Energieversorgung
Energieversorgung bezeichnet in Wirtschaft und Technik die Belieferung von Verbrauchern mit Endenergie. Energieformen bzw. Energieträger sind dabei einerseits leitungsgebundene Energieträger wie elektrischer Strom bzw. flüssige oder gasförmige Energieträger wie Erd- bzw. Ferngas und Fernwärme, andererseits feste Energieträger wie Kohle, Koks oder Holz. Zukünftig werden regenerative Energien vermehrt an Bedeutung gewinnen.
Begriff
Die insbesondere in Deutschland gebräuchliche, am Energiewirtschaftsgesetz orientierte Verwendung meint mit „Energieversorgung“ allein die Versorgung von Endverbrauchern mit leitungsgebundenen Energieträgern wie (Elektrischer Strom, Ferngas, Fernwärme), also die „letzte Meile“ (englisch Downstream).
Im weiteren Sinne, insbesondere bei der Bezeichnung als Wirtschaftszweig, beispielsweise gemäß NACE, beinhaltet der Begriff alle Energieträger und die gesamte Wertschöpfungskette von der Erschließung der Energiequellen bis zur Verteilung an Endverbraucher. Dies umfasst alle Vorstufen wie Stein- und Braunkohlebergbau oder Öl- und Gasförderung, also die Gewinnung von Energierohstoffen (englisch Upstream), dann Ferntransport, Speicherung und Veredelung z. B. in Pipelines und Erdölraffinerien (englisch Midstream) sowie die nicht-leitungsgebundene Verteilung von Fest- und Flüssigbrennstoffen. Diese weit gefasste Bedeutung wird auch als Energiewesen bezeichnet.
Die Energieversorgung biologischer Systeme gehört dagegen nicht zur hier beschriebenen Begrifflichkeit, sondern wird als Energiestoffwechsel bezeichnet.
Geschichte
Mit Beginn der Nutzung des Feuers in der Menschheitsgeschichte erfolgte die Energieversorgung durch gemeinschaftliches Sammeln von Holz – in anderen Klimazonen auch Gräser, Torf, Dung oder Tran – als Energieträger. Mit der Bildung von Siedlungen, Städten und industriellen Ballungszentren gewann der Handel und die Versorgung mit Energieträgern wie Holz, Kohle, Tranöl und später auch Erdöl, Erdgas und elektrischer Energie immer größere Bedeutung. In industriell hoch entwickelten Ländern haben sich seit dem 19. Jahrhundert Unternehmen mit der Bereitstellung von technisch bequem nutzbarer und wirtschaftlich hervorragend kontrollierbarer Energie für den allgemeinen Verbrauch beschäftigt. Hierbei stand zunächst die Gasversorgung mit Stadtgas, dann die preisgünstige und zuverlässige Erzeugung elektrischer Energie sowie die Übertragung an die Verbraucher im Vordergrund. Die Beschaffung, der Transport und die Verwandlung von Brennmaterial zu Heizzwecken ist ein bedeutender Wirtschaftszweig.
Der Weltenergiebedarf ist ein statistischer Wert der Umsatzdaten aller Energieversorgungsunternehmen. Er ist in den letzten Jahren und Jahrzehnten deutlich angestiegen. Er besagt nichts darüber, wie sich durch die Transformationsprozesse die Ökosysteme verändern.
Energiequellen
Die wichtigste Energiequelle ist die Kernfusion, die in der Sonne stattfindet und deren Energie als elektromagnetische Strahlung auf der Erde eintrifft. Durch Umwandlungsprozesse entstehen aus dieser Sonneneinstrahlung andere Energieformen wie Biomasse, Windenergie, Wasserenergie und langfristig auch fossile Brennstoffe. Die Nutzung der erneuerbaren Energien beruht direkt oder indirekt überwiegend auf dieser Sonneneinstrahlung.
Eine von der Sonneneinstrahlung unabhängige Energiequelle sind radioaktive Zerfallsprozesse im Erdinneren, die bei der Nutzung der Erdwärme die wesentliche Energiequelle darstellen. Ein Kernkraftwerk nutzt zusätzlich die künstlich herbeigeführte Spaltung von Atomkernen als Energiequelle.
Eine weitere Energiequelle ist die Erdrotation, deren Energie aufgrund der mit ihr verbundenen Effekte (Gezeiten) in Gezeitenkraftwerken genutzt werden kann.
Fossile Energiequellen
Die chemische Bindungsenergie der organischen, kohlenstoffhaltigen Substanzen kann sehr leicht durch Verbrennen in thermische Energie überführt werden. Die meisten hochverfügbaren und mit geringem technischem Aufwand verheizbaren Materialien sind Kohlenwasserstoffe, die aus den Zuckern der Kohlenstoff-Assimilation phototropher Pflanzen stammen. Die Energiedichte der bei vollständiger Verbrennung des Ausgangsstoffs freigesetzten Energie pro Kilogramm ist bei fossilen Kohlenwasserstoffen befriedigend. Die fossilen Energieträger sind ein Brennstoffkonzentrat aus prähistorischer Biomasse; sie wurden deshalb zu den bevorzugten Primärquellen der Energieversorgung.
Beim Verbrennen von fossilen Energieträgern wie Öl oder Kohle entstehen große Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid (je ein Kohlenstoffatom und zwei Sauerstoff-Atome bilden ein CO2-Molekül), das zur globalen Erwärmung beiträgt.
Erneuerbare Energien
Die im Sonnenlicht, dem Wind, dem Erdmantel sowie dem Wasser befindliche Energie kann mit Hilfe von Erneuerbaren Energien genutzt werden. Dies geschieht über Windkraftanlagen, Photovoltaik- und Solarthermieanlagen, Geothermiekraftwerke, Wasserkraftwerke sowie die Biomassenutzung. Während die Wasserkraft eine schon seit langer Zeit genutzte Technologie darstellt, handelt es sich bei den anderen Technologien wie der Photovoltaik oder der Stromerzeugung mittels Windenergie um relativ neue Möglichkeiten der Energiewandlung, die erst seit den 1980er und 1990er Jahren verstärkt zum Einsatz kommen, jedoch hohe Wachstumsraten aufweisen. Sie werden in vielen Ländern im Hinblick auf den Umwelt- und Klimaschutz sowie ihrer CO2-Neutralität gefördert.
Hölzer und sonstige Biomasse als Träger energiereicher, unter Nutzung von Sonnenenergie nachwachsender Kohlenstoffverbindungen müssen getrocknet werden und weisen auch dann noch einen geringeren spezifischen Heizwert auf, als die Fraktionsprodukte aus der Mineralölindustrie. Die Erzeugung der Energieträger (Biogas und Biokraftstoff) für Zwecke der Energieversorgung in volkswirtschaftlich relevantem Maßstab ist nicht unproblematisch, wie man dem Spannungsverhältnis zur Lebensmittelversorgung und zu Natur- und Landschaftsschutz entnehmen kann.
Kernspaltung
Die in Kernreaktoren durch die Spaltung schwerer Atomkerne wie Uran und Plutonium entstehende Wärmeenergie wird benutzt, um Wasser zu verdampfen und damit Turbinen anzutreiben, die dann – wie in allen anderen Wärmekraftwerken auch – in Generatoren elektrischen Strom erzeugen. So kann elektrische Energie ohne den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen wie CO2 gewonnen werden, allerdings fallen radioaktive Abfälle an, deren Endlagerung bislang ungeklärt ist.
Die Katastrophe von Tschernobyl hat der Akzeptanz von Kernkraftwerken sehr geschadet und in manchen Staaten wie Italien zum Ausstieg aus dieser Art der Energieerzeugung geführt. Andere Staaten wie Frankreich haben sich davon nicht beeinflussen lassen.
In Schweden wurde 1979 eine Volksabstimmung gegen Kernenergie erfolgreich durchgeführt. Der nachfolgende Beschluss des Parlamentes, keine weiteren Kernkraftwerke mehr zu bauen und die vier vorhandenen bis 2000 abzuschalten, wurde am 5. Februar 2009 revidiert:[1] Das 1980 beschlossene Verbot von Reaktorneubauten wird aufgehoben. Die zehn schwedischen Kernreaktoren dürfen erneuert und erweitert werden. Auch nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima hält Schweden am Einsatz der Kernenergie fest.[2][3] Deutschland plant einen kompletten Ausstieg aus der Kernenergie bis 2022. In der Schweiz wurde, mit Annahme der Energiestrategie 2050 am 21. Mai 2017, ein Bewilligungsverbot für neue Kernkraftwerke erlassen.
Energieträger
Die „Rohenergie“ der Energiequellen wie Erdöl und Uran ist fast nie ohne vorhergehende Wandlung nutzbar und wird deshalb immer zuerst in transportfähige und speicherbare Energieträger umgewandelt. Nur auf diese Weise kann eine flächendeckende Energieversorgung geschaffen werden.
Energieträger werden primäre und sekundäre Energieträger unterschieden. Primäre Energieträger werden direkt gefördert. Es handelt sich zum Beispiel um Erdöl, Kohle und Gas. Sekundäre Energieträger gehen aus primären Energieträgern durch eine verlustbehaftete Wandlung hervor, zum Beispiel Kraftstoffe und Strom.
Die Kombination aus Primär- und Sekundärenergien, die tatsächlich verbraucht wird, bezeichnet man als Endenergie.
Elektrische Energie
Die mit Abstand vielseitigste Energieart ist die elektrische Energie, die Grundlage der Elektrizitätsversorgung. Elektrische Energie lässt sich mit sehr geringen Verlusten in alle anderen Energiearten umwandeln und hat deshalb weltweit eine Vormachtstellung errungen. Die außergewöhnlich universelle Verwendbarkeit der elektrischen Energie drückt sich in der breiten Verfügbarkeit von Wandlern aus, die elektrische Energie in Wärmeenergie (Elektroheizung), kinetische Energie (Motor), Lichtenergie (Leuchtmittel), Schallenergie (Lautsprecher), elektromagnetische Wellen (Sendeanlage), chemische Energieformen (Elektrolyse) oder potentielle Energie (Elektromagnet) umwandeln.
Hauptnachteil der elektrischen Energie ist deren begrenzte Speicherbarkeit. Sie lässt sich zwar in geringen Mengen in Kondensatoren speichern, für nennenswerte Energiemengen sind jedoch verlustbehaftete Umwege über andere Energiearten in Akkumulatoren, Pumpspeicherwerken oder Druckluftspeichern erforderlich. Andere Energiespeicher wie Wasserstoff oder Schwungräder werden dagegen gegenwärtig nur für relativ geringe Energiemengen genutzt (siehe auch Energiespeicher). Die Speicherkapazität des deutschen Erdgasnetzes für Wasserstoff liegt bei mehr als 200.000 GWh und kann den Energiebedarf mehrerer Monate zwischenspeichern.[4] Zum Vergleich: die Kapazität aller deutschen Pumpspeicherkraftwerke beträgt dagegen nur 40 GWh. Das Erdgasnetz ist für die Aufnahme von Wasserstoff geeignet.[5] Der Speicherbedarf einer künftigen Stromversorgung in Deutschland, die zu 80 % auf Windkraft- und Photovoltaikanlagen basiert, wird mit 30.000 GWh abgeschätzt und wäre damit bereits problemlos durch die vorhandenen Gasspeicher zu decken.[6] Die ebenfalls gelegentlich vorgeschlagene Speicherung größerer Energiemengen zum Ausgleich von Schwankungen in der Stromversorgung in ganz Europa mit Pumpspeicherkraftwerken in Skandinavien oder den Alpen ist mit dem gegenwärtigen Stromnetzen nicht realisierbar. Aufgrund der hohen Verluste, die bei Wechselstromübertragung über große Distanzen entstehen, müsste dazu zunächst das derzeitige Höchstspannungsnetz mit 420 kV durch eines mit ca. 1250 kV überlagert oder eine Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) aufgebaut werden.[7]
Andere Energieträger
Errichtung, Betrieb und Instandhaltung elektrischer Übertragungsnetze und die elektrischen Übertragungsverluste verursachen Kosten. Deshalb ist es bei der Standortwahl von Kraftwerken unbedingt erforderlich zu prüfen, ob die Umwandlung in elektrische Energie entfernt vom Ort des Verbrauchs erfolgt (verbrauchsferne Erzeugung) und dann übertragen wird. Mitunter ist es wirtschaftlicher, flüssige oder gasförmige Energieträger wie Öl, Erdgas, Industriegase, Fernwärme und Nahwärme über Rohrleitungen (Pipeline) zu transportieren und Kraftwerke direkt dort zu errichten, wo die elektrische Energie benötigt wird (verbrauchsnahe Erzeugung).
Die Verteilung von Feststoffen wie Steinkohle und Holz oder Kleinmengen von Heizöl und Kraftstoff (Benzin und Dieselkraftstoff) erfolgt durch LKW.
Energiespeicher
Für den Umstieg auf regenerative Energiequellen müssen ausreichend dimensionierte Energiespeicher errichtet werden. Für dieses Fernziel gibt es aktuell noch keinen erprobten und wirtschaftlichen Lösungsansatz. Große Bedeutung als Langfristspeicher wird der Power-to-Gas-Technologie zugebilligt, von der bisher (Stand 2013) jedoch nur eine Reihe von Testanlagen in Betrieb sind. Für die Speicherung kleiner Strommengen über Stunden und Tage stehen Pumpspeicherkraftwerke zur Verfügung. Für Wohn- und Gewerbegebäude existieren Wärmespeicher, in denen während der warmen Jahreszeit gewonnene solarthermische Energie gespeichert werden kann, sodass während des Winterhalbjahres nur geringfügig zugeheizt werden muss (siehe auch: Sonnenhaus).[8] Die Speicherung von fossilen Energieträgern wie Erdgas oder Erdöl zum jahreszeitlichen Ausgleich wird mit Untergrundspeichern bewältigt.
Energieversorgungsunternehmen
Energieversorgungsunternehmen sind Unternehmen, die als Teil der Grundversorgung die Versorgung von Privathaushalten und Gewerbe mit Energie in Form von Strom, Ferngas und/oder Fernwärme bereitstellen. In Deutschland sind Energieversorgungsunternehmen überwiegend kommunale Stadtwerke sowie regionale Tochterunternehmen der großen Regelzonenbetreiber.
Energieversorgungsunternehmen i. S. v. § 3 Nr. 18 EnWG sind „natürliche oder juristische Personen, die Energie an andere liefern, ein Energieversorgungsnetz betreiben oder an einem Energieversorgungsnetz als Eigentümer Verfügungsbefugnis besitzen; der Betrieb einer Kundenanlage oder einer Kundenanlage zur betrieblichen Eigenversorgung macht den Betreiber nicht zum Energieversorgungsunternehmen“.
Wegen der Monopolstellung der Netzbetreiber werden von der Bundesnetzagentur Gewinnobergrenzen festgesetzt. Mögliche Gewinne für die Netzbetreiber ergeben sich aus einem Bonus-/Malussystem für die Netzqualität, die sich an einem Durchschnitt orientieren. Mit Regulierungskonten werden Bonus- oder Malusumstände aus dem einen Jahr erst im Folgejahr für die Netzbetreiber kassenwirksam. Störungen des Netzes die länger als drei Minuten andauern, müssen der Bundesnetzagentur gemeldet werden.
Siehe auch
Literatur
- Wilm Tegethoff: Das Recht der öffentlichen Energieversorgung. ETV seit 1982 (Erstauflage), zusammen mit Ulrich Büdenbender, Heinz Klinger.
- Wilm Tegethoff: Probleme der räumlichen Energieversorgung. Vincentz, Hannover 1986, ISBN 3-87870-765-7.
- Jochen Monstadt: Die Modernisierung der Stromversorgung. Regionale Energie- und Klimapolitik im Liberalisierungs- und Privatisierungsprozess. Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2004, ISBN 3-531-14277-1.
- Thomas Schöne: Vertragshandbuch Stromwirtschaft. Praxisgerechte Gestaltung und rechtssichere Anwendung. Vwew Energieverlag, 2008, ISBN 978-3-8022-0865-2.
- Energieversorgung für die Zukunft. In: Technologien für das 21. Jahrhundert. F. A. Brockhaus, Leipzig/ Mannheim 2000, ISBN 3-7653-7945-X, S. 203–297.
- Brockhaus Mensch, Natur, Technik: Die Zukunft unseres Planeten: Der Energiemix fürs 21. Jahrhundert. Verlag Wissenmedia, ISBN 3-7653-7946-8, S. 274–395.
Weblinks
- Energiestudie: Reserven, Ressourcen und Verfügbarkeit von Energierohstoffen 2016. (Memento vom 23. März 2017 im Internet Archive) (BGR – PDF, 27 MB)
- Energie und Umwelt – Zentrales Problem einer globalisierten Welt. (Memento vom 15. April 2013 im Webarchiv archive.today) Quelle: OEW
- Energie Übersicht Energie Übersicht – Eine visuelle Überprüfung der Förder- und Verbrauchs Trends der Nationen; Daten aus der BP Statistical Review 2009. (deutsch, englisch)
Einzelnachweise
- Schweden erneuert KKW
- Kernkraft in Schweden. In: Schweden aktuell. 30. März 2011, eingefügt am 16. März 2012.
- Kernkraft: Darum stieg Schweden wieder ein. In: Welt am Sonntag. 19. Juni 2011, eingefügt am 16. März 2012.
- Ökostrom als Erdgas speichern (Quelle: Fraunhofer-Institut Stand: 26. April 2010)
- Zumischung von Wasserstoff im Erdgasnetz (Quelle: Deutscher Verein des Gas und Wasserfaches Stand Oktober 2010; PDF-Datei; 176 kB)
- Volker Quaschning: Würde da nicht das Licht ausgehen? In: Sonne Wind & Wärme. 07/2012, S. 10–12.
- Jörg Moll: Der große Blackout und die Strategien dagegen. (Film im wmv-Format), 3sat hitec, 17. Juni 2007.
- Mit 120 Euro Heizkosten durchs Jahr: Im Ganzjahres-Solarhaus in Neustadt. In: Ostthüringer Zeitung. 31. Mai 2012. Abgerufen am 13. Dezember 2013.