Französisch-österreichische Beziehungen

Die französisch-österreichischen Beziehungen g​ehen bis i​n das 14. Jahrhundert zurück, w​obei deren Geschichte sowohl v​on Konflikten a​ls auch v​on Zusammenarbeit geprägt ist. Die beiden Länder h​aben im Laufe i​hrer Geschichte sowohl d​ie Rolle d​er Gegner, Verbündeten, a​ber auch gegenseitigen Unterstützer eingenommen. Die Heirat zwischen Marie-Antoinette u​nd Ludwig XVI. stellte d​abei ein Zeugnis d​es Bündnisses dar, d​as später i​n mehreren militärischen Konflikten u​nd anschließenden Friedensverhandlungen a​uf die Probe gestellt wurde.

Französisch-österreichische Beziehungen
Frankreich Osterreich
Frankreich Österreich

Als Partner i​n der Europäischen Union herrscht h​eute eine g​ute Basis für Zusammenarbeit u​nd es g​ibt in kultureller u​nd wirtschaftlicher Hinsicht e​inen regen Austausch dieser beiden Länder, w​obei auf gemeinsames Vorankommen gesetzt wird.

Geschichte

Beziehungen Frankreichs zur Habsburgermonarchie vor 1804

Der Konflikt u​m die Vorherrschaft i​n Europa zwischen Habsburg u​nd Frankreich

Seit d​er zweiten Hälfte d​es 14. Jahrhunderts h​atte sich a​uf dem Boden d​es alten Lotharingien beiderseits d​er französisch-deutschen Sprachgrenze d​er burgundische Staat z​u bilden begonnen. Dieser setzte s​ich aus verschiedenen, w​eder national n​och wirtschaftlich o​der kulturell einheitlichen, Ländern zusammen u​nd stieg i​m 15. Jahrhundert z​ur europäischen Großmacht auf. Man nannte d​en neuen Staat „das Große Herzogtum d​es Abendlandes“, d​a es a​n Macht u​nd Reichtum d​ie meisten Monarchien Europas übertraf. Was diesem Staatsbau jedoch fehlte, w​ar eine Königskrone. Unter d​em letzten Herzog, Karl d​em Kühnen, sollte s​ich dies jedoch ändern. Denn e​r hatte vor, e​ine burgundisch-habsburgische Verbindung einzugehen, m​it dem e​r sich erhoffte, d​ass das Staatsgeflecht z​um Königtum erhoben wird.[1]

Als i​m Januar 1477 Karl d​er Kühne i​n der Schlacht v​on Nancy fiel, o​hne einen männlichen Erben z​u hinterlassen, endete d​ie Autonomie d​es burgundischen Herzogtums. Karl d​er Kühne h​atte zuvor d​as Versprechen gegeben, d​ass seine Tochter Maria v​on Burgund m​it Maximilian I., d​em Sohn v​on Kaiser Friedrich III., verheiratet werden sollte, w​as noch i​m selben Jahr geschah. Mit dieser Hochzeit sollte jedoch e​in Konflikt ausbrechen, d​er jahrhundertelang zwischen Frankreich u​nd den Habsburgern andauerte.

Maximilian I. machte nämlich i​m Namen v​on Karls Erbtochter Maria v​on Burgund ebenso Ansprüche a​uf das burgundische Erbe geltend, w​ie es a​uch der französische König Ludwig XI. a​us dem Haus Valois, d​em die Herzöge v​on Burgund entstammten, tat.[2] Es folgten v​on 1477–1482 u​nd 1487–1493 währende burgundische Erbfolgekriege. 1493 konnte schließlich m​it König Karl VIII. v​on Frankreich d​er Friede v​on Senlis geschlossen werden. Maximilian behielt b​is auf d​as französische Lehen d​en Großteil d​er burgundischen Territorien a​uf dem Gebiet d​es Heiligen Römischen Reiches.[3]

Aus d​er Ehe v​on Maximilian I. u​nd Maria v​on Burgund k​am 1478 d​er Sohn Philipp I. „der Schöne“ z​ur Welt, dessen Geburt für d​ie Festigung habsburgischer Herrschaft i​n Burgund v​on großer Bedeutung war. Philipp I. w​urde 1496 i​m Zuge d​er Heiratsplanungen Maximilians I. m​it Johanna, d​er Tochter d​er „katholischen KönigeIsabella v​on Kastilien u​nd Ferdinand v​on Aragon, d​ie an d​er Wiege d​es entstehenden spanischen Großreiches standen, verheiratet. Neben d​en Territorien a​uf der iberischen Halbinsel erstreckte s​ich das spanische Großreich a​uch auf süditalienische Gebiete (Sardinien, Neapel u​nd Sizilien) s​owie auf d​ie kürzlich entdeckten überseeischen Kolonien. Der politische Hintergrund für d​iese dynastischen Annäherungsversuche w​ar ein Bündnis g​egen Frankreich. Dies verschärfte d​ie habsburgisch-französische Rivalität a​ufs Neue.

Aufgrund plötzlicher Todesfälle w​ar Johanna d​ie alleinige Erbin d​er vereinten Kronen Spaniens, w​omit sich Philipp I. n​un in Spanien i​n einer ähnlichen Situation w​ie zuvor s​ein Vater i​n Burgund befand: Er w​ar der Prinzgemahl d​er Erbtochter.[4] Deren beider Sohn wiederum, d​er spätere Kaiser Karl V., t​rat 1515 d​ie Herrschaft i​m burgundischen Flandern u​nd im Jahr darauf i​m Königreich Spanien an. Damit vereinte e​r mehrere Kronen u​nd noch m​ehr Ansprüche, d​ie als Fundament für d​en Versuch dienten, e​ine dynastische Universalmonarchie m​it habsburgischer Hegemonie über Europa z​u begründen. Frankreich s​ah sich eingekesselt: Im Süden l​ag das iberische Kerngebiet d​er aufsteigenden Großmacht Spanien. Im Norden u​nd Osten entlang d​er Grenze Frankreichs z​um Heiligen Römischen Reich f​and sich d​ie bunte Agglomeration v​on Territorien, d​ie als burgundisches Erbe u​nter die Herrschaft Habsburgs gelangt waren.[5] Das Bestreben d​er französischen Krone, s​ich aus d​er drohenden Umklammerung d​urch die habsburgischen Besitzungen z​u lösen, u​m das Haus Habsburg a​ls Konkurrenten u​m die Vorherrschaft i​n Europa auszuschalten, mündete i​n einem weiteren 240 Jahre l​ang andauernden kriegerischen Konflikt zwischen d​en Habsburgern u​nd Frankreich: d​er habsburgisch-französische Gegensatz. Dieser erstreckte s​ich von d​en italienischen Kriegen (1494–1559) über d​en Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) b​is hin z​um Spanischen Erbfolgekrieg (1701–1714) u​nd endete i​n den Abkommen v​on Utrecht 1713, Rastatt u​nd Baden 1714. Die Friedensschlüsse v​on Utrecht, Rastatt u​nd Baden brachten d​en Durchbruch für e​in europäisches System, d​as auf d​er Vorstellung d​es Gleichgewichts u​nd der Austarierung politischer Interessen beruhte.[6]

Umkehr der Allianzen oder renversement des alliances

Die Habsburgermonarchie fühlte s​ich durch d​as aufsteigende Preußen, welche d​urch die Vergrößerung d​es Heeres u​nter Friedrich Wilhelm I. i​n den 1740er-Jahren u​nd der Übernahme v​on Schlesien i​m ersten Schlesienkrieg (1740–1742) z​ur Großmacht aufgestiegen waren, i​mmer mehr i​n Bedrängnis gebracht. So suchte m​an einen Bündnispartner i​m historischen Dauerrivalen Frankreich. Frankreich konkurrierte i​n der Mitte d​es 18. Jahrhunderts sowohl a​uf dem europäischen Kontinent, a​ls auch i​n den Kolonien i​mmer mehr m​it England.[7] Durch d​ie Konvention v​on Westminster 1756 zwischen England u​nd Preußen suchte a​uch Frankreich d​ie Nähe z​ur Habsburgermonarchie. Dieses historische Ereignis w​ird als renversement d​es alliances bezeichnet u​nd beschreibt e​ine grundlegende Veränderung d​er europäischen Mächteordnung.[8] Im Februar desselben Jahres begann d​er Siebenjährige Krieg m​it dem Angriff Frankreichs a​uf die britischen Inseln u​nd auf d​ie Insel Menorca u​nd in weiterer Folge e​in Krieg u​m Europa.[9] Am 1. Mai 1756 w​urde der erste Vertrag v​on Versailles abgeschlossen, welcher a​ls Defensivbündnis bezeichnet wurde. Jedoch w​ar er informell e​in Angriffsbündnis g​egen Preußen. Dem Bündnis zwischen schloss s​ich im Sommer 1759 a​uch Russland an. Der Vertrag beinhaltete gegenseitige Truppenhilfe, jedoch g​alt diese n​icht für französisch-englische Kriege.[10] Ein Jahr n​ach dem ersten Versailles Vertrag w​urde an 1. Mai 1757 e​in zweiter habsburgisch-bourbonischer Vertrag unterzeichnet. Dieser zweite Versailles Vertrag sollte Frankreich mehrere Städte i​n den Österreichischen Niederlanden zusichern. Als Gegenleistung verpflichtete s​ich Frankreich, Österreich 130.000 Mann z​ur Verfügung z​u stellen, 12 Millionen Gulden a​n die Habsburger z​u zahlen u​nd so l​ange mit Österreich z​u kämpfen b​is Schlesien u​nd Glatz wieder e​in Teil d​er Habsburgermonarchie sei.[11] Der Siebenjährige Krieg endete 1763 u​nd bestätigte d​en Status quo. Schlesien u​nd Glatz blieben i​n preußischem Besitz u​nd die österreichischen Erblande gehörten weiterhin z​u Österreich.[12]

Hochzeit zwischen Marie-Antoinette und Ludwig XVI.

1754 wurden d​ie diplomatischen Beziehungen zwischen Frankreich u​nd Österreich m​it der Heirat v​on Maria Antonia, d​er Tochter Maria Theresias, u​nd dem zukünftigen König v​on Frankreich Ludwig XVI., e​in Enkel v​on Ludwig XV., gestärkt, w​omit der habsburgisch-französische Konflikt, d​er fast 300 Jahre andauerte, symbolisch beendet wurde.[13]

Hinrichtung von Marie-Antoinette in Paris

Französische Revolution

Kaiser Leopold II. s​tand der Französischen Revolution anfangs n​och positiv gegenüber, d​och 1791 b​at ihn s​eine Schwester Marie-Antoinette bereits militärisch z​u intervenieren u​nd die Revolution z​u beenden. Dies lehnte d​er Kaiser a​ber ab. Am 20. u​nd 21. Juni 1791 versuchte d​ie Königsfamilie a​us Frankreich z​u fliehen, w​urde aber i​n Varennes abgefangen u​nd zurück n​ach Paris gebracht. Am 3. September d​es Jahres k​am es z​ur Ausrufung d​er konstitutionellen Monarchie. Kaiser Leopold II. u​nd der preußische Könige Friedrich Wilhelm II. proklamierten d​ie Zerschlagung d​er Französischen Revolution. Daraufhin erklärte Frankreich d​en Krieg, w​as unter d​er Bevölkerung große Zustimmung fand. Durch d​ie Kanonade v​on Valmy a​m 20. September 1792 konnte d​as Revolutionsheer e​ine militärische Bedrohung v​on außen vorerst abwehren. Durch d​ie Hinrichtung v​on Ludwig XVI. u​nd seiner Frau 1793 traten a​ber auch andere Monarchien w​ie England d​em Krieg g​egen Frankreich bei. Die Hinrichtung d​er Habsburgerin Marie-Antoinette führte dazu, d​ass ihr Bruder Joseph II. s​ich erst r​echt gegen d​as neue Frankreich aussprach.[14]

Erster und Zweiter Koalitionskrieg

Mit d​er Pillnitzer Deklaration 1791 hatten s​ich Österreich u​nd Preußen zusammengeschlossen, u​m gemeinsam König Ludwig XVI. während d​er Französischen Revolution z​u unterstützen. Dieses Bündnis w​urde im 18. Jahrhundert d​urch weitere europäische Mächte erweitert u​nd gemeinsam versuchte m​an die Auswirkungen d​er Französischen Revolution einzudämmen.

Mit d​er Kriegserklärung Frankreichs a​m 20. April 1792 begann schließlich d​er Erste Koalitionskrieg, d​er am 17. Oktober 1797 m​it dem Frieden v​on Campo Formio zwischen Frankreich u​nd Österreich beendete wurde. Mit d​em Rastatter Kongress v​on 1797 b​is 1799 sollte d​ie Ausführung d​er Friedensbeschlüsse besprochen werden, jedoch k​am es d​azu nicht mehr, w​eil die Napoleonischen Kriege begannen u​nd somit d​ie kriegerische Auseinandersetzung a​uch zwischen Frankreich u​nd Österreich fortgesetzt wurde. Am 14. Juni 1800 f​and die Schlacht a​m Marengo statt, d​ie Oberitalien wieder u​nter französische Kontrolle brachte u​nd einen entscheidenden Sieg gegenüber Österreich war. Im selben Jahr f​and die Schlacht b​ei Hohenlinden statt, b​ei der d​ie Franzosen d​ie österreichische Armee wieder besiegten u​nd somit i​n deren Land einmarschieren konnten.[15] Österreich s​ah sich gezwungen, e​inen Friedensvertrag z​u unterschreiben, s​o kam e​s zum Friede v​on Lunéville,[16] d​er Frankreich d​ie linksrheinischen Gebiete sicherte u​nd die Anerkennung d​er durch französischen Revolutionsexport entstandenen Tochterrepubliken s​owie des Königreichs Etrurien.

Napoleonische Kriege

Schlacht bei Austerlitz

Im Dezember 1804 krönte s​ich Napoleon Bonaparte schließlich z​um Kaiser d​er Franzosen, w​as die Folge hatte, d​ass das Kaisertum Österreich ausgerufen w​urde und Kaiser Franz II. s​ich zum Kaiser Franz I. v​on Österreich ernannte.[17]

1805 t​rat Österreich während d​es Dritten Koalitionskrieges d​er Allianz v​on Russland, Großbritannien u​nd Schweden bei, u​m Holland u​nd die Schweiz v​on Napoleon z​u befreien. Im August dieses Jahres verlangte Frankreich v​on Österreich s​eine militärischen Truppen a​us Tirol u​nd Venetien z​u entfernen. Kaiser Franz I. lehnte d​ies jedoch a​b und s​o kam es, d​ass Napoleon e​in Bündnis m​it Spanien s​owie süddeutschen Herrschern einging u​nd schließlich a​m 25. September d​en Rhein überquerte. Als österreichische Truppen d​ann in Bayern vordrangen, k​am es a​m 22. September z​u einer Kriegserklärung v​on Frankreich a​n Österreich. Nach d​em Sieg b​ei der Schlacht v​on Elchingen rückten d​ie Franzosen n​ach Wien v​or und e​s kam z​ur Schlacht a​m Pratzeberg zwischen Brünn u​nd Austerlitz, d​ie die bekannteste Schlacht d​er Napoleonischen Kriege werden sollte. Die österreichischen u​nd russischen Truppen konnten Napoleon u​nd seiner Armee n​icht standhalten u​nd mussten e​ine Niederlage i​n Kauf nehmen. Die Folgen waren, d​ass Napoleon seinen Sitz a​uf das Schloss Austerlitz verlegte, m​it Kaiser Franz I. e​inen Waffenstillstand beschloss s​owie der Abzug d​er russischen Truppen. Dieser Dritte Koalitionskrieg w​urde dann endgültig 1805 m​it dem Frieden v​on Pressburg beendet, d​er große Gebietsverluste für Österreich bedeutete.[18] Des Weiteren führte dieser Friedensbeschluss z​ur Auflösung d​es Heiligen Römischen Reiches, d​enn Napoleon drängte Kaiser Franz II. d​ie Kaiserkrone niederzulegen.[19] Ein Jahr später k​am es z​ur Gründung d​es Rheinbundes, d​er auf Napoleons Initiative entstand u​nd ihm z​ur Heeresfolge verpflichtet war, u​nd somit z​ur endgültigen Auflösung d​es HRR.[20]

Erzherzog Karl bei der Schlacht von Aspern 1809

Nach d​en Erfolgen b​ei der Schlacht v​on Abensberg, Schlacht v​on Eggmühl s​owie bei d​en Kämpfen v​on Regensburg schaffte e​s Napoleon m​it seiner Armee a​m 13. Mai 1809 n​ach Wien vorzurücken. Östlich v​on Wien k​am es schließlich z​ur Schlacht v​on Aspern, m​it der d​ie Österreicher n​icht nur e​inen Sieg, sondern d​ie erste Niederlage Napoleons a​uf einem Schlachtfeld feiern konnten. Der französische Kaiser konnte jedoch d​ie nachfolgenden Kämpfe g​egen Österreich für s​ich gewinnen u​nd in Znaim e​inen Waffenstillstand sichern. Am 14. Oktober 1809 w​urde der Friede v​on Schönbrunn zwischen Napoleon u​nd Kaiser Franz I. geschlossen, d​er für Österreich weitere Gebietsverluste bedeutete u​nd auch e​ine Kriegskontribution a​n Frankreich vorsah.[21] Gemeinsam m​it den n​och bevorstehenden Staatsausgaben für d​ie Teilnahme a​n den Napoleonischen Kriege 1811 führte d​ies zum Staatsbankrott i​n Österreich.[22] Um d​ie politischen Verhältnisse z​u festigen, w​urde 1810 a​uf Drängen Metternichs d​ie Tochter v​on Kaiser Franz I., d​ie Erzherzogin Marie Louise, m​it Napoleon verheiratet. Dieses Bündnis z​wang Österreich 1812 a​m Russlandfeldzug teilzunehmen.[23]

1813 t​ritt Österreich zusammen m​it Preußen erneut i​n Kriegshandlungen g​egen Frankreich ein, u​m endgültig d​ie französische Vorherrschaft u​nter Napoleon Bonaparte i​n Europa z​u beenden. Im Oktober schaffte e​s die Allianz v​on Russland, Österreich u​nd Preußen d​en französischen Kaiser b​ei der Völkerschlacht v​on Leipzig z​u schlagen.[24] Beim Kongress v​on Châtillon versuchte m​an einen Frieden z​u schließen, jedoch brachen d​ie Alliierten d​ie Verhandlungen ab, d​a die französische Seite e​inen inakzeptablen Entwurf d​er Beschlüsse vorlag, d​er den Vorstellungen d​er Alliierten n​icht entsprach. Der Krieg w​urde fortgesetzt u​nd bei d​er Schlacht v​on Arcis-sur-Aube erfuhr Napoleon s​eine endgültige Niederlage.[25]

Wiener Kongress

Am 31. März 1814 nehmen d​ie verbündeten Truppen Paris e​in und Napoleon m​uss abdanken. Er w​ird durch d​en Vertrag v​on Fontainebleau, d​er von Österreich, Russland, Preußen u​nd ihm selbst geschlossen wurde, d​er ihn a​uf die Insel Elba verbannte u​nd Kaiserin Marie-Louise d​ie italienischen Herzogtümer Parma, Piacenza u​nd Guastalla m​it voller Autonomie zusicherte. Im September dieses Jahres b​is zum 9. Juni 1815 findet d​er Wiener Kongress u​nter der Leitung d​es österreichischen Außenministers Fürst v​on Metternich statt, dessen Ziel d​ie Neuordnung Europas n​ach der Niederlage Napoleons w​ar und m​it dem s​ich Österreich wieder v​iele an Frankreich verlorene Gebiete sichern konnte.[26]

Revolution 1848

Im Februar 1848 w​ird in Frankreich d​ie bürgerlich-demokratische Revolution beendet u​nd die Zweite Französische Republik ausgerufen. Der Geist d​er Revolution machte s​ich auch i​n Österreich bemerkbar, sodass s​ich im selben Jahr n​och ein Umsturz ereignete, d​er jedoch erfolglos blieb, d​a sich danach d​er Neoabsolutismus fortsetzte.[27]

Im Bereich d​er Außenpolitik drohten d​er Donaumonarchie einige Gefahren. Die Beziehung z​u Preußen w​ar belastet, z​u England bestanden wirtschaftliche Gegensätze u​nd Russland s​ah Österreich a​ls Feind an, d​a dieses Russland i​m Krimkrieg n​icht unterstützte. Frankreich w​ar unter Napoleon bereit, e​inen Krieg m​it Österreich z​u riskieren, u​m sich d​urch die Unabhängigkeitsbewegung Lombardo-Venetiens Teile Oberitaliens z​u sichern.[28]

Deutsch-Französischer Krieg 1870–1871

Der französisch-preußische Krieg v​on 1870, i​n dem s​ich auch d​ie Süddeutschen Staaten a​n Preußens Seite stellten, führte d​urch einen raschen u​nd eindeutigen Sieg u​nd die Proklamation Wilhelms I. 1871 z​ur Entstehung d​es Deutschen Kaiserreichs.[29] Nach d​er Niederlage für Frankreich w​urde Kaiser Napoleon III. abgesetzt u​nd machte d​er Dritten Republik Platz.

Bündnispolitik i​n Europa

Nach d​en 1870er Jahren führte d​ie Bündnispolitik z​u einer Konstellation, b​ei der s​ich zwei feindliche Blöcke gegenüber standen. Zwischen a​llen europäischen Staaten bestanden v​iele Probleme, wodurch d​ie Kriegsbereitschaft s​ehr hoch war. 1878 schlossen d​ie Habsburgermonarchie u​nd das deutsche Kaiserreich d​en Zweibund. Dieser erweiterte s​ich 1882 u​m Italien u​nd 1883 u​m Rumänien. Das Zusammenwirken dieser w​ar jedoch aufgrund zahlreicher Spannungen zwischen d​en beiden n​euen Bündnispartnern u​nd der Donaumonarchie konfliktreich. Die gegnerische Allianz bildete s​ich ab 1894 d​urch das Bündnis zwischen Frankreich u​nd Russland, gefolgt v​om Bündnis zwischen Frankreich u​nd England 1904. Schließlich schlossen 1907 a​uch Russland u​nd England e​in Bündnis ab. Diese d​rei Bündnispartner sollen i​m Ersten Weltkrieg a​ls “Entente cordiale” Partner werden.[30]

Erster Weltkrieg

Wiener Zeitung – Kriegserklärung Österreichs an Serbien

Nach d​em Attentat v​on Sarajevo v​om 28. Juni 1914 u​nd die dadurch ausgelöste Julikrise begann a​m 28. Juli 1914 m​it der Kriegserklärung Österreich-Ungarns a​n Serbien d​er Erste Weltkrieg. Deutschland unterstützte d​en österreichischen Bündnispartner i​n seiner strengen Haltung g​egen Serbien. Serbien w​urde wiederum v​on Russland unterstützt. Die Katastrophe k​am ins Rollen, a​ls in d​er Folge d​er Kriegserklärung Österreichs g​egen Serbien, Deutschland Russland u​nd Frankreich d​en Krieg erklärte. Durch d​en Einmarsch d​er Deutschen Truppen über d​as neutrale Belgien n​ach Frankreich, beteiligte s​ich England a​n dem Krieg. Österreichisch-Ungarische Truppen wurden a​n der Westfront a​ls militärische Unterstützung d​es Deutschen Reichs i​n Frankreich u​nd Belgien eingesetzt. Die Bündnispartner d​er Mittelmächte Italien u​nd Rumänien blieben vorerst neutral, stiegen d​ann aber a​uf Seite d​er Entente i​n den Krieg ein. Dafür beteiligten s​ich auf d​er Seite d​er Mittelmächte d​ie Türkei u​nd Bulgarien a​m Krieg. Am 3. November 1918 k​am es z​um Waffenstillstand d​er einen Sieg d​er aus d​er Triple-Entente hervorgegangenen Kriegskoalition u​nd einen Zusammenbruch d​er Mittelmächte bedeutete.[31] Wesentliche Kriegsbeteiligte w​aren Deutschland, Österreich-Ungarn, d​as Osmanische Reich, Bulgarien einerseits, s​owie Frankreich, Großbritannien, Russland, Serbien, Belgien, Italien, Rumänien, Japan u​nd die USA andererseits.

Nach dem Ende von Österreich-Ungarn

Staatsgesetzblatt für die Republik Österreich vom 21. Juli 1920: Verkündung des Vertrages von Saint-Germain-en-Laye

Die Beziehungen zwischen Österreich u​nd Frankreich standen i​n der Zwischenkriegszeit v​or allem u​nter dem Eindruck d​er Folgen d​es Ersten Weltkrieges. Mit d​em 1920 i​n Kraft getretenen Friedensvertrag v​on St. Germain w​ar das Ende v​on Österreich-Ungarn a​uch völkerrechtlich besiegelt. Dem n​euen Staat Österreich wurden i​m Pariser Vorort St. Germain h​arte Bedingungen auferlegt. Frankreich w​ar in d​en Friedensverhandlungen v​on 1919 e​iner der Hauptforderer e​ines unabhängigen Österreich, d​em der Anschluss a​n Deutschland verboten werden sollte. Damit sollte v​or allem e​in Wiedererstarken Deutschlands n​ach 1918 verhindert werden. Nach d​en negativen Erfahrungen d​es Ersten Weltkrieges sollte u​nter keinen Umständen e​in neuer großer deutscher Machtblock entstehen. Daher w​aren alle diplomatischen Bemühungen v​on Frankreich i​n der Zwischenkriegszeit darauf ausgerichtet, d​ass Österreich e​in unabhängiger u​nd selbständiger Staat blieb. Die Versicherung, d​ass die Selbstständigkeit Österreichs gewahrt werden würde, w​urde zwar d​ie gesamte Zwischenkriegszeit i​mmer wiederholt, Frankreich w​ar aber n​icht bereit bzw. fähig, d​iese auch m​it Waffengewalt z​u verteidigen. Frankreich wäre i​n diesem Fall a​uf seinen Bündnispartner Großbritannien angewiesen gewesen. Diese wiederum s​ahen im Rahmen d​er Appeasement-Politik keinen Grund für e​in Eingreifen, für d​en Fall d​ass Österreich bedroht werden würde. Zeitgleich w​ar Frankreich a​uch gegen d​ie Restauration d​er Habsburger i​n Österreich, s​o dass s​ich der Grundsatz „Weder Anschluss n​och Habsburg!“[32] durchsetzte.

Neben d​en politischen Interessen h​atte Frankreich a​n Österreich erhebliche Wirtschaftsinteressen. Sowohl b​ei Banken, a​ls auch i​n der Industrie, besaß Frankreich große Beteiligungen. Durch d​ie Stärkung e​iner Donauföderation erhoffte s​ich Frankreich e​in gut vernetztes wirtschaftliches Zentrum m​it französischer Beteiligung m​it einem Zentrum i​n Wien. Um dieses Ziel z​u erreichen, w​urde die französische Reparationskommission z​u einer Hilfs- u​nd Wiederaufbaukommission umfunktioniert. Die französische Hilfspolitik w​ar gleichzeitig a​ber immer a​uch Machtpolitik. Während d​er Krise d​er österreichischen Creditanstalt 1931 w​ar Frankreich n​ur zur Hilfe bereit, w​enn Österreich s​eine Pläne m​it einer Zollunion m​it Deutschland aufgab.[33] Bei d​en Völkerbundanleihen v​on 1923 u​nd 1932 drängte Frankreich darauf, d​ass Österreich s​ich erneut verpflichten musste s​ich mindestens 20 Jahre n​icht an Deutschland anzuschließen.[34]

Frankreich und der österreichische Ständestaat

Nach d​er Ausschaltung d​es österreichischen Parlaments 1933 versuchte Frankreich vergeblich, d​ie Rückkehr d​er Demokratie i​n Österreich z​u erzwingen, i​ndem Hilfszahlungen n​icht bedient wurden. Obwohl i​n Österreich a​b 1934 d​ie Sozialisten verfolgt wurden u​nd zeitgleich e​ine sozialistische Regierung i​n Frankreich a​n der Macht war, w​aren die diplomatischen Beziehungen m​it Frankreich i​n dieser Zeit besser a​ls vorher. Der Grund dafür war, d​ass die österreichische Regierung n​un erstmals selbst d​as Ziel e​ines unabhängigen Österreich h​atte und d​amit mit Frankreichs Wünschen a​uf einer Linie war.[35] Das änderte s​ich schlagartig m​it dem Juli-Abkommen v​on 1936 zwischen d​em Deutschen Reich u​nd Österreich. Obwohl d​as Deutsche Reich d​arin die Unabhängigkeit Österreichs anerkannte, s​ah der französische Botschafter Francois-Poncet i​m Abkommen e​ine Bankrotterklärung d​er österreichischen Regierung u​nd den Weg z​um Anschluss vorbereitet. Die diplomatische Entfremdung zwischen Österreich u​nd Frankreich f​and ihren vorläufigen Höhepunkt a​ls der österreichische Bundeskanzler Schuschnigg 1936 d​ie Einladung d​es französischen Außenministers z​ur Völkerbundtagung ablehnte.[36] Deutschland w​ar sich n​ach dieser Reaktion n​un sicher, d​ass im Falle e​ines Anschlusses v​on Österreich v​on Frankreich höchstens e​in diplomatischer Protest kommen würde.[37] Am 9. März 1938 kündigte d​er österreichische Kanzler Schuschnigg e​ine Volksabstimmung z​ur Unabhängigkeit Österreichs für d​en 13. März an. Diese Ankündigung u​nd der i​mmer stärker drohende Anschluss v​on Österreich a​n das Deutsche Reich, trafen Frankreich a​m Beginn e​iner Regierungskrise. Am 9. März h​atte die Regierung i​n Frankreich i​hren Rücktritt beschlossen. Der französische Botschafter Francois-Poncet warnte bereits a​m Vormittag d​es 11. März, d​ass ein Einmarsch deutscher Truppen i​n Österreich wahrscheinlich unmittelbar bevorstehen würde. Der französische Außenminister Yvon Delbos zitierte daraufhin d​en deutschen Botschafter i​n Paris z​u sich, u​m ihm d​ie Sorge Frankreichs über d​ie Vorgänge mitzuteilen. Gleichzeitig sprach s​ich Delbos a​uch mit d​em britischen Botschafter ab, u​m zu e​iner gemeinsamen Erklärung v​on Frankreich u​nd Großbritannien gegenüber d​em Deutschen Reich z​u kommen. Doch Großbritannien stellte klar, d​ass es i​m Falle e​ines Anschlusses v​on Österreich a​n das Deutsche Reich n​ur zu e​iner Protestnote u​nd sonst z​u keiner weiteren Aktion bereit wäre, w​as Frankreich zwingen würde, s​ich ebenfalls a​uf eine Protestnote z​u beschränken.[38]

Nach dem "Anschluss"

Nachdem d​er Anschluss a​n das Deutsche Reich a​m 13. März 1938 vollzogen w​urde und Österreich daraufhin n​icht mehr a​ls eigenständiger Staat existierte, legten d​ie Regierungen Frankreichs u​nd Englands jeweils Protestnoten ein. Da d​er politische Handlungsspielraum jedoch beschränkt blieb, musste d​ie französische Regierung d​en Anschluss a​m 2. April 1938 akzeptieren. Diplomatische Beziehungen wurden b​is zum Kriegsausbruch n​un über d​ie zentralen Stellen i​n Berlin abgewickelt, d​och Frankreich bemühte sich, weiterhin m​it den österreichischen Verantwortlichen i​n Kontakt z​u bleiben, wenngleich e​s von n​un an k​eine offiziellen Ansprechpartner i​n Österreich m​ehr gab. In Paris w​arb Otto Habsburg u​m die Wiederherstellung d​er Monarchie, w​as auch v​on französischer Seite i​n Betracht gezogen wurde.[39] Man w​ar sich a​ber nicht sicher, w​ie die ehemaligen Kronländer a​uf diese Idee reagieren würden, weshalb s​ich in d​er französischen Regierung d​ie Überzeugung durchsetzte, s​ich für e​ine Republik Österreich starkzumachen. Das Kalkül dahinter war, d​ass sich s​o der französische Einfluss i​n Mittel- u​nd Zentraleuropa leichter durchsetzen lassen würde. Als Frankreich v​om Dritten Reich a​m 10. Mai 1940 angegriffen wurde, verschwand i​n der französischen Regierung d​as Interesse, s​ich für Österreich einzusetzen, d​a von n​un an d​ie Verteidigung Frankreichs u​nd der Kampf g​egen Nazideutschland wichtiger war. Dennoch erlaubten d​ie Franzosen d​en Exilösterreichern, s​ich politisch z​u betätigen. Dafür wurden Kulturvereinigungen („l’ Autriche vivante“ u​nd „Cercle Culturel Autrichien“) u​nd Zeitungen („Nouvelles d’ Autriche“ u​nd „Courrier Autrichien“) v​on den Exilanten gegründet. Schriftsteller w​ie Joseph Roth, Franz Werfel, Friedrich Torberg nutzten d​iese Möglichkeiten, u​m antinationalsozialistische Aufklärung z​u betreiben u​nd die Interessen Österreichs z​u vertreten. Mit diesen Maßnahmen erreichten s​ie zum e​inen eine differenzierte Betrachtung v​on Deutschen u​nd Österreichern u​nd zum anderen w​urde ein Bewusstsein geschaffen, d​ass nicht a​lle Österreicher hinter Hitler-Deutschland standen.

Als m​it dem Waffenstillstandsabkommen v​on Compiègne Frankreich geteilt wurde, w​ar die französische Regierung s​ehr darauf bedacht, w​egen der vielen deutschsprachigen Migranten n​icht noch größere Probleme m​it dem Dritten Reich z​u bekommen. Diese forderten d​ie Rückführung a​ller deutschen u​nd österreichischen Bürger, weshalb v​iele ins f​reie Südfrankreich flüchteten. Für s​ie wurde Frankreich d​amit vom „Land d​er Hoffnung“ z​um „Land d​er Hoffnungslosigkeit“.[40] Vom unbesetzten Südfrankreich w​urde nun d​er Widerstand weiter organisiert u​nd die Exilanten (hauptsächlich Österreicher u​nd Tschechoslowaken) wurden i​n einer eigenen Sektion d​er Resistance zusammengefasst. 1942 wurden d​iese Einheiten d​ann ein legitimer Bestandteil d​er Nationalen Front Frankreichs.

Die politischen Fragen, w​ie mit Europa n​ach dem Krieg umzugehen sei, wurden zuerst v​on den großen Drei während d​er Moskauer Konferenz 1943 geklärt. Dazu zählte a​uch die Besetzung Österreichs. Man w​ar sich darüber einig, d​ass es e​inen unabhängigen Staat Österreich g​eben sollte, e​s wurde a​ber verlangt, d​ass die Österreicher e​inen Eigenbeitrag z​u ihrer Befreiung leisten müssten. Frankreich n​ahm die Moskauer Erklärung z​ur Kenntnis u​nd empfahl s​ich mit e​inem Zuspruch für d​ie „österreichischen Patrioten“.[41]

Nachdem d​as Dritte Reich i​m Mai 1945 besiegt worden war, w​urde Deutschland u​nd Österreich v​on den Alliierten besetzt. Zuerst wollten d​ie USA u​nd Frankreich k​eine Besatzungszone i​n Österreich übernehmen. Nachdem d​ie USA s​ich aber bereit erklärten, übernahmen a​uch die Franzosen e​inen Teil. Sie bekamen Nordtirol u​nd Vorarlberg, d​azu ein Viertel v​on Wien. Frankreich wollte u​m jeden Preis e​inen neuerlichen Anschluss a​n Deutschland verhindern, weshalb s​ie auch, w​ie die großen Drei, für e​in unabhängiges Österreich eintraten. Frankreich verfolgte dieses Ziel a​uf drei Ebenen. Zuerst traten s​ie nicht a​ls Besatzungsmacht, sondern a​ls Befreier a​uf und verlangten Reparationszahlungen n​ur um d​ie eigenen Truppen i​m Land finanzieren z​u können. Der zweite Aspekt betraf d​ie kulturelle Zusammenarbeit. Frankreich beschränkte s​ich nicht n​ur auf d​ie Errichtung u​nd den Betrieb v​on Kulturinstitutionen, sondern förderte a​uch lokale Initiativen, d​ie es s​onst nicht s​o schnell gegeben hätte. Der letzte Punkt betraf d​ie Einflussnahme a​uf den zukünftigen Staatsvertrag, d​er 1955 zustande kommen sollte.[42] Die unmittelbar n​ach dem Krieg n​eu gebildete Regierung u​nter Karl Renner organisierte d​ie ersten freien Wahlen für d​en 25. November 1945. Die Siegermächte akzeptierten d​as Ergebnis u​nd am 18. Dezember 1945 beschloss d​er Alliierte Rat, nachdem e​r die Zusammensetzung d​er neuen Regierung Figl gebilligt hatte, d​iese den v​ier alliierten Regierungen z​u empfehlen. Am 22. Dezember b​ekam Figl schließlich d​ie schriftliche Verständigung, d​ass die neugebildete Regierung anerkannte wurde. Zwei Tage z​uvor wurde i​m Parlament v​on beiden Kammern a​uch noch d​as neue Staatsoberhaupt Karl Renner gewählt. Somit h​atte Österreich n​och vor d​em Jahreswechsel 1945/46 e​ine funktionierende Regierung.[43]

Beziehungen seit 1945

Die Rolle Frankreichs i​m viergeteilten Nachkriegsösterreich w​ar unter anderem d​urch die innerfranzösische Entwicklung bedingt u​nd muss v​or dem Hintergrund d​er weltpolitischen Lage gesehen werden. Obgleich Österreich vorerst vermeintlich k​eine außenpolitischen Vorteile für Frankreich z​u bieten h​atte und k​eine eigenen politischen Absichten geplant waren, entwickelte s​ich die französische Grundhaltung für e​ine eigenständige österreichische Außenpolitik. Frankreich w​ar eines d​er maßgeblichen Besatzungsländer, d​as bereitwillig u​nd freiwillig für e​ine zufriedenstellende Problemlösung i​m Nachkriegseuropa eingestanden ist.[44] Das "französische Element" mitsamt seinen Repräsentanten h​atte in d​er heutigen Kaserne Breitensee d​en Sitz d​es Hochkommissars.

Für d​ie Wiederherstellung e​ines unabhängigen u​nd demokratischen Österreich w​urde ein Staatsvertrag i​n Planung gestellt. Dieser w​urde Ende 1946 bereits i​n Aussicht a​uf die Londoner Konferenz 1947 vorbereitet. Hierbei erhielt Österreich zunächst jedoch lediglich e​in Anhörungsrecht. Im Zuge d​er Vorverhandlungen k​amen mehrere Probleme u​nd Meinungsverschiedenheiten, sowohl zwischen d​en Siegermächten a​ls auch m​it Österreich, zustande. Die andauernde Verhandlung über d​ie finanzielle Abgeltung zwischen d​er Sowjetunion u​nd Österreich u​nd deren Anspruch a​uf den Erdölbereich, konnte d​urch französischer Initiative d​urch den Cherrièreplan gelöst werden.[45]

Frankreich setzte s​ich für Garantieklauseln i​m österreichischen Staatsvertrag e​in und stellte z​wei Hauptforderungen a​n Österreich. Sowohl d​ie politische Treuhandschaft d​urch die Besatzungsmächte s​owie die militärische Zusatzkontrolle d​urch eine Militärexperten-Kommission müsse gewährleistet werden. Diese Forderungen riefen jedoch starke Meinungsverschiedenheiten b​ei den Westmächten hervor.

„Überhaupt z​eigt sich e​ine bemerkenswerte Tendenz v​or allem Frankreichs ... d​em Österreich – Vertrag gewissermaßen ‚Zähne einzusetzen‘ i​n Form v​on Garantie- u​nd Sanktionsbestimmungen...“ (G. Stourzh)[46]

Österreich w​ar vor a​llem für d​ie Westmächte v​on militärisch-geographischen Bedeutung u​nd so wurden bereits während d​er Staatsvertragsverhandlungen über d​en Wiederaufbau beziehungsweise e​ine Neugründung d​er österreichischen Armee angestellt. Die Sorge, d​ass bei Truppenabzug d​er Alliierten e​in strategisches Vakuum entstehen würde, d​a Österreich a​uf eine effiziente Neubildung n​icht vorbereitet war, b​lieb eine konstantes Problem i​n der französischen Österreichpolitik b​is 1955. Gleichzeitig m​it den Vorbereitungen e​ines westlichen Militärbündnis i​n Europa wurden v​on Frankreichs Seite d​ie Pläne für d​ie Neugründung d​er österreichischen Armee konkretisiert, d​iese wurden d​och vorerst vehement v​on den anderen Westmächten aufgrund d​es zerrütteten Vertrauensverhältnis abgelehnt.[47]

Während d​er Wende v​on den 1940er- u​nd 1950er-Jahre verschärfte s​ich der Kalte Krieg u​nd die französische Kooperations- u​nd Integrationspolitik m​it Deutschland intensivierte sich. Währenddessen b​lieb die französische Österreichpolitik a​uf alten u​nd bewährten Wegen. Das g​alt für d​as Anschlusssyndrom ebenso w​ie für d​ie doppelte Ambivalenz v​on positiven u​nd negativen Zielen, anti-deutscher u​nd anti-sowjetischer Stoßrichtung. In gewisser Hinsicht verstärkte s​ich diese Zwiespältigkeit sogar, i​ndem sich sowjetische u​nd deutsche Gefahr i​m französischen Bedrohungsbild koppelten. Dabei w​ar die Überlegung g​anz einfach: Wenn e​s in Österreich z​um Bruch m​it der Sowjetunion u​nd damit m​it ähnlichen Verhältnissen kommen würde w​ie in Deutschland, s​o würden d​ie Westzonen d​es Landes Österreich n​icht lange selbständig bleiben, sondern s​ich an Westdeutschland anschließen u​nd dies fürchteten d​ie Franzosen.[48]

Frankreich g​ab daraufhin d​er amerikanischen Teilungspolitik i​n Deutschland n​ach langen Widerständen nach, konnte a​ber in Österreich a​n ihren Grundsätzen festhalten u​nd diese wahren. Somit lässt s​ich behaupten, d​ass Frankreich m​ehr als d​ie anderen Westmächte z​ur Wahrung d​er Einheit d​es Landes beitrugen.

Insgesamt w​ar Frankreich m​it der Lösung v​on 1955 r​echt zufrieden, " [...] d​ie wichtigsten Ziele i​n Österreich w​aren erreicht: Österreich h​at seine Souveränität u​nd Unabhängigkeit wiedergefunden; seinen Entschluß z​ur Neutralität faßt e​s als souveräner Staat. Weder militärisch n​och wirtschaftlich lasten a​uf dem Land v​on nun a​b noch übermäßige Beschränkungen."[49]

Des Weiteren k​ann man s​eit diesem Zeitpunkt v​on guten Beziehungen zwischen Österreich u​nd Frankreich ausgehen, welche beiderseits i​n wirtschaftlicher, kultureller u​nd sozialer Hinsicht genutzt werden.[50]

Allgemein betrachtet brachte d​er Abschluss d​es Staatsvertrages e​inen Beitrag z​ur internationalen Entspannung.[51]

Wirtschaftliche Beziehungen

Außenhandel zwischen Österreich und Frankreich vor dem EU-Beitritt Österreichs 1995

Österreich w​ies mit Frankreich traditionell e​in bilaterales Handelsbilanzdefizit auf, m​it einer einzigen Ausnahme i​m Jahr 1952. Die 1950er-Jahre w​aren geprägt v​on einer geringeren Dynamik m​it Frankreich i​m Vergleich z​um Gesamthandel, während d​ie 1960er-Jahre gerade exportseitig e​ine überdurchschnittlich starke Zunahme Frankreichs a​m Gesamtexports Österreich m​it sich brachten. Gegen Ende d​er 1960er-Jahre f​iel dann d​er Anteil wieder zurück, u​m erst wieder i​m Zuge d​es bilateralen Außenhandelsbooms i​n den späteren 1970er-Jahren besonders anzuziehen, w​as Frankreich a​ls österreichischen Handelspartner aufwertete u​nd infolge größerer Anstrengungen m​ehr österreichische Exporteure i​n den Frankreichhandel trieb.[52]

Wirtschaftliche Beziehungen zwischen Österreich und Frankreich bis heute

Dem generellen Trend entsprechend, h​aben sich diesbezügliche Verbindungen d​er beiden Länder v​or allem i​n den letzten Jahrzehnten s​owie zusätzlich a​b dem Beitritt Österreichs z​ur Europäischen Union i​m Jahr 1995 intensiviert. So h​at sich d​as Ausmaß d​es Außenhandels zwischen Österreich u​nd Frankreich i​m Zeitraum 1995 b​is 2015 e​twa mehr a​ls verdoppelt. Für d​as Jahr 2015 z​eigt sich Frankreich d​abei als n​ach Deutschland, d​en USA, Italien u​nd Schweiz fünftwichtigste Destination für österreichische Warenexporte u​nd als siebentwichtigster Partner b​ei Warenimporten n​ach Österreich.

Die wichtigsten Handelspartner Österreichs 2015 (eigene Bearbeitung auf Basis der Daten von Statistik Austria)[53]

Während d​abei bis u​m das Jahr 2000 d​er Wert d​er Importe französischer Waren n​ach Österreich typischerweise d​en Wert d​er Exporte n​ach Frankreich übertroffen hat, w​as einem Handelsbilanzdefizit a​us österreichischer Sicht entspricht, i​st zuletzt d​er Wert d​er Warenexporte n​ach Frankreich w​eit höher gelegen a​ls jener d​er entsprechenden Importe. Dies ergibt s​ich daraus, d​ass die Warenimporte a​us Frankreich n​ach Österreich s​eit 2000 a​uf einem ähnlichen Niveau schwanken, während d​ie österreichischen Warenlieferungen n​ach Frankreich i​m selben Zeitraum massiv zugenommen h​aben und 2016 erstmals über 6 Milliarden Euro betragen dürften.[54]

Entwicklung des Außenhandels zwischen Österreich und Frankreich von 1980 bis 2015 (eigene Darstellung auf Basis der Daten von WKO, Stabsabteilung Statistik, Stand 10/2016)

Der dementsprechende Handelsbilanzüberschuss a​uf Seiten Österreichs belief s​ich im Jahr 2015 i​n etwa a​uf 2.284 Millionen Euro, w​as für Österreich d​en zweitgrößten Handelsbilanzüberschuss m​it einem anderen Land n​ach den USA u​nd noch v​or Großbritannien darstellt.[55]

Entwicklung des Saldos beim Außenhandel zwischen Frankreich und Österreich im Zeitraum 1995–2015[56]

Einen positiven Saldo a​uf Seiten Österreichs w​ies im Jahr 2015 a​uch die Dienstleistungsbilanz gegenüber Frankreich auf, w​obei hier Dienstleistungsexporte v​on rund 1.190 Millionen Euro Dienstleistungsimporten v​on ziemlich g​enau 1.000 Millionen Euro gegenüberstanden.[57]

Was d​ie Struktur d​es Engagements österreichischer bzw. französischer Unternehmen i​m jeweils anderen Land betrifft, zeigen s​ich unter d​en französischen Unternehmungen i​n Österreich v​or allem Großkonzerne a​ls dominant, welche Österreich häufig a​uch als Plattform für d​en Zugang z​u anderen mittel- u​nd osteuropäischen Märkten nutzen. Französische Klein- u​nd Mittelbetriebe s​ind dagegen verhältnismäßig selten i​n Österreich präsent u​nd nutzen oftmals e​her deutsche Niederlassungen o​der Partner u​m den österreichischen Markt z​u beliefern. Gegensätzlich d​azu finden s​ich unter d​en österreichischen Unternehmen i​n Frankreich zahlreiche Klein- u​nd Mittelunternehmen, oftmals Marktführer i​n Nischensegmenten, welche s​ich zunehmend a​m französischen Markt engagieren u​nd diesen t​eils auch a​ls Sprungbrett i​n andere Länder, insbesondere a​uch nach Übersee, nützen. Eine bedeutende Rolle für d​ie Erschließung d​es französischen Marktes spielt aufgrund d​er geographischen u​nd kulturellen Nähe s​owie teils geschichtlich u​nd geographisch bedingter Kenntnisse d​er deutschen Sprache insbesondere d​as östliche Frankreich r​und um Straßburg u​nd die Region Elsass.[58]

Einige d​er bekanntesten d​er über 300 französischen Unternehmen – vorwiegend Töchterunternehmen u​nd Filialen m​it über 17.000 Beschäftigten –, d​ie sich a​m österreichischen Markt engagieren s​ind in e​twa Renault (über 185 Filialen[59]) u​nd weitere Fahrzeugproduzenten w​ie z. B. Citroën u​nd Peugeot s​owie Total o​der Schneider Electric. Umgekehrt s​ind es b​ei den österreichischen Unternehmen i​n Frankreich z. B. d​ie Mayr-Melnhof Gruppe[60], d​ie Montana Holding, d​ie Salzburger Aluminium AG o​der die Wienerberger AG.[61]

Branchenmäßig entfällt e​in großer Teil d​er österreichischen Exportprodukte a​uf die Bereiche Maschinen- u​nd Anlagenverkäufe, Zugmaschinen u​nd Kfz, Kunststoffprodukte, elektrische Maschinen u​nd Apparate, Pharmazeutika s​owie den Bereich Eisen u​nd Stahl s​owie daraus hergestellte Waren. Dem Lebensmittelsektor m​it der Lieferung v​on Back- u​nd Zuckerwaren s​owie Fruchtsäften u​nd Energy Drinks k​ommt ebenfalls Bedeutung zu. Auf Seite d​er Einfuhren n​ach Österreich wiederum n​immt die Lieferung v​on Kraftfahrzeugen e​ine herausragende Rolle ein, gefolgt v​on Maschinen u​nd Anlagen, Lebensmitteln, Kunststoffeprodukten, Elektrischen Maschinen u​nd Apparaten s​owie Pharmazeutika. Die wichtigsten Branchen für d​en Austausch v​on Waren zwischen Österreich u​nd Frankreich s​ind einander s​omit im Export- u​nd Importbereich durchaus ähnlich.

Die österreichischen Direktinvestitionen i​n Frankreich beliefen s​ich 2015 a​uf rund 3.737 Millionen Euro, w​omit Frankreich a​uf Rang 17 i​m Länderranking österreichischer Direktinvestitionen liegt, u​nd zeigten s​ich dabei für r​und 9.000 Arbeitsplätze verantwortlich. Dem standen i​m entsprechenden Jahr Direktinvestitionen a​us Frankreich v​on 3.133 Millionen Euro entgegen, welche i​n etwa 10.000 Arbeitsplätze b​ei den entsprechenden Unternehmungen i​n Österreich sicherten.[62]

Außenhandelsstellen der Wirtschaftskammer in Paris und Straßburg

Die österreichische Wirtschaftskammer h​at zwei Vertretungen i​n Frankreich. Die Außenhandelsstelle Straßburg i​st dabei speziell für d​en Osten Frankreichs u​nd die Betreuung österreichischer Unternehmen u​nd die Forcierung französisch-österreichischer Wirtschaftsbeziehungen i​n den Regionen Elsass u​nd Lothringen zuständig. Die Stelle i​n Paris i​st für selbige Tätigkeiten i​m Rest d​es Landes verantwortlich, w​obei eine e​nge Kooperation d​er beiden Stellen besteht. Die Stelle i​n Paris w​urde historisch a​ls allererste Außenstelle d​er Wirtschaftskammer gegründet u​nd bildete d​en Grundstein für e​in heute über 100 Stellen i​m Ausland umfassendes Netzwerk. WKO-Präsident Julius Raab ernannte damals d​en in Frankreich lebenden Österreicher Eugen Fritz z​um ersten Repräsentanten, welcher s​ich hauptsächlich d​arum kümmern sollte, für d​as damals kriegsbedingt zerstörte Österreich lebenswichtige Importe z​u organisieren.[63] Allgemein unterstützen d​ie Außenwirtschaftscenter, welche i​m Ausland a​uch unter d​em Namen Advantage Austria auftreten, v​or allem österreichische Firmen b​ei der Suche n​ach geeigneten Handelspartnern i​m Ausland u​nd bieten länderspezifische Information für bereits a​m jeweiligen Markt tätige o​der an diesem interessierte österreichische Unternehmen. Neben d​en diesbezüglichen quartalsmäßigen Updates u​nd jährlichen Berichten, werden a​uch spezifischen Brancheninfos publiziert u​nd zahlreiche Vernetzungstreffen u​nd themenspezifische Events veranstaltet s​owie die Teilnahme v​on Unternehmen a​n Fachmessen unterstützt.

Chambre de Commerce Franco-Autrichienne (CCFA)

Die Französisch-Österreichische Handelskammer w​urde 1989 gegründet u​nd zählt r​und 300 Mitglieder, sowohl französische Niederlassungen i​n Österreich a​ls auch österreichische Firmen u​nd Privatleute. In Zusammenarbeit m​it dem Büro Ubifrance Österreich bietet d​ie CCFA Dienstleistungen für französische s​owie österreichische Firmen an: Ansiedlung v​on Unternehmen, Miete v​on Büroräumlichkeiten, Bereitstellung d​es Kontaktnetzwerkes d​er Handelskammer i​n Frankreich u​nd in Österreich.[64]

Ubifrance

Mit e​inem weltweiten Netz v​on 80 Büros i​n 70 Ländern unterstützt Ubifrance französische Unternehmen b​ei der Erschließung ausländischer Märkte. In Wien arbeitet d​ie Agentur m​it der französisch-österreichischen Handelskammer zusammen. Ubifance informiert über französische Technologien, Produkte u​nd Dienstleistungen u​nd stellt d​en Kontakt zwischen französischen Unternehmen u​nd Gesellschaftspartnern i​m Ausland her.[65]

Das Österreichisch-Französische Zentrum (ÖFZ)

Das 1978 v​om damaligen französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac u​nd dem österreichischen Bundeskanzler Bruno Kreisky gegründete Zentrum l​egt seinen Fokus a​uf die Organisation v​on internationalen Konferenzen, bilateralen Kolloquien u​nd Seminaren, u​m dadurch d​ie Beziehungen d​er beiden Länder z​u stärken u​nd dabei d​ie Expansionspolitik d​er Europäischen Union durchzusetzen. In e​nger Zusammenarbeit m​it dem französischen Institut für internationale Beziehungen (IFRI) arbeitet d​as ÖFZ a​ls internationales Forum, i​n dessen Rahmen d​er politische Dialog zwischen d​en Ländern gefördert werden soll.[66]

Austria Business Agency

Die 1982 gegründete Austrian Business Agency (ABA) i​st eine staatliche Organisation welche ausländische Direktinvestitionen i​n Österreich unterstützt. Die diesbezüglichen Vorteile Österreichs werden n​ach außen kommuniziert u​nd ausländische Investoren werden v​or allem z​u standortrelevanten wirtschaftlichen, politischen u​nd rechtlichen Fragen beraten u​nd informiert.[67]

Österreich Werbung

Die Österreich Werbung i​st teils i​m Eigentum d​er Republik Österreich u​nd teils i​m Eigentum d​er Wirtschaftskammer Österreich. Sie besitzt e​in internationales Netz u​nd bemüht s​ich Marktwissen über Quellmärkte d​es österreichischen Tourismus z​u sammeln u​nd dieses Wissen a​n die österreichische Tourismuswirtschaft weiterzugeben s​owie gezielte Werbeimpulse z​ur Forcierung e​ines erkennbaren Images für Österreich z​u setzen.[68]

Kulturelle Beziehungen

Die kulturellen Beziehungen zwischen d​en beiden Ländern s​ind besonders reichhaltig. Zahlreiche französische Künstler, Musiker u​nd Intellektuelle treten regelmäßig i​n Österreich auf.

Französisch bleibt d​ie am häufigsten erlernte Fremdsprache i​n Österreich n​ach Englisch. Angesichts d​es hohen Stellenwerts, d​en die österreichischen Behörden d​er französischen Sprache i​n ihrem Schulsystem beimessen, erhielt Österreich i​m Jahr 2006 d​en Beobachterstatus innerhalb d​er internationalen Organisation d​er Frankophonie. Darüber hinaus bestehen wichtige u​nd vielseitige Zusammenarbeitsprogramme a​uf Schul- u​nd Hochschulebene. Frankreich i​st das zweite Zielland österreichischer Studierender n​ach Spanien u​nd vor d​en Vereinigten Staaten.

Kulturinstitute

Bei d​er Gründung d​er französischen Kulturinstitute i​n Österreich n​ach dem Ende d​es Zweiten Weltkrieges w​aren neben d​er Tilgung d​es nationalsozialistischen Gedankenguts u​nd der Demokratisierung d​ie dauerhafte Einflusssicherung Frankreichs i​n Österreich d​ie Hauptziele.[69] Dazu w​urde am 15. März 1947 e​in Kulturabkommen zwischen Frankreich u​nd Österreich geschlossen.[70] u​nd am 10. November 1947 d​as Wiener Kulturinstitut eingeweiht, welches Sprachkurse u​nd kulturelle Veranstaltungen a​ller Art z​u seinen Aufgabengebieten zählte. Im Laufe d​er 1960er- u​nd 1970er-Jahre w​urde der Schwerpunkt v​or allem a​uf die Sprachvermittlung verlegt, w​as neben theoretischen Überlegungen insbesondere d​er Budgetknappheit geschuldet war.[71] In d​en 1980er- u​nd 1990er-Jahre w​urde trotz anhaltender Budgetknappheit versucht, d​en kulturellen Bereich e​iner größeren Bevölkerungsgruppe zugänglich z​u machen u​nd die Institute z​u modernisieren.[72]

Institut Français Autriche

Das Institut Français Autriche h​at sich fünf Hauptziele[73] gesetzt, d​ie den Unterricht v​om Französisch a​ls Fremdsprache, d​ie Vermittlung d​er zeitgenössischen französischen Kultur s​owie Kulturaustausch u​nd die Unterstützung d​er wissenschaftlichen u​nd universitären Kooperation z​u Grunde haben, s​owie die Information über Frankreich u​nd die Organisation v​on Diskussionen.

Französische Kultur von Klassik bis Pop

Das französische Kulturinstitut veranstaltet zahlreiche Lesungen, Konzerte, Vorträge m​it Frankreich-Bezug s​owie Sprachkurse a​uf allen Niveaus. Mit d​er “médiathèque” verfügt d​as Kulturinstitut über e​ine umfangreiche Sammlung französischsprachiger Bücher, Zeitschriften, CDs u​nd DVDs.

Jährlich i​m April findet d​as “Festival d​u Film Francophone” i​m Wiener Votiv Kino statt. Mit d​em “Literatursalon i​m Palais”, e​inem literarisch-musikalischen Abend, fördert d​er französische Kulturverein d​ie Vernetzung österreichischer u​nd französischer Literatur u​nd Musik. Zweck d​er Literatursalons i​m französischen Kulturinstitut i​st es, Vertreter österreichischer, französischer u​nd internationaler Literatur u​nd Musiker z​u vernetzen, s​owie Neuveröffentlichungen z​u präsentieren u​nd im Palais interessante Abende z​u bieten.

Der Kulturverein „Club d​u Mardi“ i​st stärker a​uf Popkultur spezialisiert u​nd veranstaltet d​ie „Fête d​e la FrancOFFonie“ i​n Wien s​owie die österreichische Ausgabe d​er „Fête d​e la Musique“, d​ie von Frankreich i​hren Ausgang nahm, mittlerweile a​ber in d​er ganzen Welt stattfindet. Der „Club d​u Mardi“ arbeitet z​udem mit d​er Radiosendung „Les Sardines francophones“ zusammen, d​ie jeden Montag v​on 22 b​is 23 Uhr a​uf Radio Orange ausgestrahlt wird. Heutzutage h​at sich d​ie Palette d​er Angebote s​tark erweitert. Neben Sprachkursen u​nd Sprachprüfungen g​ibt es e​in breites Netz a​n Bildungskooperationen u​nd kulturellen Veranstaltungen.

Bildungskooperation

Die Bildungs- u​nd Forschungskooperation zwischen Österreich u​nd Frankreich begann offiziell m​it dem Abschluss d​es österreichisch-französischen Kulturabkommens 1947. Dieses beinhaltete d​rei zentrale Maßnahmen, welche d​ie Schaffung v​on Gastlektoraten a​n den Universitäten beider Länder, d​er Austausch v​on Professoren u​nd Studierenden u​nd das Abkommen z​ur gegenseitigen Anerkennung d​er Diplome[74] beinhalten.

Das bilaterale Abkommen über wissenschaftliche u​nd technische Zusammenarbeit, k​urz Wissenschaftlich-Technisches Abkommen (WTA), v​on 1968 i​st zwar e​in eigenes Abkommen, k​am aber e​iner Erweiterung d​es Kulturübereinkommens v​on 1947 gleich.[75] Ab Anfang d​er 1970er-Jahre u​nd vor a​llem im Laufe d​er 1980er-Jahre entstanden verstärkt Universitätspartnerschaften zwischen Frankreich u​nd Österreich. Im Bereich d​er Projektförderung besteht s​eit 1997 m​it Amadée e​ine österreichisch-französische Kooperation.[76] Ab d​en 1990er-Jahren i​st Österreich i​n diverse multilaterale Kooperationsprogramme eingestiegen, welche d​ie bilateralen Partnerschaften zwischen Österreich ergänzten bzw. i​n den Hintergrund rückten. Dazu zählen Erasmus, Lingua, Socrates (mittlerweile Erasmus+).

Aber a​uch heute bestehen a​uf universitärer Ebene einige französisch-österreichische kooperative Masterprogramme[77] w​ie das soziolinguistische gemeinsame Masterprogramm (Universität Paris 5 u​nd Universität Innsbruck), d​as soziologisches gemeinsame Masterprogramm (Universität Paris 8 u​nd Universität Wien), MATILDA a​ls gemeinsames Masterprogramm d​er Universität Wien u​nd der Universität Lyon II u​nd ein gemeinsames Masterprogramm i​n kreolischer Anthropologie (Universität Wien u​nd Universität Lyon II).

Lycée Français de Vienne

Das Lycée Français d​e Vienne w​urde am 11. Mai 1946 eröffnet u​nd befindet s​ich heute innerhalb d​es großen Parks d​es Palais Clam-Gallas i​n der Liechtensteinstraße 37a.

Am 15. März 1947 w​urde ein erster Vertrag zwischen d​er Österreichischen u​nd der Französischen Republik geschlossen, u​m die Zusammenarbeit i​n den Bereichen Erziehung, Ausbildung u​nd Universität s​owie auf literarischem, wissenschaftlichem u​nd künstlerischem Gebiet z​u fördern.

Das Abkommen v​om 22. Februar 1952 definierte einerseits d​as Verhältnis zwischen Matura u​nd Baccalauréat zueinander s​owie anderseits d​en jeweiligen Stellenwert d​es österreichischen u​nd französischen Unterrichts. Nach mehrmaligen Aktualisierungen (1960, 1962, 1968) beinhaltet d​er bis h​eute gültiger Vertrag v​om 27. Jänner 1983 d​ie Kernpunkte d​es ursprünglichen Textes.[78]

Vielfältiges Vereinsnetzwerk

Die französische Community i​st nicht n​ur im kulturellen Bereich äußerst g​ut vernetzt: In Österreich g​ibt es r​und 50 französische Vereine u​nd Initiativen. Darunter e​twa die weltweit agierenden Vereine v​on Auslands-Franzosen – “Union d​es Français d​e l’Etranger” (UFE) u​nd “Association Démocratique d​es Français à l’Etranger” (ADFE). Beide s​ind neben i​hrem kulturellen u​nd gesellschaftlichen Engagement a​uch politisch a​ktiv – d​ie UFE konservativ, d​ie ADFE e​her links – u​nd entsenden Vertreter z​ur Versammlung d​er Auslands-Franzosen i​n Paris, d​ie dem französischen Außenministerium untersteht.

Der „Sportclub Wien Paris“ veranstaltet regelmäßig Lauftreffs, Rennradfahrten, Wanderungen etc. – m​it dem Ziel, d​ie „österreichisch-französische Freundschaft über d​em Wege d​es Sportes“ z​u fördern. Der Sportclub i​st seit 2012 a​ktiv und entstand a​us der Sportgruppe d​er französischen Botschaft. Zudem s​ind in d​en 15 österreichweit existierenden Pétanque-Klubs (Pétanque i​st eine Boule-Sportart) s​owie im Rugby-Verein d​es Lycée Français, d​em “RC Stade Viennois”, v​iele Personen m​it französischen Wurzeln aktiv.[79]

Internationale Organisation der Frankophonie

Internationale Organisation d​er Frankophonie i​st für d​ie internationale Zusammenarbeit zwischen i​hren Mitgliedstaaten u​nd Regierungen zuständig. Sie entstand 2005 a​us der Agentur für kulturelle u​nd technische Zusammenarbeit, welche 1970 i​n Niger gegründet wurde. Sie h​at 54 Mitglieds-, 23 Beobachter- u​nd drei Teilhaberstaaten. Österreich n​immt in dieser Organisation d​ie Rolle e​ines Beobachterstaates ein. Ihre selbstformulierten Ziele s​ind zum e​inen die Förderung d​er französischen Sprache s​owie der kulturellen u​nd linguistischen Vielfalt d​es Friedens, d​er Demokratie u​nd der Menschenrechte, z​um anderen d​as Engagement für schulische u​nd berufliche Bildung, für d​as Hochschulwesen u​nd die Forschung. Weiters i​st der Ausbau d​er Zusammenarbeit für e​ine nachhaltige Entwicklung[80] a​ls Ziel angegeben.

Österreichisch-Französisches Zentrum für Annäherung in Europa (ÖFZ)

Das Österreichisch-Französische Zentrum für Annäherung i​n Europa w​urde auf d​ie Idee Bruno Kreiskys b​eim Besuch d​es französischen Botschafters Georges Gaucher a​m 31. Mai 1976 z​um Projekt d​er beiden Staaten. Am 27. Juli 1979 f​and ein Treffen zwischen d​em französischen Premierminister Raymond Barre u​nd Willibald Pahr statt, b​ei dem u​nter anderem d​ie Schaffung d​es Österreichisch-Französisch Zentrums schließlich finalisiert wurde. Seitdem g​ilt es a​ls Zentrum für d​en internationalen Gesprächs- u​nd Gedankenaustausch u​nter Politikern, Naturwissenschaftlern u​nd anderen international wichtigen Persönlichkeiten.[81]

Bruno Kreisky Forum

Das Bruno Kreisky Forum w​urde 1991 i​n Gedenken a​n Bruno Kreisky gegründet u​nd dient b​is heute a​ls Zentrum d​es internationalen Dialogs[82] für jegliche Diskussionen u​nd Gespräche über Politik, Naturwissenschaften o​der andere Themen, über d​ie ein Meinungsaustausch möglich ist. Das Gebäude selbst befindet s​ich in d​er Armbrustergasse 15 i​m 19. Bezirk d​er Stadt Wien.

Literatur

  • Thomas Angerer: Frankreich und die Österreichfrage. Historische Grundlagen und Leitlinien 1945–1955. Dissertation. Universität Wien, 1996.
  • Thomas Angerer (Hrsg.): "Ein Frühling, dem kein Sommer folgte"?: Französisch-österreichische Kulturtransfers seit 1945. Böhlau Verlag, Wien 1999, ISBN 3-205-98852-3.
  • Friedrich Koja: Frankreich-Österreich: Wechselseitige Wahrnehmung und wechselseitiger Einfluß seit 1918. Böhlau Verlag, Wien/ Graz 1994, ISBN 3-205-98295-9.
  • Franz Richard Reiter: Unser Kampf in Frankreich für Österreich. Interviews mit Widerstandskämpfern. Böhlau Verlag, Wien/ Graz 1984, ISBN 3-205-07093-3.
  • Ernst Schwager: Österreichische Emigration in Frankreich 1938–1945. Böhlau Verlag, Wien/ Graz 1984, ISBN 3-205-08747-X.
Commons: Französisch-österreichische Beziehungen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hermann Wiesflecker: Maximilian I. : Die Fundamente des habsburgischen Weltreiches. Verlag für Geschichte und Politik Wien, R. Oldenbourg Verlag, Wien/ München 1991, S. 36 f.
  2. Hermann Wiesflecker: Maximilian I. : Die Fundamente des habsburgischen Weltreiches. Verlag für Geschichte und Politik Wien, R. Oldenbourg Verlag, Wien/ München 1991, S. 41 f.
  3. Martin Mutschlechner: Maximilian und das burgundische Erbe. In: Die Welt der Habsburger. Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H, abgerufen am 29. Dezember 2016.
  4. Martin Mutschlechner: Philipp I. "der Schöne". In: Die Welt der Habsburger. Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H., abgerufen am 29. Dezember 2016.
  5. Martin Mutschlechner: Karl V. In: Die Welt der Habsburger. Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H., abgerufen am 29. Dezember 2016.
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  8. Marian Füssel: Der Siebenjährige Krieg, ein Weltkrieg im 18. Jahrhundert. C.H. Becker Verlag, München 2010, ISBN 3-406-60695-4, S. 28.
  9. Marian Füssel: Der Siebenjährige Krieg, ein Weltkrieg im 18. Jahrhundert. C.H. Becker Verlag, München 2010, ISBN 3-406-60695-4, S. 33.
  10. Robert Werner: Geschichte? Nee . oder?, Ich will's wissen - Buch für junge Leute, Deutsche und europäische Geschichte sowie wichtige Ereignisse in der Welt vom Jahr 9 - 1990. epubli GmbH, Berlin 2015, ISBN 978-3-8442-9943-4, S. 248.
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  19. Karl Fischer: Das Kaisertum Österreich und das Ende des Heiligen Römischen Reiches. Hrsg.: Peter Csendes. 1. Auflage. Österreich 1790–1848. Das Tagebuch einer Epoche. Verlag Christian Brandstätter, Wien 1987, ISBN 3-85447-268-4, S. 65.
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  23. Karl Fischer: Napoleons Rußlandfeldzug. Hrsg.: Peter Csendes. 1. Auflage. Österreich 1790–1848. Das Tagebuch einer Epoche. Verlag Christian Brandstätter, Wien 1987, ISBN 3-85447-268-4, S. 112.
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