Sklaverei in Kuba
Die atlantische Sklaverei auf Kuba entstand mit der Kolonisierung von Kuba seit 1510.
Da die dünn besiedelte Insel nicht genügend Arbeitskräfte bot, setzten die spanischen Kolonisten von 1502 an in urbanen Wirtschaftsbereichen afrikanische Sklaven ein. Eine bedeutende Rolle spielte die Arbeitskraft von Sklaven auch im Zuckerrohr- und Kaffeeanbau. Abgeschafft wurde die Sklaverei in Kuba erst 1886, 12 Jahre bevor Spanien seinen Anspruch auf die Insel aufgab.
Geschichte
Die Ureinwohner der Insel erwiesen sich als billige Arbeitskräfte nicht geeignet, da sie zu anfällig gegen eingeschleppte europäische Krankheiten wie Masern oder Pocken waren. Sie eigneten sich aufgrund ihrer angestammten Lebensweise auch nicht für einen effizienten Einsatz in einem kolonialen Produktionssystem. Auf Kuba wurde die Urbevölkerung regelrecht ausgerottet (siehe auch: Bartolomé de las Casas). Indianersklaverei wurde durch die spanische Krone mehrfach verboten. Zunächst kamen schwarze Sklaven vor allem von der iberischen Halbinsel, besonders aus Andalusien. 1526 erreichten die ersten Sklavenlieferungen direkt aus Afrika die Insel Kuba. Im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts gelangten mehr als 600.000 afrikanische Sklaven lebend in die spanischen Kolonien Amerikas. Die Anzahl der gefangenen und transportierten Sklaven war freilich wesentlich höher, da viele auf dem strapaziösen Weg an die Küste und beim Transport auf den Sklavenschiffen verstarben. Nach Kuba kamen bis 1789 (Freigabe des Sklavenhandels durch die spanische Krone) ca. 50.000–60.000 afrikanische Sklaven.
Die haitianische Revolution Saint-Domingue 1791–1803 und die erste industrielle Revolution führten in Westkuba zu einer völlig neuen Form der Sklaverei. Während bis dahin die Sklaven weitgehend (d. h. mit einigen Ausnahmen z. B. in den Erzminen des griechischen und römischen Altertums) im Rhythmus der ländlichen Produktionsweise arbeiteten und nicht massenhaft eingesetzt wurden und meist sogar zum Haushalt kreolischer Eliten gehörten, wurde mit dem Einsatz der Dampfmaschinen die Sklavenarbeit an den Rhythmus der Maschinen angepasst. Dampfbetriebene Zuckermühlen auf Kuba, Baumwolle verarbeitende Maschinen bei den Abnehmern der Baumwolle aus den Südstaaten der USA änderten vollständig den Charakter der Sklavenarbeit. Je mehr die Maschinen im Zuge des technischen Fortschritts verarbeiten konnten, desto härter und massenhafter wurde auch der Sklaveneinsatz. Die Arbeit der Sklaven etwa auf Kuba musste sich der ungeheuren Verarbeitungskapazität der dampfgetriebenen Zuckermühlen des 19. Jahrhunderts anpassen. Die Sklaven wurden zu Hunderten in Baracken in großen Lagern untergebracht, ihre Arbeitskraft bis zur Erschöpfungsgrenze ausgenutzt. Die Peitsche wurde zum gängigen Antriebsmittel bei der Arbeit. Sklavenaufstände wie auf Haiti und Kuba Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren Folge der unmenschlichen Arbeitsbedingungen. Trotz fürchterlicher Strafen flüchteten Sklaven als Cimarrones auch immer wieder in die unwegsamen Wälder. Besondere Trupps von Sklavenjägern (rancheadores) mit speziell auf Sklaven dressierten Hunden sollten sie dort aufspüren. Wurden die entlaufenen Sklaven gefunden, drohte ihnen zur Abschreckung der anderen die öffentliche Hinrichtung, meist auf abscheuliche Weise.
Ab 1807 kam es zu einer Beendigung des Sklavenhandels. In diesem Jahr wurde in Großbritannien aus wirtschaftlichen und religiösen Gründen ein Verbot des Sklavenhandels verabschiedet (gültig ab 1808), in den USA ebenfalls. Um keine Konkurrenznachteile zu erleiden, übte Großbritannien Druck auf andere Kolonialmächte aus, den Sklavenhandel ebenfalls einzustellen. Während in Preußen schon seit 1713 die Sklaverei untersagt war, wurde der Sklavenhandel Portugals, Spanien/Kubas, Frankreichs und Brasiliens erst nach und nach ab 1815 auf britischen Druck verboten (siehe: Wiener Kongress). Mit der spanischen Krone schloss Großbritannien 1817 einen Vertrag, der den Sklavenhandel nach Kuba ab 1820 verbot. Die spanisch-kubanischen Sklavenhändler (negreros) hielten sich nicht an den Vertrag (der 1835 und 1845 verschärft wurde); 1820 begann eine Phase intensiven Menschenschmuggels zwischen Afrika und Kuba, die bis 1878 anhielt und zur Verschleppung von ca. 780.000 bis 1 Million Menschen nach Kuba führte [hidden Atlantic]. Britische Kriegsschiffe verfolgten spanisch-kubanische Sklavenschiffe, die befreiten Verschleppten wurden formal befreit (emancipados, ca. 40.000–60.000), blieben aber auf Kuba und arbeiteten als eine Art Staatssklaven vor allem in der Exportlandwirtschaft und im Bau.
Besonders nach der Verschärfung des Vertrages von 1835 gab es auf Kuba sogenannte „Aufzuchtprogramme“, in denen Sklavenkinder der Ersatz für den fehlenden Nachschub aus Afrika wurden, zusätzlich wurden aus Afrika im illegalen Menschenhandel immer mehr Kinder nach Kuba verschleppt. Zudem wurden zwischen 1847 und 1874 rund 125.000 chinesische Kulis, vor allem aus Kanton, angeworben. Sklavinnen entwickelten Methoden der Abtreibung (z. B. Einsatz von Kernen der Papaya), mit denen sie verhindern wollten, dass sie Kinder zur Welt brachten, deren Schicksal die Sklaverei war. Häufig kam es zum Selbstmord von Sklaven.
Massenhaft schlossen sich Sklaven seit 1868 der Unabhängigkeitsbewegung an, die erst spät die Sklavenbefreiung in ihr Programm aufnahm. Als die Spanier 1898 nach dem verlorenen Spanisch-Amerikanischen Krieg aus Kuba abzogen, wurden die ehemaligen Sklaven zu Lohnarbeitern, ohne dass sich dadurch ihre soziale Lage entscheidend besserte. Während sie bis dahin als „Arbeitstiere“ auch in den Ruhezeiten der Zuckerproduktion am Leben gehalten wurden, führte Arbeitsmangel nun zu Entlassung und Hunger.
Erst am 13. Februar 1880 verfügte Spanien das Patronat (patronato), einen Übergang zur Emanzipation, und am 7. Oktober 1886 wurde die Sklaverei auf Kuba per Gesetz abgeschafft (Abolition).
Siehe auch
Literatur
- Miguel Barnet: Der Cimarrón. Die Lebensgeschichte eines entflohenen Negersklaven aus Cuba. Suhrkamp, Frankfurt/M. 1999, ISBN 3-518-39540-8.
- Laird Bergad: The Comparative Histories of Slavery in Brazil, Cuba, and the United States. Cambridge University Press, 2007, ISBN 0521694108.
- Michael Zeuske: Schwarze Karibik: Sklaven, Sklavereikultur und Emanzipation. Rotpunkt, Zürich 2004, ISBN 978-3858692726.
- Michael Zeuske: Out of the Americas: Sklavenhändler und Hidden Atlantic im 19. Jahrhundert. Ein Forschungsprojekt am Historischen Seminar der Universität zu Köln. In: AHF Jahrbuch der historischen Forschung in der Bundesrepublik Deutschland (2009), S. 37–57 (unter: www.ahf-muenchen.de/Forschungsberichte/Jahrbuch2009/AHF_Jb2009_Zeuske.pdf).
- Michael Zeuske: Historiography and Research Problems of Slavery and the Slave Trade in a Global-Historical Perspective. In: International Review of Social History. Vol. 57:1 (April 2012), S. 87–111.
- Michael Zeuske: Mongos und Negreros: Atlantische Sklavenhändler im 19. Jahrhundert und der iberische Sklavenhandel 1808/1820–1878. In: Periplus. Jahrbuch für außereuropäische Geschichte. 20. Jg. (2010) (= Hatzky, Christine; Schmieder, Ulrike (Hrsg.): Sklaverei und Postemanzipationsgesellschaften in Afrika und in der Karibik), S. 57–116.
- Michael Zeuske: Die Geschichte der Amistad. Sklavenhandel und Menschenschmuggel auf dem Atlantik im 19. Jahrhundert. Philipp Reclam, Ditzingen 2012, ISBN 978-3-15-020267-8.