Genesis (Bibel)
Das 1. Buch Mose, hebräisch בְּרֵאשִׁית (bere’šīt) Bereschit, altgriechisch Γένεσις (Génesis) Genesis genannt, ist das erste Buch des jüdischen Tanach, des samaritanischen Pentateuch wie auch des christlichen Alten Testaments (auch bezeichnet als Erstes Testament oder Hebräische Bibel), und damit das erste Buch der verschiedenen Fassungen des biblischen Kanons.
תּוֹרָה Tora; Fünf Bücher Mose; Pentateuch |
Die 24 Bücher des Tanach (TaNaKh) |
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Tora (Weisung, Lehre) |
Nevi’im (Propheten) |
Ketuvim (Schriften) |
Eingerückt: die fünf Megillot. Reihenfolge nach BHS; kann sich je nach Ausgabe unterscheiden. |
Bücher des Alten Testaments |
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Pentateuch |
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Geschichtsbücher |
Lehrbücher |
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Propheten |
„Große“
„Kleine“ (Zwölfprophetenbuch) |
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Etymologien
Der hebräische Name des Buchs gibt sein erstes Wort wieder: „Im Anfang“ (בְּרֵשִׁית, Bereschit). Die Benennung nach direkten oder bedeutendsten Anfangsworten ist mit ihrer Verwendung als Parascha oder Sidra („Wochenabschnitt“) für die Lesung der Tora („Weisung, Lehre“) in der Synagoge im Judentum verknüpft.
Im Christentum wird Bereschit mit „Am Anfang“ fehlübersetzt. „Am Anfang“ impliziert, dass es einen Anfang im Sinne eines Starts gab. Dem gegenüber bedeutet „Im Anfang“, dass der Anfang ein fließender Prozess gewesen ist.
Im katholischen und orthodoxen Christentum sowie der theologischen Wissenschaft ist der Titel Genesis gebräuchlich. Er stammt aus der griechischen Übersetzung des Tanach, der Septuaginta, die im orthodoxen und katholischen Christentum als Altes Testament kanonisiert wurde. Sie fasst den Inhalt des ersten Verses zusammen:
„Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde.“
Das griechische Substantiv Genesis (γένεσις) bedeutet „Geburt“, „Ursprung“, „Entstehung“. Es umschreibt die Erschaffung der Welt. Von ihr erzählen die ersten beiden Kapitel des Buches.
Die deutsche Bezeichnung 1. Buch Mose geht vor allem auf die Bibelübersetzung Martin Luthers zurück und folgt dem sonstigen traditionellen jüdischen und kirchlichen Sprachgebrauch, der Mose als Autor benennt.
Das 1. Buch Mose ist im Original in hebräischer Sprache geschrieben und ist Teil der jüdischen Tora, die hebräisch auch Chumasch oder im christlichen Umfeld griechisch als Pentateuch bezeichnet wird. Im Deutschen spricht man von den „Fünf Büchern Mose“. Sie bilden den ersten Teil des Tanach (jüdische Bibel) und des Alten Testaments in der christlichen Bibel.
Übersicht
Das 1. Buch Mose beginnt mit einem Bericht von Gottes Schöpfung, die auf den Menschen zielt, ihm dient und die ihm anvertraut ist. Die biblische Schöpfungserzählung knüpft an Entstehungsmythen und Kosmogonien in Israels antiker Umwelt (vor allem das Atraḫasis-Epos) an, grenzt sich aber auch deutlich gegen die archaisch-mythischen Vorstellungen (z. B. die Astralgötter Babyloniens) ab. Eine Theogonie, das heißt eine Differenzierung und Darstellung verschiedener Götter – wie etwa in den griechischen Sagen Homers – ist ihm nicht zu entnehmen. Hier wirkte das 1. Gebot der Bibel (Ex 20,3 ).
Von der Schöpfung der Welt ausgehend wird im Buch Genesis zunächst eine Frühgeschichte der Menschheit über Adam und Eva, Kain und Abel und Noach erzählt, die mit der Völkertafel endet. Es folgt mit der Erzeltern- oder Vätererzählung die Frühgeschichte des Volkes Israel, beginnend mit der Berufung des Erzvaters Abraham. Die Lebens- und Familiengeschichten der Patriarchen Abraham und Sara/Sarai bzw. Hagar, Isaak und Rebekka und Jakob stellen den Ursprung des 12-Stämme-Volkes Israel unter dem Aspekt der göttlichen Erwählung und des Bundes dar bis zum Tod Josefs in Ägypten.
Hiervon ausgehend beziehen die so genannten abrahamitischen Religionen Judentum, Christentum und Islam ihre jeweiligen Interpretationen.
Das 1. Buch Mose steht in engem Zusammenhang mit den anderen vier Büchern Mose der schriftlichen Tora oder des Pentateuch.
Inhaltliche Zusammenfassung
Das Buch lässt sich inhaltlich grob in zwei Teile gliedern: Die Urgeschichte in den Kapiteln 1 bis 11 und die Vätergeschichte in den Kapiteln 12 bis 50.
Die Urgeschichte umfasst die zwei Schöpfungsgeschichten (Kapitel 1 und 2, christlich Hexaemeron, Sechstagewerk genannt) und die Einführung des Sabbats, die Erzählungen vom Garten Eden und der Vertreibung Adams und Evas daraus; Kain und Abel, (Kapitel 3 und 4), die Sintflut um Noah (Kapitel 6–9) und den Turmbau zu Babel (Kapitel 11, erster Teil).
Diesem einführenden Teil folgen die Vätergeschichten: die Erzählungen im Land Israel um die Patriarchen Abraham (Kapitel 12–25) sowie Isaak, Jakob und Esau (Kapitel 25–35). Durch sie setzt Gott in die zerrüttete Welt einen segensvollen Neuanfang (Genesis 12,1–3 ). Das Buch schließt mit den Geschichten um Josef und seine Brüder (Kapitel 36–50), die die Handlung nach Ägypten verlagert, wo dann das 2. Buch Mose ansetzt.
Dabei handelt es sich bei den Vätergeschichten um ortsgebundene Einzelüberlieferungen: Abraham wird in das Gebiet um Hebron (Gen 18 ) verortet, Isaak in die Gegend um Be’er Scheva, womit beide auf judäischem Gebiet (Gen 26 ) lagen, während Jakob in Mittelpalästina im Zentrum um Bet El (Gen 28 ) und Penuel (Gen 32 ) angesiedelt war.[2]
Die Schöpfung
Das 1. Buch Mose beginnt mit der Schöpfung der Welt durch Gott in sieben Tagen:
- Das Licht und damit Tag und Nacht werden geschaffen.
- Das Himmelsgewölbe wird errichtet, das das Wasser unter der Erde von Wasser über der Erde trennen soll; dabei wird auf das antike Weltbild Bezug genommen, wonach über dem Firmament wieder Wasser sei.
- Land und Wasser werden getrennt, und Pflanzen werden erschaffen.
- Himmelskörper werden am Gewölbe des Himmels angebracht (Sonne, Mond, Sterne).
- Meerestiere und Vögel werden erschaffen.
- Landtiere und zuletzt die Menschen werden erschaffen, männlich und weiblich
- Sabbat: Gott vollendet sein Werk und ruht; er segnet den siebten Tag und spricht ihn heilig.
Die Quelle des Lichts vor der Entstehung der Himmelskörper wird dabei nicht thematisiert. Es ist eine kunstvoll kurze Erzählung. Gott ist da und setzt den Anfang von Welt und Zeit. Die Vorgeschichte der Welt schmilzt zusammen in den kurzen Satz: „Die Erde war wüst und leer (wirr)“ (siehe auch Tohuwabohu, Chaos).
Der Bericht soll etwa zur Zeit der babylonischen Gefangenschaft entstanden sein (siehe Priesterschrift). In Abgrenzung zur polytheistischen Weltsicht der Babylonier stellten sie nun die Einzigartigkeit ihres Gottes heraus, der Herr über die gesamte Schöpfung ist. Der Glaube der Israeliten an ihren Gott, in der babylonischen Verbannung, in der äußeren Niederlage des Volkes Israels, wurde nun als Identifikationsgrundlage für das Volk erkannt und sollte gefestigt werden. Er musste der Versuchung der scheinbar siegreichen Religion Babylons mit seinen prunkvollen Liturgien (beispielsweise des Neujahrsfestes) widerstehen.
Das kleine Israel war umgeben von den großen Kulturvölkern der Babylonier und Ägypter, die unter anderem auch die Gestirne und die Elemente als Götter verehrten. Im Gegensatz zu den verbreiteten Ansichten der meisten polytheistischen Religionen jener Zeit, wonach diese durch göttliche Zeugungen entstanden, lehrt die Bibel, dass alles durch das Wort Gottes erschaffen wurde.[3]
Der Schöpfungsbericht ist Ausdruck der definitiven Abkehr von den levantinischen Religionen und der Ausbruch aus der Vielgötterei. Das Wort Gottes (siehe Logos), also die Vernunft eines Gottes allein, ist die entscheidende Aufhellung und Aufklärung der Geschichte. Das Chaos, die Wüstenei, die Ödnis, das Tohuwabohu wird vollkommen der Souveränität eines vernünftigen, die Menschheit liebenden Gottes unterworfen. Inwieweit hierbei bestehende Vorstellungen aus anderen Kulturen (Echnaton, Jitro) übernommen wurden, ist nicht geklärt. Andere Berichte aus dem Zeitraum vor und während des babylonischen Exils (besonders beim Propheten Jeremia) begründen die Verschleppung des Volkes Israel mit dem Abfall von Gott und der Zuwendung zu den Götzen der fremden Völker in der göttergesättigten Nachbarschaft Israels.
Die Einleitung zum Johannesevangelium knüpft an Genesis 1 an, indem es mit den Worten beginnt: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott.“[4] Auch hier wird betont, dass das Wort Gottes am Anfang der Welt stand. Dieses Wort ist, so Johannes, Fleisch geworden und hat Kunde gebracht.[5]
Adam und Eva
Die zweite Schöpfungsgeschichte handelt von der Welt und den Menschen in weniger idealistischer Weise, Gott schafft (in zwei Versionen) den Menschen:
- 1. Mose 1,27: als männlich und weiblich (zakhar u-neqevah bara' 'otam') oder als männlich-weiblich.[6]
- 1. Mose 2,7–8/15–22: Adam („Mensch“), den ersten Menschen, aus Erde („adama“) und gibt ihm den Garten Eden als Wohnsitz. Da Adam einsam ist und unter den Tieren keinen Gefährten finden will, schafft Gott aus einer Rippe Adams ein Weib. Die Rebellion gegen Gott (christlich als Sündenfall bezeichnet), bei dem Mann und Frau verbotenerweise vom „Baum der Erkenntnis von Gut und Böse“ essen, führt zur Vertreibung aus dem Paradies, da Gott nicht riskieren will, dass die beiden Menschen auch noch vom Baum des ewigen Lebens, neben dem Baum der Erkenntnis, essen.[7]
Gott formt den Menschen aus Erde des Ackerbodens.[8] Das soll heißen, dass der Mensch aus demselben Stoff erschaffen ist wie seine Umwelt. Und wie der Wind den Staub von der Erde fegt, so ergeht es dem sterblichen Menschen. „Denn Staub bist du, und zum Staub musst du zurück.“[9] Er ist kein Gott, er hat sich nicht selbst gemacht, er ist begrenzt. Alle Menschen entstammen der Erde, jenseits aller Geschichte, Kasten, Rassen und Kultur.
Damit der Mensch zum Menschen wird, geschieht noch ein Zweites. Der Grundstoff Erde, aus dem Gott den Menschen geformt hat, wird erst richtig zum Menschen, indem ihm Gott seinen Atem, seinen Geist in die Nase bläst.[8] Gott tritt also in den Menschen – seine Schöpfung – hinein. In ihm berühren sich Himmel und Erde.
Dieser von Gott aus Erde geschaffene Mensch, ausgestattet mit seinem Atem, kann sich auch in einer freien Entscheidung gegen Gott stellen. Das wird mit dem Begriff Sünde umschrieben. Der Mensch will mehr vom Leben, mehr Freiheit, mehr Lust. Er entwickelt eine wahre Gier, setzt sich hinweg über die gottgegebenen Gesetze der Natur, über jegliche vorgegebene Ordnung und hält allein sich für das Maß aller Dinge. Der Sündenfallbericht ist eine epische Geschichte, in die eine theologische Aussage eingekleidet wird.
Die Israeliten hatten das Land Kanaan in Besitz genommen und bevölkert. Die Kanaaniter hatten einen blühenden Kult, der seinen Eindruck auf die Israeliten nicht verfehlte. Die Schlange war dabei ein heiliges Tier, das hochaufgerichtet dargestellt wurde und für Fruchtbarkeit und Leben stand. Die Schlange stand also für das Heidentum, und immer wenn sich die Israeliten einem Kult anderer Götter zuwandten, brach Unheil und Not aus. Also wird die Schlange in den Schöpfungsbericht zurückverlegt, in ihr schimmert die Religion der Bewohner Kanaan mit durch. Wer sich der Schlange zuwendet, verfällt dem Verderben, wie die ersten Menschen im Paradies.
Alle Tiere ziehen nun an Adam (Adama, gute Erde) vorbei. Er findet keine Gehilfin unter ihnen. Damit findet eine Abgrenzung zum Tierkult der heidnischen Umgebung Israels statt. Das Tier wird unter den Menschen gestellt.[10] Gott wendet nun eine List an, versetzt Adam in den Schlaf und entnimmt ihm eine Rippe.[11] Aus dieser Rippe formt Gott eine Frau namens Eva. Dabei wird klar, Mann und Frau sind wesensgleich. Das war in der damaligen orientalischen Welt mit ihren Tier-, Fruchtbarkeitskulten und Himmelsgestirnverehrungen eine kleine Revolution.
Die Schlange[12] verspricht den beiden einen noch größeren Reiz. Sie sollen vom Baum der Erkenntnis eine Frucht essen. Der Baum ist in den auch damals schon staubtrockenen Gebieten des Orients ein Bild für Wasser, Schatten, Leben schlechthin. An diesem Lebensbaum wachsen Früchte, die für die beiden, die nun schon im Paradies leben, eine noch größere Machtsteigerung bedeuten. Sie fühlen sich nach dem Sündenfall „arom“ (nackt, arm, unwissend ohnmächtig geworden).[13]
Gott verstößt nun Adam und Eva aus dem Paradiesgarten mit dem Erkenntnisbaum und dem Lebensbaum. Sie werden bestraft, die Kräfte der Natur stellen sich von nun an gegen den Menschen. Alles, was sie tun, ist endlich und oft nur unter Qualen und Mühen erreichbar. Leid und Schmerz haben nun ihren Platz im Menschenleben gefunden.[9] Gleichzeitig verflucht Gott die Schlange, die fortan als Symbol für das Böse dienen wird: „Auf dem Bauch sollst du kriechen und Staub fressen alle Tage deines Lebens. Feindschaft setze ich zwischen dich und die Frau, zwischen deinen Nachwuchs und ihren Nachwuchs. Er trifft dich am Kopf, und du triffst ihn an der Ferse.“[14]
Kain und Abel
Die ersten zwei Kinder von Adam und Eva, Kain und Abel, werden geboren. Der ältere Sohn Kain wird Ackerbauer, der jüngere Sohn Abel wird Kleinvieh-Hirte. Eines Tages bringen beide Söhne Opfer für Gott dar: Kain von den Früchten des Feldes, Abel von den Erstlingen seiner Herde. Gott sieht Abels Opfer an, Kains aber nicht. Kain wird zornig, erschlägt seinen Bruder und wird vom Ackerboden verbannt, jedoch von Gott gezeichnet, dass die Menschen ihn nicht ob seiner Mordschuld töten. Kain wird Gründer einer Stadt und benennt sie nach seinem Sohn Henoch.[15] Die Menschheit wird vom jüngeren Sohn Set gezeugt; die weiteren Kinder Adams und Evas werden nur beiläufig erwähnt.
Noach
Die Geschichte Noachs beginnt mit einer kurzen, relativ kryptischen Bemerkung über „Söhne der Götter“ bzw. „Gottes“ und über „Riesen“, die mit Menschenfrauen Kinder, die so genannten Nephilim, bekamen. Die vorsintflutlichen Menschen werden „uralt“, teilweise über 800 Jahre, wie Methusalem. Der in den folgenden Generationen beginnenden Sündhaftigkeit der Menschen setzt Gott die Vernichtung aller Menschen mit Ausnahme Noachs und seiner Familie entgegen. Noach baut ein Schiff, die Arche, auf der er mit seiner Familie und einem Paar jeder Tierart (bestimmte Tiere auch sieben Paare) die folgende Sintflut überlebt. Gott erkennt, dass die überlebenden Menschen, Noach und seine Familie immer noch die vorsintflutlichen Verderbtheiten in sich tragen, verspricht aber in einem Bund mit den Menschen, nie wieder alles Leben durch eine Sintflut zu tilgen, der Regenbogen wird das Symbol hierzu.
Die Erzählung über die Sintflut wurde nach der Ansicht mancher Wissenschaftler möglicherweise aus dem altbabylonischen Atraḫasis-Epos übernommen und als Erzählung über den Bund Gottes mit dem Menschen umformuliert.
Völkertafel
In Genesis 10 folgt die sogenannte Völkertafel, eine lange Liste mit den Namen der Stammväter verschiedener Völker, Länder und Städte des Mittelmeerraumes, beispielsweise Ägypten und Kanaan. Diese Personifizierung der Städtenamen bildet die damalige hebräische Denkweise ab, wonach Völker einen Stammvater haben.
Der Turmbau zu Babel
Die summarische Stammfolge der Völker, der Nachkommen Noachs, welche in Genesis Kapitel 10 beginnt und in Genesis 11,10 mit den Vorfahren Abrahams fortgesetzt wird, wird durch die Geschichte vom Turmbau zu Babel (Bawel) unterbrochen. Gott verwirrt die Sprache der Menschen und zerstreut sie über die Welt, da sie sich anschicken, einen Turm bis zum Himmel zu bauen und sich damit selber an die Stelle Gottes setzen könnten. Die Sprachverwirrung ist eine mythologische Deutung der Vielfalt der Sprachen.
Nach Meinung einiger Gelehrter soll der Turm zu Babel erst während der babylonischen Gefangenschaft erbaut worden sein oder existiert haben und der obersten Gottheit Babylons gehört haben.
Abraham und Sarai
Abrams Vater Tharah verlässt mit Abram und dessen Frau Sarai sowie mit seinem Enkel Lot, der von seinem Sohn Haran stammt, seine chaldäische Heimatstadt Ur und kommt so in die Stadt Haran, wo sie sich niederlassen.[16]
Abram folgt einem von Ruf von Adonai:
„Und der HERR sprach zu Abram: Gehe aus deinem Vaterlande und von deiner Freundschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will.“[17]
Also zieht Abram, der später zu Abraham umbenannt wurde, aus Haran in ein ihm und seinen Nachkommen verheißenes Land Kanaan. Ihn begleiten seine Frau Sarai (später Sara genannt) und seine Familie sowie sein Neffe Lot mit dessen Familie. Nach einem dürrebedingten Aufenthalt in Ägypten trennen sich Abram und Lot, um Konflikte über Weidegründe zu vermeiden. Lot siedelt im Tal von Sodom.
Sodom und Gomorra
Drei Boten (Engel) erscheinen bei Abram und bestätigen, dass er und Sarai trotz ihres hohen Alters binnen Jahresfrist einen Sohn haben werden. Weiterhin berichten sie vom Plan Gottes, die Städte Sodom und Gomorra aufgrund der Sünden ihrer Einwohner zu vernichten.
Abrahams Bitte, doch keine Unschuldigen umzubringen, wird von Gott angenommen, führt aber nur zur Rettung Lots und seiner Familie; alle anderen kommen um. Lots Frau erstarrt beim verbotenen Blick auf den Ort der Zerstörung zur Salzsäule.
Saras Kinderlosigkeit, Ismael und Isaak
Um der Kinderlosigkeit zu entgehen, beschließen Abram und Sarai, dass Hagar, eine Magd Sarais, für Nachkommen Abrams sorgen soll. Das Kind Abrams mit Hagar, genannt Ismael, wird der Stammvater der Araber. Gott tadelt Abram und Sarai wegen ihres Unglaubens und schließt einen Bund mit ihnen, indem er sie in Abraham und Sara umbenennt und die Beschneidung aller männlichen Nachkommen als Zeichen des Bundes vorschreibt. Sara gebiert bald darauf Isaak. Abraham ist 100 und Sara 90 Jahre alt, als ihnen Isaak geboren wird. Hagar und Ismael werden auf Forderung von Sara in die Wüste geschickt, überleben aber durch göttliche Hilfe. Gott prüft Abrahams Glauben, indem er von ihm verlangt, seinen Sohn Isaak zu opfern. Abraham ist gehorsam, Isaak bleibt jedoch durch Gottes Einhaltgebieten im letzten Augenblick am Leben.
Jakob und Esau
Isaak heiratet Rebekka und hat Zwillingssöhne: Esau, der ein Jäger wird, und Jakob, der Nomade wird. Es folgt die Geschichte vom Recht des Erstgeborenen, das Jakob Esau für ein Linsengericht abkauft. Als Jakob auch noch den Segen Isaaks für sich durch Täuschung erhält, flieht er auf Rat seiner Mutter, um Esaus Zorn zu entgehen. Bei dem Bruder seiner Mutter, Laban, wirbt er um dessen Tochter Rachel. Für sie muss er sieben Jahre dienen. Er bekommt darauf Lea, die er aber nicht haben möchte, weil er Rachel liebt. Er heiratet Lea und dient weitere sieben Jahre, um Rachel zu bekommen. Mit beiden Frauen und deren zwei Mägden hat er schließlich zwölf Söhne: Ruben, Simeon, Levi, Juda, Dan, Naftali, Gad, Ascher, Issachar, Sebulon, Josef und Benjamin. Aus diesen gehen die zwölf Stämme Israels hervor. Er hat auch eine Tochter namens Dina.
Während seiner Rückkehr in die Heimat beschließt Jakob, Esau um Verzeihung zu bitten. Als er erfährt, dass dieser ihm mit 400 Mann entgegenzieht, ergreift Jakob die Furcht, und er stellt ein Versöhnungsgeschenk, bestehend aus Hunderten von Ziegen, Böcken, Schafen und anderen Tieren zusammen. Mit diesem Geschenk schickt Jakob seine Knechte voraus, um seinem Bruder Esau seinen demütigen Wunsch zur Versöhnung zu übermitteln.
In der folgenden Nacht findet sich Jakob im Ringkampf mit einem mysteriösen Wesen, das unterschiedlich als Gott selbst, als Engel oder als Mensch verstanden wird. Jakob geht aus dem Ringkampf überlegen hervor und verlangt von seinem Gegner gesegnet zu werden, bevor er ihn freigibt. Dieser gibt Jakob darauf einen neuen Namen: Israel, so viel wie „der mit Gott ringt“. Am nächsten Tag begegnen sich Jakob und Esau, der seinen Bruder gerührt in die Arme schließt und das Geschenk zunächst ablehnt, es aber auf Drängen Jakobs schließlich annimmt.
Josef und seine Brüder
Josef ist Jakobs Lieblingssohn und verrät seine Brüder oft beim Vater, er wird daher von seinen Brüdern gehasst. Sie verkaufen ihn als Sklaven an eine nach Ägypten ziehende Karawane und täuschen Jakob vor, Josef sei von wilden Tieren getötet worden.
Josef wird in Ägypten als Sklave an Potifar, einen Hofbeamten des Pharaos, verkauft. Dessen Ehefrau lässt Josef mit falschen Anschuldigungen ins Gefängnis werfen, als er sich weigert, mit ihr zu schlafen. Aufgrund seiner Fähigkeit, Träume zu deuten, kommt Josef jedoch wieder frei und wird zu einem einflussreichen Mann in Ägypten. Als er sieben fette und sieben dürre Jahre in Ägypten richtig vorhersagt und das Land durch einen Vorratshaltungsplan vor einer Hungersnot rettet, ist seine Position als Wesir gesichert.
Weil seine Familie in Kanaan unter der Dürre leidet und in Ägypten Getreide einkaufen will, kann er sie zu sich nach Ägypten holen. Da seine Brüder ihn nicht erkennen, gibt Josef, nachdem seine Brüder das zweite Mal kommen, um Benjamin mitzubringen, seine wahre Identität zu erkennen. Nun war er der zweitmächtigste Mann in Ägypten und der Bruder unter den Brüdern.
Jüdische Tradition
Im Judentum beginnt mit dem Buch Bereschit die Abfolge der wöchentlichen Tora-Lesungen am Sabbat. Der Abschnitt wird am ersten Sabbat nach Simchat Tora gelesen.
Mose als Autor in jüdischer Tradition
Nach der jüdischen Lehre deckt das Buch den Zeitraum von der Erschaffung der Welt im ersten Jahr bis zu Josefs Tod im Jahr 2309 ab (1452 v. Chr.). Mose gilt als Autor dieses Buches, obwohl er laut dem 2. Buch Mose erst nach Josefs Tod geboren wurde. Mose habe die gesamte Tora am Sinai von Gott erhalten.
Mitzwot in Bereschit
Folgende Mitzwot (Gebote) sind in Bereschit enthalten:
- Schabbat und Beginn des Schabbat am Abend
- Seid fruchtbar und mehrt euch (Gen 1,28 )
- Beschneidung (Gen 17,2 )
- Nicht den Muskelstrang über dem Hüftgelenk essen (Gen 32,33 )
Christliche Darstellung
Autorschaft und Datierung
Das 1. Buch Mose selbst nennt keinen Autor. Der deutsche Name folgt der jüdischen und christlichen Tradition einer Autorenschaft Moses, die den gesamten Pentateuch (die „Fünf Bücher Mose“) als von Mose verfasst sieht.
Wissenschaftliche Entstehungstheorien untersuchen den Text vor allem mit historisch-kritischer Methode. Sie gehen von einer mehrstufigen Entstehungsgeschichte aus mit verschiedenen Quellen, Überarbeitungen und Redaktionen. Danach nehmen die Texte zwar alte Überlieferungen auf, stammen jedoch spätestens aus der Zeit des Königtums in Israel (ab ca. 1000 v. Chr.). Die Endredaktion des Textes wird auf frühestens 400 v. Chr. datiert. Manche christliche Gruppen (vor allem die Anhänger des sogenannten evangelikalen und/oder fundamentalistischen Christentums) lehnen die Anwendung der historisch-kritischen Methode auf die Bibel als einem Offenbarungstext ab. Entsprechend glauben sie an eine Verfasserschaft des Mose, den sie für eine historische Persönlichkeit halten, und datieren den Text erheblich früher (zur Frage der Autorschaft und Entstehungszeit siehe Artikel Tora).
Inhaltlich gibt es einige direkte Hinweise zur Datierung des Textes. Anachronismen, wie die Erwähnung von Kamelen (Kapitel 12, Vers 14–16; Kapitel 24, Vers 10–11) und Karawanen (Kapitel 37, Vers 25–28), sowie der Bezug auf israelitische Könige (Kapitel 36, Vers 31) deuten auf eine Entstehung nach dem 10. vorchristlichen Jahrhundert hin; erst seit jener Zeit fanden sich Könige in Israel. Kamele wurden im 12. oder 11. vorchristlichen Jahrhundert domestiziert, und die ältesten Hinweise auf Kamelkarawanen im Nahen Osten stammen aus dem 7. Jahrhundert. Der Bezug auf Könige der Philister (Kapitel 26, Vers 1) im Nahen Osten stützt diese Datierung: Archäologische Ausgrabungen finden erste philistische Ansiedlungen seit dem 13. Jahrhundert und erste Städte (Gerar) im 7. Jahrhundert.
Mit der Datierung der Patriarchen auf die Zeit zwischen dem 25. und dem 16. vorchristlichen Jahrhundert (je nach Lehrmeinung) ergibt sich eine Entstehung von einigen Jahrhunderten nach den (mutmaßlichen) Ereignissen.
Grundlegung einer biblischen Chronologie
Aus der Abfolge der Generationen und den angegebenen Jahreszahlen wurde von religiösen Juden und Christen versucht, das Alter der Welt zu bestimmen. Dies erfolgt unter der Annahme einer wörtlichen Interpretierbarkeit der Erzählungen. Da sich die Jahreszahlen in der hebräischen Bibel von denen der griechischen Bibel unterscheiden und einige Angaben mehrdeutig sind, kam man zu verschiedenen Ergebnissen: der hebräische Text gibt bis zum Exodus 2666 Jahre an, der griechische der Septuaginta 3446 Jahre.[18]
Kritik am 1. Buch Mose
Verschiedene Autoren haben Berichte im Buch Genesis kritisiert (siehe auch: Kontroversen um die Bibel). Dabei gibt es zwei Hauptstoßrichtungen der Kritik:
- Es wird vorgebracht, die Berichte seien historisch falsch und nicht dem tatsächlichen Gang der Ereignisse entsprechend.
- Bestimmte Handlungen Gottes seien nicht mit der Vorstellung eines guten Gottes vereinbar.
Beide Kritikpunkte werden sowohl von Religionskritikern als auch von Theologen vorgebracht, wobei die innertheologische Kritik dies als Kritik an bestimmten, insbesondere fundamentalistischen Auslegungen des 1. Buches Mose versteht, nicht als Kritik am Buch selbst.
Schöpfungsgeschichte
Die Bibel enthält im Buch Genesis zwei Schöpfungsberichte, die von unterschiedlichen Autorengruppen in unterschiedlichen Zeiten verfasst wurden. Der ältere Bericht[19] wurde wohl vor etwa 3000 Jahren von dem so genannten Jahwisten geschaffen.
Der zweite Bericht[1][20] entstand etwa im 6. Jahrhundert v. Chr. von Priestern während des babylonischen Exils.
Letzterer ist als Kritik an babylonischen Schöpfungsmythen zu verstehen und greift Elemente aus babylonischen Schöpfungsvorstellungen auf. Beide biblischen Schöpfungsberichte wollen bestimmte Aussagen über die Beschaffenheit der Welt und des Menschen machen und wurden deshalb beide – ohne Rücksicht auf die offensichtlichen Widersprüche – von späteren Redaktoren hintereinander an den Anfang der Bibel gestellt.
Die Unterschiede zwischen beiden Darstellungen beziehen sich u. a. auf die Reihenfolge der Schöpfungselemente. Die Widersprüche zur naturwissenschaftlichen Theorie der Weltentstehung sind zwar offensichtlich, betreffen aber verschiedene Ebenen der Weltsicht. Manche Christen, die im weitesten Sinne dem Kreationismus zuzurechnen sind, halten trotzdem an der Auffassung fest, die Schöpfungsgeschichten seien naturkundliche Tatsachenberichte. Unter vielen Theologen und aufgeklärten Christen hingegen hat sich die Ansicht durchgesetzt, dass die beiden Schöpfungsberichte nicht als streng naturwissenschaftliche Beschreibung zu verstehen sind, sondern als Beschreibung der Aufgaben des Menschen in seiner Welt, die ihm nicht gehört. Ein Erklärungsmodell, das diesen Ansatz verfolgt, ist z. B. die theistische Evolution.
Erster Schöpfungsbericht
Die Schöpfungsgeschichte der Priesterschrift[21] lässt Gott das Licht, die Himmelsfeste, die bewohnbare Erde, darauf die Gestirne, Pflanzen, verschiedene Tierarten und schließlich den Menschen in sechs Tagen erschaffen, mit einem folgenden siebenten Tag der Ruhe. Der Ausdruck „Tage“ bezieht sich nicht auf 24-Stunden-Tage, weil der hebräische Ausdruck für Tag sich auf ganz unterschiedliche Zeiträume beziehen kann, nicht nur auf einen 24-Stunden-Tag. Jedoch werden die Schöpfungstage durch den Wechsel von hell und dunkel, bzw. nach der Bildung der Sonne durch Sonnenaufgang und Sonnenuntergang, als irdische Tage gekennzeichnet. In Genesis 2,4 wird die Schöpfung zusammengefasst: „Dies ist die Geschichte des Himmels und der Erde, als sie geschaffen wurden, an dem Tage, da Jehova Gott Erde und Himmel machte“ (Elberfelder Bibel 1905), „Tage“ bezieht sich hier also auf den gesamten Zeitraum der Schöpfung.
Diese Darstellung entspricht nicht den modernen naturwissenschaftlichen Theorie über die Entstehung des Universums, der Erde, der Lebewesen und des Menschen. Die weithin anerkannten, wenn auch von einigen religiösen Fundamentalisten abgelehnten wissenschaftlichen Theorien sind beispielsweise die Theorie vom Urknall und von der Entstehung der Galaxien, Sonnensysteme und Planeten einschließlich der Erde, und die Theorien von der Evolution, der Erdgeschichte, in der Geologie und der Paläontologie. Die biblischen Schöpfungsberichte sind jedoch nicht als „naturwissenschaftliche“ Abhandlungen zu verstehen und wollen gar kein „historisches“ Bild der Weltentstehung abliefern. Aus diesem Grunde sind Schöpfungsgeschichte und Naturwissenschaft grundsätzlich unvergleichbar.
Trotzdem hat es viele Versuche gegeben, Schöpfungsberichte und naturwissenschaftliche Theorien in Einklang zu bringen. Beispielsweise versuchte man zu argumentieren, dass ein Schöpfungstag mehreren Millionen Jahren entspreche. Solche Versuche werden weithin als verfehlt betrachtet. Heute gehen viele Christen davon aus, dass die Schöpfungsberichte keine naturwissenschaftlichen Theorien aufstellen wollten, sondern die Absicht hätten, theologische Aussagen über Gott, den Menschen und die Welt zu machen. Einen „Vergleich“ von Aussagen der Schöpfungsgeschichte mit naturwissenschaftlichen Theorien halten sie für unseriös.
Nachfolgend eine Liste von Differenzen zwischen biblischem Schöpfungsmythos und naturwissenschaftlicher Theorie:
- Die Dauer der Schöpfungsphase von sieben Tagen widerspricht der Theorie vom Urknall bis zur Entstehung des Menschen in einem Zeitraum von Milliarden von Jahren. Auch von der Entstehung der Erde an gerechnet sind es noch mehr als vier Milliarden Jahre bis zur Entstehung der ersten Menschen.
- Das Licht wurde laut Schöpfungsbericht vor der Sonne geschaffen (weswegen einige die Schöpfung des Lichts mit dem Urknall in Zusammenhang bringen). Zugleich markiert dies auch den Beginn des Wechsels zwischen Tag und Nacht, also der (irdischen) Zeitrechnung, was wiederum nicht ohne weiteres zum Urknall passt und eher für die Identifikation des Lichts mit der Sonne spricht.
- Die Teilung „der Wasser“ in einen Teil „oberhalb der Wölbung“ und einen „unterhalb der Wölbung“ ist eine Beschreibung eines Weltbildes, das dem klassischen, in Mesopotamien in der Antike verbreiteten Weltbild mit der Erde als flache Scheibe, an allen Seiten umgeben von Wasser, entspricht. Die Wölbung ist dabei als die „Luftblase“ zu verstehen, die die oberen Wasser von den unteren Wassern trennt. Regen wurde als eine Art „Undichtigkeit“ aufgefasst. Bis in das 19. Jahrhundert hinein gab es Gruppierungen, die auf die Bibel gestützt ein solches Weltbild propagierten (Flat Earth Society).
- Die Entstehung der Pflanzen erfolgt in der Schöpfungsgeschichte vor der Schöpfung der Gestirne, einschließlich der Sonne. Hier erkennt man, dass die Sonne und andere Gestirne nicht als Quelle des Lichts angesehen wurden. In der Tat hielt sich bis in die Zeit der Aufklärung die Vorstellung, die Gestirne seien nicht die Quelle des Lichts, sondern eher eine Art von Lichtförderer. Die unmittelbare Anschauung legt zunächst auch nahe, dass das Licht nicht bloß von der Sonne komme; denn tagsüber ist der ganze „Himmel“ hell, selbst wenn die Sonne gar nicht sichtbar ist. So wird verständlich, dass für das Vorhandensein von Licht und für den Wechsel von Tag und Nacht die Sonne nicht als entscheidend angesehen wurde, und Pflanzen die Sonne zu ihrem Gedeihen nicht zu brauchen schienen. Entsprechend heißt es in der Schöpfungsgeschichte auch, dass die beiden größten Gestirne (Sonne und Mond) „zur Beherrschung“ von Tag und Nacht gemacht wären – und eben nicht zur Beleuchtung.
- Auch die Reihenfolge der Erschaffung der Tierarten stimmt mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht überein. Die Schöpfungsgeschichte lässt die Wassertiere und die Vögel an einem Tag entstehen, und die auf der Erde lebenden Tiere am nächsten Tag. Der Stand der heutigen Wissenschaft lässt dagegen die erdbewohnenden Tiere aus den Wassertieren und daraus dann die Vögel entstehen. Einige Wassertiere wie z. B. die Meeressäugetiere (die mit den Seeungeheuern der Schöpfungsgeschichte identifiziert werden) stammen von erdbewohnenden Tieren ab.
Zweite Schöpfungsgeschichte
Der Mythos vom Garten Eden[19] legt im Gegensatz zur priesterlichen Schöpfungsgeschichte von der Weltschöpfung 1. Mose 1,1-2,4a das Augenmerk auf die Menschenschöpfung. Darin wird die Welt bereits als geschaffen vorausgesetzt. Der Mensch wird aus Lehm erschaffen, danach werden Pflanzen geschaffen, dann die Tiere, und schließlich wird der Mensch in Frau und Mann geteilt. Dabei entnimmt der Schöpfer aus dem in Tiefschlaf versetzten Menschen eine „Rippe“ (die exakte Bedeutung dieses Textes ist nicht bekannt), die er zu einer Frau formt. Auf diese Weise entsteht mit der Frau auch der Mann. Vorher kann beim Menschen noch nicht vom Mann gesprochen werden (vergleiche 1. Mose 2,22 f.).[22] Im oben beschriebenen ersten Schöpfungsbericht werden dagegen beide von vornherein zugleich erschaffen.
Eine Übereinstimmung mit naturwissenschaftlichen Erkenntnissen über die Entstehung der Arten ist bei diesem Schöpfungsbericht nicht zu erkennen; der Mythos ist allein theologisch begreifbar: Gott erschafft den Menschen und sorgt für ihn, indem er versucht, ihm einen passenden Gefährten zu schaffen. Von den Tieren kann niemand die Ansprüche des Menschen erfüllen, nur die Partnerin ist hierfür geschaffen. Oft missverstanden wird der Herrschaftsauftrag des Menschen. Der Mensch wird als Herrscher über die Natur eingesetzt. Das klingt für in der Demokratie aufgewachsene Menschen nach „tyrannisieren“. In der altorientalischen Literatur bedeutet „herrschen“ auch immer „behüten“ oder „in Ordnung halten“. Der Mensch wird also als eine Art Gärtner in dem Garten Eden eingesetzt. Moderne Umweltethik kann hier ihre Anknüpfungspunkte sehen, auch wenn die Verfasser des Buches noch keinerlei Vorstellung davon hatten, dass der Mensch eines Tages dazu in der Lage sein wird, der Schöpfung ernsthaft zu schaden.
Noach und die Sintflut
Historiker sehen in dem Bericht eine mythische Verarbeitung einer tatsächlich stattgefundenen Naturkatastrophe, die auch in den Mythen anderer Völker überliefert wurde. Die Sintflutsage ist danach älter als die jüdische Religion. Sie ist im Zweistromland entstanden. In der ältesten uns bekannten akkadischen Überlieferung trägt Noach den Namen Atrahasis. Die Sage wird in der damaligen Vielgötterreligion so gedeutet, dass die Götter mit der Fronarbeit der Menschen nicht zufrieden waren und sie vernichten wollten. Ein Gott (Enki) warnt aber Atrahasis (Noach). Die Geschichte wurde ziemlich detailgetreu aus der Überlieferung übernommen, seine ursprüngliche Deutung ließ sich nicht stichhaltig in die monotheistische Weltsicht übertragen, in der Gott gleichzeitig der strafende und der warnende Gott ist. So wurde diese Geschichte oft auch als stoßend empfunden:
Manche Bibelkritiker sehen in der Geschichte von der Sintflut[23] ein Beispiel dafür, wie im Alten Testament die Sippenhaftung als selbstverständlich gelte. Gott ist darüber betrübt, dass die Menschheit, seine Schöpfung, der Bosheit verfallen ist und beschließt, sie auszurotten.[24] Andere Bibelkritiker interpretieren diese Situation als Konstruktionsfehler, der Gott anzulasten sei. Über die konkreten Vergehen, deretwegen so eine drastische Reaktion gerechtfertigt werden könnte, erfährt man in der Bibel praktisch nichts. Die Bibel berichtet, wie Gott nicht nur die gesamte Menschheit – außer Noachs und seiner Familie – ausrottet, was auch Unschuldige wie z. B. Säuglinge mit einschließe, sondern darüber hinaus auch die gesamte an Land lebende Tierwelt, außer den Exemplaren, die Noach in die Arche rettet. Sie fragen sich, ob Gott nicht „etwas zielgenauer“ hätte vorgehen können.
Oder andernfalls, wenn schon die fast völlige Vernichtung der Schöpfung erforderlich gewesen sein sollte, warum macht Gott dann nicht einfach reinen Tisch und erschafft die Welt ganz neu, was ja in sechs Tagen geschehen kann? Es ist manchem Bibelkritiker (etwa Reimarus) nicht recht einsichtig, was Noach vor allen anderen Menschen zum Überleben qualifizierte, beispielsweise unter Berücksichtigung der in Genesis 9,21–27[25] erzählten Geschichte der Verfluchung seines Enkels Kanaan. Bibelkritiker monieren, dass die Operation nicht den Erfolg hatte, den sie erwartet hätten. Denn wie sich im weiteren Verlauf der Bibel zeigt, ist auch danach an Bosheit kein Mangel, und es bieten sich weitere Anlässe zu summarischen Strafaktionen.
Lot und der Untergang von Sodom und Gomorra
Sodom und Gomorra werden wegen zuvor im Gespräch zwischen Gott und Abraham nicht näher konkretisierter Sünden ihrer Bewohner von Gott vernichtet, nur Lot mit seiner Familie entgeht dem Tod.[26] Zuvor verhandelt noch Abraham mit Gott, um das Unheil abzuwenden,[27] scheitert aber mangels genügend Gerechter in Sodom. In diesem Gespräch (Genesis 18,17–32) wird Abraham von Gott auf die Sündhaftigkeit der Bewohner der beiden Städte aufmerksam gemacht, ohne dass eine Kennzeichnung von Seiten Gottes erfolgt, welche konkreten Sünden den Bewohnern von Sodom und Gomorra denn im Einzelnen zur Last gelegt wurden. Bezeichnenderweise kommt es zu dem von den männlichen Einwohnern Sodoms unternommenen Vergewaltigungsversuch an den als Engeln gekennzeichneten Gästen Lots erst nachdem die Entscheidung Gottes, die beiden Städte zu vernichten, bereits feststeht, was aus der Erzählung des vorherigen Kapitels hervorgeht (Genesis 18). Die Zerstörung Sodoms kann also nicht monokausal mit der erst nach diesem göttlichen Ratschluss erfolgten versuchten Vergewaltigung in Verbindung gebracht werden, die insgesamt durchaus an das im Alten Orient verbreitete Kulturphänomen der „rituellen Vergewaltigung fremder Eindringlinge“ erinnert, auch wenn innerhalb der Perikope von Genesis 19 das Prinzip der Sippenhaftung durchaus zum Tragen kommt. Verstärkend mag hierbei auch gewirkt haben, dass sich dem Quellenbericht zufolge alle männlichen Einwohner Sodoms vom Knaben bis zum Greis an dem schließlich durch die Engel selbst vereitelten Vergewaltigungsversuch beteiligten.[28] Lots Frau stirbt auf der Flucht allein deswegen, weil sie sich umsieht, gegen die ausdrückliche Anweisung Gottes.
Lot, der einzige „Gerechte“ von Sodom, wurde von seinen beiden Töchtern dazu verführt, sich dem Wein hinzugeben, was in zwei aufeinanderfolgenden Nächten dazu führte, dass beide Töchter Lot erkannten und sich mit dessen Hilfe Nachkommen zeugten, was in zwei Söhnen namens Moab (Stammvater der späteren Feinde Israels, der Moabiter) und Ben-Ammi resultierte (Genesis 19,30–38). Indirekt wird dabei klar, als wie schlimm die Vergehen der Sodomiter angesehen worden sein müssen, die ihnen die Vernichtung eingebracht haben, zumal Lot zwei Mal dem Alkohol verfiel, was laut der Bibel klar sündig ist und – ungewollt, aber dennoch daraus folgend – die Möglichkeit zur Unzucht herbeiführte, wobei nach wie vor unklar bleibt, welche Sünden konkret in Genesis 18 damit gemeint sind und Sodom und Gomorra zur Last gelegt wurden.
Sicht innerhalb der historisch-kritischen Bibelwissenschaft
In der historisch-kritischen Bibelwissenschaft wird das 1. Buch Mose dem Deuteronomistischen Geschichtswerk (abgekürzt DtrG) zugerechnet. Das 1. Buch Mose bildet demnach den Anfang einer chronologisch fortlaufenden Erzählung, in die große Teile des Tanach integriert sind. Dabei wurden Elemente der ursprünglich ungeordneten Überlieferung in eine Reihenfolge gebracht, miteinander in Beziehung gesetzt und heilsgeschichtlich und theologisch gedeutet. Dies geschah in einem oder mehreren Schritten und brachte als Ergebnis das deuteronomistische Geschichtswerk (DtrG) hervor. Dieses umfasst den kompletten Pentateuch, das Josuabuch, das Richterbuch, die beiden Samuelbücher und endet mit den beiden Büchern der Könige und somit mit dem Beginn des babylonischen Exils. Hinweise auf diese Redaktion sehen viele Forscher auch in verschiedenen Prophetenbüchern.
Literatur
Jüdisch
- Joseph Hertz: Der Pentateuch. (Hebräisch-deutsch).
- Samson Raphael Hirsch: Bereschit.
- Hanna Liss: Tanach. Lehrbuch der jüdischen Bibel. in Zusammenarbeit mit A. Böckler und Bruno Landthaler. 3. Auflage. Heidelberg 2011, ISBN 978-3-8253-5904-1.
- Wolf Gunther Plaut: Die Tora. Band 1: Genesis, ISBN 3-579-02646-1 (hebräisch-deutsch).
- Wolf Gunther Plaut (Hrsg.): Die Tora in jüdischer Auslegung. Band 1: Bereschit.
- Leopold Zunz: Die Heilige Schrift. ISBN 3-85705-002-0.
Christlich
Kommentare
- Jürgen Ebach: Genesis 37–50 (= HThKAT). Herder, Freiburg 2007, ISBN 978-3-451-26803-8.
- Josef Eßer: Die Schöpfungsgeschichte in der „Altdeutschen Genesis“ („Wiener Genesis“ V. 1–213). Kommentar und Interpretation (= Göppinger Arbeiten zur Germanistik. Band 455). Kümmerle Verlag, Göppingen 1987, ISBN 3-87452-690-9.
- Jan Christian Gertz: Das erste Buch Mose (Genesis). Die Urgeschichte Gen 1-11 (ATD 1 Neubearbeitungen). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2018, ISBN 978-3-525-57055-5.
- Lothar Ruppert: Genesis. Ein kritischer und theologischer Kommentar. 4 Teilbände. Echter Verlag, Würzburg 2003–2008,
- Teil 1: Genesis 1,1–11,26, ISBN 3-429-01451-4,
- Teil 2: Genesis 11,27–25,18, ISBN 3-429-02461-7,
- Teil 3: Genesis 25,19–36,43, ISBN 3-429-02734-9,
- Teil 4: Genesis 37,1–50,26, ISBN 3-429-03010-2.
- Gerhard von Rad: Das erste Buch Mose - Genesis. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, Bd. 1: 1949 & 1981; Bd. 2: 1952 & 1967; Bd. 3: 1953 & 1967.
- Claus Westermann: Genesis. Genesis 1–11: ISBN 3-534-05284-6, Genesis 12–50: ISBN 3-534-06042-3.
Sonstiges
- Eugen Drewermann: Strukturen des Bösen. 3 Bände:
- Die jahwistische Urgeschichte in exegetischer Sicht. 10. Auflage. Schöningh, 1995, ISBN 3-506-76254-0.
- Die jahwistische Urgeschichte in psychoanalytischer Sicht. 8. Auflage. Schöningh, 2000, ISBN 3-506-76255-9.
- Die jahwistische Urgeschichte in philosophischer Sicht. 9. Auflage. Schöningh, 2000, ISBN 3-506-76256-7.
- Sally Gross: Intersexuality and Scripture. In: Theology & Sexuality. Band 11, Sage Publications, September 1999, S. 65–74 (Online-Version von 1998).
- Thomas Hieke: Genealogien der Genesis. Herder, Freiburg im Breisgau u. a. 2003, ISBN 3-451-28206-2.
- Detlef Löhde: Die Schöpfungsgeschichte – Bericht oder gleichnishafte Erzählung? 1989, ISBN 3-922534-50-3.
- Helmut Thielicke: Wie die Welt begann. Der Mensch in der Urgeschichte der Bibel. 1960, ISBN 3-7918-2114-8.
- Bruce Vawter: On Genesis. A New Reading.
Übertragungen
Weblinks
- Bibelkundliche Grundinformation in: M. Rösel: Bibelkunde des AT. 2007 ff.
- – 1. Buch Mose auf Bibleserver.com – über 40 verschiedene Bibelübersetzungen, auf Deutsch (u. a. Einheitsübersetzung, Luther 1984 und Rev. Elberfelder) und in anderen Sprachen
- Matthias Millard: Genesis. In: Michaela Bauks, Klaus Koenen, Stefan Alkier (Hrsg.): Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (WiBiLex), Stuttgart 2006 ff.
- Benjamin Ziemer: Genesis-Apokryphon. In: Michaela Bauks, Klaus Koenen, Stefan Alkier (Hrsg.): Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (WiBiLex), Stuttgart 2006 ff.
- Andreas Schüle: Urgeschichte. In: Michaela Bauks, Klaus Koenen, Stefan Alkier (Hrsg.): Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (WiBiLex), Stuttgart 2006 ff.
- Eine jüdische Übertragung der Tora, auch das Buch Bereschit
- Erklärungen zum 1. Buch Mose Jüdisches Bildungszentrum Karlsruhe
Einzelnachweise
- Genesis 1,1 .
- Melanie Köhlmoos: Altes Testament (= UTB. 3460). A. Francke, Tübingen 2011, ISBN 978-3-8252-3460-7, S. 163.
- Siehe auch die Anmerkung zu Genesis 1.1–2.4a in der Einheitsübersetzung.
- Joh 1,1–2 .
- Joh 1,14–18 .
- Sally Gross: Intersexuality and Scripture. In: Theology & Sexuality. Band 11, Sage Publications, September 1999, S. 65–74 (Online-Version von 1998).
- Vergleiche Genesis 3,22 .
- Genesis 2,7 .
- Genesis 3,19 .
- Genesis 1,28 .
- Genesis 2,21 .
- Genesis 3,1 .
- Genesis 3,7 .
- Über Gottes Fluchen in der Genesis vgl. Andreas Dorschel, 'Entwurf einer Theorie des Fluchens', Variations 23 (2015), § 30, S. 167–175, S. 175.
- Genesis 4,17 .
- 1 Mos 11,31 .
- 1 Mos 12,1 .
- Rudolf Smend: Die Entstehung des Alten Testaments (= Theologische Wissenschaft. Band 1). Kohlhammer, Stuttgart 1978, ISBN 3-17-001070-0, S. 50.
- Genesis 2,4b–25 .
- Genesis 2,4a .
- Genesis 1,1–2,4a .
- Benno Jacob: Das erste Buch der Tora: Genesis. Übersetzt und erklärt von Benno Jacob. Schocken Verlag, Berlin 1934, DNB 579494322, S. 98–99.
- Genesis 6 .
- Genesis 6,5–7 .
- Genesis 9,21–27 .
- Genesis 19 .
- Genesis 18,16 .
- Genesis 19,4 .