Olympische Sommerspiele 2008/Leichtathletik – 4 × 100 m (Frauen)

Der 4-mal-100-Meter-Staffellauf der Frauen bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking wurde am 21. und 22. August 2008 im Nationalstadion Peking ausgetragen. 67 Athletinnen in 16 Mannschaften nahmen daran teil.

SportartLeichtathletik
Disziplin4-mal-100-Meter-Staffel
GeschlechtFrauen
Teilnehmer67 Athletinnen in 16 Staffeln
WettkampfortNationalstadion Peking
Wettkampfphase21. und 22. August 2008
Medaillengewinnerinnen
Belgien Belgien
Nigeria Nigeria
Brasilien Brasilien
2004 2012

Die Athletinnen aus Jamaika waren favorisiert, ihren Erfolg von 2004 zu wiederholen. Im 100-Meter-Einzellauf hatten sie einen Dreifacherfolg erzielt, zudem hatten sie die Olympiasiegerin über 200 Meter in ihren Reihen. Als einzige ernsthafte Rivalinnen betrachtete man die US-Läuferinnen, die bei den Weltmeisterschaften 2005 und 2007 jeweils vor Jamaika gewonnen hatten. Für die nach dieser Rechnung noch verbleibende Bronzemedaille kamen in erster Linie Europameister Russland, Vizeeuropameister Großbritannien und die WM-Dritten aus Belgien in Frage. Das erwartete Duell um Gold und Silber fand allerdings nicht statt, da die US-Amerikanerinnen wegen Stabverlusts bereits in der Vorrunde ausschieden.

Nachdem die Jamaikanerinnen im Finale bei einem Wechsel gepatzt hatten und ausgeschieden waren, konnte sich zunächst die russische Staffel den ersten Platz sichern. Ihr wurde jedoch 2016 der Sieg aberkannt, nachdem Schlussläuferin Julija Tschermoschanskaja bei Nachtests positiv auf die verbotenen Substanzen Turinabol und Stanozolol getestet worden war.[1] Die ursprünglich hinter den Russinen platzierten Staffeln rückten daher um jeweils einen Rang nach vorne.

Somit wurde die Staffel aus Belgien mit Olivia Borlée, Hanna Mariën, Élodie Ouédraogo und Kim Gevaert nachträglich Olympiasieger. Die nigerianische Staffel (Franca Idoko, Gloria Kemasuode, Halimat Ismaila und Oludamola Osayomi sowie die Vorlauf eingesetzte Agnes Osazuwa) gewann die Silbermedaille, Bronze ging an Brasilien (Rosemar Coelho Neto, Lucimar de Moura, Thaíssa Presti, Rosângela Santos).

Aktuelle Titelträgerinnen

Olympiasiegerinnen 2004 Jamaika Jamaika
Tayna Lawrence, Sherone Simpson,
Aleen Bailey, Veronica Campbell-Brown,
im Vorlauf außerdem: Beverly McDonald
41,73 s Athen 2004
Weltmeisterinnen 2007 Vereinigte Staaten USA
Lauryn Williams, Allyson Felix,
Mikele Barber, Torri Edwards
41,98 s Ōsaka 2007
Europameisterinnen 2006 Russland Russland
Julija Guschtschina, Natalja Russakowa,
Irina Chabarowa, Jekaterina Grigorjewa
42,71 s Göteborg 2006
Panamerikanische Meisterinnen 2007 Jamaika Jamaika
Sheri-Ann Brooks, Tracy-Ann Rowe,
Aleen Bailey, Peta-Gaye Dowdie
43,48 min Rio de Janeiro 2007
Zentralamerika und Karibik-Meisterinnen 2008 Trinidad und Tobago Trinidad und Tobago
Semoy Hackett, Ayanna Hutchinson,
Sasha Springer-Jones, Kelly-Ann Baptiste
43,43 min Cali 2008[2]
Südamerika-Meisterinnen 2007 Brasilien Brasilien
Thaíssa Barbosa Presti, Luciana Alves dos Santos,
Lucimar Aparecida de Moura, Thatiana Regina Ignâcio
43,43 min São Paulo 2007[3]
Asienmeisterinnen 2007 Thailand Thailand
Sangwan Jaksunin, Supavadee Khawpeag,
Jutamass Tawoncharoen, Nongnuch Sanrat
44,31 min Amman 2007[4]
Afrikameisterinnen 2008 Nigeria Nigeria
Endurance Ojokolo, Gloria Kemasuode,
Susan Akene, Oludamola Osayomi
43,79 min Addis Abeba 2008
Ozeanienmeisterinnen 2008 Papua-Neuguinea Papua-Neuguinea 47,27 min Saipan 2008[5]

Bestehende Rekorde

Weltrekord 41,37 s Deutschland Demokratische Republik 1949 DDR
(Silke Gladisch, Sabine Günther, Ingrid Auerswald, Marlies Göhr)
Canberra, Australien 6. Oktober 1985[6]
Olympischer Rekord 41,60 s Deutschland Demokratische Republik 1949 DDR
(Romy Müller, Bärbel Wöckel, Ingrid Auerswald, Marlies Göhr)
Finale von Moskau, Sowjetunion (heute Russland) 1. August 1980

Vorrunde

Zu den sechzehn für die Olympiateilnahme qualifizierten Staffeln gehörten auch Kuba und Finnland. Beide Verbände verzichteten auf die Entsendung eines Teams. So rückten die zunächst nicht qualifizierten Mannschaften aus Nigeria und Thailand nach.

Es fanden zwei Vorläufe statt, aus denen sich jeweils die ersten drei sowie die zwei zeitschnellsten Staffeln für das Finale qualifizierten. Die direkt qualifizierten Mannschaften sind hellblau, die über die Zeit qualifizierten Staffeln hellgrün unterlegt.

Vorlauf 1

21. August 2008, 20:50 Uhr

PlatzNationBesetzungZeitAnmerkung
1Belgien BelgienOlivia Borlée
Hanna Mariën
Élodie Ouédraogo
Kim Gevaert
42,92 s
2Vereinigtes Konigreich GroßbritannienJeanette Kwakye
Montell Douglas
Emily Freeman
Emma Ania
43,02 s
3Brasilien BrasilienRosemar Coelho Neto
Lucimar de Moura
Thaíssa Presti
Rosângela Santos
43,38 s
4Nigeria NigeriaFranca Idoko
Gloria Kemasuode
Agnes Osazuwa
Oludamola Osayomi
43,43 s
5Polen PolenEwelina Ptak
Daria Korczyńska
Dorota Jędrusińska
Marta Jeschke
43,47 s
6Belarus 1995 BelarusJulija Neszjarenka
Aksana Drahun
Nastassja Schuljak
Hanna Bahdanowitsch
43,69 s
DSQItalien ItalienAnita Pistone
Vincenza Calì
Giulia Arcioni
Audrey Alloh
Wechselfehler nach Regel 170.14[7]
Vereinigte Staaten USAAngela Williams
Michelle Lewis
Torri Edwards
Lauryn Williams
Stabverlust nach Regel 170.13[7]

Vorlauf 2

21. August 2008, 21:00 Uhr

PlatzNationBesetzungZeitAnmerkung
1Jamaika JamaikaShelly-Ann Fraser
Sheri-Ann Brooks
Aleen Bailey
Veronica Campbell-Brown
42,24 s
2Deutschland DeutschlandAnne Cibis
Verena Sailer
Cathleen Tschirch
Marion Wagner
43,59 s
3China Volksrepublik Volksrepublik ChinaTao Yujia
Wang Jing
Jiang Lan
Qin Wangping
43,78 s
4Thailand ThailandSangwan Jaksunin
Orranut Klomdee
Jutamass Tawoncharoen
Nongnuch Sanrat
44,38 s
DNFFrankreich FrankreichMyriam Soumaré
Muriel Hurtis-Houairi
Lina Jacques-Sébastien
Carima Louami
Trinidad und Tobago Trinidad und TobagoWanda Hutson
Kelly-Ann Baptiste
Ayanna Hutchinson
Semoy Hackett
DSQUkraine UkraineNatalija Pyhyda
Natalija Pohrebnjak
Irina Schepetjuk
Oksana Schtscherbak
Wechselfehler nach Regel 170.14[7]
DOPRussland RusslandJewgenija Poljakowa
Alexandra Fedoriwa
Julija Guschtschina
Julija Tschermoschanskaja
Einzug in das Finale nachträglich annulliert[1]

Da die Chinesinnen im direkten Vergleich langsamer waren als die Staffeln aus Nigeria und Polen im ersten Durchgang, schieden sie in ihrem Vorlauf aus. Durch die Annullierung des russischen Resultats rückte China nachträglich auf Platz drei vor – die chinesische Staffel wäre somit für das Finale qualifiziert gewesen.

Finale

21. August 2008, 21:15 Uhr

PlatzNationBesetzungZeitAnmerkung
1Belgien BelgienOlivia Borlée
Hanna Mariën
Élodie Ouédraogo
Kim Gevaert
42,54 sNR
2Nigeria NigeriaFranca Idoko
Gloria Kemasuode
Halimat Ismaila
Oludamola Osayomi
43,04 s
3Brasilien BrasilienRosemar Coelho Neto
Lucimar de Moura
Thaíssa Presti
Rosângela Santos
43,14 s
4Deutschland DeutschlandAnne Cibis
Verena Sailer
Cathleen Tschirch
Marion Wagner
43,28 s
DNFVereinigtes Konigreich GroßbritannienJeanette Kwakye
Montell Douglas
Emily Freeman
Emma Ania
Jamaika JamaikaShelly-Ann Fraser
Sherone Simpson
Aleen Bailey
Veronica Campbell-Brown
DSQPolen PolenEwelina Ptak
Daria Korczyńska
Dorota Jędrusińska
Joanna Kocielnik
Wechselfehler nach Regel 170.14[7]
DOPRussland RusslandJewgenija Poljakowa
Alexandra Fedoriwa
Julija Guschtschina
Julija Tschermoschanskaja
nachträglich disqualifiziert[1]

Den Endlauf bestritten die Teams aus Belgien, Brasilien, Deutschland, Jamaika, Großbritannien, Nigeria und Polen. Hinzu kamen die 2016 wegen Dopingbetrugs ihrer Schlussläuferin disqualifizierten Russinnen.[1]

Gegenüber den Vorläufen gab es folgende Besetzungsänderungen:

  • Nigeria – Halimat Ismaila lief anstelle von Agnes Osazuwa.
  • Jamaika – Sherone Simpson ersetzte Sheri-Ann Brooks.
  • Polen – Marta Jeschke wurde durch Joanna Kocielnik ersetzt.

Die favorisierten Jamaikanerinnen lagen zunächst in Führung, verloren jedoch beim zweiten Wechsel ebenso wie die Britinnen den Staffelstab. Beide Staffeln gaben das Rennen auf und kamen nicht ins Ziel. Die Russinnen übernahmen ihrerseits die Führung und überquerten in 42,31 s als Erste die Ziellinie. Wegen Vergehens gegen die Dopingbestimmungen wurden ihnen der Olympiasieg jedoch nachträglich aberkannt. Da auch Polen wegen Überschreitens einer Wechselmarke unmittelbar nach dem Rennen disqualifiziert worden war, kamen letztlich mit Belgien, Nigeria, Brasilien und Deutschland nur vier Teams in die Wertung.

Die Belgierinnen, die schon beim letzten Wechsel deutlich vor den anderen gewerteten Staffeln lagen, stellten einen neuen Landesrekord auf. Ihr Olympiasieg war zudem der erste belgische Medaillengewinn über 4-mal 100 Meter. Nigeria kam mit einem Rückstand von fünf Zehntelsekunden auf Platz zwei, eine weitere Zehntelsekunde zurück gewann Brasilien die Bronzemedaille. Die deutsche Staffel erreichte den vierten Rang.

Video

Einzelnachweise

  1. IOC sanctions one athlete for failing anti-doping test at Beijing 2008. Internationales Olympisches Komitee, 1. März 2017, abgerufen am 28. Juni 2018 (englisch).
  2. Campeonato CAC de Atletismo 2008 auf athlecac.org, abgerufen am 26. Juni 2018
  3. Campeonato Sudamericano de Atletismo 2007 auf athlecac.org, abgerufen am 26. Juni 2018
  4. 17th Asian Athletics Championship 2007 (Memento vom 14. Juli 2017 im Internet Archive) auf athleticsasia.org (PDF, 417 kB), abgerufen am 26. Juni 2018
  5. Oceania Area Championships - 25/06/2008 to 28/06/2008 auf athletics-oceania.com (PDF, 130 kB), abgerufen am 26. Juni 2018
  6. IAAF Statistics Handbook, Peking 2015 Seite 803 (engl.), abgerufen am 26. Juni 2018
  7. Regelwerke Leichtathletik auf retrolympics.de S. 22 (PDF, 580 kB). abgerufen am 26. Juni 2018
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.