Federica Mogherini
Federica Mogherini (* 16. Juni 1973 in Rom) ist eine italienische Politikerin (PD/SPE) und war vom 22. Februar bis 31. Oktober 2014 Außenministerin Italiens sowie vom 1. November 2014 bis 30. November 2019 Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik.[1] Seit dem 1. September 2020 ist sie Rektorin des College of Europe in Brügge.[2][3]
Ausbildung
Mogherini studierte Politikwissenschaft an der Universität La Sapienza in Rom und schloss mit einer Arbeit über das Verhältnis zwischen Religion und Politik im Islam ab.[4] Anschließend absolvierte sie einen Erasmus-Aufenthalt an der Universität Aix-en-Provence in Frankreich.
Politische Karriere
Frühe Jahre
Mogherinis politische Laufbahn begann 1988 mit dem Eintritt in den Jugendverband der Kommunistischen Partei Italiens „Partito Comunista Italiano“, der „Federazione Giovanile Comunista Italiana“ (FGCI). 1996 trat sie der Jugendorganisation der Linksdemokraten (kurz DS, italienisch Democratici di Sinistra) bei. Von 1999 bis 2001 war sie stellvertretende Vorsitzende des Europäischen Zusammenschlusses Junger Sozialisten (kurz ECOSY, European Community Organisation of Socialist Youth). Ab 2001 war sie Mitglied im Parteirat der Linksdemokraten. Mogherini war dort schließlich für außenpolitische Angelegenheiten zuständig und pflegte unter anderem die Beziehungen zu den US-amerikanischen Demokraten.
Als Abgeordnete
2008 zog sie für die Demokratische Partei in die italienische Abgeordnetenkammer ein, wo sie nach ihrer Wiederwahl 2013 in den Ausschüssen für Äußeres und Verteidigung tätig war. Ab Februar 2009 war sie im Parteivorstand des PD (Nachfolgepartei der Linksdemokraten) für Gleichberechtigung zuständig,[5] ab Dezember 2013 für Europapolitik. Am 1. August 2013 übernahm sie den Vorsitz in der italienischen Delegation bei der Parlamentarischen Versammlung der NATO.
Außenministerin Italiens
Am 22. Februar 2014 wurde Mogherini zur italienischen Außenministerin ernannt. Sie war nach Susanna Agnelli und Emma Bonino die dritte Frau, die dieses Amt bekleidete, und die mit Abstand jüngste. Unter ihrer Führung erreichte das italienische Außenministerium die Freilassung der Sudanesin Maryam Ibrahim.[6][7]
Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik
Am 2. August 2014 bestätigte der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi formell die Kandidatur Italiens mit Federica Mogherini für das Amt der Hohen Vertreterin der EU für die Außen- und Sicherheitspolitik.[8] Am 30. August 2014 wurde bekannt gegeben, dass sie die Nachfolge von Catherine Ashton in diesem Amt antreten soll. Gleichzeitig leitete sie den Europäischen Auswärtigen Dienst und ist eine von sieben Vizepräsidenten der Europäischen Kommission. Am 22. Oktober 2014 wurde sie mit den anderen Mitgliedern der Kommission Juncker vom Europaparlament gewählt und trat ihr Amt am 1. November an.
Am 8. Dezember 2014 reiste Mogherini mit den EU-Kommissaren für Humanitäre Hilfe Christos Stylianides und EU-Nachbarschaftspolitik Johannes Hahn nach Istanbul, um gemeinsam mit der türkischen Regierung die weitere Zusammenarbeit zwischen der EU und der Türkei zu koordinieren.[9]
Nachdem die EU die neue ukrainische Regierung mit einem Milliardenprogramm unterstützt hatte, drängte sie die Ukraine, die versprochenen Reformen umzusetzen. Bei einem Treffen mit ukrainischen Regierungsvertretern machte sie klar, dass die EU keine weiteren Hilfen auszahlen werde, wenn die Regierung nicht die notwendigen Reformen zum Aufbau eines Rechtsstaats vornehme.[10]
Im Dezember 2014 traf Mogherini US-Außenminister John Kerry zu Gesprächen im Rahmen des EU-US-Energierats. Die Sitzungen, von denen die letzte in Brüssel stattfand, waren Teil der politischen und praktischen Reaktion auf die Krise in der Ukraine. Federica Mogherini machte sich gegenüber John Kerry für die Aufnahme eines Energiekapitels in das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) stark.[11]
Am 4. März 2015 gab sie gemeinsam mit Erweiterungskommissar Johannes Hahn den Startschuss der Konsultationen zur zukünftigen EU-Nachbarschaftspolitik.[12]
Bis Mitte Juli 2015 schloss sie die Verhandlung mit dem Iran als mitverantwortliche Verhandlungsführerin erfolgreich ab. Als Ergebnis hoben die USA, die EU und die Vereinten Nationen zuvor verhängte Sanktionen auf. Im Gegenzug stimmte der Iran einer langfristigen Drosselung seines Nuklearprogramms zu.[13][14]
Ende September 2015 kündigte die EU-Außenbeauftragte eine Ausweitung des Militäreinsatzes gegen Schlepper im Mittelmeer an, um kriminelle Schleuser wirksamer zu bekämpfen.[15]
In ihrer Grundsatzrede zur neuen globalen Strategie für die Europäische Union im Juni 2016, legte sie fünf Prioritäten fest: Sicherheit, staatliche und gesellschaftliche Widerstandskraft im Osten und Süden der EU, ein integrierter Ansatz in der Konfliktbewältigung, kooperative Regionalstrukturen und eine „Global Governance“ des 21. Jahrhunderts. Sie setzt damit den Fokus ihrer Außenpolitik vermehrt auf Soft Power, Pragmatismus und maßgeschneiderte Lösungen sowie regionale Governance.[16]
Zusammen mit EU-Kommissar Johannes Hahn machte sie im Juli 2016 bezüglich des Ausnahmezustand in der Türkei nach dem Putschversuch deutlich, dass dieser „nicht zum Vorwand genommen werden darf, die Meinungsfreiheit noch weiter einzuschränken und Kritiker oder Andersdenkende zu kriminalisieren und zu verfolgen. Das Recht jedes Individuums auf eine objektive Untersuchung der Vorwürfe und auf einen fairen Prozess muss gewährleistet sein.“[17]
Sie schied am 30. November 2019 mit dem Ende der Kommission Juncker aus dem Amt. Ihr Nachfolger wurde Josep Borrell.[18]
Positionen
Russland
Im Januar 2015 verbreitete Mogherini unter den Außenministern der EU ein Diskussionspapier, in dem eine Wiederannäherung der EU an Russland untersucht wurde. Darin wurde auch ein Weg beschrieben, die Internationalen Sanktionen gegen Russland zu reduzieren. Der Vorschlag erntete harsche Reaktionen aus dem Vereinigten Königreich und Polen, während gleichzeitig die Kämpfe in der Ukraine an Schärfe zunahmen.[19]
Im Februar 2017 sagte Mogherini, dass „so lange das Minsker Abkommen nicht vollständig implementiert ist, die Sanktionen [gegen Russland] Bestand haben werden“.[20] Im März 2017 veröffentlichten Dutzende Journalisten, Analysten und Politiker einen offenen Brief an Mogherini, der vom European Values Think-Tank angestoßen worden war. Darin kritisieren sie Mogherinis Reaktion auf die russische Politik. Hiernach versuche sie zu vermeiden, Russland als den Hauptverursacher „feindlicher Desinformation“ zu benennen. Sie warfen ihr außerdem vor, Russlands Aggressionen beständig abzuwiegeln.[21][22]
Am 24. April 2017 traf Mogherini auf einer Russlandreise offiziell ihren russischen Amtskollegen Sergej Lawrow. Dabei diskutierten sie die Umsetzung des Minsk-Abkommens, die Annexion der Krim, Homophobie in Russland und die Diskriminierung Tschetscheniens. Mogherini bekundete, dass sie eine Politik der Kooperation statt der Konfrontation unterstütze.[23]
Privates
Mogherini ist die Tochter des Regisseurs Flavio Mogherini. Sie ist mit Matteo Rebesani, einem ehemaligen persönlichen Referenten des früheren Bürgermeisters von Rom, Walter Veltroni,[24] verheiratet und hat zwei Töchter.[25]
Neben ihrer Muttersprache Italienisch spricht sie fließend Französisch und Englisch und verfügt über gute Spanischkenntnisse.[26]
Auszeichnungen
- 2014: Großkreuz des Ordens von San Marino
- Großoffizier des Verdienstordens der Italienischen Republik
- 2016: Internationaler Demokratiepreis Bonn[27]
- 2016: Hessischer Friedenspreis[28]
- 2017: Kaiser-Otto-Preis der Stadt Magdeburg
- 2019: Theodor-Wanner-Preis
- 2021: Mitglied der American Academy of Arts and Sciences
Literatur
- Margaretha Kopeinig, Helmut Brandstätter: So kann Europa gelingen. Gespräche mit Werner Faymann, Sigmar Gabriel, Federica Mogherini. Kremayr & Scheriau, Wien 2014, ISBN 978-3-218-00967-6.
Weblinks
Einzelnachweise
- Junckers Team geht an den Start. MDR, 1. November 2014, archiviert vom Original am 1. November 2014; abgerufen am 1. November 2014.
- Federica MOGHERINI is appointed Rector of the College of Europe from 1 September 2020. College of Europe, 26. Mai 2020, abgerufen am 2. Juni 2020.
- Student welcome speech at the Bruges campus by Rector MOGHERINI. In: https://www.coleurope.eu. 8. September 2020, abgerufen am 15. Oktober 2020.
- Agli esteri Federica Mogherini: europeista, pacifista, antirazzista, filo-Usa, filo-Ong. (italienisch) In: ImolaOggi.it. 21. Februar 2014, abgerufen am 11. Juli 2014
- James Panichi: Federica Mogherini – Italy’s scapegoat. In: Politico. Politico sprl, 24. August 2014, abgerufen am 15. Mai 2018 (englisch, siehe Box mit Lebenslauf).
- Sudan: amb. in Italia, Meriam a Roma grazie a amicizia tra nostri paesi (Italian) In: Adnkronos. Abgerufen am 1. September 2014.
- Woman who faced death for faith is free, CNN website.
- Renzi scrive a Juncker e candida ufficialmente Federica Mogherini al Pesc
- TTIP: Mogherini fordert von USA Energiekapitel
- Mogherini kritisiert Nachbarschaftspolitik der Vorgängerkommission
- Mogherini zum Atom-Deal mit Iran: „Dies ist ein historischer Tag“
- Kai Küstner: Italienerin mit diplomatischem Geschick. In: tagesschau.de. Tagesschau, 28. Dezember 2015, abgerufen am 29. Dezember 2015.
- Mogherini kündigt baldigen Start von Militäreinsatz gegen Schlepper an
- Mogherinis globale Strategie: Mehr als nur ein Nullsummenspiel
- Hahn und Mogherini warnen vor Einschränkung der Pressefreiheit in Türkei
- dpa: Die neuen Kommissare: Von alten Hasen und Neulingen - die neue EU-Kommission. In: Die Zeit. 27. November 2019, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 1. Dezember 2019]).
- Christian Oliver, Roman Olearchyk and Henry Foy: EU foreign ministers attack call to soften Russia stance, Financial Times, 19. Januar 2015.
- „EU's Mogherini: U.S. says will fully implement Iran nuclear deal“, Reuters, 10. Februar 2017.
- Ryan Heath: Federica Mogherini ‘soft’ on disinformation, critics say. In: Politico, 22. März 2017.
- Open Letter of European security experts to Federica Mogherini. European Values. März 2017.
- http://www.kommersant.ru/doc/3281086
- Federica Mogherini. In: Corriere.it. 31. Oktober 2014, abgerufen am 10. Februar 2015 (ital.)
- Federica Mogherini, ministro degli Esteri. In: QN Quotidiano.net. 21. Februar 2014, abgerufen am 11. Juli 2014 (ital.)
- Lebenslauf auf der Website des EU-Parlaments. Abgerufen am 4. November 2016.
- Pressemitteilung. (PDF; 246 KB) Internationaler Demokratiepreis Bonn 2016. Juli 2017, abgerufen am 15. Mai 2018 (Datum aus URL entnommen).
- hessenschau.de: Hessischer Friedenspreis 2016 geht 2017 an EU-Außenbeauftragte, 2. Juni 2017, letzter Aufruf: 2. Juni 2017.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
---|---|---|
Catherine Ashton | Hoher Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik 1. November 2014–30. November 2019 | Josep Borrell |