Tajine
Die (auch der) Tajine, Tagine oder auch Taschiin (arabisch طاجن, DMG ṭāǧin, pl. طواجن / ṭawāǧin, „Kasserolle“, Aussprache: [taˈdʒiːn][1] oder [tæˈʒiːn][2]) bezeichnet in der nordafrikanischen Küche des Maghreb ein rundes, aus Lehm gebranntes Schmorgefäß mit gewölbtem oder spitzem (konischem) Deckel und das darin gekochte Gericht der Berber.[3] Der konische Deckel dient auch als Griff, dessen Ende manchmal wie ein Knauf oder auch wie ein Schlot geformt sein kann.
Funktionsweise
Wie andere Dampfkochtopfsysteme arbeitet der traditionelle Lehmkochtopf aus Marokko folgendermaßen: Der keramische Grundstoff – Lehm oder stark gemagerter Ton – wird bei der Herstellung niedrig gebrannt (Irdenware), weshalb eine Tajine bei abruptem Temperaturwechsel nicht zerspringt. Das Gefäß schützt das Essen mit seiner relativ dicken Wand zudem vor dem Verbrennen und leitet die Hitze gleichmäßig weiter, sodass der Inhalt schonend gegart wird. Im Topf werden die Zutaten übereinandergelegt; der spitze (arabische) oder gewölbte (berberische) Deckel sorgt dafür, dass die Hitze lange Zeit konstant gehalten wird. Das keramische Brennverfahren und der Aufbau finden sich in ähnlicher Ausführung in vielen Kulturen.
Der Dampf kondensiert im Inneren des Gefäßes, setzt sich an den Wänden ab und läuft zurück zum Gargut ab und steigt anschließend als Dampf wieder auf. Durch diesen Kreislauf wird der Inhalt schonend gegart; das Essen schmort im eigenen Saft. Der Dampf stammt von den Zutaten selbst; bei trockenen Zutaten wird Flüssigkeit hinzugegeben.
Inzwischen gibt es Tajines, die sich wegen ihrer glatten Böden für die Verwendung auf normalen Kochplatten und Ceran-Feldern eignen. Für die Verwendung auf Induktionskochfeldern ist zusätzlich eine Adapterplatte notwendig. Bei Gasflammen ist auf eine gleichmäßige, großflächige Verteilung der Flamme zu achten, da ungleichmäßige, starke Hitze zu Rissen führen kann. Um Beschädigungen zu vermeiden, werden die Speisen dabei länger bei geringerer Hitze gegart.
Tajines sind glasiert oder mit naturbelassener rauer Oberfläche erhältlich. Bei glasierten Tajines ist darauf zu achten, dass die Glasur nicht – wie früher üblich – bleihaltig ist. Erhältlich sind sowohl traditionelle als auch modern gestaltete Tajines aus glasiertem Material. Eine glasierte Tajine lässt sich leichter reinigen und nimmt das Aroma der Speisen im Vergleich zu naturbelassenen Varianten weniger stark auf. Jedoch besteht grundsätzlich die Gefahr, dass sich in der Glasur mit der Zeit Risse bilden.
Eine traditionelle Tajine ohne Glasur wird vor dem ersten Gebrauch für einige Stunden in Wasser eingelegt und anschließend mit Öl, etwas Wasser und Gemüse „eingekocht“. Sie bildet eine Patina, eine natürliche "Antihaft-Beschichtung" am Boden, die die Poren der Keramik teilweise verschließt. Wässert man später Schale und Deckel vor dem Kochen, nimmt die weiterhin recht offenporige Keramik des Deckels kaum noch Wasserdampf auf und sorgt für ein gleichmäßig-feuchtes Garklima im Innern. Die Reinigung erfolgt per Schwamm ohne chemische Hilfsmittel.[4]
- Tajine mit gewölbtem Deckel
- Entstehen der Patina
- Verzierte klassische Tajine
- Gemüse-Tajine in einem Londoner Restaurant
Verwendung
Für Schmorgerichte stellt man in Nordafrika die Tajine klassischerweise auf ein Holzkohlefeuer. Man kann die Tajine auch im Backofen verwenden, dann ähnelt der Garprozess dem im Römertopf. Es werden in der nordafrikanischen Küche sowohl deftige Gerichte mit Fleisch und Fisch als auch Süßspeisen mit der Tajine zubereitet. Zum Servieren wird die Tajine auf den Tisch gestellt, und die Gäste bedienen sich direkt aus dem Keramiktopf.
Die Tajine wird auch im europäischen Raum verkauft. Damit wandeln sich die Rezepte: Die meisten auf dem Markt erhältlichen Bücher beinhalten zwar weiterhin orientalische und marokkanische Rezepte für die Tajine. Im Zuge einer zunehmend internationalen Kochkultur existieren auch Rezepte aus Asien, Südamerika, vegetarische Vorschläge und sogar deutsche Rezepte.[5]
Literatur
- Ghillie Başan: Tajines – echt marokkanisch & einfach köstlich. Hädecke, Weil der Stadt 2020, ISBN 978-3-7750-0791-7.
- Elisabeth Döpp: Orientküche. Über 100 Originalrezepte für orientalischen Genuss: Mezze, Tajines, Couscous und mehr. Gräfe und Unzer, München 2006, ISBN 978-3-8338-0080-1.
- Isabelle Dreyfus: Tajine. Rezepte aus dem Tontopf. Hädecke, Weil der Stadt 2004. ISBN 978-3-7750-0445-9.
- Christin Kasri, Mohammad Ali Kasri: Bismillah. Orientalische Köstlichkeiten aus Marokkos Küchen. Neue Umschau, Neustadt a.d. Weinstraße 2005, ISBN 3-86528-226-1.
- Alain Jaouhari: Marokko. 90 Rezepte. Christian, München 2002, ISBN 3-88472-682-X.
- Jochen Walter: Tajine vegetarisch. 100 internationale Rezepte aus dem Lehmtopf. Christian, München 2014, ISBN 978-3-86244-572-1.
Weblinks
Einzelnachweise
- Eintrag Tajine im Online-Duden, abgerufen am 5. März 2018
- Eintrag tajine auf dictionary.com, abgerufen am 5. März 2018
- Tajine-Rezepte, Başan, S. 6, Harms, S. 22, Lagunaoui, S. 143.
- Siehe zum Gebrauch einer naturbelassenen Tajine ohne Glasur: Walter 2011, S. 11–15, auch Walter 2014. Als Einführung zur Begriffsbestimmung und zum Gebrauch der Tajine allgemein: Başan, S. 6 f., Lutz, S. 29 f., Morse, S. 29, Seguin-Tsouli, S. 12 f., Kasri, S. 92 f., Lauterbeck, S. 148, Roden, S. 29 f.
- Dreyfus 2004, Walter 2011, Walter 2014.