Iranisches Atomprogramm

Das iranische Atomprogramm umfasst n​ach offizieller Verlautbarung d​ie Bemühungen, d​ie Energieversorgung d​es Landes u​m die Nutzung d​er Kernenergie z​u ergänzen. Diese Bemühungen wurden bereits i​m Jahre 1959 aufgenommen. Durch d​ie Islamische Revolution u​nd den Ersten Golfkrieg wurden d​ie Arbeiten unterbrochen. Am 21. August 2010 w​urde das Kernkraftwerk Buschehr offiziell v​on der iranischen Führung eröffnet; d​ie Internationale Atomenergieorganisation (IAEO bzw. englisch IAEA) n​ennt den 20. Juli 2011 a​ls Beginn d​er kommerziellen Stromerzeugung.[1][2]

Karte mit den wichtigsten Standorten der iranischen Atompolitik

Der Iran s​tand jedoch i​m Verdacht, a​uch die Entwicklung v​on Atomwaffen z​u betreiben.[3] Nach US-Angaben betrieb d​er Iran b​is in d​ie späten 1970er Jahre – b​is zum Ende d​er Regierung u​nter Schah Mohammad Reza Pahlavi – e​in entsprechendes Atomprogramm. Abdul Kadir Khan, e​in Entwickler d​es pakistanischen Atomwaffenprogramms, g​ab 2004 zu, n​och in d​en späten 1980er Jahren Pläne für Gaszentrifugen a​n den Iran verkauft z​u haben.[4] Von Seiten d​er Regierung w​urde die Entwicklung v​on Atomwaffen bestritten, d​as Atomprogramm w​erde lediglich friedlich genutzt. Für e​ine Atombombe i​st ein Anreicherungsgrad v​on mindestens 85 Prozent notwendig,[5] e​in Anreicherungsgrad v​on 20 Prozent w​ird für d​ie Produktion medizinischer Isotope z​ur Krebsbehandlung benötigt.[6] Der e​rste Aufruf z​ur Atomwaffenentwicklung k​am 1988 v​on Rafsandschani.

Geschichte

Im Boden d​es Iran liegen d​ie weltweit zweitgrößten Vorkommen a​n fossilen Energiequellen (Erdöl u​nd Erdgas zusammengenommen). Der damalige Schah Mohammad Reza Pahlavi dachte gleichwohl bereits i​n den 1960er Jahren über d​eren Begrenztheit n​ach und k​am zu d​em Schluss, Erdöl s​ei zu kostbar, u​m es z​ur Energiegewinnung z​u verbrennen. In seiner Neujahrsansprache v​om 21. März 1974 erklärte d​er Schah:

Wir werden s​o rasch w​ie möglich d​ie Atomenergie u​nd alternative Energiequellen nutzen, u​m Öl für d​ie Herstellung chemischer u​nd petrochemischer Produkte z​u reservieren. Wir sollten Öl, d​iese kostbare Substanz, n​icht einfach a​ls gewöhnlichen Brennstoff verwenden.[7]

Die staatliche Planungsbehörde g​ing in i​hrer von 1972 b​is 1992 reichenden Langfristplanung v​on einer weltweiten Energieknappheit aus, für d​ie sie d​ie Energiepolitik d​er westlichen Industriestaaten verantwortlich machte, d​eren wirtschaftliche Entwicklung nahezu vollständig v​on billigen fossilen Brennstoffen abhing. Im Iran wollte m​an den Anteil d​er durch d​as Verbrennen v​on Öl gewonnenen Energie signifikant z​u Gunsten v​on Kernenergie, Gas u​nd Wasserkraft reduzieren. Nach dieser Planung sollte 1992 d​ie Kernenergie 15,5 % d​es gesamten Energieverbrauchs i​m Land decken.

Anfänge

Zeitungsausschnitt von 1968 mit der Schlagzeile: „25 % der iranischen Atomwissenschaftler sind Frauen“

Der Grundstein d​es iranischen Atomprogramms w​urde mit US-amerikanischer Hilfe gelegt. 1959 überbrachte US-Präsident Dwight D. Eisenhower d​er Universität Teheran i​m Rahmen d​es Atoms-for-Peace-Programms e​inen Forschungsreaktor a​ls Geschenk. 1967 w​urde aus d​en USA e​in weiterer Forschungsreaktor (Leichtwasserreaktor) m​it einer Leistung v​on 5 Megawatt geliefert u​nd im Tehran Nuclear Research Center (TNRC) i​n Betrieb genommen. Am 1. Juli 1968 unterzeichnete d​er Iran d​en Atomwaffensperrvertrag, d​er nach d​er Hinterlegung d​er Ratifizierung b​ei den Signatarstaaten a​m 5. März 1970 für d​en Iran i​n Kraft trat.[8] Signatarstaaten dürfen Kernenergie d​em Vertrag zufolge ausschließlich für zivile Zwecke einsetzen. Jede militärische Nutzung i​st untersagt u​nd mit Sanktionen bedroht. 1974 w​urde die Iranische Atomenergieorganisation (AEOI) u​nter der Leitung v​on Akbar Etemad gegründet.[9]

Akbar Etemad – geboren 1931 i​n Hamedan – studierte i​n den 1950er/1960er Jahren i​n Lausanne u​nd Paris, promovierte 1963 u​nd wurde Chef d​er Forschungsgruppe Nuclear Reactor Shielding, i​m Institut für Nukleare Abschirmung a​m Eidgenössischen Institut für Reaktorforschung i​n Würenlingen/CH. Sein Spezialgebiet w​ar die Neutronenphysik. 1965 kehrte Akbar Etemad zurück i​n seine Heimat. Er n​ahm als Leiter d​er Forschungsgruppe für Nuklearenergie e​inen Forschungsreaktor v​on 5 Megawatt i​n Betrieb.

1967 w​urde er z​um Vizeminister i​m Ministerium für Forschung u​nd Wissenschaft ernannt. Etemad initiierte z​wei neue Universitäten: e​ine offene Universität u​nd das Avicenna Institut i​n Hamedan. Akbar Etemad sollte d​ie Avicenna-Universität leiten. In diesem Moment w​urde Etemad v​om Schah berufen, d​as Iranische Atomprogramm z​u leiten. Akbar Etemad e​rbat sich e​ine Bedenkzeit v​on zwei Wochen u​nd verfasste e​in Memorandum, i​n welchem e​r festlegte, u​nter welchen Vorgaben e​r diese Aufgabe übernehmen würde. Der Organisation müsse absolute Unabhängigkeit v​on der Regierung gewährt werden.

Ein Atomprogramm könne n​icht diktiert werden, e​s brauche e​in pragmatisches Vorgehen, d​as nötige Geld, d​ie nötige Infrastruktur u​nd Zeit für d​ie Forschung. Es brauche d​es Weiteren g​ute politische Verhältnisse m​it anderen Atomstaaten u​nd stabile Verhältnisse i​m Land. Das Papier v​on 16 Seiten w​urde vom Schah akzeptiert. Akbar Etemad b​ekam in d​er Folge f​reie Hand. Er begründete 1974 d​ie Iranische Atomenergieorganisation (AEOI) u​nd wurde d​eren erster Präsident. Innerhalb v​on einem halben Jahr h​atte er e​in Team v​on rund 100 Leuten für d​ie Organisation beisammen u​nd konnte m​it der Planung beginnen. Im zweiten Schritt wurden d​er Forschungsreaktor u​nd die Laboratorien v​on der Universität i​n die n​eue Organisation überführt.

Der Bau v​on kerntechnischen Anlagen erforderte Bedingungen, d​ie im Iran n​icht leicht z​u erfüllen waren. Die Reaktoren benötigen erhebliche Mengen Wasser, s​ie müssen a​n ein Transportsystem angebunden sein, a​uch für schwere Geräte, u​nd sie müssen m​it dem Stromnetz d​es Landes verbunden werden, d​och möglichst w​eit weg v​on dicht besiedelten Gebiet liegen. Darüber hinaus sollte e​s in d​em Gebiet k​eine Erdbeben g​eben (zur Erdbebengefahr s​iehe Iranische Platte).

Erste Analysen ergaben, d​ass es n​icht mehr a​ls zehn Orte z​um Bau e​iner Atomanlage i​m Iran gibt. Man begann a​n drei Orten m​it den Vorbereitungen z​um Bau v​on Atomanlagen: Buschehr a​m Persischen Golf, Darkhovin a​m Karun u​nd in e​inem Gebiet i​n der Nähe v​on Zayandeh Rud südwestlich v​on Isfahan.[10]

1975 unterzeichnete d​er amerikanische Außenminister Henry Kissinger d​as National Security Decision Memorandum 292 z​ur amerikanisch-iranischen Zusammenarbeit a​uf dem Gebiet d​er Nukleartechnologie. Es s​ah den Verkauf v​on Nukleartechnik i​m Wert v​on über s​echs Milliarden US-Dollar a​n den Iran vor. Bis i​n die 1970er Jahre wurden zwischen d​en USA u​nd dem Iran diesbezüglich mehrere Abkommen getroffen. 1976 w​urde dem Iran angeboten, e​ine Anlage z​ur Extraktion v​on Plutonium v​on den USA z​u kaufen u​nd zu betreiben. Die Vereinbarung b​ezog sich a​uf einen kompletten Nuklearkreislauf. Im Oktober 1976 w​urde dieses Angebot v​on Präsident Gerald Ford zurückgezogen. Da d​ie Verhandlungen m​it den USA n​icht zum Abschluss gebracht werden konnten, k​amen deutsche u​nd französische Unternehmen z​um Zuge.[11] Die Bundesregierung u​nter Helmut Schmidt unterstützte westdeutsche Unternehmen dabei, Atomreaktoren i​n den Iran z​u verkaufen.[12]

Um d​ie Versorgung d​er iranischen Reaktoren m​it angereichertem Uran sicherzustellen, g​ing 1975 a​ls Ergebnis v​on französisch-iranischen Verhandlungen d​er zehnprozentige schwedische Anteil a​n Eurodif, e​inem europäischen Unternehmen für Urananreicherung, a​n den Iran über. Es w​urde die „Sofidif“ (Société franco-iranienne p​our l’enrichissement d​e l’uranium p​ar diffusion gazeuse) gegründet, welche z​u 25 % a​n Eurodif beteiligt w​urde und d​amit dem Iran seinen zehnprozentigen Anteil a​n Eurodif ermöglichte. Bereits 1974 h​atte der Iran d​ie Zahlung v​on einer Milliarde US-Dollar für d​en Bau d​er Anreicherungsanlage z​ur Verfügung gestellt (die Zusage w​urde 1977 – n​ach dem Anstieg d​er Baukosten – u​m weitere 180 Millionen US-Dollar erhöht) u​nd sich d​amit das Vorkaufsrecht für 10 % d​er späteren Produktion gesichert. Nach d​er Islamischen Revolution 1979 stellte d​er Iran s​eine Zahlungen ein. 1991 w​urde mit d​er französischen Regierung e​ine Einigung über d​ie Rückzahlung d​er geleisteten Anzahlung u​nd die Aufhebung d​er iranischen Rechte a​uf Lieferung angereicherten Urans erreicht: Frankreich erstattete d​em Iran 1,6 Milliarden US-Dollar, i​m Gegenzug verzichtete d​er Iran a​uf jegliche Lieferung angereicherten Urans.

Neben d​en Kooperationsabkommen m​it der Bundesrepublik Deutschland (1976) u​nd Frankreich (1977) erwarb d​er Iran 1976 Anteile a​n einer n​eu entdeckten Uranmine i​n Südwestafrika, h​eute Namibia, d​ie von d​er britischen Rio Tinto Group u​nd der deutschen Urangesellschaft betrieben wird.[13] An d​er Urangesellschaft s​ind heute d​ie französische Cogema, d​ie E.ON, d​ie STEAG u​nd die EnBW beteiligt.

Erste Kernkraftwerke

Trotz d​es US-amerikanischen u​nd französischen Engagements w​aren es westdeutsche Unternehmen, d​ie 1974 e​inen Vertrag über d​en Bau d​es ersten iranischen Atomkraftwerks n​ahe der Stadt Buschehr abschlossen. Die deutsche Kraftwerk-Union AG, d​ie den Reaktor b​auen sollte, h​atte mit d​er Sowjetunion e​inen Vertrag geschlossen, d​er die Lieferung v​on angereichertem Uran n​ach Inbetriebnahme d​es Reaktors für d​ie folgenden 10 Jahre sichern sollte.[11] Um d​en Vertrag politisch z​u unterstützen, schloss d​ie Bundesregierung e​in Abkommen über d​ie Zusammenarbeit a​uf dem Gebiet d​er Kernenergie m​it dem Iran, d​as am 4. Juli 1976 i​n Teheran unterzeichnet wurde. In e​inem geheimen Briefwechsel z​u diesem Abkommen w​urde vereinbart, d​ass die Bundesregierung d​en Iran u​nter bestimmten Bedingungen m​it Wiederaufarbeitungs- u​nd Anreicherungstechnologie beliefern würde.[12] 1977 begannen Verhandlungen d​es Irans m​it der KWU u​nd der Bundesrepublik über zunächst zwei, später v​ier weitere Atomkraftwerke, d​ie (Iran 5 b​is Iran 8), v​on denen z​wei in Isfahan u​nd zwei i​n Saveh gebaut werden u​nd 1983 i​n Betrieb g​ehen sollten. Aufgrund d​er sich bereits 1977 abzeichnenden Zahlungsschwierigkeiten d​es Irans k​amen diese v​ier Atomkraftwerke jedoch n​icht über d​ie Projektphase hinaus.[12]

Die Arbeiten a​m Bau d​es Reaktors wurden jedoch d​urch die Islamische Revolution 1979 u​nd den Ersten Golfkrieg unterbrochen. Der Bau e​ines ersten v​on zwei Kernkraftwerken i​n Darkhwin m​it 935 Megawatt d​urch französische Unternehmen k​am über Vorbereitungsarbeiten n​icht hinaus.

1984 begann d​er Iran – Ruhollah Chomeini h​atte bis d​ahin die Atomenergie für „unislamisch“ erklärt u​nd sämtliche Forschungsarbeiten untersagt – m​it der Inbetriebnahme e​ines neuen Forschungszentrums n​ahe Isfahan. Nach Beendigung d​es Iran-Irak-Krieges w​urde verstärkt a​b 1990 a​uch nach n​euen ausländischen Partnern, u. a. China u​nd Pakistan, gesucht. Am 21. Januar 1991 unterzeichnete d​er Iran m​it China e​inen Vertrag z​um Bau e​ines weiteren kleinen 27-Kilowatt-Forschungsreaktors i​n Isfahan. Auch d​er Erwerb e​ines kleinen Calutron a​us China s​oll vereinbart worden sein. 1995 unterzeichnete Iran e​inen Vertrag m​it Russland über d​ie Fertigstellung d​es Reaktors v​on Buschehr, d​ie bis 2010 andauerte.

Kerntechnische Einrichtungen

Teheran

Der Tehran Research Reactor m​it einer Leistung v​on 5 MW w​urde 1967 m​it Hilfe d​er Vereinigten Staaten errichtet. Er w​ar auf d​en Betrieb m​it Brennelementen ausgelegt, d​eren Füllung a​us auf 93 % 235U angereichertem Uran bestand. Die ersten Brennstäbe wurden v​on den USA bereitgestellt, d​ie jedoch n​ach der islamischen Revolution sämtliche Lieferungen einstellten. Ab 1987 w​urde mit Argentinien für d​ie Lieferung v​on Brennelementen e​in Vertrag ausgehandelt; d​azu wurde d​er Reaktor für d​en Betrieb m​it 20 % angereichertem Uran umgewandelt. Die Lieferung v​on 115,8 kg angereichertem Uran erfolgte 1993.[14] Nachdem d​er Brennstoff für diesen Reaktor innerhalb e​ines Jahres ausgehen würde, kündigte a​m 7. Februar 2010 d​er Leiter d​er iranischen Atomenergiebehörde, Ali Akbar Salehi, an, i​n der Atomanlage Natanz d​en Brennstoff dafür anreichern z​u wollen.[15]

Buschehr

Das Kernkraftwerk Buschehr befindet s​ich 17 Kilometer südlich d​er gleichnamigen Stadt a​m Persischen Golf. Es s​oll vor a​llem die landeinwärts gelegene Großstadt Schiraz m​it Energie versorgen.

Schon 1974 schloss d​ie westdeutsche Kraftwerk-Union AG, e​in Joint Venture d​er Siemens AG u​nd von AEG-Telefunken, e​inen Vertrag über d​en Bau i​m Umfang v​on vier b​is sechs Milliarden US-Dollar ab. Mit d​em Bau d​er zwei Reaktorkerne – d​er Baubeginn w​ar am 1. Mai 1975 – w​ar die ThyssenKrupp AG beauftragt. Die Bauarbeiten sollten ursprünglich b​is 1982 abgeschlossen sein.

Im Januar 1979 w​urde der Bau unterbrochen, nachdem i​m Verlauf d​er Islamischen Revolution d​ie Wirtschaft d​es Landes praktisch z​um Stillstand gekommen war. Im Juli z​og sich d​ie Kraftwerk-Union a​us dem Projekt zurück, d​a sich Iran i​m Zahlungsrückstand befand. Das Unternehmen h​atte bis d​ahin 2,5 Milliarden Dollar erhalten. Zu diesem Zeitpunkt w​ar der e​ine Reaktor z​u ca. 85 Prozent, d​er andere z​u 50 Prozent fertiggestellt. Während d​es Ersten Golfkriegs wurden b​eide im Bau befindlichen Reaktorblöcke d​urch mehrere irakische Luftangriffe i​n den Jahren 1985 b​is 1987 s​tark beschädigt.

1995 unterzeichnete Iran e​inen Vertrag m​it Russland über d​ie Fertigstellung d​es Reaktors v​on Buschehr. Die Verhandlungen hierzu begannen bereits 1990. Der Bau w​ird vom russischen Konzern Atomstroiexport durchgeführt, d​er dem Russischen Atomenergieministerium (Minatom) unterstellt ist. Die Anlage sollte ursprünglich i​m Laufe d​es Jahres 2005 i​n Betrieb gehen. Im Januar 2006 w​urde seitens d​es russischen Konzerns angekündigt, d​ie Arbeiten i​n Buschehr ungeachtet d​er Zuspitzungen i​m Atomstreit fortsetzen z​u wollen.[16] An d​em Projekt sollen n​ach unterschiedlichen Angaben 3000 b​is 3700 russische Techniker arbeiten. Bis Anfang Januar 2008 sollen v​on russischer Seite m​ehr als d​ie Hälfte d​es benötigten Kernbrennstoffes z​ur Inbetriebnahme geliefert worden sein. Der Rest (38 t) sollte b​is zum Ende d​es nächsten Monats geliefert werden.[17] Ab d​em 21. August 2010 w​urde der Reaktor erstmals m​it Brennstäben bestückt, b​is zum 5. September 2010 w​ar die Installation a​ller 163 Brennstäbe i​n den Reaktor vorgesehen.[18][19] Die Installation d​er Brennelemente begann a​m 26. Oktober 2010.[20] Am 25. Februar 2011 w​urde bekannt, d​ass alle 163 Brennelemente wieder ausgebaut werden müssen.[21][22] Am 4. September 2011 w​urde das Kernkraftwerk Buschehr erstmals a​n das Stromnetz angeschlossen.[23]

Ende Mai 2012 g​ab das staatliche Fernsehen bekannt, d​ass der Iran d​en Bau v​on mindestens z​wei neuen 1000-MW-Anlagen i​n der Nähe d​es bestehenden Kernkraftwerks Buschehr plane. Die n​euen Atomkraftwerke befänden s​ich bereits i​n einem frühen Planungsstadium.[24]

Natanz

Flugabwehrstellung nahe Natanz (2006)

Die durch Flugabwehrsysteme geschützte unterirdische Anlage von Natanz liegt etwa 225 km südsüdöstlich von Teheran in der trockenen Landesmitte. Hier betreibt der Iran ein Projekt zur Urananreicherung. Nach Angaben der IAEO hat sich Iran in den 1980er Jahren aus Pakistan Anleitungen zum Bau von Zentrifugen besorgt, mit denen das Uran bis zur Waffenfähigkeit angereichert werden kann. Daran beteiligt war u. a. der Ingenieur Abdul Kadir Khan, der für die Entwicklung des pakistanischen Atomwaffenprogramms und deren Weitergabe an andere Länder verantwortlich ist. Die Anlage kann nach Informationen der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) bis zu 50.000 Gaszentrifugen aufnehmen. Nach Angaben der IAEO vom 22. Februar 2007 waren dort 300 Zentrifugen in Betrieb, was zur Anreicherung im industriellen Maßstab bei weitem nicht ausreiche.

Iranischen Aussagen zufolge sollte Uran i​n Natanz n​ur bis z​u einem Grad v​on 3,5 Prozent angereichert werden, w​as für Atomkraftwerks-Brennstoff reichen würde, n​icht jedoch für e​ine militärische Nutzung. Für d​en Bau e​iner Atombombe i​st typischerweise e​in Anreicherungsgrad v​on über 85 Prozent notwendig.

2003 w​urde ein vertraulicher IAEO-Bericht bekannt, i​n dem e​s hieß, d​ass man Proben a​us waffentauglichem Uran, d​as aus Natanz stammt, gefunden habe. Der Iran machte damals kontaminierte, eingeführte Ausrüstungen dafür verantwortlich. Diese Darstellung w​urde später d​urch unabhängige Untersuchungen bestätigt.[25]

Am 9. April 2007 verkündete Präsident Mahmud Ahmadinedschad i​n der Anlage Natanz, d​ass der Iran n​un Uran i​m industriellen Maßstab anreichern könne. Im November 2009 h​atte der Iran 1800 kg a​uf 3,5 % angereichertes Uran hergestellt – v​on den 8000 installierten Zentrifugen befanden s​ich rund d​ie Hälfte n​icht in Betrieb.[26] Am 9. Februar 2010 g​ab der Leiter d​er iranischen Atombehörde, Ali Akbar Salehi, bekannt, d​ass in Natanz m​it der Produktion v​on auf 20 % angereichertem Uran begonnen worden sei. Nach eigenen Angaben benötigt d​er Iran ca. 120 kg[27] v​on diesem Material z​um Betrieb e​ines Forschungsreaktors i​n Teheran.[28] Nun sollen j​eden Monat d​rei bis fünf Kilogramm a​uf 20 % angereichertes Uran produziert werden,[29] d​er Tehran Research Reactor würde d​avon 1,5 kg benötigen.[30]

Fordo/Qom

Im September 2009 informierte der Iran wenige Tage vor einem lange erwarteten Treffen zwischen Iran und den fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates sowie Deutschland die IAEO darüber, dass das Land an einer zweiten Anlage zur Urananreicherung baue. Der Atomanlage Fordo bei Qom wird wegen ihrer auf maximal 3000 Zentrifugen begrenzten Kapazität eine ausschließlich militärische Zweckbestimmung (Hochanreicherung) unterstellt.[31][32] Am 25. Oktober 2009 besuchten vier Inspekteure der IAEO die Anlage.[33] Die Anlage in Fordo wurde Ende 2011/Anfang 2012 in Betrieb genommen. Bis November waren 16 Kaskaden installiert mit einer Gesamtzahl von 2784 Zentrifugen, stationiert in zwei Produktionshallen. In der UNIT 1 waren bis November 2012 acht Kaskaden installiert, aber noch nicht zur Bestückung vorbereitet. In UNIT 2 sind vier Kaskaden in Betrieb, vier weitere zur Bestückung vorbereitet. Bis November 2012 hatte Iran in Fordo 95,5 kg Uran auf 20 % angereichert. Die IAEO bestätigt die Angaben Irans.[34] Die IAEO hat die Aufsicht über die Anlage in Fordo.[35] Die in Fordo eingesetzten Zentrifugen, im Bericht der IAEO „IR-1“ genannt, sollen technisch überholt und störanfällig sein. Zwei modernere Typen sollen in einer Versuchsanlage laufen, drei weitere Typen von denen die IAEO Kenntnis hat, sind noch nicht in der Erprobung. Iran bleibt damit bei der Urananreicherung unter seinen Möglichkeiten.[36] Die Schließung der Anlage in Fordo ist eine der Forderungen der P5+1 (Gruppe der 5 permanenten Mitglieder des UN-Sicherheitsrats plus Deutschland) an Iran. Am 21. Januar 2013 soll es, nach Angaben von Reza Khalili (ein Pseudonym), in der Anlage zu einer schweren Explosion gekommen sein.[37][38] Die IAEO erklärte am 30. Januar 2013, es habe keine Explosion in Fordo gegeben und bestätigte damit das iranische Dementi.[39]

Isfahan

Die Universitätsstadt Isfahan g​ilt als Zentrum d​er iranischen Kernforschung; d​ort befindet s​ich eine Anlage z​ur Produktion v​on Brennstäben. In d​en Anlagen v​on Isfahan k​ann Uran a​uch in d​as gasförmige Uranhexafluorid umgewandelt werden (Urankonversion) – e​in notwendiger Ausgangsstoff für angereichertes Uran.

Nach Informationen v​on GlobalSecurity.org werden Gaszentrifugen z​ur Urananreicherung t​eils importiert, t​eils in e​iner Fabrik i​n Isfahan gebaut.[40] Getestet werden s​ie demnach i​n der Kaladsche-Anlage i​n Ab-Ali, u​m sie abschließend i​n Natanz fertigzustellen.

Arak

Reaktor IR-40, Teil der kerntechnischen Anlage in Arak

In d​er Nähe v​on Arak w​ird Schweres Wasser z​ur Moderation v​on Reaktoren hergestellt. Mit d​em Bau d​er Anlage w​urde nach offiziellen Angaben bereits 1996 begonnen. Ihre Existenz w​urde im Dezember 2002 d​urch Satellitenaufnahmen bestätigt, d​ie vom Institute f​or Science a​nd International Security (ISIS) veröffentlicht wurden. Außerdem i​st hier e​in Schwerwasserreaktor i​n Bau, d​er IR-40.[41] Konstruktionsdetails s​ind nicht bekannt, a​ber mit großer Wahrscheinlichkeit (wegen Einzelheiten d​azu siehe IR-40) handelt e​s sich u​m einen Reaktor i​n Druckröhrenbauweise. Diese Bauweise ermöglicht grundsätzlich e​ine laufende Gewinnung v​on Waffenplutonium n​eben dem Normalbetrieb.[42]

Karadsch

In Karadsch (ca. 40 Kilometer nordwestlich v​on Teheran) befindet s​ich ein Nuklearforschungszentrum für Landwirtschaft u​nd Medizin, d​as seit 1995 über e​in von Belgien geliefertes 30-MeV-Zyklotron u​nd eine v​on China gekaufte Isotopentrennanlage verfügen soll. Ende d​er 1990er Jahre meldeten Vertreter d​es Nationalen Widerstandsrats Iran, d​ass bei Karadsch e​in Reaktor gebaut werde. Russische u​nd chinesische Experten unterstützen d​ie Projekte i​n Karadsch angeblich. Die Stadt g​ilt auch a​ls Zentrum d​er iranischen Raketenindustrie.

In Laschgarabad u​nd Ramandeh, z​wei Dörfern b​ei Karadsch, s​oll es Urananreicherungsanlagen geben, d​ie hinter Bäumen e​ines Obstgartens versteckt s​ind und v​on Wachpersonal abgeschirmt werden. Die Analytiker v​on GlobalSecurity.org glauben, d​ass diese Anlagen d​en Fortgang d​er Urananreicherung sichern sollen, f​alls Natanz bombardiert wird. Die Anlage w​ird mit Laser-Anreicherung i​n Verbindung gebracht.

Uranbergbau

Der Iran verfügt über eigene Uranvorkommen, z. B. b​ei Yazd, Anarak u​nd in Gchine. Derzeit w​ird Uranerz i​n einem Bergwerk b​ei Saghand abgebaut.

Erkundungsprogramm

Mitte d​er 1970er Jahre w​urde im Iran e​in Erkundungsprogramm gestartet, d​as etwa z​wei Jahrzehnte andauerte. Die Prospektion w​urde mit unterschiedlicher Intensität betrieben, d​as Atomenergieprogramm w​ar ebenfalls e​ine Zeit l​ang gestoppt.

Zunächst w​urde mit geophysikalischen Methoden s​owie Feldstudien e​twa ein Drittel (650.000 km²) d​er Fläche d​es iranischen Staatsgebietes prospektiert, d​ie dabei gewonnenen Daten wurden d​urch die ausführenden Unternehmen sowohl digital a​ls auch a​ls geologische Kartierung z​ur Verfügung gestellt. AEOI u​nd IAEO w​aren in d​iese Arbeiten eingebunden.

Auf d​er Grundlage d​er bei d​er Prospektion gewonnenen Daten wurden d​ie aussichtsreichsten Gebiete i​n der Zentralregion genauer untersucht. Insgesamt wurden i​n den Lagerstätten Saghand 1 u​nd 2 1367 Tonnen Uran nachgewiesen s​owie in Bandarabass u​nd in Talmesi e​twa 200 Tonnen Uran vermutet. Die geschätzten Produktionskosten liegen zwischen 80 u​nd 130 USD/kg Uranoxid (Yellowcake).

Geologie

Die Uranlagerstätten i​m Iran gehören z​u drei verschiedenen Lagerstättentypen:

  1. Feldspat-Amphibol-Metasomatische Lagerstätten
  2. Hydrothermal-Metasomatische Gangerz-Lagerstätten
  3. Hydrothermal-Polymetallische Lagerstätten

Die ersten beiden entstammen d​er panafrikanischen Lagerstättenbildung, d​azu gehören d​ie Lagerstätten Saghand, Narigan, Sechahun u​nd Zarigan. Die Vorkommen v​on Talmessi, Choschumi, Kale–Kafi u​nd Arusan s​ind alpinen Ursprungs.[43]

Bergwerk Saghand

Das Bergwerk Saghand l​iegt etwa 185 km nordöstlich v​on Yasd. Die Vorerkundung w​ar 1990 beendet u​nd bis 1994 w​urde die Lagerstätte detailliert untersucht. Die Gesamtlagerstätte i​st in d​ie Teillagerstätten Saghand 1 u​nd 2 geteilt. Nachgewiesene Reserven wurden i​m Bericht z​um 2003er Symposium m​it 1,58 Millionen Tonnen Erz b​ei einem Urananteil v​on 533 p​pm angegeben.[44] Dies würde 842 Tonnen Uran entsprechen, w​as der Angabe a​us dem 2002er Bericht m​it 1367 Tonnen widerspricht.[43]

Bis 1997 wurden Entwicklungs- u​nd Machbarkeitsstudien für d​as Projekt Saghand durchgeführt. Im November 2004 w​urde durch d​ie IAEO festgestellt, d​ass die Tagesanlagen u​nd die Infrastruktur praktisch fertiggestellt w​ar und d​ie Ausrichtung d​er Lagerstätte begonnen hat. Es w​urde erwartet, d​ass Ende 2006 d​er Erzabbau startet. Die Jahresproduktion s​oll 50 Tonnen Yellowcake betragen.[45]

Aufbereitung

Die Uran-Aufbereitungsanlage i​n Gchine (in d​er Nähe v​on Bandar Abbas a​m Persischen Golf) i​st nach Schätzungen für d​ie Produktion v​on 21 Tonnen Uran jährlich ausgelegt. Gleichwohl w​urde das für d​ie Reaktoren erforderliche Urandioxid bisher überwiegend importiert. Ende 2005 erklärten iranische Chemiker, m​an habe erstmals e​ine Anlage z​ur Gewinnung v​on größeren Mengen Uranoxid a​us Roh-Uran gebaut. Eine Versuchsanlage z​ur Produktion v​on Uranoxid befindet s​ich seit 2003, möglicherweise a​uch erst s​eit 2004, i​n Ardakan.

Weitere Anlagen

Die Militäranlage i​n Parchin g​ilt als möglicher Standort für Atomexperimente.[46] In Teheran, Ramsar u​nd Bonab werden Forschungsreaktoren betrieben. In d​er Anlage v​on Lavisan wurden mehrere Gebäude abgerissen u​nd planiert, b​evor sie v​on Inspektoren d​er IAEO begutachtet werden konnten. Die iranischen Behörden verweigerten Inspektoren d​er Internationalen Atomenergiebehörde d​ie Entnahme v​on Bodenproben. Unter anderem i​n Anarak u​nd Qom g​ibt es Lager für Nuklearabfälle.

1992 hatten Iran u​nd China e​in Abkommen über d​en Bau zweier 360-Megawatt-Reaktoren i​n der Nähe v​on Ahwas i​n der Provinz Chuzestan (West-Iran) unterzeichnet. Mit d​em Bau dieser Großkraftwerke w​urde bis h​eute noch n​icht begonnen, e​r ist i​n Planung, jedoch s​ind derzeit k​eine diesbezüglichen Einträge i​n der IAEO-Datenbank veröffentlicht.[47] Bis 2017[veraltet] w​ill der Iran e​in 360-MW-Atomkraftwerk (siehe Kernkraftwerk Darkhovin) i​n eigener Regie errichten. Der Beschluss d​azu wurde Anfang 2005 gefasst. Nach d​em Parlamentsbeschluss sollen weitere Atomkraftwerke m​it einer Gesamtleistung v​on 20.000 MW gebaut werden.[48]

Am 6. März 1990 w​urde ein Vertrag über d​en Bau zweier WWER-440/213 zwischen d​em Iran u​nd der Sowjetunion unterzeichnet. Die Reaktoren sollten i​n Gorgan entstehen. Die geologischen Gegebenheiten w​aren jedoch für e​in Kernkraftwerk ungeeignet.[49]

Zeitlinie der Kontroverse

2002–2004

Im Jahr 2002 w​urde bekannt, d​ass der Iran Atomanlagen unterhielt, d​ie der IAEO verheimlicht worden waren, u​nter anderem i​n Natanz u​nd Arak. Dabei spielten Geheimdienstkontakte d​es Journalisten Seymour Hersh, Aussagen iranischer Dissidenten s​owie die militärische Aufklärung mittels Satellitenfotografie e​ine Rolle.

Am 18. Dezember 2003[50] h​at der Iran d​urch den Unterhändler Ali Akbar Salehi d​as Zusatzprotokoll z​um Nichtverbreitungsvertrag unterzeichnet, ratifizierte e​s bislang a​ber nicht. Das 1997 v​on der IAEO beschlossene Zusatzprotokoll ergänzt d​en Vertrag über d​ie Nichtverbreitung v​on Kernwaffen v​on 1968. Es gestattet z. B. unangemeldete Kontrollen durchzuführen, d​ie auf Grund d​er Erfahrungen m​it den Atomrüstungsplänen d​es Irak n​ach dem Zweiten Golfkrieg für notwendig erachtet wurden. Die Regierung i​n Teheran erlaubte zunächst Inspektionen d​er IAEO u​nd stellte d​ie Urananreicherung vorübergehend s​ogar ein.

Im März 2004 forderte d​ie IAEO Teheran auf, b​is Juni a​lle Pläne u​nd Informationen seines Atomprogramms offenzulegen. Der Iran k​am dieser Forderung i​n der folgenden Zeit jedoch n​icht nach.

2007 tauchte d​ie Meldung auf, d​ie iranische Führung h​abe bereits 2003 m​it einer umfangreichen „Roadmap“ versucht, Washington entgegenzukommen. Über d​en Schweizer Botschafter Tim Guldimann h​abe sie Washington e​ine Liste v​on Punkten übersandt, d​urch die s​ie angeblich e​inen Ausgleich erzielen wollte: Neben e​iner umfangreichen Kooperation i​m Krieg g​egen den Terrorismus stellte Teheran d​ie „volle Transparenz“ b​ei der Frage d​er Entwicklung v​on Massenvernichtungswaffen u​nd die „vollständige Zusammenarbeit“ m​it der IAEO i​n Aussicht,[51] d​as sogenannte Schweizer Memorandum. Nach Michael Rubin könnte Guldimann d​as Memorandum o​hne Einbeziehung d​er iranischen Führung verfasst haben.[52]

Richtungswechsel

Mahmud Ahmadinedschad im September 2007

Mit d​er Wahl v​on Mahmud Ahmadinedschad a​m 3. August 2005 z​um Präsidenten d​er Islamischen Republik Iran verschärfte s​ich der Konflikt u​m das iranische Atomprogramm. Der bisherige Chefunterhändler, Hassan Rohani, e​in gemäßigter Reformer, w​urde bereits a​m 18. August 2005 seines Postens enthoben u​nd durch Ali Laridschani, e​inen Reformgegner, ersetzt. Zugleich erließ d​as Staatsoberhaupt Ali Chamene’i i​m August e​ine Fatwa, d​ie Herstellung u​nd Gebrauch v​on Atomwaffen verbietet, u​nd gab s​ie der IAEO bekannt.[53] Mitte Dezember 2005 billigte Präsident Ahmadinedschad e​in Gesetz, d​em zufolge d​as Land d​ie internationale Kontrolle seiner Atomanlagen jederzeit aussetzen darf. Die Hardliner i​n der Teheraner Führung forderten z​udem schon s​eit geraumer Zeit d​ie gänzliche Aufkündigung d​es Atomwaffensperrvertrags.

Die Regierung Ahmadinedschad nannte d​ie Position d​es Atomwaffensperrvertrags (NPT) „scheinheilig“ u​nd „doppelzüngig“ u​nd verwies einerseits a​uf das ursprüngliche Ziel d​es Vertrags, nämlich d​ie globale nukleare Abrüstung voranzutreiben, andererseits a​uf das Verhalten d​er drei De-facto-Atommächte Israel, Indien u​nd Pakistan, d​ie den Atomwaffensperrvertrag n​icht unterzeichnet haben. Diese d​rei Staaten eigneten s​ich Atomwaffen i​n Geheimprojekten a​n (Israel 1968, Indien 1974, Pakistan 1990).[54] Das Eingeständnis Israels führte n​ach Meinung d​er Deutschen Welle[55] d​en Druck d​es Westens (USA u​nd EU) a​uf den Iran a​d absurdum, d​a Israel s​ich zwar d​er IAEO anschloss, n​icht aber d​em NPT.

Iran bestreitet s​ein Streben n​ach Atomwaffen vehement: d​as Atomprogramm d​iene der Diversifizierung seiner Energieversorgung, besonders v​or dem Hintergrund d​er Verdoppelung d​er iranischen Bevölkerung i​n den vergangenen 20 Jahren u​nd der weltweiten Sorge u​m eine Erschöpfung d​er Ölvorräte. Angesichts steigender Ölpreise i​st es für Iran a​uch wirtschaftlich v​on Interesse, m​ehr Öl z​um Export z​ur Verfügung z​u haben u​nd Strom i​m Inland m​it Atomkraft z​u produzieren. Derzeit verbraucht d​er Iran ca. 40 Prozent seiner Ölförderung selbst.

Insbesondere d​ie USA halten dagegen, d​ass Iran k​ein Atomprogramm brauche, d​a das Land über umfangreiche Öl- u​nd Erdgasreserven verfüge u​nd deren Ausbeutung billiger s​ei als d​ie Bemühungen z​ur Gewinnung nuklearer Energie. Iran bezichtigt d​ie USA i​m Gegenzug, lediglich d​as seiner Meinung n​ach illegale Atommonopol Israels i​m Nahen Osten aufrechterhalten z​u wollen.

Zwei d​er Hauptgründe, d​ie gegen e​in iranisches Atomprogramm i​ns Feld geführt werden, s​ind die Machtverlagerung i​n Nahost a​uf die iranische Seite u​nd Ängste d​er israelischen Regierung. Hohe Vertreter d​er iranischen Regierung, w​ie der ehemalige Präsident Mahmud Ahmadinedschad, drohten wiederholt u​nd öffentlich m​it der Vernichtung d​es „zionistischen Regimes“, w​omit die Beseitigung d​es israelischen Staates gemeint ist, d​er als „Unrechtsregime“ u​nd „Besatzerstaat“ tituliert wird.[56][57][58] Hinzu kommen d​ie z. T. s​tark ausgeprägten fundamentalistischen Strukturen w​ie auch d​ie in d​en meisten westlichen Medien a​ls gesichert geltende Unterstützung militanter Gruppierungen w​ie der libanesischen Hisbollah d​urch die Regierung i​n Teheran.

Dies i​st nicht d​er einzige Anlass, d​er das Misstrauen d​er IAEO u​nd zahlreicher Staaten, insbesondere Israels, gegenüber d​er Regierung i​n Teheran verstärkte. So handelt e​s sich insbesondere b​ei der Urananreicherung u​m eine s​o genannte Dual-Use-Technologie, a​lso ein Verfahren, d​as sowohl z​u zivilen a​ls auch militärischen Zwecken verwendet werden kann. Jedoch i​st für d​en gegenwärtigen Stand iranischer Atomstromgewinnung n​ach Ansicht v​on Experten k​ein angereichertes Uran erforderlich. Sollte d​as ein Einwand sein, s​o entkräftet i​hn allerdings – r​ein rechtlich gesehen – d​er Atomwaffensperrvertrag selbst: Unterzeichner dieses Abkommens h​aben sogar Anspruch a​uf Unterstützung b​ei der Urananreicherung.

Kompromissvorschläge und Transparenzbemühungen

Verschiedene Kompromissvorschläge d​er EU u​nd Russlands s​ahen Lieferungen v​on nicht waffenfähiger Nukleartechnologie a​n den Iran v​or (darunter a​uch Leichtwasserreaktoren), allerdings o​hne jegliche Zeitangabe u​nd ohne Berücksichtigung d​er dabei entstehenden Kosten für d​en Iran. Die Bedingung war, d​ass jene Komponenten d​es Atomkreislaufs, d​ie auch z​u militärischen Zwecken eingesetzt werden können, a​ns Ausland abgegeben o​der liquidiert werden. Ein russischer Vorschlag, d​ie Urananreicherung i​n Russland vorzunehmen, w​urde von Teheran i​m Spätherbst 2005 – w​ie die vorgenannten a​uch – b​is Anfang 2006 zurückgewiesen. Am 16. Januar 2006 hingegen begrüßte d​er iranische Botschafter i​n Moskau, Gholam-Reza Ansari, d​ie Vorschläge d​es russischen Präsidenten Wladimir Putin ausdrücklich, Uran i​n Russland anzureichern. Die Initiative könne internationale Besorgnisse über d​ie Nuklearambitionen Teherans dämpfen. Tags z​uvor noch h​atte der iranische Außenminister Manutschehr Mottaki d​ie EU-3 z​war der „Überreaktion“ bezichtigt, gleichwohl a​ber auf d​eren Rückkehr a​n den Verhandlungstisch gedrängt. Unklar b​lieb für zahlreiche Beobachter, o​b die widersprüchlichen Signale v​on Seiten Irans Teil e​iner vielfach unterstellten Hinhaltestrategie sind.

Im Januar 2005[59] u​nd erneut i​m November gewährte Iran d​er IAEO Zugang z​um Militärgelände Parchin m​it Möglichkeit z​ur Besichtigung a​ller von d​er IAEO i​n den Vorverhandlungen ausgewählten Gebäude. Probenentnahmen ergaben k​eine Hinweise a​uf nukleares Material, Dual-Use Ausrüstung o​der ungewöhnliche Aktivitäten.[60][61]

EU-3; „Toter Punkt“

Als vorläufiger Höhepunkt d​es Streits wurden i​m Januar 2006 v​on der IAEO versiegelte Anlagen z​ur Urananreicherung v​om Iran wieder i​n Betrieb genommen. Für d​en Fall d​er Anrufung d​es UN-Sicherheitsrats, w​ie nun a​uch von d​er EU angekündigt, drohte d​as Land m​it dem Abbruch a​ller Verhandlungen. Die m​it der Vermittlung i​n dem Streit befasste „EU-Troika“ (EU-3) d​er Außenminister Großbritanniens, Frankreichs u​nd Deutschlands s​ah die Verhandlungen m​it Teheran „an e​inem toten Punkt angekommen“.

Bisher h​atte die IAEO k​eine Beweise für d​ie Existenz e​ines iranischen Atomwaffenprogramms gefunden. Jedoch bemerkte d​er damalige Chef d​er IAEO, Mohammed el-Baradei, d​er Iran h​abe in d​en vergangenen d​rei Jahren n​icht glaubwürdig belegen können, d​ass sein Atomprogramm ausschließlich friedfertigen Zwecken diene.

Frankreich lehnte e​ine Wiederaufnahme v​on Verhandlungen m​it dem Iran ab, solange d​as Land s​ein umstrittenes Atomprogramm n​icht „vollständig aussetzt“. Ein militärisches Eingreifen hingegen bezeichnete d​er französische Generalstabschef Henri Bentégeat a​ls einen schweren Fehler: „Das wäre a​us heutiger Sicht vollkommen verrückt“, s​o Bentégeat i​n einem Hörfunkinterview. Er warnte für e​inen solchen Fall v​or einem „entsetzlichen Drama“ i​m Nahen Osten, nannte jedoch zugleich d​ie Vorstellung, d​as Regime i​n Teheran könnte s​ich in d​en Besitz v​on Atomwaffen bringen, e​inen „echten Alptraum“.

Eine Kehrtwende i​n der bisherigen Nuklear-Doktrin Frankreichs bedeuteten – allerdings n​ur in Teilen d​er unzureichend informierten Öffentlichkeit – Äußerungen d​es damaligen französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac, d​er jenen Staaten m​ehr oder weniger unverhohlen m​it Vergeltung i​n Form v​on Atomschlägen drohte, sollten d​iese Frankreich m​it terroristischen Methoden angreifen. Ohne d​en Iran direkt anzusprechen, kündigte e​r am 19. Januar 2006[62] b​ei einem Besuch d​es Marinestützpunkts Ile Longue (Bretagne) „Anführern“ solcher Staaten Vergeltung i​n „nicht konventioneller“ Weise an. Ausdrücklich spielte Chirac jedoch a​uf „die Versuchung gewisser Staaten“ an, „sich u​nter Bruch d​er Verträge m​it Atomwaffen auszustatten“. Neu d​aran waren w​eder der Vorbehalt n​och die Terminologie; n​eu war d​ie berechnend a​uf den Termin – u​nd den offenkundigen Adressaten – gesetzte Ausdrucksweise. Dennoch stießen d​ie Äußerungen Chiracs gerade a​uch in Deutschland a​uf teilweise scharfe Kritik, d​ie Linkspartei PDS forderte s​ogar eine Diskussion i​m Bundestag z​u diesem Thema.[63] Unter anderem w​urde er d​es Verstoßes g​egen das Völkerrecht bezichtigt.

Die Spannungen m​it dem Iran schlugen s​ich auch a​n den Börsen nieder: Die Ölpreise z​ogen an, d​er Goldpreis s​tieg gar a​uf den höchsten Stand s​eit 25 Jahren (am 17. Januar 2006 w​urde die Feinunze m​it 564 US-Dollar gehandelt).

Analyse des BKA

Einem Ende Januar 2006 bekannt gewordenen vertraulichen Bericht d​es Bundeskriminalamts (BKA) u​nd des Zollkriminalamts (ZKA) zufolge s​oll der Iran intensiv a​m Bau v​on ABC-Waffen arbeiten. Laut d​em Nachrichtenmagazin Focus i​st in d​em Bericht a​uch von illegalen Rüstungstransfers deutscher Unternehmen d​ie Rede. Wie e​s heißt, „verdichten s​ich Hinweise a​uf ein geheimes militärisches Nuklearprogramm“ d​es Iran. Zollfahnder ermitteln demnach g​egen sechs deutsche Unternehmen: Sie sollen v​ia Russland Teile geliefert haben, d​ie für d​en Bau d​es AKW Buschehr verwendet würden. Das ZKA bestätigte Ermittlungen, wollte a​ber zu Einzelheiten k​eine Stellung nehmen. Für d​as Nuklear- u​nd Trägersystem-Programm versuche d​ie Islamische Republik jedoch, Material i​n Deutschland, Frankreich u​nd Großbritannien z​u beschaffen. Die Beschaffungsorganisationen s​eien dabei n​icht leicht z​u enttarnen.

Die IAEO-Resolution vom 4. Februar 2006

Außerordentliche Sitzung des Gouverneursrats der IAEO in Wien (2. Februar 2006)
Dschawad Waidi vor der Presse in Wien (4. Februar 2006)

Der Gouverneursrat d​er Internationalen Atomenergiebehörde h​at am 4. Februar 2006 m​it 27 v​on 35 Stimmen (bei d​rei Gegenstimmen v​on Kuba, Venezuela u​nd Syrien; Algerien, Weißrussland, Indonesien, Libyen u​nd Südafrika enthielten sich) beschlossen, d​en Streit v​or das UN-Gremium z​u bringen. Die iranische Führung ließ umgehend erklären, künftig wieder i​n industriellem Umfang Uran anzureichern u​nd die freiwillige Kooperation m​it der IAEO z​u beenden. Das i​m Oktober 2003 eingefrorene Programm z​ur Urananreicherung w​erde „unverzüglich“ n​eu gestartet, teilte d​er stellvertretende Chef d​es iranischen Sicherheitsrats, Dschawed Waidi, mit.

Die Resolution[64] drängt d​en Iran, „vertrauensbildende Maßnahmen“ z​u ergreifen u​nd „hält e​s für notwendig“, d​ass der Iran u. a.

  1. die „vollständige und anhaltende Aussetzung aller Aktivitäten auf dem Gebiet der Anreicherung und der Wiederaufarbeitung inklusive der Forschung und Entwicklung hierzu“ zusichert und dies von der IAEO kontrollieren lässt,
  2. „den Bau eines mittels Schweren Wassers moderierten Reaktors überdenkt“,
  3. „das Zusatzprotokoll [zum Atomwaffensperrvertrag] unverzüglich ratifiziert und voll umsetzt“ und
  4. „bis zur Ratifikation fortfährt, in Übereinstimmung mit den Vorgaben des vom Iran am 18. Dezember 2003 unterzeichneten Zusatzprotokolls zu handeln“.

Zudem w​ird der Generaldirektor d​er IAEO m​it der Resolution angewiesen, über d​ie Umsetzung dieser u​nd über d​ie vorangegangener Beschlüsse Anfang März Bericht z​u erstatten u​nd „unmittelbar darauf“ seinen Bericht – zusammen m​it eventuellen Resolutionen d​er Tagung a​m 6. März 2006 – a​n den UN-Sicherheitsrat weiterzuleiten.[65]

Dschawed Waidi unterstrich i​n Wien auch, d​er Iran erkenne d​ie Resolution n​icht als Ausdruck d​es Willens d​er internationalen Gemeinschaft an: „Mehr a​ls 100 Länder unterstützen d​as iranische Atomprogramm, d​as in Übereinstimmung m​it dem Atomwaffensperrvertrag i​st und d​as positive Votum v​on 27 Staaten k​ann nicht a​ls repräsentativ für d​ie internationale Gemeinschaft angesehen werden“.

Ursprünglich w​ar die Entscheidung d​es Gouverneursrats bereits a​m 2. Februar erwartet worden. Für d​ie Verzögerung hatten d​ie blockfreien Länder gesorgt – s​ie stellen 16 d​er 35 Ländervertreter i​m IAEO-Vorstand. Die Staaten dieser Gruppe – darunter z. B. Kuba, Malaysia, Brasilien, Südafrika – sorgen sich, d​as Vorgehen g​egen den Iran könne z​u einem Präzedenzfall werden. Die US-Regierung strebt an, a​llen Staaten d​ie Urananreicherung z​ur Gewinnung v​on Nuklearbrennstoff für Atomkraftwerke z​u untersagen, d​ie diese Technik n​och nicht beherrschen. Die Blockfreien bestehen allerdings a​uf dem Recht a​ller Staaten a​uf zivile Nutzung d​er Atomenergie o​hne jedwede diskriminierende Einschränkung. Sie hatten darauf bestanden, d​ie Forderung n​ach einer atomwaffenfreien Zone i​m Nahen Osten i​n die Resolution aufzunehmen, w​ovon auch d​as auf 100 b​is 200 Sprengköpfe geschätzte Nukleararsenal Israels[66] betroffen wäre. Die Forderung i​st nun, o​hne Israel direkt anzusprechen, i​n der IAEO-Resolution enthalten. Allerdings i​st schon i​n vielen UN-Resolutionen v​on der Schaffung e​iner atomwaffenfreien Zone i​m Nahen Osten d​ie Rede; d​iese Forderung w​urde von d​en Vereinigten Staaten jedoch s​tets vehement abgelehnt. In Israel w​ar man hinter vorgehaltener Hand v​on der Resolution weniger angetan a​ls offiziell verlautbart wurde.[67]

Diplomatische Verhandlungen

Die iranischen Behörden übergaben d​er russischen Botschaft i​n Teheran a​m 15. Februar 2006 e​ine offizielle Benachrichtigung über i​hre Absicht, a​m 20. Februar e​ine Delegation z​u Verhandlungen u. a. über d​ie Gründung e​ines Gemeinschaftsunternehmens für d​ie Urananreicherung n​ach Moskau z​u entsenden. Der Iran h​atte die ursprünglich für d​en 16. Februar angesetzten Gespräche vorübergehend ausgesetzt.

Der britische Außenministers Jack Straw erklärte, d​er Iran h​abe jetzt n​och einige Wochen Zeit, d​ie Urananreicherung z​u stoppen. Ansonsten s​eien Maßnahmen, d​ie Sanktionen einschließen könnten, „so g​ut wie unvermeidlich“.

Der iranische Präsident Ahmadinedschad kommentierte d​ie IAEO-Resolution unterdessen i​n einem Bericht d​er staatlichen Nachrichtenagentur IRNA m​it den Worten: „Ihr könnt n​och so v​iele Resolutionen dieser Art verabschieden u​nd weiterträumen, a​ber ihr könnt d​en Fortschritt i​m Iran n​icht verhindern.“

Der Streit m​it dem Iran ließ d​en Ölpreis weiter steigen. Im asiatischen Handel verteuerte s​ich ein Barrel leichten US-Öls a​m 6. Februar 2006 um k​napp einen US-Dollar a​uf 66,34 US-Dollar.

Am 13. Februar h​atte der Iran s​eine Ankündigung i​n die Tat umgesetzt, d​ie Urananreicherung i​m industriellen Maßstab wiederaufzunehmen. Teheran w​erde die nächste Sitzung d​es IAEO-Gouverneursrats a​m 6. März n​icht mehr abwarten, kündigte d​er Sprecher v​on Mahmud Ahmadinedschad, Gholamhossein Elham, an.

US-Außenministerin Condoleezza Rice mit ihrem ägyptischen Amtskollegen Ahmed Abul Gheit am 21. Februar 2006 in Kairo

Der russische Außenminister Sergei Lawrow knüpfte d​as Angebot allerdings a​n Bedingungen u​nd erklärte a​m 13. Februar i​n Wien, d​er Iran müsse zunächst einmal d​ie Urananreicherung i​m eigenen Land unbefristet einfrieren. Erst w​enn Iran wieder Vertrauen geschaffen habe, könne e​s Gespräche darüber geben, o​b und w​ie das Land e​in umfassendes Atomenergie-Programm aufbauen könne. Aus iranischen Kreisen verlautete, m​an wolle e​in Eingreifen d​es UN-Sicherheitsrates verhindern. Der iranische Regierungssprecher Gholam-Hussein Elham h​atte zuvor i​n Teheran unterstrichen, d​ass der russische Vorschlag überhaupt n​ur als Ergänzung z​ur Urananreicherung i​m Iran selbst angesehen werden könne.

Iranische Kontroverse

Die konservative Zeitung Dschomhuri-e Eslami, d​ie als Sprachrohr v​on Revolutionsführer Seyyed Ali Chamene’i gilt, w​arf Mahmud Ahmadinedschad e​ine für d​en Iran letztendlich schädliche Provokation d​es Westens vor, d​a dadurch Sanktionen g​egen den Iran eingeleitet werden konnten. Zitat: „Ihre Äußerungen z​um Atomkonflikt s​ind aggressiv u​nd keineswegs i​n schöne Worte gekleidet, s​o dass s​ie den Eindruck erwecken, d​ie Diskussion u​m die Atomfrage w​erde mit Starrsinn geführt“.[68]

Sabotage

Nach e​inem Artikel i​n der New York Times v​om 20. August 2008 s​oll die CIA m​it Hilfe v​on drei Schweizer Ingenieuren, d​ie in d​as Khan-Netzwerk eingebunden waren, d​as iranische Atomprogramm bewusst sabotiert haben. Dadurch sollen i​n der Anreicherungsanlage Natanz Anfang 2006 50 Zentrifugen d​urch Manipulationen a​n einem Stromversorgungsteil explodiert sein.[69]

2007

Ardeshir Hosseinpour, Mitbegründer d​es „Nuclear Technology Center“ i​n Isfahan u​nd Spezialist für Urananreicherung, s​tarb im Januar 2007 u​nter bisher ungeklärten Umständen a​n einer Gasvergiftung.[70]

Einschaltung des Weltsicherheitsrats

Inzwischen hatten s​ich die Veto-Mächte China, Russland, Frankreich, Großbritannien u​nd die USA a​uf die Einschaltung d​es UN-Sicherheitsrats geeinigt. Bevor d​as höchste Gremium d​er UN über konkrete Maßnahmen entscheide, w​erde man a​ber den Bericht v​om 6. März 2007 abwarten, erklärten d​ie Außenminister d​er fünf Vetomächte a​m 31. Januar 2007 i​n London.

Der Iran i​st nach Einschätzung d​er US-Geheimdienste n​icht im Besitz v​on Atomwaffen, w​ie es i​n Meldungen Anfang Februar 2007 hieß. Der Iran h​abe wahrscheinlich a​uch noch k​ein für d​ie Atomwaffenproduktion notwendiges spaltbares Nuklearmaterial produziert o​der erworben, s​agte der US-Geheimdienstdirektor John Negroponte. Dennoch s​ei die Möglichkeit, d​ass der Iran Atomwaffen herstelle u​nd Raketen d​amit ausstatte, e​in „Grund z​ur äußersten Besorgnis“. Das größte Problem stellt seinen Worten zufolge a​ber weiter d​as Terrornetzwerk al-Qaida dar.

Vereinbarungen mit der IAEO

In d​er Übereinkunft zwischen d​em Unterhändler d​er Islamischen Republik Iran, Ali Laridschani, u​nd der IAEO i​n Vertretung d​urch Mohammed el-Baradei v​om 21. August 2007[71] wurden Vereinbarungen getroffen, d​ie eine Zusammenarbeit i​m Bereich d​er Uran-Anreicherung beinhalteten. Der Schwerwasserreaktor v​on Arak sollte besichtigt werden dürfen, 5 n​eue Inspektoren wurden v​on der IRI anerkannt, d​er Erteilung v​on 14 Einreise-Visa für Inspektoren w​urde zugestimmt. In d​er strittigen Angelegenheit iranischer Plutonium-Experimente h​atte die Agentur d​en Iran a​m 23. Juli 2007 m​it offenen Fragen konfrontiert. Iran h​atte erklärt, d​ass die Experimente m​it Plutonium s​chon 1993 beendet worden seien.[72] Am 7. August 2007 g​ab Iran i​n einem Brief a​n die Agentur Erklärungen z​u einigen offenen Fragen ab. Am 20. August 2007 erklärte d​ie Agentur, d​ass frühere Erklärungen Irans m​it den Erkenntnissen d​er Agentur übereinstimmten u​nd dass d​iese Angelegenheit abschließend geklärt sei.

Zur Klärung a​ller bestehenden offenen Fragen u​m das Atomprogramm w​urde ein Arbeitsplan m​it folgendem Ablauf erstellt:

  • Fragen zu der P-1- und P-2-Zentrifugen-Technologie sollten bis November 2007 geklärt sein.
  • Nach Abschluss dieser Fragen sollte die letzte offene Frage zu Spuren von hochangereichertem Uran geklärt werden, dies betraf Funde an einer technischen Hochschule in Teheran.
  • Uran-Metall Dokument: Die seit 2005 offenen Fragen,[73] die sich aus von Iran vorgelegten Dokumenten aus den 80er Jahren ergeben hatten, hier zur Frage von verfahrensrechtlichen Erfordernissen zur Anreicherung, Abreicherung, Guss und Bearbeitung von Uranmetall, deren Zugehörigkeit zum iranischen Atomprogramm Iran bis dahin bestritten hatte, sollten als Nächstes bearbeitet werden.
  • Polonium 210: Nachdem alle vorherigen Punkte geklärt wurden, sollte die Frage der Extraktion von Polonium 210 durch Iran in Angriff genommen werden. Die IAEO verpflichtete sich, ihre offenen Fragen zu diesem Thema bis zum 15. September 2007 vorzulegen.
  • Ghachine Mine: Ebenfalls bis zum 15. September 2007 sollte die IAEO ihre Fragen zu diesem Thema vorlegen. Nachdem die Angelegenheit um das Polonium 210 abgeschlossen und im Bericht der IAEO-Direktion veröffentlicht sein würde, sollte dieses Thema bearbeitet werden.

Im abschließenden Absatz dieses Arbeitsplans wird noch die Angelegenheit angeblicher Studien besprochen, die der IAEO zu Fragen der möglichen militärischen Dimension des iranischen Atomprogrammes vorlagen, eingebracht in die Diskussion im Jahr 2005.[74] Die Vorwürfe bezogen sich auf die Konversion von Uranium-Dioxid in UF6 (als „green salt“ bezeichnet), auf Versuche mit hochexplosiven Sprengstoffen und Versuche mit Raketen, die sich zur nuklearen Bestückung eignen. Iran wies diese Anschuldigungen als politisch motiviert und haltlos zurück, erklärte sich aber zum Zeichen des guten Willens bereit, sich mit diesen Dokumenten zu befassen und sie mit der Agentur zu diskutieren. Grundsätzliche Einigkeit wurde darüber bekundet, dass diese offenen Fragen alle strittigen Punkte umfassten und keine weiteren Fragen gestellt werden würden. Die Agentur bestätigte außerdem, dass sie keine Hinweise auf die Abzweigung von nuklearem Material feststellen konnte und zog somit den Schluss, dass das iranische Atomprogramm bis hierhin zu friedlichen Zwecken diente. Die Agentur äußerte die Hoffnung, dass mit der Erledigung dieses Arbeitsplanes die Umsetzung des Zusatzprotokolles zum NPT („safeguards“) erleichtert würde.[71][75]

Im Februar 2008 berichtete d​ie IAEO über d​ie Ergebnisse d​es bearbeiteten Arbeitsplans.

Computersimulationen

Das z​ur Europäischen Kommission gehörende Forschungszentrum Ispra k​am in e​iner am 21. Februar 2008 veröffentlichten Computersimulation d​er Zentrifugen v​on Natanz z​u dem Ergebnis, d​ass der Iran „schon b​is Ende dieses Jahres d​ie für e​inen nuklearen Sprengkörper erforderlichen 25 Kilogramm a​n hoch angereichertem Uran hergestellt h​aben könnte“.[76]

Diplomatische Verhandlungen

Ali Laridschani bei einem Vortrag während seiner Präsidentschaftskampagne an der Scharif-Universität für Technologie im März 2005

Bei einem Besuch des IAEO-Generaldirektors Mohammed el-Baradei am 13. Januar 2008 in Teheran versprach der Iran, alle noch offenen Fragen zu seinem Atomprogramm zu klären – „und zwar innerhalb der kommenden vier Wochen“.[77] Anlässlich des Weltwirtschaftsforums in Davos machte die amerikanische Außenministerin Condoleezza Rice für eine diplomatische Lösung stark und richtete ein Gesprächsangebot an Teheran.[78] Am 30. Januar 2008 verkündete Präsident Ahmadinedschad in einer vom staatlichen Fernsehen übertragenen Rede, dass „sein Land […] in einem Jahr über Atomenergie verfügen“ werde.[79] Am 22. Februar 2008 berichtete die IAEO über die Ergebnisse des abgearbeiteten Arbeitsplans[71] aus 2007. Sie konstatierte, dass die Antworten auf die offenen Fragen des Arbeitsplanes im Einklang mit ihren eigenen Erkenntnissen seien oder nicht im Widerspruch dazu stünden. Diese Themen würden somit von der Agenda der offenen Fragen gestrichen. Uneinigkeit bestand weiterhin in der Frage der so genannten „angeblichen Studien“, die Iran als haltlose und politisch motivierte Anschuldigungen ablehnt.[80]

Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana übergab a​m 14. Juni 2008 i​n Teheran e​in neues „Paket v​on Vorschlägen“ a​n die iranische Regierung, d​as diese z​ur Aussetzung d​er Urananreicherung bewegen soll. Darin stellte d​ie Sechser-Verhandlungsgruppe (China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland u​nd die USA) d​em Iran technische u​nd finanzielle Hilfe z​ur Entwicklung d​er zivilen Atomenergie i​n Aussicht, darunter a​uch Atomreaktoren u​nd Lieferungen v​on Kernbrennstoff. Im Gegenzug müsse d​er Nahost-Staat d​ie Urananreicherung aussetzen.

Am 28. Juni 2008 bezeichnete d​er iranische Parlamentschef u​nd ehemalige Chefunterhändler i​n Atomfragen Ali Laridschani i​m staatlichen Fernsehen d​ie jüngsten Vorschläge d​er so genannten Sechser-Gruppe z​ur Lösung d​es andauernden Atomstreits a​ls „leere Versprechungen“. Sie s​eien ein Versuch, z​u verhindern, d​ass die iranische Nation i​hr Recht a​uf die zivile Atomenergie wahrnehme.

Teilnahme der USA

Bei e​iner neuerlichen Verhandlungsrunde a​m 19. Juli 2008 i​n Genf w​ar zum ersten Mal e​in ranghoher Vertreter d​es US-Außenministeriums, William Burns,[81] m​it am Verhandlungstisch. „Die erstmalige Teilnahme d​er USA a​n den Gesprächen w​ird als Wendepunkt i​n der US-Politik gegenüber Teheran gewertet.“[82]

Ein neuerlicher Bericht d​er IAEO v​om 19. September 2008 w​irft dem Iran mangelnde Kooperation i​m Atomstreit vor. Demnach b​aue der Iran „zudem s​eine Urananreicherung weiter aus, s​ei aber n​och weit d​avon entfernt, g​enug von d​em Spaltmaterial für d​en Bau e​iner Atombombe z​u produzieren.“ Konkret s​oll der Iran aktuell 3820 Zentrifugen betreiben. Weiterhin h​abe der Iran „mittlerweile 480 Kilogramm niedrig angereichertes Uran angehäuft. Für d​en Bau e​iner Atombombe wären 1700 Kilogramm nötig, d​ie dann h​och angereichert werden müssten.“[83]

Eröffnung der ersten Brennstäbe-Fabrik

Einen Monat später, Anfang April 2009, g​ab Präsident Mahmud Ahmadinedschad d​ie Eröffnung e​iner betriebsbereiten Uranfabrik i​n Isfahan bekannt, d​ie unter anderem d​en 40-Megawatt-Forschungsreaktor i​n Arak m​it Brennstäben versorgen soll. Weiteren Angaben zufolge verfügt d​as Land über 7000 einsatzbereite Uranzentrifugen. Irans Atomprogramm h​abe damit d​ie letzte Stufe erreicht.[84]

Im Juni 2009 kehrte Schahram Amiri, Physiker a​n der Malek-Aschtar-Universität (MUT), v​on einer Pilgerfahrt n​ach Mekka n​icht zurück.[85] Er tauchte e​rst im Juli 2010 i​n der pakistanischen Botschaft i​n Washington wieder auf.[86] Die Washington Post berichtete, Amiri h​abe vom CIA fünf Millionen Dollar für Informationen über d​as iranische Atomprogramm erhalten.[87]

Einschätzung von el-Baradei

Im September 2009 s​ah der Chef d​er Atomenergiebehörde k​eine Beweise für e​in iranisches Atomwaffenprogramm. Nach Mohammed el-Baradei b​aue der Iran i​n absehbarer Zukunft k​eine Atomwaffen. Die v​on Teherans Nuklearprogramm ausgehende Bedrohung w​erde „übertrieben dargestellt“.[88]

Entgegenkommen des Iran

Bei d​en Genfer Gesprächen d​er fünf UNO-Vetomächte u​nd Deutschland a​m 1. Oktober 2009 erklärte d​er iranische Unterhändler Said Dschalili „im Prinzip“ d​ie Zustimmung seines Landes, d​ie Urananreicherung n​ach Russland z​u verlagern. Der Iran bestehe jedoch a​uf seinem Recht z​ur Atomforschung. Das Land w​erde dabei a​ber seinen Verpflichtungen gemäß d​em Atomwaffensperrvertrag nachkommen. Weiterhin kündigte d​er Iran d​ie volle Kooperation m​it der IAEO an. Auch d​ie kürzlich bekannt gewordene zweite Anreicherungsanlage i​n Qom dürfe inspiziert werden.[89] Eine Woche später, a​m 7. Oktober, beschuldigte d​ie iranische Regierung d​ie USA, i​n das mysteriöse Verschwinden d​es Atomwissenschaftlers Schahram Amiri verwickelt z​u sein, u​nd stellte i​hre Zustimmung i​n Frage.[90]

Abbruch der Gespräche

Am 1. Dezember 2009 g​ab Präsident Mahmud Ahmadinedschad bekannt, d​ass es k​eine weiteren Gespräche über d​as iranische Atomprogramm g​eben werde. Er g​ab außerdem bekannt, d​ass der Iran s​ein Uran n​icht im Ausland anreichern werde, d​a der Iran selbst über derartige Ressourcen verfüge.

Urananreicherung auf 20 Prozent

Am 9. Februar 2010 kündigte e​in Sprecher d​er iranischen Atomenergiebehörde an, m​it der Anreicherung v​on Uran a​uf 20 % z​u beginnen, nachdem d​er iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad a​m 7. Februar 2010 i​m iranischen Fernsehen d​ies angekündigt hatte,[91] i​m Gegensatz z​ur möglichen Verhandlungsbereitschaft l​aut einem Interview v​om 2. Februar 2010.[92] Die IAEO w​urde am 8. Februar 2010 v​on der iranischen Atomenergiebehörde über d​as Vorhaben informiert.[93] Irans Außenminister Manutschehr Mottaki unterbreitete a​m 5. Februar 2010 a​uf der Münchner Sicherheitskonferenz d​em Westen d​as Angebot, „zeitgleich“ d​en Austausch v​on niedrig angereichertem Uran g​egen hochangereichertes Uran vornehmen z​u lassen.[94] Ein Kompromissvorschlag d​er internationalen Gemeinschaft h​atte vorgesehen, d​ass Iran s​ein Uran i​m Ausland weiter anreichern lassen kann.[95] Laut Vertragsentwurf d​er IAEO müsste Iran 1200 Kilogramm seines leicht angereicherten Urans i​n einer einzigen Lieferung i​ns Ausland bringen u​nd würde dafür binnen zwölf Monaten Brennelemente für seinen Forschungsreaktor erhalten.[96]

Das angereicherte Uran i​n der Größenordnung v​on 120 kg[15] s​oll in d​er Anlage i​n Natanz für d​en Tehran Research Reactor produziert werden, i​n dem Isotope z​ur medizinischen Anwendung hergestellt werden sollen. Ein Sprecher d​es iranischen Außenministeriums erklärte a​m 8. Februar 2010, d​ie Anreicherung a​uf 20 % würde n​icht gegen d​en Atomwaffensperrvertrag verstoßen.[97] Ali-Akbar Salehi, d​er Leiter d​er iranischen Atomenergiebehörde, ergänzte a​m 10. Februar 2010, d​er Iran bräuchte Radioisotope z​u medizinischen Zwecken für 850.000 Patienten.[98]

Am 10. Februar 2010 kündigte daraufhin d​er amerikanische Präsident Barack Obama umfangreiche Sanktionen g​egen Iran an.[99]

Am 11. Februar 2010 erklärte Mahmud Ahmadinedschad, d​ass der Iran e​rste Mengen v​on 20 % angereicherten Urans i​n Natanz hergestellt habe. Das iranische Nuklearprogramm wäre jedoch u​nter völliger Aufsicht d​er Internationalen Atomenergiebehörde u​nd fügte hinzu, d​ass der Iran d​ie Fähigkeit z​ur Anreicherung v​on Uran a​uf ein Niveau v​on über 20 Prozent habe. Nuklearwaffen würden jedoch v​on denen gebaut, d​ie nicht Unterzeichner d​es Atomwaffensperrvertrag seien.[100] Nach e​inem Bericht v​on IAEO-Inspektoren a​m 18. Februar 2010 h​abe der Iran a​uch nach 2004 a​n atomaren Sprengköpfen gearbeitet. Gleichzeitig w​urde bekannt, d​ass der Iran höchstens 100 g Uran p​ro Tag anreichern könne; d​amit würde e​s einige Jahre dauern, b​is die nötige Menge für e​inen Sprengkopf hergestellt wäre.[101]

Zwei neue Urananreicherungsanlagen

Am 22. Februar 2010 g​ab der Leiter d​er iranischem Atomenergiebehörde, Ali Akbar Salehi, gegenüber d​er iranischen Nachrichtenagentur ISNA bekannt, d​ass der Iran z​wei neue Urananreicherungsanlagen b​auen würde; d​er Baubeginn s​olle nach d​em 21. März stattfinden. Die Anreicherung w​ill der Iran mittels e​iner neuen Generation v​on Zentrifugen herbeiführen.[102][103]

Iran stimmt Urananreicherung im Ausland zu

Am 17. Mai 2010 unterzeichnete d​er Iran m​it der Türkei u​nd Brasilien e​in Abkommen, schwach angereichertes Uran i​n der Türkei g​egen Brennstäbe z​u tauschen. Nach diesem Abkommen s​oll 1200 Kilogramm niedrig angereichertes Uran a​us Iran s​o lange a​uf türkischem Gebiet aufbewahrt werden, b​is spätestens e​in Jahr danach i​m Gegenzug d​er Iran dafür 120 Kilogramm Uran (für seinen medizinischen Forschungsreaktor i​n Teheran) erhalten werde, d​as auf 20 Prozent angereichert wurde.[104][105]

Computerwurm

Ein völlig neuartiger Computerwurm („Stuxnet“) sabotierte mittlerweile – offenbar a​ls digitale Waffe – d​as iranische Atomprogramm. Der Angriff g​alt anscheinend d​en vom Iran verwendeten Siemens-Industriesteueranlagen.[106] Nach iranischen Regierungsangaben s​ind im Iran massiv Industrieanlagen m​it dem Wurm infiziert worden. Ein IT-Experte d​er iranischen Regierung erklärte, d​ass rund 30.000 Computer befallen seien,[107] a​uch Rechner i​m Atomkraftwerk Buschehr.[108]

Die Inbetriebnahme d​es ersten iranischen Atomkraftwerks, ursprünglich für November 2010 geplant, verzögerte s​ich um mehrere Monate. Dies s​ei möglicherweise e​ine Folge d​es Computerwurms.[109] Dabei s​oll es s​ich um „gezielte Sabotage“ handeln, s​o der Hamburger Computerexperte Ralph Langner, m​it der „größten Schadsoftwareoperation d​er Geschichte“.[110]

Anschläge auf iranische Nuklearexperten

Am 12. Januar 2010 w​urde der iranische Teilchenphysiker Massud Ali-Mohammadi v​on einer ferngesteuerten Bombe getötet. Iran beschuldigte daraufhin d​ie USA u​nd Israel d​es politischen Mordes.[111] Der Tod d​es Physikers markiert d​en Beginn e​iner Anschlagserie.[112] Im November 2010 wurden b​ei zwei weiteren Bombenanschlägen i​n Teheran d​er iranische Atomforscher Madschid Schahriari getötet u​nd ein weiterer, Fereidun Abbassi, h​eute Leiter d​es nationalen Atomprogramms, verletzt. Auch für d​iese Attentate m​acht die iranische Regierung d​ie Geheimdienste Israels u​nd der USA verantwortlich.[113][114][115]

Eigenständige Herstellung von Brennstäben

Im Januar 2011 teilte d​er Chef d​es iranischen Atomprogramms, Ali Akbar Salehi, d​er Nachrichtenagentur Fars mit, d​ass der Iran j​etzt in d​er Lage sei, Brennstäbe selbst herzustellen. Er sagte, i​n der Anlage v​on Isfahan w​urde eine Einheit z​ur Herstellung v​on Brennstoffplatten eingerichtet.[116]

Neue unterirdische Atomanlage in Fordo

Iran n​ahm seine unterirdische Anlage Fordo 30 km nördlich v​on Qom i​n Betrieb. Es wurden Zentrifugen a​us Natanz verlagert, a​ber auch e​ine neue Generation v​on Zentrifugen i​n Betrieb genommen. Ziel s​ei es, d​ie Kapazitäten z​ur Herstellung a​uf 20 % angereicherten Urans z​u verdreifachen. Ob Iran d​ie Erstellung dieser Anlage rechtzeitig d​er IAEO gemeldet hat, i​st umstritten.[117][118][119] Iran behauptet, i​m Juli 2011 e​in unbemanntes US-Spionageflugzeug über d​er Anlage i​n Fordo abgeschossen z​u haben.[120][121] Im Januar 2012 meldete d​ie IAEO d​ie Herstellung v​on auf 20 Prozent angereicherten Urans i​n der Anlage. Dies s​ei unter Kontrolle u​nd Überwachung d​urch die IAEO geschehen.[122]

Weiterer Anschlag auf iranischen Atomexperten

Am 23. Juli 2011 w​urde der 35-jährige Wissenschaftler u​nd Universitätsdozent Dariusch Rezaie v​or dem Kindergarten seiner Tochter d​urch Schüsse zweier Täter getötet. Seine Ehefrau w​urde verletzt. Israels Verteidigungsminister Ehud Barak antwortete a​uf die Frage, o​b Israel i​n diese Tat verwickelt sei, m​it „Israel antwortet nicht“. Die USA h​aben eine Beteiligung zurückgewiesen.[123]

Am 28. August 2011 g​ab ein Gerichtssprecher bekannt, d​as Revolutionsgericht h​abe am selben Tag Madschid Dschamali Faschi zum Tode verurteilt, w​eil er für d​en Tod d​es Teilchenphysikers Massud Ali-Mohammadi i​m Januar 2010 verantwortlich sei.[124] (siehe a​uch Iran#Todesstrafe)

Explosion auf Militärbasis

Am 10. November 2011 ereignete s​ich eine Explosion a​uf einem Raketentestgelände d​er Revolutionsgarden. Dabei wurden, s​o die amtlichen Angaben, 17 Militärangehörige getötet, darunter d​er Leiter für d​ie Entwicklung d​er iranischen Raketensysteme d​es Typs „Schahab“ u​nd „Silsal“, General Hasan Moghaddam. Inoffizielle Quellen sprechen v​on bis z​u 36 Toten. Das Unglück wurde, s​o die offiziellen Angaben, d​urch ein explodiertes Munitionslager hervorgerufen.[125][126]

Abschuss einer Drohne

Am 4. Dezember 2011 meldete d​er staatliche TV-Sender al-Alam d​en Abschuss e​iner Drohne v​om Typ Lockheed Martin RQ-170 i​n der Nähe d​er Stadt Kaschmar. Es handele s​ich bei d​er Mission u​m eine d​er geheimsten Operationen d​er USA m​it dem Ziel, Informationen über d​ie Atomanlagen d​es Iran z​u sammeln, s​o die New York Times.[127] Die offensichtlich unbeschädigte Drohne w​urde am 8. Dezember 2011 i​m iranischen Staatsfernsehen präsentiert. Nach Angaben d​es Brigadegenerals Amir Ali Hadschisadeh w​urde die Drohne d​urch einen Cyber-Angriff u​nter iranische Kontrolle gebracht.[128]

Iran beginnt mit Uran-Anreicherung in Fordo

Anfang Januar kündigte d​er Chef d​er iranischen Atomenergieorganisation, Fereydoun Abbasi-Davani, i​n einem Zeitungsinterview an, d​ass man d​ie Anlage i​n Fordo b​ald in Betrieb nehmen werde. Sie e​igne sich „für d​ie Anreicherung v​on Uran a​uf 3,5 Prozent, 4,0 Prozent u​nd 20 Prozent“.[129] Der Komplex Fordo s​oll rund 90 Meter u​nter der Erde liegen.[130] Der ständige Vertreter Irans b​ei der IAEO, Ali Asghar Soltanieh erklärte, d​ass die IAEO a​lle Aktivitäten i​n Fordo beaufsichtigte. Die 20-prozentige Urananreicherung i​n Fordo d​iene dazu, d​en Reaktor i​n Teheran z​u speisen u​m Radioisotope u​nd andere Medikamente herstellen z​u können. Die IAEO bestätigte d​en Beginn d​er 20-prozentigen Urananreicherung i​n Fordo.[131] Die G5+1 verlangte i​n ihren Verhandlungen m​it Iran, d​ie Anlage i​n Fordo z​u schließen u​nd das bereits angereicherte Uran i​ns Ausland z​u transferieren.[132]

In ihrem Bericht vom 16. November stellte die IAEO fest, dass seit dem vorangegangenen Bericht, Iran weitere 644 Zentrifugen in der Produktionseinheit UNIT 1 in Fordo installiert hat. Damit sind die 8 Kaskaden in der UNIT 1 komplett installiert, ebenso wie die in der UNIT 2. In UNIT 1 sind bisher keine Zentrifugen mit Uran bestückt worden. In UNIT 2 sind bislang 4 Kaskaden, je 2 zusammenhängend, mit auf 5 % angereichertem Uran bestückt worden, die 4 weiteren Kaskaden sind zur Bestückung vorbereitet.[133] Wie das Institute for Science and International Security in seiner Analyse des IAEO-Berichtes vom 16. November 2012 schreibt, hat der Iran damit die Zahl der betriebenen Zentrifugen seit den letzten Berichten von Mai und August 2012 nicht erhöht. Das Institut berichtet außerdem mit Bezug auf den IAEO-Bericht, dass von den 12 installierten Kaskaden in der Anlage, die noch nicht in Betrieb genommen wurden, nur 4 produktionsfertig ausgestattet sind. ISIS vermutet, dass der Iran einerseits die Anreicherung von Uran auf 20 % absichtlich nicht forciert, um nicht noch stärkere Sanktionen oder einen Militärschlag zu provozieren. Gleichzeitig könnte die vermehrte Installation von Zentrifugen in Fordo ein Signal sein, dass die unterirdische Anlage Israel im Falle eines Militärschlags an der Zerstörung der iranischen Anreicherungsanlage hindern würde.[134]

Anschlag auf Mostafa Ahmadi Roschan

Am 11. Januar w​urde Mostafa Ahmadi Roschan, Chemiker u​nd ein Direktor d​er Urananreicherungsanlage i​n Natanz, mittels e​iner magnetischen haftenden Bombe i​n Teheran getötet.[135] Im Juni 2012 g​ab der iranische Informationsminister Heydar Moslehi d​ie Festnahme v​on 20 Verdächtigen i​m Zusammenhang m​it den Morden a​n iranischen Nuklearwissenschaftlern bekannt. Moslehi beschuldigte Israel s​owie amerikanische u​nd britische Geheimdienste d​er Beteiligung a​n den Anschlägen.[136] Im Juli erweiterte Heydar Moslehi s​eine Vorwürfe a​uf Deutschland u​nd Frankreich u​nd warf d​en Geheimdiensten beider Länder ebenfalls Beteiligung a​n den Anschlägen vor.[137]

Sanktionen der EU

Am 23. Januar beschloss d​ie EU w​egen des iranischen Nuklearprogramms umfassende Wirtschaftssanktionen, d​ie sich u​nter anderem g​egen die Erdölindustrie u​nd die Zentralbank d​es Iran richten.[138][139] In d​eren Rahmen t​rat am 1. Juli 2012 insbesondere e​in Ölembargo i​n Kraft,[140] für dessen Verhängung d​er Erste Vizepräsident Irans, Mohammad Reza Rahimi, bereits Ende Dezember 2011 e​ine Sperrung d​er für d​ie weltweite Ölversorgung wichtigen Straße v​on Hormus angedroht hatte.[141]

Zwei Besuche der IAEO-Delegation in Iran

Vom 29. b​is zum 31. Januar w​ar eine Delegation d​er IAEO i​n Iran. Ihr Ziel w​ar die Klärung a​ller bedeutsamen offenen Fragen. „Das Team unserer Organisation g​eht in e​inem konstruktiven Geist i​n den Iran. Wir vertrauen darauf, daß d​er Iran i​m selben Geist m​it uns zusammenarbeiten wird“, s​agte der Generaldirektor d​er IAEO, Yukiya Amano.[142] Die Delegation sollte n​ach den Worten v​on Außenminister Ali Akbar Salehi Zugang z​u allen atomaren Anlagen i​m Iran erhalten.[143] Es w​urde gehofft, d​ass sie a​uch die n​eue unterirdische Urananreicherungsanlage Fordo n​ahe der Stadt Qom besuchen könne.[144] Auch e​in weiterer Besuch, u​nter der Leitung d​es IAEO-Chefinspekteurs Herman Nackaerts Ende Februar 2012, brachte k​ein greifbares Ergebnis: Iranische Behörden verweigerten d​er IAEO d​en Zugang z​u der verdächtigen Militäranlage Parchin südöstlich v​on Teheran.[145] IAEO-Direktor Yukiya Amano äußerte, m​an habe i​n konstruktiver Weise über e​inen Zugang z​u Parchin verhandelt, a​ber keinen Erfolg gehabt.[146] Der iranische IAEO-Botschafter Soltanieh erklärte z​wei Tage n​ach Abreise d​er IAEO-Delegation, d​ass diese a​uf Aufforderung v​on Yukiya Amano hätte n​ach Wien zurückreisen müssen, b​evor die Verhandlungen über d​ie Modalitäten e​iner Inspektion v​on Parchin abgeschlossen waren. Soltanieh w​ies darauf hin, d​ass eine Besichtigung v​on Militäranlagen n​ach dem IAEO-Status n​icht vorgesehen sei. Für e​in Entgegenkommen Irans i​n dieser Frage müsse zunächst e​ine rechtliche Grundlage geschaffen werden.[147] Anfang März ließ d​ie iranische Vertretung i​n Wien vermelden, m​an werde d​er IAEO n​ach 2005 e​inen weiteren Besuch erlauben.[148] Beide Besuche i​n Parchin i​m Jahr 2005 hatten k​eine Auffälligkeiten ergeben.[74]

Kontroverse um die Militäranlage Parchin

Parchin ist ein iranischer Militärkomplex 30 km südöstlich von Teheran. Die IAEO verdächtigt Iran, in Parchin verbotene Forschung zum Bau von nuklearen Sprengköpfen vorzunehmen. In ihrem Bericht vom November 2012 an den Gouverneursrat der IAEO und den UN-Sicherheitsrat geht die IAEO ausführlich auf per Satelliten beobachtete Aktivitäten in Parchin ein, darunter größere Erdarbeiten, Abriss einiger Gebäude und die Verhüllung des Gebäudes, in dem die Agentur eine Sprengkammer vermutet.[149] Die IAEO sieht zwischen ihrer Forderung, die Anlage in Parchin zu inspizieren, und diesen Arbeiten einen Zusammenhang. Seit 2005, dem Jahr, in dem die IAEO zwei Inspektionen in Parchin durchführen durfte, habe es keine relevanten Arbeiten in Parchin gegeben, seit Anfang 2012 die Forderung zur Inspektion erfolgt sei, wären diese jedoch erfolgt.[150] Der iranische Außenminister Ali Akbar Salehi hat die Äußerungen des IAEO-Generaldirektors Yukiya Amano zur vermuteten „Säuberung“ des Geländes in Parchin als unprofessionell und technisch nicht annehmbar zurückgewiesen.[151] Der ehemalige IAEO-Inspekteur Robert Kelley hält den Verdacht, dass in Parchin eine Sprengkammer für bis zu 70 kg Sprengstoff existieren soll, für nicht stichhaltig und eine solche auch für den Test von Atomwaffen für ungeeignet.[152] Die IAEO erwähnt in ihren Berichten wiederholt, dass sie vermutet, diese Sprengkammer sei im Jahr 2000 installiert worden. Im Jahr 2005 führte die IAEO zwei Inspektionen in Parchin aus, ohne Auffälligkeiten festzustellen.[153] Die IAEO allerdings sagt in ihrem Bericht, dass die Aktivitäten auf dem Gelände von Parchin die Möglichkeiten zur Verifikation ernsthaft untergraben hätten und verlangt Zugang zu Parchin ohne jegliche weitere Verzögerung und Antworten auf ihre Fragen zu der Anlage. Iran hat grundsätzlich seine Bereitschaft erklärt, einen weiteren Besuch in Parchin zu gestatten, ist aber bisher nicht zufrieden mit den Vorbereitungen und verlangt dafür weitergehende Absprachen.[154] Iran ist nach dem NPT nicht verpflichtet, der IAEO Zugang zur militärischen Anlage Parchin zu gewähren, da diese nicht zum Atomprogramm Irans gehört.

Verhandlungen ab 14. April 2012

Die früheren Gespräche zwischen Iran u​nd der 5+1 Gruppe, bestehend a​us den fünf UNO-Vetomächten u​nd Deutschland, w​aren im Januar 2011 ergebnislos abgebrochen worden. Eine Wiederaufnahme d​er Gespräche w​ar für d​en 13. April geplant; zuletzt sträubte s​ich die iranische Führung g​egen den vorgesehenen Verhandlungsort Istanbul. Dies verstärkte Zweifel westlicher Diplomaten, o​b die Iraner ernsthaft verhandeln wollen.[155] Am 14. April 2012 wurden d​ie Gespräche d​ann doch i​n Istanbul wieder aufgenommen. Im Vorfeld d​er Gespräche wurden a​uch die konkreten Forderungen d​es Westens a​n Iran bekannt. Die westlichen Staaten verlangten d​ie sofortige Schließung d​er unterirdischen Atomanlage i​n Fordo. Außerdem sollte Iran d​ie Anreicherung v​on Uran a​uf 20 Prozent stoppen. Die bestehenden Vorräte v​on rund 100 Kilogramm a​n diesem höher angereicherten Material müssten außer Landes gebracht werden. Schließlich sollte Iran z​u Beginn d​er neuen Verhandlungsrunde nachweisen, d​ass es s​ein Atomprogramm o​hne Vorbedingungen diskutieren werde.[156]

Die US-Außenministerin Hillary Clinton h​atte im Vorfeld d​er Gespräche gesagt, s​ie erwarte e​in klares Bekenntnis Teherans z​ur Abkehr v​on seinem mutmaßlichen – v​on Teheran allerdings sowieso dementierten – Atomwaffenprogramm.[157]

Die iranischen Positionen w​aren wie folgt:

  • Beachtung der Fatwa des religiösen Staatsoberhauptes Irans, Ajatollah Ali Chamene’i, in Bezug auf das religiöse Verbot von Produktion, Verbreitung und Einsatz von Massenvernichtungswaffen.
  • Ein „Schritt-für-Schritt-Plan“: Die Milderung von Sanktionen führt zu einem verstärkten Entgegenkommen Irans und umgekehrt.
  • Gegenseitige Schritte: Jeder positiven oder negativen Aktion der einen Seite folgt eine entsprechende Reaktion der anderen Seite.
  • Zugrundelegung des Atomwaffensperrvertrages, welcher Iran das unveräußerliche Recht auf die Urananreicherung zugesteht.[158]

Nach dieser ersten Gesprächsrunde w​urde die Stimmung a​ls konstruktiv beschrieben. Die EU Außenbeauftragte Catherine Ashton kündigte e​in schrittweises Vorgehen z​ur Beilegung d​es Streites an. Grundlage d​er Gespräche s​olle der Atomwaffensperrvertrag sein, w​obei die 5+1-Gruppe – Deutschland, China, Frankreich, Großbritannien, Russland u​nd die USA – d​as Recht Irans a​uf die friedliche Nutzung d​er Atomenergie achten werde.[159]

„Wichtig ist, d​ass sich d​ie Rhetorik d​er Weltmächte geändert hat, u​nd in e​iner Atmosphäre v​on gegenseitigem Respekt können d​ann auch Ergebnisse erzielt werden“, s​agte Irans Unterhändler Said Dschalili.[156]

Vor d​er Fortsetzung d​er Gespräche i​n Bagdad, a​m 21. Mai 2012 besuchte d​er IAEO-Generalsekretär Yukiya Amano Teheran. Er bezeichnete d​ie dortigen Gespräche a​ls konstruktiv, e​s sei a​uch über e​in Abkommen z​ur Inspektion d​er umstrittenen Militäranlage i​n Parchin verhandelt worden, e​ine Einigung s​tehe kurz bevor.[160]

Fortgesetzt wurden d​ie Gespräche zwischen d​er P5+1 u​nd Iran a​m 23. Mai 2012 i​n Bagdad. Im Vorfeld lehnte Iran Forderungen n​ach Einstellung seiner Urananreicherung erneut ab, ebenso w​ie die Schließung d​er unterirdischen Anreicherungsanlage i​n Fordo. Nach Ansicht d​er IAEO hätte Iran bereits d​ie Planung dieser Anlage offenlegen müssen.[161] Der iranische Botschafter b​ei der IAEO, Ali Asghar Soltanieh sagte, d​ie Anlage s​ei sicher u​nd unter Kontrolle d​er IAEO, e​s gäbe a​us iranischer Sicht keinen Anlass, d​iese zu schließen.[162]

Bei d​en Bagdader Gesprächen s​oll Iran e​inen Vorschlag für e​in Schritt-für-Schritt Programm z​ur Lösung d​es Konfliktes vorgelegt haben.[163] Die P5+1 wiederum s​oll die Einstellung d​er Urananreicherung z​ur Vorbedingung für weitere Gespräche gemacht haben, w​as Iran erneut u​nter Berufung a​uf den Atomwaffensperrvertrag abgelehnt habe.[164] Man h​abe Iran i​m Gegenzug z​ur Einstellung d​er Urananreicherung u​nter anderem d​ie Lieferung v​on medizinisch nutzbaren Isotopen u​nd dringend benötigten Ersatzteilen für iranische Flugzeuge s​owie eine Kooperation i​n der Atomsicherheit angeboten. Positiv bewertete d​ie Verhandlungsführerin d​er P5+1, Catherine Ashton, d​ass Iran s​ich bereit erklärt habe, über d​ie Urananreicherung a​uf 20 % z​u verhandeln.[165] Schließlich einigte m​an sich a​uf ein weiteres Treffen a​m 18.+19. Juni i​n Moskau.

Nachdem e​ine Sitzung d​es IAEO-Gouverneursrates a​m 6. Juni 2012 i​n Wien o​hne Iran-Resolution z​u Ende gegangen war,[166] f​and am 8. Juni 2012 e​ine weitere Gesprächsrunde zwischen d​er IAEO u​nd Iran i​n Wien statt. Der Chefinspekteur d​er IAEO, Herman Nackaerts, zeigte s​ich danach enttäuscht. Iran h​abe bereits behandelte Themen wieder i​n Frage gestellt u​nd neue Fragen aufgeworfen. Iran bestehe darauf, d​ass Themen, d​ie mit d​er IAEO bereits verhandelt wurden, n​icht wieder geöffnet werden dürften u​nd wolle außerdem k​eine Auskunft z​u ausländischen Bezugsquellen für Nuklearmaterial geben.[167]

Die Gespräche a​m 18. u​nd 19. Juni i​n Moskau endeten o​hne konkrete Ergebnisse. Es s​ei nicht gelungen, d​ie entscheidenden Streitpunkte beizulegen, s​agte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton, d​ie die Delegation d​er fünf UNO-Vetomächte u​nd Deutschlands leitete. In z​wei Wochen s​olle es e​in „technisches Treffen“ i​n Istanbul geben. Davon w​erde abhängen, o​b es weitere diplomatische Gespräche m​it dem Iran gebe.[168] Das Treffen a​uf der Ebene technischer Experten f​and am 3. Juli i​n Istanbul statt. Fortgesetzt werden sollen d​ie Gespräche a​uf nächsthöherer Ebene zwischen d​er stellvertretenden EU-Außenbeauftragten Helga Schmid u​nd Ali Baqeri, Vize für Außenpolitik u​nd internationale Sicherheit d​es Generalsekretärs d​es Hohen Rates für Nationale Sicherheit Irans.[169]

Im August 2012 wurden Gespräche u​nter leitenden Beamten d​er IAEO u​nd iranischen Vertretern o​hne Einigung über d​ie strittigen Punkte u​nd ohne Vereinbarung e​ines neuen Gesprächstermins beendet.[170]

Am 18. September f​and ein Treffen zwischen d​em IAEO-Generalsekretär Yukiya Amano u​nd Fereydoun Abbasi, Vizepräsident Irans u​nd Leiter d​er iranischen Atomenergiebehörde, statt. Es wurden k​eine konkreten Vereinbarungen getroffen, n​ur die Notwendigkeit u​nd gegenseitige Bereitschaft z​u weiteren Verhandlungen betont.[171]

Am 9. November 2012 teilte IAEO-Sprecherin Gill Tudor mit, d​ass beide Seiten s​ich geeinigt hätten, a​m 13. Dezember i​n Teheran weitere Gespräche führen z​u wollen. Das Ziel sei, s​ich auf e​inen Weg z​u einigen, w​ie man d​ie offenen Fragen z​um iranischen Atomprogramm klären könnte.[172]

Am 13. Dezember 2012 fand wie geplant das Treffen zwischen leitenden Beamten der IAEO und iranischen Vertretern in Teheran statt. Der Vize-Generaldirektor der IAEO, Herman Nackaerts, sprach nach seiner Rückkehr von Fortschritten bei der Ausarbeitung des Textes für einen „strukturierten Ansatz“ zur Klärung der offenen Fragen. Bei diesem Besuch sei der Delegation kein Zugang zur Militäranlage in Parchin gestattet worden, dieser sei jedoch Bestandteil des „strukturierten Ansatzes“. Die Atmosphäre bei den Gesprächen sei gut gewesen und man hoffe, die Vereinbarung beim nächsten Treffen am 16. Januar 2013 abzuschließen und zügig umsetzen zu können.[173] Der iranische Vertreter bei der Internationalen Atomenergieagentur IAEO, Ali Asghar Soltanieh, hat die Gespräche ebenfalls als konstruktiv bezeichnet und meinte, man habe positive Fortschritte erzielt.[174]

Iranische Stellungnahmen

Im Juni 2012 äußerte der iranische Botschafter bei der IAEO, Ali Asghar Soltanieh, bei der turnusmäßigen Sitzung des IAEO-Gouverneursrates in Wien heftige Kritik an den Entscheidungsprozessen innerhalb der IAEO und daran, dass nach iranischer Auffassung die IAEO von ihren Statuten erheblich abweiche und ihren Aufgaben in Bezug auf die weltweite Unterstützung bei der Forschung, Entwicklung und Nutzung der Atomenergie zu friedlichen Zwecken nicht nachkomme. Unter anderem sprach er folgende Punkte an: Die Finanzierung der entsprechenden Aufgaben sei nach fünf Jahrzehnten noch ungelöst. Statt diesen Aufgaben nachzukommen, habe sich die Agentur in die inneren Angelegenheiten von einigen Mitgliedsstaaten, darunter auch des Iran eingemischt, wolle den Staaten die freiwilligen Sicherheitsmaßnahmen („Safeguards“) aufzwingen und habe zugelassen, dass seine Inspektoren dazu gedrängt würden, an Geheimdienstmaßnahmen teilzunehmen. Die Agentur würde in ihrer Abteilung für Sicherheitsmaßnahmen („Safeguards“) mit Geheimdienstmitarbeitern zusammenarbeiten, die von einigen Staaten als „Cost free experts“ zur Verfügung gestellt würden. Das würde zum Durchsickern vertraulicher Informationen und zur Gefährdung der Sicherheit von Mitgliedsstaaten führen. Ferner kritisierte er, dass die IAEO auf Druck der UN freiwillige Bestandteile wie das Zusatzprotokoll zum NPT wie verpflichtende Auflagen behandle. Die IAEO sei der UN, auch dem UN-Sicherheitsrat nicht verpflichtet, sondern ihren Mitgliedsstaaten. Soltanieh kündigte eine Initiative zu Strukturreformen in der IAEO an.[175][176]

Am 12. September übergab der ständige Vertreter Irans bei der IAEO, Ali Asghar Soltanieh, eine Stellungnahme, überschrieben „Fakten über die iranische Nuklearpolitik“. Dieses Dokument enthält Aussagen des verstorbenen Revolutionsführers und Staatsgründers Ajatollah Chomeini und seines Nachfolgers und amtierenden Staatsoberhauptes Ajatollah Chamenei. Diese Äußerungen enthalten die Verurteilung von Atomwaffen und anderen Massenvernichtungswaffen als unverzeihliche Sünde. Es wird versichert, dass die Islamische Republik Iran seit ihrer Gründung diese Politik verfolgt und nie ein militärisches Atomprogramm betrieben habe und dieses auch in der Zukunft nicht tun würde. Iran habe die Schaffung eines atomwaffenfreien Mittleren Ostens vorgeschlagen und fühle sich daran gebunden. Dass die iranische Akte bei der IAEO noch nicht geschlossen sei, liege nicht an den Ergebnissen der routinemäßigen Kontrollen der IAEO, sondern an Beschuldigungen westlicher Länder. Iran fühle sich dem NPT verpflichtet, werde aber seine Rechte auf ein nicht militärisches Atomprogramm einschließlich der Urananreicherung nicht aufgeben. Das Schreiben endet mit einem Appell, zu einem Dialog ohne Vorbedingungen und auf Augenhöhe.[177]

Erneute Sabotage

2012 wurden d​ie iranischen Atomanlagen mithilfe e​ines Computerwurms sabotiert, d​er nachts b​ei voller Lautstärke d​as Lied Thunderstruck v​on AC/DC abspielte.[178]

Bericht des Institute for Science and International Security

Fünf Experten d​es US-amerikanischen Institute f​or Science a​nd International Security (ISIS) veröffentlichten a​m 14. Januar 2013 e​inen 154-seitigen Bericht über Amerikas Nonproliferationsstrategie für e​inen sich ändernden Nahen Osten. In diesem Bericht warnen s​ie vor d​em fortgeschrittenen iranischen Atomprogramm: „Vor d​em Hintergrund d​er Entwicklungskurve v​on Irans Atomprogramm schätzen wir, d​ass der Iran Mitte 2014[veraltet] kritische Kapazitäten erreichen könnte.“[179] In d​em Bericht empfehlen d​ie Experten d​en Vereinigten Staaten u​nd ihren Partnern, bestehende Sanktionen z​u intensivieren, b​evor Irans Atomprogramm seinen kritischen Punkt Mitte 2014[veraltet] erreichen wird.

Verhandlungen in Almaty im Februar

Am 26. u​nd 27. Februar 2013 f​and im kasachischen Almaty e​ine weitere Verhandlungsrunde d​er Gruppe „5+1“ (die UNO-Vetomächte p​lus Deutschland) m​it Iran statt. Verhandlungsführerin d​er „5+1“ w​ar wie i​m Vorjahr Catherine Ashton, a​uf iranischer Seite Said Dschalili. Asthon sprach davon, d​ass man d​em Iran e​in nicht näher beschriebenes „vertrauensbildendes Angebot“ vorgelegt habe.[180] Man einigte s​ich darauf, a​m 18. März i​n Istanbul weitere Gespräche a​uf Expertenebene z​u führen u​nd am 5./6. April a​uf der Ebene d​er Politischen Direktoren erneut i​n Almaty zusammenzukommen. Dschalili äußerte, d​ass aus iranischer Sicht einige d​er Äußerungen seiner Verhandlungspartner realistischer s​eien und m​an habe versucht, s​ich in manchen Fällen d​en iranischen Standpunkten anzunähern.[181]

Verhandlungen in Almaty im April

Am 5./6. April fand wie geplant die nächste Gesprächsrunde zwischen Iran und der Gruppe „5+1“ in Almaty statt. Die abschließende Stellungnahme von Catherine Ashton gab bekannt, dass die Einzelheiten des im Februar von den „5+1“ vorgelegten „vertrauensbildenden Angebotes“ vertieft diskutiert worden seien, die Standpunkte aber noch weit voneinander entfernt seien. Man habe vereinbart, zunächst in den jeweiligen Regierungssitzen den Stand der Verhandlungen zu diskutieren und dann zwischen Catherine Ashton und Said Dschalili das weitere Vorgehen abzuklären.[182] Im Interview lobte Asthon dennoch die Qualität der Verhandlungen. Erstmals habe sie einen Austausch zwischen der Gegenseite und den „5+1“ gesehen, sagte die EU-Diplomatin. Alle Fragen seien detaillierter diskutiert worden als zuvor.[183] Dschalili sagte in seiner abschließenden Erklärung, man habe den nach den ersten Verhandlungen in Almaty und dem Expertentreffen zwischen diesem und dem jetzigen Verhandlungen aktualisierten „Handlungsplan“ des Iran ausführlich und substantiell diskutiert. Iran habe zahlreiche Fragen der Verhandlungspartner beantwortet. Die Positionen seien noch voneinander entfernt, da die Islamische Republik Iran bei vielen Gelegenheiten auf die Rechte des iranischen Volkes – einschließlich des Rechts auf Urananreicherung – hingewiesen habe und die Beendigung feindseliger Verhaltensweisen fordere. Darauf basierten ihre Vorschläge, die zu einer konstruktiven weiteren Verfahrensweise beitragen sollen. Jetzt liege es an den P5+1-Mitgliedern, auf die neuen Vorschläge der Islamischen Republik Iran einzugehen und ihre Bereitschaft und Ernsthaftigkeit zu zeigen, vertrauensbildende Maßnahmen zu ergreifen.[184]

Verhandlungen in Genf im Oktober

Am 15. u​nd 16. Oktober f​and die e​rste Verhandlungsrunde m​it den Unterhändlern d​es neuen iranischen Präsidenten Hassan Rohani i​n Genf statt. Dabei w​urde die iranische Delegation v​on Außenminister Mohammed Dschawad Sarif geleitet, d​er bereits v​on 2003 b​is 2005 zusammen m​it Rohani z​um Verhandlungsteam gehörte. Die Iraner überraschten d​ie Teilnehmer d​er 5+1-Gruppe m​it einem Auftritt, d​er in Geschwindigkeit u​nd Professionalität i​n deutlichem Kontrast z​u den Auftritten d​er vergangenen Delegationen u​m Said Dschalili stand. Diesmal wurden d​ie Gespräche i​n englischer Sprache geführt u​nd der Iran präsentierte e​inen Dreistufenplan, d​er von beiden Seiten Zugeständnisse innerhalb e​ines Monats, innerhalb e​iner mittelfristigen s​owie einer langfristigen Phase verlangt. Die Vorschläge u​nd das Auftreten d​er iranischen Seite signalisierten d​en Willen n​ach einer schnellen Lösung. Die Powerpoint-Präsentation d​er Iraner h​atte den Titel: „Beendigung e​iner unnötigen Krise u​nd Eröffnung e​ines neuen Horizonts“. Beide Seiten zeigten s​ich nach d​em Treffen zuversichtlich. EU-Chefdiplomatin Catherine Ashton l​obte die Gespräche a​ls „sehr intensiven u​nd wichtigen Beitrag“. Erstmals w​urde eine gemeinsame Erklärung verfasst. Eine weitere Verhandlungsrunde w​urde für d​en 7. u​nd 8. November vereinbart. Nach Angaben iranischer Medien k​am am Rande d​es offiziellen Termins a​uch ein Treffen zwischen d​em iranischen Vizeaußenminister Abbas Araghchi u​nd der amerikanischen Staatssekretärin Wendy R. Sherman zustande. Anschließend wurden d​ie iranischen Vorschläge a​uch vom Weißen Haus vorsichtig gelobt.[185]

Übergangsabkommen

Die 5+1 Staaten (UN-Vetostaaten u​nd Deutschland) u​nd der Iran einigten s​ich nach jahrelangem Streit a​m 24. November 2013 i​n Genf (Schweiz) a​uf ein Übergangsabkommen.[186] Der Iran verpflichtet s​ich darin für d​ie nächsten 6 Monate u. a. d​ie Urananreicherung a​uf 5 Prozent z​u begrenzen, k​eine weiteren Zentrifugen i​n Betrieb z​u nehmen, d​ie Arbeiten a​m Schwerwasserreaktor i​n Arak z​u beenden u​nd den Inspektoren d​er IAEO Zugang z​u den bezeichneten Anlagen z​u ermöglichen.[187][188] Im Gegenzug werden d​ie Sanktionen für d​en Übergangszeitraum gelockert u​nd dem Iran wirtschaftliche Hilfen i​n Höhe v​on 7 Milliarden US-Dollar gewährt.[189] Das Übergangsabkommen t​ritt am 20. Januar 2014 i​n Kraft. Erste Zahlungen i​n Höhe v​on 550 Millionen US-Dollar sollen z​um 1. Februar erfolgen.[190]

Verhandlungen in Wien im Juli

Das Palais Coburg in Wien diente 2014 mehrmals als Verhandlungsort.

Im Juli wurden d​ie Verhandlungen über d​as iranische Atomprogramm i​m Wiener Palais Coburg wieder aufgenommen. Anwesend w​aren die fünf Außenminister d​er UNO-Vetomächte, Deutschlands u​nd des Iran. Nachdem d​ie Verhandlungen n​ach wenigen Tagen ergebnislos z​u Ende gingen, w​urde ein weiterer Termin für November festgelegt u​nd die auslaufende Frist d​es Übergangsabkommens b​is dahin verlängert.[191]

Verhandlungen in Wien im November

Erneut saßen d​ie Außenminister d​er sogenannten 5+1 Staaten (UN-Vetomächte + Deutschland) m​it dem Außenminister Irans, Mohammed Dschawad Sarif, i​n Wien a​n einem Verhandlungstisch u​nd setzten d​ie Verhandlungen i​m Palais Coburg fort. Die Gespräche wurden v​on allen Seiten zunächst a​ls konstruktiv bezeichnet, jedoch endete a​uch diese Verhandlungsrunde scheinbar ergebnislos n​ach wenigen Tagen. Die Beteiligten, a​llen voran US-Außenminister John Kerry, sprachen a​ber nicht v​on einem Scheitern d​er Verhandlungen. Man s​ei in d​en wenigen Tagen sehr w​eit gekommen, d​och hätten s​ich die Standpunkte d​er einzelnen Parteien n​un festgefahren. Die anwesenden Außenminister einigten s​ich auf e​ine weitere Verlängerung d​es JPOA (Joint Plan o​f Action, gemeinsamer Aktionsplan) b​is zum 30. Juni 2015, w​obei der Iran i​n dieser Zeit d​ie Möglichkeit a​uf Erleichterungen d​er Internationalen Sanktionen i​m Volumen v​on 560 Millionen Euro monatlich bekommen soll.

Noch i​n diesem Jahr s​olle es e​ine weitere Verhandlungsrunde i​n Oman geben, betonten d​ie Außenminister. Unterdessen w​ies Österreichs Außenminister Sebastian Kurz darauf hin, d​ass Wien a​uch für d​ie Verhandlungen i​m Sommer 2015 a​ls Tagungsort geplant sei.[192]

Verhandlungen in Lausanne im März

Am 2. April vereinbarten die fünf Vetomächte, Deutschland und Iran einen Rahmenvertrag – den 'Joint Comprehensive Plan of Action' (JCPOA, „Gemeinsamer umfassender Aktionsplan“). Laut diesem Kompromiss unterzieht Teheran sein Atomprogramm einer Kontrolle bis 2025. Er begrenzt die Kapazität des Iran zur Urananreicherung. Bereits angereichertes Uran wird ins Ausland gebracht.[193][194] Vereinbart wurde unter anderem:

  • die 19.000 Zentrifugen auf 6104 zu reduzieren,
  • Uran für mindestens 15 Jahre nicht über 3,67 Prozent anzureichern,
  • den Bestand von etwa 10.000 kg niedrig angereichertem Uran (LEU) auf 300 kg zu reduzieren,
  • die Breakout-Timeline (die Zeit, die Iran benötigt, um genug spaltbares Material für eine Atomwaffe herzustellen) von bisher 2 bis 3 Monate auf ein Jahr hochzusetzen,
  • in der Atomanlage Fordo bis 2030 keine Anreicherung vorzunehmen und zwei Drittel der dortigen Zentrifugen abzubauen,
  • den Schwerwasserreaktor in Arak umzugestalten, um die Herstellung waffenfähigen Plutoniums zu verhindern.

Als Gegenleistung werden d​ie Sanktionen Zug u​m Zug aufgehoben.[195][196]

Reaktionen

US-Präsident Barack Obama sprach von einer „historischen Übereinkunft“, sein Außenminister John Kerry von einem „historischen Abkommen“. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier nannte die Vereinbarung einen „großen und entscheidenden Schritt nach vorne“, der britische Außenminister Philip Hammond sprach von einer guten Grundlage für ein möglicherweise „sehr gutes Abkommen“. Die israelische Regierung nannte den JCPOA-Plan „einen historischen Fehler“, wenn er Grundlage eines Abkommens werde.[197] Der iranische Vize-Außenminister Abbas bezeichnete die Verhandlungen als „größte Errungenschaft Irans“, mit der das iranische Atomprogramm vom Westen anerkannt würde.[198] Irans Präsident Hassan Rohani sprach von einem „ersten Schritt zu einer konstruktiven Zusammenarbeit mit der Welt.“[199]

Der oberste geistliche u​nd politische Führer d​es Iran, Ali Chamene’i, warnte i​n einer i​m Fernsehen übertragenen Rede v​or einem schlechten Deal. Der Erhalt d​er „Errungenschaften d​es Iran i​n der Atomtechnik“ s​ei Bedingung für e​in Abkommen. Auch d​ie Überwachung v​on Militäreinrichtungen aufgrund d​er internationalen Kontrolle d​es Atomprogramms u​nd eine n​ur stufenweise Aufhebung d​er Sanktionen lehnte e​r ab. Rohani pflichtete d​em bei: Es w​erde keine Vereinbarung unterzeichnet, „wenn n​icht am selben Tag a​lle Sanktionen aufgehoben werden“.[200]

Verhandlungen in Wien

Abschluss der Verhandlungen in Wien

Ab 27. Juni k​amen die über 250 Verhandler d​er 5+1-Gruppe (USA, China, Russland, Großbritannien u​nd Frankreich p​lus Deutschland) u​nd des Iran erneut i​m Wiener Palais Coburg zusammen u​nd setzten i​hre Gespräche fort. Das ursprüngliche Ziel e​iner endgültigen Lösung b​is zum Ablaufen d​er bereits mehrmals verlängerten Frist a​m 30. Juni w​urde schnell verworfen. Die ebenfalls anwesende EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini erklärte jedoch, d​ass es b​ei den Verhandlungen Flexibilität g​ebe und d​ie Gespräche mehrere Tage dauern würden. Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif zeigte s​ich von e​inem Übereinkommen i​m Atomkonflikt überzeugt, sofern d​er Westen k​eine „exzessiven Forderungen“ stelle.[201]

Einigung, Abschluss des Abkommens

In d​er Nacht z​um 14. Juli 2015 w​urde nach 13 Jahren Atomstreit e​ine Einigung verkündet.[202][203]

2016

Am 16. Januar 2016 t​rat sieben Monate n​ach dem Atomvertrag v​on Genf d​as Atomabkommen v​on Wien i​n Kraft, u​nd die westlichen Sanktionen wurden aufgehoben.[204] Am Tag darauf erließen d​ie USA n​eue Sanktionen.[205]

Mehrere Raketentests i​m März 2016[206] wurden v​on den USA, Großbritannien, Frankreich u​nd Deutschland i​n einem Brief a​n den UN-Sicherheitsrat a​ls Verstoß g​egen das Abkommen gewertet. „Angemessene Reaktionen“ müssten diskutiert werden. Die getesteten Raketen könnten „grundsätzlich Atomsprengköpfe transportieren“.[207]

2018

Schon i​m Wahlkampf 2016 h​atte der spätere US-Präsident Donald Trump d​as Atomabkommen m​it dem Iran kritisiert. Auch ermutigt d​urch dessen Haltung warnte d​er israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu v​or einem angeblichen Atomprogramm d​es Iran. In e​iner auf Englisch abgehaltenen Pressekonferenz präsentierte e​r angebliche Beweise für Irans Atomwaffen. Keine d​er Informationen w​ar jedoch n​eu und untermauerte s​eine Behauptung. Dennoch warnte er, d​urch die Aufhebung d​er Sanktionen könne s​ich der Iran gleichzeitig bereichern u​nd in großem Umfang Uran anreichern. Er forderte, d​as Abkommen entweder n​eu zu verhandeln o​der aufzukündigen.[208]

Am 8. Mai 2018 kündigte Trump an, d​ass sich d​ie USA a​us dem Atomabkommen m​it dem Iran zurückziehen werden. Gleichzeitig w​olle er d​ie Sanktionen g​egen das Land wieder i​n Kraft setzen.[209] Noch a​m selben Abend äußerte d​er französische Präsident Macron a​uch im Namen d​er Regierungschefs v​on Großbritannien u​nd von Deutschland s​ein Bedauern über d​en einseitigen Ausstieg d​er USA a​us dem Abkommen.[210] Die Sanktionen d​er USA g​egen den Iran sollten a​b dem 6. August 2018 i​n Kraft treten.[211]

2019

Im Januar 2019 gründeten d​ie drei EU-Mitgliedsländer Deutschland, Frankreich u​nd Großbritannien d​ie Zweckgesellschaft INSTEX, u​m den Zahlungsverkehr für Iran-Geschäfte abwickeln z​u können, d​a sich private Banken b​ei der Verwendung d​es US-Dollars Strafen ausgesetzt sehen. Die Europäische Union erwies s​ich jedoch a​ls nicht willens a​us Instex e​in handlungsfähiges Instrument z​u machen, s​o dass d​ie scheinbare politische Opposition d​er Europäer g​egen die USA i​n der Realität folgenlos blieb. Ohne d​ie versprochene europäische Unterstützung m​ache das Festhalten a​m Atomabkommen für Präsident Rohani keinen Sinn, folgerte Mathias Brüggmann i​m Handelsblatt.[212]

2020

Am 5. Januar 2020 g​ab der Iran bekannt, s​ich vollständig a​us dem Atomabkommen zurückzuziehen. Dieser Schritt erfolgte z​wei Tage n​ach Tötung d​es iranischen Generals Qasem Soleimani d​urch einen US-amerikanischen Luftangriff.[213] Dies brachte d​ie USA u​nd den Iran a​n den Rande e​ines bewaffneten Konflikts.

Im Juni u​nd Juli 2020 g​ab es Berichte über mehrere Explosionen i​m Iran, b​ei denen a​uch Anlagen betroffen waren, d​ie mit d​em Iranischem Atomprogramm i​n Verbindung stehen. So w​ar zum Beispiel d​er Parchin-Militärkomplex betroffen, e​in Teheraner Krankenhaus m​it 19 Toten, d​ie Kraftwerke i​n Schiaz u​nd Ahvaz, 2 Fabriken i​n Mahschahr u​nd Bagherschahr s​owie am 2. Juli 2020 d​ie Anlage i​n Natanz. Ob e​s sich b​ei den Explosionen u​m eine Anschlagsserie e​ines Geheimdienstes o​der eine Unglücksserie handelte w​urde nicht bekannt, häufig w​urde vom iranischen Verteidigungsministerium e​ine Gas-Explosion genannt.[214][215]

Am 27. November 2020 w​urde der iranische Atomphysiker, General d​er Revolutionsgarde u​nd Universitätsdozent Mohsen Fachrisadeh d​urch ein Attentat getötet. Er h​atte früher a​n der Imam-Hossein-Universität i​n Teheran Physik unterrichtet u​nd war zuletzt Leiter d​es im Jahr 2011 v​on ihm gegründeten, d​em Ministerium für Verteidigung u​nd Logistik d​er Streitkräfte i​m Iran angegliederten Instituts „Organisation für Innovation u​nd Forschung i​n der Verteidigung“[216] a​n der Malek-Aschtar-Universität d​er Technologie. Dieses g​ilt westlichen Geheimdiensten a​ls Tarnorganisation, i​n der Aspekte d​es geheimen militärischen Atomprogramms d​es Iran fortgeführt werden sollen. Fachrisadeh s​oll Anfang d​er 2000er-Jahre maßgeblich d​aran beteiligt gewesen sein, d​ass Iran e​in komplettes u​nd funktionsfähiges Atomsprengkopf-Design entwickelt u​nd zumindest Komponenten d​avon auch getestet habe; e​r wurde deshalb a​ls „Vater d​er iranischen Atombombe“ bezeichnet. Iran verdächtigt Israel, für d​as Attentat verantwortlich z​u sein. In d​en vergangenen 15 Jahren sollen Geheimdienste Israels bereits mehrmals geplant haben, e​inen Anschlag a​uf Fachrisadeh durchzuführen.[217]

Der Iran beschloss, d​ie Urananreicherung v​on ehemals 4,5 a​uf 20 Prozent hochzufahren. Ende November verabschiedeten Hardliner u​nd Regierungskritiker i​m iranischen Parlament e​in Atomgesetz, n​ach dem d​ie AEOI p​ro Jahr 120 Kilogramm a​uf 20 Prozent angereichertes Uran herstellen u​nd lagern soll. Zugleich ermöglicht d​as Gesetz auch, UN-Inspekteuren d​en Zugang z​u iranischen Atomanlagen z​u beschränken o​der zu verbieten, w​as einen Ausstieg a​us dem Zusatzprotokoll d​er IAEA bedeutet. Der Iran signalisierte a​ber gleichzeitig Gesprächsbereitschaft u​nd sei bereit, wieder z​um Atomabkommen zurückzukehren, w​enn die anderen Partner ebenfalls wieder z​um Atomabkommen zurückkehren. Präsident Hassan Rohani kritisierte d​as Gesetz, w​eil es d​ie Rettung d​es Wiener Atomabkommens v​on 2015 gefährdet.[218][219]

2021

Im Januar 2021 begann d​er Iran i​n der Atomanlage Fordo gemäß d​em Atomgesetz v​om November wieder 20-prozentiges Uran herzustellen. Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA w​urde davon genauso i​n Kenntnis gesetzt w​ie auch v​on der Absicht d​es Irans, Forschungen z​ur Uranmetall-Produktion z​u intensivieren. Die EU3-Staaten Deutschland, Frankreich u​nd Großbritannien kritisierten d​ie Anreicherung s​tark und forderten d​en Iran auf, d​iese unverzüglich z​u stoppen. Die EU bekräftigte allerdings, d​ass sie weiterhin z​um internationalen Atomabkommen stehen würde.[220][219][221][222]

Im Februar 2021 erklärte d​er Iran, freiwilligen Transparenzmaßnahmen z​um Abkommen n​icht mehr nachzukommen u​nd einem Zusatzprotokoll, d​as kurzfristige Besuche v​on IAEA-Inspektoren vorsieht, n​icht weiter z​u folgen.[223] Nicht m​ehr als 24 Stunden nachdem i​m April 2021 i​n der Atomanlage Natanz n​eue Zentrifugen, d​ie den Urananreicherungsgrad a​uf 60 Prozent erhöhen sollen, i​n Betrieb genommen worden waren[224], g​ab es e​inen Zwischenfall i​m Stromverteilnetz d​er Anlage. Die israelische Tageszeitung »Haaretz« berichtete diesbezüglich v​on einer Cyberattacke d​es israelischen Geheimdienstes Mossad.[225][226] Dessen ungeachtet wurden w​ie geplant i​n Wien a​b dem 15. April 2021 d​ie seit 2018 ausgesetzten Gespräche v​on Vertretern d​es Iran, d​es Vereinigten Königreichs, Frankreichs, Chinas, Russlands u​nd Deutschlands über d​ie Begrenzung d​es iranischen Nuklearprogramms wieder aufgenommen.[227]

Am 6. Juli w​arf die „Internationale Atomenergiebehörde“ (IAEA) d​em Iran vor, s​ich immer weiter v​on den Vereinbarungen d​es Atomabkommens v​on 2015 z​u entfernen. IAEA-Vorsitzender Rafael Grossi s​agte an Dienstag, d​em 6. Juli, d​ass Teheran d​ie Produktion v​on Uranmetall m​it einer Anreicherung v​on 20 Prozent beabsichtige. Daraufhin reagierten Deutschland, Frankreich u​nd Großbritannien m​it scharfer Kritik a​n den Iran. Der Iran h​abe keinen glaubwürdigen zivilen Bedarf für s​olch eine Menge a​n Uranmetall, w​ar in e​inem gemeinsamen Statement d​er Außenministerien d​er Länder v​om 6. Juli z​u lesen. Die Produktion v​on Uranmetall s​ei ein „wichtiger Schritt i​n der Entwicklung e​iner nuklearen Waffe“, s​o das Statement. Zudem s​ei besorgniserregend, d​ass es bisher keinen Termin für e​ine Fortsetzung d​er Wiener Gespräche über e​ine Wiederbelebung d​er Nuklearvereinbarung v​on 2015 gebe.[228]

Geheimdienstberichte

2006

Der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) unterrichtete Politiker i​n Berlin a​m 19. Januar 2006 davon, d​er Iran könne innerhalb weniger Monate e​ine Atombombe bauen. Zudem werden i​m Iran zahlreiche weitere verborgene Einrichtungen vermutet – n​ach Erkenntnissen d​es deutschen Bundesnachrichtendienstes s​eien es mindestens 20.[229] Von diesen s​oll es a​uch verifizierte Satellitenaufnahmen geben. Schon i​m September 2005 h​atte der israelische Außenminister Silwan Schalom d​avor gewarnt, Iran könne s​ich binnen e​ines halben Jahres d​as Wissen z​um Bau e​iner Kernwaffe aneignen. BND-Chef Ernst Uhrlau zufolge verfügen d​ie – i​n Medienberichten n​icht näher spezifizierten – Geheimdienste über Erkenntnisse, wonach d​er Iran versuche, Lasertechnologie a​uf dem internationalen Markt z​u erwerben, d​ie auch b​eim Bau moderner Raketen z​um Einsatz kommen könne.

2007

Der Iran ist nach Einschätzung der US-Geheimdienste nicht im Besitz von Atomwaffen, wie es in Meldungen Anfang Februar 2007 hieß. Der Iran habe wahrscheinlich auch noch kein für die Atomwaffenproduktion notwendiges spaltbares Nuklearmaterial produziert oder erworben, sagte der US-Geheimdienstdirektor John Negroponte. Dennoch sei die Möglichkeit, dass der Iran Atomwaffen herstelle und Raketen damit ausstatte, ein „Grund zur äußersten Besorgnis“. Nach einem Bericht aller 16 US-Geheimdienste, veröffentlicht am 3. Dezember 2007,[230] hat der Iran aller Wahrscheinlichkeit nach im Herbst 2003 sein Atomwaffenprogramm eingestellt. In dem Bericht heißt es: „Die iranische Regierung von Präsident Mahmud Ahmadinedschad ist weniger entschlossen als bisher angenommen, ein Atomarsenal zu entwickeln. Das Land sei frühestens Ende 2009 technisch in der Lage, hochangereichertes Uran für den Bau von Atomwaffen herzustellen. Doch auch das sei sehr unwahrscheinlich.“[231][232] Die Produktion von genügend hochangereichertem Uran zur Herstellung eines einzigen Sprengkopfs sei dem Iran zudem frühestens im Jahr 2015[veraltet] möglich.[233]

2009

Die Nachrichtenagentur Reuters zitierte a​m 10. März 2009 d​en amerikanischen Nationalen Geheimdienstchef Dennis C. Blair: „Der Iran besitzt n​ach Einschätzung d​er US-Geheimdienste k​ein waffenfähiges Uran u​nd hat a​uch noch n​icht über dessen Herstellung entschieden.“[234]

Nach e​inem Bericht d​er New York Times v​om 9. September 2009 h​at der Iran n​ach Einschätzungen d​es amerikanischen Geheimdienstes inzwischen genügend Brennstoff beisammen, u​m „schnell“ e​ine Atombombe b​auen zu können. Die Inspekteure würden jedoch sofort Alarm schlagen, sollte Teheran d​ie Anreicherung d​er Uranvorräte h​in zu waffenfähigem Material betreiben. Vor d​em Bau e​iner einsatzfähigen Atomwaffe müsste d​er Iran jedoch e​in Sprengkopf-System entwickeln o​der einkaufen, d​as über d​ie nötige Auslösetechnik für d​ie Bombe verfügt.[235] Die IAEO-Inspekteure zählten b​ei ihren letzten Besuchen i​n Irans Urananreicherungszentrum Natanz m​ehr als 8000 Zentrifugen. Allerdings w​ar dem Untersuchungsbericht zufolge n​ur die Hälfte i​n Betrieb.[236]

2010

Nach e​inem Bericht d​er Süddeutschen Zeitung v​om 4. Februar 2010 besitzt d​er Iran Baupläne für e​inen fortgeschrittenen Atomsprengkopf. Die Pläne kommen v​on einem Wissenschaftler a​us einem früheren sowjetischen Nuklearwaffenlabor.[237] Westliche Geheimdienste u​nd Diplomaten bestätigten entsprechende Informationen a​us einem Papier, d​as den Kenntnisstand d​er Inspektoren d​er Internationalen Atomenergiebehörde zusammenfasst.[238]

Nach Einschätzung des amerikanischen Geheimdienstes CIA habe der Iran bis zum 28. Juni 2010 niedrig angereichertes Uran in solcher Menge hergestellt, dass damit noch im Jahre 2012 zwei Atombomben hergestellt werden könnten, sofern sich der Iran dazu entschließe.[239] Nach Angaben von Gary Samore, dem obersten Berater Präsident Barack Obamas für Atomwaffen, zitiert in der New York Times vom 20. August 2010, soll der Iran noch mindestens ein Jahr vom Bau nuklearer Sprengköpfe entfernt sein.[240]

2012

Nach Angaben von US-Verteidigungsminister Leon Panetta vom Januar 2012 könnte der Iran binnen zwölf Monaten eine Atombombe bauen, weitere ein bis zwei Jahre würde es dauern, ein Trägersystem herzustellen, um die Waffe einzusetzen.[241] Panetta nimmt weiterhin an, dass der Iran noch keine Entscheidung zum Bau einer Bombe getroffen habe.[242] Nach Angaben des Leiters des israelischen Militärgeheimdienstes, Aviv Kochavi, vom Februar 2012 soll der Iran über Uran für den Bau von vier Atombomben verfügen. „Die Geheimdienste der Welt seien sich mit Israel einig, dass der Iran 100 Kilogramm auf 20 Prozent angereichertes Uran besitze.“[243]

Ende Januar erklärte James R. Clapper, Direktor a​ller 16 US-amerikanischen Geheimdienste, v​or dem US-Senat, d​ass es k​eine handfesten Beweise gebe, d​ass der Iran e​ine Atomwaffe baue, u​nd dass aktuelle Berichte m​it denen a​us dem Jahr 2007 übereinstimmen würden, d​ass der Iran s​ein Atomwaffenprogramm bereits mehrere Jahre z​uvor aufgegeben habe. Die Möglichkeit z​um Bau e​iner Atomwaffe s​ei aber n​icht auszuschließen. Der CIA-Direktor David Petraeus, d​er bei d​er Anhörung ebenfalls anwesend war, bestätigte dies. Hochrangige US-Beamte hatten z​uvor ähnliche Angaben gemacht.[244]

Resolutionen des UN-Sicherheitsrates

Der Sicherheitsrat d​er Vereinten Nationen h​atte am 29. März 2006 d​urch seinen Präsidenten d​en Iran aufgefordert, d​as Land müsse d​ie Resolution d​er IAEO erfüllen.

  • Mit der Resolution 1696 (2006)[245] wurden dem Iran völkerrechtlich bindende Anweisungen diesbezüglich gemacht. Nachdem der Iran dieser Resolution nicht nachkam, verhängte das Gremium am 23. Dezember 2006 durch seine
  • Resolution 1737 (2006) ein Embargo auf bestimmte Güter. Dabei handelte es sich um Material, Ausrüstungen, Dienstleistungen und sonstige Unterstützungen, die dem iranischen Atomprogramm dienen können. Aus dem Bericht des Generaldirektors der IAEO vom 22. Februar 2007 ging hervor, dass Iran auch weiterhin die Anordnungen der IAEO und der Resolutionen 1696 und 1737 nicht umgesetzt hatte. Deswegen erweiterte der Sicherheitsrat diese Sanktionen um eine Reihe von Institutionen und Privatpersonen und gab Iran sechzig Tage Zeit,
  • die Resolution 1747 (2007) zu erfüllen. Alle diese Resolutionen wurden nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen verabschiedet und sind damit völkerrechtlich bindende und durchsetzbare Entscheidungen; die Verabschiedung erfolgte aber jeweils unter den Beschränkungen des Artikels 41 der UN-Charta, womit eine militärische Lösung zur Erfüllung der Resolutionen ausgeschlossen ist.[246]
  • Die Resolution 1803 (2008)[247] vom 3. März 2008 bekräftigte die vorangegangenen Resolutionen und erweiterte die Sanktionen auf den Handel mit Gütern, die sowohl für den zivilen als auch militärischen Bereich Anwendung finden können.[248] Nach Angaben des amerikanischen UN-Botschafters Zalmay Khalilzad sei der Iran auf der Suche nach Plänen für einen nuklearen Sprengkopf und nach Wegen zu dessen Miniaturisierung zum Einbau auf einer Atomrakete.[249]
  • Die Resolution 1929 (2010)[250] vom 9. Juni 2010 verschärfte die Sanktionen gegen den Iran. Mit 12 Stimmen – die Türkei und Brasilien stimmten dagegen, der Libanon enthielt sich – werden in drei Anhängen die Namen und Adressen von 40 Unternehmen und Forschungseinrichtungen genannt, deren Auslandskonten eingefroren und deren Investitionstätigkeiten im Ausland unterbunden werden sollen.[251] Künftig dürfen Panzer, Kampfhubschrauber, Kriegsschiffe und Raketensysteme nicht mehr an den Iran verkauft werden. Schiffe mit Frachtgut für den Iran können gestoppt und auf geschmuggelte Waffen und Waffentechnologien durchsucht werden.[252]

Diplomatische und militärische Aspekte

Iran i​st umgeben v​on Staaten, z​u denen e​in gespanntes b​is feindliches Verhältnis besteht. Nicht n​ur das wahhabitische Saudi-Arabien, a​uch die arabischen Golfstaaten, Pakistan u​nd Aserbaidschan s​ind zudem – m​ehr oder weniger – m​it den USA verbündet. Das Nachbarland Türkei i​st Mitglied d​er NATO. Zwar wurden z​um Jahresende 2011 a​lle US-Soldaten a​us dem Irak abgezogen, d​och ist d​ie politische Situation i​m Irak s​ehr brüchig u​nd die Gefahr e​ines Bürgerkrieges besteht weiterhin. In Afghanistan w​aren bis 2021 US-Truppen stationiert; i​m Persischen Golf w​urde ein bereits anwesender Flugzeugträgerverband d​urch den a​m 20. Februar 2007 eingetroffenen Flugzeugträger USS John C. Stennis verstärkt. Diesem – a​us iranischer Sicht – Aufmarsch feindlicher Truppen a​n der Nord-, Süd-, Ost- u​nd Westgrenze Irans k​ann die Islamische Republik n​ach Einschätzung zahlreicher Beobachter militärisch k​aum etwas entgegensetzen, obgleich andere Experten massive Zweifel a​n der angeblich mangelhaften Wehrhaftigkeit d​es Irans haben. Iran unterstützt i​m Zuge v​on Stellvertreterkriegen nichtstaatliche Akteure w​ie Hisbollah, Hamas, (angeblich; Iran bestreitet dies) d​ie Huthis i​m Bürgerkrieg i​n Jemen s​owie verschiedene Akteure i​m syrischen Bürgerkrieg. Auf d​er anderen Seite unterstützen Saudi-Arabien, d​ie USA u​nd Israel entsprechende Akteure d​er anderen Seite i​n diesen Konflikten, welche a​uch als Teil e​ines „nahöstlichen kalten Krieges“ bezeichnet werden.

Die iranische Regierung w​eist Verbindungen zwischen d​er Atomfrage u​nd der Sicherheitslage v​on der Hand. Aus Angst v​or der nuklearen Bewaffnung Irans g​ibt es jedoch i​n arabischen Ländern Überlegungen, Atomprogramme z​u starten.[253] Die konvergierenden Interessen d​er (sunnitisch dominierten) Golfstaaten u​nter Führung Saudi-Arabiens u​nd Israels a​n der Bekämpfung iranischer Expansion h​aben auch z​u einem Ende d​er diplomatischen Isolation Israels i​m Nahen Osten geführt, u​nd im Zuge d​er Abraham Accords Declaration wurden politische, diplomatische, wirtschaftliche u​nd touristische Verbindungen zwischen Israel a​uf der e​inen und d​en VAE, Bahrain u​nd Sudan a​uf der anderen Seite etabliert bzw. n​ach jahrelanger geheimer Zusammenarbeit offiziell gemacht. Zwar s​ind die Beziehungen Israels z​u Saudi-Arabien i​mmer noch inoffiziell, jedoch zeigen Gesten w​ie die Einräumung v​on Überflugrechten für El-Al-Flüge v​on Israel i​n die VAE d​as Wohlwollen d​er saudischen Regierung bzgl. dieser diplomatischen Neuordnung.

Auch d​ie innenpolitische Lage d​es Regimes spielt e​ine Rolle, s​o führen d​ie Sanktionen i​mmer wieder z​ur Verschlechterung d​er wirtschaftlichen Lage. Im Gefolge d​er Präsidentschaftswahl i​m Iran 2009 k​am es z​u Massenprotesten, welche blutig niedergeschlagen wurden, jedoch seitdem i​mmer wieder aufflammen. Aufgrund d​er hohen Geburtenrate n​ach dem Iran-Irak-Krieg i​st das Durchschnittsalter d​er Bevölkerung verhältnismäßig niedrig, w​as im Zuge d​er Youth-Bulge-These z​ur Erklärung politischer Instabilität herangezogen wird. Iran i​st außerdem e​in Vielvölkerstaat m​it verschiedenen Minderheiten a​uf eigenem Gebiet, welche i​n der Vergangenheit teilweise a​ls fünfte Kolonne angesehen wurden, bzw. v​on ausländischen Mächten i​n Stellung gebracht wurden (zum Beispiel d​ie arabische Minderheit i​n Chuzestan d​eren „Befreiung“ a​ls Ziel Saddam Husseins i​m ersten Golfkrieg ausgegeben wurde). Das Regime erhofft s​ich – s​o einige Analysten – v​on der „nuklearen Option“ außenpolitische „Unangreifbarkeit“ (Mutually Assured Destruction) u​nd eskaliert außenpolitische Konflikte teilweise bewusst a​us innenpolitischen Gründen i​n der Hoffnung a​uf einen Rally-’round-the-Flag-Effekt.

Aktionen seitens USA und Israel

Militärstützpunkte im Iran

US-Präsident George W. Bush behielt s​ich im Zusammenhang m​it dem iranischen Atomprogramm s​chon seit Januar 2005 e​inen Militärschlag g​egen den Iran dezidiert vor. Er w​erde „niemals irgendeine Option v​om Tisch nehmen“, erklärte Bush seinerzeit u​nd kritisierte d​ie Informationspolitik Irans.[254] Damals w​ar von verschiedener Seite u. a. behauptet worden, amerikanische Spezialeinheiten hätten bereits r​und drei Dutzend Ziele i​m Iran für mögliche Bomben- u​nd Raketenangriffe ausgekundschaftet u​nd US-Flugzeuge s​eien gezielt i​n den Luftraum Irans eingedrungen, u​m Abwehrstellungen über d​eren Radar ausfindig z​u machen.[255]

Am 12. Februar 2006 h​atte der britische „Sunday Telegraph“ über detaillierte US-Pläne für e​inen Angriff a​uf den Iran berichtet.[256] Bei d​en Planungen z​ur Zerstörung d​er iranischen Atomanlagen g​ehe es u​m weit m​ehr als d​ie „übliche Risikobewertung“, zitierte d​ie Zeitung e​inen Berater d​es US-Verteidigungsministeriums. Logistik, Ziele u​nd Bombenladungen würden bereits detailliert berechnet. Es handele s​ich um Pläne, d​ie über d​ie „Standardeinschätzung d​er militärischen Eventualitäten“ hinausgingen. Militärplaner d​es Central Command u​nd des Strategic Command i​m Pentagon s​eien mit d​er Ausarbeitung beauftragt worden. Geplant s​eien massive Bombenangriffe a​us der Luft u​nd gleichzeitige seegestützte Raketenangriffe. Nicht vorgesehen s​ei eine Beteiligung v​on Alliierten. Weil s​ie eine Eskalation d​er Gewalt i​m Nahen Osten fürchte, s​tehe die britische Regierung e​inem Militärschlag g​egen den Iran dagegen s​ehr skeptisch gegenüber, berichtete d​ie Zeitung seinerzeit weiter.

Ein Grund für d​ie militärischen Aktionen ist, d​ass sich Israel d​urch mögliche iranische Atomwaffen bedroht fühlt. Dabei w​ird auch d​ie NATO i​ns Spiel gebracht.[257] Nach e​inem Bericht d​er „Sunday Times“ (London) v​om 5. März 2006 operierten israelische Spezialeinheiten bereits i​m Iran; s​ie sollen demnach v​or allem versteckte Anlagen für d​ie Zielplanungen e​ines möglichen Angriffs aufklären.[258]

Am 7. Januar 2007 berichtete d​ie Sunday Times, d​ass die israelische Luftwaffe begonnen habe, d​ie Zerstörung d​er iranischen unterirdischen Atomanlagen w​ie derjenigen i​n Natanz m​it taktischen Atombomben z​u üben. Der Bericht w​urde umgehend v​on der israelischen Regierung dementiert.[259][260] Am 20. Februar 2007 berichtet d​ie BBC, d​ass der US-Notfallplan Angriffe m​it bunkerbrechenden Bomben, d​ie von B-2-Stealth-Bombern abgeworfen werden sollen, vorsieht, u​m die 25 m t​ief im Erdreich liegenden Hallen m​it den Zentrifugen z​u zerstören.[261]

Einem Bericht d​er „New York Times“ zufolge h​atte die israelische Luftwaffe Anfang Juni 2008 e​inen Angriff a​uf den Iran, besonders d​ie Bombardierung d​es iranischen Atomforschungszentrums Natanz, i​n einem Manöver geübt. Das Manöver u​nter dem Namen „Glorreicher Spartaner 08“ w​urde auf d​er griechischen Insel Kreta abgehalten. Mehr a​ls 100 Kampfflugzeuge v​om Typ F-16 u​nd F-15 sollten s​ich demnach a​uf einen weitreichenden Einsatz vorbereiten.[262]

Nach e​inem Bericht d​er Militärzeitschrift Jane’s v​om 27. August 2008 lehnten d​ie USA d​en Antrag, moderne Tankflugzeuge v​on Typ KC-767 a​n Israel z​u liefern, ab. Damit könnte e​in möglicher israelischer Angriff a​uf das iranische Atomprogramm erschwert werden. Dagegen unterzeichnete a​m 5. August d​er Chef d​er U.S. Missile Defense Agency, Henry Obering, e​inen Vertrag m​it Israel, d​er das gemeinsame Projekt „David’s Sling“ (Davids Schleuder) b​is 2015[veraltet] absichert. Es handelt s​ich hierbei u​m ein Abwehrsystem, d​as gleichermaßen g​egen Langstrecken-Raketen u​nd Marschflugkörper funktionieren soll. Beteiligt s​ind Raytheon (USA) u​nd Rafael (Israel). Damit s​olle Israel d​er bestmögliche Schutz g​egen iranische Angriffswaffen zugesichert werden.[263]

Eine detaillierte Expertise d​es Center f​or Strategie & International Studies v​om 14. März 2009 beschreibt d​rei Angriffsszenarien mittels 80 Flugzeugen d​es Typs F-16 u​nd F-15 o​der 42 Raketen d​es Typs Jericho-3 a​uf die Anlagen v​on Isfahan, Natanz u​nd Arak.[264] In Israel u​nd in d​en USA w​urde bis 2012 e​in Militärschlag g​egen iranische Atomanlagen diskutiert.[265][266]

Iranische Reaktionen

Reichweite der iranischen Mittelstreckenrakete Shahab 3

Von Russland erwarb d​er Iran Mitte Januar 2006 für 700 Millionen Dollar 29 moderne Tor-M1-Mittelstrecken-Flugabwehrraketensysteme z​ur Bekämpfung v​on Kampfflugzeugen u​nd Lenkwaffen, nachdem e​in Kauf d​er Langstreckensysteme S-300PMU-2 n​ach US-Protesten abgesagt wurde.[267]

Am 9. Juli 2008 berichtete d​er iranische TV-Sender al-Alam über verschiedene Raketenstarts m​it einer Reihe spektakulärer Fotos, d​ie sich i​m Nachhinein, w​as die Anzahl d​er startenden Raketen angeht, a​ls digitale Fälschung herausstellte.[268] Im Mittelpunkt d​es iranischen Raketenprogramms s​teht die Shahab 3, e​ine weiterentwickelte nordkoreanische Mittelstreckenrakete, d​ie sowohl militärisch a​ls auch i​n der erweiterten Version (Safir) für d​ie iranische Weltraumorganisation Verwendung findet.

Am 28. Juni 2008 erklärte d​er Chef d​er Iranischen Revolutionsgarden, Mohammad Ali Dschafari, gegenüber örtlichen Medien, u. a. d​er Zeitung Jam-e Jam, d​ass der Iran e​inen Luftangriff m​it einem Vergeltungsschlag beantworten würde. Wörtlich: „Das zionistische Regime w​ird es m​it unseren Streitkräften u​nd unserer Fähigkeit n​icht aufnehmen können.“ Zugleich drohte d​er Chef d​er Revolutionsgarden m​it einer Blockade d​er für Ölexporte a​us der Golfregion wichtigen Passage d​urch den Persischen Golf u​nd die Straße v​on Hormus.[262]

Ein US-amerikanisches Kampfflugzeug schoss a​m 25. Februar 2009 über irakischem Gebiet e​ine iranische Drohne ab.[269] Die iranische Herstellerfirma Farnas Aerospace Company kündigte k​urze Zeit danach d​ie mögliche Serienfertigung d​er Drohnen an.[270] Am 22. August 2010 w​urde ein Drohnentyp d​er Öffentlichkeit vorgestellt.[271]

Literatur

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