Kraftwerk Union

Die Kraftwerk Union AG (KWU) w​ar ein gemeinsames Tochterunternehmen v​on Siemens u​nd AEG. Es betrieb d​en Bau v​on Kraftwerken, insbesondere Kernkraftwerken. Standorte w​aren Mülheim a​n der Ruhr, Erlangen, Berlin-Moabit, Karlstein a​m Main u​nd Offenbach a​m Main. Die KWU s​tand später synonym für d​as Kraftwerksgeschäft v​on Siemens.

Kraftwerk Union AG
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Rechtsform Aktiengesellschaft
Gründung 1969
Sitz Mülheim an der Ruhr, Deutschland
Mitarbeiterzahl 14,000[1]
Branche Kraftwerksbau

Geschichte

  • Nachdem die Kernkraftwerksbereiche von Siemens und der AEG ab 1968 kooperierten, wurde 1969 die Kraftwerk Union AG mit Sitz in Mülheim[2] aus den Kraftwerksabteilungen von AEG und Siemens gegründet. Am Standort Mülheim wurden Dampfturbinen und Generatoren, in Berlin Gasturbinen hergestellt. Entwicklung und Planung fanden an den Standorten Erlangen und Offenbach statt. Im selben Jahr wurde außerdem die Transformatoren Union (TU) von den Konzernen gegründet. AEG hatte bis zu diesem Zeitpunkt nur Siedewasserreaktoren basierend auf der Technik des US-Konzerns General Electric gebaut, während Siemens Druckwasserreaktoren in Lizenz von Westinghouse gebaut hatte. Aber auch das nicht-nukleare Kraftwerksgeschäft von Siemens wurde in die KWU integriert. Fünf Jahre später wurde die AEG-Kernkraftsparte von der KWU übernommen. Eine weitere Sparte bildete die KWU-Umwelttechnik GmbH, die beispielsweise in Kooperation mit der MAN-Gutehoffnungshütte GmbH Schwelbrennanlagen anbot.
  • 1977 wurde Siemens Alleinaktionär der KWU AG.
  • 1978 verkaufte AEG auch Teile an der Transformatoren Union an die KWU. Am 1. Oktober 1987 wurde die Übernahme von KWU und TU vollständig vollzogen.
  • In den 1980er Jahren erlebte die KWU ihre erfolgreichste Zeit mit dem Bau der sogenannten Konvoi-Reaktorlinie. Im Ausland ist die KWU unter anderem beim Bau des Kernkraftwerks Gösgen in der Schweiz, ab 1974 bei dem durch irakische Luftangriffe zerstörten Kraftwerk bei Buschehr (Iran), den Schwerwasserreaktoren Atucha I und II in Argentinien, sowie dem Kernkraftwerk Angra 2 und 3 (für Block 3 wurden nur fast alle Teile geliefert, ging zu KWU-Zeiten aber nicht in Bau) in Brasilien engagiert. Das einzige kommerzielle Kernkraftwerk in Österreich, das Kernkraftwerk Zwentendorf, ging nach der Errichtung durch die KWU nie in Betrieb. In Deutschland war sie über Beteiligungen auch an der Errichtung verschiedener fortgeschrittener Reaktoren beteiligt, so beispielsweise am schnellen Brüter in Kalkar, dem Forschungsreaktor KNK II in Karlsruhe und den Forschungsreaktoren FRM und FRM2 in München.
  • SIEMENS SNP und PG: Der Nuklearbereich der KWU wurde im Juli 2000 unter dem Namen Siemens Nuclear Power GmbH ausgegliedert, der konventionelle Kraftwerks- und Turbinenbereich wurde in Power Generation umbenannt.
  • Ab Anfang der 1990er Jahre begann die französische Framatome zusammen mit der Kernkrafttochter von Siemens mit der Entwicklung des European Pressurized Water Reactor („Europäischer Druckwasserreaktor“). Die deutsche Seite war vor allem für die sicherheitstechnischen Aspekte (Werkstoffprüfung und andere) zuständig. Auch die Leittechnik (Siemens Teleperm M) wurde in Deutschland entwickelt.
  • Die politische und öffentliche Haltung zur Kernkraft in Deutschland sowie die schlechte Auftragslage – die Kernkraftsparte von Siemens war fast nur noch im Wartungs- und Brennstoffgeschäft tätig – führten zu der Entscheidung der Siemens-Konzernspitze, die Kernkraftgeschäfte erneut auszugliedern und die Mehrheitsanteile zu verkaufen.
  • Framatome ANP – Siemens und die französische Firma Framatome bildeten 2001 ein Gemeinschaftsunternehmen: aus Siemens SNP und Framatome wurde Framatome ANP – die Siemens AG erhielt eine Beteiligung von 34 Prozent an Framatome ANP. Im März 2006 erfolgte die Umbenennung in Areva NP.
  • Power Generation (PG) und Power Transmission and Distribution (PTD) blieben als Geschäftsbereiche weiterhin zu 100 Prozent im Siemens-Konzern integriert.
  • Am 18. März 2011 verkaufte Siemens seine gesamten Anteile an Areva NP für 1,62 Milliarden Euro an den Mutterkonzern Areva.[3]
  • 2018 wurde der größte Teil der Areva NP an die EDF verkauft[4] und firmiert seither wieder unter Framatome.

Kernkraftwerke (kommerzielle Leistungsreaktoren)

Die folgenden Kernkraftwerke bzw. Reaktorblöcke wurden v​on der Kraftwerk Union errichtet.[5]

Siedewasserreaktoren (SWR)

Reaktorblock Bezeich-
nung
Land Status Betreiber
KKW WürgassenKWWDeutschlandrückgebaut[6]PreussenElektra
KKW BrunsbüttelKKBDeutschlandAußer BetriebVattenfall
KKW Zwentendorf/TullnerfeldGKTÖsterreichnicht in Betrieb genommenGemeinschaftskernkraftwerk Tullnerfeld GmbH
KKW Philippsburg 1KKP-1DeutschlandAußer BetriebEnBW
KKW Isar 1KKI-1DeutschlandAußer BetriebPreussenElektra
KKW KrümmelKKKDeutschlandAußer BetriebVattenfall
KKW Gundremmingen BKRB-BDeutschlandAußer BetriebRWE
KKW Gundremmingen CKRB-CDeutschlandAußer BetriebRWE

Druckwasserreaktoren (DWR)

Reaktorblock Bezeich-
nung
Land Status Betreiber
KKW ObrigheimKWODeutschlandIm Rückbau (bis 2020)EnBW
KKW StadeKKSDeutschlandIm Rückbau (bis 2023)PreussenElektra
KKW BorsseleKCBNiederlandeBetriebsführungEPZ
KKW Biblis AKWB-ADeutschlandAußer BetriebRWE
KKW Biblis BKWB-BDeutschlandAußer BetriebRWE
KKW Neckarwestheim 1GKN-1DeutschlandAußer BetriebEnBW
KKW Neckarwestheim 2GKN-2DeutschlandBetriebsführungEnBW
KKW UnterweserKKUDeutschlandAußer BetriebPreussenElektra
KKW Trillo 1CNT1SpanienBetriebsführungENDESA
KKW Trillo 2CNT2Spanien1981/82 bestellt, nicht errichtet[7]ENDESA
KKW RegodolaCTSpanien1981/82 bestellt, nicht errichtet[7]
KKW GösgenKKGSchweizBetriebsführungGösgen-Däniken AG
KKW BrokdorfKBRDeutschlandAußer BetriebPreussenElektra
KKW GrohndeKWGDeutschlandAußer BetriebPreussenElektra
KKW Philippsburg 2KKP-2DeutschlandAußer BetriebEnBW
KKW GrafenrheinfeldKKGDeutschlandAußer Betrieb[8]PreussenElektra
KKW EmslandKKEDeutschlandBetriebsführungRWE
KKW Isar 2KKI-2DeutschlandBetriebsführungPreussenElektra
KKW Angra 2ANGBrasilienBetriebsführungEletrobrás
KKW Angra 3 ANG Brasilien In Bau Eletrobrás
KKW Buschehr 1BNPP IranBetriebsführung, modifiziert zu WWER-1000/446Nuclear Power Production & Developement Co. of Iran
KKW Buschehr 2BNPP IranBau abgebrochenNuclear Power Production & Developement Co. of Iran

Weitere ehemals für Deutschland geplante Anlagen v​om Typ Konvoi w​aren das Kernkraftwerk Wyhl (Süd), d​as Kernkraftwerk Hamm, d​as Kernkraftwerk Borken, d​as Kernkraftwerk Pfaffenhofen u​nd der Kernreaktor Biblis C.

Kernkraftwerk Buschehr 1 w​urde durch Atomstroiexport fertiggestellt u​nd entspricht i​m technischen Aufbau n​un der russischen Baulinie WWER-1000/446, n​icht den KWU-Druckwasserreaktoren.

Schwerwasserreaktoren

Reaktorblock Bezeich-
nung
Land Status Betreiber
KKW NiederaichbachKKNDeutschlandrückgebaut → grüne WieseKernkraftwerk Niederaichbach GmbH
KKW Atucha 1CNA1ArgentinienBetriebsführungNucleoeléctrica Argentina S.A
KKW Atucha 2CNA2ArgentinienBetriebsführungNucleoeléctrica Argentina S.A

Forschungsreaktoren

Weiterhin betrieb d​ie Kraftwerk Union i​n den 1960er u​nd 1970er Jahren i​n Karlstein a​m Main z​wei Forschungsreaktoren, d​en AEG-Prüfreaktor (PR-10) u​nd den AEG-Nullenergiereaktor (TKA), d​ie von d​er AEG übernommen wurden.

Einzelnachweise

  1. Kraftwerk Union A. G. and its service system
  2. Handelsregistereintrag HRB 499, Amtsgericht Mülheim/Ruhr
  3. Siemens steigt aus französischem Atomkonzern aus. Welt Online; abgerufen am 31. Mai 2011.
  4. Signing of definitive binding agreements for the sale of AREVA NP’s activities. 22. Dezember 2017, abgerufen am 10. Januar 2019 (en-en).
  5. Übereinkommen über nukleare Sicherheit (Memento vom 22. März 2011 im Internet Archive) (PDF; 3,79 MB), Bericht der Regierung der Bundesrepublik Deutschland für die Vierte Überprüfungstagung im April 2008
  6. Kraftwerk Würgassen. In: preussenelektra.de, abgerufen am 6. Juli 2018.
  7. Roland Kollert: Die Politik der latenten Proliferation: militärische Nutzung „friedlicher“ Kerntechnik in Westeuropa. In: DUV, 1994, ISBN 3-8244-4156-X
  8. Christian Sebald: 33 Jahre Betrieb, 20 Jahre Abbruch. In: sueddeutsche.de. 20. Juni 2015, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 7. Juli 2017]).
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