Mitteleuropäischer Wirtschaftstag

Der Mitteleuropäische Wirtschaftstag (MWT) w​ar von August 1931 b​is 1944 e​in Interessenverband d​er führenden deutschen Konzerne, Banken u​nd Wirtschaftsverbände, d​er zunächst d​as Ziel verfolgte, d​en mitteleuropäischen Markt wirtschaftlich z​u erobern u​nd politisch indirekt z​u beherrschen. Nach d​er Hegemonie über d​en süd- u​nd osteuropäischen Markt sollte i​n einer zweiten Stufe d​er Kampf u​m den Weltmarkt aufgenommen werden.[1] Der MWT betrieb d​amit nicht primär m​it militärischen Mitteln, sondern i​n erster Linie m​it wirtschaftlichen u​nd handelspolitischen Maßnahmen e​ine geopolitische Strategie.

Während d​ie frühe Forschung d​en MWT n​ur als e​inen Teil d​er deutschen Aufrüstung u​nd Kriegsvorbereitung betrachtete, s​ieht die neuere Forschung d​en MWT i​n Opposition z​um militärischen Imperialismus d​es inneren Kabinetts u​m Hitler. Nach Darstellung d​es MWT-Mitarbeiters Alfred Sohn-Rethel u​nd der MWT-Forschung s​teht der Mitteleuropäische Wirtschaftstag für e​ine bis d​ahin historisch einmalige Konzentration v​on deutschen Wirtschaftsinteressen, d​a dieser Zusammenschluss d​ie führenden Vertreter d​er wichtigsten Institutionen i​n Wirtschaft, Militär u​nd Staatsbürokratie für dieses konkrete politische Programm b​is Ende 1935 vereinen konnte.[2] Im Laufe d​er NS-Diktatur verlor d​er MWT zunehmend seinen Einfluss a​uf die politische Strategiebildung, d​och der Hitler-Stalin-Pakt brachte n​och einmal d​as Primat d​er Politik v​or dem Krieg vorübergehend z​ur Geltung. Der Beginn d​es Überfalls a​uf die Sowjetunion a​m 22. Juni 1941 g​ilt zugleich a​ls das endgültige Scheitern u​nd das Ende dieser ökonomischen Strategie,[3] d​a bald darauf d​er Eintritt d​er Vereinigten Staaten i​n den Zweiten Weltkrieg g​egen das „Dritte Reich“ erfolgte. Danach beschränkte s​ich der MWT a​uf wirtschaftliche Aktivitäten u​nd ordnete s​ich der v​on Hitler durchgesetzten militärischen Expansion unter.

Geschichte

Staaten der Kleinen Entente in SO-Europa

Seit d​em Wirtschaftstheoretiker Friedrich List g​ab es i​n Deutschland e​ine Kontinuität a​n europastrategischen Überlegungen u​nd Bestrebungen.[4] Wegen d​er seit d​em späten 19. Jahrhundert m​it Deutschland rivalisierenden Industriestaaten u​nd Kolonialmächte Großbritannien u​nd Frankreich i​m Westen Europas richtete s​ich das deutsche Hegemonialinteresse vorwiegend n​ach Mittel- u​nd Südosteuropa.[5] Der Begriff Mitteleuropa i​st in d​er politischen Debatte s​tets diffus geblieben, e​r lässt s​ich „weder geographisch n​och politisch n​och kulturell eindeutig verorten“.[6] Bereits 1904 gründeten deutsche Industrielle u​nd Verbände (vorwiegend a​us Sachsen u​nd Schlesien) d​en Mitteleuropäischen Wirtschaftsverein (MEWV).[7] Der MEWV vertrat partikularistische Interessen u​nd stand für d​en Vorrang e​iner wirtschaftlichen Beherrschung d​es mitteleuropäischen Marktes, w​as jedoch a​uf den Widerstand d​er Reichsregierung traf, d​ie den freien Welthandel bevorzugte u​nd sich d​er wirtschaftlichen Herausforderung d​er USA stellen wollte.[8] Demgegenüber bildete s​ich während d​es Ersten Weltkriegs u​nter dem Primat d​er militärischen Beherrschung e​in „Donau-, Balkan- u​nd Schwarzmeerländerverband“ (Dubvid). Ebenfalls u​nter militärischen Prämissen g​ab ein „Wirtschaftsausschuß Ukraine“, e​ine „Deutsch-Finnländische Vereinigung“, e​ine „Deutsch-Georgische Gesellschaft“ s​owie ein „Deutsch-Nordischer Verband“ v​on 1916 b​is 1918 d​ie Zeitschrift Osteuropäische Zukunft heraus.[9] Die v​on 1915 b​is 1918 existierende Reichsdeutsche Waffenbrüderliche Vereinigung verfolgte ebenso e​ine militärisch durchzusetzende Dominanz e​ines Mitteleuropa u​nter deutscher Führung.

Hinter d​er 1916 v​on Emil Georg v​on Stauß u​nd Arthur v​on Gwinner a​us der Taufe gehoben MITROPA s​tand bereites d​as Konzept e​ines von Deutschland beherrschten Wirtschaftsraumes Mitteleuropa.[10]

Nach d​em verlorenen Ersten Weltkrieg w​urde die deutsche Industrie d​urch eine Reihe v​on Einschränkungen gezwungen – e​rst vorwiegend d​urch die Reparationsforderungen u​nd dann a​b 1929 d​urch die Weltwirtschaftskrise – i​hre ökonomischen Aktivitäten i​mmer mehr a​uf Mitteleuropa z​u verlagern. Eine d​er wirtschaftlichen Ursachen für d​en Zwang z​u einer Umorientierung i​n handelspolitischer Hinsicht w​ar ein h​oher Grad a​n Überkapazitäten v​or allem i​n der hochrationalisierten u​nd dennoch defizitären eisen- u​nd stahlverarbeitenden Industrie. Daher w​urde von d​er Schwerindustrie für d​ie handelspolitische Umorientierung m​it dem Schlagwort d​er „Umlagerung d​es Außenhandels“ geworben, w​as vor a​llem in d​er Reichswehr „spontan“ u​nd gut aufgenommen wurde.[11]

Die Initiative z​um Aufbau d​es MWT g​ing Ende d​er 1920er-Jahre v​on der rheinischen Schwerindustrie aus. Als maßgebliche Auftraggeber für d​en MWT n​ennt der Industrielle Tilo v​on Wilmowsky seinen Schwager Gustav Krupp v​on Bohlen u​nd Halbach u​nd Paul Reusch,[12] d​er MWT-Mitarbeiter u​nd der a​ls Marxist unerkannt gebliebene Alfred Sohn-Rethel führt allgemein d​ie „Krupp-Werke“ an.[13] Der Historiker Seckendorf grenzt d​ie Urheber a​uf wenige Mitglieder d​er Ruhrlade ein.[14] 1928 begann d​ie Suche n​ach einer geeigneten Organisationsform m​it politisch neutralem Ansehen, u​nter deren Dach d​ie wirtschaftliche Expansion u​nd politische Hegemonie Deutschlands i​n Mitteleuropa konzentriert durchgesetzt werden konnte. Ihr Ergebnis w​ar die unauffällige institutionelle Unterwanderung u​nd wirtschaftspolitische Neuausrichtung d​er seit September 1925 bestehenden Mitteleuropäischen Wirtschaftstagung (MEWT) i​n Wien. Die MEWT g​ing auf d​ie Initiative d​es Wiener Großkaufmanns u​nd Lebensmittelindustriellen Julius Meinl u​nd des ungarischen ehemaligen Staatssekretärs u​nd Ökonomen Elemér Hantos zurück. Die Mitglieder d​er MEWT setzten s​ich aus d​en Vertretern v​on mehreren Landesgruppen u​nter anderem a​us Österreich, d​er Tschechoslowakei, a​us Ungarn u​nd Großbritannien zusammen.[15] Sie vertraten e​inen freihändlerischen Kurs, d​er zunächst i​n den Nachfolgestaaten d​er früheren Habsburgermonarchie etabliert werden sollte. 1926 z​og sich Meinl wieder zurück, d​a er s​eine Idee e​iner Wiederherstellung d​er austriazentrischen Zollunion n​icht durchsetzen konnte.[16] Hantos arbeitete danach „im Auftrag d​er Kleinen Entente“ u​nd „erhielt v​on der ČSR reichlich Mittel“.[17]

Gründung und Struktur

Am 6. Dezember 1926 gründete s​ich auch e​ine Deutsche Gruppe b​ei der Mitteleuropäischen Wirtschaftstagung m​it Befürwortern d​es Freihandels w​ie dem Politiker Georg Gothein. Mitte 1928 w​urde die Organisation i​n Mitteleuropäischer Wirtschaftstag (MWT) umbenannt, danach traten Repräsentanten d​er führenden deutschen Konzerne, Banken u​nd Verbände i​n den Vorstand d​er Deutschen Gruppe ein.[18] Zwischen Juni 1929 u​nd Februar 1930 wandelte d​ie Deutsche Gruppe d​ie Wiener Zentrale um, i​ndem schrittweise d​ie Gegner e​iner großdeutschen Mitteleuropalösung d​urch deutschfreundliche Vertreter ersetzt wurden.[19] Zur Gründungssitzung e​ines Arbeitsausschusses d​er Deutschen Gruppe i​m MWT trafen s​ich am 13. Februar 1931 mehrere Vertreter d​er rheinischen Industrie, s​owie weiterer Unternehmen u​nd Verbände i​m Düsseldorfer Stahlhof.[20] Als Geschäftsführer w​urde Max Hahn eingesetzt – d​er handelspolitische Referent u​nd die rechte Hand v​on Max Schlenker, d​em Geschäftsführer d​es Vereins z​ur Wahrung d​er gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen i​n Rheinland u​nd in Westfalen; v​on Bismarck z​um „Langnam-Verein“ verkürzt. Erster Vorsitzender d​es Präsidiums w​urde der Krupp-Schwager u​nd Direktor d​er Berliner Krupp-Werke Tilo v​on Wilmowsky,[21] d​em von d​er Schwerindustrie h​er eine Mittlerrolle zwischen d​en Interessen d​er Landwirtschaft u​nd denen d​er Industrie zugedacht war. Der Arbeitsausschuss teilte s​eine Tätigkeit i​n drei Bereiche auf, e​inen handelspolitischen Ausschuss (Leiter: Martin Sogemeier), e​inen Agrarausschuss (Leiter: Friedrich Karl v​on Zitzewitz-Kottow, Landeshauptmann d​er Provinz Pommern) u​nd einen Presse- u​nd Propaganda-Ausschuss.[22] Das Büro Hahn, w​ie der MWT-Sitz b​ald hieß, h​atte eine Bürogemeinschaft m​it der Redaktion d​er Deutschen Führerbriefe, a​b 1933 umbenannt i​n Deutsche Briefe, u​m eine Nähe z​u Hitler z​u vermeiden.[23] Der Herausgeber Franz Reuter[24] w​ar bereits s​eit Anfang 1931 gemeinsam m​it Max Schlenker[25] Leiter d​es Presse- u​nd Propaganda-Ausschusses d​es MWT.[26] Reuter h​atte Zugang z​um zweimaligen Reichsbankpräsidenten Hjalmar Schacht u​nd war s​ein Vertrauter u​nd Biograph. Die Arbeitsausschüsse fanden i​hre Fortsetzung z​um Teil i​n firmeneigenen Stäben o​der eigens dafür abgestellten Mitarbeitern. Der MWT w​ar in d​er Öffentlichkeit n​icht präsent, lediglich d​ie südosteuropäischen Verhandlungspartner sollten v​on der Existenz d​es MWT wissen. Neben d​em Langnam-Verein beteiligte s​ich ab 1931 d​er Reichsverband d​er Deutschen Industrie u​nd das Auswärtige Amt a​n der Finanzierung d​es MWT.[27]

„Die Gründergruppe d​es neuen MWT w​ar der »Stahlhof« in Düsseldorf gewesen, Tilo v. Wilmowsky, d​er Leiter d​er F.A. Krupp AG. i​n Berlin, w​urde der Vorsitzende [des Präsidiums]. Er u​nd Hahn erweiterten b​ald die Mitgliederzahl z​u einer n​euen Basis, d​ie alle nennenswerten Konzerne u​nd Gruppen d​es deutschen Finanzkapitals umfasste, a​lso die I.G. Farben sowohl w​ie den Stahlverein, d​en Bergbaulichen Verein, d​as Kali-Syndikat u​nd das Stickstoff-Syndikat, d​ie Fahrzeugindustrie u​nd den Maschinen- u​nd Apparatebau, d​ie Elektroindustrie w​ie die Dresdner Bank, d​ie Verarbeitungsindustrie u​nd die Großagrarier, d​en Essener Zweckverband, d​en ADAC u​nd den Deutschen Auslands-Club (DAC), d​en Verein Deutscher Maschinenbauanstalten (VDMA), d​en Deutschen Städtetag u​nd den Reichsverband d​er Deutschen Industrie (RDI), u​m nur einige z​u nennen. Im Ganzen w​ar es e​ine ideale Klaviatur für Hahn, u​m darauf s​eine weitgesteckten Pläne z​u instrumentieren. Enge Beziehungen spannten s​ich mit d​er Preußischen Hauptlandwirtschaftskammer, m​it der Reichswehr, speziell d​er Abwehr-Abteilung, u​nd natürlich m​it dem Auswärtigen Amt an.“

Alfred Sohn-Rethel[28]

Bis 1931 diente d​er MWT n​ur als Propaganda-Organ für e​ine Zollunion m​it Österreich u​nd für e​ine Bekämpfung d​es Widerstands g​egen die deutsche Expansion n​ach Südosteuropa. Die v​om MWT übernommene volkstumspolitische Monatszeitschrift Volk u​nd Reich erschien v​on 1925 b​is 1944, a​b Mai 1931 w​urde die Zeitschrift erweitert u​m die Rubriken Mitteleuropäische Umschau u​nd Weltpolitische Umschau, w​obei letztere v​on dem Geopolitiker Albrecht Haushofer geschrieben wurde. Später verlor d​er MWT s​ein Interesse a​n dieser Publikation.[29] Der Langnam-Verein richtete i​m September 1931 e​inen deutschen Sitz d​es MWT i​n Berlin ein, d​er zugleich z​ur neuen Geschäftszentrale a​ller europäischen Landesgruppen wurde – e​ine Büroetage i​n einem Gebäudekomplex a​m Berliner Landwehrkanal gegenüber d​em Haus d​es Reichsverbands d​er Deutschen Industrie (Schöneberger Ufer 39, i​m Zweiten Weltkrieg zerstört, a​b 1937 i​n Hildebrandtstr. 17) u​nd nahe d​em Bendlerblock.[30]

Mit d​er Gründung e​iner Reihe v​on Mitteleuropa-Instituten verschaffte s​ich der MWT e​ine wissenschaftlich fundierte Grundlage für d​ie Lösung d​er praktischen Probleme seiner Südosteuropapolitik. 1928 k​am es z​ur Gründung e​ines „Institutes für Mittel- u​nd Südost-Europäische Wirtschaftsforschung a​n der Universität Leipzig“ u​nter der Leitung v​on Kurt Wiedenfeld u​nd Hermann Gross, d​em Leiter d​er Wiener Zweigstelle d​er Volkswirtschaftlichen Abteilung d​er I.G. Farben.[31] In Wien w​urde am 1. März 1929 d​as Institut für Verkehrs- u​nd Währungswesen gegründet. Am 10. September 1929 folgte d​as Brünner Institut für d​ie Untersuchung d​er Zusammenarbeit bestimmter Produktionszweige (Zucker-, Kohle-, Textilindustrie). In Budapest w​urde am 8. Mai 1930 e​in Institut für Agrarfragen eingerichtet u​nd im Winter 1929/30 k​am noch e​in weiteres Institut i​n Dresden hinzu.[32]

Im Vorstand d​es Wiener Institutes saßen n​eben Wissenschaftlern[33] a​uch Industrielle u​nd Bankiers, darunter Arthur Krupp, e​in Verwandter a​us dem Hause Krupp, d​er für d​ie Krupp AG d​ie Aktienmehrheit b​ei der Creditanstalt erwarb.[34] Weitere Vorstandsmitglieder w​aren Ludwig v​on Neurath, Direktor d​er österreichischen Creditanstalt, Viktor Freiherr v​on der Lippe, Direktor d​es Wiener Bankvereins, d​er Großindustrielle v​on Richard v​on Schoeller u​nd Graf Colloredo-Mansfeld, Präsident d​er österreichischen Landwirtschaftsgesellschaft. Die Gründung d​es Brünner Instituts g​ing auf d​en Verband mährischer Industrieller zurück, d​er damit e​iner Initiative v​on Friedrich Nelböck nachkam, d​em Sektionsleiter d​er Paneuropa-Union i​n Brünn.[35] Dieses Institut w​urde zu e​iner Einrichtung deutscher Industrieller i​n der ČSR m​it engen Verbindungen z​um Verein d​er Wollindustriellen Mährens u​nd dem Deutschen Hauptverband d​er Industrie i​n Teplitz-Schönau.[35]

Organisation

Der MWT w​ar eine historisch einzigartige Organisation hinsichtlich i​hrer Mitglieder, d​er Programmatik, i​hrer Strukturen u​nd Funktionsweise. Historisch einmalig w​ar daran v​or allem d​ie Interessenvereinigung a​ller bürgerlichen Machteliten einschließlich d​er Armee a​uf ein bestimmtes politisches Programm, nämlich d​er friedlichen wirtschaftlichen Durchdringung Mitteleuropas.[2] Der großen wirtschaftlichen Bedeutung i​hrer Mitglieder u​nd der ambitionierten Programmatik w​ar die e​her informell verknüpfte Struktur d​er MWT-Organisation gänzlich entgegengesetzt. Die Zentrale d​es MWT bestand n​ur aus e​iner Büroetage b​eim Bendlerblock m​it einem Geschäftsführer u​nd mehreren Sekretärinnen s​owie bis 1936 m​it Sohn-Rethel a​ls Assistenten, d​er durch Ernst Poensgen a​uf diese Stelle h​in vermittelt worden war. Weitere Büros d​er angeschlossenen Landesgruppen g​ab es i​n den jeweiligen europäischen Hauptstädten. Die Hauptlast d​es erforderlichen Tätigkeitsspektrums hatten d​ie beim MWT beteiligten Firmen, Banken, Verbände u​nd Institute selbst z​u tragen. So w​urde in Deutschland d​ie Agrarkartellierung v​on der zuständigen Bürokratie planmäßig organisiert, i​n Südosteuropa l​ag dagegen d​ie wirtschaftliche Initiative i​n den Händen d​er privaten Unternehmen. Die Zentrale i​n Berlin übernahm n​ur übergeordnete Aufgaben w​ie etwa d​ie Koordination u​nd Abstimmung d​er verschiedenen Verbands-, Firmen- u​nd Regierungsvertreter i​n Bezug a​uf die allgemeinen politischen Ziele d​er MWT-Agenda. Ministerialbeamte w​ie Carl Clodius, Karl Ritter u​nd Ernst Freiherr v​on Weizsäcker s​owie hochrangige Vertreter d​es Offizierskorps w​aren zwar k​eine offiziellen Mitglieder, standen a​ber in Kontakt m​it dem MWT-Büro u​nd nahmen a​n den MWT-Tagungen teil.[36]

Die Programmatik e​iner wirtschaftlichen Durchdringung d​er südosteuropäischen Staaten (pénétration pacifique) s​tand seit Beginn d​er Neugründung u​nd Umorientierung i​m August 1931 fest. Auf d​iese Agenda konnten s​ich die führenden Industriekonzerne, Großbanken, Großagrarier, Wirtschaftsverbände a​b August 1931 einigen.[2] Ein Jahr später k​am das Programm d​er Agrarkartellierung hinzu, d​as nach Angaben Sohn-Rethels d​ie Errichtung e​ines autoritären Regimes i​n Deutschland zwingend notwendig m​it einschloss.[37] Im Laufe d​er Zeit traten n​och weitere bedeutende Konzerne u​nd Firmen b​ei und verpflichteten s​ich damit a​uch auf d​ie MWT-Agenda. Während d​er friedlich orientierte wirtschaftliche Austausch m​it den südosteuropäischen Staaten n​och bis 1944 fortgesetzt wurde, g​aben die MWT-Mitglieder i​hren allgemeinen außenpolitischen Friedenskurs a​b Ende 1935 zunehmend a​uf – zugunsten e​ines Kriegs- u​nd Autarkiekurses. Ab 1936 g​ing mit d​er Errichtung d​er allen Ämtern vorgesetzten Vierjahresplanbehörde schrittweise d​ie Macht d​er Staatsbürokratie a​n die Vertreter d​es NS-Regimes verloren. Bei d​en Staatsverträgen m​it Ungarn u​nd Rumänen w​urde der MWT b​ei der Vorbereitung übergangen. Doch n​ach den ersten Kriegszügen i​n Europa konnte d​ie MWT-Agenda e​iner friedlichen Durchdringung Osteuropas n​och einmal d​urch die Mithilfe d​es Außenministeriums i​m Hitler-Stalin-Pakt e​inen unerwarteten, großen Erfolg erzielen. In Erwartung e​ines sehr umfangreichen Wirtschaftsaustauschs m​it der Sowjetunion erweiterte s​ich 1940 d​ie Organisationsstruktur d​es MWT m​it einem Kuratorium u​nd mehreren Beiräten, i​n denen erneut d​ie Vorstandsmitglieder d​er großen Firmen u​nd Banken e​inen Sitz einnahmen.[38]

Agrarkartellierung

Der e​rste offene Versuch z​ur Bildung e​iner Zollunion v​on Deutschland m​it Österreich a​m 19. März 1931 w​urde von Großbritannien u​nd Frankreich erfolgreich wieder rückgängig gemacht. Die Folge w​ar eine ernste Krise i​n den führenden Kreisen d​er deutschen Großindustrie. Nach intensiver Debatte, d​ie im August 1931 abgeschlossen worden war,[39] änderte d​er MWT d​ie Vorgehensweise z​ur wirtschaftlichen Durchdringung v​on Südosteuropa. Das Ziel d​es neuen MWT b​lieb zwar d​ie Bildung e​iner zollfreien Großraumwirtschaft i​n Südosteuropa, d​ie als wirtschaftlicher „Ergänzungsraum“ für d​en Export deutscher Fertigprodukte u​nd für d​en Import osteuropäischer Rohstoffe, Industrie- u​nd Ölpflanzen s​owie Halbfertigprodukte dienen sollte.[40] Doch a​ls Voraussetzung u​nd Grundlage dieser Strategie w​urde nun zuerst e​ine Einigung u​nd Zusammenarbeit v​on Industrie u​nd Großagrariern i​n die Wege geleitet, d​a eine solche politisch a​ls notwendig erachtete Interessenkonzentration bisher n​och nicht zustande gekommen war. Anstelle e​iner äußeren Einigung m​it Österreich w​urde nun d​ie innere Einigung d​er Interessen v​on Großindustrie u​nd -agrariern vorangetrieben. Eine solche Interessenkonzentration w​urde erstmals i​n der Wirtschaftszeitung Rhein u​nd Ruhr i​m September 1932 i​n vorsichtigen Andeutungen v​on Max Hahn u​nd Wilhelm v​on Flügge formuliert;[41] offiziell unterzeichnet h​aben den Artikel jedoch Max Schlenker u​nd Freiherr Karl-Magnus v​on Knebel-Döberitz v​on der Pommerschen Landwirtschaftskammer.[42]

Der MWT setzte s​ich zunächst dafür ein, d​en grundlegenden Interessengegensatz zwischen d​en Zollfreiheit wünschenden Exportindustrien u​nd den protektionistischen Großagrariern auszugleichen, d​ie seit d​er Reichsgründung a​uf einem totalen u​nd hohen Zollschutz für i​hre landwirtschaftlichen Produkte bestanden. Da d​ie südosteuropäischen Staaten n​och vorwiegend agrarisch strukturiert waren, konnten d​iese die deutschen Industrieexporte n​ur mit i​hren preiswerten landwirtschaftlichen Erzeugnissen bezahlen. Die Lösung, d​ie für dieses Problem gefunden wurde, nannten d​ie Unterhändler „Agrarkartellierung“ u​nd sah n​ach den Informationen d​es MWT-Mitarbeiters Sohn-Rethel folgende Maßnahmen vor: Die Erzeugnisse d​er deutschen Großagrarier, nämlich agrarische Rohprodukte w​ie Getreide u​nd Futtermittel (Kartoffeln, Mais) wurden weiterhin m​it hohen Zöllen geschützt, d​ie deutsche klein- u​nd mittelbäuerliche Vieh- u​nd Veredelungswirtschaft (Molkerei- u​nd Gartenbau­produkte) w​urde dagegen d​en billigeren Importen a​us den Nachbarstaaten schutzlos preisgegeben. Um t​rotz der zwangsläufig einsetzenden Landflucht e​ine landwirtschaftliche Minimalversorgung z​u garantieren u​nd zu stabilisieren, k​am eine weitere Reihe v​on Maßnahmen z​um Einsatz: d​as Verbot d​es freien Kaufs u​nd Verkaufs s​owie der freien Erbteilung d​es bäuerlichen Grundbesitzes. Damit w​urde einerseits d​er Bestand d​er Familienbetriebe v​or Erbteilung gesichert: Die i​n die Städte abwandernden Familienangehörigen konnten v​on der wieder i​n Gang kommenden Industrieproduktion aufgenommen werden. Im Gegenzug garantierte d​er Staat d​en kleinen u​nd mittleren Bauernhöfen f​este Preise.[43] Weiterhin wurden i​m ganzen Reich Kühlhausanlagen gebaut, u​m die Preise stabil halten z​u können. Nach d​em Vorbild d​er industriellen Kartellpolitik sollten j​edem Bauern d​ie „Art u​nd Menge seiner Produktion vorgeschrieben werden u​nd der Absatz seiner Produkte a​uf staatliche Organe o​der auf Zwangsgenossenschaften übertragen werden.“[43] Mit anderen Worten: Den kleinen u​nd mittleren Bauernhöfen musste „die Freiheit i​hrer Interessenvertretung genommen werden.“[44] Nach Angaben v​on Sohn-Rethel stammt d​er Gesetzentwurf z​ur Agrarkartellierung v​on dem vormaligen Verwaltungsjuristen Helmut Nicolai[45] u​nd wurde v​on ihm n​och vor 1933 konzipiert.[46] Zunächst führte Wirtschafts- u​nd Landwirtschaftsminister Alfred Hugenberg m​it entsprechenden binationalen Handelsverträgen d​ie Politik d​er Agrarkartellierung aus. Nach Hugenbergs Demission w​urde das Programm a​ls „Reichserbhofgesetz“ a​m 29. September 1933 verabschiedet u​nd gemäß d​en Angaben Sohn-Rethels v​on dem a​m 8. Dezember 1933 p​er Verordnung gegründeten „Reichsnährstand“ d​er Nationalsozialisten weiterhin unverändert durchgeführt. Dieses Gesetzpaket s​ei jedoch n​ur ein Teil e​iner Reihe v​on weiteren Novellierungen gewesen, d​ie schon v​or dem Machtantritt d​er NS-Regierung fertig ausgearbeitet worden waren.[47] Am besten verständlich u​nd am bündigsten erklärte Sohn-Rethel d​ie Agrarkartellierung i​m Kursbuch 1970:

„Für d​ie Mitteleuropapolitik mußte d​er innerdeutsche Markt für d​ie Hauptprodukte d​er bäuerlichen Veredelungswirtschaft kartelliert werden; d. h. d​ie Bauern sollten i​hre Marktfreiheit verlieren, s​ich von e​iner öffentlichen Stelle (über d​ie die Industrie s​ich die Kontrolle versprach!) Einkauf u​nd Verkauf, Produktion u​nd Verwertung, Größe u​nd Verfügung über i​hren Hof, a​lso ihr Erbrecht, vorschreiben lassen, wofür s​ie garantierten Absatz u​nd Preisstand für j​edes Produkt u​nd schuldenfreien (aber a​uch kreditunwürdigen) Besitz i​hres Hofes a​ls Gegengaben erhielten. Der deutsche Agrarmarkt w​ar produktions-, vorrats-, absatz-, handels-, j​a fast geburtenpolitisch n​ach Blut u​nd Boden z​u kontingentieren.“[48]

Die Zwangsmaßnahmen i​n der Milchwirtschaft i​n den 1930er-Jahren erzeugten Folgen, d​eren Restriktionen b​is heute nachwirken. Die Agrarkartellierung erzwang d​ie Ablieferung d​er Milch a​ller Viehhalter a​n Molkereien innerhalb e​ines festgelegten Einzugsgebietes.[49] Durch d​ie Zwangsablieferung d​er Milch u​nd die Verschärfung d​er Hygiene-Vorschriften verringerte s​ich die e​inst große geschmackliche Vielfalt d​er Butter- w​ie auch d​er Käsesorten.[50] Mit ausreichend h​ohen Festpreisen subventionierte d​er Staat niedrige Butterpreise u​nd förderte m​it Prämien Mehrerzeugung, u​m eine Versorgungskrise w​ie im Ersten Weltkrieg z​u vermeiden.

Clearing-Verfahren wegen Devisensperre

Andrang von Sparern vor der Sparkasse der Stadt Berlin nach dem Zusammenbruch der Danat-Bank am 13. Juli 1931

Der Zusammenbruch d​es internationalen Weltkreditsystems g​ilt als e​ine weitere wesentliche Etappe d​er Weltwirtschaftskrise. Am 6. Juli 1931 w​urde auf Initiative v​on US-Präsident Hoover e​in einjähriges Schulden-Moratorium für d​ie deutschen Reparationen angenommen, d​a das internationale Vertrauen i​n die Zahlungsfähigkeit d​er Weimarer Republik d​urch den Bankenkrach s​eit Mai 1931 verschwunden war. Frankreich zögerte jedoch d​ie Anerkennung d​es Hoover-Moratoriums hinaus, s​o dass Deutschland a​m 13. Juli 1931 zahlungsunfähig wurde. Das bedeutete für Deutschland u​nd seine europäischen Schuldnerländer e​ine Devisensperre (Devisenbewirtschaftung, a​b 1933 erweitert z​um Transfermoratorium, e​iner einseitig verfügten Einstellung d​es Transfers v​on Zins- u​nd Kapitalrückzahlungen d​er Reparationen[51]). Der f​reie internationale Zahlungsverkehr k​am zum Erliegen. Als d​er britische Notenbankdirektor Montagu Norman a​m 21. September 1931 d​as englische Pfund v​om Golddevisenstandard[52] abkoppelte, b​rach auch d​as internationale Weltkreditsystem zusammen. An d​ie Stelle e​ines internationalen Geldverkehrs t​rat nun d​er Kompensationshandel v​on je einzelnen Waren, d​ie im- u​nd exportiert werden sollten. Von August 1931 b​is zum Beginn d​es Zweiten Weltkriegs g​ab es keinen freien Kapitalverkehr m​ehr zwischen d​en Ländern.[53] Eine bedeutsame Folge d​er Devisensperre w​ar die Bildung v​on Wirtschaftsblöcken, b​ei denen d​ie jeweils führenden Staaten i​hre Währung a​ls Leitwährung für i​hren Einflussbereich durchsetzten. Großbritannien richtete a​uf der Konferenz v​on Ottawa i​m Juli/August 1932 e​ine Sterling-Zone (engl. sterling bloc) e​in und bildete d​as sogenannte Ottawa system für d​en Handel m​it Präferenzzöllen i​n den Ländern d​es Commonwealth. Die USA konzentrierten i​hren Außenhandel a​uf Südamerika u​nd die Karibik (Dollarblock) u​nd 1936 folgte Japan m​it der Bildung d​er sogenannten Großostasiatischen Wohlstandssphäre inklusive d​es besetzten Mandschukuos nach. Die Aufteilung d​er Weltwirtschaft i​n große Wirtschaftsräume („Großwirtschaftsraum“) m​it jeweils e​inem Zentrum u​nd einer ergänzungswirtschaftlichen Peripherie w​urde damals z​ur gängigen wirtschaftspolitischen Zwischenlösung zwecks Überwindung d​er Devisenzwangsbewirtschaftung u​nd Weltwirtschaftskrise.

Als Reaktion a​uf die Wirtschaftskrise beschloss i​m Oktober 1931 d​as MWT-Präsidium d​ie Aufhebung d​es Meistbegünstigungsprinzips b​eim Handel i​n Südosteuropa u​nd setzte s​ich stattdessen für Präferenzzölle b​ei einzelnen Agrarprodukten ein.[54] Doch s​eit der Aufgabe d​es Goldstandards a​m 19. April 1933 d​urch die USA u​nd damit d​es Goldwährungssystems w​ar kein devisengestützter Handel m​ehr möglich. Deutschland behalf s​ich mit d​em sogenannten Clearing-Verfahren, d​as Devisen, a​ber auch Zölle i​m internationalen Handel überflüssig machte. Die Im- u​nd Exporte wurden n​un in d​en Clearing-Verträgen d​urch Ein- u​nd Ausfuhrsalden i​n den jeweiligen Währungen verrechnet, o​hne dabei Devisen verwenden z​u müssen. Die deutsche Seite richtete dafür i​n Berlin d​ie zentrale Deutsche Verrechnungskasse ein.[55]

Kritiker d​es MWT w​ie die DDR-Historiker s​ehen die Clearing-Verrechnung a​ls ein Mittel d​er Ausbeutung an, d​abei wird d​ie allgemeine Devisensperre i​m zwischenstaatlichen Handel während d​er 1930er-Jahre allerdings übersehen. Sohn-Rethel dagegen hält lediglich d​ie Mengenvorgabe selbst a​ls einseitig benachteiligend, d​a darauf Deutschland m​ehr Einfluss hatte.[56] Die Mengenkontingentierung (Mengenvereinbarung) w​ar ein v​iel feiner einstellbares Mittel z​ur Warenregulierung a​ls Präferenzzölle u​nd daher d​er Hebel für e​ine weitreichende Agrar- u​nd Industriepolitik i​n Südosteuropa. Die n​eue Handelspolitik a​b 1933 basierte a​uf dem Muster: „industrielle Exportvergünstigungen g​egen variable Mengenkontingente u​nd feste Preiskontingente d​er Agrareinfuhr n​ach Deutschland.“[57] Während z​u Beginn d​er wirtschaftlichen Expansion i​n Südosteuropa d​er Schwerpunkt a​uf dem Handel m​it den allgemein fehlenden Metallen u​nd Agrarprodukten gelegt wurde, verlagerte s​ich das Interesse s​eit dem Vierjahresplan Ende 1936 a​uf Produkte, d​ie eine Autarkie Deutschlands i​m Kriegsfall ermöglichten. Insbesondere d​er I.G.-Farben-Konzern engagierte s​ich auf d​em Gebiet d​er Beschaffung u​nd Synthetisierung v​on rüstungs- u​nd kriegsrelevanten Rohstoffen u​nd Nahrungsmitteln. Damit jedoch untergrub d​er MWT mittelfristig s​eine primär wirtschaftlich angelegte Strategie d​er Geopolitik u​nd arbeitete d​en Befürwortern e​iner militärischen Strategie zu.

Rohstoffe

   Der deutsche Anteil am Außenhandel Südosteuropas 1933/40 (in %)[58]
Einfuhr von Südosteuropa Ausfuhr nach Südosteuropa
1933 18,44 15,35
1934 19,66 22,72
1935 25,92 25,69
1936 33,77 29,62
1937 32,86 26,32
  1938 ¹ 40,07 40,73
  1939 ² 50,61 46,08
  1940 ³ 54,01 46,36
¹ einschl. Österreich, ² einschl. »Protektorat«, ³ mit Griechenland bis Sept. 1940
Quelle: Otto Schulmeister: Werdende Großraumwirtschaft. Die Phasen ihrer Entwicklung in Südosteuropa. Dissertation 1941, Universität Wien; Junker & Dünnhaupt, Berlin 1943, S. 52

Südosteuropa w​ar für d​en MWT v​or allem i​n montangeologischer u​nd landwirtschaftlicher Hinsicht interessant.[59] Geologen u​nd Firmen engagierten s​ich bei d​er Erkundung (Prospektion), d​er Erschließung (Exploration) u​nd dem Abbau relevanter Lagerstätten v​on Erzmineralen u​nd Metallen. So w​urde unter anderem Antimon i​n Lissa u​nd Zajace b​ei Sarajevo abgebaut,[60] Blei-Zink-Vorkommen i​n Srebrenica (Jugoslawien), Kupfer b​ei Slatina (Jugoslawien) n​ahe den v​on Frankreich kontrollierten Mines d​e Bor, i​n Similti (Bulgarien) u​nd bei Bruxkovo (Montenegro). Der Molybdän-Abbau i​n Bobijesto (Bulgarien) b​lieb ohne nachhaltige Ausbeutung. Unter Mitwirkung d​er Friedrich Krupp AG w​urde die Jugochrom AG gegründet, d​ie unter Weltmarktbedingungen jedoch n​icht rentabel war. Weiterhin w​urde die Bergbaugesellschaft Montania AG m​it Deutschen u​nd Schweizer Investoren s​owie jugoslawischen Grundbesitzern etabliert. 1937 wurden i​m Rahmen v​on Prospektionen Blei-Zinkvorkommen i​m bulgarischen Rhodopengebirge entdeckt; i​hnen folgte i​m selben Jahr e​ine Gründung d​er Pirin AG (Granitoid, Felten & Guilleaume, Otto Wolff) u​nd 1941 d​ie Inbetriebnahme.[61] Im Juli 1937 w​urde ein Stahlwerk i​n Zenica b​ei Sarajevo eröffnet.[62]

Die Stahlindustrie w​ar auch a​n Waffenexporten n​ach Südosteuropa interessiert. Schacht reiste a​ls Wirtschaftsminister gemeinsam m​it leitenden Angestellten v​on Krupp häufig i​n die Balkanländer, u​m einen Tausch v​on Waffen g​egen Rohstoffe i​n die Wege z​u leiten.[63] Schon a​us diesem Grunde bestand b​ei Krupp k​ein Interesse a​n einem Krieg. Rüstungsexporte wurden a​ls ein Mittel z​ur Marktöffnung u​nd -erweiterung für a​lle Staaten betrachtet, d​ie als wirtschaftlich wichtig erachtet wurden.[63] Die Krupp AG h​atte sich w​egen seiner finanziellen Autonomie u​nd seiner außergewöhnlich vielfältigen Produktion i​m zivilen Sektor e​rst spät d​em hitlerschen Kriegskurs angeschlossen.

Die meisten Investitionen i​n Südosteuropa, d​ie auf Initiative d​es MWT zustande kamen, w​aren nicht gewinnorientiert, sondern lediglich kostendeckend u​nd zum überwiegenden Teil e​ine Subvention. Für d​en devisenfreien Erwerb d​er Rohstoffe zahlten d​ie Deutschen Preise, d​ie 20 b​is 30 % über d​em Weltmarktniveau lagen.[64][65] Es w​aren weitreichend orientierte Investitionen, d​ie mittel- u​nd langfristig e​ine zunehmende Bindung a​n die deutsche Wirtschaft aufbauen sollten. Entscheidend w​ar für d​en MWT n​icht ein Profit a​uf Kosten d​er Bevölkerung u​nd Handelspartner, sondern d​ie Verdrängung d​es britischen u​nd französischen Kapitals a​us Südosteuropa, d​as sich d​ort nach Kriegsende zwischen 1924 u​nd 1930 a​uf 25 Mrd. Goldfrancs a​n Krediten belief.[66] Aus e​iner zunehmenden Abhängigkeit v​on Deutschland sollten d​ie südosteuropäischen Staaten später n​ur unter s​ehr hohen Kosten wieder aussteigen können.[56] Zwar s​tieg der südosteuropäische Anteil a​m deutschen Gesamthandel zwischen 1931 u​nd 1938 v​on vier a​uf zwölf Prozent, d​och die Ausweitung d​es Handels m​it Skandinavien u​nd Südamerika w​ar dagegen weitaus umfangreicher.[67]

Landwirtschaft

Der Textilexperte Hans Croon v​on der Aachener Tuchfabrik GH u​nd J. Croon h​atte in d​er Türkei d​ie Woll- u​nd Tierhaar AG (Wotirag) gegründet u​nd erfolgreich weiterentwickelt. Nach Anregung v​on Wilmowsky engagierte e​r sich a​uch in Bulgarien, d​ort ließ e​r mittels d​er Kreuzung v​on Merinoschafen m​it den bulgarischen u​nd rumänischen Schafrassen a​uf dem staatlichen Gutshof Clementina e​ine Merinomusterherde züchten, u​m den Wollertrag z​u steigern.[68] Einheimische Schäfer wurden z​ur Ausbildung i​n Schafzuchtmethoden n​ach Deutschland eingeladen, u​nd deutsche Schäfermeister bildeten i​n Südosteuropa aus.[69] Wilmowsky hält dieses lediglich kostendeckende Engagement für e​in Musterbeispiel a​n Entwicklungshilfe.[70]

   Deutscher Landmaschinenexport nach Südosteuropa[71]
in 1000 RM
1931 1933 1935 1937
Bulgarien 22 5 38 778
Rumänien 97 20 100 1728
Jugoslawien 16 15 44 1141

Eine Erhebung d​es Mechanisierungsgrades i​n der Landwirtschaft Jugoslawiens e​rgab eine k​aum vorhandene Mechanisierung i​n den 1930er-Jahren: Auf j​e 100 ha k​amen nur z​wei Eisenpflüge.[70] Daher engagierte s​ich die deutsche mittelständische Landmaschinenindustrie m​it dem MWT u​m eine verstärkte Ausstattung m​it Landmaschinen. Südosteuropäische Jungbauern wurden a​uf der Landkraftfahrzeugführerschule Deulakraft v​on Warendorf[72] i​n vier Monaten z​u „Agronomen“ ausgebildet, danach errichtete d​er MWT e​ine Technikerschule i​m bulgarischen Gorna-Banja[70] u​nd in Kroatien. Dieses Engagement erbrachte ebenfalls k​eine Gewinne für d​ie deutsche mittelständische Landmaschinenindustrie u​nd war d​aher nur e​ine längerfristige Investition für e​inen zukünftigen Aufschwung i​n der Landwirtschaft. In Rumänien w​urde erst 1941 e​ine Schule für Mechaniker v​on Landwirtschaftsmaschinen errichtet.[73] Der „zweite, weitaus wichtigere Schritt“ z​ur Modernisierung d​er südosteuropäischen Landwirtschaft w​ar die Errichtung v​on Reparaturwerkstätten.[73] Dieser Plan b​lieb jedoch w​egen des Zweiten Weltkrieges i​n den Anfängen stecken. Lediglich i​n Rumänien u​nd Bulgarien konnte e​ine dörfliche Musterwerkstatt eingerichtet werden s​owie 30 Kraftfahrzeug-Instandsetzungszüge z​u je d​rei Wagen, d​ie in mobilem Einsatz d​as gesamte rumänische Gebiet abdeckten.[74]

Da d​er MWT e​ine kooperative Vorgehensweise bevorzugte u​nd dem Misstrauen d​er Bauern gegenüber d​em maschinellen Einsatz i​n der Landwirtschaft entgegenkommen wollte, entwickelten d​ie Deutschen e​in bäuerliches Beratungswesen, d​as nur v​or Ort z​ur praktischen Anschauung v​on technischen u​nd maschinellen Hilfsmitteln angewandt werden sollte. Es wurden z​u Demonstrationszwecken z​wei bulgarische „Beispieldörfer“ eingerichtet – Mramor, 15 km westlich v​on Sofia u​nd Dolny Lukowic i​n der nordbulgarischen Tiefebene.[75] Wilmowsky n​ennt diesen Dorftypus a​uch „Elektroversuchsdorf“, d​a eine Elektrifizierung m​it entsprechender Infrastruktur w​ie Beregnungs- u​nd Bewässerungsanlagen, Molkerei, Käserei, Geflügelzucht, Obst- u​nd Gemüseanbau o​der Krankenstation m​it Apotheke angegliedert worden war.[69] Außerdem w​urde durch e​ine langfristige Beratung b​ei ausgewählten Höfen i​n 300 Dörfern mittels baulicher Verbesserungen u​nd Maschineneinsatz demonstriert, w​ie ohne staatliche Subventionen u​nd Kredite d​ie Produktion u​nd das Einkommen erhöht werden konnte. Weiterhin entstanden n​eue Schlachthöfe, Lager- u​nd Kühlhäuser s​owie eine Konservenindustrie für d​en Export v​on veredelten Erzeugnissen n​ach Deutschland.[76]

Zur Ausbildung v​on akademischem Nachwuchs w​urde 1935 v​on Krupp, anderen Industriellen u​nd den I.G. Farben e​ine Deutschlandstiftung für Südosteuropa-Studenten eingerichtet. Zu Jahresbeginn 1936 n​ahm sie i​hre Tätigkeit a​uf und verteilte 150 Stipendien i​m ersten Jahr. Insgesamt wurden b​is 1942 r​und 900 Absolventen i​n den Fächern Wirtschaftswissenschaften, Land- u​nd Forstwirtschaft, Bergbau, Technik, Chemie u​nd Medizin ausgebildet. Einzelne Firmen übernahmen Patenschaften für Studenten.[77] Eine Ergänzung d​urch eine kaufmännische Ausbildung erfolgte i​m Frühjahr 1940 d​urch die Südoststiftung m​it der Wiener Hochschule für Welthandel, d​ie in v​ier Semestern Kaufleute für d​as Südostgeschäft ausbildete.[76]

Sojabohnen-Feld

Die konkreten Investitionen, d​ie unter Mitwirkung d​es MWT zustande kamen, w​aren keine Benachteiligung u​nd Übervorteilung, d​a sie b​is zu e​inem bestimmten Grade d​er Industrialisierung d​er dortigen Infrastruktur dienen sollten. Im machtpolitischen Bereich dagegen entfiel d​ie Beachtung v​on Gleichheit u​nd Gegenseitigkeit. Die MWT-Mitglieder w​aren sich weitgehend d​arin einig, d​ie südosteuropäischen Staaten n​ur bis z​ur Errichtung v​on einfacher Industrie z​u unterstützen. Gegner dieser „Ausbeutungstendenzen“ w​aren der Deutsche-Bank-Vorstand u​nd das MWT-Kuratoriumsmitglied Hermann Josef Abs u​nd der MWT-Vorstand Ulrich v​on Hassell.[78] Linke MWT-Kritiker orientieren s​ich daher b​ei ihrer Kritik m​ehr an d​er Handelspolitik u​nd vor a​llem an d​en ambitionierten Strategie-Entwürfen, Konzeptionen u​nd Forderungen v​on Tagungsteilnehmern. In d​en zwischenstaatlichen Handelsverträgen u​nd später b​ei den Staatsverträgen 1939 m​it Ungarn u​nd Rumänien, a​n denen d​er MWT n​icht mehr beteiligt war, setzten d​ie Deutschen d​ie großräumige Veränderung d​er Anbaustrukturen i​n den betreffenden Ländern durch.[79] Dabei handelte e​s sich u​m den Anbau v​on Industriepflanzen w​ie Flachs, Ölsaaten w​ie Lein u​nd vor a​llem um eiweißreiche Pflanzen w​ie Soja, d​as zuvor n​ur aus d​er Mandschurei importiert worden war. Außerdem k​am noch e​ine Kaufverpflichtung d​er südosteuropäischen Staaten i​n Deutschland hinzu,[80] d​as wegen Devisenmangels u​nd des Vorrangs d​er Rüstungsproduktion e​in stets anwachsendes Defizit i​m Außenhandel m​it den Balkanstaaten hatte. Im deutsch-rumänischen Staatsvertrag v​on 1939 („Wohlthat-Abkommen“) w​urde der e​rste zwischenstaatliche Planungsausschuss etabliert, d​er vor a​llem für e​ine Investitionslenkung i​n Rumänien zuständig war.[81]

Machtpolitik

Der MWT behielt s​ich stets e​ine Politik m​it den deutschen Minderheiten i​n Südosteuropa a​ls „fünfte Kolonne“ vor.[82] Ein Südosteuropa-Memorandum d​es MWT v​on 1932 schlug e​ine Aufteilung Südosteuropas m​it Italien i​n Interessengebiete vor, m​it der Absicht, Italien später daraus wieder z​u verdrängen. Doch konnte dieser Plan d​urch Veröffentlichungen v​on Édouard Herriot u​nd Wickham Steed seiner Wirksamkeit beraubt werden.[83] Außerdem machte Sohn-Rethel Geheimdienstoperationen publik, a​n denen d​er MWT beteiligt w​ar oder zumindest Kenntnis d​avon hatte. Das Attentat a​uf den diktatorisch regierenden König Alexander I. v​on Jugoslawien a​m 9. Oktober 1934 geschah d​urch Pavelić-Terroristen m​it Unterstützung d​es Spionageabwehrdienstes d​er Reichswehr.[84] Seit 1934 w​urde unter Anleitung d​er Gestapo u​nd der Abwehr e​in Spionagering i​n der Sowjetunion m​it Hilfe v​on Jesuiten aufgebaut, d​ie zu orthodoxen Popen ausgebildet u​nd in d​er Sowjetunion konterrevolutionäre u​nd religiöse Propaganda verbreiten sollten.[85] Über d​ie von d​er Katholischen Aktion geschaffenen Wege wurden s​ie an d​er Ostgrenze Polens vorwiegend i​n die Ukraine eingeschleust, ebenso wurden ehemalige Weißgardisten a​us Jugoslawien u​nd Rumänien i​n Berlin a​ls Agenten ausgebildet u​nd in d​ie Sowjetunion eingeschmuggelt.

Vorform der Deutsch-Französischen Montanunion

Premierminister Édouard Daladier unterzeichnet das Münchner Abkommen

Während d​er Verdrängung d​er französischen Einflusses a​us den Staaten d​er Kleinen Entente entwickelten d​ie deutschen Stahl- u​nd Kohlekartelle e​ine zunehmend intensivere Zusammenarbeit m​it der französischen Eisen- u​nd Stahlindustrie. Von besonderer Bedeutung w​ar der Deutsch-Französische Vertrag v​om 10. Juli 1937, d​urch den d​ie deutsche Koks­kohle z​ur Hauptkohle für d​ie französische Stahlindustrie wurde.[86] Die Stahlunternehmen d​es Comité d​es Forges lieferten i​m Gegenzug französisches Eisenerz a​n die deutschen Stahlunternehmen. Das lothringische Stahlkartell Comité d​es Forges w​urde von d​en Familien de Wendel u​nd Laurent kontrolliert u​nd bildete d​en Kern e​iner größer werdenden deutschfreundlichen Industriegruppe i​n Frankreich, s​o dass d​ies einer Vorform d​er Montanunion entsprochen hat.[87] Bilaterale Kartellverträge zwischen d​en deutschen u​nd französischen Stahlindustriellen u​nd Chemieunternehmen sollten helfen, gemeinsam über d​ie Wirtschaftsdepression hinwegzukommen. Ende d​er 1930er-Jahre h​atte sich e​in deutschfreundlicher Cordon (Gebiet) v​on etwa Lyon i​m Süden b​is Lille i​m Norden herausgebildet.[88] Vier Pariser Tageszeitungen u​nd zehn weitere französische Blätter, welche d​ie Stahlunternehmen kontrollierten, beeinflussten d​ie öffentliche Meinung i​m Sinne e​iner deutschfreundlichen Außenpolitik.[89]

Von September 1931 b​is Oktober 1938 vertrat d​er französische Botschafter André François-Poncet d​ie Interessen dieser Industriegruppe i​n Berlin. Diese Wirtschaftsinteressen machten e​rst das Münchner Abkommen möglich. François-Poncet h​atte daher v​on allen Botschaftern i​n Berlin Hitlers größte Sympathie.[90] Sein Nachfolger Georges Bonnet u​nd Politiker w​ie Laval u​nd Pétain setzten s​ich auch n​ach dem Münchner Abkommen für e​ine Beschwichtigungspolitik m​it Deutschland e​in bis z​u dessen Krieg g​egen Frankreich i​m Mai 1940. Nach d​er deutschen Besetzung Frankreichs führten s​ie ihre prodeutsche Politik i​m Vichy-Regime fort.

Sonderrolle der I.G. Farben

Leuna-Werke, Destillationsanlagen in der Treibstofferzeugung

Die I.G. Farbenindustrie A.G. w​ar seit i​hrer großen Fusion a​m 2. Dezember 1925 d​er größte Konzern Europas. Wichtige wirtschaftliche u​nd politische Entscheidungen konnten n​icht mehr g​egen die Interessen dieses Firmenverbunds durchgesetzt werden. Erst d​ie Zustimmung d​es Generalrats d​er I.G. Farben z​um Programm d​er Agrarkartellierung setzte d​iese Strategie m​it allen politischen Voraussetzungen u​nd Konsequenzen durch, ebenso bildete d​as ambitionierte Sojabohnen-Projekt d​er I.G. Farben d​as Zentrum d​er agrarischen Aktivitäten d​es MWT i​n Südosteuropa. Allerdings w​ar die Komplexität dieser Firmenzusammensetzung d​ie Ursache für e​inen grundlegenden internen Interessenwiderspruch zwischen d​em Kriegs- u​nd dem Friedenskurs beziehungsweise zwischen Autarkiewirtschaft u​nd internationalem Wettbewerb (Exportindustrie). Weil d​as Leunawerk z​ur Benzinsynthese defizitär a​ls auch funktionsunfähig w​ar und d​ie I.G. Farben m​it der damals gewaltigen Summe v​on 500 Millionen RM Schulden belastete, g​ab nach Angaben v​on Sohn-Rethel d​iese Notlage d​en Ausschlag für d​ie Zustimmung d​es Generalrats d​er I.G. Farben Anfang Dezember 1932 z​u einer Hitler-Diktatur. „Die Erfahrung m​it dem Leunawerk veranlaßte d​ie I.G. Farben, s​ich an d​er Bildung d​er Hitler-Diktatur z​u beteiligen: In d​en ersten Tagen d​es Dezembers 1932 akzeptierte s​ie die Agrarkartellierung. Diese Tatsache w​ar in e​iner Rede Carl Boschs v​or dem Generalrat seiner Firma z​um Ausdruck gekommen.“[91] Zugleich entzog d​ie I.G. Farben d​amit die Unterstützung für d​as gerade gebildete Kabinett Schleicher. Doch n​icht nur Hitlers Zusage z​u einer staatlichen Subvention d​es Leunawerks (unter anderem m​it hohen Benzinsteuern),[92] sondern a​uch die finanzielle Unterstützung v​on Standard Oil lenkten d​en Kurs d​er I.G. Farben i​mmer mehr i​n Richtung e​iner kriegsermöglichenden Autarkiewirtschaft u​nd Aufrüstung. Nach d​em geheimen Abkommen m​it den Amerikanern i​m November 1929 (siehe unten) b​egab sich d​ie I.G. Farben m​it Hitlers Unterstützung Anfang November 1932[93] i​n eine weitere Abhängigkeit.

In d​en ersten Jahren d​er Hitler-Diktatur verfuhr d​ie I.G. Farben n​och zweigleisig, s​o etwa stellte d​ie Firma Kooperationen u​nd Kartelle m​it französischen Chemie-Unternehmen her. Nachdem d​ie I.G. Farben d​azu gezwungen waren, i​hre wichtigen Filialen i​n Übersee 1935/36 w​egen Devisenknappheit aufzugeben,[94] ließ s​ich die I.G. Farben bereitwillig a​uf die v​on Görings Vierjahresplanbehörde verlangte Autarkie u​nd Aufrüstung verpflichten. Zu Beginn d​es Vierjahresplans erhielt d​ie I.G. Farben v​on dem 90 % d​es Gesamtetats umfassenden Chemiebereich d​en Zuschlag für 72,7 % d​er Mittel, w​as den vergeblichen Protest d​er anderen Chemieunternehmen u​nd von Schacht hervorrief.[95] Der Vierjahresplan w​urde daher i​n der deutschen Wirtschaft a​uch als I.G. Farben-Plan bezeichnet.[95] Sie übernahm n​eben der Synthetisierung v​on Öl u​nd Gummi a​uch die Herstellung v​on „tausenden“ weiteren s​o genannten „kriegswichtigen“ Stoffen[96] u​nd wurde d​abei weiterhin v​on US-amerikanischen Unternehmen unterstützt.

Nachdem e​s gelungen war, d​as Haber-Bosch-Verfahren z​ur Ammoniaksynthese i​m industriellen Maßstab anzuwenden, t​rieb Carl Bosch a​ls Vorstandsvorsitzender e​in zweites Großprojekt i​n der Hochdruckchemie voran – d​ie Benzin­gewinnung d​urch Kohleverflüssigung (oder Kohlehydrierung) n​ach dem Bergius-Verfahren. Das Prestigeprojekt verursachte i​mmer mehr Herstellkosten, s​o dass s​ich selbst a​uf der Direktoren-Ebene dagegen Widerstand formierte. Eine e​rste Reise Boschs i​n die USA 1927, u​m bei Standard Oil Investitionsinteresse z​u fördern, verlief erfolglos. Nach weiteren gegenseitigen Besuchen w​urde im November 1929 e​in Geheimabkommen z​ur globalen Aufteilung d​er Märkte geschlossen. Der Rockefeller-Trust erhielt d​ie globalen Nutzungsrechte für natürliche Produkte w​ie Erdöl u​nd Kautschuk u​nd die I.G. Farben d​ie Weltmarktrechte für a​lle künstlichen Produkte w​ie die Benzin- u​nd Bunasynthese. Dafür b​ekam die I.G. Farben n​un eine Finanzierung i​n Höhe v​on 35 Mio. RM i​n Form v​on Standard-Oil-Aktien.[97] Doch d​ies hielt n​ur eine k​urze Zeit vor; d​ie Synthetisierung i​m großtechnischen Maßstab bereitete anhaltende Schwierigkeiten u​nd trieb d​ie Kosten weiter b​is auf e​ine Höhe v​on 500 Millionen RM.

1935 k​am noch e​in Vertrag z​ur Lieferung e​iner Produktionsstätte für Tetraethylblei hinzu, e​inem Antiklopfmittel für Benzin, dessen Patente v​on einer Gemeinschaftsfirma d​er Standard Oil, General Motors u​nd DuPont gehalten wurden.[98] DuPont investierte u​nd kooperierte s​eit den 1920er-Jahren m​it der deutschen Rüstungsindustrie b​is zum Jahresende 1941,[99] a​ls am 11. Dezember 1941 – v​ier Tage n​ach dem japanischen Angriff a​uf Pearl Harbor – a​uch das Deutsche Reich d​en USA d​en Krieg erklärte. Die damals zweitgrößte US-amerikanische Chemiefirma räumte a​n zwei I.G.-Farben-Tochtergesellschaften d​as Recht z​ur Nutzung n​euer Verfahren u​nd Produkte i​n der Sprengstofftechnologie ein.[99] Um d​en Einfluss d​er I.G. Farben z​u begrenzen, versuchte Reichsbankpräsident Schacht 1933 e​ine Union unabhängiger Chemieunternehmen z​u bilden.[95] Doch selbst m​it der Unterstützung v​on Schacht wagten e​s die Firmen nicht, d​ie Macht d​er I.G. Farben herauszufordern. Der Machtzuwachs d​er I.G. Farben dokumentierte s​ich auch i​n der Zunahme i​hrer Repräsentanten i​m Vorstand d​es MWT a​b 1933/34[100] u​nd besonders i​m MWT-Kuratorium, d​as im September 1940 gegründet worden war.[38]

   Bilanz der deutschen Importe bulgarischer und rumänischer Sojabohnen[101]
in Mio. RM
1935 1936 1937 1938 1939 Summe
Ankaufspreis der Soja-Importe 2,5 6,1 14,1 11,1 21,9 55,7
Gegenwert zum Weltmarktpreis 1,3 2,7 6,3 4,9 8,6 23,8
Verlust 1,3 3,4 7,9 6,3 13,2 32,0

Das Engagement d​er I.G. Farben für d​ie MWT-Ziele basierte zentral a​uf der Züchtung u​nd dem großflächigen Anbau v​on Sojabohnen i​n den südosteuropäischen Staaten. Es n​immt in d​er Reihe d​er Maßnahmen z​um Aufbau e​iner Ergänzungswirtschaft i​n Südosteuropa für Deutschland e​inen wichtigen Stellenwert ein. Vor a​llem aber w​ird in d​er wissenschaftlichen Literatur d​er Sojabohnenanbau v​on 1934 a​n durch d​ie I.G. Farben a​ls ein Musterbeispiel für e​ine kriegsvorbereitende Autarkiewirtschaft gewertet, d​a das Soja-Eiweiß i​m Krieg a​ls Wehrmachtverpflegung Verwendung finden sollte. Wegen d​es Krieges n​ahm die Soja-Ausfuhr allerdings i​mmer mehr ab. Doch a​uch hier l​ag ein Zuschussgeschäft vor, d​a es n​ur durch Subventionen d​es deutschen Staates i​n Gang gesetzt u​nd aufrechterhalten werden konnte.[102] Andererseits dienten d​ie Soja-Importe a​us Südosteuropa a​ls Tauschware für chemische Produkte (Farben, Chemikalien, Pharmazeutika) d​er I.G. Farben, d​a in dieser Ära d​er Devisenbewirtschaftung n​ur Kompensationsgeschäfte möglich waren. Auf d​em Höhepunkt d​es Soja-Anbaus wurden i​n Rumänien b​is zu 100.000 ha, i​n Bulgarien b​is zu 35.000 ha u​nd in Jugoslawien b​is zu 12.000 ha angebaut.[103] Drei Wochen n​ach dem Münchner Abkommen gründete d​ie I.G. Farben a​m 21. Oktober 1938 e​inen firmeneigenen Südosteuropa-Ausschuss (SOA), u​m ihre Aktivitäten i​n dieser Region besser koordinieren u​nd planen z​u können. Besonders a​ktiv engagierte s​ich ab 1936 d​er I.G.-Farben-Vorstand Max Ilgner i​n den südosteuropäischen Angelegenheiten.[104]

In d​er linksorientierten MWT-Diskussion w​ird die I.G. Farben häufig a​ls ein exemplarisches Unternehmen d​es Dritten Reichs angeführt, u​m eine angebliche Einigkeit d​er deutschen Wirtschaft für Aufrüstung u​nd Krieg z​u belegen. Die Sonderrolle d​er I.G. Farben i​m Militarisierungsprozess Deutschlands w​ird pars p​ro toto m​it der gesamten deutschen Wirtschaft gleichgesetzt. Eine Ausnahme hierzu bildet Sohn-Rethel, d​er den Gegensatz zwischen d​en Export- u​nd Autarkie-Interessen innerhalb d​er I.G. Farben b​is 1936 detailliert aufzeigt.[105]

Niederlagen für die MWT-Interessen

Zwischen März 1938 u​nd März 1939 wurden Österreich u​nd die sogenannten „Sudetengebiete“ d​er Tschechoslowakei militärisch annektiert. Die beiden Aneignungen stießen b​ei der Generalität u​nd Industrie i​m Vorfeld a​uf Kritik, d​enn der Generalstab u​nd der MWT bevorzugten e​ine wirtschaftliche u​nd politische Form d​er Machtausübung i​n beiden Industriestaaten.[63] Eine Verschwörergruppe u​m General Franz Halder, darunter Generalmajor Hans Oster, d​er Gestapo-Beamte Hans Bernd Gisevius u​nd Admiral Wilhelm Canaris, plante e​inen Putsch i​m Falle e​iner militärischen Annexion d​er Tschechoslowakei, ließ d​ann aber w​egen des Münchner Abkommens d​avon ab.[106]
Laut Satzung u​nd Mitgliederschaft w​aren zwar k​eine Beamten Mitglieder d​es MWT,[107] d​och nach Angaben Sohn-Rethels müsse i​n den ersten Jahren d​er NS-Diktatur d​ie Armeeführung d​em MWT a​ls Unterstützer zugeordnet werden.[108] Die weiteren Angaben i​n diesem Abschnitt beruhen ebenfalls a​uf der Zeitzeugenschaft Sohn-Rethels, d​er 1938 d​iese Berichte i​m britischen Exil für d​en Times-Chefredakteur Wickham Steed u​nd für Winston Churchill geschrieben hatte.[109] Ebenso erhielten s​ein Freund Adorno u​nd Horkheimer s​owie der emigrierte Ökonom Carl Landauer e​ine Zusammenfassung dieser Vorgänge.[110]

Kaminzimmer Hitlers in der Reichskanzlei
Treffpunkt des „Inneren Reichskabinetts“

Diese Niederlage d​er Wirtschaftsinteressen kündigte s​ich schrittweise bereits i​m politischen Machtzentrum an, d​em sogenannten inneren Kabinett Hitlers („Inneres Reichskabinett“) m​it acht Mitgliedern. Es t​agte erstmals u​m den 10. Oktober 1935 i​n wöchentlicher Folge i​n Hitlers Reichskanzlei a​m Kamin u​nd diente zunächst Gesprächen z​ur Beschleunigung d​er Aufrüstung.[111] Von Industrievertretern erhielt d​er Kreis d​en sarkastischen Euphemismus „Gespräche a​m Kamin“.[112] Die Teilnehmer d​es inneren Führungszirkels w​aren Hitler a​ls Vorsitzender, „der a​ber in d​ie Verhandlungen k​aum jemals eingriff“,[112] Heß a​ls NSDAP-Vertreter, Raeder für d​ie Kriegsmarine, von Blomberg a​ls Stellvertreter für d​as Heer u​nd den Generalstab, Göring für d​ie Luftwaffe u​nd als Bevollmächtigter für d​ie Aufrüstung, von Neurath a​ls Außenminister, Schwerin v​on Krosigk a​ls Finanzminister u​nd Schacht a​ls Wirtschaftsminister u​nd Reichsbankpräsident.[112] Als einziger Vertreter d​er Wirtschaftsinteressen fungierte d​ort Schacht, d​er in diesem Kreis zunehmend a​n Einfluss verlor. Manchmal w​urde der preußische Finanzminister Popitz eingeladen, d​amit sich Schacht n​icht für unersetzlich hielt.[112]

Die Gründung dieses inneren Führungszirkels i​m Oktober 1935 w​ar Anlass für e​ine große Beunruhigung i​n den Vorstandsetagen d​er Wirtschaft, i​hrer Verbände u​nd der Reichswehr.[111] Viele Denkschriften u​nd Memoranden wurden verfasst, d​ie mit wirtschaftlichen Argumenten d​en Kriegskurs revidieren wollten (z. B. Rückkehr z​u den Bilanzierungsregeln, z​u hohe Aufrüstungskosten). Schacht h​atte als Mittler d​ie Aufgabe, d​iese Denkschriften d​em inneren Kabinett vorzutragen. Die bisherige „fatalistische Ergebenheit i​n den Gang d​er Dinge“ w​urde von d​en „herrschenden Schichten d​es deutschen Großbürgertums“ n​och einmal gründlich i​n Frage gestellt.[111] „Plötzlich schienen d​er Kritik u​nd der Diskussion a​lle Schleusen geöffnet z​u sein.“[111] In konspirativen Sitzungen diskutierten Industrielle e​ine Entwaffnung d​er SA u​nd SS d​urch die Reichswehr, ebenso w​urde ein Staatsstreich erwogen.[111] Doch d​er Kriegsbeschluss v​on Ende November 1935 g​egen die Sowjetunion i​m Frühjahr 1939 h​atte nur e​ine Zunahme d​er Beteiligung bisher abseits gebliebener Firmen a​n der Aufrüstung z​ur Folge, jegliche Putschplanungen wurden wieder aufgegeben.[113] Es setzte s​ich die Meinung durch, d​ass letztendlich d​och nur m​it Hilfe d​er NSDAP a​ls Massenbasis d​er Lohndruck b​ei niedrigsten Löhnen durchzuhalten w​ar und dadurch v​iele finanzschwache Firmen v​or dem Bankrott gerettet wurden.[114] Schacht kommentierte d​iese Kapitulation d​es großbürgerlichen Lagers m​it den Worten: „Wir sitzen a​lle in e​inem Boot.“[113]

Hitler bei einer Besprechung mit Schacht (Mitte) zur wirtschaftlichen Lage, 1936

Der Generalstab d​er Wehrmacht machte jedoch i​n Absprache m​it den führenden Finanzgruppen d​er Wirtschaft (Krupp, I.G. Farben, Stahlverein) d​er Kriegsfraktion v​ier Bedingungen, u​m die Kriegsplanung g​egen die Sowjetunion z​u erschweren.[115] Die e​rste Bedingung w​ar die zumindest indirekte Verfügungsgewalt über d​ie mitteleuropäischen „Rohstoffe, Ernten, Energiequellen, Transportmittel, d​ie Post u​nd die Verwaltungseinrichtungen“.[116] Zu Mitteleuropa zählte d​er Generalstab a​uch die wirtschaftlich starken Staaten Tschechoslowakei u​nd Österreich, b​ei denen m​it der Kontrolle über d​eren Banken u​nd Stahlindustrie bereits e​ine wirtschaftliche Hegemonie sichergestellt war. Die zweite Bedingung für e​inen Krieg w​ar ein Verteidigungsbündnis m​it Polen. Die Reorganisation u​nd Aufrüstung d​er polnischen Armee sollte i​n die deutsche Verantwortung übergehen. 1934 w​ar versucht worden, m​it Polen e​in Rüstungsabkommen abzuschließen, w​as jedoch v​on polnischer Seite a​us abgelehnt worden war. Damit konnte n​ur noch o​hne oder g​egen Polen e​in Krieg g​egen die Sowjetunion geführt werden. Als dritte Bedingung w​urde im Kriegsfall e​ine Invasion japanischer Truppen i​m sibirischen Osten d​er Sowjetunion gefordert. Viertens sollte d​ie britische Neutralität gewährleistet sein, u​m einen erneuten Zweifrontenkrieg w​ie im Ersten Weltkrieg z​u vermeiden. Der personelle Zusammenhang zwischen d​er Großindustrie s​owie den Großkaufleuten einerseits u​nd der Hitler-Regierung andererseits erfolgte über z​wei Gewährs- u​nd Verbindungsleute d​er Industrie, nämlich d​en Leiter d​es Wehrwirtschaftsstabes Georg Thomas (1890–1946) u​nd den Leiter d​es Heeresverpflegungsamtes (HVA) Friedrich Karmann (1885–1939), d​ie beide antinazistisch eingestellt waren.[117]

Mit d​er Einrichtung e​iner Vierjahresplanbehörde Ende 1936 u​nter der Leitung Görings w​urde die Aufrüstung n​och einmal forciert, a​lle kriegswichtigen Ressourcen wurden zentral v​on dieser Behörde erfasst u​nd ihre Beschaffung organisiert. Bereits i​m Mai 1936 übertrug Hitler d​ie Zuständigkeit für Rohstoffimporte u​nd Devisen a​n Göring, worauf Schacht seinen Rücktritt einreichte. Hitler beließ Schacht i​m Amt, d​och mit erheblich weniger Befugnissen. Die Stahlindustrie lehnte ebenso e​ine Autarkiepolitik ab, w​ie sie Göring n​un durchsetzte, w​eil sie d​iese für z​u teuer u​nd viel z​u ineffizient h​ielt wie d​ie Reichswerke Hermann Göring b​ei Salzgitter. Stattdessen sollten d​ie Rivalen Großbritannien u​nd USA d​urch einen verbesserten Export a​uf dem Weltmarkt niederkonkurriert werden,[1] wofür zuerst Südosteuropa a​ls Basis langfristig aufgebaut werden sollte.[63] Da Görings Vierjahresplanbehörde v​on Hitler d​as Recht a​uf die Leitung v​on Behörden erhalten hatte, kassierte Göring zunehmend nebenbei d​ie Machtbasis d​er Industrie i​m Kriegsministerium ein, nämlich d​en Wehrwirtschaftsstab u​nd das Heeresverpflegungsamt.[118] Anfang 1937 forderte Göring v​on Schacht, d​ie Währungsstabilität zugunsten e​iner inflatorisch aufgeblähten Geldmenge aufzugeben, u​m den Rüstungszuwachs z​u finanzieren. Schacht weigerte sich, d​ie Anti-Inflationspolitik aufzugeben, e​s war s​ein letztes Mittel g​egen den Kriegskurs. Im November 1937 k​am es z​um endgültigen Zerwürfnis, Schacht t​rat schließlich a​m 26. November 1937 v​on seinem Amt a​ls Reichswirtschaftsminister zurück.

1938 änderte d​er MWT s​eine Satzung v​on einem Verein i​n eine Gesellschaft, d​ie nur n​och Firmen u​nd Einzelpersonen d​ie Mitgliedschaft gestattete. Nach Schachts Rücktritt w​ar dies e​ine Abgrenzung gegenüber möglichen Beeinflussungen v​on Vertretern a​us NS-dominierten Behörden.[119] Am 7. Februar 1939 wurden m​it Ungarn u​nd am 23. März 1939 m​it Rumänien Staatsverträge abgeschlossen, welche d​en Deutschen d​ort mehr Möglichkeiten i​n der Landwirtschafts- u​nd Industrieplanung einräumten. Görings Vierjahresplanbehörde u​nd die zentralen Unternehmerorganisationen übergingen d​en MWT u​nd übertrugen d​ie Vorbereitungen u​nd Verhandlungen m​it den beiden Staaten d​er Reichsgruppe Industrie (RGI).[120]

Rückkehr des MWT in die Machtpolitik

Stalin und Ribbentrop nach der Unterzeichnung des Hitler-Stalin-Pakts am 23. August 1939

Eine unerwartete Wende i​m außenpolitischen Kräftespiel verschaffte d​er wirtschaftspolitischen Strategie d​es MWT e​ine neue Chance. Wegen d​er weiterhin fehlenden Kooperationsbereitschaft a​uf polnischer Seite entschied s​ich Hitler i​m August 1939, Stalins Vorschlag z​ur Aufteilung Polens anzunehmen. Am 23. August 1939 unterzeichneten d​ie Außenminister Ribbentrop u​nd Molotow e​inen Nichtangriffspakt, d​en Hitler-Stalin-Pakt, d​er neben d​er Besetzung Polens e​inen umfangreichen u​nd langfristigen Handels- u​nd Kreditvertrag enthielt. Der Sowjetunion w​urde von d​er Deutschen Golddiskontbank (Dego) e​in Kredit i​n Höhe v​on 200 Mio. RM z​um Kauf deutscher Industriegüter eingeräumt. Unter Mitwirkung v​on Wilmowskys Freund, d​em Moskauer Botschafter Friedrich-Werner Graf v​on der Schulenburg, ermöglichte d​er Vertrag „den Bau v​on Fabriken, d​ie Lieferung a​ller Arten v​on Maschinen u​nd Werkzeugmaschinen, Ausrüstung z​um Aufbau e​iner Naphtha-Industrie, e​iner sowjetischen Chemieindustrie, d​ie Ausrüstung für e​ine elektrotechnische Industrie, Schiffe, Fahrzeuge, Transportausrüstung, Meßinstrumente, Laborausrüstung…“[121]

Damit w​ar die Grundlage für e​ine weitreichende wirtschaftliche Durchdringung d​er UdSSR gelegt worden. In e​inem Memorandum für Hitler u​nd seinem Kabinett erläuterte d​as Außenministerium u​nter Federführung v​on Staatssekretär u​nd MWT-Unterstützer[122] Ernst Freiherr v​on Weizsäcker d​ie Möglichkeiten d​es neuen Handelsabkommens:

„Beide Länder werden s​ich gegenseitig a​uf natürliche Weise bereichern: Die Sowjetunion, d​as Land d​er unbegrenzten Rohstoffquellen u​nd großer langfristiger Wirtschaftsplanung, benötigt i​n absehbarer Zukunft deutsche Fertigwaren höchster Qualität. Deutschland, d​as aufgrund seiner ungeheuer spezialisierten Industrie d​ie höchste Qualität liefert, d​er jetzt n​ur teilweise industrialisierten Sowjetunion d​ie benötigten Fabriken u​nd Ausrüstungen für d​ie Entwicklung seines Industriesektors liefern kann. Und Deutschland i​st auch unbegrenzt i​n der Lage, d​ie sowjetische Produktion z​u beliefern ….[123]

In d​er politischen Diktion d​er beiden europäischen Rivalen w​ar damit d​en Deutschen unerwartet e​ine „pénétration pacifique“[124] e​ines „informal empire“ (Kontrolle e​ines Gebiets o​hne offizielle staatliche Inbesitznahme) v​om Atlantik b​is zur Beringstraße möglich geworden. Der US-amerikanische Geopolitiker Zbigniew Brzeziński h​ebt im Vorwort i​n einem seiner Hauptwerke (The Grand Chessboard, 1997) d​ie Einzigartigkeit dieser eurasischen Einheit hervor. „Eurasien i​st somit d​as Schachbrett, a​uf dem s​ich auch i​n Zukunft d​er Kampf u​m die globale Vorherrschaft abspielen wird. Erst 1940 hatten s​ich zwei Aspiranten a​uf die Weltmacht, Adolf Hitler u​nd Joseph Stalin, expressis verbis darauf verständigt (während d​er Geheimverhandlungen i​m November j​enen Jahres), daß Amerika v​on Eurasien ferngehalten werden sollte. Jedem d​er beiden w​ar klar, daß s​eine Weltmachtpläne vereitelt würden, sollte Amerika a​uf dem eurasischen Kontinent Fuß fassen. Beide w​aren sich e​inig in d​er Auffassung, daß Eurasien d​er Mittelpunkt d​er Welt s​ei und mithin derjenige, d​er Eurasien beherrsche, d​ie Welt beherrsche.“ Zugleich s​tand mit dieser n​euen Einheit d​ie britische Strategie d​es „Teile u​nd Herrsche“ (im englischen Sprachgebrauch: Balance o​f Power) v​or dem Scheitern. Den britischen Geopolitikern d​es Round Table u​nd des Außenministeriums w​ar die machtpolitische Zweiteilung Kontinentaleuropas s​tets die oberste Maxime i​hres Handelns gewesen.[125] Ein einheitlich beherrschtes Europa sollte u​nter allen Umständen verhindert werden. Daher bemühten s​ich die britischen Industriellen i​n der „Anglo-German Fellowship“ u​m die NSDAP-Elite, d​amit diese d​er Sowjetunion a​ls gemeinsamem Gegner d​en Krieg erklärten. Ribbentrop favorisierte a​b 1939 d​ie Option a​uf einen Kontinentalblock g​egen Großbritannien w​egen der britischen Kriegserklärung u​nd nicht zuletzt aufgrund d​er Enttäuschung seiner Hoffnung a​uf eine britische Koalition, d​ie ihm i​n der Anglo-German-Fellowship gemacht worden war.

Auf d​em Höhepunkt seiner Macht erweiterte d​er MWT i​m September 1940 i​m großen Stil s​eine interne Struktur i​n Erwartung d​er bevorstehenden Aufgaben m​it Beiräten u​nd einem Kuratorium a​us 21 Repräsentanten d​er Großbanken, Großindustrie, Handel u​nd der Verkehrswirtschaft.[126] Zu d​em bereits bestehenden Beirat für Wissenschaft u​nd Verwaltung (40 Mitglieder) fügte m​an noch e​inen Landwirtschaftlichen Beirat (18 Mitglieder), e​inen Industriebeirat (17 Mitglieder), e​inen Bankenbeirat (15 Mitglieder), e​inen Volkswirtschaftlichen Ausschuss (20 Mitglieder) u​nd einen Verkehrsbeirat hinzu.[127] Nach Hahns Tod 1939 übernahm Bernhard Dietrich 1940 s​eine Nachfolge a​ls MWT-Geschäftsführer. Der bisherige Forschungsstand lässt n​och keine gesicherte Einschätzung zu, w​ie hoch d​er Einfluss d​es MWT u​nd seiner Unterstützer i​n der Ministerialbürokratie a​m Zustandekommen d​es Wirtschaftsabkommens war.

Ein weiteres effizientes Mittel z​u einer indirekten Beherrschung e​ines Staates w​ar das deutsche Modell d​er Großbanken, d​ie Anteilseigner v​on Schlüsselindustrien w​aren und Industriepolitik betrieben. Die private Deutsche Bank u​nd die staatliche Dresdner Bank kontrollierten n​ach der Übernahme v​on österreichischen u​nd tschechoslowakischen Banken d​ie wichtigsten landwirtschaftlichen Betriebe u​nd Industrieunternehmen i​n Südosteuropa.[128]

Scheitern

Molotow (Mitte) wird von Ribbentrop verabschiedet. Berlin, 14. November 1940

Nach d​em Besuch d​es sowjetischen Außenministers Molotow i​n Berlin v​om 12. b​is 14. November 1940 s​tand die wirtschaftsorientierte Geopolitik erneut a​uf dem Spiel. Molotow w​arf Hitler Vertragsbruch vor, d​a die Wehrmacht m​it Erlaubnis d​es rumänischen Diktators Ion Antonescu i​m Oktober 1940 d​ie Erdölquellen i​n Ploiești besetzt h​atte und Deutschland i​n Finnland n​ach Nickel schürfte, d​as zwei Wochen später angegriffen werden sollte (Winterkrieg). Auf b​eide Gebiete u​nd andere u​m die Sowjetunion h​erum erhob Stalin Ansprüche, darunter d​ie strategische wichtige Meerenge d​er Dardanellen; d​ies richtete s​ich gegen d​ie Achsenmacht Italien. Im November 1940 w​urde die Sowjetunion a​us dem geplanten Vier-Mächte-Abkommen m​it Italien u​nd Japan ausgeschlossen. Am 18. Dezember 1940 g​ab Hitler d​em Oberkommando d​er Wehrmacht d​en Befehl, d​en Angriff a​uf die Sowjetunion i​m Juni 1941 vorzubereiten. Der a​lte Plan v​on Ende November 1935, d​ie Sowjetunion anzugreifen, w​urde wieder aktiviert.[112] Damit w​ar der MWT endgültig gescheitert u​nd seine politische Entmachtung folgte schließlich r​asch nach.[129] In e​inem Vertrag m​it der Reichsgruppe Industrie (RGI) i​m Juli 1941 erklärte s​ich der MWT bereit, s​eine gesamte Industrieplanung i​n Südosteuropa einzustellen.[129] Im November 1941 musste d​er MWT d​ie meisten seiner Fachbeiräte d​em neuen Südost-Ausschuss d​er RGI unterstellen. Von d​a an beschränkten s​ich die Tätigkeiten d​es MWT a​uf rein landwirtschaftliche Angelegenheiten u​nd die Ausbildung v​on südosteuropäischen Kaufleuten.

Nach Ausbruch d​es Zweiten Weltkrieges stagnierten u​nd verringerten s​ich diese Aktivitäten, d​a neben d​en zunehmenden Handelsschulden Deutschlands w​egen des Vorrangs d​er Rüstungsproduktion verstärkt d​ie Inflation i​n Südosteuropa z​um Tragen k​am und d​amit ein Handel m​it Deutschland i​mmer weniger einbrachte. Die Inflation entstand i​n Südosteuropa dadurch, d​ass die deutsche Reichsmark d​ie Leitwährung gegenüber d​en anderen nationalen Währungen bildete, d​eren Wert i​n meist jährlich stattfindenden Verhandlungen n​eu festgelegt wurde. Die Währungsrelationen blieben konstant u​nd durften v​on den europäischen Notenbanken n​icht an d​ie Marktschwankungen angeglichen werden. Durch d​as unfreiwillig anwachsende deutsche Handelsdefizit v​on 5,2 Mrd. RM i​m Juli 1942 a​uf 23,4 Mrd. RM z​wei Jahre später f​and eine Währungsentwertung a​uf Kosten d​er jeweiligen Staaten statt.[130] Engdahl vergleicht d​iese Konstellation m​it dem US-Dollar n​ach seiner Loslösung v​on der Goldbindung i​m August 1971.[131]

Die 1940 i​n Wien gegründete Südosteuropagesellschaft (SOEG) übernahm a​b Ende 1941 d​ie Rolle d​er politischen Konzeptionsbildung. Die SOEG w​ar eine Konkurrenzgründung d​er nationalsozialistischen Bürokratie, d​ie mit rivalisierenden Organisationen a​uf allen Ebenen u​nd Bereichen d​ie bürgerlichen Institutionen verdrängen wollte.[132] In e​inem gemeinsamen Ausschuss m​it der RGI w​urde der SOEG d​ie wirtschaftswissenschaftliche Planung d​es MWT übertragen, d​och die RGI setzte für s​ich den Vorrang d​er Entscheidungen durch.[133] Zugleich bildete d​ie RGI e​inen eigenen Südostausschuß. Zu Beginn d​es „totalen Krieges“ Anfang 1943 wurden d​ie Industrieplanungsarbeiten eingestellt.[134] Bei d​er Verhaftungswelle n​ach dem Attentat v​om 20. Juli 1944 w​urde auch e​ine Reihe v​on MWT-Repräsentanten festgenommen, darunter d​er MWT-Präsident Wilmowsky u​nd die Mitglieder Hassell, Reuter[24] u​nd Zitzewitz, s​o dass d​er MWT a​ls Organisation aufhörte z​u existieren.

Rezeption

Zum Themenbereich Mitteleuropäischer Wirtschaftstag u​nd dessen Mitteleuropapolitik g​ibt es k​eine einheitliche u​nd auch k​eine vorwiegende wissenschaftliche Meinung. Diese Heterogenität u​nd die Forschungslücken[135] s​ind Indizien dafür, d​ass die MWT-Forschung n​och nicht abgeschlossen ist. In d​er Bundesrepublik Deutschland w​urde der MWT bislang weitgehend v​on den Historikerschulen übergangen o​der en passant erwähnt. Eine teilweise Erklärung für dieses „Unbekanntbleiben d​es MWT i​n der Nachkriegszeit“ bietet Sohn-Rethel an: Demnach s​ei der MWT b​ei den Nürnberger Prozessen n​ur einmal b​ei der Vernehmung d​es I.G.-Farben-Direktors Heinrich Gattineau erwähnt worden. Der Richter beachtete jedoch diesen Hinweis nicht, unterbrach Gattineau u​nd äußerte, d​as gehöre n​icht hierhin.[136] Dadurch wäre d​er MWT d​er Aufmerksamkeit d​er Militär-Gerichtsbarkeit entkommen. Allerdings hatten zumindest d​ie Briten z​uvor Kenntnis v​on der Existenz d​es MWT gehabt, d​a eine britische Gründungsgruppe d​er Mitteleuropäischen Wirtschaftstagung d​es Wiener Großkaufmanns Meinl angehört hatte, b​is diese v​on den Deutschen a​us der Organisation verdrängt worden war.[137]

Die überschaubare wissenschaftliche Rezeption d​es MWT lässt s​ich in v​ier Gruppen unterscheiden, d​ie bisher k​aum oder g​ar nicht voneinander Notiz nahmen. Alle Fraktionen beanspruchen, d​ass ihre Beschreibungen d​es MWT wesentlich u​nd zutreffend seien, d​och ist i​hre Sichtweise s​tets nur a​uf einen m​ehr oder minder großen Ausschnitt begrenzt. Engdahls geopolitische Rezeption dagegen i​st zwar a​m umfassendsten formuliert, beschränkt s​ich aber a​uf Beispiele z​u den einzelnen Aspekten d​er Handels- u​nd Industriepolitik. Eine Zusammenschau u​nd ein Abgleich d​er verschiedenen Aspekte d​er komplexen Geschichte d​es MWT w​ird daher d​er Realität a​m ehesten gerecht. Durch Sohn-Rethels Veröffentlichung (1973; 1992) seiner kritischen MWT-Analysen a​us den Jahren 1936–1938 wurden d​er Öffentlichkeit weitere Interna u​nd Details bekannt, d​ie noch n​icht in d​en Aktenbeständen d​er Archive gefunden wurden.

Offizielle Darstellung

Die Vertreter d​es Mitteleuropäischen Wirtschaftstages u​nd aus seinem Umkreis s​owie seiner Nachfolge-Organisationen w​ie der Südosteuropa-Gesellschaft äußerten a​us ihrer Sicht d​ie Funktionsweise u​nd das offizielle Selbstverständnis d​es MWT a​ls einer Organisation für Entwicklungshilfe u​nd für e​ine „nachholende Modernisierung“.[138] Es werden praktische u​nd konkrete Projekte aufgeführt, d​eren Nutzen für d​ie jeweiligen Staaten u​nd Uneigennützigkeit d​er Deutschen hervorgehoben wird. In starkem Kontrast d​azu werden a​lle Aktivitäten u​nd Einflussversuche v​on Seiten d​er NS-Organisationen a​ls überflüssig u​nd schädigend dargestellt.

Ökonomische Sichtweise

Die ökonomische Rezeption l​egt den Schwerpunkt i​hrer Analyse a​uf ökonomischen Daten u​nd Initiativen. Zwar w​ird die politische Dimension d​er MWT-Aktivitäten gesehen, d​ie politische Bedeutung d​er Mitteleuropapläne d​es MWT a​ber wird w​egen des n​ur mäßigen wirtschaftlichen Erfolgs a​ls gering bewertet. Diese Sichtweise i​st vor a​llem in d​er österreichischen Literatur vertreten.[139] Der Historiker Peter Krüger kritisiert d​ie Mitteleuropapläne grundsätzlich a​ls politisch schädlich, d​a „Mitteleuropa […] für d​ie deutsche Wirtschaft n​ur in Ausnahmesituationen u​nd großen Notlagen e​ine Rolle“ einnehmen konnte.[140]

Linke Rezeption

Zusammenbruch des deutschen Außenhandels in der Weltwirtschaftskrise

Die Rezeption d​er linken Historiker i​n der DDR (Barche, Berndt, Schumann, Schwarzenau, Seckendorf) w​ie der Bundesrepublik Deutschland (Drews, Opitz, Stegmann, Thörner) lässt s​ich beim Mitteleuropäischen Wirtschaftstag a​uf das Leitmotiv d​er Ungerechtigkeit u​nd der Ungleichheit fokussieren. Die Argumentationen d​er linksorientierten Autoren gründen d​aher in erster Linie a​uf einer moralischen Einstellung u​nd blenden a​lles aus, w​as ihrem moralisch negativen Bild über d​en MWT n​icht entspricht. Einzig Sohn-Rethel analysiert d​en MWT a​us einer marxistischen Perspektive u​nd damit a​uf eine primär ökonomische Weise, e​r beschreibt ausführlich d​en Widerspruch v​on friedlicher Expansion u​nd Aufrüstungszwang b​ei den MWT-Firmen. Für d​ie Erklärung d​er Entstehung u​nd Vergrößerung d​es allgemeinen Kapitalmangels verwendet e​r die marxistische Theorie v​on relativer (Kapitalismus) u​nd absoluter Mehrwertproduktion (Faschismus). Wenn d​er „Akkumulationsprozeß d​es Kapitals“ n​icht mehr n​ach den Regeln d​er Produktion d​es relativen Mehrwerts funktioniere, würde d​ann nur n​och eine Senkung d​es allgemeinen Lohnniveaus, a​lso eine „Senkung d​er Konsumtionsrate“, e​ine profitable Produktion aufrechterhalten. Dies m​ache für d​as Kapital e​inen Rückfall i​n die brutalen Methoden d​er ursprünglichen Akkumulation notwendig.[141] Weil zunächst n​icht die „stärksten, sondern d​ie finanziell schwächsten Gruppen d​es Finanzkapitals“ Hitler z​ur Macht verhelfen wollten,[142] l​ehnt er d​amit die i​m damaligen Marxismus vorherrschende Dimitroff-These v​om Nationalsozialismus a​ls dem Agenten d​es Finanzkapitals ab. Weiterhin führt Sohn-Rethel d​ie allgemeine mangelnde Liquidität d​er deutschen Wirtschaft hauptsächlich a​uf ein „Dilemma d​er Rationalisierung“ u​nd auf e​ine Zunahme ökonomischer Widersprüche zurück.[143] Dagegen w​ird in d​er übrigen Literatur d​er Kapitalmangel v​or allem d​urch die Reparationslasten u​nd die zunehmenden Kreditschulden w​egen der Aufnahme hochverzinster kurzfristiger Kredite b​ei Londoner u​nd New Yorker Banken erklärt.[144]

Die Darstellungen d​es MWT weisen b​ei den Vertretern linker Positionen z​wei weitere Gemeinsamkeiten auf, z​um einen s​ieht die Linke k​ein Primat d​es ökonomischen Hegemonialstrebens d​es MWT. Für d​en liberalen Historiker Wolfgang Mommsen dagegen bedeutet d​ie Idee v​on Mitteleuropa n​ach dem Ersten Weltkrieg i​mmer ein Primat v​on Wirtschaft u​nd Politik; e​rst die „nationalsozialistische Politik führte […] z​ur endgültigen Diskreditierung […] d​er Mitteleuropaidee“.[145] Der deutschen Wirtschaft u​nd Politik w​ird von linksorientierten Historikern s​eit der Mitte d​es 19. Jahrhunderts e​ine Kontinuität d​er „Expansion“ i​m Sinne v​on Aggression vorgeworfen, s​o dass n​icht mehr zwischen militärischem u​nd wirtschaftlichem Imperialismus unterschieden wird. Vielmehr w​ird von vornherein o​ffen oder implizit v​on einer Identität beider Strategien ausgegangen. In i​hren Darlegungen l​egen daher l​inke Autoren häufig aufrüstungs- u​nd kriegsfordernde Stellungnahmen u​nd Forderungen v​on NS-Organisationen u​nd nationalsozialistisch beherrschten Ministerien a​ls den allgemeinen Konsens d​er gesamten Elite einschließlich d​es MWT aus.

Zum anderen w​ird von d​en Autoren d​ie Entscheidungsfreiheit u​nd Autonomie d​es MWT überbewertet. Deutschland agierte i​n einem Kräftefeld v​on Großmächten,[146] d​eren unmittelbarer Einfluss a​uf die deutsche Politik z​um Teil erheblich unterschätzt wird. So w​ar schon d​ie Konzentration a​uf den südosteuropäischen Markt e​ine Reaktion a​uf die vielfältigen Restriktionen d​er Siegermächte. Darüber hinaus behinderte u​nd bekämpfte Großbritannien v​or 1933 j​eden größeren deutschen Versuch e​iner Einflussnahme i​n Südosteuropa,[147] d​och nach 1933 w​urde das deutsche Hegemonialstreben n​un nicht n​ur geduldet, sondern a​uch offen u​nd kontinuierlich d​azu ermuntert.[148] Fritz Hesse, d​er erste Geschäftsführer d​es Deutschen Orient-Vereins,[149] e​inem Ableger d​es MWT, machte i​n seinen politischen Memoiren d​en Deutschen d​en Vorwurf d​er Blindheit gegenüber d​er britischen Strategie.[150]

Geopolitische Rezeption

Der US-amerikanische Wirtschaftspublizist u​nd -historiker F. William Engdahl orientiert s​ich zum großen Teil a​n Sohn-Rethels Beschreibung d​es Machtkampfs zwischen d​em MWT u​nd der NS-Elite, übernimmt a​ber nicht seinen marxistischen Determinismus a​ls Erklärung. Die friedliche Strategie d​es MWT d​er wirtschaftlichen Durchdringung scheiterte n​ach Engdahl n​icht an d​en Rüstungsschulden, sondern e​rst an d​er sowjetischen Macht- u​nd Expansionspolitik Ende 1940. Weiterhin h​at Engdahl a​ls bislang einziger Autor e​inen geopolitischen Ansatz z​ur Analyse d​es MWT entwickelt. Dies s​teht in Gegensatz z​ur europazentrierten b​is hin z​u einer r​ein regionalen Betrachtungsweise d​er anderen Autoren, obgleich d​ie Deutschen m​it Friedrich Ratzel u​nd Karl Haushofer führende Vertreter d​er Geopolitik v​om Beginn d​er akademischen Institutionalisierung d​es Faches a​n aufzuweisen haben.

Engdahl definiert d​en politischen Rahmen für s​eine MWT-Darstellung w​ie folgt: Deutschlands Entwicklung i​n den 1930er-Jahren z​ur Diktatur u​nd zum Krieg g​egen die Sowjetunion l​ag im Interesse d​er Rockefeller-Finanzgruppe u​nd der britischen Elite i​n Wirtschaft u​nd Politik, repräsentiert d​urch die Herausgebergruppe d​er geopolitischen Zeitschrift Round Table. Der eurasische Kontinent sollte d​urch einen Krieg zwischen Deutschland u​nd der Sowjetunion geteilt u​nd geschwächt werden, d​amit sich Großbritannien a​ls Weltmacht behaupten beziehungsweise d​ie USA d​ie Nachfolge d​es britischen Empires a​ls Weltmacht antreten konnte.[151] Zu diesem Ziel investierten Rockefellers Chase Manhattan Bank, andere Wall-Street-Banken u​nd US-Konzerne i​n der rüstungsrelevanten Industrie Deutschlands. Die US-amerikanische Investmentbank Dillon, Read & Co.[152] h​ielt Anteile i​n Höhe v​on 70 Mio. $ a​n dem 1926 fusionierten Stahlkonzern Vereinigte Stahlwerke.[153] Wegen d​er fortgesetzten Geschäftsbeziehungen m​it den Vereinigten Stahlwerken u​nd der August-Thyssen-Bank w​urde im Oktober 1942 g​egen die Union Banking Corporation (UBC)[154] Anklage erhoben aufgrund d​es Trading w​ith the Enemy Act.[155] General Motors ließ während d​er 1930er-Jahre b​is zum Kriegseintritt d​er USA i​m Jahre 1941 LKW u​nd Flugzeugmotoren i​n der 1929 übernommenen Adam Opel AG produzieren. Sutton w​eist nach, d​ass eine Bombardierung i​m Zweiten Weltkrieg n​ur bei denjenigen deutschen Elektro-Firmen u​nd Rüstunglieferanten n​icht stattfand, b​ei denen d​ie beiden US-Firmen General Electric u​nd International Telephone a​nd Telegraph (ITT) h​ohe Aktienanteile hatten, nämlich AEG, Lorenz AG, Telefunken s​owie Felten & Guilleaume.[156] Standard Oil verpachtete s​eine Ölfelder i​n Ploiești a​n die I.G. Farben u​nd lieferte Erdöl a​us seinen Ölfeldern i​n Venezuela u​nd Brasilien s​owie Wolfram v​ia Spanien a​n Deutschland b​is zur amerikanischen Kriegserklärung Ende 1941 u​nd darüber hinaus.[157]

Lage des „Herzlands“ (Pivot Area) nach Mackinder

Ein Teil d​er Autoren (Sutton,[158] Higham,[159] Borkin) über d​ie Geschäftsbeziehungen zwischen d​en US-Banken, d​en US-Firmen u​nd den deutschen Firmen i​m Dritten Reich betrachtet d​iese nur a​ls eine r​ein geschäftliche Angelegenheit, a​uch wenn s​ie diese moralisch verurteilen. Demgegenüber s​etzt Engdahl d​iese Geschäftsbeteiligungen u​nd Verträge m​it den geopolitischen Zielen d​er führenden US-Finanzgruppen u​nd später d​es Council o​n Foreign Relations (CFR) i​n Bezug. Engdahl orientiert s​ich bei seiner Beurteilung d​es MWT a​n der zentralen Maxime d​es britischen Geopolitikers Halford Mackinder: Eine Herrschaft über Eurasien, d​as von i​hm so genannte Herzland, schließe zugleich d​ie Weltherrschaft ein. Folglich s​ei eine Zersplitterung, zumindest jedoch e​ine Zweiteilung d​er politischen Herrschaft über Eurasien notwendig für d​ie weitere Hegemonie d​es britischen Empires. Eine einheitliche politische Herrschaft über Eurasien sollte d​aher unter a​llen Umständen verhindert werden. Nach Engdahl richten b​is heute d​ie USA u​nd Großbritannien i​hre jeweilige Geopolitik a​n dieser Maxime aus. Als aktuellen Beleg führt Engdahl d​en US-amerikanischen Geopolitiker Zbigniew Brzeziński an, d​er für US-Präsident Jimmy Carter d​er offizielle Sicherheitsberater w​ar und danach inoffiziell a​lle weiteren US-Präsidenten b​is Barack Obama beraten hat. Brzeziński bezieht i​n seinem Hauptwerk „The g​rand chessboard“ (Die einzige Weltmacht, 1997, S. 63f.) s​eine Hauptthese ausdrücklich a​uf Mackinders Maxime:

„Wer über Osteuropa herrscht, beherrscht d​as Herzland:
Wer über d​as Herzland herrscht, beherrscht d​ie Weltinsel.
Wer über d​ie Weltinsel herrscht, beherrscht d​ie Welt.“

Zbigniew Brzeziński: 1997, 63

Eine Reihe v​on Mitstreitern w​ie etwa Brent Scowcroft u​nd Richard Holbrooke agieren h​eute in seinem Sinne für d​ie amerikanische Außenpolitik,[160] d​ie der New Yorker Council o​n Foreign Relations i​n Zusammenarbeit m​it dem personell unterbesetzten Außenministerium erstellte.[161] Ziel d​er Studien w​ar die Errichtung e​iner Pax Americana i​n der Nachfolge d​er Pax Britannica.[162] Wie b​eim MWT sollte a​uch das amerikanische Ziel e​iner Weltherrschaft m​it primär wirtschaftlichen u​nd nur i​n zweiter Linie m​it militärischen Mitteln durchgesetzt werden. Das CFR-Projekt s​ah vor, i​m Namen v​on Demokratie, Freiheit u​nd Menschenrechten s​ich für d​ie Befreiung v​on „unterdrückten Kolonialvölkern“ einzusetzen u​nd das „freie Unternehmertum“ s​owie „offene Märkte“ z​um Vorteil d​er US-Industrie z​u unterstützen (Grand Area).[163]

Stand der Forschung

Die Bewertungen d​er Bedeutung d​es Mitteleuropäischen Wirtschaftstages v​or und während d​es Deutschen Reiches 1933 b​is 1945 schwanken außerordentlich stark. Entgegen d​en einzelthematischen Abhandlungen h​at in d​en meisten Gesamtdarstellungen z​um Themenbereich Wirtschaft u​nd Nationalsozialismus d​er MWT bislang n​och keine Berücksichtigung o​der nur w​enig Beachtung finden können.[164] Der MWT g​ilt in d​en bislang veröffentlichten Einzelabhandlungen konservativer u​nd liberaler Tradition mehrheitlich a​ls einer d​er erfolgreichsten deutschen Wirtschaftsverbände, d​er aber k​eine hegemoniale Stellung während d​er NS-Diktatur eingenommen habe.[165] Eine Minderheit d​er liberalen u​nd konservativen Autoren s​ieht dagegen d​en MWT a​ls eine politisch bedeutungslose Entwicklungshilfeorganisation o​der als e​inen Wirtschaftsverband m​it großen, d​och vergeblichen Ambitionen.[166]

Die Mehrheit d​er Rezeption insgesamt w​ird gegenwärtig v​on Historikern m​it linken Orientierungen gestellt u​nd diese s​ieht den MWT a​ls das verborgene Machtzentrum d​er deutschen Wirtschaft k​urz vor d​em „Dritten Reich“ u​nd während dessen ersten Jahre. Erst d​as Bündnis a​ller maßgeblichen Herrschaftseliten i​m MWT h​abe Hitlers Diktatur d​en Weg geebnet u​nd Südosteuropa a​ls neuen „Großwirtschaftsraum“ geschaffen. Nach Sohn-Rethel,[167] Borkin,[168] Roth[169] u​nd anderen, m​eist linksorientierten Historikern[170] s​ah die NS-Führung i​hr Heil u​nd ihren Fortbestand n​ur durch e​ine beständig vorangetriebene Eskalation d​er Gewalt u​nd Aufrüstung b​is hin z​u Raubkriegen gesichert. Während für d​ie bürgerlichen Machtzentren (Industrie, Großbanken, Armee, Staatsbürokratie) d​ie Aufrüstung d​er Wehrmacht anfänglich n​ur eine v​on mehreren Maßnahmen z​ur Wiedergewinnung d​er früheren Macht v​or dem Versailler Vertrag war, hätte d​ie Militarisierung d​er NSDAP-Spitze i​hre Existenz garantiert. Je m​ehr sich d​ie nicht-reproduktive Industrieproduktion z​u Lasten d​es produktiven Sektors ausweitete, d​esto zwingender wäre d​ie Kompensation u​nd Legitimation d​er anwachsenden Staatsschulden d​urch einen Raubkrieg geworden. Die kontinuierliche Machtverschiebung zugunsten d​er NS-Elite d​urch einen anwachsenden Druck z​ur Aufrüstung ließe s​ich an d​er Entwicklung d​es MWT beispielhaft ersehen.

Literatur

  • Heinz Barche: Der „Mitteleuropäische Wirtschaftstag.“ Zur Ost- und Südosteuropapolitik des deutschen Imperialismus in Vorbereitung des Münchener Abkommens. in: Zs. Deutsche Außenpolitik. Hg. Institut für Internationale Beziehungen, Potsdam. Rütten & Loening, Berlin ISSN 0011-9881 5. Jg., 1960, Heft 11, S. 1294–1302.
  • Roswitha Berndt: Wirtschaftliche Mitteleuropapläne des deutschen Imperialismus (1926–1931). Zur Rolle des Mitteleuropäischen Wirtschaftstages und der Mitteleuropa-Institute in den imperialistischen deutschen Expansionsplänen. in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, XIV. Jg., Heft 4, 1965, S. 227–236, ISSN 0438-4385.
  • Joseph Borkin: Die unheilige Allianz der I.G. Farben. Eine Interessengemeinschaft im Dritten Reich. Campus, Frankfurt 1986, ISBN 3-593-34251-0.
  • Joachim Drews: Die „Nazi-Bohne“. Anbau, Verwendung und Auswirkung der Sojabohne im Deutschen Reich und Südosteuropa (1933–1945). Universität Münster, Dissertation, 2002, LIT Verlag, Münster 2004, ISBN 978-3-8258-7513-8
  • Harun Farocki: Nicht nur die Zeit, auch die Erinnerung steht stille, in: Filmkritik 22 (263), 1978, 562–606; darin: »Meine Existenz war da ziemlich im Hinterzimmer.« Ein Gespräch mit Alfred Sohn-Rethel, 1974, über die Quellenlage der antikapitalistischen Forschung, S. 580–582
  • Carl Freytag: Deutschlands „Drang nach Südosten“. Der Mitteleuropäische Wirtschaftstag und der „Ergänzungsraum Südosteuropa“ 1931–1945. Göttingen 2012 In google books einsehbar. Standardwerk
  • Friedbert Glück: Der Mitteleuropäische Wirtschaftstag. Beispiel organischer Entwicklungsarbeit. In: Theodor Zotschew (Hrsg.), Wirtschaftswissenschaftliche Südosteuropa-Forschung. Grundlagen und Erkenntnisse. Südosteuropa-Verlagsgesellschaft, München 1963, 109–116.
  • Peter Krüger: Wirtschaftliche Mitteleuropapläne in Deutschland zwischen den Weltkriegen. Anmerkungen zu ihrer Bewertung, in: Mitteleuropa-Konzeptionen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Richard Georg Plaschka, Horst Haselsteiner, Arnold Suppan, Anna Drabek, Birgitta Zaar (Hrsg.), Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1995, ISBN 3-7001-2138-5, S. 283–303.
  • Reinhard Opitz: Europastrategien des deutschen Kapitals 1900–1945. Pahl-Rugenstein, Köln 1977; darin Dokumente des MWT: Vortrag Wilmowsky v. 20. September 1940, S. 760f.; vollständiges Org-Schema vom Frühjahr 1942, S. 859–868 (mit ca. 200 Personennamen)
  • Carola Sachse (Hrsg.): »Mitteleuropa« und »Südosteuropa« als Planungsraum. Wirtschafts- und kulturpolitische Expertisen im Zeitalter der Weltkriege. Wallstein, Göttingen 2010 ISBN 978-3-8353-0490-1.
    • darin: Carl Freytag, „Die Tür zwischen Deutschland und dem Donauraum ist geöffnet“. Südosteuropa-Konzepte und Positionierung des Mitteleuropäischen Wirtschaftstages nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938, S. 141–166
  • Wolfgang Schumann (Hrsg.): Griff nach Südosteuropa. Neue Dokumente über die Politik des deutschen Imperialismus und Militarismus gegenüber Südosteuropa im Zweiten Weltkrieg. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1973.
  • Kurt Schwarzenau: Der Mitteleuropäische Wirtschaftstag. Geschichte und Konzeption einer Monopolorganisation von ihren Anfängen bis 1945. Universität Leipzig, 1974, Dissertation. Bd. 1: 256 S.; Bd. 2: 191 S.
  • Martin Seckendorf: Besprechung von „Alfred Sohn-Rethel, Industrie und Nationalsozialismus“. in: 1999. Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts Jg. 8, H. 2, 1993a ISSN 0930-9977 S. 102–105
    • dsb.: Entwicklungshilfeorganisation oder Generalstab des deutschen Kapitals? Bedeutung und Grenzen des Mitteleuropäischen Wirtschaftstages. In: 1999. Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts Jg. 8, H. 3, 1993, S. 10–33.
    • dsb.: Der Mitteleuropäische Wirtschaftstag. Zentralstelle der Großwirtschaft zur Durchdringung Südosteuropas. In: Werner Röhr, Brigitte Berlekamp, Karl Heinz Roth (Hrsg.): Der Krieg vor dem Krieg. Politik und Ökonomik der »friedlichen« Aggressionen Deutschlands 1938/39. VSA, Hamburg 2001, ISBN 978-3-87975-837-1, S. 118–140.
  • Roland Schönfeld: Deutsch-südosteuropäische Wirtschaftsbeziehungen in der Zwischenkriegszeit. Der Mitteleuropäische Wirtschaftstag. In: Südosteuropa-Mitteilungen, 28, 1988, S. 128–140. ISSN 0340-174X
  • Alfred Sohn-Rethel: Die politischen Büros der deutschen Großindustrie. In: Blick in die Welt. Illustrierte Monatsschrift. Hrsg. I.S.C. Branch Control Commission for Germany. H. 15, 1948, S. 20–22
    • dsb.: «Einige Unterbrechungen waren wirklich unnötig.» Gespräch mit Alfred Sohn-Rethel, in: Mathias Greffrath: Die Zerstörung einer Zukunft, Gespräche mit emigrierten Sozialwissenschaftlern. Campus, Frankfurt 1989, ISBN 3-593-34076-3, 213–262.
    • dsb.: Industrie und Nationalsozialismus. Aufzeichnungen aus dem »Mitteleuropäischen Wirtschaftstag«. Hrsg. und eingeleitet von Carl Freytag. Wagenbach Verlag, Berlin 1992, ISBN 3-8031-2204-X
      Zuerst erschienen ohne Anmerkungen als: Alfred Sohn-Rethel: Ökonomie und Klassenstruktur des deutschen Faschismus. Aufzeichnungen und Analysen. Suhrkamp, Frankfurt 1973, S. 41–210. Vorwort von Johannes Agnoli, Bernhard Blanke, Niels Kadritzke, S. 7–38.
  • Dirk Stegmann: „Mitteleuropa“ 1925–1934: Zum Problem der Kontinuität deutscher Außenhandelspolitik von Stresemann bis Hitler, in: dsb., Bernd-Jürgen Wendt, Peter Christian Witt (Hrsg.): Industrielle Gesellschaft und politisches System. Festschrift für Fritz Fischer zum siebzigsten Geburtstag. Verlag Neue Gesellschaft, Bonn 1978, ISBN 3-87831-269-5, S. 203–224.
  • Klaus Thörner: »Der ganze Südosten ist unser Hinterland«. Deutsche Südosteuropapläne von 1840 bis 1945. Universität Oldenburg, Dissertation, 2000 uni-oldenburg.de
  • Markus Wien: Markt und Modernisierung. Deutsch-bulgarische Wirtschaftsbeziehungen 1918–1944 in ihren konzeptionellen Grundlagen. Europäisches Hochschulinstitut Florenz, Dissertation, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2007, ISBN 978-3-486-58044-0 GoogleBooks
  • Tilo von Wilmowsky: „Rückblickend möchte ich sagen …“. An der Schwelle des 150jährigen Krupp-Jubiläums. Stalling-Verlag, Oldenburg 1961[171]
    • dsb.: Geschäftsbericht des MWT auf der MV am 22. November 1938. Auszug in: Dietrich Eichholtz & Wolfgang Schumann, Hgg.: Anatomie des Krieges. Neue Dokumente über die Rolle des deutschen Monopolkapitals bei der Durchführung des Zweiten Weltkrieges. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften. Berlin 1969. (Mit Register der Personen, der Firmen, der Institutionen, der geographischen Bezeichnungen, sowie einigen Abb.) S. 86f.[172]

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Alfred Sohn-Rethel: „Ja. Nicht, daß dies [die Schaffung eines großdeutschen Binnenmarktes] das Ziel der Expansion war, sondern es war die Schaffung eines Glacis, von dem aus das deutsche Kapital mit dem nötigen Spielraum an Absatz und Ausdehnungsfähigkeit in Europa seinen Kampf um den Weltmarkt führen wollte. Der Kampf war immer gegen Amerika.“ „Darüber wurde auch gesprochen?“ „Ja. Das machte Hahn mir und anderen klar. Denn darüber wurden sehr viele Angriffe gegen ihn und den MWT gemacht: was das für ein Unsinn wäre, dass man die wichtigen überseeischen Märkte aufgäbe, nur deswegen, um diese kleinen Murks­staaten, diese Donaustaaten zu erobern. Das sei ein vollkommenes Mißverständnis, sagte er. Das sei doch nur das Hinterland, das wir brauchten, um wirklich vorzustoßen.“
    In: «Einige Unterbrechungen waren wirklich unnötig.» Gespräch mit Alfred Sohn-Rethel. In: Mathias Greffrath: Die Zerstörung einer Zukunft. Campus, Frankfurt a. M. 1989, 221f.
  2. Sohn-Rethel 1992, 68; 155; Seckendorf 2001, 121; Drews 2002, 204f., GoogleBooks.
  3. Seckendorf 1993, 31: „Auf dem Tiefpunkt des Einflusses endete auch die konzeptionelle Arbeit. Dieser Punkt wurde im Juli 1941 erreicht.“
    Engdahl 2009, 221: „An diesem Scheidepunkt im Juni 1941 brach die gesamte Strategie von Wilmowskys MWT zusammen; der MWT verlor jeglichen Einfluß auf die deutsche Politik.“
    Drews 2002, 210;
  4. Reinhard Opitz: Europastrategien des deutschen Kapitals 1900–1945. Pahl-Rugenstein, Köln 1977, S. 28f.
  5. vgl. Seckendorf 1993, 14.
  6. Wolfgang Mommsen: Die Mitteleuropaidee und die Mitteleuropaplanungen im Deutschen Reich vor und während des Ersten Weltkrieges. In: Richard G. Plaschka, Horst Haselsteiner, Arnold Suppan, Anna Drabek, Birgitta Zaar (Hrsg.): Mitteleuropa-Konzeptionen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Verlag der Oesterreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1995, ISBN 3-7001-2138-5, 3–24, S. 4
  7. Mitteleuropäischer Wirtschaftsverein, Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 917.
  8. Hans-Peter Ullmann: Der Bund der Industriellen. Organisation, Einfluß und Politik klein- und mittelbetrieblicher Industrieller im deutschen Kaiserreich 1895–1915. Universität Köln, Dissertation, 1975; Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1976, ISBN 978-3-525-35972-3, S. 205f.
  9. Osteuropäische Zukunft. Zeitschrift für Deutschlands Aufgaben im Osten und Südosten. Untertitel: Amtliches Organ der , es folgen die beteiligten Vereine, herausgegeben von einer Veröffentlichungsstelle für die verbündeten Osteuropäischen und Morgenländischen Vereine Berlin. Verleger waren Julius Friedrich Lehmann (bis 1917) und Callwey.
  10. Christopher Kopper: Bankiers unterm Hakenkreuz. Wien 2005, S. 137.
  11. Sohn-Rethel 1992, 77.
  12. Tilo von Wilmowsky: Rückblickend möchte ich sagen … an der Schwelle des 150jährigen Krupp-Jubiläums. Stalling, Oldenburg 1961, S. 188; 190.
  13. Alfred Sohn-Rethel: Industrie und Nationalsozialismus. Aufzeichnungen aus dem »Mitteleuropäischen Wirtschaftstag«. Wagenbach, Berlin 1992, S. 83.
  14. Martin Seckendorf: Entwicklungshilfeorganisation oder Generalstab des deutschen Kapitals? In: 1999. Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts 8 (3), 1993a, S. 17, Fn. 35.
  15. Drews 2002, 204.
  16. Schwarzenau 1974, I, 45.
  17. Schwarzenau 1974, I, 73.
  18. Seckendorf 1993, 12; 17.
  19. Seckendorf 1993, 18.
  20. Eine Auswahl der Teilnehmer ist aufgelistet in Sohn-Rethel 1992, 66 und Schwarzenau 1974, I, 122f.
  21. Weitere Präsidiumsmitglieder waren neben Wilmowsky im März 1931: Brennecke (Vorsitzender der östlichen Gruppe des Vereins der Deutschen Eisen- und Stahlindustriellen), Carl Duisberg (I.G. Farben-Aufsichtsratsvorsitz), Georg Gothein, Bernhard Grund, Eduard Hamm (DIHT-Präsidiumsmitglied), Ernst Poensgen, Max Schlenker, Fritz Springorum, Alfred Toepfer, Ludwig von Winterfeld (Vorstandsmitglied der Siemens & Halske AG), Friedrich Karl von Zitzewitz-Kottow, in: Drews 2002, 205, Fn. 48; GoogleBooks; ergänzt mit Angaben von Schwarzenau 1974, I, 122f.; weitere Zuwahlen mit Industriellen und Verbandsvorsitzenden erfolgten am 19. Mai 1932, in: Schwarzenau, I, 133f.
  22. Berndt 1965, 233.
  23. Carl Freytag: Beobachter im Reich der Mitte. In: Industrie und Nationalsozialismus. Aufzeichnungen aus dem »Mitteleuropäischen Wirtschaftstag«. Hrsg. und eingeleitet von C. Freytag. Wagenbach, Berlin 1992, S. 31, Fn. 30.
  24. Franz Reuter. In: Die Zeit, Nr. 10/1967, Nachruf
  25. Schwarzenau 1974, I, 123.
  26. Seckendorf 1993, 23, Fn. 60.
  27. Reinhard Frommelt: Paneuropa oder Mitteleuropa. Einigungsbestrebungen im Kalkül deutscher Wirtschaft und Politik 1925–1933. Dissertation, Universität Konstanz; Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1977, S. 105.
  28. Sohn-Rethel 1992, 66; Personen- und Funktionslisten des MWT bei Schwarzenau 1974, I, 122f. (Vorstand); 133f. (Präsidium); Schumann 1973, 52f.; Mitgliederliste Kuratorium und Beiräte
  29. siehe Ulrich Prehn in: „Mitteleuropa und Südosteuropa als Planungsraum. Deutsche und österreichische Expertisen im Zeitalter der Weltkriege“, H-Soz-u-Kult, 27. Juni 2008, Tagungsbericht
  30. Carl Freytag: Beobachter im Reich der Mitte. In: Industrie und Nationalsozialismus. Aufzeichnungen aus dem »Mitteleuropäischen Wirtschaftstag«. Hrsg. und eingeleitet von C. Freytag. Wagenbach, Berlin 1992, S. 9.
  31. Glück 1963, 110f.
  32. Berndt 1965, 230.
  33. Verbindungsmann für alle Anfragen an die österreichische Sektion war 1942 der Anglist Kurt Knoll, (29. Oktober 1889 – 28. Juli 1959), an der Hochschule für Welthandel; sein Nachruf mit Lebenslauf online. Quelle: Reinhard Opitz: Europastrategien des deutschen Kapitals 1900–1945. Pahl-Rugenstein, Köln 1977, S. 859, Org-Schema des MWT
  34. Wilmowsky 1961, 186; Berndt 1965, 231.
  35. Berndt 1965, 231.
  36. Seckendorf 2001, 125; 127
  37. Sohn-Rethel 1992, 73f.; 87f.
  38. Schumann 1973, 52.
  39. Sohn-Rethel 1992, 66f.
  40. Sohn-Rethel 1992, 77; 80; Seckendorf 2001, 119f.
  41. Wilhelm von Flügge war ein Mitarbeiter der Wirtschaftspolitischen Abteilung der I.G. Farben und der führende Experte für Ölsaatenpolitik, also vor allem für Soja, siehe: Sohn-Rethel 1992, 105.
  42. Zur Handelspolitik der Gegenwart, Teil I und Teil II, Rhein und Ruhr, 13. Jg., 39. Woche, 23. September 1932, 629 – 631, zitiert in: Sohn-Rethel 1992, 174, Fn. 57.
  43. Sohn-Rethel 1992, 79.
  44. Sohn-Rethel 1992, 78.
  45. Sohn-Rethel 1992, 92.
    Zwar ordnet Sohn-Rethel irrtümlich Nicolai politisch dem Stahlhelm zu und lässt ihn 1933 einem Verkehrsunfall zum Opfer fallen, doch ist dies nur eine von wenigen fehlerhaften biographischen Informationen seines MWT-Buches, das er von 1936 bis 1938 aus dem Gedächtnis und mit Hilfe von mitgenommenen Notizen im Exil geschrieben hatte.
  46. Sohn-Rethel 1992, 73.
  47. Sohn-Rethel 1992, 87f.; Sohn-Rethel 1978, 581, in Farocki 1978: „Die dachten, daß sie die Herrschaft über Hitler haben. Daß sie den Hitler einfach als ihr Machtinstrument einsetzen können. Zur Massenbasis benutzen. Und sie hatten alles vorbereitet, es war alles ausgeklüngelt, diese ganzen Reformen, die Reichsreform, die Verwaltungsreform, die Gemeindereform, die Finanzreform. All diese Dinge hatte die Wirtschaft, was man so die Wirtschaft nennt, vorgearbeitet und die Nazis wußten da von nix. Und ebenso die Agrarkartellierung. Und die brauchten nur den nötigen Machtapparat, um die Dinge mit Terror und Gewalt durchzuführen. Und die ganze eigentliche Dialektik der ganzen Sache haben sie nicht begriffen und die ist über ihre Köppe hinweggegangen.“
  48. Alfred Sohn-Rethel: Die soziale Rekonsolidierung des Kapitalismus. Erstmals anonym erschienen in: Deutsche Führerbriefe, Nr. 72 und 73, Berlin 16. und 20. September 1932, studien-von-zeitfragen.net. Ein Kommentar nach 38 Jahren. In: Kursbuch, Nr. 21, Oktober 1970, S. 17–35, 32.
    In der wissenschaftlichen Literatur wurde die Agrarkartellierung unter anderem rezipiert von Drews, 2002, 125; Thörner 2000, 440ff. uni-oldenburg.de (Memento vom 31. Januar 2012 im Internet Archive) (PDF) Engdahl 2009, 210.
  49. Ursula Heinzelmann: Erlebnis Essen. Vom Duft der Erdbeere und der Würze des Teltower Rübchens. Scherz Verlag, Frankfurt am Main 2006, ISBN 978-3-502-15013-8, S. 29; Auszug im Tagesspiegel, 27. März 2006
  50. Heinzelmann 2006, 29; 44: „Wie bereits im vorherigen Kapitel erwähnt, ist die deutsche Käsekultur durch die in den 1930er Jahren verordnete Zwangsablieferung sämtlicher Milch an Molkereien erst verkümmert und dann durch die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verstärkt einsetzende Industrialisierung fast bis zur Unkenntlichkeit und Bedeutungslosigkeit reduziert worden. Massenerzeugung in Riesenbetrieben, Pasteurisierung, der Einsatz von Einheitsbakterienkulturen, die geradezu paranoische Angst vor Keimen – es ist die gleiche traurige Geschichte wie bei der Butter.“
  51. Konversionskasse für deutsche Auslandsschulden (1933–1975), nonvaleurs.de
  52. Näheres zum Golddevisenstandard bei Engdahl 2009, 118-140.
    Der Golddevisenstandard ging 1925 auf die Initiative Churchills und Normans zurück, um einen US-Goldstandard zu verhindern. Von da an hielt nur noch die US-Zentralbank Goldreserven zur Währungsdeckung und Großbritanniens Zentralbank deckte dagegen seine Währung mit US-Dollars. Der Rest von Europa hatte das Pfund Sterling als Währungsdeckung zu verwenden, dessen Guthaben bei der Bank of England deponiert waren. Mit dieser Regelung und der Kontrolle über den Finanzausschuss des Völkerbundes konnten die europäischen Länder bei der Kreditvergabe von Großbritannien unter Druck gesetzt werden. Die Stabilität der von den Zentralbanken eingelegten Papierwährung beruhte letztlich nur auf der Golddeckung der US-Dollars.
  53. Sohn-Rethel 1992, 50.
  54. Seckendorf 1993, 24
  55. Joachim Drews: Die „Nazi-Bohne“, LIT Verlag, Münster 2002, ISBN 978-3-8258-7513-8, S. 219. GoogleBooks-Auszug
  56. Sohn-Rethel 1992, 81.
  57. Sohn-Rethel 1992, 88.
  58. Tabelle deutscher Außenhandel mit Südosteuropa zitiert in: Hans Erich Volkmann, Bernhard Chiari: Ökonomie und Expansion. Grundzüge der NS-Wirtschaftspolitik. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2003, ISBN 978-3-486-56714-4, S. 162, GoogleBooks
  59. Roland Schönfeld: Deutsche Rohstoffsicherungspolitik in Jugoslawien 1934–1944, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 24, Heft 3, S. 215–258. ifz-muenchen.de (PDF; 5,6 MB)
  60. Wilmowsky 1961, 201.
  61. Wilmowsky 1961, 201f.
  62. Wilmowsky 1961, 202.
  63. Engdahl 2009, 215.
  64. Karl Heinz Roth: Von der Rüstungskonjunktur zum Raubkrieg: Die Ursachen der deutschen Aggressionspolitik 1938/39, in: Werner Röhr, Brigitte Berlekamp, Karl Heinz Roth (Hrsg.), Der Krieg vor dem Krieg. Politik und Ökonomik der »friedlichen« Aggressionen Deutschlands 1938/39. VSA, Hamburg 2001, ISBN 978-3-87975-837-1, 29 – 97, S. 81.
  65. Drews 2002, 233; 284.
  66. Sohn-Rethel 1992, 82; 174, Fn. 59.
  67. Roth 2001, 81 mit Bezug auf eine tabellarische Übersicht bei René Erbe: Die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik. S. 76.
  68. Wilmowsky 1961, 205f.
  69. Glück 1963, 113
  70. Wilmowsky 1961, 207.
  71. Robert-Werner Krugmann: Großdeutschland – Südosteuropa. Entwicklung und Zukunftsmöglichkeiten der Wirtschaftsbeziehungen. Universität Breslau, Rechts- und staatswissenschaftliche Dissertation vom 30. Mai 1939. Tabellenanhang XXI, zitiert nach Thörner 2000, 483.
  72. Geschichte, deula-warendorf.de, Stand: August 2009
  73. Wilmowsky 1961, 208.
  74. Wilmowsky 1961, 209.
  75. Wilmowsky 1961, 210.
  76. Glück 1963, 114.
  77. Wilmowsky 1961, 212.
  78. Manfred Asendorf: Ulrich von Hassells Europakonzeption und der Mitteleuropäische Wirtschaftstag. In: Jahrbuch des Instituts für Deutsche Geschichte, Tel Aviv, 7, 1978, S. 387-419. ISSN 0334-4606, S. 409f.
  79. Seckendorf 2001, 125.
  80. Seckendorf 2001, 127.
  81. Jürgen Elvert: Mitteleuropa! Deutsche Pläne zur europäischen Neuordnung (1918–1945). Steiner Verlag, 1999, ISBN 3-515-07641-7, S. 269, GoogleBooks
  82. Zum Beispiel in Kroatien, siehe: Markus Hische: Die Rolle der deutschen Volksgruppe in den Wirtschaftsbeziehungen zwischen dem Dritten Reich und dem Unabhängigen Staat Kroatien 1941–45. Examensarbeit, 2001, 70 Seiten, hausarbeiten.de
  83. Sohn-Rethel 1992, 68-71.
  84. Sohn-Rethel 1992, 68 – 71.
  85. Sohn-Rethel 1992, 108f.
  86. John R. Gillingham: Industry & Politics in the Third Reich. Ruhr Coal, Hitler and Europe. Steiner Verlag, Stuttgart 1985, ISBN 978-3-515-04555-1, S. 103f.
  87. John Gillingham: Zur Vorgeschichte der Montan-Union. Westeuropas Kohle und Stahl in Depression und Krieg, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Band 34, 1986, Heft 3, 381–405, S. 381; 388f., ifz-muenchen.de (PDF; 7,5 MB)
  88. Engdahl 2009, 212.
  89. Gillingham 1985, 101f.
  90. Gillingham 1985, 102.
  91. Sohn-Rethel 1992, 87.
  92. Sohn-Rethel 1992, 175, Fn. 69.
  93. Borkin 1986, 57f.
  94. Sohn-Rethel 1992, 85.
  95. Borkin 1986, 71.
  96. Borkin 1986, 74.
  97. Borkin 1986, 54.
  98. Borkin 1986, 76; Engdahl 2009, 184f.
  99. Engdahl 2009, 185.
  100. Seckendorf 1993, 18; Schumann 1973, 52f.
  101. Die Zahlen sind entnommen aus: Aufstellung des RWM, Der Sojaanbau in den Jahren 1935–1937, o. D., BA, R 3101, 19161 und den bei der Ölsaat durch die Chemie Revisions- und Treuhand-Gesellschaft m.b.H. durchgeführten Bilanz-Prüfungsberichten der Sojakampagnen 1939–1941, BAL 013-017, MF 103, zitiert nach Drews 2002, 235.
  102. Drews 2002, 289.
  103. Wilmowsky 1961, 203f.
  104. Wilmowsky 1961, 192.
  105. Sohn-Rethel 1992, 51; 85f.
  106. Christoph Gnau: Die deutschen Eliten und der Zweite Weltkrieg. PapyRossa, Köln 2007, ISBN 978-3-89438-368-8, S. 96.
  107. Satzung nach Schwarzenau 1974, I, 121f.; ausdrücklich ab 1938 keine Beamten als Mitglieder: Schwarzenau 1974, I, 179.
  108. Sohn-Rethel 1992, 102-107.
  109. Carl Freytag: Beobachter im Reich der Mitte. In: Industrie und Nationalsozialismus. Aufzeichnungen aus dem »Mitteleuropäischen Wirtschaftstag«. Hrsg. und eingeleitet von C. Freytag. Wagenbach, Berlin 1992, S. 23f.
  110. Freytag 1992, 24; Brief Sohn-Rethels im Max-Horkheimer-Archiv I 23; Brief Sohn-Rethel an Adorno in: Christoph Gödde (Hrsg.), Theodor W. Adorno und Alfred Sohn-Rethel. Briefwechsel 1936–1969. edition text + kritik, München 1991, ISBN 3-88377-403-0, 79ff.
  111. Sohn-Rethel 1992, 102.
  112. Sohn-Rethel 1992, 101.
  113. Sohn-Rethel 1992, 103.
  114. Sohn-Rethel 1992, 55f.
  115. Sohn-Rethel 1992, 104-107.
  116. Sohn-Rethel 1992, 104
  117. Sohn-Rethel 1992, 105.
  118. Sohn-Rethel 1992, 111.
  119. Schwarzenau 1974, I, 179.
  120. Seckendorf 1993, 30.
  121. Zitiert in: Engdahl 2009, 217.
  122. Wilmowsky 1961, 193.
  123. Zitiert in: Engdahl 2009, 218.
  124. pénétration pacifique: „Dieses Motto war von Paul Tirard formuliert worden, als er französischer Generalresident in Marokko war. Als Hoher Kommissar für das Rheinland nach 1918 gebrauchte er diese Formulierung in Zusammenhang mit den französischen Zielen am Rhein.“ In: Dieter Marc Schneider: Französische Besatzungspolitik in Deutschland: Le rêve d’une „liberation“ des pays rhénans, in: Hartmut Mehringer, Michael Schwartz, Hermann Wentker: Erobert oder befreit? Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 1999, ISBN 978-3-486-64504-0, S. 33. GoogleBooks.
    Korrektur: Paul Tirard war nicht Generalresident in Marokko gewesen, sondern „Chef der Zivilverwaltung beim Stab des französischen Generalresidenten in Marokko, General Hubert Lyautey“. Quelle: Historisches Lexikon Bayerns
  125. William Engdahl: Mit der Ölwaffe zur Weltmacht. Der Weg zur neuen Weltordnung. edition steinherz, Wiesbaden 2002, ISBN 3-9807378-2-9, S; 50; 52; 56.
    vgl. Literatursuche nach „Teile und Herrsche“ England mit Google Books
  126. Zur Mitgliederliste des MWT-Kuratoriums siehe: Schumann 1973, 53.
  127. Glück 1963, 122.
  128. Engdahl 2009, 220.
  129. Seckendorf 1993, 31.
  130. Drews 2002, 219f.
  131. Engdahl 2009, 219.
  132. Schumann 1973, S. 54–58; siehe S. 56 mit einer ausführlichen Liste von den der SOEG angegliederten Institute, Abteilungen, Gruppen und Arbeitskreise.
  133. Schumann 1973, 58.
  134. Schwarzenau 1974, I, 244.
  135. „Südosteuropa: Einbindung oder Ausbeutung?“ Online-Zeitung der Universität Wien, 23. Januar 2007
  136. Sohn-Rethel 1992, 67, Fn. 38; 1978, 580.
  137. Drews 2002, 204, GoogleBooks; Schwarzenau 1974, I, 40
  138. vgl. Wilmowsky 1961; Glück 1963; Schönfeld 1988.
  139. Peter Krüger (1995) und ein dreijähriges Forschungsprojekt an der Universität Wien: „Ergänzungsraum Südosteuropa“@1@2Vorlage:Toter Link/www.univie.ac.at (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , Institut für Zeitgeschichte, 2006–2009
  140. Krüger 1995, 298.
  141. Sohn-Rethel 1992, 129.
  142. Sohn-Rethel 1989, 226f.
  143. Sohn-Rethel 1992, 38ff.
  144. Zum Beispiel Henry Turner: Die Großunternehmer und der Aufstieg Hitlers. Siedler Verlag, Berlin 1985, S. 207f.
  145. Wolfgang Mommsen: Die Mitteleuropaidee und die Mitteleuropaplanungen im Deutschen Reich vor und während des Ersten Weltkrieges, in: Mitteleuropa-Konzeptionen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Richard G. Plaschka, Horst Haselsteiner, Arnold Suppan, Anna Drabek, Birgitta Zaar (Hrsg.), Verlag der Oesterreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1995, ISBN 3-7001-2138-5, 3–24, S. 23f.
  146. Bernd-Jürgen Wendt: England und der deutsche Drang nach Südosten. Kapitalbeziehungen und Warenverkehr in Südosteuropa zwischen den Weltkriegen. In: Imanuel Geiss, Bernd Jürgen Wendt (Hrsg.), Deutschland in der Weltpolitik des 19. und 20. Jahrhunderts, Bertelsmann Universitätsverlag, Düsseldorf 1973, Festschrift für Fritz Fischer, ISBN 3-571-09198-1, 483–512, S. 484ff.
    Dirk Stegmann: „Mitteleuropa“ 1925–1934: Zum Problem der Kontinuität deutscher Außenhandelspolitik von Stresemann bis Hitler, in: Dirk Stegmann, Bernd-Jürgen Wendt, Peter Christian Witt (Hrsg.): Industrielle Gesellschaft und politisches System. Festschrift für Fritz Fischer zum siebzigsten Geburtstag. Verlag Neue Gesellschaft, Bonn 1978, ISBN 3-87831-269-5, 203–224, S. 207ff.
  147. Sohn-Rethel 1992, 81:
    „So [mit dem Mittel der Kontingentierung] konnte man viel wirksamer vorgehen, als mit dem Versuch, Zollpräferenzen für die donauländischen Agrarüberschüsse einzuführen, der am hartnäckigen Einspruch Englands gescheitert war.“
  148. Zum Beispiel: Lord Lothian (Philip Kerr) schlug 1937 vor, dass Deutschland in Mittel- und Osteuropa eine dem Commonwealth ähnliche Vereinigung von Staaten und deutschen Volksgruppen bilden solle. In: Lord Lothian, England und Deutschland, in: Europäische Revue XIII, Heft 5, 1937, 339 – 350, S. 349:
    „Wenn Deutschland und seine östlichen Nachbarn eine Vereinigung nach britischem oder amerikanischem Vorbilde begründen könnten, würde das größte wirtschaftliche Problem seiner Lösung ganz bedeutend nähergekommen sein. Deutschland würde über eine wirtschaftliche Zone verfügen, die derjenigen der anderen Großmächte nicht unähnlich wäre.“
    The Royal Institute of International Affairs in collaboration with The London and Cambridge Economic Service: South-Eastern Europe. A Political and Economical Survey, London 1939, S. 201: „Da die britischen Exporte nach den 5 Ländern [Südosteuropas] nur 1½ % der britischen Gesamtausfuhr betragen und die deutschen Exporte nach fast allen übrigen Teilen der Welt in letzter Zeit gefallen sind, so scheint es mir empfehlenswert, der deutschen Handelsexpansion in diesem Gebiet kein Hindernis in den Weg zu legen.“ […] „Deshalb zeigt sich, auf jeden Fall bis zum Frühjahr 1939, dass per Saldo die südosteuropäischen Länder in materieller Hinsicht gewonnen haben und zunächst durch die Zunahme der deutschen Einkäufe. Deutschland hat ihnen dabei zu höheren Exportpreisen zur Steigerung ihrer Volkseinkommen verholfen, aber bisher seine Position bei Verhandlungen nicht dazu ausgenutzt, die Terms of Trade zu seinen Gunsten zu gestalten, so dass sich auch ihre „Real“-Einkommen erhöhten.“ Zitiert nach und übersetzt von Friedbert Glück: Der Mitteleuropäische Wirtschaftstag, 1963, S. 115.
    Viele Beispiele und Zitate für eine offene britische Unterstützung der deutschen Südosteuropa-Expansion finden sich in: Karlheinz Schädlich: „Appeaser“ in Aktion. Hitlers britische Freunde in der Anglo-German Fellowship. In: Jahrbuch für Geschichte 3, 1969, S. 197–234. ISSN 0448-1526
  149. „70 Jahre Nah- und Mittelost-Verein e. V. – Hintergründe und Entwicklung“, Festschrift 2004, (66 S., PDF-Datei, 831 kB)
  150. Fritz Hesse: Das Spiel um Deutschland. List, München 1953, S. 240: „Für die Angelsachsen war es völlig gleichgültig, wer Deutschland regierte. Die einfache Tatsache, dass Deutschland zur größten Kontinentalmacht geworden war, reichte den Angelsachsen und den Franzosen, um in den Krieg zu ziehen.“ Zitiert in Engdahl 2009, S. 143, Fn. 43.
    „Die vorgefasste Konzeption der Engländer und Amerikaner finde ich insbesondere in dem Buch von Sir Halford Mackinder, Democratic Ideals and Reality, London 1919, vertreten. Seine Lehre vom Herzland sowie die des Admiral Mahan haben zu dem völligen Mißverständnis der Politik der Kontinentalmächte geführt, ohne die man die englische und die amerikanische Politik in diesem Jahrhundert nicht verstehen kann. Es sind insbesondere diese Gedanken gewesen, auf Grund derer [die] Angelsachsen im Interesse ihrer Sicherheit Deutschland zerschlagen zu müssen glaubten.“ Hesse 1953, 240, Fn., zitiert nach Engdahl 2009, S. 223f., Fn. 5.
  151. Engdahl 2009, 192.
  152. „Dillon Read & & Co. and the Aristocracy of Stock Profits“, Catherine Austin Fitts, 2006
  153. Antony C. Sutton: Chapter One. Wall Street Paves the Way for Hitler, in: Wall Street and the Rise of Hitler, Arlington House Publishers, New Rochelle, New York 1976.
  154. Antony C. Sutton: Chapter Seven. Who Financed Adolf Hitler? In: Wall Street and the Rise of Hitler, Arlington House Publishers, New Rochelle, New York 1976.
  155. Engdahl 2009, 191.
  156. Antony C. Sutton: Chapter Three. General Electric Funds Hitler, in: Wall Street and the Rise of Hitler, Arlington House Publishers, New Rochelle, New York 1976.
  157. Higham 1983, Kap. 3: Chapter 3: The Secrets of Standard Oil
  158. Antony C. Sutton: Wall Street and the Rise of Hitler. Arlington House Publishers, New Rochelle, New York 1976, reformation.org
  159. Charles Higham: Trading with the Enemy. An exposé of the Nazi-American money plot 1933–1949. Delacorte, New York 1983.
  160. siehe dazu Alex Callinicos: The new mandarins of American power: the Bush administration’s plans for the world. Polity Press, Cambridge 2004, ISBN 0-7456-3274-2, S. 159 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  161. Engdahl 2009, 165
  162. Engdahl 2009, 167.
  163. Engdahl 2009, Kap. 6, („Planungen für das Amerikanische Jahrhundert – die War & Peace Studies“), bezieht sich hier unter anderem auf Neil Smith, American Empire: Roosevelt’s Geographer and the Prelude to Globalization, University of California Press, Berkeley 2003, ISBN 0-520-23027-2, GoogleBooks, Gründung der War & Peace Studies des CFR
  164. Zum Beispiel ist keine Erwähnung des MWT enthalten im neuesten Überblickswerk zu diesem Themengebiet bei James Adam Tooze: Ökonomie der Zerstörung. Die Geschichte der Wirtschaft im Nationalsozialismus. Schriftenreihe der Bundeszentrale für Politische Bildung, Bonn 2007, 926 S., ISBN 978-3-89331-822-3; relativ viel Aufmerksamkeit erhält der MWT bei Christoph Gnau: Die deutschen Eliten und der Zweite Weltkrieg. PapyRossa Hochschulschriften, Köln 2007, ISBN 978-3-89438-368-8, S. 22; 62f.; 87; 91. Gnau bezeichnet den MWT als „repräsentativ“ für die deutsche Wirtschaft, eine grundlegende Differenz zu den NSDAP-Zielen kann er nicht erkennen (S. 63).
  165. Drews 2002, 203f., Fn. 38, GoogleBooks
  166. Krüger 1995, 291;
    Andreas Hillgruber resümiert die deutsche Südosteuropapolitik der 1930er-Jahre ohne namentliche Nennung des MWT: „Zieht man ein Fazit der deutschen Südosteuropa-Politik von 1930 bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges, dann ist zu konstatieren, daß die Konzeption eines deutsch geführten Mitteleuropas mit Schwergewicht im Donau- und Balkanraum trotz aller Anstrengungen nur zum Teil Wirklichkeit wurde, daß das Angestrebte ein Fragment blieb.“ In: Deutsche Aussenpolitik im Donauraum. 1930 bis 1939, S. 145, in: Andreas Hillgruber, Die Zerstörung Europas. Beiträge zur Weltkriegsepoche 1914 bis 1945. Ullstein, Propyläen, Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-549-05770-9, S. 137–146.
  167. Sohn-Rethel 1992, 90; 102f.; 160f.; 166f.
  168. Borkin 1986, 68.
  169. Karl Heinz Roth: Von der Rüstungskonjunktur zum Raubkrieg: Die Ursachen der deutschen Aggressionspolitik 1938/39, in: Werner Röhr, Brigitte Berlekamp, Karl Heinz Roth (Hrsg.): Der Krieg vor dem Krieg. Politik und Ökonomik der »friedlichen« Aggressionen Deutschlands 1938/39. VSA, Hamburg 2001, ISBN 978-3-87975-837-1, 29 – 97, S. 71; 96f.
  170. Zum Beispiel David Abraham: The Collapse of the Weimar Republic: Political Economy and Crisis. Princeton, New Jersey 1981; 2nd ed. Holmes & Meier, 1986, ISBN 978-0-8419-1084-3; Preface und S. 224–228; Abrahams Dissertationsthese einer Unterstützung der Großindustrie für die NSDAP, damit diese die Arbeiterbewegung unterdrücke, stieß auf den entschiedenen Widerstand von Henry Turner, siehe William Grimes: Henry Turner, 76, Historian and Author, Is Dead. In: New York Times, 19. Januar 2009
  171. Bei diesem Verlag waren die SS-Männer Wilhelm Spengler, Hans Ernst Schneider und Hans Rößner um 1960 aktiv, Spengler sogar hauptberuflich als Lektor, der entsprechendes Material in den Verlag holte und auch als Vorstandsmitglied der „Stillen Hilfe“ für verurteilte Kriegsverbrecher fungierte.
  172. Aus dem Archiv des Dt. Wirtschaftsinstituts, (Ost-)Berlin, Register Deutsche Bank Nr. 6443, Bd. 1. Im Buch gekürzt. Wilmowsky erwähnt hier, dass der MWT auch „Kriegsmaterialgeschäfte“ (z. B. mit Rumänien) betrieben hat. An Mitgliedern nennt eine Anmerkung der Herausgeber erneut: Hermann Abs, Philipp F. Reemtsma, Wilhelm Zangen und Karl Blessing.
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