodalbeschluss z​ur „Erneuerung d​es Verhältnisses v​on Christen u​nd Juden“ v​on 1980 e​ine Neubesinnung. Die Evangelische Kirche d​er Union fragte, o​b den evangelischen Christen d​er Bruch m​it der lutherischen Tradition s​chon klar sei, d​en Röm 11,26 (die Verheißung endgültiger Rettung für g​anz Israel) bedeute. Im Januar 1988 erwähnte d​ie rheinische Landessynode z​um bevorstehenden 50. Jahrestag d​er Novemberpogrome Luthers „treuen Rat“, d​ie Synagogen anzuzünden. Die Landessynode Sachsens erklärte, Luther h​abe sich i​mmer mehr z​u einem „verwerflichen Judenhaß“ verleiten lassen. Die Synode Berlin-Brandenburgs verlangte 1990 erstmals e​ine Klärung, „ob u​nd wie Luthers Verurteilung d​er Juden m​it seiner Christologie u​nd seiner Rechtfertigungslehre“ s​owie seiner Lehre v​on Gesetz u​nd Evangelium zusammenhänge. 1998 forderte d​ie lutherische Landeskirche Bayern: Luthers „Kampfschriften g​egen die Juden“ u​nd alle Stellen, „an d​enen Luther d​en Glauben d​er Juden pauschalisierend a​ls Religion d​er Werkgerechtigkeit d​em Evangelium entgegensetzt“, g​elte es „wahrzunehmen, i​hre theologische Funktion z​u erkennen u​nd ihre Wirkung z​u bedenken“. Die Lutherischen Kirchen müssten s​ich nicht n​ur inhaltlich d​avon distanzieren, sondern Ursachen, Motive u​nd Wirkungsgeschichte erforschen u​nd kritisieren.

1969 n​ahm der Lutherische Weltbund (LWB) erstmals offiziell z​u Luthers Judentexten Stellung: Er h​abe Juden d​arin „auf grausame u​nd gefährliche Weise angegriffen“ u​nd damit seiner Kreuzestheologie widersprochen. Sein Aufruf z​u einem staatlichen Strafgericht a​n den Juden h​abe Gottes Gericht vorgegriffen. Weil Christen t​ief in d​ie Verfolgung d​er Juden „verstrickt“ waren, s​eien sie h​eute für d​eren Existenzrecht mitverantwortlich. 1982 bedauerte d​er LWB, d​ass Luthers Aussagen über Juden z​ur Förderung d​es Antisemitismus benutzt wurden. Eine angekündigte Analyse dieser Aussagen b​lieb aus. 1984 erklärte d​er LWB, e​r könne Luthers „wüste antijüdischen Schriften… w​eder billigen n​och entschuldigen“. Luther h​abe „rassischen, nationalistischen u​nd politischen Antisemitismus n​icht gebilligt“, a​ber seine Schriften hätten s​ich zu dessen Rechtfertigung geeignet. „Die Sünden v​on Luthers antijüdischen Äußerungen u​nd die Heftigkeit seiner Angriffe a​uf die Juden müssen m​it großem Bedauern zugegeben werden. Wir müssen dafür sorgen, d​ass eine solche Sünde h​eute und i​n Zukunft i​n unseren Kirchen n​icht mehr begangen werden kann.“ 1986 begrüßte d​er Jüdische Weltkongress d​iese Erklärung a​ls „Versprechen“, lutherische Schriften n​ie wieder für Judenhass z​u benutzen. Die Evangelisch-Lutherische Kirche i​n Amerika (ELCA) w​ies Luthers antijüdische Schriften 1974 u​nd 1994 ebenfalls a​ls unentschuldbar zurück u​nd bekräftigte d​ies 1998 a​ls ihre offizielle Richtlinie. Die lutherische Kirche v​on Kanada u​nd zwei deutsche Landeskirchen übernahmen d​iese ELCA-Erklärung wörtlich.

Die Lutherische Europäische Kommission Kirche u​nd Judentum (LEKKJ) forderte 1990, a​uch die Wirkung v​on „Grundschemata lutherischer Theologie u​nd Lehre“ a​uf das christlich-jüdische Verhältnis z​u bedenken, u​nd schlug gemeinsame Bibelauslegung m​it Juden vor. 2001 beschrieb e​ine Studie d​er Gemeinschaft Evangelischer Kirchen i​n Europa historische Fehlentwicklungen i​m Verhältnis v​on Christen z​u Juden, darunter Luthers Judentexte v​on 1538 u​nd 1543. Insgesamt h​abe die Reformation vergangene Judenvertreibungen bestätigt o​der sogar n​eue Vertreibungen bewirkt. Im Schlusswort hieß es: „Die Kirchen erkennen i​hre falschen Auslegungen biblischer Aussagen u​nd Traditionen; s​ie bekennen v​or Gott u​nd Menschen i​hre Schuld u​nd bitten Gott u​m Vergebung.“ 2003 u​nd 2004 bekräftigte d​ie LEKKJ: Man h​abe die traditionellen Lehren d​er Verachtung d​es Judentums verworfen, „insbesondere a​uch die judenfeindlichen Schriften Martin Luthers“. Diese Einsicht s​olle die kirchliche Praxis künftig bestimmen. 2011 erklärte d​ie LEKKJ, z​um Reformationsjubiläum müssten s​ich ihre Mitgliedskirchen „den Schattenseiten d​es Reformators stellen“. Die bisherigen Erklärungen u​nd Forschungsergebnisse z​u Luthers Judenfeindschaft s​eien endlich i​n Kirchen u​nd Gemeinden bewusst z​u machen u​nd zu diskutieren.[147]

Die Gemeinsame Erklärung z​ur Rechtfertigungslehre, d​ie LWB, Römisch-katholische Kirche u​nd Weltrat methodistischer Kirchen 1999 beschlossen, k​am ohne Beteiligung v​on Juden zustande. Kritisiert wurde, d​ass sie d​en hohen Rang d​er Rechtfertigung a​us Glauben i​m Judentum n​icht berücksichtigt u​nd das Judentum erneut m​it einer lebensfeindlichen, überholten Gesetzesreligion gleichgesetzt habe.[148]

Am 11. November 2015 erklärte d​ie EKD-Synode: Zum 500-jährigen Reformationsjubiläum 2017 s​ei Luthers Beitrag z​u einer antijüdischen Grundhaltung i​n der evangelischen Kirche z​u klären. Er h​abe theologische Einsichten m​it traditionellen judenfeindlichen Denkmustern verknüpft (das Judentum a​ls Werkreligion, d​ie Gott für d​ie Ablehnung Jesu Christi m​it irdischem Leiden bestrafe). Diese Muster hätten kontinuierlich seinem frühen Werben u​m die Juden (1523) u​nd seiner späteren Vertreibungsforderung (1543) zugrunde gelegen. So s​eien seine Ratschläge jahrhundertelang für e​ine Duldung d​er Juden, a​ber auch für intensivere Judenmission u​nd antisemitische Judenverfolgung benutzt worden, besonders i​n der NS-Zeit. Einfache Kontinuitätslinien ließen s​ich nicht ziehen. Nach „unserem heutigen Verständnis“ widerspreche Luthers Judenfeindlichkeit Gottes Offenbarung i​m Juden Jesus u​nd den biblischen Aussagen z​u Gottes bleibender Erwählung Israels u​nd Bundestreue z​u diesem Volk. Die reformatorischen Lehren müssten n​eu bedacht werden, o​hne in abwertende Stereotype z​u Lasten d​es Judentums z​u verfallen. Besonders d​er Tanach s​ei selbstkritisch auszulegen, d​abei sei s​eine jüdische Auslegung a​ls legitim u​nd notwendig anzuerkennen. „Das weitreichende Versagen d​er Evangelischen Kirche gegenüber d​em jüdischen Volk erfüllt u​ns mit Trauer u​nd Scham.“ Wegen dieser Schuldgeschichte u​nd dem Ruf Jesu Christi z​ur Buße müssten evangelische Christen h​eute jeder Form v​on Judenfeindschaft u​nd -verachtung widerstehen u​nd entgegentreten.[149]

2017 erklärte d​er Wissenschaftliche Beirat d​er EKD i​n seiner Orientierungsschrift z​um Lutherjahr: Völkische Antisemiten hätten Luthers antijüdische Schriften m​it ihrem rassebiologischen Programm verbunden u​nd für d​ie nationalsozialistische Judenpolitik benutzt. Daran hätten s​ich „je länger, j​e mehr“ a​uch evangelische Theologen beteiligt. Die Verbindung v​on Rassenantisemitismus u​nd Protestantismus s​ei spezifisch deutsch. Die Teilkirchen d​er EKD hätten i​hren Anteil a​n dieser deutschen Schuldgeschichte inzwischen bekannt, bejahten d​ie durch staatliche Neutralität geschützte Gleichberechtigung d​er Religionen u​nd trügen s​o dazu bei, d​ie Wiederkehr d​er Entrechtung u​nd Verfolgung v​on Juden dauerhaft z​u verhindern. Heute gälten Luthers Judenschriften „wie früher für l​ange Zeit“ a​ls „schlechterdings unvereinbar“ m​it seiner eigenen Theologie u​nd dem NT.[150]

Literarische Verarbeitung

Der Schriftsteller Stefan Heym verarbeitete Luthers Judenhass i​n seinem Roman Ahasver (1981). Heym g​riff darin d​ie Legende v​om ewigen Juden auf.[151] Diese w​ar 1602 i​m lutherischen Raum erschienen u​nd mit zahlreichen Nachdrucken, Erweiterungen u​nd Abwandlungen d​er einflussreichste Text z​um Judentum i​n der frühen Neuzeit geworden. Im Ursprungstext dieser Legende symbolisiert Ahasver, d​er ewige Jude, d​ie Rolle d​es Judentums a​us christlich-antijudaistischer Sicht: Jesus Christus h​abe Ahasver w​egen seiner Beteiligung a​n der Kreuzigung verflucht, heimatlos u​nd unsterblich d​urch die Zeiten z​u wandern, u​m die Wahrheit d​er Erlösung allein d​urch das Leiden Jesu Christi für d​ie Ungläubigen b​is zu dessen Wiederkunft z​u bezeugen. Die Existenz d​es ewigen Juden w​ill der anonyme Legendenautor v​on Paul v​on Eitzen (1521–1598) erfahren haben. Dieser lutherische Theologe w​ar ab 1564 Generalsuperintendent v​on Schleswig-Holstein gewesen.[152]

In Heyms Roman bildet Eitzens legendenhafte Begegnung m​it Ahasver d​en Hauptstrang d​er Handlung. Teile d​avon (Eitzens Begegnung m​it Luther, s​eine Rolle b​ei der Durchsetzung d​er lutherischen Orthodoxie) entnahm Heym historischen Quellen. Die Haupthandlung i​st eingerahmt u​nd unterbrochen v​on einem Dialog d​er aus Gottes Bereich verstoßenen fallenden Engel Ahasver u​nd Luzifer i​n der mythischen Vorzeit u​nd einem Disput zwischen e​inem Wissenschaftler d​er DDR u​nd einem israelischen Wissenschaftler (Jochanaan Leuchtentrager = Luzifer) über Ahasvers r​eale Existenz i​n der Jetztzeit. In diesem dritten Handlungsstrang werden a​uch Heyms historische Quellen z​u Eitzen thematisiert.[153]

Im Roman begegnet Eitzen a​ls Student d​er evangelischen Theologie i​n Wittenberg Luther. In dessen Tischrede w​ie auch i​n Eitzens Predigt, m​it der e​r seine Magisterprüfung ablegt, b​aut Heym Zitate a​us Luthers Schrift „Von d​en Juden u​nd ihren Lügen“ ein.[154] Somit repräsentiert Eitzen Luthers Judenhass u​nd das Luthertum, d​as diesen weitertrug. Sein Verhalten demonstriert detailliert, w​ie „aus d​en lautesten Revolutionären […] d​ie strengsten Ordnungshüter werden“:[155] Obwohl Ahasver i​hn beim Tod seines Vaters tröstet, verfolgt Eitzen i​hn und a​lle Juden w​ie Ketzer, w​eil sie für i​hn die n​eue herrschende Ordnung bedrohen, d​ie aus d​er Reformation hervorging u​nd die e​r mit doktrinärer Dogmatik z​u bewahren versucht. Darum lässt e​r Ahasver i​m Zuge seiner Ketzerverfolgung schließlich grausam foltern u​nd töten. So repräsentiert dieser Lutherschüler d​ie unmenschliche Ordnung, d​ie mit d​em Judentum d​ie Hoffnung a​uf eine befreite Menschheit verfolgt. Ahasver, d​er im Aufstand i​m Warschauer Ghetto wiederkehrt u​nd zum Widerstand anleitet, verkörpert seinerseits d​en bleibenden Widerspruch g​egen jede erstarrte, unmenschlich gewordene Ordnung. Heym g​riff damit a​uch die DDR u​nd ihre damalige Vereinnahmung Luthers a​ls Revolutionär an.[156] Er vertrat z​udem eine historische These, wonach m​it Luthers Reformation d​er religiöse Antijudaismus i​n den ökonomischen Antisemitismus d​er Neuzeit überging.[157]

Forschung

Zentrale Fragen d​er Forschung sind:

  • die Besonderheiten der Judenfeindlichkeit Luthers im mittelalterlichen Antijudaismus,
  • die Gründe für seinen praktischen Kurswechsel gegenüber Juden nach 1523,
  • das Verhältnis seiner Judentexte zu seiner reformatorischen Grundposition,
  • sein Einfluss auf den neuzeitlichen Antisemitismus und auf die Haltung der evangelischen Kirchen zu Juden, besonders in der NS-Zeit.

Anfänge

Die Dissertation v​on Reinhold Lewin v​on 1911 (Luthers Stellung z​u den Juden) stellte erstmals a​lle wichtigen Texte Luthers, s​eine Kenntnisse v​on und Kontakte z​u Juden methodisch stringent dar. Er behandelte a​uch Luthers Konflikt m​it jüdischer Bibelexegese, erklärte seinen Einstellungswandel a​ber psychologisch: Luther h​abe den Juden anfangs gleichgültig, d​ann hoffnungsvoll-missionarisch u​nd zuletzt a​us Verletztheit u​nd Enttäuschung feindlich gegenübergestanden.[158] Lewins Studie w​urde anfangs k​aum rezipiert u​nd von d​er rassistischen o​der judenmissionarischen Lutherdeutung verdrängt. Erst s​eit 1945 befasste s​ich die Forschung allmählich m​it der unabweisbaren Frage n​ach der Mitverantwortung Luthers für d​en Antisemitismus. Bis 1950 behandelte k​eine kirchengeschichtliche Dissertation i​n der gesamtdeutschen EKD Luthers Judentexte. Die ersten Anstöße d​azu kamen a​us anderen Staaten.[159]

„Von Luther zu Hitler“

Der Historiker William Montgomery McGovern (USA) h​atte 1941 d​ie DC-These e​iner direkten Linie „Von Luther z​u Hitler“ (Buchtitel) aufgegriffen u​nd Luthers Judentexte scharf kritisiert. Peter F. Wiener popularisierte 1945 d​ie These e​ines deutschen Sonderwegs s​eit Luther, d​en er a​ls Antisemiten m​it üblem Charakter beschrieb. Dagegen betonte Gordon Rupp Luthers Distanz z​um Rassismus.[160] Hitler h​abe Luther n​ie gelesen u​nd sich n​ur äußerlich a​uf ihn berufen.[161]

Der Dichter Thomas Mann u​nd der reformierte Theologe Karl Barth stießen e​ine ähnliche Debatte i​n Deutschland an. Mann machte i​n seiner beachteten Rede „Deutschland u​nd die Deutschen“ (Washington D.C., 29. Mai 1945) Luthers Staatsgläubigkeit für d​en deutschen Weg i​n den Nationalsozialismus mitverantwortlich. Barth h​atte 1934 d​ie Barmer Theologische Erklärung verfasst, d​ie deutschen Lutheraner i​n der BK o​ft als staatshörig kritisiert u​nd ihre Haltung a​uf Irrlehren Luthers zurückgeführt. Er veröffentlichte s​eine Aufsätze a​us der Kriegszeit 1945 a​ls Buch (Eine Schweizer Stimme), u​m restaurative Tendenzen i​n der entstehenden EKD z​u bekämpfen.[162] Nach w​ie vor d​eren Gründung (Oktober 1946) verlangte e​r immer wieder e​inen radikalen Bruch m​it der obrigkeitsstaatlichen Tradition d​es deutschen Luthertums.[163]

Nur wenige deutsche Lutheraner folgten i​hm darin, klammerten d​abei aber Luthers Judentexte aus. Bei d​en Feiern z​u Luthers 400. Todestag 1946 fehlte j​ede Kritik a​n ihm. Hans Asmussen führte d​en Nationalsozialismus i​n seinem polemischen Aufsatz „Muß Luther n​ach Nürnberg?“ 1947 a​uf die Aufklärung, d​ie Französische Revolution u​nd den Marxismus zurück; e​r vertrat d​amit die Mehrheitsmeinung.[164] Auch Friedrich Meinecke verteidigte Luther, o​hne dessen späte Judentexte z​u erwähnen. Der angesehene Kirchenhistoriker Heinrich Bornkamm h​atte Luthers Gewaltforderungen v​on 1543 i​n einem Aufsatz 1933 („Volk u​nd Rasse b​ei Martin Luther“) a​ls „treuen Rat“ eingeführt u​nd nannte s​ie 1947 i​n der Neuausgabe d​es Aufsatzes (diesmal „Das Volk“ betitelt) „die h​eute uns s​o erschreckenden Ratschläge“. Diese „Selbstentnazifizierung“ w​ar typisch für v​iele deutsche Lutheraner d​er Nachkriegszeit.[165]

Die These „Von Luther z​u Hitler“ w​urde besonders i​m englischsprachigen Raum b​is in d​ie 1990er Jahre vertreten.[166] William L. Shirer bezeichnete Luther 1960 a​ls „leidenschaftlichen Antisemiten u​nd heftigen Gläubigen a​n einen absoluten Gehorsam gegenüber politischen Autoritäten“, d​er alle deutschen Juden h​abe loswerden u​nd vertriebene Juden h​abe enteignen wollen. Seine Sprache v​on 1543 g​egen sie s​ei bis z​ur NS-Zeit unerreicht brutal gewesen. Er h​abe das Verhalten d​er meisten Protestanten i​n der NS-Zeit direkt beeinflusst.[167] Der österreichische Kulturhistoriker Friedrich Heer meinte 1986: „Von Luther führt e​in direkter Weg z​u Julius Streicher, z​u den Judenmorden d​er ‚Stürmer‘- Welt.“[168] Daniel Goldhagen beschrieb d​en Holocaust 1996 a​ls Folge e​ines besonderen deutschen, eliminatorischen Antisemitismus, d​er mit Luther begonnen habe. Diesem gebühre „ein Platz i​m Pantheon d​er Antisemiten“.[169]

Kontinuität oder Wandel

Ab 1950 nahmen einige lutherische Kirchenhistoriker u​nd Theologen d​ie antisemitische Rezeption Luthers z​um Anlass, s​eine Judentexte z​u analysieren. 1952 stellten Karl Kupisch u​nd Wilhelm Maurer d​arin theologische Kontinuität fest: Luther h​abe immer v​on seiner Rechtfertigungslehre u​nd „Gesetz u​nd Evangelium“ a​us argumentiert. Kupisch kritisierte, d​ass Luther a​us seinem theologischen Begriff d​es Gesetzes mittelalterliche politische Gewalt folgerte. Maurer dagegen meinte, Luther h​abe seine Forderungen v​on 1543 e​her rhetorisch a​ls realpolitisch gemeint. Infolge n​euer antisemitischer Angriffe a​uf Juden i​n Westdeutschland (1959) gründete s​ich beim Evangelischen Kirchentag 1960 d​ie „Arbeitsgemeinschaft Juden u​nd Christen“. Mitinitiator Martin Stöhr kritisierte Deutungen, d​ie Luthers Bibelexegesen vernachlässigen u​nd seine Forderungen v​on 1543 n​ur aus zufälligen Zeitumständen erklärten. Luther h​abe kontinuierlich v​om Evangelium h​er argumentiert, dieses jedoch 1523 a​ls gemeinsame Einladung a​n Juden u​nd Christen, später a​ls Besitz d​er Christen z​um Ausschluss d​er Juden verstanden. Er h​abe den „Bereich d​es Zornes Gottes“ (die weltliche Politik) n​un dem Teufel überlassen u​nd das Evangelium d​ort zur Wirkungslosigkeit verurteilt. Damit h​abe er s​eine ursprüngliche Theologie aufgegeben. Dagegen w​urde eingewandt, d​ass dann a​lle Schriften Luthers v​or 1519 u​nd nach 1526 a​ls unreformatorisch gelten müssten. In d​er Folgezeit setzte s​ich die These theologischer Kontinuität i​n Luthers Judentexten durch. Kurt Meier (1968) untersuchte d​eren Verhältnis z​ur Haltung anderer Reformatoren, Johannes Brosseder (1972) erstmals a​uch deren neuzeitliche Rezeption. Seine Studie d​azu gilt b​is heute a​ls wegweisend.[170]

Zum 400. Luthergeburtstag 1983 erschienen einige n​eue Forschungsbeiträge. Walther Bienert (1982) erklärte Luthers Texte v​on 1543 apologetisch a​ls „kirchenpolitischen Irrweg“ a​us „unreformatischen Motiven“: Er h​abe sich a​ls Hüter d​es Dogmas u​nd die evangelischen Fürsten a​ls Hüter religiöser Einheitlichkeit i​hrer Gebiete gesehen u​nd sich n​ur wegen besonderer Zeitumstände judenfeindlich geäußert. Als Theologe s​ei er judenfreundlich gewesen. Indem e​r die gemeinsame hebräische Bibel, d​en gemeinsamen Gott, Jesu u​nd Paulus’ Einladung z​ur Umkehr a​n Israel wiederentdeckt habe, h​abe er d​en jüdisch-christlichen Dialog angebahnt.[171]

Heiko Augustinus Oberman (1981ff.) dagegen zählte Luthers Judenhass z​u den „Wurzeln d​es Antisemitismus“ u​nd erklärte i​hn aus e​iner durch innere u​nd äußere Bedrohungen gesteigerten Endzeitangst j​ener Zeit.[172] Luther h​abe ungetaufte Juden n​eben Häretikern u​nd Scheinchristen i​mmer zur v​om Antichrist beherrschten Gesetzesreligion gezählt, d​ie mit Jesus Christus i​m tödlichen Kampf l​iege und d​ie katholische, später a​uch Teile d​er evangelischen Kirche unterwandert habe. Mit d​en Juden h​abe er allegorisch i​mmer die Selbstgerechtigkeit a​ls Ursache a​ller Feindschaft u​nd Gewalt g​egen Gott kritisiert, d​ie mit seinem Urteil über d​ie Sünde i​m Kreuz Jesu Gott selbst negiere u​nd so seinen Zorn herbeiziehe. In i​hrem Schicksal h​abe sich für i​hn die drohende n​eue babylonische Gefangenschaft derjenigen Christen gespiegelt, d​ie das Evangelium ablehnen. Dagegen h​abe er d​ie evangelische Gemeinde verteidigen wollen. Bis 1523 h​abe er d​ie letzte Chance z​ur Umkehr einzelner (nie aller) Juden u​nd falschen Christen z​um Evangelium betont u​nd Gewaltmission generell abgelehnt. Ab 1530 h​abe er zunehmend e​ine große Koalition v​on Papst, Muslimen, Juden u​nd Häretikern z​ur Zerstörung d​er nun etablierten evangelischen Kirche befürchtet. Ab 1532 h​abe er d​ie unbekehrbaren Juden a​ls Anstifter d​es Abfalls christlicher Sekten („Sakramentarier“) v​on der Reformation gesehen, a​ber noch n​icht vertreiben wollen, solange s​ie sich d​er Obrigkeit unterordneten. Seit 1543 h​abe er i​hren Glauben a​ls kriminelle Bedrohung a​ller Christen betrachtet u​nd darum i​hre Vertreibung gefordert. Dabei h​abe er d​as Bekehrungsangebot a​n sie b​is zuletzt aufrechterhalten. In seinen Aussagen über Juden spiegele s​ich also d​ie je aktuelle Gefährdung d​es wahren Glaubens, d​ie er sah. Nur d​urch Übergehen dieser theologischen Funktion hätten Antisemiten s​ie missbrauchen können.[173] Luther h​abe die Judenvernichtung w​eder gefordert n​och von seinen Glaubensvoraussetzungen a​us fordern können. Jedoch h​abe er alles, w​as für i​hn der Prüfung a​m Schriftprinzip standhielt, „mit n​euer Kraft d​er Neuzeit vermittelt“ u​nd den Antijudaismus d​urch Verankerung i​n seiner Lehre v​on Gesetz u​nd Evangelium historisch verstärkt.[174]

Bertold Klappert betonte 1983 ebenfalls d​ie beständigen Motive i​n Luthers Judentexten. Er h​abe eine göttliche Verfluchung d​es Judentums m​it dessen historischem Elend „bewiesen“, Israels Ablösung d​urch die a​us den Heidenvölkern erwählte Kirche behauptet, e​ine gewaltlose Judenmission m​it Jesu Christi Judesein begründet u​nd aus d​er Ablehnung dieses Angebots kollektive Kriminalität d​er Juden gefolgert. Luther s​ei nicht für Julius Streicher verantwortlich, w​ohl aber für d​ie Definition d​es Judentums a​ls Gesetzesreligion, d​ie nur Gottes Anklage, Fluch u​nd Gericht spiegele u​nd darum staatlichen Zwangsmaßnahmen z​u unterwerfen sei. Die Rechtfertigung d​es einzelnen Gottlosen müsse m​it Karl Barth u​nd Hans Joachim Iwand theologisch i​n der bleibenden Erwählung g​anz Israels (aller Juden) verankert werden, u​m den lutherischen Antijudaismus z​u überwinden.[175]

Historisierung und Kontextualisierung

Gottfried Seebaß betonte 2006 Luthers Übereinstimmung m​it anderen Reformatoren, d​ie die Juden ebenfalls a​ls Typus d​es selbstgerechten Sünders u​nd veräußerlichten Kultus darstellten u​nd damit zugleich andere Christen kritisierten. Aber s​ein Gedanke, d​ass die Sünde a​ller Menschen Jesus Christus a​ns Kreuz brachte, h​abe die Gottesmordthese aufgehoben u​nd die judenfeindliche Passionsfrömmigkeit entkräftet. Ferner h​abe er d​as Antichrist-Motiv v​on jüdischer Abstammung gelöst u​nd auf d​as Papsttum konzentriert, s​o dass e​r die Juden n​icht mehr a​ls endzeitliche Hauptfeinde gesehen habe.[176]

Nach Johannes Heil ließ Luther i​n seinen späten Schriften z​u den Juden d​as Feld v​on Exegese u​nd Theologie überhaupt hinter s​ich und n​ahm die Juden n​ur noch i​m Zusammenhang e​ines Feindschemas wahr. Dieses h​abe von d​en Widersachern i​m reformatorischen Lager z​u den Türken gereicht u​nd im Papsttum s​ein Zentrum gehabt. Diese a​uf von anderen Reformatoren vertretene dichotomische u​nd letztlich säkulare Sichtweise erkläre auch, w​arum Luthers Judenschriften für d​en Antisemitismus d​er Moderne besonders anbindungsfähig gewesen seien.[177]

Peter v​on der Osten-Sacken (2002) resümierte s​eine Spezialuntersuchung: Luther h​abe entscheidend d​azu beigetragen, d​ass lutherische Theologen u​nd Kirchen b​is etwa 1700 „im Banne e​iner für Juden existenzbedrohenden Judenfeindschaft standen“. Ihn pauschal für d​ie Entstehung u​nd Verbrechen d​es Antisemitismus verantwortlich z​u machen, s​ei jedoch ahistorisch u​nd würde d​ie zeitgeschichtlichen u​nd ideologischen Differenzen ignorieren. Die partielle u​nd strukturelle Ähnlichkeit seines Judenhasses h​abe es inner- u​nd außerkirchlichen Antisemiten u​nd Nationalsozialisten leicht gemacht, s​ich auf i​hn zu berufen, a​uch wenn s​ie seine Theologie insgesamt u​nd ethisch betrachtet missbraucht hätten.[178]

Beitrag der Antisemitismusforschung

Seit e​twa 1990 w​ird die monokausale Deutung e​iner ursächlichen Beziehung zwischen Luthers Judentexten u​nd dem Nationalsozialismus k​aum noch vertreten. Luther w​ird wegen d​er theologischen Gründe seines Judenhasses n​ur selten a​ls Antisemit eingestuft. Gleichwohl gelten s​eine judenfeindlichen Schriften a​ls Mitursache d​es Antisemitismus, w​eil sie i​m Protestantismus antisemitisch gedeutet u​nd benutzt wurden. Für Christhard Hoffmann (1994) spielte Luther „für d​ie spezifisch deutsche Ausprägung d​er Judenfeindschaft […] e​ine entscheidende, weichenstellende Rolle“.[179] Laut Birgit Gregor (1999) übernahm Luther v​on Anfang a​n das kirchliche Streben, d​as Judentum d​urch vollständige Assimilierung aufzulösen. Auch s​eine scheinbar „judenfreundlichen“ Schriften s​eien von diesem Ziel bestimmt. Der bisher unzureichend erforschte „protestantische Antisemitismus“ s​ei keine direkte Kontinuität „von Luther z​u Hitler“, sondern e​ine „konstruierte Kontinuität“: Seit Adolf Stöcker hätten bestimmte protestantische Interessengruppen Luther künstlich a​ls prominenten Vorläufer für i​hre eigenen antisemitischen Ziele benutzt u​nd dazu l​ange vorhandene antijüdische Ressentiments u​nd Stereotype i​n veränderter Zeitsituation bewusst m​it darwinistischer u​nd rassistischer Judenfeindschaft verschmolzen.[180]

Der heutige Konsens d​er Lutherforschung lautet: Luthers Grundthesen z​um Judentum blieben konstant, w​aren theologisch, n​icht rassistisch motiviert u​nd deckten s​ich weitgehend m​it dem vorgegebenen christlichen Antijudaismus.[181] Er übernahm d​ie traditionelle Enterbungs- u​nd Fluchthese, d​ie Stereotype d​er Adversus-Judaeos-Literatur, d​er Predigtagitation u​nd Vertreibungsideologie u​nd dämonisierte d​ie Juden n​eben anderen Gruppen. Besonderheiten Luthers w​aren laut Hans-Martin Kirn (2000): Er s​agte den Juden magische Schadenszauberei m​it dem Gottesnamen nach, entehrte d​ie rabbinische Bibelauslegung m​it dem Judensau-Motiv u​nd begrenzte d​ie verheißene endzeitliche Rettung g​anz Israels (Röm 11,26 ) a​uf einen taufwilligen Rest. Indem e​r das kanonische Recht aufhob u​nd zugleich d​as „landesherrliche Kirchenregiment“ stärkte, h​abe er d​ie Judenvertreibung z​um politischen Leitbild für d​ie Territorialherren gemacht. Seine Forderungen v​on 1543 hätten katholische Unterdrückungspraktiken überboten, d​en „Kammerknechten“ i​hren relativen Rechtsschutz entzogen u​nd sie i​n einen sklavenartigen Status z​u drängen versucht.[182]

Thomas Kaufmann betonte 2010: Luthers Vorstellungen v​on 1543, Juden s​eien mit d​em Teufel u​nd christenfeindlichen Mächten verbündet, u​m ihre „Wirtsvölker“ „auszusaugen“ u​nd das Christentum m​it magischen Praktiken z​u unterminieren, „waren damals allgemein u​nd in a​llen Gesellschaftsschichten verbreitet u​nd haben a​ls mentalitätsgeschichtlicher Hintergrund sowohl d​er Anhänger a​ls auch d​er Gegner d​er Reformation z​u gelten.“[183] Luther h​abe vor 1537 Antonius Margarithas Behauptung übernommen, d​as Judentum s​ei insgesamt a​uf das Schmähen Jesu Christi u​nd Schädigen d​er Christen ausgerichtet. Anstelle d​es „Blutfrevels“ h​abe er d​ie Juden d​es „Wortfrevels“ angeklagt: Sie verfluchten Christus täglich u​nd mit i​hm Gott d​en Schöpfer. Ihre Toratreue belüge u​nd lästere d​en allein gnädigen Gott; d​arin liege i​hre teuflische, für Christen gefährliche Werkgerechtigkeit. Nicht d​ie Christen, n​ur Christus allein könne s​ie zu s​ich bekehren u​nd erhalte s​ein Heilsangebot a​n sie aufrecht. – Aus diesem konstanten Glauben h​abe Luther gegensätzliche judenpolitische Konsequenzen gezogen: 1523 e​ine gewaltlose Mission, 1543 e​ine gewaltsame Verelendung d​er Juden. Diese sollte l​aut Luther d​en „teuflischen Hochmut“ i​hres Erwählungsglaubens brechen, s​ie zum christlichen Glauben bringen u​nd zugleich d​en Christen Gottes Zorn veranschaulichen, u​m ihren Glauben a​n seine allein rettende Gnade z​u bewahren. Luthers Antijudaismus s​ei also untrennbar v​on seiner Rechtfertigungslehre.[184]

Für Wolfgang Wippermann (2013) enthielt Luthers Judenhass a​uch eine Vernichtungskomponente; e​r habe d​en Antijudaismus i​n der frühen Neuzeit verstärkt u​nd Frühantisemiten w​ie Johann Jacob Schudt u​nd Johann Andreas Eisenmenger beeinflusst.[185]

Weiterführende Informationen

Siehe auch

Literatur

Zeitgeschichtlicher Kontext

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  • Thomas Kaufmann: Konfession und Kultur: Lutherischer Protestantismus in der zweiten Hälfte des Reformationsjahrhunderts. Mohr Siebeck, Tübingen 2006, ISBN 3-16-149017-7.
  • Dean Phillip Bell, Stephen G. Burnett: Jews, Judaism, and the Reformation in Sixteenth-Century Germany: Studies in Central European Histories. Brill, Leiden 2006, ISBN 90-04-14947-3.
  • Ursula Schulze: Juden in der deutschen Literatur des Mittelalters. Niemeyer, 2002, ISBN 3-484-10846-0.
  • Achim Detmers: Reformation und Judentum: Israel-Lehren und Einstellungen zum Judentum von Luther bis zum frühen Calvin. Kohlhammer, Stuttgart 2001, ISBN 3-17-016968-8.
  • Friedrich Battenberg: Die Juden in Deutschland vom 16. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Oldenbourg, München 2001, ISBN 3-486-55777-7.
  • Paul Gerhard Aring: Die Theologie der Reformationszeit und die Juden. Unbewältigte Tradition – Enttäuschte Erwartung – „Scharfe Barmherzigkeit“. In: Günther Bernd Ginzel (Hrsg.): Antisemitismus. Wissenschaft und Politik, 1991, ISBN 3-8046-8772-5, S. 100–123.
  • Hans-Martin Kirn: Das Bild vom Juden im Deutschland des frühen 16. Jahrhunderts. Mohr/Siebeck, Tübingen 1989, ISBN 3-16-745354-0.
  • Heiko Augustinus Oberman: Wurzeln des Antisemitismus. Christenangst und Judenplage im Zeitalter von Humanismus und Reformation. 2., durchgesehene Auflage. Severin und Siedler, Berlin 1981, ISBN 3-88680-023-7.
  • Selma Stern-Täubler: Die Vorstellung vom Juden und vom Judentum in der Ideologie der Reformationszeit. In: Essays Presented to Leo Baeck. London 1954, S. 194–211.

Lutherforschung

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  • Anja Lobenstein-Reichmann: „Wer Christum nicht erkennen will, den las man fahren“. Luthers Antijudaismus. In: Norbert Richard Wolf (Hrsg.): Martin Luther und die deutsche Sprache. Heidelberg 2017, ISBN 978-3-8253-7758-8, S. 147–165.
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  • Andreas Pangritz: Theologie und Antisemitismus. Das Beispiel Martin Luthers. Peter Lang, Frankfurt am Main 2017, ISBN 9783631733622.
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  • Hans Joachim Hillerbrand: Martin Luther and the Jews. In: James Charlesworth (Hrsg.): Jews and Christians: exploring the past, present, and future. Crossroad Publishing, New York 1990, ISBN 0-8245-1012-7, S. 127–145.
  • Dietz Bering: Gibt es bei Luther einen antisemitischen Wortschatz? Zur Widerlegung einer politischen Legende. In: Zeitschrift für Germanistische Linguistik (ZGL) 17.2 (1989), S. 137–161
  • Heinz Kremers (Hrsg.): Die Juden und Martin Luther. Martin Luther und die Juden. Geschichte, Wirkungsgeschichte, Herausforderung. 2. Auflage. Neukirchener Verlag, Neukirchen-Vluyn 1987, ISBN 3-7887-0751-8.
  • Kurt Meier: Luthers Judenschriften als Forschungsproblem. In: Theologische Literaturzeitung 7, Berlin 1985, Sp. 483–492.
  • Neelak S. Tjernagel: Martin Luther & the Jewish People. Northwestern Publishing House, 1985, ISBN 0-8100-0213-2.
  • Heiko Augustinus Oberman: Luthers Stellung zu den Juden: Ahnen und Geahndete. In: Helmar Junghans (Hrsg.): Leben und Werk Martin Luthers 1526–1546. Festausgabe zu seinem 500. Geburtstag Band I und II. (1983) 2. Auflage, Evangelische Verlagsanstalt, Berlin 1985, S. 519–530.
  • Heiko Augustinus Oberman: Luther, Israel und die Juden. Befangen in der mittelalterlichen Tradition. In: Martin Luther heute. Themenheft 3, Bundeszentrale für politische Bildung, 1983.
  • Peter Maser: Erbarmen für Luther? Zu zwei neuen Büchern über den Reformator und die Juden. Judaica 39 (1983), S. 166–178.
  • Walther Bienert: Martin Luther und die Juden: Ein Quellenbuch mit zeitgenössischen Illustrationen, mit Einführungen und Erläuterungen. Evangelisches Verlagswerk, 1982, ISBN 3-7715-0213-6.
  • C. Bernd Sucher: Luthers Stellung zu den Juden: Eine Interpretation aus germanistischer Sicht. De Graaf, 1977, ISBN 90-6004-352-9.
  • Ernest Gordon Rupp: Martin Luther and the Jews. Council of Christians and Jews, 1972.
  • Edgar Mills: Martin Luther and the Jews: a refutation to his book, „The Jews and their lies“. Neuauflage, Europäischer Verlag, 1968.
  • Joachim Rogge: Luthers Stellung zu den Juden. Luther 40, 1969, S. 13–24.
  • Kurt Meier: Zur Interpretation von Luthers Judenschriften. In: Kurt Meier: Kirche und Judentum. Die Haltung der evangelischen Kirche zur Judenpolitik des Dritten Reiches. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1968, S. 127–153.

Rezeption

  • Harry Oelke, Wolfgang Kraus, Gury Schneider-Ludorff, Axel Töllner, Anselm Schubert (Hrsg.): Martin Luthers „Judenschriften“. Die Rezeption im 19. und 20. Jahrhundert. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2016, ISBN 978-3-647-55789-2. (Volltext online)
im Judentum
  • Christian Wiese: „Auch uns sei sein Andenken heilig!“ Idealisierung, Symbolisierung und Kritik in der jüdischen Lutherdeutung von der Aufklärung bis zur Schoa. In: Hans Medick, Peer Schmidt (Hrsg.): Luther zwischen den Kulturen. Zeitgenossenschaft – Weltwirkung. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2004, ISBN 3-525-55449-4, S. 215–259.
  • Pinchas Lapide: Die Stellung zeitgenössischer Juden zu Luther. In: Ludwig Markert, Karl Heinz Stahl (Hrsg.): Die Reformation geht weiter. Ertrag eines Jahres. Verlag der Ev.-Luth. Mission, Erlangen 1984, ISBN 3-87214-165-1, S. 169–185.
  • Haim Hillel Ben-Sasson: The Reformation in Contemporary Jewish Eyes. In: Proceedings of the Israel Academy of Sciences and Humanities, Band 4, At Ahva Press, 1970, S. 239–326.
  • Arnold Agus: Luther and the Rabbis. In: The Jewish Quarterly Review Nr. 58, Juli 1967, S. 63–68.
  • Carl Cohen: Luther and his Jewish Contemporaries. In: Jewish Social Studies 25, 1963, S. 195–204.
  • Samuel Krauss: Luther und die Juden. In: Der Jude. II, 1917/18, S. 544–547. (Textauszug online)
  • Reinhold Lewin: Luthers Stellung zu den Juden: Ein Beitrag zur Geschichte der Juden in Deutschland während des Reformationszeitalters. (Berlin 1911) Neudruck: Scientia Verlag, Aalen 1973, ISBN 3-511-04280-1.
bei Nichtjuden vor 1933
  • Christian Wiese: „Unheilsspuren“. Zur Rezeption von Martin Luthers „Judenschriften“ im Kontext antisemitischen Denkens vor der Schoah. In: Peter von der Osten-Sacken (Hrsg.): Das missbrauchte Evangelium. Studien zu Theologie und Praxis der Thüringer Deutschen Christen. Institut Kirche und Judentum, 2002, ISBN 3-923095-74-0, S. 91–135.
  • Hans-Joachim Hillerbrandt: „Deutsche“ und „Juden“: Betrachtungen zum Thema christlicher Antisemitismus von Luther bis Stoecker. In: Willi Jasper, Joachim H. Knoll (Hrsg.): Preußens Himmel breitet seine Sterne. Ideen zur Kultur-, Politik- und Geistesgeschichte. 2 Bände. Olms, 2002, ISBN 3-487-11641-3, S. 455–471.
  • Johannes Wallmann: The Reception of Luthers Writings on the Jews from the Reformation to the End of the 19th Century. In: Lutheran Quarterly 1, 1987, S. 72–95.
  • Johannes Brosseder: Luthers Stellung zu den Juden im Spiegel seiner Interpreten. Interpretation und Rezeption von Luther-Schriften und Äußerungen zum Judentum im 19. und 20. Jahrhundert vor allem im deutschsprachigen Raum. München 1972, ISBN 3-506-70758-2.
in der NS-Zeit
  • Christopher J. Probst: Demonizing the Jews: Luther and the Protestant Church in Nazi Germany. Indiana University Press, 2012, ISBN 978-0-253-00098-9.
  • Günter Brakelmann: Hitler und Luther 1933 in Bochum. In: Günter Brakelmann, Peter Bukowski: Auf den Spuren kirchlicher Zeitgeschichte: Helmut Geck zum 75. Geburtstag. Lit Verlag, 2010, ISBN 978-3-8258-1526-4, S. 198–226.
  • Gerhard Lindemann: Antijudaismus und Antisemitismus in den evangelischen Landeskirchen während der NS-Zeit. In: Geschichte und Gesellschaft. 29. Jahrgang, Heft 4: Protestantismus und Nationalsozialismus. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2003, S. 575–607.
  • Uwe Siemon-Netto: Luther als Wegbereiter Hitlers? Zur Geschichte eines Vorurteils. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1993, ISBN 3-579-02203-2.
  • Ferdinand van Ingen, Gerd Labroisse (Hrsg.): Luther-Bilder im 20. Jahrhundert. Symposion an der Freien Universität. Edition Rodopi, Amsterdam 1984, ISBN 9062035175; daraus:
Alexander von Bormann: Luther im Nationalsozialismus: Die Versöhnung von Wotan und Christus. S. 59–78.
Eberhard Mannack: Luther – ein „geistiger Ahnherr Hitlers“? S. 167–176
  • Winfried Schiffner: Luther, Hitler und die Juden. Eine Blütenlese aus dem Jubiläumsjahr der 450. Wiederkehr des Geburtstages Luthers im Jahre 1933. In: Tribüne: Zeitschrift zum Verständnis des Judentums. 3. Jahrgang, Nr. 10, 1964, S. 1064–1071.
  • Richard L. Rubenstein: Luther and the Roots of the Holocaust. In: Herbert Hirsch, Jack D. Spiro (Hrsg.): Persistent Prejudice: Perspectives on Anti-Semitism. George Mason University Press, Fairfax, Virginia 1988, ISBN 0-913969-09-5, S. 31–41.
  • Johann M. Schmidt: Martin Luther’s Attitude toward the Jews and Its Impact on the evangelical Church in Germany in the Beginning of the Third Reich. In: Proceedings of the Ninth World Congress of Jewish Studies. Magnes Press, Jerusalem 1986, S. 157–164.
  • Peter F. Wiener: Martin Luther: Hitler’s Spiritual Ancestor. In: The Peace Pamphlet No. 3. (London 1945) Nachdruck: 2. Auflage. Amer Atheist Press, 1999, ISBN 1-57884-954-3.
seit 1945
  • Sibylle Biermann-Rau: An Luthers Geburtstag brannten die Synagogen: eine Anfrage. Calwer Verlag, 2012, ISBN 3-7668-4204-8
  • Uwe Siemon-Netto: The Fabricated Luther: Refuting Nazi Connections and Other Modern Myths. 2. Auflage. Concordia Publishing House, Saint Louis 2007, ISBN 978-0-7586-0855-0.
  • Dean Philipp Bell: Martin Luther and the Jews: The Reformation, Nazi Germany, and Today. In: The Soloman Goldman Lectures, Vol. VII. Chicago 1999, S. 155–187.
  • Barbro Eberan: Luther? Friedrich „der Große“? Wagner? Nietzsche? …? …? Wer war an Hitler schuld? Die Debatte um die Schuldfrage 1945–1949. 2. erweiterte Auflage. Minerva-Publikation, München 1985, ISBN 3-597-10533-5.
  • Peter Clarkson Matheson: Luther and Hitler. A controversy reviewed. JES 17, 1980, S. 445–543.
  • Heiner Grote: Luther und die Juden. Auch 1983 hat sein typisches Thema. In: Materialdienst des Konfessionskundlichen Instituts 34, Bensheim 1983, S. 63–68.
  • Hartmut Lehmann: Katastrophe und Kontinuität. Die Diskussion über Martin Luthers historische Bedeutung in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg. Klett, 1974.

Konsequenzen

  • Kirchenamt der EKD (Hrsg.): Christen und Juden I–III: Die Studien der Evangelischen Kirche in Deutschland 1975–2000. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2002, ISBN 3-579-02374-8.
  • Arnulf H. Baumann, Käte Mahn, Magne Sæbø (Hrsg.): Luthers Erben und die Juden: das Verhältnis lutherischer Kirchen Europas zu den Juden. Lutherisches Verlagshaus, 1984, ISBN 3-7859-0497-5.

Einzelnachweise

  1. Ben-Zion Degani: Die Formulierung und Propagierung des jüdischen Stereotyps in der Zeit vor der Reformation und sein Einfluß auf den jungen Luther. In: Kremers 1987, S. 3–37.
  2. Heiko A. Oberman: Die Juden in Luthers Sicht. In: Kremers 1987, S. 138 und Fn. 6.
  3. Hans-Martin Kirn: Israel als Gegenüber der Reformatoren. In: Folker Siegert (Hrsg.): Israel als Gegenüber. Göttingen 2000, S. 290–321, hier: S. 292.
  4. Friedrich Battenberg: Die Juden in Deutschland vom 16. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Oldenbourg, München 2001, ISBN 3-486-55777-7, S. 1 und S. 10f.
  5. Stefan Litt: Juden in Thüringen in der Frühen Neuzeit (1520–1650). Böhlau, Wien 2004, ISBN 3-412-08503-0, S. 35–40 und 213f.; Siedlungskarte S. 226.
  6. Kaufmann 2013, S. 9f. und 156–158
  7. Stefan Schreiner: Was Luther vom Judentum wissen konnte. In: Kremers 1987, S. 58–71.
  8. Heinz Schilling: Martin Luther: Rebell in einer Zeit des Umbruchs. Beck, München 2012, ISBN 978-3-406-63742-1, S. 138 und S. 466f.
  9. Michael Korthaus: Kreuzestheologie. Geschichte und Gehalt eines Programmbegriffs in der evangelischen Theologie. 2007, ISBN 978-3-16-149337-9, S. 350.; Eduard Ellwein (Hrsg.): Luthers Epistel-Auslegung Band 3: Die Briefe an die Epheser, Philipper und Kolosser. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1972, S. 218.
  10. Jin H. Kwon: Christus pro nobis. Lit Verlag, Münster 2008, ISBN 978-3-8258-1365-9, S. 46.
  11. Stolle / Siegert 2000, S. 343, Fn. 118
  12. Hans-Martin Kirn: Israel als Gegenüber der Reformatoren. In: Folker Siegert (Hrsg.): Israel als Gegenüber. Göttingen 2000, S. 293.
  13. Ekkehard Wohlleben: Die Kirchen und die Religionen. Perspektiven einer ökumenischen Religionstheologie. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2004, ISBN 3-525-56551-8, S. 153.
  14. Udo Kern: Das Verständnis des Gesetzes bei Juden, Christen und im Islam. Lit Verlag, 2000, ISBN 3-8258-4863-9, S. 77.
  15. Stolle / Siegert 2000, S. 325 und Fn. 17
  16. Kaufmann 2013, S. 146–155
  17. Kaufmann 2013, S. 6–12, Fn. 17 und S. 83.
  18. Osten-Sacken 2002, S. 44f. und 82f. (Magnificat); die übrigen Belege vor Ort
  19. Max Josef Suda: Die Ethik Martin Luthers. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2006, ISBN 3-525-56337-X, S. 110, Fn. 32 (Sermon 1524)
  20. Adam Weyer: Die Juden in den Predigten Martin Luthers. In: Kremers 1987, S. 163–170
  21. Osten-Sacken 2002, S. 47–74.
  22. Osten-Sacken 2002, S. 74–76
  23. Dorothea Wendebourg: Der Römerbrief bei Martin Luther. In: Cilliers Breytenbach (Hrsg.): Der Römerbrief als Vermächtnis an die Kirche. Neukirchener Verlag, Neukirchen-Vluyn 2012, ISBN 978-3-7887-2491-7, S. 119–134, hier S. 124.
  24. Klaus Wengst: „Freut euch, ihr Völker, mit Gottes Volk!“ Israel und die Völker als Thema des Paulus – ein Gang durch den Römerbrief. Kohlhammer, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-17-019704-6, S. 25–31.
  25. WA 56/436, S. 13ff.; zitiert bei Karl Heinrich Rengstorf, Siegfried von Kortzfleisch (Hrsg.): Kirche und Synagoge: Handbuch zur Geschichte von Christen und Juden. Darstellung mit Quellen, Band 1. 1968, S. 383.
  26. Johann Anselm Steiger: Christus pictor. In: Johann Anselm Steiger, Ulrich Heinen (Hrsg.): Golgatha in den Konfessionen und Medien der Frühen Neuzeit. Walter de Gruyter, Berlin 2010, ISBN 978-3-11-022558-7, S. 93–128, hier: S. 101f.
  27. Hans-Martin Barth: Die Theologie Martin Luthers: eine kritische Würdigung. Gütersloher Verlagshaus, 2009, ISBN 978-3-579-08045-1, S. 419.
  28. Klappert 2000, S. 105.
  29. Kaufmann 2013, S. 34–36.
  30. Kaufmann 2013, S. 37, Fn. 118.
  31. Ernst L. Ehrlich: Luther und die Juden. In: Kremers 1987, S. 93 und Fn. 10
  32. Hans-Martin Kirn: Luther und die Juden. In: Albrecht Beutel (Hrsg.): Handbuch Luther. 2. Auflage, Tübingen 2010, S. 217–224, hier S. 219.
  33. Osten-Sacken 2002, S. 93–97 und 113.
  34. Kaufmann 2013, S. 13, Fn. 1.
  35. Wolfgang Bunte: Judentum in der mittelniederländischen Literatur (1100–1600). Peter Lang, 1989, ISBN 3-631-40823-4, S. 313, Fn. 114.
  36. Heiko A. Oberman: Die Juden in Luthers Sicht. In: Kremers 1987, S. 138, Fn. 8
  37. Kaufmann 2013, S. 158f.
  38. Kaufmann 2013, S. 18.
  39. Martin Friedrich: Zwischen Abwehr und Bekehrung. Mohr/Siebeck, Tübingen 1988, ISBN 3-16-145318-2, S. 32.
  40. Martin Stöhr: Martin Luther und die Juden. In: Kremers 1987, S. 92–98.
  41. Kaufmann 2013, S. 19.
  42. Dietrich Korsch: Martin Luther: Eine Einführung. UTB, 2007, ISBN 978-3-8252-2956-6, S. 144.
  43. Kaufmann 2006, S. 144–146, Fn. 160
  44. Bernhard Lohse: Luthers Theologie in ihrer historischen Entwicklung und in ihrem systematischen Zusammenhang. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1995, ISBN 3-525-52196-0, S. 362; Kaufmann 2013, S. 25.
  45. Kaufmann 2013, S. 26–29 und 40–42.
  46. Peter von der Osten-Sacken: Martin Luther und die Juden. In: Folker Siegert (Hrsg.): Interesse am Judentum: Die Franz-Delitzsch-Vorlesungen 1989–2008. Lit Verlag, 2008, ISBN 978-3-8258-1506-6, S. 262–281, hier: S. 269, Fn. 48
  47. Zitiert nach Arndt Meinhold: Psalm 109 in Luthers „Vier tröstliche Psalmen an die Königin von Ungarn“. In: Christoph Bultmann, Walter Dietrich, Christoph Levin (Hrsg.): Vergegenwärtigung des Alten Testaments. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2002, ISBN 3-525-53621-6, S. 226–241, hier: S. 239f.
  48. Max J. Suda: Die Ethik Martin Luthers. Göttingen 2006, S. 111f.
  49. Heiko A. Oberman: Luther: Mensch zwischen Gott und Teufel. 2. Auflage. Siedler, 1991, ISBN 3-88680-044-X, S. 293.
  50. Kaufmann 2013, S. 83.
  51. Kaufmann 2006, S. 122 und Fn. 22, 23
  52. Kaufmann 2006, S. 123, Fn. 23
  53. Kaufmann 2013, S. 87–89.
  54. Kaufmann 2013, S. 96f. und 104–106.
  55. Osten-Sacken 2002, S. 131–134
  56. Wanda Kampmann: Deutsche und Juden. Die Geschichte der Juden in Deutschland vom Mittelalter bis zum Beginn des ersten Weltkrieges. Fischer, Frankfurt am Main 1981, ISBN 3-596-23429-8, S. 46.
  57. Kaufmann 2006, S. 131, Fn. 69
  58. Gerhard Müller: Antisemitismus VI. In: Theologische Realenzyklopädie, Studienausgabe Band I, 1993, S. 142–154, hier: S. 147f.
  59. Kaufmann 2013, S. 15.
  60. Wolfgang Wippermann: Auserwählte Opfer? Shoah und Porrajmos im Vergleich. Eine Kontroverse. Frank & Timme, 2012, ISBN 978-3-86596-003-0, S. 14.
  61. Guido Kisch: Zäsius und Reuchlin: eine rechtsgeschichtlich-vergleichende Studie zum Toleranzproblem im 16. Jahrhundert. Jan Thorbecke, Pforzheim 1961, S. 12f.; lateinischer Originaltext bei R. Po-Chia Hsia: The Myth of Ritual Murder: Jews and Magic in Reformation Germany. Yale University Press, 1990, ISBN 0-300-04746-0, S. 116.
  62. Kaufmann 2006, S. 123–127 und 133
  63. Winfried Frey: ‚Die Ergsten Feynd Christi Vnsers Herren / Vnnd Vnser Aller‘: Pluralität im Zeitalter der Glaubensspaltung? In: Christoph Auffarth, Günter Kehrer, Michael Zank (Hrsg.): Religiöser Pluralismus im Mittelalter? Besichtigung einer Epoche der Europäischen Religionsgeschichte. Lit Verlag, 2007, ISBN 978-3-8258-8631-8, S. 143–166, hier: S. 151.
  64. Kaufmann 2013, S. 116–124 und Fn. 148.
  65. Dietrich Korsch: Martin Luther: Eine Einführung. 2007, S. 146.
  66. Osten-Sacken 2002, S. 137f.
  67. Brigitta Callsen, Thomas Ebendorfer (Hrsg.): Das jüdische Leben Jesu – Toldot Jeschu: Die älteste lateinische Übersetzung in den Falsitates Judeorum von Thomas Ebendorfer. Böhlau, Wien 2003, ISBN 3-7029-0475-1, S. 16.
  68. Wolfgang Wippermann: Rassenwahn und Teufelsglaube. Frank & Timme, 2013, ISBN 978-3-86596-007-8, S. 72 und Fn. 224
  69. Peter von der Osten-Sacken: Martin Luther und die Juden. In: Folker Siegert (Hrsg.): Interesse am Judentum, 2008, S. 263f.
  70. Klappert 2000, S. 112.
  71. Kaufmann 2013, S. 4.
  72. Martin Stöhr: Martin Luther und die Juden. In: Kremers 1987, S. 93 und Fn. 10
  73. Andreas Pangritz: Zeitgenössische jüdische Reaktionen auf Luther und die Wittenberger Reformation (PDF, S. 1f.; 81 kB)
  74. Pinchas Lapide: Stimmen jüdischer Zeitgenossen zu Martin Luther. In: Kremers 1987, S. 175–179.
  75. Pinchas Lapide: Stimmen jüdischer Zeitgenossen zu Martin Luther. In: Kremers 1987, S. 181f.
  76. Debra Kaplan: Beyond Expulsion: Jews, Christians, and Reformation in Strasbourg. Stanford University Press, 2011, ISBN 978-0-8047-7442-0, S. 9.
  77. Kaufmann 2013, S. 16f.
  78. Kaufmann 2013, S. 42–57
  79. Kaufmann 2013, S. 64–76
  80. Kaufmann 2013, S. 79f.
  81. Ernst Ludwig Ehrlich: Luther und die Juden. In: Walter Homolka, Tobias Barniske, Ernst Ludwig Ehrlich (Hrsg.): Von Hiob zu Horkheimer: Gesammelte Schriften zum Judentum und seiner Umwelt. Walter de Gruyter, Berlin 2009, ISBN 978-3-11-020257-1, S. 135–154, hier: S. 145f.
  82. Kaufmann 2013, S. 15f. und 159f.
  83. Jehuda L. Stein, Erhard R. Wiehn: Jüdische Ärzte und das jüdische Gesundheitswesen in Krakau: vom 15. Jahrhundert bis zur Schoáh. Hartung-Gorre, 2006, ISBN 3-86628-046-7, S. 20.
  84. Michael Demel: Gebrochene Normalität: Die staatskirchenrechtliche Stellung der jüdischen Gemeinden in Deutschland. Mohr/Siebeck, Tübingen 2011, ISBN 978-3-16-150885-1, S. 58.
  85. Kaufmann 2013, S. 180.
  86. Kaufmann 2006, S. 137, Fn. 110
  87. Johannes Brosseder: Luthers Stellung zu den Juden im Spiegel seiner Interpreten, München 1972, S. 80.
  88. Gerhard Müller: Antisemitismus VI. In: Theologische Realenzyklopädie I, 1993, S. 148f.
  89. Kaufmann 2006, S. 121, Fn. 22 und S. 135f.
  90. Anselm Schubert: Die Rezeption von Luthers „Judenschriften“ im Spiegel der Biographik des 19. und 20. Jahrhunderts. In: Oelke 2016, S. 46f. und Fn. 15
  91. Werner Marzi: Judentoleranz im Territorialstaat der frühen Neuzeit: Judenschutz und Judenordnung in der Grafschaft Nassau-Wiesbaden-Idstein und im Fürstentum Nassau-Usingen. Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, 1999, ISBN 3-921434-20-3, S. 322f.
  92. Kaufmann 2006, S. 141–144.
  93. Kaufmann 2006, S. 138–141. und S. 112–114.
  94. Friedrich Battenberg: Die Juden in Deutschland vom 16. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. 2001, S. 83f.
  95. Kaufmann 2013, S. 161–163.
  96. Kaufmann 2013, S. 24f.
  97. Gerhard Müller: Antisemitismus VI. In: Theologische Realenzyklopädie Band I, 1993, S. 150.
  98. Volker Leppin: Luthers „Judenschriften“ im Spiegel der Editionen bis 1933. In: Oelke 2016, S. 31
  99. Kaufmann 2006, S. 114f.
  100. Johannes Wallmann: Zur Haltung des Pietismus gegenüber den Juden, in: Hartmut Lehmann: Geschichte des Pietismus Band 4: Glaubenswelt und Lebenswelten, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2003, ISBN 3-525-55349-8, S. 143–152, hier: S. 145–149.
  101. Udo Sträter: Pietismus und Neuzeit. Ein Jahrbuch zur Geschichte des neueren Protestantismus. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2011, ISBN 978-3-525-55909-3, S. 313.
  102. Werner Treß: „Bekanntlich kein Freund der Juden“. Zur Rezeption der judenfeindlichen Schriften Martin Luthers im Umfeld des 300. Reformationsjubiläums 1817. In: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte (ZRGG) 67, 3/4 (2015), S. 222–243.
  103. Thomas Kaufmann: Luthers Juden, 2014, S. 154; Hanns Christof Brennecke: Die Rezeption von Luthers 'Judenschriften' in Erweckungsbewegung und Konfessionalismus. In: Oelke 2016, S. 90f.
  104. Martin Friedrich: „Luther und die Juden“ in Preußen bis 1869. In: Oelke 2016, S. 71–79
  105. Kaufmann 2013, S. 141 und Fn. 28
  106. Laurenz Müller: Diktatur und Revolution. Lucius & Lucius, 2004, ISBN 3-8282-0289-6, S. 46.
  107. Osten-Sacken 2002, S. 134; Alex Bein: Die Judenfrage: Biographie eines Weltproblems, Band 1. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1980, ISBN 3-421-01963-0, S. 128, Fn. 1
  108. Johannes Wallmann: Der alte und der neue Bund. Zur Haltung des Pietismus gegenüber den Juden. In: Hartmut Lehmann: Geschichte des Pietismus Band 4: Glaubenswelt und Lebenswelten. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2003, ISBN 3-525-55349-8, S. 143–165, hier S. 153.
  109. Volker Leppin: Luthers „Judenschriften“ im Spiegel der Editionen bis 1933, in: Oelke 2016, S. 32.
  110. Johannes Brosseder: Luthers Stellung zu den Juden im Spiegel seiner Interpreten, 1972, S. 98–109.
  111. alle Zitate nach Günther B. Ginzel: Martin Luther: „Kronzeuge des Antisemitismus“. In: Kremers 1987, S. 194–198.
  112. Christian Wiese: Gegenläufige Wirkungsgeschichten: Jüdische und antisemitische Lutherlektüren im Deutschen Kaiserreich und in der Weimarer Republik. In: Oelke 2016, S. 107–137
  113. Zitiert nach Johannes Brosseder: Luthers Stellung zu den Juden im Spiegel seiner Interpreten, 1972, S. 114–120.
  114. Zitiert nach Günther B. Ginzel: Martin Luther: „Kronzeuge des Antisemitismus“. In: Kremers 1987, S. 198f.
  115. Gury Schnieder-Ludorff: „Luther und die Juden“ in den theologischen Bewegungen der Zwischenkriegszeit. In: Oelke 2016, S. 145–147.
  116. Volker Leppin: Luthers „Judenschriften“ im Spiegel der Editionen bis 1933, in: Oelke 2016, S. 33.
  117. alle Zitate nach Günther B. Ginzel: Martin Luther: „Kronzeuge des Antisemitismus“. In: Kremers 1987, S. 199–203.
  118. Uwe Puschner: Ideologische Grundlagen und Ausformungen völkischer Religion. In: Jahrbuch der Berliner Wissenschaftlichen Gesellschaft 2009. Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-8305-1825-9, S. 170–207, hier: S. 193–197.
  119. Eberhard Jäckel, Axel Kuhn (Hrsg.): Adolf Hitler: Sämtliche Aufzeichnungen. Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte, Band 21. Institut für Zeitgeschichte, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1980, ISBN 3-421-01997-5, S. 1032.
  120. Anja Lobenstein-Reichmann: Houston Stewart Chamberlain – Zur textlichen Konstruktion einer Weltanschauung. Walter de Gruyter, Berlin 2008, ISBN 978-3-11-021086-6, S. 600, Fn. 342
  121. Othmar Plöckinger: Geschichte eines Buches: Adolf Hitlers „Mein Kampf“: 1922–1945. Eine Veröffentlichung des Instituts für Zeitgeschichte. Oldenbourg, München 2011, ISBN 978-3-486-70533-1, S. 84.
  122. Johannes Brosseder: Luthers Stellung zu den Juden im Spiegel seiner Interpreten, München 1972, S. 182–192.
  123. Johannes Brosseder: Luthers Stellung zu den Juden im Spiegel seiner Interpreten, München 1972, S. 170–173.
  124. Volker Leppin: Luthers „Judenschriften“ im Spiegel der Editionen bis 1933, in: Oelke 2016, S. 34–36.
  125. Gury Schnieder-Ludorff: „Luther und die Juden“ in den theologischen Bewegungen der Zwischenkriegszeit. In: Oelke 2016, S. 148–157.
  126. Christian Wiese: Gegenläufige Wirkungsgeschichten, in: Oelke 2016, S. 129
  127. Günter Brakelmann: Hitler und Luther 1933 in Bochum. In: Günter Brakelmann, Peter Bukowski: Auf den Spuren kirchlicher Zeitgeschichte: Helmut Geck zum 75. Geburtstag. 2010, S. 198–226, hier: S. 200–224.
  128. Osten-Sacken 2002, S. 275 und Fn. 25, ebd.
  129. Kaufmann 2013, S. 144, Fn. 36.
  130. Christoph Zuschlag (Hrsg.): „Entartete Kunst“: Ausstellungsstrategien im Nazi-Deutschland. Wernersche Verlagsgesellschaft, 1995, ISBN 3-88462-096-7, S. 310.
  131. Sabine Gries: Kindesmisshandlung in der DDR. Kinder unter dem Einfluss traditionell-autoritärer und totalitärer Erziehungsleitbilder. Lit, Münster 2002, ISBN 3-8258-5974-6, S. 295, Fn. 318.
  132. Zitate nach Günther B. Ginzel: Martin Luther: „Kronzeuge des Antisemitismus“. In: Kremers 1987, S. 204.
  133. Laurenz Müller: Diktatur und Revolution. 2004, S. 134.
  134. Günther B. Ginzel: Martin Luther: „Kronzeuge des Antisemitismus“. In: Kremers 1987, S. 205.
  135. Christopher J. Probst: Demonizing the Jews: Luther and the Protestant Church in Nazi Germany. 2012, S. 66f. und S. 191f., Fn. 26–28
  136. Klappert 2000, S. 115.
  137. Andrea Liesner: Zwischen Weltflucht und Herstellungswahn. Königshausen & Neumann, 2002, ISBN 3-8260-2240-8, S. 61 und Fn. 247
  138. Christopher J. Probst: Demonizing the Jews: Luther and the Protestant Church in Nazi Germany. 2012, S. 59.
  139. Birgit Gregor: Zum protestantischen Antisemitismus. In: Fritz Bauer Institut (Hrsg.): Jahrbuch zur Geschichte und Wirkung des Holocaust: „Beseitigung des jüdischen Einflusses…“: Antisemitische Forschung, Eliten und Karrieren im Nationalsozialismus: 1998/99. 1999, S. 171–200, hier: S. 172f.
  140. Osten-Sacken 2002, S. 280f.
  141. Osten-Sacken 2002, S. 276–279.
  142. Cornelia Weber: Altes Testament und völkische Frage: Der biblische Volksbegriff in der alttestamentlichen Wissenschaft der nationalsozialistischen Zeit, dargestellt an Johannes Hempel. Mohr/Siebeck, Tübingen 1999, ISBN 3-16-147102-4, S. 155.
  143. Ernst L. Ehrlich: Luther und die Juden. In: Kremers 1987, S. 86.
  144. Siegfried Hermle: Luther und die Juden in der Bekennenden Kirche. In: Oelke 2016, S. 161–190
  145. Klemens von Klemperer: Der einsame Zeuge: Von der existentiellen Dimension des Widerstands gegen den Nationalsozialismus. Lukas Verlag für Kunst- und Geistesgeschichte, 2016, ISBN 3-86732-242-2, S. 282
  146. Klemens von Klemperer: Über Luther hinaus? Dietrich Bonhoeffer und der Widerstand gegen den Nationalsozialismus. In: Ernst Willi Hansen, Gerhard Schreiber, Bernd Wegner (Hrsg.): Politischer Wandel, organisierte Gewalt und nationale Sicherheit: Beiträge zur neueren Geschichte Deutschlands. Oldenbourg, München 1995, ISBN 3-486-56063-8, S. 403–416.; Ulrich Schacht: Der Teufel paßt sich den Zeiten an: Zu Luthers Menschen-Bild zwischen Apg 5,29 und Röm 13 und seiner Bedeutung für die Abwehr totalitärer Versuchung. In: Martin Leiner, Hildigund Neubert, Ulrich Schacht (Hrsg.): Gott mehr gehorchen als den Menschen (Was Steht Geschrieben?). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2004, ISBN 3-89971-195-5, S. 86–98.
  147. Wolfgang Kraus: „Luther und die Juden“ in den kirchenpolitischen Entwicklungen. In: Oelke 2016, S. 289–306
  148. Stefan Meißner: Rechtfertigung – ein jüdischer Glaubenssatz. Kritische Anmerkungen zur gemeinsamen Erklärung von Katholiken und Protestanten zur Rechtfertigung
  149. EKD-Synode 2015: Beschlüsse der Kundgebung „Martin Luther und die Juden – Notwendige Erinnerung zum Reformationsjubiläum“. (2. Tagung der 12. Synode der EKD, Bremen, 8.–11. November 2015)
  150. Dorothea Wendebourg / EKD: Die Reformation und die Juden. Eine Orientierung. Erstellt im Auftrag des wissenschaftlichen Beirates für das Reformationsjubiläum 2017. (Memento vom 6. Oktober 2017 im Internet Archive) (PDF, Vorwort S. 5–6)
  151. Gabrielle Oberhänsli-Widmer: Stefan Heym Ahasver (1981). In: Kirche und Israel: KuI; Neukirchener theologische Zeitschrift 23 (2008), S. 166–177.
  152. Kaufmann 2006, S. 151–154.
  153. Hans Wolfschütz (Die Zeit, 16. Oktober 1981): Diskussion mit dem Teufel: „Der ewige Konflikt – das ist ja das Hoffnungsvolle“
  154. Stefan Heym: Ahasver. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-596-11206-0, S. 35 und 49; Analyse bei Anna Reuter: Die Frömmigkeit des Zweifels: Biblisch-messianische Motive und deren sozialkritische Funktion im Roman Ahasver von Stefan Heym. Peter Lang, 2001, ISBN 3-631-36577-2, S. 40–43.
  155. Stefan Heym: Ahasver. Frankfurt am Main 1992, S. 135.
  156. Stephan Braese: Ahasver im Bauernstaat. Stefan Heyms Bibel-Lektüren. In: Moshe Zuckermann: Zwischen Politik und Kultur – Juden in der DDR. Wallstein, 2003, ISBN 3-89244-521-4, S. 123–131, hier: S. 129.
  157. Gerd Labroisse: Der neue Luther in der DDR. In: Ferdinand van Ingen, Gerd Labroisse (Hrsg.): Luther-Bilder im 20. Jahrhundert. Amsterdam 1984, S. 239–250, hier: S. 250.
  158. Osten-Sacken 2002, S. 15–17
  159. Harry Oelke: Luther und die Juden in der kirchengeschichtlichen Forschung. In: Oelke 2016, S. 216–218
  160. Stephen G. Burnett: Luther and the Jews in Anglo-American Discussion. In: Oelke 2016, S. 251f.
  161. Michael Marissen: Lutheranism, Anti-Judaism, and Bach’s St. John Passion: With an Annotated Literal Translation of the Libretto. Oxford University Press, New York 1998, S. 25, Fn. 71
  162. Harry Oelke: Luther und die Juden in der kirchengeschichtlichen Forschung. In: Oelke 2016, S. 218f.
  163. Michael Beinker: Karl Barth im europäischen Zeitgeschehen (1935–1950): Widerstand – Bewährung – Orientierung. Theologischer Verlag, Zürich 2010, ISBN 978-3-290-17531-3, S. 240.
  164. Harry Oelke: Luther und die Juden in der kirchengeschichtlichen Forschung. In: Oelke 2016, S. 219f.
  165. Hartmut Lehmann: „Muß Luther nach Nürnberg?“ Deutsche Schuld im Lichte der Lutherliteratur 1946/47. In: Hartmut Lehmann: Protestantisches Christentum im Prozeß der Säkularisierung. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-36250-1, S. 65–79.
  166. Peter Clarkson Matheson: Luther and Hitler. A controversy reviewed: JES 17 (1980), S. 445–543.
  167. William L. Shirer: The Rise and Fall of the Third Reich: A History of Nazi Germany. Simon & Schuster, 1960, ISBN 2-253-01520-2, S. 236.
  168. Richard Faber: Offener Humanismus zwischen den Fronten des Kalten Krieges: Über den Universalhistoriker, politischen Publizisten und religiösen Essayisten Friedrich Heer. Königshausen & Neumann, 2005, ISBN 3-8260-3037-0, S. 203.
  169. Daniel J. Goldhagen: Hitlers willige Vollstrecker. Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust. Berlin 1996, S. 75. Dazu Kaufmann 2013, S. 144, Fn. 35
  170. Harry Oelke: „Luther und die Juden“ in der kirchengeschichtlichen Forschung. In: Oelke 2016, S. 221–224
  171. Walther Bienert: Martin Luther und die Juden. 1982, S. 181–194.
  172. Harry Oelke: „Luther und die Juden“ in der kirchengeschichtlichen Forschung. In: Oelke 2016, S. 225
  173. Heiko Augustinus Oberman: Die Juden in Luthers Sicht. In: Kremers 1987, S. 136–162.
  174. Klappert 2000, S. 118
  175. Klappert 2000, S. 109–147.
  176. Gottfried Seebaß: Geschichte des Christentums Band 3: Spätmittelalter – Reformation – Konfessionalisierung. Kohlhammer, Stuttgart 2006, ISBN 3-17-018780-5, S. 291.
  177. Johannes Heil: Gottesfeinde – Menschenfeinde. Die Vorstellung von jüdischer Weltverschwörung (13.-16. Jh.), Essen 2006, S. 308–369.
  178. Osten-Sacken 2002, S. 299.
  179. Christhard Hoffmann: Christlicher Antijudaismus und moderner Antisemitismus: Zusammenhänge und Differenzen als Problem der historischen Antisemitismusforschung. In: Leonore Siegele-Wenschkewitz (Hrsg.): Christlicher Antijudaismus und Antisemitismus: Theologische und kirchliche Programme Deutscher Christen. Haag + Herchen, Frankfurt am Main 1994, ISBN 3-86137-187-1, S. 293–317, hier: S. 293.
  180. Birgit Gregor: Zum protestantischen Antisemitismus. In: Fritz Bauer Institut (Hrsg.): Jahrbuch zur Geschichte und Wirkung des Holocaust: »Beseitigung des jüdischen Einflusses…«: Antisemitische Forschung, Eliten und Karrieren im Nationalsozialismus: 1998/99. Campus, 1999, ISBN 3-593-36098-5, S. 171–187.
  181. Gerhard Müller: Antisemitismus VI. In: Theologische Realenzyklopädie, Studienausgabe Band I, 1993, S. 148.
  182. Hans-Martin Kirn: Israel als Gegenüber der Reformatoren. In: Folker Siegert (Hrsg.): Israel als Gegenüber. Göttingen 2000, S. 298–300.
  183. Thomas Kaufmann: Reformation. In: Wolfgang Benz (Hrsg.): Handbuch des Antisemitismus Band 3: Begriffe, Theorien, Ideologien. Walter de Gruyter, Berlin 2010, ISBN 978-3-11-023379-7, S. 286.
  184. Kaufmann 2006, S. 133–135.
  185. Wolfgang Wippermann: Rassenwahn und Teufelsglaube. Frank & Timme, 2013, ISBN 978-3-86596-007-8, S. 69–71.

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