Italienfeldzug
Der Italienfeldzug Napoleon Bonapartes fand in den Jahren 1796 und 1797 innerhalb des Ersten Koalitionskrieges statt. Mit der Übernahme des Kommandos der Italienarmee und einer Reihe von darauffolgenden Siegen begann Napoléons einzigartige militärische Karriere immense Ausmaße anzunehmen.
Ausgangslage
Nach dem Ende des Spanischen Erbfolgekrieges (1701 bis 1713) erhielt Österreich im Frieden von Utrecht 1713 Mailand, Neapel (ohne Sizilien) und Sardinien. Es wurde damit zur dominierenden Macht in Italien.
Einmarsch in Italien und der Sieg über das Königreich Sardinien-Piemont
Nachdem Napoléon am 2. März 1796 vom Direktorium den Oberbefehl der Italienarmee erhielt, begann er mit einer 41.500 Mann starken Armee seinen Vormarsch gegen die mit 47.000 Österreichern und Piemontesen leicht überlegene feindliche Streitmacht. Für Napoléon kam erschwerend hinzu, dass seine Truppe schlechter ausgerüstet war als die seiner Gegner.
Um den Nachteil hinsichtlich der Truppenstärke auszugleichen, plante Napoléon einen getrennten Angriff auf die beiden verbündeten feindlichen Heere. Am 12. April 1796 kam es in der Schlacht bei Montenotte zur ersten großen Schlacht zwischen den Franzosen und den Österreichern; sie endete für Frankreich siegreich. Tags darauf marschierte Napoléon gegen die sardisch-piemontischen Truppen, besiegte sie zunächst am 13. April 1796 in der Schlacht bei Millesimo sowie am gleichen und nochmals am folgenden Tag in der Schlacht von Dego. Ausschlaggebend für die Siegesserie der Franzosen war die Taktik Napoléons, die unter anderem aus Flankenoperationen bestand. Napoléon, der sich an einen strikten Schlachtplan hielt, gelang es, innerhalb von vier Tagen vier Schlachten zu gewinnen. Am 28. April nach dem französischen Sieg bei Mondovi schloss Napoleon mit dem Königreich Sardinien-Piemont einen Waffenstillstand, dem am 18. Mai der Friede von Turin folgte. Das Königreich musste Savoyen und Nizza an Frankreich abtreten.
Eroberung der Lombardei
Nach diesem Friedensschluss konnte sich Napoléon gegen die österreichische Armee wenden. In schnellen Manövern rückte er gegen Mailand vor und konnte die Österreicher am 10. Mai in der berühmten Schlacht bei Lodi besiegen. Der Legende nach stürmte er bei der Einnahme der strategisch wichtigen Brücke über die Adda selbst voran. Nach der Vertreibung der letzten österreichischen Truppen aus der Lombardei marschierte der siegreiche Napoléon am 15. Mai 1796 in Mailand, der Hauptstadt der Lombardei, ein. Nach der Niederlage bei Borghetto (30. Mai) wurde der österreichische Feldzeugmeister Beaulieu abberufen, darauf stellten die Österreicher eine neue Armee unter General Wurmser auf, die für die Franzosen eine neue Bedrohung darstellte. Ihnen blieben somit nur noch eineinhalb Monate Zeit, um sich gegen die südliche Flanke zu wenden und den Kirchenstaat gefügig zu machen. So gelang es Napoléon im Sommer 1796, die knapp 20.000 päpstlichen Soldaten in die Flucht zu schlagen, Florenz einzunehmen und zudem noch reichlich Kriegsbeute zu machen. Die Herzogtümer Parma, Modena und der Kirchenstaat beeilten sich danach schnell, den Frieden mit Geld und Gemälden zu erkaufen.
Das Direktorium verfolgte den nicht erwarteten Siegeszug Napoléons mit zwiespältigen Gefühlen. Zwar sorgte der Feldherr dafür, dass Geld in die leeren Kassen der Regierung kam, andererseits entwickelte sich Napoléon zu einem Machtfaktor, der auch für ihre eigene Position bedrohlich werden konnte. Daher sollte Mitte Mai 1796 General François-Etienne Kellermann die im Norden von Italien operierenden Verbände befehligen. Doch Napoléon, sich seiner Macht durchaus bewusst, drohte offen mit Rücktritt. Das Direktorium gab nach, und Napoléon handelte weiterhin weitgehend eigenmächtig. Er selbst strebte nach seinen militärischen Erfolgen auch nach mehr politischer Einflussnahme.
Kapitulation Wurmsers
Napoleon wandte sich nun gegen die noch in österreichischer Hand befindliche Festung Mantua und schloss diese ein. Ende Juni 1796 erhielt Feldmarschall Wurmser an Beaulieus Stelle den Oberbefehl des österreichischen Heeres in Italien. Er zwang die Franzosen kurzzeitig, die Belagerung von Mantua aufzuheben und konnte Mailand besetzen. Er musste sich aber nach einer Reihe unglücklicher Gefechte, den Schlachten von Castiglione (5. August), Bassano (8. September), Arcole (15.–17. November) und Rivoli (17. Januar), in die Festung zurückziehen. Am 13. Juli, einen Tag vor dem Jahrestag des Sturms auf die Bastille, zog Napoléon mit seiner Armee erneut in Mailand ein. Dem Direktorium meldete er: „Die Trikolore fliegt über Mailand, Pavia, Como und allen Städten der Lombardei.“. Am 2. Februar 1797 kapitulierte Mantua nach sechs Monaten.
Zweiter Feldzug gegen den Kirchenstaat
Der Kirchenstaat war ein Auffangbecken für französische Emigranten und Gegner der Revolution. Aus diesem Grund bekam Napoléon schon im Februar 1797 vom Direktorium den Befehl, einen Straffeldzug gegen den Papst zu beginnen. Papst war damals Pius VI. (1775–1799).
Napoleon setzte seine Armee in Richtung Süden in Marsch. Im Verlauf des Feldzugs besetzten seine Truppen die Papststädte Bologna, Rimini, Ancona sowie Faenza und Forli und anschließend den ganzen Kirchenstaat. Da der Papst das 200 Kilometer südlicher gelegene Königreich Neapel in Schach hielt, setzte Napoléon einen milden Friedensvertrag (Vertrag von Tolentino) auf und begnügte sich mit der Annexion der Städte Bologna, Ferrara und Romagna sowie einer dem Papst auferlegten Sperrung seiner Häfen für frankreich-feindliche Schiffe. Zudem beschlagnahmte Napoléon mehrere Millionen Franc.[1] Außerdem wählte die Kunstkommission Napoleons antike Statuen aus der vatikanischen Sammlung zur Mitnahme nach Paris aus, darunter den Apoll vom Belvedere, die Laokoon-Gruppe, den Torso vom Belvedere, die Schlafende Ariadne und die Venus Colonna.[2]
Einmarsch nach Österreich
Die Franzosen konnten sich nun ungehindert nach Österreich wenden, da mit dem Sieg über den Papst und der Sperrung der Häfen die Flanken gesichert wurden. Am 10. März 1797 begann der Feldzug gegen Österreich und am 7. April marschierten Napoléons Streitkräfte in Leoben ein. Da bis dato keine französische Armee jemals weiter nach Österreich eingedrungen war und der Großteil der verfügbaren Truppen am Rhein stand, sahen die Österreicher ihre Hauptstadt Wien bedroht. Kaiser Franz II. musste schließlich am 7. April einen Waffenstillstand akzeptieren.
Vorfrieden von Leoben
Im daraufhin am 18. April 1797 unterzeichneten Vorfrieden von Leoben, der am 24. Mai ratifiziert wurde, musste Österreich u. a. auf das Herzogtum Mailand verzichten und den seit April 1792 andauernden Konflikt mit Frankreich (Erster Koalitionskrieg) beilegen.
Zug gegen Venedig
Auf seinem Feldzug bot Napoléon der Republik Venedig ein Bündnis an, doch lehnte der Senat ab. Er unterstützte stattdessen den bewaffneten Aufstand auf der Terra ferma, als Bonaparte gegen die Österreicher zog. Nachdem die französische Flotte am 17. April von den Kanonen am Lido zurückgeschlagen worden war, erklärte Napoleon, der „Attila für Venedig“ sein zu wollen.[3]
Die Stadt wurde am 14. Mai 1797 besetzt, der Große Rat hatte die Adelsrepublik bereits aufgelöst und die Macht übergeben. Es gab insgesamt nur noch 962 Patrizier aus 192 Familien (siehe: Patriziat von Venedig), die fast alle ihre Ämter verloren. Anschließend ließ Napoleon eine Vielzahl von Kunstwerken aus Galerien und Sammlungen nach Paris schaffen. Besonderes Aufsehen erregte der Abtransport der beiden Wahrzeichen der Republik, des Löwen von San Marco und der vier goldenen Pferde von San Marco. Letztere zierten bis zu ihrer Rückgabe im Jahr 1815 das Triumphtor der Tuilerien.
Der Frieden von Campo Formio
Der Friedensvertrag von Campo Formio wurde am 17. Oktober 1797 in Campo Formio unterzeichnet. Der Vertrag zwischen Österreich und dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, vertreten durch dessen letzten Kaiser Franz II., beinhaltete unter anderem den Verzicht des Kaisers auf die österreichischen Niederlande zugunsten Frankreichs und eine Neugestaltung Norditaliens. Österreich erhielt im Gegenzug dafür, dass man die Unabhängigkeit der nach französischem Vorbild geschaffenen Cisalpinischen Republik anerkannte, die Stadt Venedig mit deren Besitzungen, die bis zur Etsch reichten.
Fazit des Italienfeldzuges
Der 13 Monate andauernde Feldzug, der mit einem französischen Sieg endete, war nicht zuletzt auch eine bemerkenswerte Leistung des Strategen Napoléon. Mit einer fast immer zahlenmäßig unterlegenen Armee, die in keiner Schlacht mehr als 44.000 Mann aufbot und materiell oftmals schlechter ausgerüstet war als die Österreicher, besiegte Napoléon insgesamt über 150.000 feindliche Soldaten und gewann zwölf große Schlachten. Zudem erbeuteten die Franzosen 170 Fahnen und etwa 1.100 Kanonen. Die Verluste der Österreicher beliefen sich auf rund 43.000 Mann.
Einzelnachweise
- Desmond Gregory: Napoleon's Italy, Cranbury, London, Mississauga 2001, S. 33.
- Philippa Sissis: Kunstraub auf Vasenbauch. In: Merten Lagatz, Bénédicte Savoy, Philippa Sissis (Hrsg.): Beute. Ein Bildatlas zu Kunstraub und Kulturerbe. Matthes & Seitz, Berlin 2021, S. 96–99.
- Zum Verhältnis Napoleons zu Venedig: Amable de Fournoux: Napoléon et Venise 1796–1814, Éditions de Fallois 2002, ISBN 2-87706-432-8.