Judensau
Die Tiermetapher „Judensau“ bezeichnet ein im Hochmittelalter entstandenes häufiges Bildmotiv der antijudaistischen christlichen Kunst. Es sollte Juden verhöhnen, ausgrenzen und demütigen, da das Schwein im Judentum als unrein (hebräisch tame) gilt und einem religiösen Nahrungstabu unterliegt. Spottbilder mit dem Judensaumotiv sind seit dem frühen 13. Jahrhundert belegt und auf Steinreliefs und Skulpturen an etwa 30 Kirchen und anderen Gebäuden vor allem in Deutschland bis heute zu sehen.
Seit dem 15. Jahrhundert erscheint das Motiv auch als aggressive Typenkarikatur in Flugschriften und anderen Druckerzeugnissen, seit dem 19. Jahrhundert auch als antisemitische Karikatur. In deutschsprachiger Literatur tauchen die Schimpfworte „Judensau“ und „Judenschwein“ spätestens seit etwa 1830, „Saujude“ seit 1848 auf. Nationalsozialisten griffen diese Bildmotive und Schimpfwörter auf und verwendeten sie zur Hetze, Verleumdung, Demütigung und Bedrohung.
Wer diese Ausdrücke heute gegenüber Menschen benutzt oder öffentlich über sie äußert, macht sich in Deutschland (§ 185 Strafgesetzbuch) und Österreich (§ 115 österreichisches Strafgesetzbuch) wegen Beleidigung und in der Schweiz nach der Rassismus-Strafnorm (§ 261bis StGB) strafbar. In besonders schweren Fällen kommt in Deutschland auch eine Ahndung wegen Volksverhetzung (§ 130) in Betracht.
Das mittelalterliche Bildmotiv
Verbreitung
Mittelalterliche Skulpturen, Reliefs oder Bilder einer „Judensau“ stellen Menschen und Schweine in intimem Kontakt dar. Die menschlichen Figuren zeigen die typischen Kennzeichen der damals vielerorts verordneten Judentracht, etwa einen „Judenhut“ oder Gelben Ring. Meist saugen diese Figuren wie Ferkel an den Zitzen einer Sau. In anderen Varianten reiten sie verkehrt herum auf einem Schwein, das Gesicht dem Anus zugewandt, aus dem Urin spritzt, oder umarmen oder küssen Schweine.
Bekannt sind in Europa 48 solcher Darstellungen.[1] In Mitteleuropa sind sie noch an etwa 30 Orten zu finden. Einige sind so stark verwittert, dass das Motiv unkenntlich wurde. Manche waren nicht in Quellen verzeichnet und wurden erst seit 2000 wiederentdeckt.[2]
Nr | Bild | Ort | Land | Gebäude | Art | Entstehungszeit | Zustand | Beschreibung | |
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1 | Aarschot | Belgien | Onze-Lieve-Vrouwekerk | Miserikordie | spätes 15.[3] oder frühes 16. JH.[4] | erhalten | Judenfigur reitet rückwärts auf einem Ziegenbock.[4] | ||
2 | Ahrweiler | Deutschland | St. Laurentius | Wasserspeier | 1295 | gut erhalten | |||
3 | Bacharach | Deutschland | Wernerkapelle | Wasserspeier | um 1290 | teilweise zerstört | |||
4 | Bad Wimpfen | Deutschland | Stiftskirche St. Peter | Wasserspeier | restaurierte Kopie | Erhaltenes Original befindet sich im Reichsstädtischen Museum. | |||
5 | Basel | Schweiz | Basler Münster | Relief an den Miserikordien des Domherrengestühls | nach 1363 | 1997 entfernt und im Historischen Museum eingelagert. | Schwein, das zwei Männer mit Judenhüten säugt.[5] | ||
6 | Bayreuth | Deutschland | Stadtkirche | Sandsteinskulptur | teilweise zerstört | Wurde im November 2004 teilweise abgeschlagen – eine Plakette am Sockel weist auf die ehemalige Darstellung hin. Zustand vor November 2004 hier ersichtlich. | |||
7 | Brandenburg an der Havel | Deutschland | Dom St. Peter und Paul | Säulenkapitell im Kreuzgang | um 1230 | gut erhalten | |||
8 | Bützow | Deutschland | Stiftskirche | Relief am Säulenkapitell im Mittelschiff | um 1314 | erhalten | |||
9 | Cadolzburg | Deutschland | Cadolzburg | Sandsteinrelief am Burgtor | 1380–1480 | stark verwittert | Größte bekannte Judensau-Skulptur. | ||
10 | Calbe (Saale) | Deutschland | St.-Stephani-Kirche | Wasserspeier | 15. Jhdt., im 19. Jhdt. erneuert | 2019/2020 restauriert | derzeit verhüllt | ||
11 | Colmar | Frankreich | Martinsmünster | ein Wasserspeier und eine Figur beim Westportal | um 1350 | ||||
12 | Eberswalde | Deutschland | Maria-Magdalenen-Kirche | Säulenkapitell | |||||
13 | Erfurt | Deutschland | Erfurter Dom | spätgotisches Flachrelief, Schnitzarbeit an der linken Seitenwange des linken Chorgestühls | 14. Jhdt. | gut erhalten | Das Relief zeigt den Kampf zweier aufeinander zureitenden Personen: Von links kommt ein, auf einem Pferd sitzender und mit Schild und Lanze bewaffneter junger Mann; von rechts ein waffenloser Jude, der auf einer gesattelten und gezäumten Sau sitzt. | ||
14 | Frankfurt am Main | Deutschland | Alten Brückenturm, unweit der Frankfurter Judengasse | Wandgemälde | 1475 | zerstört | war bis zum Abriss des Brückenturms 1801 eine touristische Attraktion Frankfurts[6] | ||
15 | Gniezno | Polen | Erzkathedrale von Gniezno, St. Andreas Kapelle | Kapitell mit Relief, Portal rechte Seite | um 1350 | ||||
16 | Goslar | Deutschland | aus unbekanntem Gebäude | Fragment einer Säule aus Sandstein | 1150 bis 1250 | gut erhalten | Ein Jude, erkennbar an dem Kegelhut, sticht dem Schwein in die Schnauze, der andere versucht es zu melken. | ||
17 | Heilbad Heiligenstadt | Deutschland | Annenkapelle | Fragment eines Wasserspeiers an der Nordecke | um 1300 | stark verwittert | gebrochen, bzw. nicht erkennbar | ||
18 | Heilsbronn | Deutschland | Kloster Heilsbronn | Skulptur an einer Säule im „Mortuarium“ als Sockel für Heiligenfigur | 15. Jhdt. | ||||
19 | Kelheim | Deutschland | an der Stadtapotheke | Figur | 1519 | zerstört | wurde 1945 nach Ende des Zweiten Weltkriegs entfernt, wahrscheinlich auf Weisung eines Offiziers der US-Armee. | ||
20a | Köln | Deutschland | Kölner Dom | Seitenwange des Chorgestühls, Holz | um 1310 | gut erhalten | Im Bild der linke abgebildete Vierpass, der rechte nimmt auf die Ritualmordlegende Bezug. Siehe auch: Judensau am Chorgestühl des Kölner Domes | ||
20b | Köln | Deutschland | Kölner Dom | Wasserspeier am Südostchor[7] | um 1280[8] | restauriert und gesichert | |||
21 | Lemgo | Deutschland | St. Marien, westliches Atrium | Sandsteinskulptur | um 1310 | erhalten | Kniender Jude mit Spitzhut hält bzw. umarmt ein Schwein. | ||
22 | Lutherstadt Wittenberg | Deutschland | Stadtkirche, über der Südostecke der Chorfassade | Sandsteinrelief mit Putzinschrift | um 1290 | ~1989/90 restauriert | [9] | ||
23 | Magdeburg | Deutschland | Magdeburger Dom, Ernst-Kapelle | Sandsteinfries mit Farbspuren | um 1270 oder 1493 | gut erhalten | Ein Jude mit Spitzhut kniet unter einer Sau und saugt an einer ihrer Zitzen. Zwei Ferkel befinden sich rechts davon. Links ist ein bärtiger Jude dem Hinterteil der Sau zugewandt (seine abgebrochene rechte Hand hat womöglich ursprünglich die Sau berührt). Um die Ecke herum ist eine Szene mit einer Eiche und zwei Personen zu sehen: eine der Sau zugewandte Frau, die eine Schüssel mit Eicheln hält und ein Jude mit Schriftrolle.[10] | ||
24 | Metz | Frankreich | Kathedrale von Metz, Karmel-Kapelle | Sandsteinrelief | um 1300–1330 | ||||
25 | Nordhausen | Deutschland | Nordhäuser Dom | geschnitztes Chorgestühl | um 1380 | erhalten | |||
26 | Nürnberg | Deutschland | St. Sebald, Südostchor | Sandsteinskulptur als Konsole | um 1380 | gut erhalten, restauriert | Dargestellt sind zwei Juden, die an den Zitzen einer Sau hängen (beim linken ist ein Judenhut erkennbar). Ein dritter füttert links die Sau, während ein vierter ihre Exkremente in einem Topf auffängt.[11] Die Konsole war ursprünglich dazu bestimmt, eine Heiligenfigur zu tragen und befindet sich heute in etwa sieben Metern Höhe hinter einem Drahtnetz, das vor einer Verunreinigung durch Tauben schützt.[12] | ||
27 | Regensburg | Deutschland | Regensburger Dom | Steinskulptur, Wandpfeiler außen am Südeingang | 14. Jhdt. | „Judensau“ am Regensburger Dom wird neu beschriftet | |||
28 | Pirna | Deutschland | Marienkirche | Steinskulptur, am Fuß der Kanzel | 1546 | gut erhalten | Die dargestellte Person ist durch ihren typischen Hut als Jude identifizierbar, ihr Gesicht ist das eines Schweins, sie ist im Begriff, einen Geldbeutel unter dem Mantel zu verstecken. | ||
29 | Salzburg | Österreich | Rathausturm | Steinskulptur | um 1487 | zerstört | vom Bildhauer Hans Valkenauer im Auftrag des Stadtrats geschaffen. Sie wurde um 1800 entfernt.[13] | ||
30 | Spalt | Deutschland | Haus Stiftsgasse 10 (früher Herrngasse 146) | Sandsteinrelief | 15. Jhdt. | stark verwittert | An einem Privatgebäude (ursprünglich Bibliothek des Spalter Chorherrenstifts) angebracht. Wurde bei einer Hausrenovierung 1969 verputzt, konnte aber rechtzeitig wieder freigelegt werden.[14] Dargestellt ist ein Jude mit einem Spitzhut, der unter einer Sau liegt und an einer ihrer Zitzen saugt, während er mit einem Arm ein Vorderbein der Sau hochdrückt. | ||
31 | Theilenberg | Deutschland | St.-Wenzeslaus-Kirche, Ostseite des Turms | Sandsteinrelief | 14. Jhdt. | verwittert | |||
32 | Uppsala | Schweden | Dom zu Uppsala, Chor | Säulenkapitell, dreiseitiges Relief | um 1350 | ||||
33 | Wiener Neustadt | Österreich | ehemals am Haus Hauptplatz Nr. 16, heute im Stadtmuseum |
Sandsteinrelief | 15. Jhdt. | gut erhalten | |||
34 | Xanten | Deutschland | Xantener Dom, Nordseite vor dem Hochchor | Steinskulptur als Sockel einer Marienfigur; Figur mit Judenhut, Sau beißt in den Hut[15] | erhalten | ||||
35 | Zerbst/Anhalt | Deutschland | St. Nikolai (Ruine), am Strebepfeiler an der Nordostseite des Chores | Steinrelief | 1446–1448 | gut erhalten | |||
36 | Zerbst/Anhalt | Deutschland | Wohnhaus Markt 16 | geschnitzter gotischer Balken | erhalten | heute im Stadtmuseum |
Herkunft
Indem JHWH den Menschen nach Gen 1,26 zu seinem Ebenbild beruft, ordnet er ihn den Mitgeschöpfen über. Tiere und Pflanzen sollen dem Menschen zugutekommen, er soll alles Leben bewahren (Gen 2,15 ), aber nichts Geschaffenes mit Gott verwechseln (Ex 20,4 f. ). Die Tora verbietet Intimität zwischen Mensch und Tier (Zoophilie) als besonders schwere Perversion und bedroht sie mit der Todesstrafe (Ex 22,18 ). Sie unterscheidet reine und unreine Tierarten und verbietet das Opfern und den Verzehr der letzteren, darunter des Schweins (Lev 11,7 ; Dtn 14,8).[16] In Jes 65,4 werden Schweine als Opfertiere abgelehnt, weil sie in nichtjüdischen Opferkulten verwendet wurden. Darum wurde das Schwein im jüdischen Priestertum zum Symbol unerlaubter Opfer.[17] Dieses biblische Verbot nahm der Seleukidenherrscher Antiochos IV. (175–164 v. Chr.) zum Anlass einer Verfolgung der jüdischen Religion: Er befahl den Juden in seinem Herrschaftsbereich, Schweine zu opfern (1 Makk 1,47 ). Er soll Juden auch zum Essen von Schweinefleisch zu zwingen versucht haben (2 Makk 6,18–31 ). Seit dieser Zeit gehörte der völlige Verzicht auf Schweinefleisch zum unbedingten Bekenntnis eines gläubigen Juden.[18] Darauf beruhen die im Talmud ausgeführten jüdischen Speisegesetze, wonach Schweinefleisch und Schweinemilch zur nicht koscheren Nahrung gehören.[19]
Die Ablehnung des Schweins als Differenzmerkmal von Juden gegenüber Nichtjuden zeigt sich auch im Neuen Testament. Jesus von Nazaret lässt nach Mk 5,1–20 einen vielköpfigen Dämon namens Legion, der einen Menschen im nichtjüdischen Ort Gerasa beherrscht, in eine Schweineherde fahren, worauf diese sich ins Meer stürzt und ertrinkt. Der Dämon wird als Anspielung auf die römische Fremdherrschaft verstanden, weil eine in Gerasa stationierte römische Legion das Schwein als Legionszeichen trug und viele Juden sich damals wünschten, die Römer ins Meer zu treiben.[20] In Mt 7,6 warnt Jesus seine Jünger: „Gebt das Heilige nicht den Hunden und werft eure Perlen nicht den Schweinen vor, denn sie könnten sie mit ihren Füßen zertreten und sich umwenden und euch zerreißen.“ Gemeint war wohl, die kostbaren Worte der Tora und der Botschaft vom Reich Gottes nicht an nichtjüdische, kultisch unreine Verfolger von Juden und Urchristen zu verschwenden.[21] In 2 Petr 2,22 heißt es von denen, die sich vom christlichen Glauben abwandten: „Es ist ihnen widerfahren das Sprichwort: Der Hund frisst wieder, was er gespien hat; die Sau wälzt sich nach der Notdurft wieder im Kot.“ Damit wurde die Rückkehr von Judenchristen zum Judentum als unreines Verhalten dargestellt.
Schon einige Kirchenväter beschimpften Juden und Häretiker als solche als „Schweine“. Johannes Chrysostomos übertrug diese Herabsetzung in seinen acht Sermonen 388 auf den jüdischen Gottesdienst in der Synagoge.[22] Mit der Übernahme hellenistischer Tugend- und Lasterkataloge bildete die christliche Theologie seit dem 5. Jahrhundert die Reihe der „Sieben Todsünden“ heraus: Die letzten beiden, Völlerei (lateinisch gula) und Wollust (luxuria), wurden in bildlichen Darstellungen oft mit einem Schwein symbolisiert. Es verkörpert die Unreinen und die Sünder, deren Bauch mit Schweinereien angefüllt ist, deren verdaute Exkremente sie ihren Nachkommen hinterließen (Ps 17,14 ). Diese allgemein menschlichen Verfehlungen wurden bis zum 9. Jahrhundert noch nicht mit dem Judentum identifiziert, sondern nur verglichen. Rabanus Maurus stellte in seiner Enzyklopädie De universo (847) Juden Schweinen an die Seite, da beide in gleicher Weise ihre gottlose, sündhafte Unmäßigkeit und Unkeuschheit „vererbten“. Er bezog sich dabei auf die „Selbstverfluchung“ in Mt 27,25 : Sein Blut komme über uns und unsere Kinder! Hier waren Juden wie Schweine noch eine Allegorie für die beiden Laster, vor deren Weitergabe der einfache Christ mit drastischen Bildern gewarnt wurde. Ebenso verkörperten Mönche und Affen die inconstantia (Untreue, Unbeständigkeit).[23]
Im frühen 13. Jahrhundert wurde die theologische „Verwerfung“ des Judentums sozialpolitisch zementiert: Auf dem 4. Laterankonzil 1215 wurde eine diskriminierende Kleiderordnung für Juden und ihr Ausschluss aus weltlichen Ämtern angeordnet. Damit wurde die spätere europaweite Ghettoisierung der mittelalterlichen Judengemeinden eingeleitet. Skulpturen an Kirchen des Hochmittelalters symbolisierten den Aufstieg des Christentums zur herrschenden Weltanschauung, indem sie allegorisch die siegreiche Ecclesia der unterlegenen Synagoge gegenüberstellten (→ Ecclesia und Synagoge). Am Straßburger Münster zum Beispiel wurde letztere noch als formvollendete, edle und auch in der Trauer über ihre Niederlage hoheitsvolle Frauenfigur dargestellt (entstanden um 1230). Ihre verbundenen Augen symbolisieren die Blindheit des Unglaubens, ohne die Juden damit zu verspotten.
Bedeutungswandel
Die älteste bekannte Judensauskulptur ist die um 1230 entstandene Figur an einem Säulenkapitell im Domkreuzgang von Brandenburg. Sie zeigt ein Mischwesen aus Jude und Schwein und deutete damit eine Wesensgleichheit beider an. Diese Version wurde später nicht mehr aufgegriffen. Isaiah Shachar datiert in seiner für die Forschung maßgeblichen Monografie auch die Judensauskulpturen in Bad Wimpfen, Eberswalde, Lemgo, Magdeburg und Xanten in das 13. Jahrhundert. Diese frühen Beispiele sollten ihm zufolge noch nicht das Judentum als solches verhöhnen, sondern Juden als moralische Exempelfiguren für alle Sünder darstellen.[24]
In das 14. Jahrhundert datiert Shachar die Motive in Colmar, Gnesen, Heiligenstadt, im Kölner Dom, in Metz, Nordhausen, Regensburg und Uppsala. Er bestritt die Herkunft dieser Skulpturen aus dem Motiv der Kapitolinischen Wölfin, die Romulus und Remus säugt.[25] Der Historiker Rudolf Reiser interpretierte die Regensburger Skulptur jedoch 2013 wegen ihres langen Schwanzes als säugende Wölfin, nicht als „Judensau“.[26]
Am Chorgestühl des Erfurter Doms wird der Konflikt der Religionen als Turnier dargestellt. Während die Kirche auf einem Pferd reitet, sitzt die Synagoge auf einem Schwein. Eine Miserikordie im flämischen Aarschot wandelt das Motiv ab: Dort reitet ein Jude auf einem Ziegenbock. Dieser war auch Symbol des Teufels, so dass das Motiv nun bereits über den bloßen satirischen Spott hinausging. Damals wurde das Judentum zunehmend als verdorbene, schmutzige und lächerliche Religion abgewertet. So wurden in Spanien gerade durch Zwangstaufen zum Christentum konvertierte Juden seit etwa 1380 als Marranos (Schweine) beschimpft, da man ihnen keine innere Abkehr vom Judentum abnahm und dies auf eine unveränderliche jüdische Wesensart zurückführte. Mit dem frührassistischen Kriterium der Blutsreinheit (limpieza de sangre) versuchten spanische Christen getaufte Juden vom gesellschaftlichen Aufstieg auszuschließen. Im 15. Jahrhundert kam es zu landesweiten Pogromen und Vertreibungen der spanischen Juden und Judenchristen.[27] In Spanien wurden jedoch keine Judensauskulpturen nachgewiesen.
Die mitteleuropäischen Judensauskulpturen werden als früheste Form einer judenfeindlichen Karikatur interpretiert, die drei sozialpsychologische Hauptfunktionen erfüllte: 1. die Juden dem Spott der Allgemeinheit preiszugeben, indem auf ihre angeblich typischen Verhaltensweisen laut der antijudaistischen Vorurteile der Betrachter hingedeutet wurde; 2. diese Vorurteile zu verfestigen und zur Abgrenzung von Juden, indirekt so auch zum Handeln gegen sie zu ermuntern; 3. die Juden in ihrem religiösen Selbstverständnis anzugreifen und zu verletzen.[28] Als grobe Spottbilder verbinden sie die Darstellung einer Intimität zwischen Mensch und Tier häufig mit Ausscheidungs- und Verdauungsprozessen.[29] Dies zielte auf eine möglichst wirksame Diffamierung der Dargestellten durch extreme, symbolisch verkürzte Zuspitzung auf das „Typische“. Die Obszönität der Bilder soll beim Betrachter Ekel, Schamgefühl, Hass und Verachtung hervorrufen.[30] Dies sollte gläubige Juden in besonders quälender Form öffentlich verunglimpfen, demütigen und aus der menschlichen Gemeinschaft ausgrenzen. Dem Betrachter des Judensaumotivs wurde suggeriert, dass Juden besonders sündige, abstoßende, verkehrte und ausschweifende Dinge tun und mit Schweinen artverwandt seien. Das sprach ihnen ihre Menschenwürde ab, auf die es in ihrer Religion gerade ankommt. Zugleich zementierte das Motiv eine gesellschaftliche Distanz zur jüdischen Minderheit. Darum sehen Historiker darin einen Vorläufer des späteren Rasse-Antisemitismus.[31]
An nichtkirchlichen Bauten angebrachte Judensaubilder werden überwiegend in das 15. Jahrhundert datiert. Sie zeigen, dass sich der Adressatenkreis der Betrachter über den kirchlichen Rahmen hinaus in das Bürgertum verbreitet hatte und Juden nun gesamtgesellschaftlich verachtet wurden. Besonders provokant gestaltet war das um 1475 entstandene Wandbild der Frankfurter Judensau. Es zeigte einen Rabbiner, der verkehrt herum auf einer Sau reitet, einen jungen Juden unter dem Bauch an den Zitzen, einen weiteren am After oder der Vulva saugend; hinter der Sau stehend den Teufel selbst und eine auf einem Ziegenbock, einem Teufelssymbol, reitende Jüdin. Zudem war darüber der verstümmelte Leichnam des Simon von Trient zu sehen, der angeblich einem Ritualmord von Juden zum Opfer gefallen war. Die Bildunterschrift lautete: „Saug du die Milch, friß du den Dreck, Das ist doch euer best Geschleck.“ Dies sollte unterstreichen, dass Juden abartige Wesen seien, die den Tieren und dem Teufel näher stünden als dem Menschen.[32] Die Verknüpfung des Judensaumotivs mit einer antijudaistischen Ritualmordlegende sollte eine Pogromstimmung schüren.[33]
Um 1290 entstand im und am Chor der Wittenberger Stadtkirche ein apotropäischer Bildzyklus, der die Abwehr von Dämonen und Sünden zum Thema hat. Teil davon war das Relief von als Juden kenntlichen Figuren und einer Sau. Es stand ursprünglich für die Sünde des Irrglaubens und der Blasphemie, als Warnung der Gemeindemitglieder vor einer Konversion zum Judentum, die nach damaligem Glauben ewige Verdammnis nach sich zog.[34] Seit 1517 war die Stadtkirche der Predigtort Martin Luthers und Ursprung der Reformation. Seine antijudaistische Schmähschrift von 1543 mit dem Titel Vom Schem Hamphoras und vom Geschlecht Christi deutete das Motiv wie folgt: „Hinter der Saw stehet ein Rabin, der hebt der Saw das rechte Bein empor, und mit seiner lincken hand zeucht er den pirtzel uber sich, bückt und kuckt mit grossem vleis der Saw unter dem pirtzel in den Thalmud hinein, als wolt er etwas scharffes und sonderlichs lesen und ersehen.“[35] Damit bezog Luther das Judensaurelief auf den Talmud und verhöhnte die biblische Exegese der Rabbiner und den jüdischen Glauben insgesamt als schmutzige Lächerlichkeit. So schloss er jeden denkbaren theologischen Dialog mit Juden und die Anerkennung ihrer eigenständigen Religion aus. Luthers rhetorisch offensive Aufnahme des Judensaumotivs ging in die reformatorische Beispiel- und Historienliteratur ein.[36]
1570 wurde die Skulptur an die Südfassade der Stadtkirche versetzt und mit der Überschrift Rabini Schem HaMphoras (hebräisch „der unverstellte Name“) ergänzt. Das brachte die Skulptur wie Luthers gleichnamige antijüdische Schmähschrift mit dem biblischen Gottesnamen JHWH in Verbindung.[37] Diese Verbindung des unaussprechlichen Gottesnamens mit einem laut der Tora unreinen Tier bedeutet für gläubige Juden eine ungeheure Blasphemie. In der frühen Neuzeit hatte sich der ursprünglich religiöse Gegensatz von Kirche und Synagoge also zu einer totalen, alle Lebensbereiche umfassenden Verachtung des Judentums verdichtet.[38]
Neuzeitliche Rezeption
Das Fastnachtsspiel von Hans Folz Ein spil von dem herzogen von Burgland (Werktitel: Der Juden Messias) aus dem 15. Jahrhundert zeigt, dass das Judensaumotiv sich auch in der deutschsprachigen Literatur verbreitet hatte. In diesem Bühnenstück wird der jüdische Messias szenisch als Antichrist entlarvt und am Schluss als Strafe für die Juden vorgeschlagen:[39]
„Ich sprich, das man vor allen ding
Die allergrost schweinsmuter pring,
Darunter sie sich schmiegen all
Saug ieder tutten mit schall;
Der Messias lig unter dem schwanz!“
Die Szene bildet den dramatischen Höhepunkt des Spiels und gilt wegen ihrer Tabubrüche und Drastik als „eine der weitestgehenden antijüdischen Darstellungen in der volkssprachlichen Literatur des deutschen Mittelalters“.[40]
Seit der Erfindung der Druckpresse (≈ 1440) finden sich Spottbilder mit dem Judensaumotiv vermehrt in Büchern, Flugschriften und „Judenspottmedaillen“, besonders in der Reformationszeit (16. Jahrhundert). Die assoziative Verbindung von Juden, Sau und Teufel wurde nun auch auf ihre körperlichen Eigenschaften übertragen, indem Bilder sie mit Schweinsohren, Bocksfüßen und Hörnern karikierten. Ein antijüdisches Pamphlet von 1571 etwa zeigt auf dem Deckblatt Judenfiguren mit dem Gelben Fleck, die mit Teufelskrallen, Klauen- und Krähenfüßen sowie Schweinsgesichtern mit Hörnern und Geweihen ausgestattet sind. Eine davon, ein Gaukler mit Dudelsack, reitet auf einer Sau, die ihre Exkremente frisst.[41]
Im 17. und 18. Jahrhundert wurden die besonders populären Judensaudarstellungen von Wittenberg und Frankfurt am Main oft für antijüdische Zwecke in Büchern abgebildet, etwa mit Holzschnitten und Kupferstichen verschiedener Varianten, im 19. Jahrhundert auch als besonders gedruckte Grafiken. Dabei hat der Teufel meist eine als jüdisch angesehene Physiognomie und trägt auch den Gelben Ring. Johann Jacob Schudt beschrieb das Frankfurter Judensaubild 1714 in einem seiner antisemitischen Pamphlete: „…unter diesem Schwein liegt ein junger Jud / der die Zitzen saugt / hinter der Sau liegt ein alter Jud auf den Knien / und läst die Sau den Urin und anders aus dem Affter ihm ins Maul laufen.“ Achim von Arnim beschrieb dasselbe Bild in seiner Tischrede über die Kennzeichen des Judenthums (1811) so: „Auf einem Mutterschwein, das einen jungen Juden säugt, sitzt rücklings ein Rabbiner… ein anderer Jude horcht darunter hinein nach Prophezeiung, während die Jüdin sich an den Hörnern des Sündenbocks hält und von ihm zum Teufel geführt wird“. Arnim behauptete, die besten Maler Frankfurts hätten das Bild „durch zwey Jahrhunderte… immer neu aufgefrischt“, weil es „so allgemeynen Beifall“ gefunden habe. Er schlug vor, das Bild zur „Belustigung der Zwischenakte“ auf die Vorhänge des Berliner Schauspielhauses zu übertragen, um so jüdische Käufer der besten Logen dort zu demütigen. Johann Wolfgang von Goethe erwähnte jenes „große Spott- und Schandgemälde“ in seiner Autobiographie Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit (1808–1838).[42]
Das antisemitische Motiv
Typenkarikaturen und Beschimpfungen seit 1800
Die medial breit ausgefächerte Fortsetzung der antijüdischen Propaganda im 19. Jahrhundert setzte eine etablierte, durch die genannten Bildzeugnisse verfestigte Assoziation von Juden mit Schweinen voraus. Seit wann „Judensau“ auch als Schimpfwort gebraucht wurde, ist ungewiss. 1833 findet sich ein Beispiel in der Zeitschrift Die Bayer'sche Landboetin, 1836 in Der Katholik.[43]
Das Schimpfwort „Saujude“ erscheint in antisemitischen Hetzartikeln prominenter christlicher Theologen in Wiener Zeitungen, die rhetorisch schon eine „Endlösung der Judenfrage“ forderten und Juden der revolutionären Erhebungen 1848 beschuldigten. Das Schimpfwort wurde im Kontext von Pogromaufrufen in Druckwerken ab den 1860er Jahren verstärkt verbreitet.[44] Das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm (Band 4, Buchstabe H-I-J, Leipzig 1877; Band 8, Buchstabe R-Schiefe, Leipzig 1893) enthält jedoch weder das Stichwort „Judensau“ noch „Saujude“.
Während der gesetzlichen Judenemanzipation (1870–1890) im Deutschen Kaiserreich nahm die Tradition antisemitischer Karikaturen einen Aufschwung.[45] Damalige politische Karikaturen verspotteten die Herrschenden, um über Machtverhältnisse aufzuklären und eine subversive Distanz in der Bevölkerung zu fördern. Dagegen richteten sich antisemitische Karikaturen gegen eine unterlegene Minderheit, die dem Betrachter als verabscheuungswürdig ausgeliefert und als Sündenbock angeboten wurde, etwa für die Wirtschaftskrise 1877.[46] Damit wurden aktuelle Ereignisse aufgegriffen und in Form einer „personalen Typenkarikatur“ auf eine angeblich typische, dauerhafte Charaktereigenschaft aller Juden zugespitzt, die auf Ursachen in der jüdischen Kultur, Religion und einer angeblichen „Rasse“ verweisen sollte.[47]
Seit der Gründung der Weimarer Republik 1919 infolge der Novemberrevolution von 1918 beschimpften deutsche Rechtsradikale demokratische Politiker öffentlich als „Novemberverbrecher“ und als „Judensau“. So hetzte ein deutschnationales Stammtischlied von etwa 1920 gegen den damaligen Außenminister:[48]
„Knallen die Gewehre – tak, tak, tak
Aufs schwarze und aufs rote Pack.
Auch Rathenau, der Walther,
Erreicht kein hohes Alter,
Knallt ab den Walther Rathenau,
Die gottverdammte Judensau!“
1922 wurde Rathenau gemäß dieser Aufforderung auf offener Straße erschossen.[49]
Nationalsozialismus
Die Nationalsozialisten aktivierten seit 1919 die mittelalterlichen antijudaistischen Stereotypen, die das „Judensau“-Motiv mit Ritualmordlegenden, Motiven von Juden als „Blutsaugern“ und dem „Satan“ verbunden hatten, gezielt für ihre Propaganda. Das 1923 gegründete NSDAP-Hetzblatt Der Stürmer übernahm und steigerte die Tradition antisemitischer Karikaturen zu Zerrbildern von Juden mit schiefen Zähnen, Tierklauen, triefenden Mundwinkeln und gierigem Blick, die Scharen junger blonder Mädchen verführten und „vergifteten“: Das verband religiöse mit pornografischen und rassistischen Motiven und bezog sie auf die „Rassenschande“ und das „Aussaugen“ der „arischen Rasse“.[50] Oft verwendete der „Stürmer“ in Titeln und Karikaturen das Bild vom „Judensaustall“, den es auszumisten gelte.[51] In einer Karikatur des Stürmers vom April 1934 symbolisiert das Judensaumotiv die angebliche Medienmacht der Juden. Die mit einer Mistgabel durchbohrte Sau trägt die Aufschrift „Juden-Literatur-Verlage“, die Bildunterzeile lautet: Wenn die Sau tot ist müssen auch die Ferkel verderben. Als am Tropf der Verlage hängende „Ferkel“ sind Albert Einstein, Magnus Hirschfeld, Alfred Kerr, Thomas Mann, Erich Maria Remarque und andere dargestellt.[52]
Diese Hetzpropaganda bereitete die Judenverfolgung der NS-Zeit vor, die mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 einsetzte und vom „Judenboykott“ (1. April 1933) an ständig gesteigert wurde. Seit den „Gesetzen zum Schutz des deutschen Blutes“ von 1935 waren Sexualkontakte zwischen jüdischen und nichtjüdischen Deutschen streng untersagt und für den männlichen Partner mit Haftstrafe bedroht. Nichtjüdische Frauen, die solcher „Rassenschande“ beschuldigt wurden, wurden öffentlich als „Judenhure“ gedemütigt, etwa indem man ihnen Schilder mit der Aufschrift um den Hals hängte: „Ich bin am Ort das größte Schwein und lass mich nur mit Juden ein.“[53] Überlebende Insassen nationalsozialistischer Konzentrationslager berichten von sadistischen Ritualen mancher Aufseher der SS: Sie zwangen jüdische Häftlinge etwa dazu, sich zu entkleiden und von einem Baum herab zu rufen: „Ich bin eine dreckige Judensau!“[54] Der Nichtjude Carl von Ossietzky wurde wochenlang von SA-Leuten im KZ Sonnenburg als „Judensau“ und „Saujude“ beschimpft und gequält, bevor man ihn ermordete.[55]
Karena Niehoff, eine „Halbjüdin“, war 1950 Hauptzeugin im Prozess gegen Veit Harlan, den Regisseur des NS-Propagandafilms Jud Süß von 1940. Sie belastete ihn mit der Aussage, er habe den Drehbuchentwurf eigenhändig antisemitisch verschärft. Sie wurde darauf vom Publikum als „Judensau“ beschimpft und bedroht, so dass sie Polizeischutz brauchte und die Öffentlichkeit fortan vom Prozess ausgeschlossen wurde. Die Drohungen gegen sie, weitere Prozessumstände und der Freispruch für Harlan wurden in den Medien weltweit beachtet und vielfach als Zeichen mangelnder Vergangenheitsbewältigung in der Nachkriegszeit in Deutschland bewertet, so dass Bundeskanzler Konrad Adenauer den Vorfall öffentlich bedauerte.[56]
Gegenwart
Skulpturen
Der Umgang mit historischen Judensaudarstellungen ist umstritten. Denkmalpfleger und Historiker wollen auch außerordentlich anstößige Motive als Zeitzeugnisse in ihrem damaligen architektonischen Kontext dokumentieren.[57] Kritiker wollen diese Bilder entfernen lassen, weil sie mangelnde Sensibilität gegenüber den Gefühlen heutiger Juden und mangelnde Abkehr vom Antisemitismus darin sehen.
1988 entwarf der Bildhauer Wieland Schmiedel aus Crivitz (Mecklenburg) im Auftrag des Gemeindekirchenrats der Wittenberger Stadtkirche eine Gedenkplatte, die unterhalb des Judensaureliefs in den Boden eingelassen wurde. Sie verweist auf den Holocaust als historische Folge dieses Judenhasses. Ihre Trittplatten sollen etwas verdecken, das jedoch aus allen Fugen hervorquillt. Die Texteinfassung zitiert in hebräischer Sprache den Psalmvers Ps 130,1 („Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir“) und den Berliner Schriftsteller Jürgen Rennert: „Gottes eigentlicher Name, der geschmähte Schem Ha Mphoras, den die Juden vor den Christen fast unsagbar heilig hielten, starb in sechs Millionen Juden unter einem Kreuzeszeichen.“[58] Am 24. April 1990 machte sich die Synode der Evangelischen Kirche von Berlin-Brandenburg diese Initiative zu eigen und empfahl: „Sofern die Kunstwerke an ihrer Stelle verbleiben, sollte der Betrachter durch Hinweise […] auf Schuld und Betroffenheit der Kirche aufmerksam gemacht und zu neuer Sicht angeleitet werden.“[59]
Einige Kritiker finden die noch vorhandenen Darstellungen unerträglich und fordern ihre Entfernung oder aber deutliche Distanzierung in Begleittexten. So thematisierte der Aktionskünstler Wolfram P. Kastner die Judensau am Chorgestühl des Kölner Domes bei einer Protestaktion 2002 als „Modellfall für die Produktion von Gewaltbildern in unseren Köpfen“.[60] Seinen Vorschlag, mit einer distanzierenden Tafel „auf das ehrverletzende antijüdische Hohnbild“ hinzuweisen, wies die Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner zurück: Das wertvolle Kunstwerk sei ohnehin für Besucher unsichtbar; auch anderswo im Dom wolle man nicht darauf hinweisen.[61] Im Domkatalog ordnet ein Kunsthistoriker die Judensaufigur im Chorgestühl als Zeugnis für mittelalterlichen Antijudaismus ein, „obwohl die Juden unter dem Schutz des Erzbischofs standen“.[62]
Im Regensburger Dom stellten die Verantwortlichen am 30. März 2005 eine Hinweistafel vor: „Die Skulptur als steinernes Zeugnis einer vergangenen Epoche muss im Zusammenhang mit ihrer Zeit gesehen werden. Sie ist in ihrem antijüdischen Aussagegehalt für den heutigen Betrachter befremdlich.“[63] Der Text war ein Kompromiss zwischen dem Bistum Regensburg, dem Kultusministerium und dem Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern. Einen Gegenentwurf Wolfram Kastners vom 11. Mai 2005, der die christliche Mitschuld benannte, entfernten Gemeindevertreter innerhalb weniger Stunden wieder von der Kirchenwand.[64] Im Januar 2022 verfasste die Historikerin Eva Haverkamp-Rott von der Ludwig-Maximilians-Universität München einen neuen Textkommentar: „Judensau“-Darstellungen seien „zu Stein gewordener Antisemitismus“. Das Motiv finde sich ab dem 13. Jahrhundert fast nur im deutschen Sprachraum. Es habe „Ekel und Verachtung gegenüber Jüdinnen und Juden“ hervorrufen sollen und sie „zu Feinden des Christentums“ erklärt. Dazu sei es in Regensburg im 14. Jahrhundert „gegenüber dem jüdischen Wohnviertel angebracht“ worden. „Ausgrenzung, Verfolgung bis hin zum Mord waren die Folge.“ Heute solle diese Skulptur alle Menschen mahnen, „gegen jede Form von Propaganda, Hass, Ausgrenzung und Antisemitismus vorzugehen“. Ilse Danziger für die jüdische Gemeinde, der Antisemitismusbeauftragte Bayerns Ludwig Spaenle und Vertreter der katholischen Kirche einigten sich auf diesen Text und stellten ihn vor. Sie lehnten eine Entfernung der Skulptur einvernehmlich ab, weil (so Danziger) es beim aktuellen Antisemitismus wichtig sei, „auf jede Art von Judenfeindlichkeit und Hass hinzuweisen“ und (so Spaenle) Judensauskulpturen an Gebäuden „zugleich Erinnerungsorte für dramatische Vorstellungen vergangener Zeiten“ seien. Der Text solle „als Grundlage für ein mögliches Vorgehen an anderen historischen Orten“ dienen, wo judenfeindliche Darstellungen zu sehen sind.[65]
In Bayreuth forderte der Pfarrer Klaus Rettig seit 2000 die Entfernung der Judensauskulptur. Der Kirchenvorstand der Bayreuther Stadtkirche wollte die kaum noch erkennbare Darstellung dagegen an ihrem Ort belassen und beschloss Ende Oktober 2004, eine Gedenktafel darunter anzubringen. Eine Woche danach zerschlugen Unbekannte die Skulptur.[66] Die Gedenktafel wurde 2005 angebracht und trägt die Inschrift: „Unkenntlich geworden ist das steinerne Zeugnis des Judenhasses an diesem Pfeiler. Für immer vergangen sei alle Feindseligkeit gegen das Judentum.“[67]
In Nürnberg verabschiedete der Kirchenvorstand von St. Sebald am 15. September 2005, dem 70. Jahrestag der Nürnberger Gesetze, eine Erklärung mit dem Wortlaut: „Das ‚Judensau‘-Schmähbild aus dem Spätmittelalter drückt den Judenhass aus, der die Schoa vorbereitet hat. Im selben Ungeist sind jüdische Bürger Nürnbergs bis ins 20. Jahrhundert verachtet und verteufelt, vertrieben und vernichtet worden. Voller Scham verbeugen wir uns vor den Millionen Opfern des Judenhasses. Wir bitten sie und unseren gemeinsamen Gott um Vergebung.“[68]
Seit Herbst 2016 fordert der Londoner Theologe Richard Harvey im Internet die Abnahme der Wittenberger Judensauskulptur zum Reformationsjubiläum 2017. Seine Petition fand rasch 5000 Unterstützer. Der Zentralrat der Juden in Deutschland befürwortete die Abnahme und hielt die erläuternde Tafel für unzureichend. Die evangelische Landesbischöfin Ilse Junkermann lehnte die Abnahme ab: Die Kirche müsse „diese Wunde unserer eigenen Geschichte offen halten“ und könne sie nicht selbst zurechtrücken. Die Skulptur müsse als „Erinnerungs- und Mahnzeichen“ stehenbleiben, um zu zeigen, dass die Kirche nichts beschönigen wolle, sondern die Kraft der Vergebung erhoffe. Die Bodenplatte unter dem Relief liefere die notwendige Einordnung.[69] Ab Mai 2017 demonstrierte ein ökumenisches „Bündnis zur Abnahme der ‚Judensau‘ im Reformationsjahr 2017“ jeden Mittwoch auf dem Wittenberger Marktplatz: Die Skulptur behindere Versöhnung, solle in ein Museum gebracht werden und dort zur Aufklärung dienen. Abgeordnete der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland veröffentlichten daraufhin eine Petition zum Erhalt der Skulptur.[70]
Aus Anlass des rechtsextremen Aufmarschs und Mordes in Charlottesville (11./12. August 2017) verwies Morten Freidel (FAZ) auf fehlende Hinweistafeln zu einigen Judensauskulpturen, unter anderem in Calbe, Eberswalde und Köln. Er nannte Argumente betroffener Juden für den Erhalt der Skulpturen. Danach plädiert Salomon Korn, Vizepräsident des Zentralrats der Juden, für „Aufklärung vor Beseitigung“. Die aktive Auseinandersetzung mit historischen antisemitischen Phänomenen und Personen sei wichtiger als deren bloße Entfernung aus dem öffentlichen Raum. Im Originalkontext an Kirchen könne man mehr darüber lernen als im künstlichen Kontext eines Museums. Nur in extremen Ausnahmefällen solle man die Skulpturen entfernen. Josef Schuster (Zentralratspräsident) wollte Kirchengemeinden vor die Wahl stellen, die Skulpturen zu entfernen oder eindeutige Schrifttafeln zur Erklärung anzubringen. Andere deutsche Juden wollten die Schmähskulpturen an Kirchen erhalten, um diese nicht aus ihrer Verantwortung für ihre Geschichte zu entlassen. Die Entfernung würde den genuinen, im Christentum angelegten Antijudaismus unsichtbar machen.[71]
Am 24. Mai 2019 wies das Landgericht Dessau die Klage von Michael Düllmann, eines Mitglieds der jüdischen Gemeinde Berlin, zur Entfernung der Wittenberger Judensau ab, weil das Relief Teil des historischen Baudenkmals der Stadtkirche und weder als Missachtung der Juden in Deutschland noch als Beleidigung des Klägers zu verstehen sei. Im Juni 2019 legte der Kläger dagegen Berufung am Oberlandesgericht Naumburg ein.[72] Die Präses der EKD-Synode Irmgard Schwaetzer und Landesbischof Friedrich Kramer schlugen im Mai 2019 vor, die Skulptur von der Kirchenfassade abzunehmen und in ein neues Denkmal vor der Kirche zu integrieren, das mit den jüdischen Institutionen zusammen gestaltet und von der Kirchengemeinde, der Kommune und dem Landkreis mitgetragen werden solle. Kramer argumentierte, die Skulptur bleibe auch mit der Kommentartafel eine Beleidigung. Schwaetzer sagte, die nachträglich hinzugefügte Inschrift drücke „reinen Judenhass“ aus, zu dem sich die evangelischen Christen „auch heute wieder verhalten“ müssten. Sie müssten „auch an die Gefühle denken, die unsere jüdischen Geschwister haben, wenn sie diesen historischen Ort sehen“.[37]
Das Oberlandesgericht Naumburg wies Düllmanns Berufungsklage am 4. Februar 2020 zurück, weil die Stadtkirchengemeinde das Relief in ein Gedenkensemble eingebunden und sich mit einer Informationstafel unmissverständlich von dem Antijudaismus der Skulptur und Luthers Schriften distanziert habe. Der Wunsch des Klägers, die Skulptur in ein Museum zu verlegen, widerspreche seinem Argument, auch eine kommentierte Beleidigung bleibe eine Beleidigung. Die Gefahr, die Plastik als Teil der christlichen Verkündigung misszuverstehen, bestehe durch das Gedenkensemble nicht mehr. Wegen der Bedeutung des Falles für den zivilrechtlichen Umgang mit der Herabwürdigung von Personengruppen ließ das Gericht jedoch eine Revisionsklage beim Bundesgerichtshof zu.[73] Der Kläger Michael Düllmann kündigte an, weiter juristisch gegen das Relief vorzugehen, „notfalls bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg“. Felix Klein, Antisemitismus-Beauftragter der Bundesregierung, forderte erneut, die Wittenberger Schmähplastik von der Stadtkirche zu entfernen und ins Museum zu bringen, wovon er sich später jedoch wieder distanzierte. Dagegen befürwortete der Antisemitismusbeauftragte in Sachsen-Anhalt Wolfgang Schneiß eine „behutsame Weiterentwicklung“ des Gedenkensembles, etwa eine künstlerische Intervention im Rahmen der für das Jahr 2021 geplanten bundesweiten Erinnerung an „1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ und eine außergerichtliche Einigung aller Streitparteien über diese Neugestaltung des Mahnmals. An der St.-Stephani-Kirche (Calbe) wurden 2019/2020 vierzehn historische Wasserspeier aus dem 19. Jahrhundert restauriert. Die „Judensau“-Skulptur darunter sollte nach Aussage des Pastors Jürgen Kohzt nicht wieder angebracht werden, da sie bis heute ständig „beleidigt“. Dahinter stehe die Auffassung, dass Juden unerwünscht seien.[74] Sie ist seitdem verhüllt.
In Bayern entschieden der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden, Vertreter der Kirchen und staatlicher Einrichtungen einstimmig bis zum 8. Dezember 2020, die rund 12 antijüdischen Plastiken an Kirchen hängen zu lassen. Sie sollen laut Bayerns Antisemitismusbeauftragtem Ludwig Spaenle aber „sichtbar und gut erkennbar“ vor Ort eingeordnet werden. Im Originalkontext der Gebäude ließen sich die Skulpturen eher erläutern und erfüllten eher ihre mahnende Funktion als bei einer Demontage.[75]
Beschimpfungen
Die Beschimpfungen „Judensau“, „Judenschwein“ oder „Saujude“ werden vor allem im Neonazismus bis heute verwendet. Sie gelten im bundesdeutschen Strafrecht als eindeutig strafbare Beleidigungen. Sie gehen über gewöhnlichen Fremdenhass hinaus, da sie Personen in antisemitischer Tradition gezielt als Angehörige einer minderwertigen Rasse darstellen, herabsetzen und bedrohen. Derartige antisemitische Beschimpfungen sind fester Bestandteil von Schändungen jüdischer Friedhöfe.[76] Seit 1990 haben solche Straftaten in Deutschland zugenommen. So wurde etwa das gemeinsame Grab von Bertolt Brecht und seiner Frau Helene Weigel, die jüdischer Herkunft war, kurz nach Öffnung der Berliner Mauer 1989 mit der Parole „Sau-Jude“ beschmiert. In der Nacht zum 20. April 1992, dem Jahrestag des „Führergeburtstags“, warfen Neonazis eine Schweinekopfhälfte in den Vorgarten der Erfurter Synagoge. Dies wiederholten ein Neonazi und drei Skinheads am 20. Juli 1992, nach dem Tod von Heinz Galinski, mit zwei Schweinekopfhälften. Auf dem beigefügten Zettel stand: „Dieses Schwein Galinski ist endlich tot. Noch mehr Juden müssen es sein.“[77]
Das Mahnmal für deportierte Juden in Berlin-Grunewald wurde im Oktober 1993 mit Schweineköpfen geschändet. Im selben Jahr beschimpfte ein Skinhead in Marl einen Obdachlosen als „Judensau“ und misshandelte ihn mit Schlägen und Tritten so schwer, dass er bewusstlos wurde und drei Monate später im Krankenhaus starb, ohne wieder zu sich gekommen zu sein. Der Täter wurde wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer 15-monatigen Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt.[78] 1997 rief die rechtsextreme Gruppe Blood and Honour in Altenburg, Thüringen, mit einer Todesliste zur Ermordung von sieben Personen auf und bezeichnete eine davon, den Oberbürgermeister, als „korrupte Judensau“.[79]
Im Oktober 1998, während der öffentlichen Debatte zwischen Martin Walser und Ignatz Bubis um die angebliche „Moralkeule Auschwitz“, trieben Neonazis ein Ferkel mit einem aufgemalten Davidstern und dem Namen von Ignatz Bubis über den Alexanderplatz in Berlin.[80] Meir Mendelssohn, der das Grab von Bubis in Israel mit schwarzer Farbe übergossen hatte, forderte am 22. November 1999 das Publikum bei einem von Christoph Schlingensief veranstalteten Theaterabend in der Volksbühne Berlin auf, „… das Wort Judensau zu sagen, ganz normal und ganz natürlich.“ Er wurde daraufhin wegen Volksverhetzung angezeigt.[81]
Im Juni 2006 beschimpfte der Schweizer Rechtsextremist Pascal Lüthard einen Restaurantgast, der eine von Neonazis provozierte Schlägerei schlichten wollte, als „Judensau“. Lüthard wurde daraufhin wegen Verletzung der Schweizer Rassismus-Strafnorm zu einer Geldstrafe verurteilt. Seinen Revisionsantrag, wonach er nur eine Einzelperson beschimpft habe, wies das Obergericht zurück: Ihm sei die jüdische Identität des Beschimpften bekannt gewesen, der gezielte Ausspruch habe daher über ein individuelles Unwerturteil hinaus eine Ethnie und Religionszugehörigkeit gewollt herabgesetzt.[82] Am 16. April 2010 wurde ein 17-jähriger gebürtiger Israeli, der Enkel eines Holocaustüberlebenden aus dem Warschauer Ghetto, in Laucha von einem rechtsextremen Mitschüler ohne Vorwarnung schwer körperlich misshandelt und dabei als „Judenschwein“ beschimpft. Die seit 2002 dort wohnhafte Familie überlegte, Deutschland wegen des Vorfalls wieder zu verlassen.[83]
Als jüdisch angesehene Fußballer und Schiedsrichter werden in Deutschland heute noch des Öfteren als „Judensau“ beschimpft.[84] So wurden etwa die Fußballer des TuS Makkabi Berlin während einer Partie im Oktober 2006 von rechtsradikalen Zuschauern zunehmend beschimpft und körperlich bedroht, bis sie gemeinsam den Platz verließen.[85] Alle dem Verband Makkabi Deutschland angeschlossenen deutschjüdischen Vereine vereinbarten daraufhin, Spiele bei solchen Vorfällen künftig abzubrechen und sie vor Sport- und Strafgerichte zu bringen.[86] Dies stieß eine bundesweite Debatte über Antisemitismus im deutschen Fußball an. Deutscher Fußball-Bund (DFB) und DFL Deutsche Fußball Liga richteten im Dezember 2006 eine gemeinsame Taskforce gegen Gewalt, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ein.[87] Der DFB nahm 2008 „Beleidigungen (§ 185 StGB) aus rassistischen bzw. fremdenfeindlichen Motiven“ als Grund für unbefristete Stadionverbote der Vereine in seine Richtlinien auf.[88]
Manche antisemitisch eingestellten Muslime beschimpfen Juden als „Affen und Schweine“. Sie berufen sich dazu auf drei Suren des Koran (2,65; 5,60; 7,166), nach denen Allah frevelnde Juden in Affen und/oder Schweine verwandelt haben soll.[89] Die Suren werden ähnlich wie prophetische Bibelstellen als zeitbedingte Vorwürfe an die Mehrheit der Juden gedeutet, nicht gottesfürchtig zu sein. 2003 haben islamische Theologen empfohlen, diese Stellen nicht mehr gegen heutige Juden zu verwenden.[90]
Literatur
Zu mittelalterlichen Darstellungen
- Jörg Bielig et al. (Hrsg.): Die „Wittenberger Sau“. Entstehung, Bedeutung und Wirkungsgeschichte des Reliefs der sogenannten „Judensau“ an der Stadtkirche Wittenberg. Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Halle 2020 (Rezension von Klaus Graf: Zur Wittenberger „Judensau“. Rezension auf archivalia.hypotheses.org, 25. September 2020)
- Birgit Wiedl: Laughing at the Beast. The Judensau. Anti-Jewish Propaganda and Humor from the Middle Ages to the Early Modern Period. In: Albrecht Classen (Hrsg.): Laughter in the Middle Ages and Early Modern Times. Epistemology of a Fundamental Human Behavior, its Meaning, and Consequences. De Gruyter, Berlin / New York 2010, ISBN 978-3-11-024547-9, S. 325–364 (PDF; 6,1 MB)
- Hermann Rusam: „Judensau“-Darstellungen in der plastischen Kunst Bayerns. Ein Zeugnis christlicher Judenfeindschaft. In: Evangelisch-Lutherischer Zentralverein für Begegnung von Christen und Juden (Hrsg.): Begegnungen. Zeitschrift für Kirche und Judentum 90, Sonderheft März 2007, ISSN 1612-4340 und ISSN 0083-5579.
- Heinz Schreckenberg: Die Juden in der Kunst Europas. Ein historischer Bildatlas. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2002, ISBN 3-525-63362-9, S. 343–349 („Das ‚Judensau‘-Motiv“).
- Petra Schöner: Judenbilder im deutschen Einblattdruck der Renaissance. Ein Beitrag zur Imagologie. Valentin Koerner, Baden-Baden 2002, ISBN 3-87320-442-8, S. 189–208 (Rezension).
- Claudine Fabre-Vassas: The Singular Beast. Jews, Christians, and the Pig. Columbia University Press, 1997, ISBN 0-231-10366-2 (englisch).
- Thomas Bruinier: Die „Judensau“. Zu einem Symbol des Judenhasses und seiner Geschichte. In: Forum Religion. Kreuz-Verlag Breitsohl, Stuttgart 1995, 4, S. 4–15, ISSN 0343-7744.
- Wilfried Schouwink: Der wilde Eber in Gottes Weinberg. Zur Darstellung des Schweins in Literatur und Kunst des Mittelalters. Jan Thorbecke, Sigmaringen 1985, ISBN 3-7995-4016-4, S. 75–88.
- Isaiah Shachar: The Judensau. A Medieval Anti-Jewish Motif and its History. Warburg Institute, London 1974, ISBN 0-85481-049-8 (PDF)
- Bernhard Blumenkranz: Juden und Judentum in der mittelalterlichen Kunst. Kohlhammer, Stuttgart 1965.
- David Kaufmann: Die Sau von Wittenberg. (1890) In: Gesammelte Schriften Band 1, Frankfurt am Main 1908, S. 161 ff. (Volltext online).
Zu antisemitischen Karikaturen
- Eduard Fuchs: Die Juden in der Karikatur. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte. (München 1921) Nachdruck, Europäischer Hochschulverlag, Bremen 2013, ISBN 3-95564-424-3.
- Julius H. Schoeps, Joachim Schlör (Hrsg.): Bilder der Judenfeindschaft. Antisemitismus, Vorurteile und Mythen. Bechtermünz, Augsburg 1999, ISBN 3-8289-0734-2.
- Angelika Plum: Die Karikatur im Spannungsfeld von Kunstgeschichte und Politikwissenschaft. Eine ikonologische Untersuchung zu Feindbildern in Karikaturen. Berichte aus der Kunstgeschichte. Shaker, Aachen 1998, ISBN 3-8265-4159-6.
- Michael Wolffsohn: Das Bild als Gefahren- und Informationsquelle. Von der „Judensau“ über den „Nathan“ zum „Stürmer“ und zu Nachmann. In: Uwe Backes, Eckhard Jesse, Rainer Zitelmann (Hrsg.): Die Schatten der Vergangenheit. Impulse zur Historisierung des Nationalsozialismus. Ullstein, Berlin 1992, ISBN 3-548-33161-0, S. 522–542.
- Stefan Rohrbacher, Michael Schmidt: Judenbilder. Kulturgeschichte antijüdischer Mythen und antisemitischer Vorurteile. Rowohlt, Reinbek 1991, ISBN 3-499-55498-4.
- Matthias Beimel: Die Karikatur als Ersatzhandlung. Antisemitismus in der NS-Propaganda und ihre Vorbilder. In: Geschichte lernen. Friedrich, Velber 3/1990, Heft 18, Klett, Stuttgart 1990, ISSN 0933-3096, S. 28–33
Weblinks
- Josef Wirnshofer: Schweinerei. In: SZ-Magazin, 22. Dezember 2017, S. 18–23.
- Judensau in Wiener Neustadt mit Bild
- Erfurter Relief mit Bild
- Andrea-Martina Reichel: Die Kleider der Passion. Für eine Ikonographie des Kostüms. Humboldt-Universität zu Berlin, 8. Januar 1960 (PDF, S. 122–130 und Bildanhang Nr. 155 und 156)
Einzelbelege
- Hermann Rusam: „Judensau“-Darstellungen in der plastischen Kunst Bayerns, in: Begegnungen, Sonderheft März 2007, S. 3.
- Hauptquellen: Isaiah Shachar: The Judensau, London 1974; Wilfried Schouwink: Der wilde Eber in Gottes Weinberg, Sigmaringen 1985; lokale Kirchenführer, Ortsgeschichte, Museumsbeschreibungen; siehe Quellen bei Wolfram Kastner: Christliche Sauerei (Liste der Einzelorte rechts).
- Louis Maeterlinck: Le genre satirique, fantastique et licencieux dans la sculpture flamande et wallonne. Les miséricordes de stalles. Art et Folklore. Jean Schemit, Paris 1910, S. 160f. Digitalisat .
- Isaiah Shachar: The Judensau, London 1974, S. 40 und 84, Fn. 280, Tafel 36b.
- Hans-Rudolf Meier, Dorothea Schwinn Schürmann et al.: Das Basler Münster. Die Kunstdenkmäler des Kantons Basel-Stadt Band X. Basel 2019, ISBN 978-3-03797-573-2, S. 306, Abbildung 373.
- Rudolf Kreis: Die christliche Bildwelt und der Antisemitismus aus der Gegensicht Kafkas. In: Gerhart von Graevenitz (Hrsg.): Die Unvermeidlichkeit der Bilder. Narr, Tübingen 2001, ISBN 3-8233-5706-9, S. 103–116, hier S. 109.
- Wolfram P. Kastner: Wasserspeier am Südostchor des Kölner Doms, neueres Foto.
- Ulrike Brinkmann, Rolf Lauer: Judendarstellungen im Kölner Dom. In: Bernd Wacker, Rolf Lauer (Hrsg.): Der Kölner Dom und ‚die Juden‘. Domblatt 2008, Jahrbuch des Zentral-Dombau-Vereins Band 73, Verlag Kölner Dom, Köln 2008, ISBN 978-3-922442-65-3, S. 27–32
- Urteil: „Judensau“ darf weiter an Wittenberger Stadtkirche prangen. RND / LVZ, 24. Mai 2019
- Isaiah Shachar: The Judensau. London 1974, S. 19 f.
- Virtueller Rundgang: „Judensau“-Plastik. Sebalduskirche.de
- Hermann Rusam: „Judensau“-Darstellungen in der plastischen Kunst Bayerns, in: Begegnungen, Sonderheft März 2007, S. 20.
- Eduard Fuchs: Die Juden in der Karikatur (1921), Nachdruck: Adrian Schelm, Leipzig 2018, ISBN 3-947190-11-5, S. 117 f.
- Hermann Rusam: „Judensau“-Darstellungen in der plastischen Kunst Bayerns, in: Begegnungen, Sonderheft März 2007, S. 28.
- Bernd Iben: Perlen vor die Säue (2. Teil). Der Mensch in Ambivalenz zum Schwein. In: Grosstierpraxis, Fachzeitschrift für Veterinäre, Witzenhausen 2009, S. 186 (Abb. Nr. 10: Judensau, Konsole im Chorraum des Xantener Doms, um 1265)
- Donald Guthrie, J. Alec Motyer: Kommentar zur Bibel: AT und NT in einem Band. R. Brockhaus, 2012, ISBN 978-3-417-24740-4, S. 178.
- Matthias Krieg (Hrsg.): erklärt: Der Kommentar zur Zürcher Bibel, Bibel und Kommentar in 3 Bänden. Theologischer Verlag, Zürich 2010, ISBN 978-3-290-17425-5, S. 273.
- Othmar Keel, Max Küchler, Christoph Uehlinger: Orte und Landschaften der Bibel. Ein Handbuch und Studien-Reiseführer zum Heiligen Land. Band 1: Geographisch-geschichtliche Landeskunde. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1984, ISBN 3-525-50166-8, S. 122.
- Andreas Brämer: Die 101 wichtigsten Fragen. Judentum. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-59984-2, S. 49.
- Matthias Klinghardt: Legionsschweine in Gerasa: Lokalkolorit und historischer Hintergrund von Mk 5,1–20. In: Zeitschrift für neutestamentliche Wissenschaft 98/2007, S. 28–48.
- Peter Fiedler: Theologischer Kommentar zum Neuen Testament (ThKNT): Das Matthäusevangelium. Kohlhammer, Stuttgart 2006, ISBN 3-17-018792-9, S. 15.
- Petra Schöner: Judenbilder im deutschen Einblattdruck der Renaissance. Baden-Baden 2002, S. 189–191.
- Stefan Rohrbacher, Michael Schmidt: Judenbilder. Reinbek 1991, S. 161.
- Isaiah Shachar: The Judensau, London 1974, S. 22 f.
- Isaiah Shachar: The Judensau, London 1974, S. 74.
- Thomas Dietz: Warum die „Judensau“ eine Wölfin ist. Mittelbayerische Zeitung, 12. Oktober 2013.
- Max Sebastián Hering Torres: Rassismus in der Vormoderne: Die „Reinheit des Blutes“ im Spanien der Frühen Neuzeit. Campus, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-593-38204-0, S. 16, Fn. 7.
- Angelika Plum: Die Karikatur im Spannungsfeld von Kunstgeschichte und Politikwissenschaft: Eine ikonologische Untersuchung zu Feindbildern in Karikaturen. Aachen 1998, S. 81–83.
- Gerhard Langemeyer: Mittel und Motive der Karikatur in fünf Jahrhunderten. Prestel, München 1984, ISBN 3-7913-0685-5, S. 151.
- Alex Bein: Die Judenfrage: Biographie eines Weltproblems. Band 2, Deutsche Verlags-Anstalt, 1980, ISBN 3-421-01963-0, S. 74.
- Alex Töllner: Judensau. In: Wolfgang Benz (Hrsg.): Handbuch des Antisemitismus Band 3: Begriffe, Theorien, Ideologien. Walter de Gruyter, Berlin 2010, ISBN 978-3-11-023379-7, S. 159f.
- Heinz Schreckenberg: Die Juden in der Kunst Europas. Göttingen 1996, S. 343 ff.
- Wilfried Schouwink: Der wilde Eber in Gottes Weinberg, Sigmaringen 1985, S. 88.
- Jörg Bielig et al. (Hrsg.): Die „Wittenberger Sau“, Halle 2020
- Weimarer Ausgabe Band 53, S. 600–602; Originaldruck von Luthers „Schem Hamphoras“, Volltext.
- Folker Siegert: Israel als Gegenüber: Vom Alten Orient bis in die Gegenwart. Studien zur Geschichte eines wechselvollen Zusammenlebens. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2000, ISBN 3-525-54204-6, S. 299 und Fn. 39.
- Debatte um Abnahme der Wittenberger „Judensau“ von Kirchenfassade. epd, 28. Mai 2019
- Wilhelm Güde: Die rechtliche Stellung der Juden in den Schriften deutscher Juristen des 16. und 17. Jahrhunderts. Jan Thorbecke, Ostfildern 1981, ISBN 3-7995-6026-2, S. 10.
- Petra Schöner: Judenbilder im deutschen Einblattdruck der Renaissance. Baden-Baden 2002, S. 197; Volltext in: Dieter Wuttke: Fastnachtsspiele des 15. und 16. Jahrhunderts, Reclam, Ditzingen 1986, ISBN 3-15-009415-1.
- Ursula Schulze: Juden in der deutschen Literatur des Mittelalters. Religiöse Konzepte – Feindbilder – Rechtfertigungen. Walter de Gruyter, Berlin 2002, ISBN 3-11-093304-7, S. 163.
- Stefan Rohrbacher, Michael Schmidt: Judenbilder. Hamburg 1991, S. 160.
- Stefan Niehaus (Hrsg.): Ludwig Achim von Arnim: Texte der deutschen Tischgesellschaft. Walter de Gruyter, Berlin 2008, ISBN 3-484-15611-2, S. 111 f. (Arnim), 371 (Goethe) und 498 (Schudt). Alle Zitate bei Jutta Ditfurth: Der Baron, die Juden und die Nazis. Adeliger Antisemitismus. Hoffmann und Campe, Hamburg 2015, ISBN 978-3-455-50394-4, S. 43 f. sowie S. 324 f., Fn. 75–79.
- Karl Friedrich August Müller (Hrsg.): Bayerische Landbötin Nr. 132, 2. November 1833, S. 1150.; Nikolaus von Weis (Hrsg.): Der Katholik, Band 60, Speyer 1836, Beilage V, S. 62. Ältere Quellen sind möglich.
- Wolfgang Duchkowitsch: Medien: Aufklärung – Orientierung – Missbrauch. Vom 17. Jahrhundert bis zu Fernsehen und Video. Wien/Berlin 2014, ISBN 978-3-8258-7475-9, S. 11–15, hier S. 14, sowie S. 60
- Eduard Fuchs: Die Juden in der Karikatur (1921), Nachdruck: Leipzig 2018, S. 128.
- Eduard Schneider: Schatten der Geschichte und der Gegenwart. Simowa, Bern 1999, ISBN 3-9521463-9-0, S. 12.
- Matthias Beimel: Die Karikatur als Ersatzhandlung, in: Geschichte lernen 3, Stuttgart 1990, S. 28
- Ernst Toller: Eine Jugend in Deutschland. Nachdruck: Antigonos, Paderborn 2012, ISBN 978-3-95472-176-4, S. 166
- Dieter Heimböckel: Walther Rathenau und die Literatur seiner Zeit: Studien zu Werk und Wirkung. Königshausen & Neumann, Würzburg 1996, ISBN 3-8260-1213-5, S. 354–358.
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