Chinesisch-deutsche Beziehungen
Die Beziehungen zwischen China und Deutschland weisen eine lange und wechselvolle Geschichte auf.
Deutschland | China |
Frühe Kontakte
Erste Kontakte zwischen China und Europa gab es durch die Berichte europäischer Reisender. Zu diesen zählten Johannes de Plano Carpini (1185–1252), Wilhelm von Rubruk (1215–1270), Marco Polos Vater Niccolò Polo, sein Onkel Maffeo Polo (auch Maffio oder Matteo), beide Juwelenhändler aus Venedig, und Marco Polo. Nach der Entdeckung des Seeweges nach Indien durch Vasco da Gama (1469–1524) wurden auch Kontakte auf dem Seeweg möglich. Mit den Handelskontakten ging das europäische Interesse an christlicher Mission einher. 1582 reiste der italienische Jesuitenpater Matteo Ricci nach China und begründete dort die Jesuitenmission, die mehr als ein Jahrhundert dort tätig war. Der europäische Seehandel mit China wurde in dieser Zeit ganz durch Portugiesen und Niederländer dominiert. Insbesondere auf niederländischen Handels- und Kriegsschiffen heuerten auch Deutsche an, so z. B. der aus Thüringen stammende Caspar Schmalkalden, der nach seiner Rückkehr 1652 aus Ostasien einen ausführlichen Reisebericht verfasste. Auf diese Weise gelangten zunehmend Informationen über China nach Deutschland.
17. und 18. Jahrhundert
Am chinesischen Kaiserhof wirkten seit Mitte des 17. Jahrhunderts Jesuiten, die dort wegen ihrer astronomischen und mathematischen Kenntnisse geschätzt wurden. Wesentlich durch den deutschen Jesuitenpater Adam Schall von Bell wurde die chinesische Kalenderreform ausgearbeitet. Schall, der am Kaiserhof den Rang eines Mandarins hatte und als direkter Berater des Kaisers fungierte, übersetzte auch mehrere europäische Fachbücher ins Chinesische. Über die Jesuiten gelangten genauere Informationen über die inneren Verhältnisse Chinas nach Europa. Im ausgehenden 17. und im 18. Jahrhundert gab es unter deutschen Intellektuellen ein erhebliches Interesse an der Kultur und Zivilisation Chinas. In Kunst und Architektur ging dies zum Teil parallel mit der Mode der Chinoiserie, in der vermeintlich chinesische Traditionen nachgeahmt wurden. Unter den meisten europäischen Intellektuellen herrschte das Bild Chinas als einer Europa ebenbürtigen, in Einzelaspekten sogar überlegenen Kultur vor. Großes Interesse für die chinesischen Kultur hatte vor allem Gottfried Wilhelm Leibniz, der seit seinen 1689 in Rom mit dem Jesuitenpater Grimaldi geführten Gesprächen bis zum Jahr 1712 in regem brieflichen Kontakt mit den Jesuiten stand.[1] Leibniz äußerte wiederholt seine Hochachtung und seinen Respekt vor chinesischen Kulturleistungen. Ihm schwebte ein wissenschaftlich-kultureller Austausch zwischen Europa und dem chinesischen Kaiserreich auf Basis der gegenseitigen Achtung zum beiderseitigen Nutzen vor. Dem Thema China widmete Leibniz mehrere Bücher und wissenschaftliche Schriften, u. a. die 1697/1699 in zwei Bänden erschienene Novissima Sinica. Neben dem wissenschaftlichen Interesse verfolgte Leibniz auch ein theologisches Interesse. Aus der Erkundung der Frühgeschichte Chinas, beispielsweise auch der Nestorianer, wollte er Erkenntnisse zur Frühgeschichte des Christentums gewinnen und er sah China als ein Feld für die christlich-protestantische Mission an.[2]
Chinesische Handelsgüter erreichten Deutschland vor allem über den anfänglich vor allem portugiesischen und spanischen, ab dem 17. Jahrhundert dann niederländischen und englischen Zwischenhandel, der über See abgewickelt wurde. Exportgüter Chinas waren Porzellan, Seidenarbeiten und Tee. Auch deutsche Kaufleute waren am Chinahandel beteiligt. So erreichten 1751 während der Herrschaft der Qing-Dynastie die ersten Handelsschiffe der Emder „Königlich-Preußischen Asiatischen Compagnie“ China.
19. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg
Nachdem China lange Zeit sein Desinteresse an intensiveren Handelsbeziehungen bekundet hatte, erfolgte die gewaltsame Öffnung des chinesischen Marktes durch europäische Mächte im Ersten und Zweiten Opiumkrieg (1839–1842 und 1856–1860). Danach wurde Chinas Außenhandel ganz durch Großbritannien und in geringerem Maße durch Frankreich bestimmt. Im Vertrag von Tianjin 1861 musste sich China zur Öffnung des Reiches für den Handel mit verschiedenen europäischen Staaten, darunter auch Preußen verpflichten. Erste offizielle Kontakte zwischen Preußen und dem chinesischen Kaiserreich wurden durch die Eulenberg- oder auch preußische Ostasienexpedition im Jahre 1861 aufgenommen. Wilhelm I. ernannte 1859, als er noch als Prinzregent für seinen kranken Bruder Friedrich Wilhelm IV. handelte, Friedrich Albrecht Graf zu Eulenburg als Sondergesandten im Namen von Preußen und des Deutschen Bundes und schickte ihn auf eine Expedition nach China, Japan und Siam, um diplomatische Beziehungen und Handelsbeziehungen aufzunehmen.
Im Mai 1861 erreichte die Gesandtschaft Tianjin, wo Eulenburg Verhandlungen mit Zongli Yamen für ein Handelsabkommen aufnahm.
Kurz zuvor war Peking durch britische und französische Truppen im Zweiten Opiumkrieg besetzt worden, und Kaiser Xianfeng befand sich noch immer in Chengde im Exil. Die Verhandlungen zogen sich über drei Monate hin, und der chinesische Kaiser verstarb im späten August. Am 2. September 1861 kam es zum Abschluss eines Handelsvertrages, den Chonglun als Vertreter Chinas unterschrieb. Der Vertrag war dem französischen Vertrag von Tianjin nachempfunden. In diesem Vertrag repräsentierte Preußen den gesamten Deutschen Zollverein und legte die Grundlage für die deutsch-chinesischen Beziehungen bis zum Ersten Weltkrieg, als die Verträge einseitig von China, als einer der ungleichen Verträge mit den acht Fremdnationen, aufgekündigt wurden.
Mit der raschen Industrialisierung Deutschlands in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahmen die deutschen Handelsinteressen in China zu. 1890 wurde die Deutsch-Asiatischen Bank mit dem Zweck gegründet, deutsche Investitionen in China zu finanzieren. 1896 lag das Deutsche Reich hinter den Briten auf Platz zwei der Handels- und Schifffahrtsstatistik Chinas.
Längere Zeit verfolgte die deutsche Politik im Gegensatz zum Vereinigten Königreich und Frankreich keine eigenen territorialen Interessen und trat dort nicht als Kolonialmacht in Erscheinung. Daher sah die chinesische Regierung Deutschland als Partner, der China bei seiner Modernisierung helfen könnte. So kaufte die chinesische Regierung zwei in Deutschland gebaute Schlachtschiffe, die Dingyuan und ihr Schwesterschiff Zhenyuan für seine Marine ein. Nachdem Chinas erste Bemühungen um Modernisierung, gefolgt von der Niederlage im ersten chinesisch-japanischen Krieg, gescheitert waren, bat Yuan Shikai um deutsche Hilfe beim Aufbau der „Selbststärkungsarmee“ (chinesisch 自強軍, Pinyin Zìqiáng Jūn) und der Neu geschaffenen Armee (新建陸軍; Xīnjìan Lùjūn). Deutsche Investitionen betrafen nicht nur Militärgüter, sondern auch die Industrie. Zum Beispiel wurde in den späten 1880er Jahren das Unternehmen Krupp von der chinesischen Regierung beauftragt, eine Reihe von Befestigungen um Port Arthur zu errichten.
Unter der Herrschaft Wilhelms II. schlug die deutsche China-Politik in der Hochphase des Imperialismus eine aggressivere Richtung ein. Japan wurde nach dem ersten chinesisch-japanischen Krieg mit der Intervention von Shimonoseki dazu gezwungen, seine Konzessionen in Hankou und Tianjin an Deutschland abzutreten. Auch zwang Deutschland 1897 China, ein Gebiet an der Kiautschou-Bucht in Shandong für 99 Jahre an das Deutsche Reich zu verpachten. Das Gebiet war durch das Reichsmarineamt ausgewählt worden, da hier ein großer Naturhafen bestand, der sich als Flottenstützpunkt für die im Ausbau begriffene deutsche Kriegsflotte eignete. Mit erheblichen finanziellen Aufwendungen baute das Marineamt Kiautschou in den folgenden 15 Jahren zum größten Hafen Nordchinas aus. Heute dort noch existierende Hinterlassenschaften der kurzen deutschen Kolonialherrschaft sind die Qingdao-Universität (1909 als Deutsch-Chinesische Hochschule gegründet) und die bekannte Tsingtao-Brauerei, die von deutschen Brauerei-Ingenieuren errichtet wurde.
Der Boxeraufstand von 1900, der sich gegen die westlichen Einmischungen in China richtete, wurde durch eine paneuropäische Strafexpedition unter Führung des deutschen Generalfeldmarschalls Alfred von Waldersee niedergeschlagen. Das Ereignis bildete einen Tiefpunkt der chinesisch-deutschen Beziehungen. Anlässlich der Verabschiedung deutscher Truppen nach China hielt Kaiser Wilhelm II. seine berüchtigte Hunnenrede. Die Aufteilung Chinas unter die Kolonialmächte wurde letztlich nur durch deren gegenseitiges Misstrauen und die nicht übereinstimmenden Territorialansprüche verhindert. Die westlichen Mächte und Japan einigten sich auf eine Politik der offenen Tür. China verlor für einige Jahre wesentliche Souveränitätsrechte wie die Kontrolle über die Zollverwaltung, die unter internationale Kontrolle gestellt wurden.
Die Entwicklung des modernen chinesischen Rechts wurde in dieser Zeit maßgeblich vom deutschen Recht beeinflusst. Vor dem Fall der Qing-Dynastie begannen chinesische Reformer, ein Bürgerliches Gesetzbuch auszuarbeiten, das größtenteils auf dem deutschen BGB basierte, welches auch schon in Japan (und indirekt auch Korea) übernommen wurde. Obwohl dieser Entwurf nicht vor dem Zusammenbruch der Qing-Dynastie verkündet wurde, war er die Grundlage für das Bürgerliche Gesetzbuch der Republik China, welches 1930 eingeführt wurde. Bis heute gilt es in Taiwan und hat das geltende Recht in Festlandchina beeinflusst.
20. Jahrhundert
Dennoch wurden die chinesisch-deutschen Beziehungen in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg weniger intensiv. Ein Grund dafür war die politische Isolation Deutschlands, die sich durch die Anglo-Japanische Allianz von 1902 und die Triple Entente von 1907 immer deutlicher abzeichnete. Daher schlug Deutschland 1907 ein deutsch-chinesisch-amerikanisches Abkommen vor, welches aber nie umgesetzt wurde. 1912 bot Deutschland der chinesischen Regierung ein Darlehen von sechs Millionen Reichsmark an und nahm die Rechte zum Bau der chinesischen Eisenbahn in Shandong wieder auf. Als 1914 der Erste Weltkrieg in Europa ausbrach, bot Deutschland China die Rückgabe der Kiautschou-Bucht an, um zu verhindern, dass die Konzessionen an Japan fielen. Trotzdem trat Japan auf Seiten der Alliierten in den Krieg ein und setzte den Angriff auf deutsche Konzessionen in China fort. Japan nahm die Kiautschou-Bucht und Tsingtao ein. Während des Krieges nahm Deutschland keine aktive Rolle im fernen Osten ein und unternahm auch keine Initiative zu bedeutenden Aktionen, da man sich auf den Krieg in Europa konzentrierte.
Am 17. Februar 1917 torpedierte das deutsche U-Boot U 65 südöstlich von Malta den französischen Truppentransporter Athos, der daraufhin sank und u. a. 543 chinesische Vertragsarbeiter mit in den Tod riss. Am 14. August 1917 erklärte China Deutschland den Krieg und gewann die deutschen Konzessionen in Hankou und Tianjin. Nach der Niederlage Deutschlands sollte China weitere deutsche Einflussgebiete zurückerhalten. Mit dem Vertrag von Versailles gingen diese Konzessionen jedoch an Japan. Das Gefühl des Verrats durch die Alliierten entzündete die nationalistische Bewegung des vierten Mai. Im Ergebnis versetzte der Erste Weltkrieg den chinesisch-deutschen Beziehungen einen ernsten Schlag, insbesondere war der Handel betroffen. Zum Beispiel hatten von den fast 300 deutschen Unternehmen, die 1913 in China ansässig waren, schon 1919 nur noch zwei Unternehmen dort Standorte.
Erster Weltkrieg
1917 wurde China nach der Erklärung des U-Boot-Kriegs durch das Deutsche Reich in den Ersten Weltkrieg einbezogen, indem es den Mittelmächten Deutschland und Österreich-Ungarn den Krieg erklärte. China sandte zwar keine Truppen auf den europäischen, kleinasiatischen oder afrikanischen Kriegsschauplatz, unterstützte die französische Rüstungsindustrie, Landwirtschaft und Bergbau aber mit rund 140.000 chinesischen Kontraktarbeitern für das Etappengebiet der britischen Truppen in Frankreich. Die inneren Wirren hielten China davon ab, am Krieg direkt teilzunehmen. Chinas wichtigstes Motiv, überhaupt in den Krieg einzutreten, war die Angst vor Japans harter imperialistischer Interessenpolitik. Im November 1914 hatten die Japaner kurz nach ihrem Eintritt in den Weltkrieg die deutsche Kolonie Kiautschou/Tsingtau an Chinas Küste eingenommen. Japan hatte nun Appetit auf neue Eroberungen bekommen. China wollte den Beistand der europäischen und amerikanischen Alliierten des Weltkriegs, um sein Territorium gegen Japan zu sichern – und diesen Beistand sollte es bekommen, indem es den Feinden der Alliierten den Krieg erklärte.
Chinesisch-deutsche Kooperation in den 1920er Jahren
Durch den Versailler Vertrag wurde die deutsche Militärrüstung stark eingeschränkt. Die Reichswehr wurde auf 100.000 Mann begrenzt, und auch die Militärproduktion wurde außerordentlich eingeschränkt. Dennoch beschnitt der Vertrag nicht Deutschlands Führungsposition in Sachen Militärentwicklung. Viele Unternehmen hielten daran fest, weiterhin Militärausrüstung zu erforschen und zu produzieren. Um weiterhin legal Waffen produzieren und verkaufen zu können und die Beschränkungen des Vertrages zu umgehen, schlossen diese Unternehmen Partnerschaften mit anderen Nationen, wie der Sowjetunion und Argentinien.
Nach dem Tod von Yuan Shi-kai brach in China die zentrale Beiyang-Regierung zusammen, und ein Bürgerkrieg, in dem verschiedene Kriegsherrn um die Vorherrschaft kämpften, brach aus. Daher begannen viele deutsche Waffenproduzenten damit, zu versuchen, die gewerblichen Verbindungen mit China wieder aufzubauen, um auf dessen breitem Markt für Waffen Fuß zu fassen.
Auch die Kuomintang-Regierung in Guangzhou strebte nach deutscher Unterstützung, und Chu Chia-hua (朱家驊; Zhū Jiāhuá), der in Deutschland studiert hatte, trat hervor. Er war von 1926 bis 1944 bei der Organisation fast jedes chinesisch-deutschen Kontaktes maßgeblich beteiligt. Neben dem deutschen technologischen Fortschritt gab es weitere Gründe, die Deutschland wieder eine Führungsposition in der chinesischen Außenpolitik einbrachten. Zunächst hatte Deutschland, nach dem Verlust sämtlicher Kolonien im Ersten Weltkrieg keine imperialistischen Ambitionen mehr in China. Dort waren die fremdenfeindlichen Proteste von 1925 bis 1926 hauptsächlich gegen Großbritannien gerichtet. Zusätzlich hatte Deutschland, anders als die Sowjetunion, die bei der Reorganisation der Kuomintang-Partei und der Öffnung dieser für Kommunisten half, keine politischen Interessen in China, die zur Konfrontation mit der Zentralregierung hätten führen können. Weiterhin sah Chiang Kai-shek die deutsche Geschichte als nachahmenswert an, vor allem in der Hinsicht, dass die Vereinigung des Deutschen Reiches nach Chiangs Ansicht lehrreich für die Einigung Chinas sein könnte. Folglich wurde Deutschland als Hauptkraft für Chinas internationale Entwicklung angesehen.
1926 lud Chu Chia-hua Max Bauer nach China ein, um die dortigen Anlagemöglichkeiten zu erkunden. Im folgenden Jahr traf Bauer in Guangzhou ein, und ihm wurde ein Posten als Chiang Kai-sheks Berater angeboten. Bauer kehrte 1928 nach Deutschland zurück, um dort geeignete industrielle Kontakte für Chinas „Wiederaufbau“ zu knüpfen. Er begann mit der Anwerbung für eine dauerhafte beratende Vertretung bei Chiang Kai-shek in Nanking. Aber Bauer war nicht gänzlich erfolgreich, da viele deutsche Unternehmen wegen der instabilen politischen Lage in China zögerten. Auch war Bauer wegen seiner Beteiligung am Kapp-Putsch von 1920 in Deutschland in Misskredit geraten. Hinzu kam, dass Deutschland durch den Versailler Vertrag weiterhin eingeschränkt war, was direkte Investitionen in das Militär unmöglich machte. Max Bauer starb sieben Monate nach seiner Rückkehr nach China an den Pocken und wurde in Shanghai begraben. Dennoch legte Bauers kurze Zeit in China den Grundstein für die spätere chinesisch-deutsche Kooperation, da er die Kuomintang-Regierung hinsichtlich der Modernisierung von Industrie und Militär beriet. Er sprach sich für eine Verkleinerung der chinesischen Armee aus, um eine zwar kleine, aber umso besser ausgebildete Truppe zu formen. Auch unterstützte er die Öffnung des chinesischen Marktes, um die deutsche Produktion und den deutschen Export voranzutreiben.
Chinesisch-deutsche Kooperation in den 1930er Jahren
Dennoch wurde der chinesisch-deutsche Handel zwischen 1930 und 1932 wegen der Weltwirtschaftskrise abgeschwächt. Des Weiteren konnte die Industrialisierung in China nicht so schnell voranschreiten wie möglich. Das lag an einem Interessenkonflikt zwischen verschiedenen chinesischen Wiederaufbauunternehmen, deutschen Import-Export-Unternehmern sowie der Reichswehr, die allesamt von Chinas Fortschritt profitieren wollten. Bis zum Mukden-Zwischenfall 1931, durch den die Mandschurei von Japan annektiert wurde, konnte die Entwicklung nicht weiter vorangetrieben werden. Dieser Zwischenfall hat in China die Notwendigkeit einer Industriepolitik deutlich gemacht, die darauf abzielt, Militär und Industrie darauf auszurichten, Japan Widerstand zu leisten. Dies führte dazu, dass die Errichtung einer zentral geplanten nationalen Verteidigungswirtschaft von nun an vorangetrieben wurde. Dadurch wurde einerseits die Herrschaft Chiangs über das nominell vereinigte China gestärkt, andererseits wurden dadurch die Anstrengungen zur Industrialisierung erhöht.
Durch die „Machtergreifung“ der NSDAP 1933 wurde die Bildung einer konkreten deutschen China-Politik weiter beschleunigt. Davor war die deutsche Politik gegenüber China widersprüchlich: So vertraten die Außenminister der Weimarer Republik immer eine neutrale Ostasienpolitik und hielten Reichswehr und Industrie davon ab, sich zu sehr in die chinesische Regierung einzumischen. Auch die Import-Export-Unternehmen vertraten aus Angst davor, durch direkte Regierungsabkommen würde man sie von ihrer gewinnträchtigen Position als Mittelsmänner abbringen, diese Ansicht. Die Nazi-Regierung betrieb nun eine Politik der Kriegswirtschaft, die sämtliche Rohstoffvorräte forderte, die China liefern konnte. Insbesondere die militärisch bedeutsamen Rohstoffe wie Wolfram und Antimon wurden in Massen verlangt. Daher wurden von nun an Rohstoffe der Hauptantrieb der deutschen China-Politik.
1933 wurde Hans von Seeckt, der im Mai dieses Jahres nach Shanghai gekommen war, oberster Berater für chinesische Übersee-Wirtschaft und Militärentwicklung in Bezug auf Deutschland. Im Juni 1933 veröffentlichte er die Denkschrift für Marschall Chiang Kai-shek über sein Programm zur Industrialisierung und Militarisierung Chinas. Er forderte eine kleine, mobile und gut ausgerüstete, anstatt einer großen, aber untertrainierten Armee. Dazu sollte ein Rahmen geschaffen werden, in dem die Armee die Stütze der Regierung ist, ihre Schlagkraft auf qualitativer Überlegenheit beruht und sich diese Überlegenheit aus der Qualität des Offizierskorps ableitet.
Von Seeckt schlug eine einheitliche Ausbildung der Armee unter Chiangs Kommando und die Unterordnung des gesamten Militärs in ein zentralisiertes Netzwerk, ähnlich einer Pyramide, als erste Schritte zur Schaffung dieses Rahmens vor. Dazu sollte eine „Trainingseinheit“ aufgestellt werden, die anderen Einheiten als Vorbild dienen sollte. So sollte eine professionelle und kompetente Armee mit einem strikt militärischen Offizierskorps gebildet werden, die von einer zentralen Behörde gesteuert wird.
Zusätzlich müsste China mit deutscher Hilfe eine eigene Verteidigungsindustrie aufbauen, da es sich nicht ewig darauf verlassen könne, Waffen im Ausland zu kaufen. Der erste Schritt zu einer effizienten Industrialisierung war die Zentralisierung – nicht nur die der chinesischen Wiederaufbau-Unternehmen, sondern auch die der deutschen Unternehmen. So wurde im Januar 1934 die Handelsgesellschaft für industrielle Produkte (kurz: Hapro) gegründet, um die industriellen Interessen Deutschlands in China zu bündeln. Hapro war nominell ein privates Unternehmen, durch welches eine Einflussnahme anderer Länder vermieden werden sollte. Im August 1934 wurde ein Vertrag über den Austausch von chinesischen Rohstoffen und landwirtschaftlichen Erzeugnissen gegen deutsche Industrieprodukte unterzeichnet. Demnach sollte die chinesische Regierung strategisch wichtige Rohstoffe im Austausch gegen deutsche Industrieprodukte und Technologien liefern. Dieses Tauschgeschäft war außerordentlich nützlich für die chinesisch-deutsche Kooperation, denn China hatte wegen der hohen Militärausgaben in der Bürgerkriegszeit ein sehr hohes Budgetdefizit und konnte daher keine Darlehen der internationalen Gemeinschaft aufnehmen. Der Vertrag stellte auch klar, dass Deutschland und China gleichwertige Partner und für diesen Tausch gleichermaßen wichtig sind. Nachdem er diesen Meilenstein in der chinesisch-deutschen Kooperation auf den Weg gebracht hatte, übergab von Seeckt seinen Posten an General Alexander von Falkenhausen und kehrte im März 1935 nach Deutschland zurück, wo er 1936 starb.
Industrialisierung Chinas
1936 hatte China nur ungefähr 16.000 km Eisenbahnschienen, weit weniger als die über 150.000 km, die Sun Yat-sen für seine Vorstellung eines modernisierten China vorsah. Dazu lag die Hälfte dieser Strecken in der Mandschurei, die bereits an Japan verloren war und daher nicht mehr unter der Kontrolle der Kuomintang stand. Der langsame Fortschritt der Modernisierung des chinesischen Transportsystems beruhte auf dem Konflikt ausländischer Interessen in China. Als Beispiel sind hier die Interessen des Vier-Mächte-Konsortiums von 1920, bestehend aus Großbritannien, Frankreich, den USA und Japan, am Bankwesen zu nennen. Dieses Konsortium hatte das Ziel, ausländische Investitionen in China zu regulieren. Das Abkommen sah vor, dass einer der vier Staaten der chinesischen Regierung nur einen Kredit gewähren konnte, wenn eine einstimmige Genehmigung gegeben wurde. Zusätzlich zögerten andere Staaten wegen der Weltwirtschaftskrise damit, Geldmittel bereitzustellen.
Trotzdem konnte der Aufbau der Eisenbahn in China durch chinesisch-deutsche Abkommen in den Jahren 1934 und 1936 stark beschleunigt werden. Wichtige Strecken wurden zwischen Nanchang, Zhejiang und Guizhou errichtet. Diese Entwicklung wurde auch dadurch möglich, dass Deutschland für den Export von Rohstoffen ein effizientes Transportsystem brauchte. Außerdem halfen diese Eisenbahnlinien der chinesischen Regierung dabei, ein industrielles Zentrum südlich des Jangtse aufzubauen. Schließlich diente die Eisenbahn dazu, militärische Funktionen zu erfüllen. Zum Beispiel wurde die Linie Hangzhou-Guiyang gebaut, um militärische Transporte im Jangtse-Delta zu unterstützen, auch nachdem Shanghai und Nanking verloren waren. Auf ähnlich Weise wurde die Linie Guangzhou-Hankou für Transporte zwischen der Ostküste und der Gegend um Wuhan genutzt. Der Wert der Eisenbahn würde zu Beginn des zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges deutlich werden.
Das wichtigste industrielle Projekt der chinesisch-deutschen Kooperation war der Drei-Jahres-Plan von 1936, der zusammen von der nationalen Rohstoffkommission der chinesischen Regierung und der Harpo (siehe oben) durchgeführt wurde. Zweck dieses Planes war es, die chinesische Industrie fürs Erste so weit aufzubauen, dass China einem japanischen Angriff standhalten konnte, und auf die Dauer ein Zentrum für die zukünftige industrielle Entwicklung Chinas zu errichten. Einige grundlegende Bestandteile des Plans waren die Monopolisierung aller Betriebe, die mit Wolfram und Antimon zu tun hatten, die Errichtung zentraler Stahl- und Maschinenfabriken in Provinzen wie Hubei, Hunan und Sichuan und die Entwicklung von Kraftwerken und anderen Chemiefabriken. Wie in dem Tauschabkommen von 1934 grundlegend vereinbart, würde China dafür, dass Deutschland die benötigte Sachkenntnis und Ausrüstung bereitstellt, Rohstoffe liefern. Ein Überlauf an Kosten auf deutscher Seite wurde dadurch gelindert, dass der Preis für Wolfram sich im Zeitraum von 1932 bis 1936 mehr als verdoppelte. Der Drei-Jahres-Plan erschuf eine Klasse hochgebildeter Technokraten, die dazu ausgebildet waren, die staatlichen Projekte zu leiten. Zwar machte der Plan viele Versprechungen, viele seiner Leistungen wurden jedoch letzten Endes durch den Ausbruch des Krieges gegen Japan 1937 untergraben.
Aufrüstung Chinas
Für die militärische Ausbildung, die auch Teil des Handels war, war größtenteils Alexander von Falkenhausen verantwortlich. Zwar forderten die Pläne von Hans von Seeckt eine drastische Reduzierung des Militärs auf 60, gut nach deutschen Militärdoktrinen ausgebildete Divisionen, aber die Frage, an welcher Stelle eingespart werden sollte, blieb offen. Das gesamte Offizierskorps, das bis 1927 in der Whampoa-Militärakademie ausgebildet wurde, war qualitativ zwar nur wenig besser als die Führer der Kriegsherrn-Armeen, blieb aber für Chiang Kai-shek wegen seiner bloßen Loyalität von hohem Wert. Dennoch wurden ungefähr 80.000 Soldaten in acht Divisionen nach deutschen Standards ausgebildet. Diese stellten die Elite der chinesischen Armee dar. Diese neuen Divisionen könnten dazu beigetragen haben, dass Chiang beschloss, die Gefechte an der Marco-Polo-Brücke zu einem Krieg eskalieren zu lassen. Dennoch war China noch nicht dazu bereit, sich Japan entgegenzustellen. Daher kostete Chiangs Entscheidung, alle neuen Divisionen in die Schlacht um Shanghai zu schicken, zwei Drittel seiner besten Truppen, die jahrelang trainiert worden waren. Dies tat er entgegen allen Einwänden seiner Stabsoffiziere und entgegen dem Rat von Falkenhausens, die ihm vorschlugen, die Kampfkraft zu bewahren, um die Ordnung aufrechtzuerhalten und später zu kämpfen.
Von Falkenhausen empfahl Chiang, gegen Japan eine Zermürbungstaktik zu verfolgen, da er dachte, Japan könnte niemals einen langfristigen Krieg gewinnen. Er schlug vor, man solle die Front am Gelben Fluss halten und erst im weiteren Verlauf des Krieges nach Norden vorstoßen. Auch sollte Chiang darauf vorbereitet sein, einige nördliche Regionen Chinas, inklusive Shandong aufzugeben. Der Rückzug sollte jedoch langsam ablaufen, so dass die Japaner nur unter schweren Verlusten vorrücken könnten. Er empfahl auch den Bau von Befestigungen in der Nähe von Bergbaugebieten, der Küste, Flüssen usw. Weiterhin riet er den Chinesen, Guerilla-Operationen hinter den japanischen Linien durchzuführen. Dieses sollte dazu beitragen, die militärisch erfahreneren Japaner zu schwächen.
Auch vertrat von Falkenhausen die Auffassung, es sei zu optimistisch zu erwarten, dass der chinesischen Armee im Krieg gegen Japan Panzer und schwere Artillerie zu Verfügung stehen würden. Die chinesische Industrie war gerade erst am Anfang der Modernisierung, und es würde eine Weile dauern, bis die Armee ähnlich wie die Wehrmacht ausgestattet wäre. Dennoch betonte er den Aufbau einer mobilen Truppen, die sich auf die Verwendung von Handfeuerwaffen und Infiltrationstaktiken stützten sollten.
Deutsche Hilfe auf militärischem Gebiet beschränkte sich jedoch nicht auf die Ausbildung und Umorganisation. Sie bezog auch militärische Ausrüstung ein. Nach von Seeckt war rund 80 Prozent des chinesischen Ausstoßes an Waffen unter dem Nennwert oder ungeeignet für die moderne Kriegsführung. Daher wurden Projekte begonnen, um bestehende Fabriken entlang des Yangtse nachzurüsten und auszubauen und um neue Waffen- und Munitionsfabriken zu errichten. Zum Beispiel wurde die Waffenfabrik in Hanyang von 1935 bis 1936 umgebaut, um den Standards zu entsprechen. Dort sollten nun Maxim-Maschinengewehre, verschiedene 82-mm-Grabenmörser und das Chiang Kai-shek Gewehr (中正式; Zhōngzhèng Shì), das auf dem deutschen Karabiner 98k basierte hergestellt werden. Zusammen mit dem Hanyang 88 bildete dieses Gewehr die vorherrschende Waffe der chinesischen Armee während des Krieges. Eine weitere Fabrik wurde anhand von Plänen für eine Fabrik zur Senfgasproduktion, deren Konstruktion abgebrochen wurde, gebaut, um Gasmasken herzustellen. Im Mai 1938 wurden weitere Fabriken in Hunan zur Produktion von 20-mm-, 37-mm- und 75-mm-Artillerie errichtet. Eine Fabrik zur Herstellung von optischer Ausrüstung wie Ferngläsern zu Zielfernrohren wurde gegen Ende 1936 in Nanking gebaut. Zusätzliche Fabriken wurden errichtet oder ausgebaut, um andere Waffen oder Geschütze herzustellen, wie zum Beispiel das MG 34, Gebirgsgeschütze verschiedener Kaliber und sogar Ersatzteile für die leichten Panzerspähwagen der chinesischen Armee. Auch wurden einige Forschungsinstitute unter deutscher Schutzherrschaft errichtet. Dazu gehörten unter anderem das „Büro für Geschütze und Waffen“ oder das Chemische Forschungsinstitut unter Aufsicht der I.G. Farben. Viele dieser Institute wurden von aus Deutschland heimkehrenden chinesischen Ingenieuren geleitet. 1935 und 1936 bestellte China insgesamt 315.000 Stahlhelme sowie große Zahlen an Gewehren von Mauser. China importierte zusätzlich eine kleine Anzahl an Flugzeugen der Unternehmen Junkers, Heinkel und Messerschmitt, von denen manche erst in China zusammengebaut wurden, Haubitzen von Krupp und Rheinmetall, Panzerabwehrkanonen und Gebirgsgeschütze wie die PaK 37mm, sowie Panzerfahrzeuge wie den Panzer I. Diese Maßnahmen zur Modernisierung bewiesen ihren Nutzen mit dem Ausbruch des zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges. Obwohl die Japaner schließlich die Hauptstadt der Nationalisten, Nanjing, einnehmen konnte, dauerte dieses mehrere Monate und war mit weit größeren Kosten verbunden, als beide Seiten geahnt hatten. Trotz dieses Verlustes, stärkte die Tatsache, dass chinesische Truppen die Japaner glaubhaft herausfordern konnten, die Moral der Chinesen ungemein. Zusätzlich drangen die Japaner aufgrund der hohen Kosten dieser Kampagne nur zögerlich weiter in chinesisches Inland vor, was der nationalistischen Regierung erlaubte, die politische und industrielle Infrastruktur nach Sichuan zu verlagern.
Ende der chinesisch-deutschen Kooperation mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges
Der Ausbruch des zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges am 7. Juli 1937 machte einen Großteil des Fortschrittes und der Versprechungen der fast 10-jährigen intensiven chinesisch-deutschen Kooperation zunichte. Neben der Zerstörung von Industriebetrieben war die Außenpolitik von Adolf Hitler am nachteiligsten für die deutsch-chinesischen Beziehungen. Im Grundsatz wählte Hitler Japan als Verbündeten gegen die Sowjetunion, da es für diesen Zweck bessere militärische Kapazitäten hatte. Diese Lage verschlechterte sich noch durch den Nichtangriffspakt zwischen China und der Sowjetunion vom 21. August 1937, und trotz heftiger Proteste der chinesischen Lobby und der deutschen Investoren war Hitler von seiner Haltung nicht abzubringen. Dennoch durfte die Harpo bereits getätigte chinesische Bestellungen liefern, allerdings wurden keine weiteren Bestellungen aus Nanking angenommen.
Es gab auch Pläne für einen von Deutschland vermittelten Frieden zwischen Japan und China. Mit dem Fall von Nanking im Dezember 1937 wurden jedoch sämtliche Kompromisse für die chinesische Regierung inakzeptabel. Die deutschen Vermittlungspläne wurden daher aufgegeben. Anfang 1938 erkannte Deutschland Mandschukuo als unabhängigen Staat an. Im April dieses Jahres verbot Hermann Göring sämtliche Lieferungen von Kriegsmaterial an China, und im Mai wurden sämtliche deutschen Berater unter Druck Japans nach Deutschland zurückgerufen.
Dieser Wechsel von einer pro-chinesischen Politik zu einer pro-japanischen, schädigte auch die deutschen wirtschaftlichen Interessen. Denn weder mit Japan noch mit Mandschukuo fand so viel Handel statt wie mit China. Eine pro-chinesische Haltung war auch bei den meisten in China lebenden Deutschen offensichtlich. So brachten Deutsche in Hankou mehr Spenden für das Rote Kreuz auf als alle Chinesen und sonstige Ausländer zusammen. Auch wollten Militärberater Anerkennung für ihre Verträge mit der chinesischen Regierung. Von Falkenhausen wurde schließlich gezwungen, China bis Ende Juni 1938 zu verlassen. Er versprach Chiang jedoch, er würde niemals, um den Japanern zu helfen, seine Arbeit in China offenlegen. Andererseits proklamierte die deutsche Regierung Japan zum Bollwerk gegen den Kommunismus in China.
Dennoch würden sich Deutschlands neue Beziehungen mit Japan als unfruchtbar erweisen. Japan genoss eine Monopolstellung in Nordchina und Mandschukuo, und viele ausländische Unternehmen wurden beschlagnahmt. Die deutschen Interessen wurden dabei genauso wenig beachtet wie die anderer Nationen. Während die Verhandlungen zur Lösung dieser wirtschaftlichen Probleme gegen Mitte 1939 noch andauerten, schloss Hitler den Deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion. Dadurch wurde der deutsch-japanische Antikomintern-Pakt von 1936 entkräftet und die Verhandlungen abgebrochen. Zwar erlaubte die Sowjetunion Deutschland, die transsibirische Eisenbahn für Transporte von Mandschukuo nach Deutschland zu nutzen, dennoch blieben die transportierten Mengen gering, und der Mangel an Verbindungen zwischen Deutschland, der Sowjetunion und Japan verstärkte dieses Problem noch. Mit dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion 1941 wurde den wirtschaftlichen Betätigungen Deutschlands in Asien ein Ende gesetzt.
Der Kontakt zwischen Deutschland und China blieb jedoch bis 1941 bestehen und beide Seiten wünschten, die Kooperation wieder aufzunehmen, da das deutsch-japanische Bündnis nicht sehr nützlich war. Jedoch unterzeichnete Deutschland gegen Ende 1940 den Dreimächtepakt mit Japan und Italien. Im Juli 1941 erkannte Hitler offiziell die „Neuorganisierte Regierung der Republik China“ unter Wang Jingwei in Nanking an, was alle Hoffnungen auf Kontakt zur chinesischen Regierung unter Chiang, die nach Chongqing verlegt worden war, zunichtemachte. Wangs Nanking-Regierung trat 1941 auch dem Antikominternpakt bei. Nach dem Angriff auf Pearl Harbor trat Chiangs Chongqing-China stattdessen formal den Alliierten bei und erklärte Deutschland am 9. Dezember 1941 den Krieg.
Fazit zur Chinesisch-deutschen Kooperation zwischen den Weltkriegen
Die chinesisch-deutsche Kooperation der 1930er Jahre war die vielleicht ehrgeizigste und erfolgreichste Ausprägungen von Sun Yat-sens Ideal einer „internationalen Entwicklung“ zur Modernisierung Chinas. Der Umstand, dass Deutschland seit dem Ersten Weltkrieg keine Kolonialmacht mehr in China war, und das deutsche Bedürfnis nach Rohstoffen auf der einen Seite sowie Chinas dringendes Bedürfnis nach industrieller und militärischer Entwicklung auf der anderen Seite begünstigten die Kooperation. Es entwickelte sich dadurch eine Zusammenarbeit, die auf Gleichberechtigung und Gegenseitigkeit angelegt war. Zur Zeit des Nationalsozialismus war die chinesische Führung durch die schnelle militärische Wiedererstarkung Deutschland beeindruckt. Das unter straffer Führung stehende, scheinbar innerlich geeinigte, äußerlich glanzvolle nationalsozialistische Deutsche Reich, in dem aller Parteienstreit beseitigt war, erschien als ein Staatswesen, in dem die Kräfte der ganzen Nation auf das Ziel der nationalen Erstarkung hin gebündelt waren und damit als eine Art Modell für ein starkes neues China. Genau so energisch, wie sich Deutschland von den Fesseln des Versailler Vertrages befreie, solle sich auch China von den ungleichen Verträgen und der äußerlichen Drangsalierung befreien, um seinen ihm zustehenden Rang als Großmacht einzunehmen.
Zusammenfassend hatte die chinesisch-deutsche Kooperation, obwohl sie nur von kurzer Dauer war und viele ihrer Resultate im Krieg gegen Japan, auf den China nur im entferntesten vorbereitet war, zerstört wurden, einige nachhaltige Effekte auf Chinas Modernisierung. Nach der Niederlage der Kuomintang im chinesischen Bürgerkrieg zog die nationalistische Regierung nach Taiwan um. Viele Regierungsangehörige und Offiziere der Republik China auf Taiwan wurden in Deutschland als Forschungspersonal oder Offiziere ausgebildet, wie auch Chiang Wei-kuo, der Sohn von Chiang Kai-shek. Ein Teil der schnellen Industrialisierung Taiwans nach dem Krieg kann auf die Pläne und Ziele des Drei-Jahres-Planes von 1936 zurückgeführt werden.
Deutsche Militärberater in China
Während des chinesischen Bürgerkrieges zwischen dem Kuomintang unter Chiang Kaishek und der Kommunistischen Partei Chinas unter Mao Zedong wurden beide Seiten durch deutsche Militärausbilder und Strategen beraten, ähnlich dem Amerikanischen Bürgerkrieg.
Diplomatische Beziehungen zwischen der DDR und der Volksrepublik China
Die DDR erkannte aus ideologischen Gründen die Volksrepublik China noch in ihrem Gründungsjahr als souveränen Nationalstaat an und nahm diplomatische Beziehungen auf. Selbst bei dem Tian’anmen-Massaker stellte sich die Führung der SED auf die Seite der Regierung in China. Das Neue Deutschland kommentierte sie am 5. Juni 1989: „Konterrevolutionärer Aufruhr in China wurde durch Volksbefreiungsarmee niedergeschlagen“.[3] Die Volkskammer verabschiedete eine Resolution, in der die DDR ihre Unterstützung für die Niederschlagung der „konterrevolutionären Unruhen“ bekanntmachte. Während eines Besuches des chinesischen Außenministers Qian Qichen in Ost-Berlin lobte der Außenminister der DDR, Oskar Fischer, die engen Beziehungen zwischen der DDR und der Volksrepublik China; DDR-Politiker wie Hans Modrow, Günter Schabowski und Egon Krenz besuchten China, um ihre Unterstützung zu dokumentieren.[4][5] So äußerte sich Krenz im Juni 1989 mit den Worten, es sei „etwas getan worden, um die Ordnung wiederherzustellen“. In der Zuspitzung der Ereignisse der politischen Veränderung in der DDR tauchte zwischenzeitlich die Befürchtung auf, die Staatsführung der DDR könne sich für eine Chinesische Lösung entscheiden. Im Juni 1990 bedauerte die mittlerweile frei gewählte DDR-Volkskammer die Unterstützung der chinesischen Regierung ein Jahr zuvor und gedachte der Opfer.
Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China
Die Bundesrepublik erkannte zunächst die Volksrepublik China nicht an. Der Grund hierfür lag zum einen in der antikommunistischen außenpolitischen Ausrichtung der Bundesrepublik und zum anderen in der Anerkennung der DDR durch die Volksrepublik China, was nach der Hallstein-Doktrin diplomatische Beziehungen unmöglich machte. Auch zur Republik China auf Taiwan unter General Chiang Kai-shek wurden keine diplomatischen Beziehungen aufgenommen. Grundsätzlich unterstützte die Bundesrepublik den Standpunkt, dass es nur ein China geben könne, da sie auf diese Weise hoffte, Unterstützung für ihren Standpunkt der Einheit Deutschlands Unterstützung zu finden.[6] Ungeachtet des Fehlens offizieller Beziehungen kam es zu einem kulturellen und informellen Austausch mit Taiwan. 1957 wurde die Deutsch-Chinesische Gesellschaft gegründet,[7] zu deren Mitgliedern Deutsche wie Taiwaner zählen. Die Gesellschaft bestand zunächst vor allem aus Abgeordneten des Bundestages, denen eine langfristige Entwicklung der deutsch-taiwanischen Beziehungen ein Anliegen war. Mit dem Umzug nach Berlin änderte die Gesellschaft ihren Namen. Durch den Zusatz „Freunde Taiwans“ verdeutlichte sie ihre Orientierung.[8] Zum Oktober 2020 wurde die Gesellschaft in Deutsch-Taiwanische Gesellschaft umbenannt.[9] Die Gesellschaft ist die einzige ihrer Art in Europa. 1957 wurde außerdem der Parlamentarische Freundeskreis Berlin-Taipeh gegründet.
Am 25. Oktober 1971 wurde durch die Resolution 2758 der UN-Generalversammlung die Volksrepublik China anstelle der Republik China (Taiwan) als legitimer Vertreter Chinas anerkannt, wodurch die Volksrepublik den bisherigen Sitz Chinas im Sicherheitsrat erhielt und die Republik China auf Taiwan ganz aus den Vereinten Nationen ausschied.
Im Oktober 1972 nahm die Bundesrepublik Deutschland offiziell diplomatischen Kontakte zur Volksrepublik auf. Inoffizielle Kontakte hatte es bereits seit 1964 gegeben.[10]
Nach der Wende und der Perestroika
Die Auslandshandelskammer China eröffnete ihre Büros, zahlreiche Botschafter der Volksrepublik verließen die ehemaligen Ostblockstaaten.
Im Jahr 2000 wurde der Deutsch-Chinesische Rechtsstaatsdialog unterzeichnet.
Seit 2009 besteht das Wirtschafts- und Handelsbüro Hongkong, Berlin.
Wirtschaftlicher Aspekt im 21. Jahrhundert
Es gibt umfangreiche chinesische Investitionen in Form von Firmenkäufen und -beteiligungen in Deutschland, besonders in sogenannten Schlüsselbranchen.[11]
Von 2016 bis einschließlich 2018 hat China 155 deutsche Unternehmen gekauft und dafür 36,5 Milliarden Euro ausgegeben.[12] Im Jahr 2017 investierte China knapp 13,7 Milliarden US-Dollar in 54 Unternehmen in Deutschland und war dort nach den USA, der Schweiz und Großbritannien der viertgrößter Investor.[13]
Im ersten Halbjahr 2019 gab es einen deutlicher Rückgang chinesischer Firmenkäufe und -beteiligungen in Europa, in Deutschland fand in dieser Zeit keine einzige größere Übernahme statt. Fachleute sehen den Grund in einer Schwächephase der chinesischen Wirtschaft angesichts des Handelskonflikts mit den USA.[14]
Positives
Als riesiger Absatzmarkt ist China einer der Gründe für das anhaltende Wachstum des deutschen Exports. So exportierten deutsche Unternehmen im Jahr 2019 Waren für 96 Milliarden Euro nach China.[15] Insbesondere Luxuswaren, Fahrzeuge, Maschinen und Bier sind sehr geschätzt. Von 2015 bis einschließlich 2019 war China Deutschlands größter Handelspartner[15] und Deutschland der größte Handelspartner Chinas im europaweiten Vergleich. Das bilaterale Handelsvolumen belief sich im Jahr 2019 auf 206 Milliarden Euro.[15] Die Zusammenarbeit der Unternehmen auf beiden Märkten birgt große Chancen, besonders durch die Förderung seitens der chinesischen Regierung.[16][17]
Negatives
Die deutsche Industrie ist patentintensiv und meldet überproportional viele Innovationen im Vergleich zur Unternehmensanzahl an. Diese unterstehen aber nur einem begrenzten Schutz im chinesischen Wirtschaftsraum. Patentklau ist eines der Hauptkritikpunkte der ansässigen Unternehmen.
Kulturelle Beziehungen
Hochschulwesen, Untergraduierten-Ebene
Von Bedeutung ist das Chinesisch-Deutsche Hochschulkolleg, (kurz: CDHK), es wurde 1998 als Gemeinschaftsprojekt des DAAD und der Tongji-Universität in Shanghai gegründet. Somit versteht sich das CDHK als Brücke zwischen dem deutschen und dem chinesischen Bildungssystem und als erfolgreiches Projekt im Wissensaustausch beider Länder.
Gegründet wurde die Tongji-Universität im Jahr 1907 von dem deutschen Mediziner Erich Paulun, somit unterhält die Universität traditionell zahlreiche Deutschlandkontakte. Im Jahr 1993 besuchte der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl Shanghai, um für erste Überlegungen eines gemeinsamen Hochschulkollegs bereitzustehen.[18] Ein gemeinsamer Vertrag zwischen dem DAAD und der Tongji-Universität besiegelte im Jahr 1996 diese Idee und im Folgejahr startete der Lehrbetrieb des Deutschunterrichtes. Im Jahr 1998 startete der Lehrbetrieb für die Elektrotechnik und die Wirtschaftswissenschaften. Das CDHK-Gebäude liegt auf dem Siping-Campus der Tongji-Universität in der Chifeng Lu und wurde 2002 fertiggestellt.
Hochschulwesen Graduierten-Ebene
Im Bereich der Forschung existiert das Chinesisch-Deutsche Zentrum für Wissenschaftsförderung. Es unterstützt den akademischen Austausch von Graduierten und gemeinsame Forschungsprojekte.
Showbizebene
Die Unterhaltungsshow „Heute Abend in Beijing“ mit Udo Jürgens war die erste chinesisch-deutsche Fernsehproduktion. Sie wurde am 1. August 1987 gezeigt.[19]
Siehe auch
Literatur
Zur Kooperation vor den Weltkriegen
- Ueber die Hoffnungen deutscher Industrie auf einen Handelsverkehr mit China. In: Illustrirte Zeitung. Nr. 6. J. J. Weber, Leipzig 5. August 1843, S. 87–88 (Wikisource).
Zur Kooperation zwischen den Weltkriegen
- Bernd Eberstein: Preußen und China. Eine Geschichte schwieriger Beziehungen. Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-12654-5.
- William C. Kirby: Germany and Republican China. Stanford University Press, Stanford CA 1984, ISBN 0-8047-1209-3.
- Frederick F. Liu: A Military History of Modern China. 1924–1949. Princeton University Press, Princeton NJ 1956.
- Bernd Martin (Hrsg.): Die deutsche Beraterschaft in China, 1927–1938. Militär, Wirtschaft, Außenpolitik. hrsg. in Verb. mit dem Militärgeschichtlichen Forschungsamt. Droste, Düsseldorf 1981, ISBN 3-7700-0588-0.
Weblinks
- Beziehungen zwischen der Volksrepublik China und Deutschland, Auswärtiges Amt
- Veröffentlichung von Wolfgang Runge in der Deutschen China-Gesellschaft, Deutsche China-Gesellschaft
- Michael Auslin: Negotiating with Imperialism: The Unequal Treaties and the Culture of Japanese Diplomacy. Harvard University Press, Cambridge 2004, ISBN 0-674-01521-5.
- Sebastian Dobson: Photography and the Prussian Expedition to Japan, 1860–61. In: History of Photography. Vol. 33, Issue 2 (May 2009), S. 112–131.
- Michael Salewski: Die preußische Expedition nach Japan (1859–1861). In: Revue Internationale d'Histoire Militaire. 70 (1988): S. 39–57.
- Gustav Spiess: Die preussische Expedition nach Ostasien während der Jahre 1860–1862. O. Spamer, Berlin 1864. Available via Google books.
- Holmer Stahncke: Die diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Japan 1854–1868 . Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1987, ISBN 3-515-04618-6.
- Holmer Stahncke (Hrsg.): Preußens Weg nach Japan. Japan in Berichten von Mitgliedern der preußischen Ostasienexpedition 1860–61. iudicium, München 2000, ISBN 3-89129-287-2.
- Reinhold von Werner: Die preussische Expedition nach China, Japan und Siam in den Jahren 1860, 1861 und 1862. 2. Auflage. F. A. Brockhaus, Leipzig 1873. Available via Google books.
- Ole Döring: Zusammenarbeit mit dem Westen: Dann macht China es eben ohne uns, Der Tagesspiegel, 19. Januar 2018
Quellen
- Leibniz und China. Gottfried Wilhelm Leibniz-Bibliothek, abgerufen am 6. Dezember 2016.
- Gottfried Wilhelm Leibniz: Der Briefwechsel mit den Jesuiten in China (1689-1714) (= Philosophische Bibliothek. Nr. 548). Felix Meiner, Hamburg 2006, ISBN 3-7873-1623-X.
- zit. nach Das Westfernsehen und der revolutionäre Umbruch in der DDR im Herbst 1989 http://www.lars-bruecher.de/ddr_westmedien.htm#_ftn212
- Bundeszentrale f. politische Bildung: Zusammenbruch des SED-Regimes
- Tagebuch der Deutschen Einheit (Memento vom 26. Januar 2012 im Internet Archive)
- Gunter Schubert: The European Dimension of German-Taiwanese Relations. Vortrag auf der Konferenz „The Role of France and Germany in Sino-European Relations“. Hongkong Juli/August 2001. (PDF)
- Alexander Troche: Berlin wird am Mekong verteidigt. Die Ostasienpolitik der Bundesrepublik in China, Taiwan und Süd-Vietnam 1954–1966. Düsseldorf 2001, S. 86.
- 50 Jahre Deutsch-Chinesische Gesellschaft e. V. - Freunde Taiwans (Memento vom 7. April 2014 im Internet Archive)
- Mitgliederversammlung beschließt Namensänderung. Deutsch-Taiwanische Gesellschaft, abgerufen am 19. November 2020.
- Wolfgang Runge: Kooperation im Wandel. 30 Jahre diplomatische Beziehungen Bundesrepublik Deutschland - Volksrepublik China. In: China-Journal Ausgabe 1. Deutschen China-Gesellschaft 德中协会, 17. Oktober 2002, abgerufen am 15. Dezember 2016.
- Chinas Strategie - auch bei Firmenkäufen. In: Deutsche Welle. 22. Mai 2018, abgerufen am 12. August 2019.
- Kauft China Bayerns Unternehmen auf? 3. Juli 2019, abgerufen am 31. Mai 2020.
- Bernd Mewes: Chinesen investierten Rekordsumme in deutsche Unternehmen. In: www.heise.de. 24. Januar 2018, abgerufen am 12. August 2019.
- 80 Prozent Rückgang: Chinas Firmen bremsen Expansion in Europa. In: www.businessinsider.de. 12. August 2019, abgerufen am 12. August 2019.
- Gerald Traufetter, Christoph Schult, Peter Müller, Christiane Hoffmann, DER SPIEGEL: USA gegen China: Der Kampf der Giganten - und Merkel mittendrin - DER SPIEGEL - Politik. Abgerufen am 31. Mai 2020.
- Erfolg in China hat ein Zuhause! (Memento vom 22. August 2013 im Internet Archive)
- http://www.germancentre.org.cn/
- CDHK Historie (Memento vom 8. Oktober 2012 im Internet Archive)
- Peking-Style, Die Zeit vom 7. August 1987