Vom Schem Hamphoras
Vom Schem Hamphoras (vollständiger Titel: Vom Schem Hamphoras und vom Geschlecht Christi) ist ein Buch, das der deutsche Reformator Martin Luther 1543 schrieb, in welchem er die Juden mit dem Teufel gleichsetzte und sie in obszöner Sprache diffamierte.
Schem Hamphoras (hebräisch שם המפורש) ist der hebräische rabbinische Name für den unaussprechlichen Namen Gottes, das Tetragrammaton JHWH (יהוה). Luthers Gebrauch dieses Begriffs mussten Juden als Verhöhnung und Beleidigung empfinden. Er knüpfte dabei an eine Passage aus der Victoria adversus impios hebraeos („Sieg über die ungläubigen Juden“) des Kartäusers Porchetus Salvaticus an (geschrieben vor 1315, gedruckt 1520), die eine jüdische Erzählung um Jesus von Nazaret und den Schem Hamphoras wiederzugeben beansprucht und die Luther in deutscher Übersetzung an den Anfang seiner Schrift stellte.[1][2]
Er schrieb diese Abhandlung einige Monate, nachdem er bereits Von den Jüden und iren Lügen veröffentlicht hatte.
Luther behauptete, dass die Juden nicht mehr weiter das auserwählte Volk seien, sondern „des Teufels Volk“.[3][4] Ihre Herzen seien aus Holz, Stein und Eisen und sie seien dazu verdammt, in der Hölle zu brennen. Sollte jemand meinen, er sei zu hart, so könne man, so Luther, dem Herrn der Juden, nämlich dem Teufel, gegenüber nie deutlich genug sein.[5]
Bemerkenswert ist das Urteil des lutherischen Theologen Friedrich Wilhelm Lomler, der zum Reformationsjubiläum 1817 eine Auswahl der Schriften Luthers als „Denkmahl der Dankbarkeit des deutschen Volkes“[6] herausgab. Über Vom Schem Hamphoras schreibt er: „Eine Schrift, worin man auf die eckelhaftesten Stellen stößt, die man nie wieder hätte abdrucken sollen“.[7]
Historiker verweisen darauf, dass Luthers Schriften in ihrer Zeit zum Antisemitismus in den deutschen Provinzen beitrugen. Im Allgemeinen glauben sie, dass die NSDAP in den 1930er und 1940er Jahren seine Schriften benutzte, um Antisemitismus unter ihrer Herrschaft aufzubauen. Nach vorherrschender Ansicht unter Historikern hat seine anti-jüdische Rhetorik wesentlich zum Entstehen des Antisemitismus in Deutschland beigetragen[8] und in den 1930er und 1940er Jahren eine „ideale Untermauerung“ für die Attacken der Nationalsozialisten auf die Juden dargestellt.[9]
Einzelnachweise
- Digitalisat des lateinischen Textes aus dem 11. Kapitel der Victoria
- Digitalisat der deutschen Fassung Luthers in Vom Schem Hamphoras
- Weimarer Ausgabe Bd. 53, S. 600ff; Originaldruck von Luthers „Schem Hamphoras“, Volltext
- Gerhard Falk: The Jew in Christian Theology: Martin Luther’s Anti-Jewish Vom Schem Hamphoras; Jefferson, NC: McFarland, 1992; ISBN 0899507166
- Trond Berg Eriksen, Håkon Harket, Einhart Lorenz: Judenhass. Die Geschichte des Antisemitismus von der Antike bis zur Gegenwart. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2019, S. 108
- Titelseite
- Dr. Martin Luthers Schriften theils vollständig, theils in Auszügen. Band 3, Gotha 1817, S. 254, Anm. f
- Ronald Berger: Fathoming the Holocaust: A Social Problems Approach; New York: Aldine De Gruyter, 2002; S. 28. Paul Johnson: A History of the Jews; New York: HarperCollins Publishers, 1987; S. 242. William Shirer: The Rise and Fall of the Third Reich; New York: Simon and Schuster, 1960.
- Richard Grunberger: The 12-Year Reich: A Social History of Nazi German 1933-1945; NP: Holt, Rinehart and Winston, 1971; S. 465.