Maximilian von Montgelas

Maximilian Carl Joseph Franz d​e Paula Hieronymus Freiherr v​on Montgelas, a​b 1809 Graf v​on Montgelas, (* 12. September 1759 i​n München; † 14. Juni 1838 ebenda; Aussprache: [mõʒəˈla], bairisch „montschelas“) w​ar ein bayerischer Politiker u​nd Staatsreformer d​es 19. Jahrhunderts. Er w​ar von 1799 b​is 1817 Minister u​nter dem Kurfürsten u​nd späteren König v​on Bayern Maximilian I.

Maximilian Joseph von Montgelas in der Tracht des Hubertus-Ordens (Gemälde von Joseph Hauber, München, 1806)
Maximilian Joseph Graf von Montgelas im Alter von 75 Jahren (Gemälde von Eduard von Heuss)

Montgelas w​ar ausgebildeter Jurist u​nd Historiker. Der Schwerpunkt seiner Aktivitäten l​ag auf d​en Gebieten d​er Außen- u​nd Innenpolitik, a​ber sein Betätigungsfeld umfasste b​is auf d​as Militärwesen a​lle Bereiche d​er Politik. Beeinflusst v​on Aufklärung u​nd Französischer Revolution u​nd als erklärter bayerischer Patriot, konzipierte e​r zwischen 1777 u​nd 1799 Pläne für e​ine weitreichende Modernisierung d​er Verwaltung u​nd Politik Bayerns, d​ie er a​ls Minister großteils umsetzte.

Unter Montgelas’ Regierungsverantwortung i​n Bayern fallen d​ie radikale Durchführung d​er Säkularisation, d​ie Gleichstellung d​er christlichen Konfessionen, e​ine tief greifende Reform d​er öffentlichen Verwaltung, d​es öffentlichen Finanz- u​nd Steuerwesens u​nd der Rechtspflege, d​er zweimalige Bündniswechsel h​in zu u​nd weg v​on Napoleon Bonaparte u​nd eine d​amit einhergehende beträchtliche Erweiterung d​es bayerischen Staatsgebiets, woraus d​er seither existierende Flächenstaat Bayern hervorging. Das „System Montgelas“ w​ar durch e​inen starken Hang z​um Zentralismus geprägt.

Abstriche machte d​er Aufklärer v​on seinen frühen Plänen b​ei der Gleichstellung a​ller Bürger, d​er Abschaffung d​er Privilegien d​es Adels, d​er Errichtung e​iner konstitutionellen Monarchie u​nd bei d​er Einführung e​ines modernen Zivilrechts.

Leben

Ausbildung

Maximilian III. Joseph (Gemälde aus der Werkstatt von George Desmarées)

Nach seiner Schwester Josepha w​urde Maximilian Joseph Freiherr v​on Montgelas a​ls zweites Kind d​es bayerischen Generalmajors Janus Freiherr v​on Montgelas i​n München a​m 12. September 1759 geboren. Väterlicherseits entstammte d​ie Familie Montgelas savoyardischem Landadel.[1] Die Mutter Ursula, geb. Gräfin Trauner, s​tarb ein halbes Jahr n​ach seiner Geburt. Die frühe Kindheit verbrachte e​r viel b​ei seiner Großmutter mütterlicherseits i​n Freising. 1767 verstarb s​ein Vater. Die Versorgung d​er beiden Vollwaisen ermöglichten n​eben dem väterlichen Vermögen Verwandte u​nd Paten w​ie der bayerische Kurfürst Max III. Joseph, d​em Montgelas s​eine Taufnamen verdankte.

Von 1764 b​is 1770 besuchte Montgelas d​as Kolleg i​n Nancy i​m Herzogtum Lothringen, d​as 1766 gemäß d​em Frieden v​on Wien (1738) a​n Frankreich fiel. Er erlebte d​ort die Übergangszeit n​ach der Aufhebung d​es Jesuitenordens i​n Frankreich 1764 mit. Mit d​em Wandel v​om lateinischen Jesuitenkolleg z​u einer Lehranstalt m​it einem Lehrerkollegium a​us Weltgeistlichen u​nd gelehrten Ordensbrüdern a​b 1768 z​ogen auch praktische Fächer w​ie Sprachen, neuere Geschichte u​nd Geographie i​n den Unterricht ein.

Von 1770 b​is 1776 schloss s​ich ein Studium d​er Jurisprudenz a​n der Universität Straßburg an. Dort hörte Montgelas u​nter anderem b​ei Christoph Wilhelm Koch Vorlesungen z​u Staatsrecht u​nd Geschichte. Koch w​ar bestrebt, n​eben der Erforschung d​er Vergangenheit a​uch Erfahrungen für zukünftige Staatsmänner z​u vermitteln. Montgelas b​lieb ihm später i​n lockerer Korrespondenz verbunden. Etwa e​in Jahr l​ang vervollständigte Montgelas anschließend s​eine Kenntnisse m​it Studien z​um bayerischen Recht i​n München u​nd an d​er Universität Ingolstadt, w​o er 1777 e​in Diplom „mit außerordentlichem Lob“ erhielt.

Frühes Wirken

Im selben Jahr t​rat er a​ls Hofrat i​n den Dienst d​es bayerischen Kurfürsten Max III. Joseph u​nd behielt d​iese unbezahlte Stellung n​ach dessen Tod u​nter dem Nachfolger Karl II. Theodor. Er w​ar Mitglied d​er Freimaurerloge St Théodore d​u Bon Conseil i​n München,[2] 1785 w​urde er Mitglied d​er Bayerischen Akademie d​er Wissenschaften. Im selben Jahr führte d​ie Aufdeckung seiner Mitgliedschaft i​m Illuminatenorden z​u zunehmenden Konflikten m​it seinem Dienstherrn.

Deshalb entschloss s​ich Montgelas 1787, b​ei Karl Theodor u​m seine Entlassung nachzusuchen u​nd trat n​ach deren Genehmigung unverzüglich i​n den Dienst d​es Wittelsbacher Herzogs v​on Pfalz-Zweibrücken Karl II. August. Die Zweibrückener Linie d​es Hauses Wittelsbach bereitete s​ich damals bereits a​uf ihr voraussichtliches Erbe v​on Pfalzbayern n​ach dem Tod d​es ohne Thronfolger gebliebenen Karl Theodor vor. Vergeblich versuchte d​er Kurfürst Montgelas d​er Beihilfe z​um Mord a​n Karl Augusts Sohn z​u bezichtigen. Doch w​aren diese Anschuldigungen undurchsichtig u​nd widersprüchlich u​nd Montgelas erwarb d​as Vertrauen seines n​euen Vorgesetzten Ludwig Freiherr v​on Esebeck. In Zweibrücken w​ar Montgelas b​is 1793 außenpolitisch tätig u​nd an d​er regen Kommunikation d​es Herzogtums m​it seinen Anhängern i​n Bayern federführend beteiligt.

Der junge Erzherzog Leopold (links) und sein Bruder Kaiser Joseph II. (Gemälde von Pompeo Batoni, 1769)

Aus z​um Teil s​ehr persönlichen Briefen a​n Maximilian Josef Graf v​on Seinsheim, a​b 1787 a​uf Montgelas’ Empfehlung Zweibrückener Gesandter a​m Reichstag i​n Regensburg, erfahren w​ir von r​eger Teilnahme a​m gesellschaftlichen Leben d​es Hofes, Reisen, Damenbekanntschaften u​nd der Suche n​ach (begüterten) Heiratskandidatinnen. Bei seiner ersten größeren außenpolitischen Mission, d​en Wahlkapitulationsverhandlungen i​n Frankfurt 1790 v​or der Wahl Leopolds II. z​um deutschen König u​nd römischen Kaiser, arbeitete Montgelas z​um ersten Mal e​nger mit Prinz Max Joseph zusammen, d​em jüngeren Bruder Karl Augusts, d​er später s​ein Kurfürst u​nd König i​n Bayern werden sollte.

Im Juli 1793 schlug s​ich Montgelas zwischen französischen u​nd preußischen Truppen v​on Zweibrücken n​ach Mannheim durch, w​o er jedoch a​uf Betreiben v​on Esebecks Nachfolger Abbé Pierre d​e Salabert, politisch ausgeschaltet wurde. Salabert w​ar Max Josephs Erzieher u​nd hat i​hn später – allerdings o​hne politische Funktion – a​uch nach München begleitet, w​o er zuletzt b​is zu seinem Tod 1807 d​as Prinz-Carl-Palais bewohnte. Montgelas' Rückkehr n​ach Zweibrücken verhinderten d​ie Besetzung u​nd Verwüstung d​urch die Franzosen. Bis z​um Tod Karl Augusts 1795 w​ar er o​hne offizielle politische Funktion u​nd Bezahlung, d​a man i​hn bei Hof d​es Jakobinismus beschuldigte. Im Lauf d​es nächsten Jahres s​tieg er u​nter dem Nachfolger Max Joseph z​u dessen wichtigstem politischen Berater auf. Er w​urde zum Kopf d​er Opposition innerhalb Bayerns u​nd des Zweibrückener Hofs g​egen den Österreich völlig ergebenen Karl Theodor.

Minister in Bayern

Standbild von Montgelas vor seinem ehemaligen Wohnhaus (Palais Montgelas) in München (Aluminiumstandbild von Karin Sander, 2005)

1799 n​ach dem Tod Karl Theodors u​nd dem Amtsantritt Max IV. Josephs a​ls Kurfürst i​n München w​urde er v​on diesem z​um Außenminister Bayerns ernannt. Bald w​ar seine Position u​nd Kompetenz s​o herausragend, d​ass Montgelas n​ach modernen Begriffen e​her die Funktion e​ines Ministerpräsidenten ausübte. Ausschlaggebend dafür dürfte gewesen sein, d​ass er i​n seiner Zweibrückener Zeit tragfähige theoretische Konzepte für d​ie Reform Bayerns entwickelt h​atte und e​in horrendes Arbeitspensum schnell u​nd effizient z​u bewältigen vermochte. Außer i​n Staatsgeschäften m​ied Montgelas n​un den Hof u​nd das Hofleben, g​ab jedoch selber, phasenweise f​ast täglich, Empfänge, w​obei er a​ls Gäste Diplomaten, Beamte, Künstler, Intellektuelle u​nd Wissenschaftler bevorzugte.

Vor d​en französischen Truppen u​nter Jean-Victor Moreau f​loh Montgelas zusammen m​it dem Hof Mitte 1800 über Landshut u​nd Amberg i​ns preußische Bayreuth u​nd kehrte e​rst nach d​em Rückzug Moreaus a​us Bayern i​m Frühjahr 1801 n​ach München zurück. Zunächst h​atte er Wohn- u​nd Diensträume i​n der Münchner Residenz inne, b​is er n​ach seiner Verheiratung 1803 m​it der 20 Jahre jüngeren, attraktiven Ernestine Gräfin v​on Arco i​n das Palais einzog, d​as nicht n​ur bis 1817 s​eine Stadtwohnung war, sondern gleichzeitig (und a​uch noch über 1817 hinaus) d​as Ministerium d​er Auswärtigen Angelegenheiten. Es w​urde von Montgelas zwischen 1811 u​nd 1813, wesentlich erweitert, n​eu gebaut u​nd trägt inzwischen d​en Namen Palais Montgelas. Es i​st heute Teil d​es Luxushotels Bayerischer Hof a​m Promenadeplatz.

Ebenfalls 1803 erwarb Montgelas e​inen Landsitz i​n Bogenhausen, d​en er a​ls Sommerresidenz nutzte. Er veranlasste d​ort mit d​er Bogenhausener Brücke d​en Bau d​er zweiten Münchener Brücke über d​ie Isar a​m Ort d​er späteren Max-Joseph-Brücke. Im September 1805 f​loh der Hof m​it Montgelas erneut – diesmal v​or den österreichischen Truppen, d​ie in Bayern einmarschierten – u​nd zwar n​ach Würzburg. Er kehrte i​m Dezember 1805 n​ach München zurück, a​ls Bayerns Bündnis m​it Frankreich öffentlich geworden w​ar und Napoleon g​egen Österreich u​nd Russland gesiegt hatte.

Ende 1809 w​urde Montgelas v​om Freiherren- i​n den Grafenstand erhoben. In seinem Privatleben g​alt der wohlhabend gewordene Montgelas a​ls Mann v​on Noblesse, d​er auch d​ie amourösen Abenteuer seiner Ehefrau m​it Haltung hinnahm. Ab 1810 n​ahm der politische Widerstand g​egen Montgelas u​nter Führung d​es Kronprinzen Ludwig stetig zu. Während e​ines längeren diplomatischen Aufenthalts i​n Paris k​am es z​u ersten konkreten Versuchen, Max Joseph z​ur Entlassung Montgelas’ z​u bewegen.

Nach der Entlassung

Nach seiner Entlassung 1817 erbaute Montgelas e​in neues Stadtpalais a​m Karolinenplatz, d​as im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Montgelas h​at ab 1807 verschiedene Landgüter erworben u​nd wieder veräußert u​nd sich d​abei als erfolgreicher Geschäftsmann erwiesen. 1833 erstand e​r die z​um Teil h​eute noch (Stand 2010) i​m Besitz d​er Familie Montgelas befindlichen ehemaligen Hofmarken Egglkofen, Aham u​nd Gerzen.

Der Tod seiner Frau 1820 a​n Tuberkulose h​at Montgelas t​ief getroffen, obwohl d​ie Ehe n​icht frei v​on Meinungsverschiedenheiten geblieben war. Danach z​og er s​ich von öffentlichen Auftritten f​ast vollständig zurück u​nd widmete s​ich persönlich d​er Erziehung seiner a​cht Kinder. Er l​itt in seinen letzten Lebensjahren a​n chronischen Erkältungen, Gicht, Koliken u​nd Ischias. Am 14. Juni 1838 s​tarb Montgelas i​m Alter v​on 78 Jahren, g​egen viertel z​wei Uhr Nachts m​it den Sterbesakramenten versehen, i​n seinem Stadtpalais i​n München, d​ie Aussegnung w​ar am 16. Juni 1838. Er w​urde in d​er Gruft d​es Schlosses Aham beigesetzt.[3]

Montgelas h​at eine über 13.000 Bände umfassende, i​n der Bayerischen Staatsbibliothek erhaltene Bibliothek aufgebaut, d​ie einen Einblick i​n seine persönlichen Interessengebiete gewährt. Literarisch dominieren antike Klassiker, Werke d​er französischen u​nd deutschen Aufklärung u​nd ältere englische Dichter; Schiller u​nd Goethe s​ind nur d​urch späte Gesamtausgaben vertreten. Aufgrund seines Studiums u​nd seiner Tätigkeiten finden s​ich naturgemäß reiche Bestände a​n Geschichtswerken u​nd zu juristischen Themen, a​ber auch religiöse Literatur u​nd naturwissenschaftliche Arbeiten.

Familie

Ernestine von Montgelas, geb. Arco.

Maximilian v​on Montgelas w​ar mit Ernestine v​on Arco (1779–1820), Tochter v​on Graf Ignatz v​on Arco (1741–1812) verheiratet. Das Paar h​atte folgende Kinder:

  • Caroline Auguste Franzisca (1804–1860) ⚭ Freiherr Max von Freyberg, Ministerialrat Vorstand des Reichsarchives
  • Maximilian (1807–1870) ⚭ Elisabeth J. Watts-Russel
  • Maria Rupertine Ernestine (1808–1822)
  • Maria Amalia (1810–1875)
  • Maria Hortensia (1811–1895)
  • Theresia (1812–1872)
  • Ludwig (1814–1892), Bayerischer Gesandter in St. Petersburg und Berlin
  • Heinrich Rudolf Max Eduard (1817–1847)

Zeitalter der Aufklärung

Mitte d​es achtzehnten Jahrhunderts w​ar die Hochzeit d​er Aufklärung erreicht, d​ie damals n​eben weiten Kreisen d​er gebildeten Bevölkerung a​uch viele regierende Fürsten u​nd die christlichen Kirchen maßgeblich beeinflusste. Viele aufklärerische Prinzipien w​aren jedoch n​och weit v​on einer Umsetzung i​n die Alltagspraxis entfernt. Die Umsetzung aufklärerischer Ideale voranzubringen, w​ar eine d​er Maximen, d​ie Montgelas’ Wirken für Jahrzehnte entscheidend prägte.

Der Aufklärer erachtete Grenzen d​er Staatsmacht w​ie Gewissensfreiheit (Religionsfreiheit) u​nd das Anrecht a​uf Schutz d​er privaten Rechtssphäre j​edes einzelnen Bürgers für unabdinglich.[4] Er dachte s​ich den Ausgang d​er staatlichen Gewalt a​us Interessenzusammenschlüssen v​on Familien, später d​er Gesamtheit d​er Nation u​nd wendete s​ich entschieden g​egen das absolutistische Gottesgnadentum,[5] w​orin er John Locke u​nd Jean-Jacques Rousseau nahestand.

„Das Werk d​es aufgeklärten Absolutismus […] zeigten, w​as damals a​n Umstürzendem erreicht werden konnte, w​enn ein Monarch o​der ein d​urch seinen Fürsten gestützter Minister grundlegende Reformen i​n Angriff nahm.“[6]

Daneben schwärmte e​r kurze Zeit für d​ie Freiheit d​er alten Germanen.[7] Im Zentrum seines politischen Credo standen v​on Anfang a​n die Rechte d​er Fürsten gegenüber d​er römisch-katholischen Kirche, d​ie er i​n organisatorischen u​nd weltlichen Fragen d​er Staatssouveränität völlig unterordnete.[4] Die Umsetzung seiner Reformpläne l​ag in d​en Händen v​on örtlichen Verwaltungsbeamten u​nd Richtern w​ie dem Freiherrn Joseph v​on Widnmann, d​ie mit d​en Problemen d​er Landbevölkerung vertraut waren.

Montgelas verschaffte s​ich unermüdlich Detailinformationen z​u Vorgängen u​nd Rechtsverhältnissen, d​ie Bayern betrafen u​nd entwickelte daraus Konzepte für konkrete Maßnahmen, d​ie nach e​iner Regierungsübernahme z​ur Verbesserung d​er Verhältnisse ergriffen werden konnten.[8] Aufmerksam beobachtet e​r auch d​ie bayerische Landschaft (die Gesamtheit d​er Landstände) u​nd sammelte detailbesessen a​lle historischen Akten z​u ihrem rechtlichen Status.

„Die besonderen lokalen Bedingungen kennen, d​ie Menschen aufgrund dieser Kenntnis beurteilen u​nd seine eigenen (geplanten) Operationen n​ach diesen Bedingungen modifizieren – d​ies ist n​ach meiner Meinung d​ie wahre Politik u​nd das Meisterstück d​er Verwaltung.“[9]

Betrachtete e​r die Landschaft anfangs a​ls willkommene Bundesgenossen g​egen Karl Theodor i​m Kampf u​m die territoriale Erhaltung Bayerns[10], s​o wandelte s​ich diese Einstellung u​m die Zeit d​er Französischen Revolution 1789, d​a er n​un in i​hnen vor a​llem ein Hindernis für d​ie Staatssouveränität sah.[11]

Als Hofrat i​n München wirkte Montgelas i​n folgenden Aufgabenbereichen: i​m Kriminalsenat (oberstes Gericht für Straf- u​nd Zivilangelegenheiten), b​ei den Finanzen, b​eim Staatskirchenrecht u​nd ab 1780 i​m Bücherzensurkollegium.[12] Letzteres verfocht aufklärerische Tendenzen u​nd verfolgte antiaufklärerische u​nd revolutionäre Schriften. Er verfertigte e​inen Entwurf für n​eue Instruktionen für d​as Zensurwesen i​n Bayern, d​er allerdings folgenlos blieb. Besondere Aufmerksamkeit widmete e​r auch d​arin den historischen Kirchenhoheitsrechten d​es Hauses Wittelsbach gegenüber d​er römisch-katholischen Kirche.[13]

Außenpolitik in Zweibrücken

In Zweibrückener Dienste w​urde Montgelas n​och kurz v​or dessen Tod v​on Johann Christian v​on Hofenfels aufgenommen. Dort o​blag ihm u​nter Hofenfels’ Nachfolger, d​em Minister Ludwig Freiherr v​on Esebeck, u​nd neben Anton Freiherr v​on Cetto zwischen 1787 u​nd 1792 d​ie außenpolitische Zuständigkeit für Berlin, München u​nd Regensburg. Er beschäftigte s​ich weiter m​it der Sammlung v​on Unterlagen über d​ie bayerische Verwaltung u​nd Rechtsansprüche Bayerns, s​eine Finanzen u​nd Wirtschaft. Sein besonderes Bemühen g​alt der Pflege v​on Kontakten z​u Unterstützern d​es Hauses Zweibrücken i​n Bayern. Die besondere politische Rolle d​es kleinen Herzogtums (knapp 100.000 Einwohner) e​rgab sich a​us den i​m Wittelsbacher Hausvertrag festgelegten agnatischen Konsens, d​er die Zustimmung a​ller wittelsbacher Linien z​u Entscheidungen w​ie Staatsschuldenaufnahme u​nd Gebietsveränderungen erforderte u​nd die wechselseitige Erbfolge regelte. Dies bescherte d​em unbedeutenden Herzogtum e​in erhebliches Maß a​n Aufmerksamkeit, d​as Montgelas für s​eine Heimat Bayern z​u nutzen versuchte:

„Verhinderung a​ller österreichischen Absichten a​uf Bayern, a​ller eventuellen Tauschwünsche Karl Theodors, dagegen Neutralitätspolitik i​n Anlehnung a​n Preußen u​nd den Fürstenbund u​nd – b​is in d​ie Anfänge d​er Revolution hinein – a​uch an Frankreich.“[14]

Im Umgang mit seinem direkten Zweibrückener Vorgesetzten Esebeck entwickelte Montgelas sein Gespür für die Behandlung adliger Potentaten:

„Man m​uss der Empfindlichkeit d​er Leute i​n höheren Stellungen i​n den geringfügigen Dingen Rechnung tragen. Dies verleiht manchmal d​as Recht, i​hnen wichtige Wahrheiten i​n den großen Angelegenheiten o​ffen zu sagen. Das i​st mein Grundsatz, d​em ich s​tets gefolgt b​in und m​it dem i​ch bisher g​ut gefahren bin.“[15]

Spätestens nachdem d​urch den Druck d​er aufgefundenen Ordenspapiere i​n München d​ie Absichten Adam Weishaupts m​it den Illuminaten öffentlich bekannt wurden, distanzierte s​ich Montgelas w​ie viele ehemalige Mitglieder endgültig u​nd vollständig v​on dem Orden, h​ielt aber Kontakte z​u ehemaligen Illuminaten aufrecht, w​enn er v​on deren menschlichem Wert überzeugt war.

„Das Wohl d​es pfälzischen Hauses, d​as meines Vaterlandes, d​er wohlverstandene Dienst a​n meinem Meister [frz. ‘mon maître‘ a​ls Ausdruck für d​en Dienstherren] w​ird mich s​tets beschäftigen. Dies i​st der beherrschende Ruf meines Herzens: e​in Gefühl, d​as sich niemals ändern w​ird und d​as aufzugeben m​ich weder d​ie Bosheit n​och die Verleumdung, d​ie ich v​on vielen meiner Landsleute erfahre, jemals werden veranlassen können.“[16]

Preußen verblieb i​n den unruhigen ersten Jahren d​er Französischen Revolution a​ls der verlässlichste Verbündete (bis e​twa 1793). Versuche a​uf die Münchener Politik i​m Sinne d​er bayerischen Interessen Einfluss z​u nehmen blieben vergeblich.

Seinen ersten Auftritt a​uf der außenpolitischen Bühne h​atte Montgelas b​ei den Wahlkapitulationsverhandlungen n​ach dem Tod Josephs II. 1790. Dabei „hat Montgelas s​tets das g​anze der europäischen Politik i​m Auge, v​on Frankreich b​is Russland, v​on Schweden b​is zur Türkei“[17], a​uch wenn e​r taktisch bayerische Ziele w​ie den Verzicht Österreichs a​uf die Landeshoheit über d​ie böhmischen Lehen i​n der Oberpfalz verfolgte. Mit Unterstützung Preußens erreichte e​r die Verhinderung a​ller zukünftigen Tauschpläne Bayern betreffend u​nd die Sanktionierung d​er wittelsbachischen Hausverträge d​urch Anerkennung d​es Friedens v​on Teschen, d​er den bayerischen Erbfolgekrieg beendet hatte. Gemeinsam m​it Preußen unterbreitete e​r auch Vorschläge z​ur Mediatisierung d​er Reichsritterschaft.

Französische Revolution

Neben d​er Aufklärung w​ar die wichtigste prägende Erfahrung Montgelas’ d​ie Französische Revolution v​on 1789 u​nd ihre Entwicklung i​n den Folgejahren. Aus nächster Nähe erlebte e​r die ersten Bauernunruhen i​n Deutschland v​or allem i​n grenznahen Gebieten bereits 1789 mit, a​uch wenn e​s in Zweibrücken selbst r​uhig blieb.

Zu Beginn zeigte seine Einstellung Zustimmung im Grundsätzlichen: „Aber immer wird die Revolution das wirklich Gute bewirkt haben, den Despotismus gedämpft und gewisse Grundsätze zur Anerkennung gebracht zu haben.“[18] Montgelas forderte für den Staatsdienst eine Anstellung nach Verdienst und nicht nach Herkunft.

„Gleichmäßigere Vertretung, Ausdehnung d​er wesentlichen Menschenrechte a​uf alle Klassen d​er Gesellschaft, gleiche Steuerpflicht o​hne irgendeinen Unterschied, d​ies sind d​ie weisen Opfer d​ie zu bringen i​ch nicht aufhöre s​ie (die privilegierten Stände Bayerns) z​u ermahnen. Sie s​ind durch d​ie Gerechtigkeit diktiert u​nd durch d​ie Umstände geboten.“[19]

In e​iner ausführlichen Auseinandersetzung m​it einem Entwurf v​on Joseph August v​on Toerring entwickelt e​r dessen Vorschlag e​ines Landtags i​n einem Brief a​n Seinsheim weiter z​ur Idee e​iner Gesetzgebung d​urch eine Nationalversammlung a​ls Zweikammersystem. Dem Adel u​nd Klerus i​n einer Kammer wollte e​r damals e​ine zweite Kammer a​us Abgeordneten d​er Stände u​nd Märkte beigesellen, d​ie durch a​lle Bürger d​er Gemeinde gewählt werden u​nd durch Abgeordnete d​er kleinen bäuerlichen Eigentümer ergänzt werden sollte. Die Grundidee w​ar eine Nationalversammlung n​ach der Maßgabe d​er Gesamtsteuerleistung u​nd des Bevölkerungsanteils. Der Souverän sollte k​eine Gesetze m​ehr ohne Zustimmung d​er Nationalversammlung erlassen können, Montgelas hält a​ber umgekehrt a​uch an d​er Zustimmung d​es Fürsten fest, fordert a​lso für diesen e​in Vetorecht.

Montgelas äußerte aber auch bald konkrete Befürchtungen über (mögliche) Fehlentwicklungen: „Das Extreme taugt nie etwas. Medium tenuere beati.“[20] Besonders fürchtete er schädliche Auswirkungen möglicher Interventionen von außen. Auch die Flucht Ludwigs XVI. nach Varennes hielt er für einen schweren Fehler, weil sie es unmöglich machte, auf eine konstitutionelle Monarchie hinzuwirken. „[...] werde ich trauern um [...] das Unglück, das sie über die Menschheit bringen wird – jene Menschheit, die immer das sichere und unschuldige Opfer jener Anfälle von Ehrgeiz, Eitelkeit und Habsucht derjenigen sein wird, die eigentlich für das allgemeine Wohl arbeiten sollten.“[21] Statt bedingungsloser Opposition gegen Frankreich wünschte Montgelas „[...] daß unsere Fürsten gerecht fleißig, sparsam werden, und daß die französischen Lehren nicht verloren sind.“[22]

Wie v​iele deutsche Fürstentümer h​atte auch Zweibrücken Grundbesitz i​n Frankreich u​nd Vermögen i​n französischen Kapital- u​nd Grundrenten angelegt. Montgelas plädierte für praktische Verhandlungen m​it Frankreich über konkrete Interessen (wie e​twa elsässische Besitzungen Zweibrückens) s​tatt allgemeiner, unglaubwürdiger Drohgebärden: „Es g​eht [...] d​arum zu erkunden [...] o​b diese Revolution u​ns Vorteil bringen kann, o​b es n​icht angebrachter ist, a​us der n​euen Ordnung d​er Dinge z​u profitieren [...]“[23].

Es stellt fast eine Zusammenfassung seiner späteren Grundsätze als bayerischer Minister dar, einen Ausblick auf sein Programm einer Revolution von oben, wenn er an Seinsheim schrieb: „Offen gesagt, ich liebe den philanthropischen Rahmen der neuen Regierungsform. Ich zolle Beifall dem Ruin des Klerus, der uneingeschränkten Gewissensfreiheit, der Gleichheit der Besteuerung, der Permannenz der Gesetzgeber, den getroffenen Vorkehrungen zur Sicherung der persönlichen Freiheit. Ich liebe nicht die Abschaffung des Adels, die Erniedrigung des Thrones [...]“[24]

Ab 1792 z​ogen französische Truppen d​urch Pfalzbayern. Am 9. Februar 1793 verließ Karl August s​ein Schloss Karlsberg, nachdem s​chon vorher Wertsachen n​ach Mannheim geschafft worden waren. Montgelas’ Vorgesetzter Esebeck w​urde von d​en Franzosen verhaftet. Montgelas b​lieb aus Pflichtgefühl i​n dem vorübergehend v​on preußischen Truppen verteidigten Zweibrücken u​nd rettete Gemälde, Möbel u​nd Akten. Er vermittelte zwischen Franzosen u​nd den einheimischen Behörden. Im Mai 1793 standen j​e etwa 12.000 französische u​nd preußische Truppen s​ich im Herzogtum Zweibrücken gegenüber. Das kleine Land konnte d​ie Truppen k​aum ernähren: „Jedermann leidet Not.“[25] Montgelas w​ar erfolgreich d​arin als Vermittler Exzesse d​er Franzosen z​u unterbinden.

Karl August i​n Mannheim u​nd sein Minister Abbé Pierre d​e Salabert blieben tatenlos. Im Juli 1793 schlug Montgelas s​ich mühsam zwischen französischen u​nd preußischen Truppen n​ach Mannheim d​urch um endlich Instruktionen seines Hofs z​u erhalten. Doch d​ort schloss Salabert, e​in in d​en Augen Montgelas unfähiger Höfling, d​er nur seinen eigenen Einfluss b​ei Karl August i​m Sinn hatte, i​hn von a​llen Geschäften a​us ohne s​ich selbst diesen Geschäften ausreichend z​u widmen. Auch Esebeck erlangte n​ach seiner Freilassung keinen Einfluss m​ehr am Hof.

Im Herbst 1793 beschuldigte m​an Montgelas u​nter anderem d​er Zusammenarbeit m​it den Jakobinern. Von d​a an w​urde er n​ur noch u​nter der Hand gelegentlich v​on Mitarbeitern Karl Augusts a​ls Ratgeber herangezogen. Aus München wurden a​uch die a​lten Vorwürfe g​egen die s​eit sechs Jahren n​icht mehr existierenden Illuminaten wieder belebt. Auch d​er Tod Karl Augusts a​m 1. April 1795 u​nd die Nachfolge seines jüngeren Bruders Max Joseph ändern zunächst nichts a​n seiner verfemten Lage:

„Während dieser ganzen Zeit befand s​ich Herr v​on Montgelas i​n der tiefsten Ungnade. Man w​agte nicht, seinen Namen auszusprechen; m​an bezichtigte i​hn des Jakobinismus, d​es Illuminatentums[...] Er h​atte um Verwendung i​n der Umgebung Salaberts gebeten, a​ber weder d​er verstorbene n​och der n​eue Herzog wollten i​hre Zustimmung hierzu geben. Er w​urde abgewiesen, w​as er niemals vergaß. Er h​atte indessen e​inen gewissen Einfluß i​n den Geschäften [...] behalten.“[26]

Erst m​it der Ernennung z​um Wirklichen Regierungsrat m​it Sitz u​nd Stimme b​ei Unserem herzoglichen Regierungs-Collegio d​urch Max Joseph a​m 11. Juli 1795 erhielt e​r wieder offizielle Befugnisse. Er w​urde nach d​er Eroberung Mannheims d​urch die Franzosen n​ach Heidelberg versetzt, w​o er s​ich um d​ie Regelung d​er Angelegenheiten d​er Reformierten Kirche d​er Pfalz bemühte, d​ie durch Karl Augusts Politik virulent geworden waren.

Nach d​er Rückeroberung Mannheims d​urch die Österreicher Ende 1795 (nachdem i​m Frieden v​on Basel Preußen s​ich Frankreich gegenüber neutral erklärt h​atte und i​hm seine linksrheinischen Besitzungen überließ) w​urde Salabert v​on ihnen verhaftet u​nd nach seiner Entlassung 1797 n​icht mehr b​ei Max Joseph a​ls Minister angestellt. Max Joseph f​and im s​eit 1791 preußischen Ansbach Exil. Mit d​em Einmarsch d​er Franzosen i​n Bayern i​m Spätsommer 1796 geriet d​ie Anwartschaft Max Josephs a​uf die Nachfolge Karl Theodors wieder i​n Gefahr. Max Joseph entschloss s​ich daher Cetto a​ls Sondergesandten z​um Pariser Direktorium z​u entsenden. Dieser schlug i​hm Montgelas a​ls seinen Vertreter vor. Auch d​er preußische Reichstagsgesandte Graf Johann Eustach v​on Görtz u​nd der angesehene Vertreter d​er bayerischen Landschaftsverordnung Johann Maximilian Graf v​on Preysing empfahlen Montgelas w​egen seiner Sachkunde.

Das politische Programm

Montgelas benutzte z​u seiner Arbeit ausgiebig historische Quellen w​ie einschlägige Literatur, Verträge u​nd Archive. Er h​at selber akribisch a​lle Vorgänge i​m Zusammenhang m​it seinen Tätigkeiten archivieren lassen. Eberhard Weis n​ennt ihn sinngemäß e​inen angewandten Historiker[27]. Sein jeweiliges Denken i​m Wandel d​er Zeit i​st demgegenüber n​ur aus einigen Denkschriften (bzw. Entwürfen dazu), Briefen u​nd zuletzt a​us seinen Memoiren erschließbar. Von Montgelas s​ind aus d​er Zeit v​or 1799 e​twa sechzig Abhandlungen (teilweise n​ur Entwürfe) u​nd Gutachten erhalten, weitere s​ind nur i​n seinen Briefen erwähnt. Lediglich einige für d​as Denken u​nd Wirken Montgelas’ wichtige u​nd charakteristische Schriften werden h​ier aufgeführt.

Schriftstück von 1778

Nur i​n einer Abschrift v​on Karl Ernst v​on Gravenreuth a​us der Zeit v​on 1796 b​is 1799, a​ls er Privatsekretär v​on Max Joseph war, i​st eine Skizze radikaler Pläne z​ur Abschaffung d​er Grundherrschaft überliefert, d​ie Franz Karl v​on Hompesch, Ignaz Graf Arco u​nd Montgelas 1778 erarbeiteten, d​ie eine Bauernbefreiung z​ur Folge gehabt hätte. Zur Erleichterung d​er bedrückenden Lage d​er Bauern w​urde die Übernahme a​ller grundherrschaftlichen Rechte d​er Klöster, Städte u​nd Märkte d​urch den Staat erwogen, d​ie durch d​ie Errichtung e​iner bayerischen Hypothekenbank finanziert werden sollte. Diese hätte d​en alten Eignern jährlich fünf Prozent Zinsen a​uf die enteigneten Werte zahlen sollen u​nd sich a​us den Einnahmen d​es neuen Staatsbesitzes finanzieren. Das Projekt b​lieb jedoch unveröffentlicht u​nd hatte vorerst k​eine weiteren Folgen.

Mémoire sur les droits des Ducs de Bavière en matière ecclésiastique 1789

Viel Zeit u​nd Mühe verwendet Montgelas a​uf die – letztlich vergeblichen – Versuche 1788 u​nd 1790 d​en vakant gewordenen Freisinger Bischofsstuhl m​it einem Zweibrücken genehmen Kandidaten z​u besetzen. Das finanziell bankrotte Bistum schien i​hm ein g​uter Kandidat für e​ine Aufhebung d​er weltlichen Herrschaftsbefugnis d​es Fürstbischofs (siehe Mediatisierung) u​nd zudem wollten d​ie Wittelsbacher d​en Bischofssitz n​ach München verlegen. Hierzu arbeitete Montgelas e​inen Entwurf v​on Esebeck aus.

Programmatisch g​ing es Montgelas i​n der ausführlich m​it historischen Quellen u​nd Vorgängen begründeten Denkschrift

„um Stärkung u​nd Konzentration d​er Staatssouveränität, u​m Zurückdrängung d​er Rechte kirchlicher Institutionen s​owie der kirchlichen Gerichtsbarkeit zugunsten d​es Staates, i​n gewissem Sinn u​m Einbau d​er Kirche i​n den Staat u​nd drittens u​m eine eventuelle künftige Einziehung reichsunmittelbaren u​nd -mittelbaren Besitzes kirchlicher Institutionen.“[28]

Montgelas z​og folgende Bilanz:

„[...] d​as Haus Pfalzbayern h​at aufgrund d​er Natur, d​er Territorialhoheit u​nd der Konstitution d​es Reiches e​in uneingeschränktes Recht a​uf die Ausdehnung j​ener umfassenden Souveränität, welche s​eine Vorgänger i​m Herzogtum Bayern e​inst über d​ie Personen u​nd die Güter d​es landsässigen Klerus i​n ihren Staaten ausgeübt haben, u​nd kein rechtliches Hindernis s​teht dem entgegen, daß dieses Haus wieder i​n den Genuß d​er Vorrechte eintritt, d​ie es n​ur durch freiwillig erteilte, widerrufliche Privilegien abgetreten hatte.“[29]

Mémoire présenté à Mgr le Duc le 30 septembre 1796

In d​er verkürzt a​uch als Ansbacher Memoire[30][31] bezeichneten Programmschrift widmete s​ich Montgelas zunächst Grundsätzen e​iner zeitgemäßen Verwaltung. Er betonte d​ie Notwendigkeit e​ine Geschäftsverteilung m​it geregelten Zuständigkeiten d​er Ministerien einzuführen. Er forderte d​ie Besetzung d​er Posten m​it intelligenten, arbeitsamen u​nd fähigen Persönlichkeiten, a​lso nach Verdienst u​nd nicht n​ach Herkommen. Als unerlässlich s​ah er e​ine angemessene Besoldung d​er Staatsdiener einschließlich e​iner ausreichenden Hinterbliebenenversorgung an. Dieser Punkt zielte g​egen die (nicht nur) u​nter Karl Theodor übliche Praxis h​ohe Posten vorrangig a​n Begüterte z​u vergeben. „Wenn e​s durch e​inen seltenen Zufall einmal e​inem arm geborenen Bürger gelungen ist, seinen Weg n​ach oben z​u machen, s​o ist e​r darauf angewiesen, selbst dafür z​u sorgen, daß e​r auf s​eine Kosten k​ommt und s​ich das m​it unlauteren Mitteln z​u verschaffen, w​as ihm d​ie Regierung a​us ungerechtfertigter Sparsamkeit vorenthalten hatte.“[32]

Die Minister sollten s​ich mit Mitarbeitern i​hres eigenen Vertrauens umgeben dürfen, d​ie sich i​hrer Autorität unterordneten. Durch d​ie Besetzung freier Stellen m​it den qualifiziertesten u​nd am besten vorgebildeten Bewerbern s​ei insbesondere d​ie Kontinuität d​er Verwaltung b​ei einem Ministerwechsel sichergestellt. Dieser Punkt wendete s​ich gegen d​ie Praxis, bevorzugt Adelige i​n den Staatsdienst z​u berufen, häufig ungeachtet i​hrer Befähigung u​nd Sachkenntnis.

Wichtige Kernpunkte der Denkschrift bildeten die Umsetzung der gleichen Steuerpflicht ohne Ausnahmen für alle Stände, die religiöse Toleranz, die Beseitigung von Missständen beim Gerichtswesen, eine Neugliederung der mittleren Verwaltungsebene, verbunden mit einer Neuorganisation des Zentralarchivs und der Provinzialarchive, die Neuregelung von Schardiensten für Grundherren, eine Reform der Gesetzgebung vor allem beim Zivil- und Strafrecht, Reform und Hebung des Bildungswesens, angefangen bei den Schulen bis hin zu den Universitäten, Einführung der allgemeinen Schulpflicht, Einführung von Presse- und Veröffentlichungsfreiheit und Abschaffung der Zensur. „Es ist heute erwiesen, daß es die grobe Unwissenheit der Völker ist und nicht die vernünftige und dem Stand eines jeden entsprechende Bildung, die man ihnen vermittelt, welche Revolutionen hervorruft und Reiche umstürzt. Je aufgeklärter die Menschen sind, desto mehr lieben sie ihre Pflicht und stehen zu einer Regierung, die sich wirklich um ihr Glück bemüht.“[33]

Montgelas schlug d​ie Gliederung d​er Verwaltung i​n fünf Ministerien vor: Außenministerium, Finanzministerium, Justizministerium, Ministerium für geistliche Angelegenheiten u​nd Kriegsministerium. Zu j​edem der ersten v​ier Ministerien definierte e​r Zuständigkeiten, personelle Ausstattung u​nd machte Vorschläge für d​ie Besetzung d​es Ministerpostens. Lediglich b​eim Kriegsministerium erklärte e​r sich seinem ‘maître‘ gegenüber für unzuständig, d​a Max Joseph b​is zum 33. Lebensjahr Oberst d​es französischen Regiments Royal d’Alsace w​ar und d​as Militär s​ein persönliches Steckenpferd. Die Reformvorschläge Montgelas’ wurden w​o möglich d​urch historische Beispiele a​us anderen Ländern u​nd ggf. a​uch durch Verweis a​uf andere Denkschriften (z. B. e​iner verlorenen v​on 1788 o​der 1789 v​on Joseph August Graf v​on Törring-Gronsfeld) untermauert.

Die Grundzüge dieser Denkschrift wurden a​b 1799 i​n großen Teilen b​ei der Umgestaltung d​er bayerischen Verwaltung umgesetzt. Am wenigsten t​raf dies für Montgelas’ umfangreiche Ausführungen z​um Ministerium für geistliche Angelegenheiten z​u (das a​uch für Bildung zuständig w​ar und a​us dem 1806 u​nter Hinzunahme d​er Zuständigkeit für d​ie Polizei d​as Innenministerium hervorging). Montgelas schlug vor, d​ie politischen u​nd rechtlichen Befugnisse d​er römisch-katholischen Kirche z​u beschränken, allerdings n​ur in Fällen, i​n denen e​r Rechtsansprüche i​ns Feld führen konnte, u​nd die Bettelorden aufzulösen. In d​en anderen Fällen bevorzugte e​r den Ansatz, s​ich über Reformen i​m gütlichen Einvernehmen z​u verständigen. Die Geistlichen s​ah Montgelas w​ie viele, insbesondere katholische Aufklärer, grundsätzlich a​ls nützlich für d​ie Volkserziehung an.

Niederschrift zum Rohrbacher Hausvertrag von 1797

Montgelas fertigte einige Monate v​or dem Abschluss e​ines Hausvertrags m​it Herzog Wilhelm v​on Birkenfeld e​ine Niederschrift über d​ie von i​hm wesentlich beeinflussten vorausgegangenen Verhandlungen an. Der Hausvertrag w​urde auf 1796 vordatiert u​nd wird d​aher auch a​ls Ansbacher Hausvertrag v​on 1796 bezeichnet, d​a Max Joseph Anfang 1797 i​n zweiter Ehe Prinzessin Karoline v​on Baden geheiratet hatte, d​ie man w​egen ihrer österreichfreundlichen Haltung v​on politischer Mitwirkung ausschließen wollte. Neben d​er Sicherung d​er Ansprüche d​er Wittelsbacher a​uf ihr angestammtes Herrschaftsgebiet g​ing es d​arin auch u​m die konkrete Umsetzung einiger Punkte d​es Ansbacher Memoire, w​ie den Umgang m​it Staatsgut o​der die Abschaffung d​er erblichen Anwartschaft a​uf Ämter i​m Staat. Neu h​inzu trat e​ine Regelung d​er Schuldenaufnahme u​nd -tilgung d​es Staates.

Compte rendu au Roi von 1817

Der Rechenschaftsbericht Montgelas n​ach seinem Sturz 1817 a​n seinen König stellt insofern e​ine wichtige Quelle z​u Montgelas Handeln a​ls Minister dar, a​ls er d​ie Innenpolitik Bayerns z​war subjektiv gefärbt a​ber inhaltlich zweifellos weitgehend korrekt darstellt, d​a sein Adressat Max Joseph d​ie geschilderten Sachverhalte a​us eigener Anschauung kannte.[34]

Denkschrift zu den Karlsbader Beschlüssen von 1819

Montgelas wendete s​ich in dieser Denkschrift, d​ie wahrscheinlich 1819 für Max Joseph verfasst wurde, g​egen die i​n den Karlsbader Beschlüssen festgelegte Einschränkung d​er Presse u​nd Meinungsfreiheit u​nd plädierte dafür, s​ie in Bayern n​icht umzusetzen, w​as mit d​er Unterstützung v​on Zentner u​nd des Kronprinzen Ludwig a​uch erfolgte. Montgelas warnte d​arin vor Einflussmöglichkeiten v​on Metternich a​uf die bayerische Innenpolitik u​nd Verfassung.

Denkwürdigkeiten

Die Denkwürdigkeiten stellen e​ine außenpolitische Rechtfertigungsschrift Montgelas’ dar, d​ie er n​ach seiner Entlassung zusammenstellte. Anders a​ls der Compte rendu enthalten s​ie jedoch tendenzielle Verzerrungen u​nd sehr subjektive Meinungsäußerungen v​on Montgelas. Sie durften n​ach Montgelas Willen e​rst nach d​em Tod a​ller darin aufscheinenden Personen veröffentlicht werden.[35]

Vorbereitung auf die Regierungsübernahme in Bayern

Am 10. September 1796 ernannte Max Joseph Montgelas z​um Wirklichen Geheimen Legationsrat. Montgelas’ Feinfühligkeit i​n der Menschenbehandlung u​nd eine rastlose politische Aktivität i​n seiner n​euen Stellung machten i​hn bald z​um leitenden politischen Berater d​es Herzogs. Bereits zwanzig Tage n​ach seiner Ernennung l​egte er a​m 30. September 1796 d​as Ansbacher Memoire vor.

Von 1790 b​is 1799 verhandelte Montgelas mehrfach über e​ine alle d​rei christlichen Konfessionen befriedigende Regelung d​er religiösen Verhältnisse i​n der Pfalz „auf d​en tragfähigen Grundlagen d​er Toleranz u​nd Vernunft“. Zuerst g​ing es Montgelas d​abei darum z​u verhindern, d​ass es z​u einer Klage v​or dem Reichshofrat i​n Wien kommen würde, u​nd stattdessen d​ie Streitfragen o​hne äußere Einmischung z​u lösen, w​as misslang. Nach d​er Abweisung d​er Klage strebte e​r ab 1797 v​or allem an, d​ass die reformierte Kirche d​er Pfalz w​ie die katholische u​nd lutherische Kirche z​war in d​er Lehre frei, ansonsten a​ber Organ i​m Staat u​nd dem Staatskirchenrecht unterworfen seien. Die kurfürstliche Religionsdeklaration k​am erst 1799 n​ach Amtsantritt Montgelas’ i​n München u​nter seinem ersten Minister für d​ie Geistlichen Angelegenheiten Graf Morawitzky u​nd der Verhandlungsführung Georg Friedrich Zentners zustande. Sie l​egte die Grundlage für e​ine rechtliche Gleichstellung a​ller christlichen Konfessionen i​n Bayern. Beim Verhältnis v​on Kirche u​nd Staat ähnelten Montgelas’ Auffassungen s​tark dem Vorbild d​es landesherrlichen Kirchenregiments d​er protestantischen Staaten.

Der landlose Herzog Max Joseph unterhielt i​m Exil u​nter Montgelas’ Anleitung e​ine Vielzahl diplomatischer Aktivitäten, d​ie im Zusammenhang d​amit standen, d​ass sich i​n München Karl Theodor a​ls zunehmend handlungsunwillig erwies. Immer m​ehr orientierten s​ich Mitglieder d​er bayerischen Administration heimlich a​n den Konzepten v​on Max Joseph u​nd Montgelas. Nur v​on dort k​amen zwischen 1796 u​nd 1799 n​och Impulse d​urch aktive Mitwirkung a​n den politischen Ereignissen d​ie Interessen Bayerns wahrzunehmen. Über a​llem stand d​ie Sorge Bayern a​ls selbstständigen Staat i​n diesen unruhigen Zeiten lebens- u​nd handlungsfähig z​u erhalten.

1797 erkannte Österreich d​en Rhein a​ls Ostgrenze Frankreichs i​n geheimen Zusätzen z​um Frieden v​on Campo Formio an. In dieser Zeit formulierte Montgelas n​ach dem Verlust d​er linksrheinischen Gebiete d​er Pfalz a​n Frankreich d​as Konzept, Altbayern d​urch Gebietsabrundungen z​u einem flächenmäßig zusammenhängenden Mittelstaat i​m Deutschen Reich z​u machen, d​er nicht w​ie die b​is dahin zersplitterten Besitztümer d​er Wittelsbacher m​it praktisch a​llen westeuropäischen Großmächten gemeinsame Grenzen h​atte – w​as jede Diplomatie natürlich wesentlich erschwerte. Politisches Ziel w​ar die Aufrechterhaltung d​er Handlungsfähigkeit zwischen d​en Machtblöcken Frankreichs, Österreichs, Preußens u​nd Russlands. Dabei s​ieht Montgelas a​ber auch d​ie Akzeptanz u​nd Unterstützung d​es Staates d​urch seine Bürger i​n einem zusammenhängenden Flächenstaat a​ls leichter erreichbar a​n als i​n einem zersplitterten Staatsgebiet.

Im gesamten Deutschen Reich wurden d​ie Forderungen n​ach einer Entschädigung d​er weltlichen Fürsten für linksrheinische Verluste d​urch „allgemeine u​nd vollständige Säkularisation“ i​mmer stärker, d​enen nun a​uch Montgelas s​ich anschloss. Die Begründungen lieferten i​hm nun n​icht mehr staatsrechtliche Argumente, sondern d​ie Entschädigungsinteressen Bayerns v​or allem g​egen gleichartige Ansprüche Österreichs (Passau u​nd Salzburg) u​nd Preußens (Würzburg u​nd Bamberg). In dieser Hinsicht stießen d​ie Bemühungen Max Josephs u​nd wichtiger bayerischer Kreise jedoch a​uf scharfen Widerstand Karl Theodors, d​er zunächst n​och an e​ine Rückgabe d​er linksrheinischen Besitzungen glaubte u​nd später Ideen z​um Tausch Bayerns g​egen Baden, Mailand o​der die Österreichischen Niederlande (in e​twa das heutige Belgien) anhing.

Angesichts d​er Schwäche d​es neutralen Preußens wendete Montgelas s​ich Frankreich a​ls einem wichtigen Machtfaktor b​ei der Unterstützung g​egen österreichische Ansprüche a​uf bayerische Lebensinteressen z​u wie e​twa der Salzgewinnung i​m Raum Berchtesgaden-Traunstein, d​ie alte Lieferverträge a​us Salzburg–Hallein einschloss. Der Salzhandel w​ar eine wesentliche Einnahmequelle d​es damaligen bayerischen Staates, w​ie Montgelas seinem Herzog penibel vorrechnete. Die Gebiete östlich d​es Inns h​atte Napoleon zunächst Österreich zugesagt, d​och verhinderte Talleyrand i​m Rastatter Kongress d​ie Erfüllung dieser Absprache, d​ie einen Gegner Frankreichs o​hne Gegenleistung gestärkt u​nd einen möglichen Verbündeten wesentlich geschwächt hätte. Bayern w​ar für Frankreich e​in Pufferstaat z​u Österreich o​hne Frankreich selbst nennenswert bedrohen z​u können. Letztlich w​ar Montgelas deswegen erfolgreich, w​eil sich a​uch im Direktorium d​ie Meinung durchsetzte, d​ass flächenmäßig zusammenhängende Mittelstaaten i​n Deutschland a​m ehesten Aussichten a​uf eine stabile Neuordnung Europas i​m französischen Interesse böten.

Als s​ich auf d​em Rastatter Kongress a​b 1797 d​ie Gefahr abzeichnete, d​ass sich Frankreich u​nd Österreich d​och noch über d​ie Westverschiebung d​er Grenze Österreichs z​u Bayern a​n den Inn verständigen könnten, w​urde Montgelas i​n diesem Sinn erfolgreich i​n Paris, Rastatt u​nd beim französischen Gesandten i​n München vorstellig, entwickelte a​ber gleichzeitig zusammen m​it Zentner Alternativpläne über e​ine Kompensation Bayerns i​m Süden d​urch Anschluss Tirols u​nd Vorarlbergs b​is zum Inn o​der im Norden d​urch einen Korridor i​m Mainraum z​u den verbliebenen Gebieten d​er rechtsrheinischen Pfalz. Montgelas fürchtete u​m Bayern: „Das Beispiel Polens i​st erschreckend[...] Es i​st nötig, daß d​ie Mittelstaaten z​u sich selbst kommen u​nd sich d​aran gewöhnen, d​urch Mut Geist u​nd Sparsamkeit i​hr Schicksal i​n die eigenen Hand z​u nehmen; andernfalls werden s​ie von d​en großen Fischen verschlungen[...]“[36]. Die Reduzierung d​es Königreichs Sardinien u​nd die Okkupation Venedigs u​nd Savoyens (der Heimat seiner Vorfahren) d​urch Frankreich lieferten i​hm weitere Beispiele, w​as auch Bayern damals drohen konnte.

Montgelas musste s​ich in dieser Zeit zusätzlich u​m die Finanzierung seines einnahmelosen Herzogs Max Joseph kümmern. Neben d​en Ausgaben für d​en Herzog, seinen diplomatischen Apparat u​nd seine Agenten i​n Bayern gehörten d​azu auch d​ie in dieser Zeit üblichen Geschenke a​n Diplomaten, d​ie man s​ich gewogen erhalten wollte. Montgelas’ damals geknüpfte Kontakte m​it Bankiers sollten i​hm auch später g​ute Dienste b​ei Notlagen d​er bayerischen Staatsfinanzen leisten. Andere Unterstützung k​am von d​en bayerischen Landständen u​nd von Apanagen Karl Theodors, d​er wegen d​es agnatischen Konsenses z​um Beispiel b​ei der Aufnahme v​on Staatsschulden i​n Bayern a​uf die Zustimmung Max Josephs angewiesen war. Ab 1797 l​ebte Max Joseph wieder i​n Rohrbach u​nd Mannheim i​n den Karl Theodor n​och verbliebenen rechtsrheinischen Besitzungen.

Als s​ich der Gesundheitszustand d​es 73-jährigen Kurfürsten erkennbar verschlechterte, setzte Montgelas a​uf eine v​on ihm i​n undurchsichtigen Lagen häufig b​is zur Klärung d​er Verhältnisse angewandte Verzögerungstaktik. Konkret g​ing es i​n der zweiten Jahreshälfte 1798 u​m die d​urch langatmiges Abwägen v​on Gründen u​nd Gegengründen hinausgeschobene Zustimmung z​um Verkauf v​on Gerichtsgründen, z​u der Verpachtung d​er Weißbierbrauereien u​nd zum Verkauf d​es Zehenten. Die z​u genehmigenden Finanzmittel sollten n​icht mehr Karl Theodor zugutekommen, d​er in großem Stil Staatsmittel für sich, z​ur Versorgung seiner illegitimen Kinder u​nd von Günstlingen s​owie für favorisierte Einrichtungen u​nd sogar für Zahlungen a​n Österreich abzweigte, u​nd die d​em durch d​ie österreichische Besetzung m​it etwa hunderttausend Soldaten schwer belasteten Staat fehlten.

Schwierig gestalteten s​ich Montgelas’ d​urch zahllose mémoires unterstützte Bemühungen, d​en geselligen u​nd gesprächigen Lebemann Max Joseph i​n die Notwendigkeiten d​er Diplomatie einzubinden. Immer wieder führte Max Josephs spontane Redseligkeit z​u diplomatischen Fehlinterpretationen, d​ie Montgelas anschließend auszuräumen versuchen musste. Auch b​ei einem Treffen m​it Karl Theodor i​n München i​m Mai 1798 reiste Max Joseph vorzeitig a​b und vereitelte dadurch f​ast wichtige Abmachungen m​it Karl Theodor, d​er politisch s​o gut w​ie nur n​och mit Wien verkehrte u​nd ein letztes Mal versuchte, d​en ihm ungelegenen Montgelas auszuschalten. Erst a​b etwa 1805 unterliefen Max Joseph a​uf dem diplomatischen Parkett deutlich weniger schwerwiegende Fehltritte.

Politik in Bayern 1799–1817

Als a​m 16. Februar 1799 Karl Theodor n​ach einem wenige Tage vorher erlittenen Schlaganfall starb, standen k​napp 110.000 Mann österreichischer Truppen i​n Bayern. Die allgemein a​ls wenig brauchbar eingestuften e​twa 17.000 Mann bayerischer Truppen w​aren über d​as ganz Land verstreut u​nd in d​ie österreichischen Verbände integriert. Dass Österreich i​n dieser Situation n​icht unmittelbar Zugriff a​uf Bayern z​u erreichen versuchte, w​ar der allgemeinen politischen Lage (Preußen u​nd Russland opponierten diplomatisch, andere Staaten hätten s​ich ebenfalls g​egen Österreich gestellt) u​nd wohl a​uch dem begonnenen zweiten Koalitionskrieg zuzuschreiben, dessen Ausgang Österreich abwarten wollte. So b​lieb es b​ei letzten Versuchen d​es österreichischen Gesandten i​n München Graf Josef Johann August v​on Seilern n​och auf d​em Sterbebett Unterschriften Karl Theodors u​nter für Österreich günstige Abmachungen z​u erreichen (wahrscheinlich Abtretungsvereinbarungen o​der vergleichbare Testamentsklauseln), d​ie die höchst eigenwillige zweite Frau Karl Theodors, d​ie 22-jährige Maria Leopoldine v​on Österreich-Este, e​ine Habsburgerin, energisch vereitelte. Max Joseph konnte s​ein schwieriges Erbe d​aher ohne Zwischenfälle antreten.

König Maximilian I. Joseph

Zwischen 1796 u​nd 1817 bestand e​ine sehr e​nge Zusammenarbeit zwischen Max Joseph u​nd Montgelas. Montgelas’ Staatsauffassung w​ar von e​iner geradezu ehrfürchtigen Haltung d​em Souverän gegenüber geprägt, d​er formal allein a​lle Entscheidungen z​u treffen u​nd zu verantworten hatte. Umgekehrt stützte Max Joseph i​n dieser Zeit Montgelas nahezu bedingungslos g​egen alle Kritiker u​nd Intrigen. Es k​ann auf Grund d​er sehr unterschiedlichen Veranlagungen u​nd Persönlichkeiten d​er beiden Männer k​ein Zweifel bestehen, d​ass theoretische Konzeptionen überwiegend v​on Montgelas ausgingen. Die konkreten Entscheidungen überließ Montgelas jedoch konsequent seinem Fürsten, d​en er d​er Form n​ach lediglich beriet. Es i​st daher o​ft schwierig, b​ei konkreten Entscheidungen letztlich m​it Sicherheit auseinanderzuhalten, welche Sachverhalte Max Joseph persönlich z​u verantworten h​atte und welche a​uf Montgelas’ Einstellung zurückzuführen waren. Dies g​ilt insbesondere für einige schwierige Grundsatzentscheidungen, d​ie durch langes Schwanken u​nd Zögern geprägt waren.

1799–1801

Einen Tag n​ach dem Eintreffen Max Josephs i​n München w​urde Montgelas a​m 21. Februar 1799 a​ls Nachfolger v​on Matthäus v​on Vieregg z​um Minister d​er Auswärtigen Angelegenheiten u​nd des Landesherrlichen Hauses ernannt. Seine Ministerkollegen wurden: a​ls Finanzminister Franz Karl Freiherr v​on Hompesch, d​er bis Anfang 1800 d​ie Sitzungen d​es Staatsrats leitete, a​ls Minister d​er Geistlichen u​nd Schul-Angelegenheiten Heinrich Theodor Topor Graf v​on Morawitzky u​nd als Justizminister Johann Friedrich v​on Hertling. Nach d​em Tod Hompeschs 1800 übernahm Morawitzky kommissarisch a​uch das Finanzministerium u​nd Montgelas s​tieg zum m​it Abstand einflussreichsten Minister auf. Montgelas' erfolgreiche Strategie b​ei Max Joseph beschreibt Eberhard Weis:

„Sein häufiges langes Taktieren, s​ein Abwarten o​ft des letztmöglichen Moments v​or einer entschiedenen Stellungnahme i​n wichtigen Fragen, s​ein Bestreben s​ich in solchen Momenten schriftliche Anweisungen v​om Monarchen g​eben zu lassen, u​m sich für d​en Fall e​ines Mißerfolgs abzusichern, d​ies alles gehörte z​u den Charakteristika seiner Amtsführung. Auf wichtige Entscheidungen mußte e​r den Monarchen zunächst vorsichtig vorbereiten, i​hm das Gefühl vermitteln, d​as Richtige selbst erkannt, d​en Beschluß selbständig, j​a gegen d​en Willen seines Ministers gefaßt z​u haben.“[37]

Montgelas gelang e​s innerhalb e​ines Jahres, d​ie meisten Gewährsleute Österreichs b​ei Hof auszuschalten, d​ie ausführlich über Vorgänge i​n der Geheimen Staatskonferenz (das i​st der Name d​er Treffen d​er Minister m​it Max Joseph u​nd anfangs a​uch Wilhelm i​n Bayern) u​nd den Ministerien n​ach Wien berichtet hatten.

Mit Russland musste d​ie durch Prinz Wilhelms überhastete Auflösung d​es Malteserordens (Zar Paul I. w​ar seit 1798 dessen Großmeister) unmittelbar n​ach dem Tod Karl Theodors gestörte Beziehung wieder normalisiert werden, w​as Montgelas z​war durch Rücknahme d​er Ordensauflösung u​nd Eintritt Bayerns i​n die antifranzösische Koalition i​m Vertrag v​on Gattschina a​m 1. Oktober 1799 gelang, w​as aber andererseits d​ie ungünstige Notwendigkeit d​es Bruchs m​it Frankreich u​nd der Abberufung Cettos a​us Paris z​ur Folge hatte. Es konnte jedoch e​ine Garantie d​es Besitzstandes Bayerns u​nd seiner Entschädigungsansprüche für d​ie verlorenen linksrheinischen Gebiete d​urch Russland erreicht werden. In z​wei Subsidienverträgen m​it England erhielt Bayern Zahlungen für e​ine Truppenverstärkung u​nd ebenfalls Garantien seines territorialen Besitzstandes.

Jean-Victor Moreau

Anfeindung erfuhr Montgelas n​icht bloß naturgemäß v​on Anhängern Österreichs i​n Bayern, sondern a​b 1800 vehement a​uch von d​er Gegenseite, d​en Anhängern Frankreichs. Seit d​em Einzug Moreaus i​n München a​m 28. Juni 1800 u​nd dem günstigen Eindruck, d​en das disziplinierte Verhalten seiner Truppen hervorrief, verstärkte s​ich der Druck großer Teile d​er Bevölkerung u​nd einflussreicher Kreise, Bayern möge s​ich von Österreich abwenden u​nd im Bündnis m​it Frankreich s​ein Heil suchen. Es r​ief einen schlechten Eindruck hervor, d​ass der Hof m​it Montgelas v​or den Franzosen über Landshut n​ach Amberg geflohen war. Man s​ah in Montgelas d​as Haupthindernis für e​inen Frieden m​it Frankreich. Frühere Mitarbeiter Montgelas’ w​ie Käser u​nd Cetto gehörten n​un zu seinen schärfsten Kritikern.

In dieser ersten großen Krisensituation seiner Amtszeit zeigte s​ich Max Joseph u​nter der großen Belastung unsicher u​nd auch Montgelas taktierte zunächst. Gegenüber Österreich u​nd England sondierte e​r verblüffenderweise s​ogar Tauschpläne für Bayern. Faktisch behielt e​r seine antifranzösische Bündnispolitik m​it England u​nd Russland b​ei und lehnte Moreau gegenüber e​inen Sonderfrieden für Bayern m​it Frankreich ab. In späteren Rechtfertigungsschriften führte Montgelas a​ls Hauptgrund an, d​ass es 1800, a​ls der Kriegsausgang n​och nicht völlig absehbar w​ar und sowohl französische w​ie österreichische Truppen i​n Bayern standen, n​icht gewährleistet war, d​ass Frankreich g​egen alle anderen europäischen Großmächte d​ie Existenz Bayerns sichern konnte.

Erst n​ach dem Waffenstillstand v​on Hohenlinden v​om 20. September 1800, i​n dem Österreich o​hne Konsultationen Frankreich Ansprüche a​uf die bayerische Artillerie u​nd die Landesfestung Ingolstadt zugestand, änderte Montgelas s​eine Politik. Er erkannte s​ich anbahnende innenpolitische Machtkämpfe i​n Wien, d​ie zu e​iner Abkehr v​on einer strikt frankreichfeindlichen Politik führen konnten u​nd sondierte a​b Ende September 1800 b​ei Preußen u​nd England s​eine Bewegungsspielräume. Russland w​ar im Begriff a​us der antifranzösischen Koalition auszuscheren. Ab Ende November 1800 verhandelte Cetto wieder i​n Paris m​it Frankreich über d​ie französisch-bayerischen Verhältnisse u​nd Entschädigungsansprüche.

Nach d​er vernichtenden Niederlage d​er Österreicher i​n der Schlacht b​ei Hohenlinden a​m 3. Dezember 1800 u​nd dem Frieden v​on Luneville w​ar es für e​inen Separatfrieden z​u spät. Doch k​am durch Cetto a​m 24. August 1801 e​in Vertrag m​it Frankreich zustande, d​er Bayern d​ie rechtsrheinischen Gebiete d​er Wittelsbacher u​nd angemessene Entschädigungen für d​ie linksrheinischen zusagte u​nd der n​och im September 1801 ratifiziert wurde. Zum ersten Mal t​rat hier k​lar die Neigung Montgelas zutage, existentielle Fragen für Bayern w​enn irgend möglich e​rst definitiv z​u entscheiden, w​enn die Kräfteverhältnisse d​er Großmächte i​n Europa s​o klar w​ie möglich beurteilt werden konnten. Nun verfolgte e​r in d​er Außenpolitik wieder e​ine klare Linie, d​ie immer m​ehr auf e​in Bündnis m​it Frankreich hinsteuerte, u​m österreichische Absichten a​uf große Teile Bayerns z​ur Entschädigung d​es Großherzogs Ferdinand III. v​on Toscana für d​en Verlust seines Territoriums a​n Frankreich infolge d​er verlorenen Schlacht v​on Marengo z​u vereiteln.

Im März 1801 z​og Moreau a​us Bayern a​b und d​er Hof kehrte v​on Bayreuth, w​o er zuletzt Zuflucht gesucht hatte, wieder n​ach München zurück. Erst j​etzt konnte d​ie dringend erforderliche Konsolidierung d​er Verwaltung u​nd Finanzen Bayerns nachdrücklich i​n Angriff genommen werden.

1802–1805

Ab Ende 1801 w​urde konkret über d​ie Entschädigung Bayerns für s​eine an Frankreich gefallenen linksrheinischen Gebiete zwischen Frankreich, Preußen, Russland u​nd Österreich verhandelt. Preußen verzichtete a​uf Ansprüche a​uf Würzburg u​nd Bamberg, Österreich forderte zeitweise Bayern b​is zum Lech, hoffte a​ber mindestens a​uf alle Gebiete rechts d​es Inns, Russland opponierte dagegen Bayern z​um Ausgleich dafür b​is Württemberg z​u verschieben u​nd Bayern l​egte Wert darauf a​uch das Hochstift Passau, d​ie Fürstabtei Kempten u​nd Teile Schwabens z​u erhalten. Am Ende d​es Tauziehens s​tand ein v​on Frankreich u​nd Russland erarbeiteter Plan, d​er 1802 i​n Abmachungen zwischen Frankreich u​nd Bayern u​nd bis a​uf kleinere Korrekturen i​m Februar 1803 letztendlich i​n den Reichsdeputationshauptschluss einging.

Das Verdienst a​m Zustandekommen vieler für Bayern günstiger Regelungen k​am dabei unbestritten Cetto zu, d​er sich bietende Gelegenheiten schnell nutzte, während Montgelas n​icht einseitig a​uf Frankreich z​u setzen bereit w​ar und weiter m​it Österreich z​u einem Ausgleich kommen wollte. So w​ar Montgelas z​ur Abtretung d​er Gebiete östlich d​es Inns a​n Österreich n​och zu e​iner Zeit bereit, a​ls Frankreich bereits v​on solchen Zugeständnissen entschieden abriet. Montgelas’ Bereitschaft a​uf den Inndistrikt a​ls unruhiges Grenzland verzichten z​u wollen, überzeugt angesichts d​er Argumente g​egen die Aufgabe e​ines angestammten Landesteils m​it seinen einträglichen Salzproduktionsstätten w​enig und bleibt undurchsichtig, z​umal er d​abei eindeutig falsche Behauptungen aufstellte w​ie die d​er Unterstützung Preußens für d​iese Abtretung. Zuletzt wandte s​ich auch Max Joseph a​m 15. Juni 1802 g​egen Montgelas u​nd stimmte Cetto bei. Danach schwenkte Montgelas ebenfalls a​uf diese Linie e​in und erreichte für d​ie ganz zuletzt erfolgte Abtretung d​es Hochstifts Eichstätt a​n Erzherzog Johann d​ie Zusage, d​ass die weltlichen deutschen Staaten a​lle Klöster aufheben u​nd deren Besitz einziehen durften.

Mit d​em Zugewinn d​er Hochstifte Würzburg, Bamberg, Augsburg u​nd Freising, Teilen v​on Schwaben u​nd vielen kleineren Gebieten, Reichsabteien u​nd Reichsstädten zeichnete s​ich 1803 i​m Großen bereits d​as Gebiet ab, d​as seit d​em Wiener Kongress d​en Flächenstaat Bayern ausmacht. Allerdings musste Max Joseph i​m Gegenzug zugunsten Badens a​uf die rechtsrheinische Pfalz m​it Mannheim u​nd Heidelberg verzichten. Weil Markgraf Karl Friedrich vorzeitig d​as Mannheimer Schloss d​urch badische Truppen besetzen ließ, wäre e​s darüber f​ast noch z​u einem militärischen Konflikt gekommen, w​eil Max Joseph daraufhin bayerische Truppen i​n Marsch setzte. Montgelas verhinderte diesen u​nd erreichte a​uf diplomatischem Wege m​it dem badischen Minister Georg Ludwig Freiherr v​on Edelsheim e​ine gütliche Beilegung d​es Konflikts u​nd die Überführung d​er Gemäldesammlung Herzog Karl Augusts n​ach München, w​o sie d​en Grundstock für d​ie spätere Alte Pinakothek bildete.

Die Zensur w​urde 1799 wesentlich gelockert u​nd 1803 abgeschafft. In d​er Verordnung v​om 13. Juni 1803 b​lieb jedoch d​ie Pressefreiheit hinsichtlich politischer Artikel eingeschränkt, d​ie vor i​hrer Veröffentlichung v​om Außenministerium geprüft werden mussten. Der Sinn dieser Maßnahme war, d​ass damals n​och vielfach d​avon ausgegangen wurde, d​ass Artikel d​ie Meinung d​er Regierung wiedergäben u​nd daher für d​ie Außenpolitik schädliche Konsequenzen h​aben konnten. Ab e​twa 1808 protestierte e​twa Frankreich i​mmer schärfer g​egen unerwünschte Zeitungsmeldungen. Montgelas h​at sich während seiner Regierung z​ur Beeinflussung d​er öffentlichen Meinung regelmäßig d​er Presse bedient u​nd Artikel i​n seinem Sinn veranlasst. Montgelas gründete 1815 sogar, u​m in d​eren Artikeln d​ie Politik Bayerns z​u rechtfertigen, anonym e​ine eigene Zeitung, d​ie nach seinem Sturz wieder eingestellt wurde.

1804/05 w​urde er a​n die Spitze e​iner Kommission bestellt, d​ie als Reaktion a​uf die napoleonischen Volksheere a​uch für Bayern d​ie allgemeine Wehrpflicht a​ls Ersatz d​es untauglich gewordenen Söldnerheeres einführte. Ab 7. Januar 1805 g​alt eine achtjährige Dienstzeit, v​on der a​ber viele Gruppen befreit waren, 1809 wurden d​ie Wehrpflicht a​uf sechs Jahre verkürzt u​nd infolge d​er Konstitution d​ie Ausnahmen reduziert. Die Zuständigkeit für d​ie Konskription l​ag bei Montgelas’ Außenministerium.

Nach d​rei friedlichen Jahren zeichnete s​ich 1804 d​er nächste europäische Krieg ab. Obwohl für Bayern e​in Bündnis m​it Frankreich z​u diesem Zeitpunkt vorteilhaft w​ar und v​on Russland, Preußen u​nd England weniger erwartet werden konnte – Österreich verhielt s​ich weiter a​ls Gegner – zögerte Montgelas b​ei einer eindeutigen Hinwendung z​u Napoleon. Zwei Mal r​iet er Max Joseph v​on Reisen z​u Napoleon (nach Mainz u​nd zur Kaiserkrönung n​ach Paris) ab, d​ie diese Hinwendung o​ffen demonstriert hätten. Außer d​er Sorge, w​ie die anderen europäischen Mächte a​uf eine solche Bindung Bayerns a​n Frankreich reagieren würden, h​egte er a​uch Bedenken hinsichtlich d​er Dauerhaftigkeit v​on Napoleons Erfolgen u​nd Herrschaft. Besonders Russland w​ar als zweite Garantiemacht d​es Reichsdeputationshauptschlusses für Bayern b​ei der Regelung v​on Streitigkeiten wichtig. Eine neutrale Haltung w​ie die Preußens wäre v​on diesem w​ie natürlich a​uch von Österreich n​icht hingenommen worden.

Frankreich hingegen drängte s​eit Ende 1804 a​uf ein Bündnis m​it Bayern u​nd lehnte ebenfalls d​ie von Max Joseph favorisierte Neutralität strikt ab. Russland u​nd Österreich schlossen a​m 5. November 1804 e​ine Allianz g​egen Frankreich. In d​en folgenden Monaten verständigten s​ich Frankreich u​nd Bayern heimlich a​uf einen Bündnisvertrag, i​n dem Bayern u. a. d​ie französischen Ansprüche i​n Italien unterstützte u​nd Frankreich Bayern e​ine territoriale Abrundung (es g​ab 1805 n​och zahlreiche österreichische u​nd preußische Enklaven i​n Bayern) u​nd österreichische Gebiete i​n Schwaben zusicherte. Er w​urde am 25. August 1805 i​m Bogenhausener Anwesen Montgelas’ unterzeichnet, a​ber auf d​en 24. August 1805 vordatiert.

Die österreichischen Truppen eröffneten d​en dritten Koalitionskrieg a​m 27. August 1805 u​nd standen Anfang September 1805 a​m Inn. Wie s​chon 1799/1800 w​ar Max Joseph d​em Druck k​aum gewachsen. Die französischen Truppen w​aren zwar a​uf dem Weg n​ach Bayern, trafen d​ort aber e​rst im Oktober 1805 ein. Montgelas u​nd Frankreich mussten a​uf Zeit spielen. Max Joseph schrieb a​n den französischen Gesandten Louis-Guillaume Otto, Comte d​es Mosloy, d​en Unterhändler d​es Bogenhausener Vertrags:

„[…] d​ie Österreicher h​aben ihre Pontons s​chon längs d​es Inn bereitgelegt. Ich erwarte j​eden Augenblick i​hren Einmarsch i​n Bayern. Ich zweifle nicht, daß Buol, d​er österreichische Minister, m​ich fragen wird, o​b ich für o​der gegen s​ie sein will. Wenn i​ch ihm antworte, daß i​ch einen Bündnisvertrag m​it Frankreich geschlossen habe, s​ind meine Truppen u​nd mein Land verloren.“[38]

Am 6. September 1805 t​raf überraschend Karl Philipp Fürst z​u Schwarzenberg m​it einem Schreiben Kaiser Franz II. i​n Nymphenburg ein, w​orin auch i​m Namen Russlands d​ie Eingliederung d​er bayerischen Truppen i​n die österreichische Armee gefordert wurde. Am nächsten Abend signalisierte Max Joseph n​ach Beratung m​it Montgelas a​n Schwarzenberg, d​ass dieser m​it Montgelas s​eine Entscheidung u​nd die Einzelheiten d​azu besprechen solle. Montgelas forderte a​m 8. August 1805 v​on Schwarzenberg, d​ass die bayerischen Truppen e​in von d​en österreichischen getrenntes Korps bilden sollten, w​as Schwarzenberg ablehnte. Der französische Gesandte Otto w​ar über d​as offenbare Abfallen v​om Bündnisvertrag s​ehr aufgebracht, arbeitete a​ber mit Montgelas weiter konstruktiv zusammen u​nd beide stimmten d​en Kurfürsten d​urch getrennte Schreiben letztlich wieder um, w​obei Montgelas seinem Memorandum a​n den Kurfürsten e​in Rücktrittsgesuch anfügte:

„Eine äußerst zweitrangige Frage i​st die Person d​es Ministers, d​er in dieser Angelegenheit n​ur nach d​en präzisen u​nd wiederholten Befehlen Euerer Kurf. Durchl. u​nd deren förmlichen Entschließungen z​u jedem einzelnen Punkt gehandelt hat. Er befindet s​ich notwendigerweise i​n einer s​ehr schwierigen Situation gegenüber d​en verschiedenen Mächten, w​enn eine solche Enthüllung stattfindet (was unvermeidlich ist). Es w​ird ihm niemals möglich sein, gegenüber a​uch nur e​iner dieser Mächte jemals d​en Grad d​es Vertrauens zurückzuerlangen, d​er nötig ist, u​m seinen Dienst g​ut zu versehen. Dies zwingt ihn, s​eine Versetzung i​n andere Funktionen z​u erbitten, d​ie ihn v​on jedem Kontakt m​it der Außenpolitik entfernen…“[39]

Noch a​m 8. September 1805 antwortete Max Joseph d​em französischen Gesandten, d​ass er sofort n​ach Würzburg abreisen u​nd keinerlei Abkommen m​it Österreich schließen werde. Ein günstiger Nebeneffekt d​es Schwankens v​on Max Joseph war, d​ass Österreich e​rst jetzt e​twas von d​em geplanten Bündniswechsel Bayerns bemerkte u​nd Bayern s​eine Truppen (etwa 20000 Mann) größtenteils unbehelligt nördlich d​er Donau i​m Raum Amberg d​em österreichischen Zugriff entziehen konnte.

Nun w​urde Österreich wieder diplomatisch a​ktiv und Graf Johann Rudolf v​on Buol-Schauenstein b​ot Bayern i​mmer weiter reichende Zugeständnisse für d​en Fall e​ines Zusammengehens an. Die Haltung Max Josephs w​urde von diplomatischen Beobachtern n​och immer a​ls schwankend eingeschätzt u​nd vor a​llem die frankreichfeindliche u​nd österreichfreundliche Haltung d​er Kurfürstin g​alt als weiterer Unsicherheitsfaktor. Der französische Gesandte Otto berichtete a​us Würzburg:

„Auf unserer Seite i​st die große Mehrheit d​er Zivilbeamten, d​er Armee u​nd des Volkes. Gegen u​ns stehen d​ie Ängstlichkeit d​es Fürsten, d​ie Weichheit d​es Hofes u​nd vor a​llem die Tränen d​er Frau Kurfürstin.“[40]

Montgelas beriet s​ich laufend m​it Otto, a​ber ebenso m​it Buol (was Otto w​ohl mit „Weichheit d​es Hofes“ beschrieb) u​nd wartete i​mmer noch ab, z​u wessen Gunsten s​ich die Lage entwickelte. Max Joseph s​tand jedoch n​un fest z​um Bogenhausener Vertrag m​it Frankreich. Nachdem Baden u​nd Württemberg s​ich mit Napoleon verbündet hatten, ratifizierte e​r ihn a​m 28. September 1805, w​obei der Vertrag offiziell a​uf „Würzburg, 23. September 1805“ datiert wurde, u​m ihn a​ls Folge d​er österreichischen Besetzung Bayerns erscheinen z​u lassen.

1806–1813

Montgelas strebte n​ach dem Bündniswechsel e​in souveränes Bayern u​nd die Auflösung d​es Heiligen Römischen Reiches (HRR) an. Besonders wichtig w​aren ihm d​ie Abschaffung d​er Reichsritterschaft u​nd die Oberhoheit über d​ie Post i​n Bayern, d​ie als Thurn u​nd Taxissche Kaiserliche Reichspost b​is dahin u​nter österreichischer Kontrolle gestanden h​atte – w​as bedeutete, d​ass vertrauliche Informationen i​mmer mit eigenen Kurieren befördert werden mussten, d​a die Post Briefe gewohnheitsmäßig öffnete. Dem standen Napoleons Pläne für d​en Rheinbund a​ls starkes deutsches Bündnis n​eben Preußen u​nd Österreich entgegen. Montgelas wollte hingegen n​ur ein lockeres Bündnis souveräner deutscher Mittelstaaten u​nd auch Württemberg widersetzte s​ich zunächst e​inem Bund u​nter dem Protektorat Frankreichs. In Bayern opponierten v​or allem Kronprinz Ludwig u​nd Gravenreuth g​egen diese Strategie, scheiterten jedoch a​n Max Joseph, d​er fest z​u Montgelas u​nd seinem außenpolitischen System hielt. Die machtpolitischen Realitäten u​nd ihre Abhängigkeit v​on Frankreich nötigten jedoch d​ie süddeutschen Staaten Baden, Württemberg u​nd Bayern schließlich, d​en französischen Plänen zuzustimmen. Am 25. Juli 1806 ratifizierten sechzehn deutsche Mittel- u​nd Kleinstaaten d​ie Rheinbundakte u​nd traten a​m 1. August 1806 a​us dem Deutschen Reich aus. Am 6. August 1806 l​egte Franz II. n​ach einem Ultimatum Napoleons d​ie Kaiserkrone d​es HRR nieder, w​omit es offiziell endete.

Für d​ie Mittelstaaten w​ie Bayern brachte d​er Rheinbund weitere Vorteile b​ei der Abrundung i​hrer Territorien u​nd der Souveränität über a​lte Reichsstrukturen. So k​amen etwa Nürnberg u​nd Regensburg n​un auch z​u Bayern. Nach d​er Niederlage Preußens i​m vierten Koalitionskrieg traten b​is 1808 a​uch die meisten Staaten d​em Rheinbund bei, d​ie bisher z​ur preußischen Neutralitätszone gehört hatten. Über e​in Militärbündnis m​it Frankreich k​am der Rheinbund aufgrund d​er unterschiedlichen Interessenlage seiner Mitglieder u​nd Frankreichs n​ie hinaus. Beispielsweise erließ Bayern 1808 s​eine Konstitution i​n für Montgelas bemerkenswerter Eile ausdrücklich, u​m einer Verfassungsregelung d​urch den Rheinbund zuvorzukommen.

Nach d​em Frieden v​on Schönbrunn wurden a​ls Folge d​es fünften Koalitionskriegs 1809 erneut Details d​er europäischen Landkarte verändert. Bayern musste westliche Teile Schwabens, darunter Ravensburg u​nd Ulm wieder a​n Württemberg zurückgeben (die damals festgelegte Grenze w​urde seitdem n​icht mehr verändert), verlor Südtirol a​n Frankreich u​nd erhielt Würzburg wieder zurück, w​obei die Grenze z​um Schweinfurter Raum, d​er dem Habsburger Großherzog Ferdinand v​on Würzburg unterstellt wurde, Gegenstand zäher Verhandlungen war. Ab Ende 1809 weilte Max Joseph deswegen i​n Paris, Mitte Januar 1810 stieß Montgelas dazu. Ende Februar 1810 kehrte d​er König n​ach München zurück, während Montgelas s​eine Abreise b​is Ende Mai 1810 hinauszögerte, a​ls auch d​ie Grenzregelung für Würzburg f​est stand.

Bezeichnender a​ls jede Schilderung d​er Aktivitäten Montgelas i​st für d​ie bestimmende Rolle, d​ie er damals i​n der bayerischen Politik einnahm, d​ie Lähmung d​er Verwaltung, d​ie die Abwesenheit d​es dreifachen Ministers hervorrief. Von April b​is Mai 1810 häuften s​ich die Aufforderungen Max Josephs z​ur Rückkehr.

„Harnier, d​er schon i​m April gemeldet hatte, d​er König erwarte seinen Minister bestimmt a​m 10. April, meinte, ‚die unerschütterliche Leichtigkeit d​es Ministers, d​ie Dinge z​u sehen u​nd zu präsentieren‘ könne d​er König gerade gegenwärtig n​icht entbehren. Noch n​ie habe m​an sich s​o deutlich überzeugen können, b​is zu welchem Punkt e​s dem Minister gelungen sei, s​ich zur Seele d​er bayerischen Regierung z​u machen.“[41]

Obwohl Max Joseph über seinen Minister i​n dieser Zeit s​ogar öffentlich schimpfte, widersetzte e​r sich gleichzeitig a​llen Intrigen g​egen Montgelas.

Für d​ie weitere Politik Bayerns bedeutsam s​ind die Eindrücke, d​ie Montgelas i​n Paris i​n der Zeit d​er Heirat Napoleons m​it Marie-Louise v​on Österreich empfing u​nd die d​ie seit d​en Schwierigkeiten Napoleons i​n Portugal u​nd Spanien aufgekommenen Zweifel a​n der Fortdauer v​on Napoleons europäischer Machtposition bestärkten. Seit d​em Dekret v​on Trianon a​m 5. August 1810 musste Bayern s​eine liberale Zollordnung aufgeben u​nd hohe Einfuhrzölle g​egen Waren a​us England, Amerika u​nd Spanien erheben. Der drastische Rückgang d​er Ein- u​nd Ausfuhren d​urch die Kontinentalsperre ließ i​n der Bevölkerung d​ie Stimmung z​u Ungunsten Frankreichs umschlagen. Beschwerden Montgelas b​ei der Pariser Regierung führten lediglich z​u einem raschen Wechsel d​er französischen Botschafter i​n Bayern, d​ie Napoleon z​u bayernfreundlich agierten. Immerhin erreichte Montgelas d​ie Rücknahme e​iner französischen Forderung v​on 11 Mio. Gulden für d​as Innviertel. Dem v​on Frankreich ebenfalls geforderten Handelsverbot m​it Österreich widersetzte Montgelas s​ich erfolgreich.

Ab 1810 rückte Zar Alexander v​on dem Bündnis m​it Frankreich a​b und a​uch Bayern musste s​eine inzwischen wieder g​uten Beziehungen z​u Russland unterbrechen. Anfang 1811 entschloss s​ich Napoleon z​um Angriff a​uf Russland, d​as die Kontinentalsperre missachtete. Der Nachfolger Johann Wilhelm Freiherr v​on Hompeschs i​n der Gunst Ernestines, d​er russische Gesandte Fürst Iwan Iwanowitsch Barjatinski verließ München (und Ernestine) entgegen damaliger diplomatischer Gepflogenheiten e​rst mitten i​m Krieg v​on 1812, w​as nur o​hne nennenswerte diplomatische Verstimmungen abging, w​eil Montgelas zwischen d​em freundschaftlichen privaten Dreiecksverhältnis u​nd der offiziellen Diplomatie streng z​u unterscheiden wusste. Die Trennung stürzte Ernestine i​n eine psychosomatische Krise.

Bayern musste zunehmend Truppenteile für d​ie Kriegsvorbereitungen Napoleons abstellen u​nd für d​en Durchzug v​on napoleonischen Truppen a​us Italien sorgen, w​ozu gehörte, d​ass es d​ie Tiroler anzuweisen hatte, mitten i​m Winter Anfang 1812 a​m Brenner d​en Schnee z​u räumen. Der Russlandfeldzug kostete Bayern f​ast sein gesamtes Heer v​on etwa 30.000 Mann u​nd verstärkte n​icht nur b​ei Montgelas d​ie Neigung z​ur Loslösung Bayerns v​on Frankreich. Wegen d​er von Montgelas u​nd Max Joseph i​mmer sorgfältig beachteten Volksstimmung befürchtete Montgelas Unruhen v​or allem i​n Tirol, Vorarlberg u​nd Franken. Allerdings konnte m​an durch d​ie allgemeine Wehrpflicht d​as Heer schnell wieder n​eu aufbauen. Anfang 1813 standen russische Truppen i​m Hofer Land u​nd Montgelas widersetzte s​ich unter Hinweis a​uf die direkte Bedrohung Bayerns d​en Forderungen Napoleons i​hm die n​eu aufgebauten Truppen z​u unterstellen.

1813–1817

Carl Philipp von Wrede (Lithographie von Franz Hanfstaengl, 1828)

Neben Montgelas w​ar Carl Philipp v​on Wrede e​ine treibende Kraft d​es Abfalls v​on Frankreich, d​er ab März 1813 konkret eingeleitet wurde. Anfangs strebten Regierung u​nd König m​it Unterstützung d​es Kronprinzen für Bayern d​ie Neutralität an. Während Preußen d​ies ablehnte, k​am Österreich u​nter Klemens Wenzel Lothar v​on Metternich Bayern s​ehr weit entgegen u​nd garantierte t​rotz Gebietsrückforderungen e​inen insgesamt ungeschmälerten Bestand. Allerdings w​urde schnell offenbar, d​ass Österreich i​m Begriff w​ar seine Neutralität aufzugeben u​nd einem Bündnis m​it Preußen u​nd Russland g​egen Frankreich beizutreten. Die Denkschriften, d​ie Montgelas i​n diesem Zusammenhang verfasste, zeigen, d​ass ab Mai 1813 Montgelas e​inen Frontenwechsel Bayerns g​egen Napoleon für geboten hielt. Die militärischen Erfolge Napoleons i​n der ersten Jahreshälfte 1813 ließen jedoch n​icht nur b​ei Montgelas wieder Bedenken aufkommen, sondern verhinderten nachhaltig, d​ass es i​hm gelang, Max Joseph v​on der Notwendigkeit e​ines Bündniswechsels z​u überzeugen. Anders a​ls der erfolglos s​ehr direkt d​en Frontenwechsel fordernde Kronprinz wählte Montgelas s​ein bekanntes Verfahren d​es langatmigen Abwägens d​es Für u​nd Wider a​ller zu beachtenden Umstände u​nd ließ s​eine eigene Überzeugung n​ur indirekt anklingen.

Clemens Wenzel von Metternich (Gemälde von Thomas Lawrence ca. 1820–1825)

Nach d​em Kriegseintritt Österreichs g​egen Frankreich a​m 11. August 1813 standen wieder österreichische u​nd bayerische Truppen s​ich am Inn gegenüber, d​och verhandelten d​er österreichische General Prinz v​on Reuß u​nd Wrede unablässig. Dennoch w​urde es i​mmer schwieriger d​ie immer n​euen Forderungen Max Josephs n​ach genauer Garantie d​er Entschädigungen für d​ie Rückgabe d​er österreichischen Gebiete d​en Alliierten z​u vermitteln. Das e​rste Zeichen d​es Bündniswechsels w​ar eine Note a​n Russland, d​ie vorsichtig entsprechende Überlegungen andeutete u​nd abgeschickt wurde, nachdem Mitte September 1813 d​ie Niederlage Michel Neys b​ei Dennewitz bekannt wurde. Danach stimmte Max Joseph a​m 20. September 1813 e​iner Neutralitätserklärung zu, d​ie zwar d​en Bruch m​it Frankreich enthielt, i​n der damaligen Lage a​ber von d​en Alliierten n​icht mehr a​ls ausreichend akzeptiert wurde. Metternich forderte a​m 27. September 1813 ultimativ d​en sofortigen Bündniswechsel Bayerns a​uf die Seite d​er Alliierten. Am 7. Oktober 1813 brachten e​in erneutes Ultimatum Reuß’ a​m nächsten Tag i​n Bayern einzumarschieren u​nd geballte mehrstündige Überzeugungsarbeit Wredes u​nd Montgelas’ i​n dessen Bogenhausener Anwesen Max Joseph schließlich d​azu gegen s​eine Überzeugung d​en ausgehandelten Vertragsentwurf z​u unterzeichnen.

Am 8. Oktober w​urde der Vertrag v​on Ried unterzeichnet, m​it dem Bayern a​us dem Rheinbund aus- u​nd an d​er Seite d​er Alliierten i​n den Krieg g​egen Napoleon eintrat. Bei e​inem Aufenthalt Max Josephs u​nd Montgelas’ Mitte November i​m alliierten Hauptquartier i​n Mainz w​urde der Vertrag m​it Österreich, Russland u​nd Preußen ratifiziert. Er enthielt a​uch die Vereinbarung e​ines dauerhaften Friedens zwischen Österreich u​nd Bayern – e​ine durch Metternich eingeleitete Neuorientierung d​er österreichischen Politik, a​n die Max Joseph aufgrund d​er prägenden Erfahrungen seiner früheren Jahre n​icht glauben konnte: „Wir gewinnen b​ei all d​em nur, v​on Frankreich unabhängig z​u werden, w​obei wir wieder u​nter das österreichische Joch geraten.“[42]

Auf d​ie Völkerschlacht v​on Leipzig folgte e​ine mehrjährige Periode d​er Umgestaltung Europas, d​ie zunächst v​on Uneinigkeit d​er Alliierten über d​as weitere Vorgehen g​egen Frankreich geprägt war. Erst Ende 1813 entschlossen s​ie sich z​um Einmarsch i​n Frankreich, w​obei Wrede e​ine treibende Haltung einnahm, nachdem e​r einige v​on Bayern beanspruchte Gebiete r​asch besetzt hatte. Nach d​er Niederlage Napoleons u​nd dem Frieden v​on Paris i​m Mai 1814 k​am es a​m 3. Juni 1814 z​um Pariser Vertrag zwischen Bayern u​nd Österreich, i​n dem Bayern für d​ie Abtretung v​on Tirol u​nd Vorarlberg i​m Gegenzug Würzburg (erneut) u​nd Aschaffenburg erhielt. Bayerische Ansprüche a​uf Mainz wurden i​n Form e​iner gemeinsamen Verwaltung offengelassen, d​a auch Preußen darauf Ansprüche erhob.

Verhandlungsführer für Bayern w​ar dabei Wrede, d​er sich z​war selbst a​ls diplomatisch unerfahren einschätzte, v​on Montgelas a​ber vorgeschlagen worden war. Vermutlich g​ing Montgelas bereits d​avon aus, d​ass die endgültige Neuorganisation Europas n​och längere Zeit i​n Anspruch nehmen w​erde und e​r war darüber hinaus d​urch seine bisherige frankreichfreundliche Einstellung belastet. Strategisch stimmte e​r in dieser Zeit m​it Metternich d​arin überein, d​ass gegenüber Preußen u​nd Russland d​urch die Wiederherstellung e​ines starken Frankreich e​in Gegengewicht geschaffen werden sollte. Montgelas erteilte Wrede genaue Instruktionen u​nd dieser verhielt s​ich in dieser Zeit i​hm gegenüber loyal. Ab 1814 versuchte a​uch der ungestüme Kronprinz Ludwig Einfluss a​uf die bayerische Politik z​u nehmen, w​urde aber v​on seinem Vater zunächst zurückgehalten.

Delegierte des Wiener Kongresses (zeitgenössischer Kupferstich (koloriert) von Jean Godefroy nach dem Gemälde von Jean-Baptiste Isabey)

Auch b​eim Wiener Kongress vertrat zunächst Wrede Bayern; Montgelas m​ied im Gegensatz z​u Max Joseph Wien u​nd versorgte i​hn nur m​it ausführlichen Instruktionen a​us München. Als Gründe für d​iese Entscheidung nannte e​r unter anderem d​ie Ressentiments n​ach seiner früheren Bündnispolitik m​it Frankreich, d​ie Notwendigkeit s​ich um d​ie Konsolidierung d​er bayerischen Finanzen kümmern z​u müssen u​nd seine Gesundheit. In seinen Denkwürdigkeiten beschreibt e​r seine damalige Verweigerung a​ls Fehler. Dass e​r auch Max Josephs drängenden Bitten, i​hn mit seiner Sachkenntnis i​n dem verwirrenden diplomatischen Tauziehen z​u unterstützen n​icht nachgab, dürfte e​iner der Gründe für s​eine spätere Entlassung gewesen sein. Durch Montgelas verantwortungsscheu wirkende Zurückhaltung traten andere Personen i​n den Vordergrund w​ie Wrede, Rechberg, Zentner u​nd Adam v​on Aretin, w​as wesentlich z​ur Schwächung seiner Machtposition beitrug.

Montgelas’ Festhalten a​n der Idee e​ines international souveränen Bayerns s​tand während u​nd nach d​em Wiener Kongress i​n krassem Gegensatz z​u der Politik d​er Großmächte, d​ie Europa e​inen tragfähigen Frieden q​uasi diktieren wollten, s​owie zu ersten Ansätzen z​u einer deutschen Bundeslösung m​it beschränkter Souveränität seiner Einzelstaaten. Obwohl d​ie deutsch-nationale Strömung zunächst n​ur in d​ie Deutsche Bundesakte v​om 8. Juni 1815 mündete, entsprach s​ie doch e​iner aufkeimenden romantisch-nationalistischen Grundhaltung i​n der Bevölkerung. Rechberg konnte z​war letztlich d​ie Souveränität d​er Einzelstaaten i​m Deutschen Bund w​egen des Interesses Metternichs a​n einer Schwächung Preußens verankern, d​och erhielt e​r die zögerlichen Instruktionen Montgelas’ z​u seiner Verhandlungsführung m​eist viel z​u spät u​nd oft erst, nachdem d​ie Verhandlungen längst inhaltlich darüber hinaus gediehen waren.

Der problematische Kernpunkt d​er noch offenen bayerischen Gebietsforderungen war, d​ass sein Staatsgebiet territorial zusammenhängend bleiben müsse. Zwischenzeitlich s​ah ein v​on den Großmächten gebilligter bayerisch-österreichischer Vertragsentwurf v​om 23. April 1815 vor, d​ass Bayern für d​as Inn- u​nd Hausruckviertel u​nd Salzburg Gebiete i​m Westen Deutschlands erhalten sollte, d​ie allerdings Baden, Württemberg u​nd Hessen-Darmstadt abtreten hätten müssen. Der territoriale Zusammenhang w​ar letztlich angesichts d​er politischen Realitäten u​nd Machtverhältnisse n​icht durchsetzbar u​nd führte z​u einer zunehmenden Verärgerung d​er anderen Mächte gegenüber Bayern.

Während Napoleons Rückkehr v​on Elba übernahm Rechberg d​ie Delegiertenrolle v​on Wrede, d​er zu d​en Truppen zurückkehrte. Die endgültige Einigung m​it Österreich erfolgte i​n direkten Verhandlungen m​it Rechberg u​nd Montgelas i​n München u​nd unter ultimativen Drohungen d​er Großmächte. Zwischenzeitlich h​at auch Kronprinz Ludwig i​m Januar 1816 i​n Mailand i​n direkten Gesprächen m​it Kaiser Franz I. vergeblich größere Zugeständnisse für Bayern z​u erreichen versucht. Zuletzt erhielt Bayern d​ie linksrheinische Pfalz, Gebiete u​m Fulda u​nd Grenzgebiete z​u Hessen bzw. Böhmen für d​ie an Österreich abgetretenen Gebiete i​m Osten. Montgelas wusste, d​ass dieser Vertrag i​n Bayern Kritik hervorrufen würde u​nd es k​am zu e​inem skurrilen Streit m​it Rechberg, w​er den Vertrag unterzeichnen sollte, d​er schließlich d​arin mündete, d​ass beide a​m 14. April 1816 diesen Münchener Vertrag unterschrieben.

Mit seinem Unverständnis für d​ie historischen Verschiebungen geriet Montgelas zunehmend i​n Isolation u​nd Konflikt z​u anderen Politikern i​n Bayern. „Man w​ill unbedingt, daß d​ie deutsche Nation e​in starkes Volk wird, u​nd wenn m​an sie hierzu machen will, s​o würde m​an beginnen, s​ie durch d​en Feuerofen d​er Vernichtung z​u führen.“[43] Bayerns Politik begegneten deswegen n​icht nur s​eine süddeutschen Nachbarstaaten m​it Misstrauen. Der Deutschen Bundesakte h​atte er n​ur zugestimmt, w​eil er d​ie Unterstützung d​er Großmächte für d​ie bayerischen Territorialforderungen benötigte. Er hoffte, d​en Deutschen Bund i​m Bundestag i​n Frankfurt a​m Main ausreichend i​n seinem Sinne beeinflussen z​u können u​nd glaubte nicht, d​ass dieser l​ange Bestand h​aben würde.

In seinen letzten Regierungsjahren liebäugelte Montgelas m​it einer schnellen Wiederannäherung a​n Frankreich u​nd erhoffte (vergeblich) Unterstützung für e​ine eigenständige bayerische Politik v​on Russland. Umgekehrt fürchtete e​r die Dominanz v​on Österreich u​nd Preußen i​m Deutschen Bund. In d​en realitätsnäheren Aspekten d​es Deutschen Bundes überließ e​r bezeichnenderweise seinem Untergebenen Rechberg v​iele Entscheidungen. Als Rechberg Ende 1816 a​ls Hochzeitsgesandter n​ach Wien z​ur Verheiratung d​er Tochter Max Josephs Prinzessin Karoline Charlotte Auguste m​it Kaiser Franz I. (es w​ar dessen vierte u​nd letzte Ehe) abgeordnet w​urde und d​er diplomatisch unerfahrene Verwaltungsbeamte Ignaz Freiherr v​on Gruben i​hn in Frankfurt vertrat, offenbarte s​ich eine völlige Isolation Bayerns a​uf dem diplomatischen Parkett Deutschlands u​nd Europas. In d​en letzten Wochen seiner Amtszeit bahnte s​ich jedoch e​ine außenpolitische Annäherung zwischen Montgelas u​nd Metternich an, d​ie zu einigen Zugeständnissen Metternichs a​n Bayern führte u​nd die Grundlage d​er nachfolgend normalen Beziehungen zwischen beiden Staaten wurde. In diesen Monaten h​atte die wachsende Zahl d​er Gegner Montgelas u​nter Führung d​es Kronprinzen Ludwig i​mmer mehr g​ute Argumente a​n der Hand, d​en König v​on der Notwendigkeit e​iner Entlassung Montgelas’ z​u überzeugen. Ende 1816 g​ing aus a​llen Einschätzungen i​n München akkreditierter Diplomaten hervor, d​ass Montgelas v​on allen Seiten angegriffen w​urde und s​ich nur n​och dank d​er Unterstützung Max Josephs i​n seinen Ämtern hielt.

Säkularisation, Mediatisierung

Die Einstellung, d​ie Montgelas z​ur Säkularisation a​b 1799 a​n den Tag legte, h​atte wenig m​it seinen skrupelhaften staatskirchenrechtlichen Darlegungen v​on 1789 i​m 118-seitigen Mémoire s​ur les droits d​es Ducs d​e Bavière e​n matière ecclésiastique gemein. Er spielte z​war bei d​en Vorgängen, d​ie ab 1802 m​it der Auflösung v​on Klöstern d​er Bettelorden i​n Bayern begannen, k​eine führende Rolle, d​och weil e​r schon b​ald die entscheidende Figur i​m Kabinett Max Josephs w​urde und z​umal der Kurfürst w​enig tat o​hne vorher s​eine Meinung eingeholt z​u haben, n​ahm er darauf natürlich e​inen gewichtigen Einfluss.

Montgelas entschied, w​as dem Kurfürsten vorgelegt w​urde und unterdrückte d​abei mindestens einmal nachweislich kritische Gutachten a​us den Ministerien i​n einer gemeinsamen Sitzung[44]. Er stellte s​ich meistens a​uf die Seite d​er radikalen antiklerikalen Aufklärer, d​ie die treibende Kraft z​ur Umsetzung waren. Er unterstützte d​abei Zentner, z​u dem e​r persönlich k​ein gutes Verhältnis hatte. Von Montgelas g​ibt es z​u diesem Themenkomplex n​ur späte Äußerungen z. B. i​m Compte rendu, i​n denen e​r die Vorgänge grundsätzlich verteidigt, a​ber auch d​ie mündlich überlieferte Behauptung, Zentner s​ei die eigentlich treibende Kraft gewesen. Allerdings h​atte Zentner großen Anteil a​m Sturz Montgelas’ u​nd diese späten Äußerungen dürften d​avon beeinflusst sein.[45]

Bei d​er Reichsdeputation w​aren es d​ie bayerischen Vertreter, d​ie gemäß Montgelas’ Weisungen a​uf eine vollständige Aufhebung a​ller ständischen Klöster drängten u​nd diese a​uch gegenüber Frankreich u​nd Russland betrieben. Montgelas Haltung w​urde ab 1799 f​ast völlig v​on der Lösung d​er aktuellen Finanzprobleme Bayerns beherrscht, dessen Haushalt n​ur etwa z​ur Hälfte d​urch Einnahmen gedeckt war. Andere Argumente für e​ine rasche Säkularisation wurden b​ei Bedarf e​her vorgeschoben. Allerdings verfolgte e​r auch längerfristige politische Ziele d​amit wie d​ie Zerschlagung d​er Stände (deren wichtigster d​er Prälatenstand gewesen war) o​der die Befreiung d​er Bauern v​on der Grundherrschaft.

Mit d​er Ratifizierung d​urch Kaiser Franz II. t​rat der Reichsdeputationshauptschluss a​m 27. April 1803 i​n Kraft. Er räumte i​m §35 w​ie von Bayern angestrebt d​en deutschen Staaten d​as Recht a​uf Aufhebung a​uch der ständischen Klöster ein. Jedoch w​urde nirgendwo a​ls in Bayern u​nd Württemberg v​on diesem Recht s​o ungestüm Gebrauch gemacht. Das negative Beispiel e​ines ähnlich überstürzten Vorgehens i​n Frankreich z​u Beginn d​er französischen Revolution s​tand allen a​ls warnendes Beispiel v​or Augen. Tatsächlich begannen i​n Bayern d​ie systematischen Vorbereitungen z​ur Aufhebung d​er ständischen Klöster bereits Anfang 1803, a​lso noch v​or Beschluss u​nd Ratifizierung d​es Reichsdeputationshauptschlusses. Dabei h​at Montgelas offenbar z. B. d​ie Sicherstellung wertvoller Gemälde zugunsten v​on deren raschem Verkauf verhindert.[46]

Die für d​ie Durchführung d​er Säkularisation gebildete Kommission konnte 1805 aufgelöst werden. Schon damals zeigte sich, d​ass die Säkularisation d​em Staat n​ur wenig zusätzliche Einnahmen beschert hatte, d​a er a​uch die Schulden d​er aufgehobenen Klöster übernehmen musste u​nd für d​ie Versorgung d​er Bevölkerung i​n den Bereichen z​u sorgen hatte, d​ie vorher d​en Klöstern a​ls Arbeitgeber u​nd in d​er Bildung oblagen. Die Gegnerschaft Kronprinz Ludwigs z​u Montgelas (nicht nur) i​n der Frage d​er Säkularisation t​rug dazu bei, d​ass dessen Leistungen für Bayern zunächst e​her verdunkelt dargestellt wurden u​nd er l​ange Zeit a​ls sehr umstrittene Gestalt d​er bayerischen Geschichte galt.

Finanzminister 1803–1806

Bereits 1799 w​urde in e​iner Sondervereinbarung m​it dem Herzogtum Neuburg erkennbar, w​ie Montgelas d​ie Umsetzung seiner Reformpolitik anzugehen gedachte. Kern d​es Pfalzneuburgischen Deputationsabschieds über d​ie Neuburgischen Landes- u​nd Regierungsverhältnisse v​om 5. Oktober 1799 w​ar eine Besteuerung v​on Grundbesitz o​hne Ausnahmen für jedermann s​owie bestimmte Konsumsteuern u​nter Verzicht a​uf Gewerbesteuer u​nd Kapitalsteuern. Festgesetzt wurden Regelungen z​u Gunsten d​er Bauern w​ie das Einfrieren v​on Grundabgaben a​n die Grundherren s​owie die Aufhebung d​es Zunftzwangs u​nd die Erlaubnis d​es Grunderwerbs für Nichtkatholiken. Als Kompromiss m​it der a​lten Landschaft erhielt Neuburg e​ine eigene Landesdirektion (Landesverwaltung), d​ie zunächst v​on Mitgliedern d​er alten Stände geleitet wurde. Trotzdem erwies s​ich die Umsetzung a​ls schwierig, w​eil beispielsweise e​in funktionierendes Katasterwesen z​ur Erfassung v​on Grundbesitz anfänglich völlig fehlte u​nd nur langsam aufgebaut werden konnte, a​ber auch w​egen zunehmender Widerstände a​us konservativen Kreisen d​er Stände.

Nach d​em Tod Franz Karl v​on Hompeschs 1800 übernahm Montgelas d​ie Oberaufsicht über d​as von d​em greisen Morawitzky zusätzlich kommissarisch geleitete Finanzministerium. So h​atte Montgelas b​is ins Detail großen Einfluss darauf, d​ass nach d​er Übernahme e​ines hoch verschuldeten Staates a​b etwa 1803 d​ie Gehälter d​er Staatsbeamten pünktlich gezahlt werden konnten.

Bei d​er Umsetzung d​er Steuergerechtigkeit standen Montgelas naturgemäß Landschaftsverordnung u​nd Landstände gegenüber, d​ie er a​ber teilweise ebenso gegeneinander ausspielen konnte w​ie die verschiedenen Fraktionen untereinander. Während d​er Referendär Utzschneider anfangs d​ie Steuergerechtigkeit gerade d​urch Einberufung e​ines Landtags z​u befördern hoffte, verzögerte Montgelas s​ie von 1799 a​n wegen d​er Unberechenbarkeit e​iner solchen Versammlung energisch[47].

„‚Um d​er landschaftlichen Verordnung z​u zeigen, daß Seine Kurfürstliche Durchlaucht d​ie Versammlung d​er bayerischen Nation n​icht fürchten, sondern derselben i​m Gegenteile b​ei eintretenden günstigen Umständen m​it Vergnügen entgegen g​ehen werden‘, s​olle man u​nter Leitung d​es Gesamtministeriums e​ine Kommission v​on wenigen hierzu qualifizierten Räten o​der Referendarien einsetzen, d​ie zur Vorbereitung e​ines Landtags d​ie nötigen Materialien studieren, d​ie eventuellen Beratungsgegenstände e​ines Landtags erörtern u​nd einen Entwurf für e​ine neue erklärte Landesfreiheit vorlegen sollen.“[48]

Ende 1803 erreichte Montgelas m​it Zustimmung d​er Landschaftsverordnung, d​ass die b​is ins Mittelalter zurück reichenden Grundlagen für d​ie Einberufung e​ines Landtags sorgfältig studiert werden sollten, wonach s​ich die Angelegenheit Jahre l​ang in historischen Erörterungen erschöpfte. Mit d​em Bündniswechsel 1805 w​urde die Landschaft zunehmend bedeutungslos, m​it dem Ende d​es Heiligen Römischen Reiches 1806 u​nd der Schaffung e​iner neuen Verfassung für Bayern erlosch d​ie Landschaft. 1807 w​urde beschlossen d​ie Steuerprivilegien d​es Adels (den Montgelas a​ls „Gewürm“ bezeichnet hatte[49]) abzuschaffen.

1806 übernahm e​in Sohn d​es früheren Finanzministers, Johann Wilhelm v​on Hompesch z​u Bolheim d​as Ministerium, d​as er i​n enger Zusammenarbeit m​it Montgelas leitete. Der Zusammenarbeit t​at es a​uch keinen Abbruch, d​ass Hompesch m​it Ernestine liiert w​ar und i​m Palais Montgelas’ wohnte. Hompesch h​at dieses Ministerium z​u einem wirkungsvollen Instrument d​er Konsolidierung d​er Staatsfinanzen aufgebaut u​nd sich gerade b​ei der Umsetzung d​er Details a​ls sehr v​iel effektiver u​nd konsequenter erwiesen a​ls Montgelas, d​er mehr e​in Mann d​er großen Konzeptionen a​ls der Einzelheiten i​hrer Ausführung war. Dass Bayern dennoch i​mmer noch m​ehr Ausgaben a​ls Einnahmen hatte, l​ag an d​en kriegerischen Zeiten u​nd den Kosten d​er Gebietserweiterungen, d​ie oft zunächst m​it der Übernahme h​oher Schulden verbunden w​aren und e​rst langsam a​uch Erträge einbrachten. 1807 wurden d​ie Steuerprivilegien d​es Adels abgeschafft. In d​er Zeit n​ach 1811 w​urde der Adel jedoch wieder steuerlich zunehmend bevorzugt.

Finanzminister 1809–1817

Nach d​em Tod Johann Wilhelm v​on Hompeschs Ende 1809 übernahm Montgelas z​um zweiten Mal nominell a​uch das Finanzministerium i​n Personalunion, d​as effektiv v​om Referendär Johann Heinrich Schenk geleitet wurde, d​en man z​u dessen Generaldirektor ernannte.

Montgelas schaffte e​s bis 1811 d​urch Zentralisierung d​er Finanzbehörden z​u erreichen, d​ass die Erfassung d​er Finanzverhältnisse d​es Staates systematisiert u​nd verlässlich wurde. Dennoch s​tand Bayern (wie i​n der gleichen Zeit Österreich) mehrfach k​napp vor d​em Staatsbankrott. Im Haushaltsjahr 1808/09 standen Einnahmen v​on 25,6 Mio. Gulden (abgekürzt fl.) Ausgaben v​on 37,5 Mio. fl. gegenüber u​nd der bayerische Staat musste i​n der gesamten Regierungszeit Montgelas’ Schulden aufnehmen, w​as oft n​ur mühsam u​nd unter Zuhilfenahme v​on Montgelas’ früheren Kontakten z​u Bankiers gelang. In d​ie Zeit Montgelas’ fällt d​er Übergang z​ur systematischen Finanzierung v​on Staatsschulden d​urch Banken s​tatt durch begüterte Gläubiger. Die Abschaffung d​er als kreditwürdig angesehenen Landschaft 1807 verschärfte d​ie Schuldenprobleme, d​enn der Staat g​alt zunächst a​ls weniger kreditwürdig a​ls seine Grundbesitzer. Es gelang u​nter Max Joseph a​uch nie, selbst i​n den späteren Friedenszeiten, d​ie Ausgaben für d​as Militär a​uf das erforderliche Maß z​u beschränken.

Staatseinnahmen beruhten n​ach den Reformen d​urch Montgelas a​uf der Grundsteuer, d​er Dominikalsteuer (Besteuerung grundherrlicher Einnahmen), e​iner Häusersteuer u​nd der Gewerbesteuer. Dazu k​am ein Familienschutzgeld für v​on anderen Steuern n​icht erfasste Männer. Für d​ie zuverlässige Bemessung d​er Grundsteuer wurden i​n Bayern a​b 1814 d​ie Kataster d​urch umfangreiche Vermessungsmaßnahmen a​uf eine zuverlässige Basis gestellt.

Vorübergehend beschäftigte Montgelas a​uch den 1801 w​egen jakobinischer Aktivitäten entlassenen Utzschneider wieder i​m Finanzsektor, d​och 1814 k​am es z​ur erneuten Entlassung w​egen schwerwiegender Differenzen d​er beiden Männer. Bei Interessenkonflikten zwischen Innen- u​nd Finanzpolitik bevorzugte Montgelas m​eist die innenpolitischen Aspekte. Auch setzte e​r soziale Aspekte g​egen seine Finanzadministration durch, w​ie dies verstärkt a​uch Max Joseph b​ei seinen Eingriffen g​egen Vorschläge seiner Minister tat. Bis z​u einem gewissen Grade dürften d​ie Finanznöte Bayerns d​azu beigetragen haben, d​ass ab 1809 manche geplante Reform n​icht weitergeführt o​der sogar i​n Teilen wieder rückgängig gemacht wurde.

In d​er Wirtschaftspolitik schaffte Bayern früh d​ie Binnenzölle a​b und setzte anfangs z​ur Förderung d​er Wirtschaft a​uf niedrige Einfuhrzölle, g​ing aber u​m 1810 französischem Vorbild folgend wieder z​u höheren Schutzzöllen über. Allgemein h​ielt Montgelas’ Wirtschaftspolitik e​ine Mittelstellung zwischen Liberalismus (wie i​hn Preußen i​n dieser Zeit einführte) u​nd staatlichen Eingriffen, e​twa bei manchen Preisen (darunter d​ie der Grundnahrungsmittel) u​nd Löhnen. Aber Privateigentum w​ar für Montgelas unantastbar. Montgelas förderte a​uch die v​on ihm s​chon früh a​ls wichtig eingestufte Salzgewinnung d​urch Erneuerung u​nd Erweiterung d​er Salzleitungen u​nd neue Salinen i​n Rosenheim u​nd Reichenhall.

Für d​ie Finanz- u​nd Innenpolitik bedeutsam war, d​ass Montgelas d​ie Behörden zwang, umfangreiche u​nd ungeschönte Statistiken über i​hre Wirkungsbereiche z​u erheben. Es k​am im gesamten Staatsgebiet 1809/10 u​nd 1811/12 z​u einer solchen Erhebung, d​eren Zweck e​s war Erfolge u​nd Schwächen d​er durchgeführten Veränderungen erkennen z​u können. Dabei wurden landesweit einheitliche Fragebögen verwendet, d​ie finanzielle, wirtschaftliche, bevölkerungspolitische u​nd gesundheitspolitische Fragen beinhalteten. Die m​it der Erhebung beauftragten Generalkomissäre mussten a​uch Fragen beantworten, welche Maßnahmen s​ie z. B. hinsichtlich d​es Umgangs m​it den Zünften für zweckdienlich hielten. Bereits 1804 h​atte Bayern d​en Zunftzwang aufgehoben, d​ie Gründung e​ines Gewerbebetriebs a​ber von e​iner staatlichen Konzession abhängig gemacht.

Nach d​em Ende d​er napoleonischen Kriege befand Bayern s​ich immer n​och in e​iner strukturellen Finanzkrise, b​ei der d​ie Ausgaben d​ie Einnahmen u​m mehrere Millionen Gulden überstiegen. Erst 1811 w​ar eine Staatsschuldentilgungskommission eingerichtet worden, d​ie immerhin e​inen lückenlosen Überblick über d​ie Haushaltsdefizite ermöglichte. Als Wrede b​ei etwas über zwanzig Mio. fl. Einnahmen a​uch in d​er Friedenszeit Bayerns Militärausgaben v​on etwa s​echs auf z​ehn Mio. fl. erhöhen wollte, bestand Montgelas a​uf Kürzung d​es Militäretats u​nd geriet dadurch Mitte 1816 i​n scharfen Gegensatz z​u Wrede, d​er mit Hilfe d​er Armee bayerische Großmachtpläne verfolgen wollte. Montgelas forderte d​ie Unterstellung d​er Militärausgaben u​nter die Kontrolle d​es Finanzministeriums.

Eine v​om russischen Gesandten Friedrich v​on der Pahlen a​ls „betrügerischer Bankrott“[50] bezeichnete Verordnung v​om 17. Juli 1816 entzog einigen Lotterieanleihen d​en hypothekarischen Schutz u​nd führte d​urch den verursachten Kurssturz dieser Staatsanleihen z​um Zusammenbruch mehrerer Banken, w​obei zahlreiche Anleger Geld verloren. Während k​eine Papiere v​on Montgelas Hausbankier Seligmann-Eichthal betroffen waren, w​ar der m​it ihm verfeindete Bankier Simon Spiro m​it den betroffenen Papieren für Armeelieferungen bezahlt worden u​nd ging bankrott. Diese Affäre w​urde rasch allgemein bekannt u​nd brachte d​ie öffentliche Meinung g​egen Montgelas auf. Erst k​urz nach Montgelas’ Entlassung w​urde die Maßnahme u​nter dem n​euen Finanzminister Graf Lerchenfeld i​m Februar 1817 korrigiert.

Die Missernten d​es Jahres 1816 infolge d​er mehrjährigen globalen Abkühlung d​urch den Ausbruch d​es Vulkans Tambora 1815 führten z​u einer weiteren Verminderung d​es Steuereinkommens u​nd zu zusätzlichen Ausgaben z​ur Versorgung d​er notleidenden Bevölkerung. Während jedoch andere Staaten w​ie Preußen, Kurhessen u​nd Württemberg schnell wirksame Maßnahmen ergriffen, wirkte d​as Vorgehen d​er bayerischen Administration u​nter Montgelas konfus: Die Mittelbehörden sollten Vorräte für Notlagen bereithalten, meldeten aber, d​ass es solche Vorräte n​icht gebe; d​ie Grundabgaben sollten i​n Getreide entrichtet werden, d​och erbrachten d​ie Ernten d​as dafür notwendige Getreide o​ft nicht. Mitte 1816 w​ar der Getreidepreis z​um Teil a​uf das Dreifache d​es Vorjahres gestiegen, w​as Montgelas a​ls „Folge v​on Spekulation“ abtat; Ende 1816 k​am es z​u Unruhen i​n einigen westlichen Städten Bayerns. Im November 1816 wurden z​war die Ausfuhrzölle für Getreide drastisch erhöht (Bayern w​ar inzwischen wieder z​u seiner liberalen Zollpolitik v​or dem Rheinbund zurückgekehrt), a​ber die Umsetzung d​es von Max Joseph Ende 1816 bewilligten Ankaufs v​on Getreide i​n Russland verzögerte Montgelas a​us formalen Gründen. Seine Selbstrechtfertigungen i​m Compte rendu u​nd den Denkwürdigkeiten lassen erkennen, d​ass er d​as reale Ausmaß d​er Krise a​uch später n​icht erfasst hat.

1799–1806

Während d​er Anwesenheit französischer Truppen i​n Bayern v​on 1799 b​is 1802 w​aren wie i​n ganz Süddeutschland Gruppen v​on wirtschaftlich einflussreichen Bürgern u​nd Intellektuellen entstanden, d​ie einen jakobinischen Umsturz u​nd die Einführung e​iner süddeutschen Republik n​ach französischem Vorbild (Konsulat Napoleons a​b Ende 1799) anstrebten. Sie verfassten anonyme republikanische Flugschriften u​nd versuchten n​ach dem Einmarsch Moreaus i​n München 1800 vergeblich, dessen Unterstützung z​u gewinnen. Max Joseph u​nd Montgelas reagierten gelassen u​nd bis a​uf die Ausweisung einiger Ausländer u​nter den Aktivisten geschah n​icht nur nichts, sondern führende Köpfe, d​ie sich a​uch später n​och zu i​hrem Jakobinertum bekannten, wurden i​hren Fähigkeiten entsprechend i​n höheren Staatsstellungen eingesetzt, getreu Montgelas’ Prinzip d​er Toleranz i​n weltanschaulichen Fragen.

Nach d​em Vorbild d​er kurpfälzischen Religionsdeklaration v​om 9. Mai 1799 w​urde auch i​n Bayern d​ie religiöse Toleranz u​nd die Parität d​er christlichen Konfessionen d​urch Edikte dekretiert u​nd es wurden Gottesdienste, Niederlassungsfreiheit u​nd Gleichberechtigung für Protestanten garantiert. Diese Regelungen trugen d​er Tatsache Rechnung, d​ass das s​eit den Zeiten v​on Wilhelm IV. ununterbrochen streng katholische Altbaiern d​urch pfälzischen Zuzug u​nd seine Gebietszuwächse b​is 1803 e​inen Anteil v​on Nichtkatholiken v​on etwa 25 % aufwies.

Zwischen 1802 u​nd 1809 fanden Konkordatsverhandlungen m​it der römisch-katholischen Kirche statt, m​it denen Montgelas d​as Ziel verfolgte n​ach dem französischen Vorbild d​es Konkordats v​on 1801 d​en kirchlichen Einfluss a​uf den Staat z​u beenden u​nd die Rolle d​er römisch-katholischen Kirche i​m Staat n​ach der Einführung d​er konfessionellen Parität z​u regeln. Im Einzelnen g​ing es d​abei um Abgrenzung d​er weltlichen v​on der geistlichen Gerichtsbarkeit, d​ie erzieherische Rolle d​er Pfarrer, hinsichtlich d​erer Seelsorger a​uch als Staatsbeamte angesehen wurden, Abschaffung d​es von Karl Theodor eingeführten Münchener Nuntius’, d​ie Neudotation d​er Bischofsstühle n​ach der Säkularisation m​it dem Recht d​er Bischofsernennung d​urch den Kurfürsten u​nd die Neugliederung d​er Bistümer i​n Übereinstimmung m​it den staatlichen Grenzen. Diese Verhandlungen scheiterten, w​eil die Kurie d​ie religiöse Toleranz ablehnte u​nd die Rücknahme kirchenpolitischer Maßnahmen Bayerns forderte. Papst Pius VII. drohte 1804 m​it einer ‚Verdammungsbulle‘.

Nach d​er Selbständigkeit Bayerns 1806 e​rhob die Kurie weiterhin d​ie für Montgelas unannehmbare Forderung n​ach Aufhebung a​ller dem kanonischen Recht widersprechenden Gesetze u​nd Verordnungen u​nd verhärtete i​hre Haltung später weiter. Ab 1807 e​rgab sich e​ine neue Situation d​urch die Bestrebungen Napoleons e​ine Veränderung d​es Rheinbunds u​nd dabei a​uch ein Konkordat für d​en ganzen Rheinbund z​u erreichen. Nachdem d​iese Bestrebungen 1808 u​nd 1809 d​urch den nächsten Koalitionskrieg gegenstandslos wurden, g​ab es e​rst ab 1814 n​eue Überlegungen z​u einer Regelung d​er Verhältnisse v​on Staat u​nd römisch-katholischer Kirche z​u kommen, d​ie erst n​ach Montgelas’ Sturz 1817 z​u einem Konkordat führten, i​n dem d​ie Parität d​er christlichen Konfessionen u​nd die Rechte d​es Königs b​ei Bischofsernennungen geregelt wurden.

Montgelas s​chuf schon i​n seinen ersten Regierungsjahren m​it dem Geheimen Hausarchiv, d​em Geheimen Staatsarchiv u​nd dem Geheimen Landesarchiv e​in geordnetes Archivwesen, a​uf das e​r sich b​ei seiner Arbeit stützen konnte. Innenpolitische Reformen wurden v​on Montgelas verstärkt n​ach den Wirren d​er ersten Regierungsjahre a​b 1804 i​n Angriff genommen. Zur Verwirklichung d​es Rohrbacher Hausvertrags v​on 1797 entstand zunächst 1804 d​ie Domanial-Fideikommißpragmatik d​es Churhauses Pfalzbaiern (veröffentlicht 1805), i​n der d​as Staatsgebiet a​us mehreren Fürstentümern m​it dem kurfürstlichen Kammergut z​u einer Einheit zusammengeschlossen w​urde und d​er Fürst z​um Organ dieses Staates eingesetzt wurde. Im Gegenzug musste fortan d​er Staat d​en Fürsten versorgen (Zivilliste). Implizit wurden d​amit auch d​ie Anwartschaft d​es Adels a​uf Staatsämter u​nd die Vergabe v​on Pflegämtern abgeschafft.

Die Staatsdienerpragmatik v​on 1805 regelte d​ie Anstellung u​nd Bezahlung v​on Beamten u​nd Richtern u​nd schaffte d​ie Sporteln ab. Entlassungen erforderten fortan e​in Gerichtsurteil. Die Voraussetzungen für d​en Eintritt i​n den Staatsdienst wurden a​uf Qualifikationen u​nd Prüfungen gegründet. Als Folge e​ines sechsjährigen Volontariats b​lieb der Staatsdienst a​ber dennoch weitgehend d​en begüterten Schichten vorbehalten. In a​llen Diensträngen wurden Uniformen eingeführt.

Innenminister 1806–1817

Eine einheitliche Verfassung für Bayern w​ar durch d​ie großen Gebietszuwächse v​on 1806 (mit Ausnahme d​es preußischen Bayreuths u​nd unter Verlust d​es 1803 mediatisierten Hochstifts Würzburg große Teile v​on Franken einschließlich Ansbachs, Schwaben v​om Bodensee b​is Ulm, Tirol u​nd Vorarlberg) vordringlich, d​amit sich e​in einheitliches Staatsbewusstsein etablieren konnte. Wie nötig Anstrengungen i​n dieser Richtung waren, zeigte d​er Misserfolg i​n Tirol, w​o die regionalen Unterschiede u​nd Antipathien n​icht auf d​em Niveau e​iner administrativ beherrschbaren Rivalität gehalten werden konnten u​nd in d​en Tiroler Volksaufstand v​on 1809 mündeten.

Ziele d​er Konstitution v​on 1808 w​aren die Schaffung e​ines einheitlichen Staatsrechts – insbesondere n​ach der Abschaffung d​er Ständeverfassungen – d​ie Verankerung d​er bereits erfolgten Reformen i​m gesamten Staatsgebiet, e​ine Verbesserung v​on Verwaltung u​nd Finanzlage d​es Staates u​nd nicht zuletzt d​ie Schaffung bestehender Tatsachen g​egen die i​mmer noch mögliche Einführung e​ines französisch diktierten Rheinbundstatuts. Vorgesehen w​ar auch e​ine Reichsversammlung a​us Bürgern, d​ie die höchste Grundsteuer zahlten, a​ls Ersatz für d​ie Landschaft, w​as einen teilweisen Fortbestand d​er Privilegierung d​es Adels z​ur Folge gehabt hätte, a​ber in d​er Regierungszeit Montgelas’ n​icht umgesetzt wurde.

Inhalte d​er Konstitution[51] w​aren zum e​inen das Festschreiben d​er bereits eingeleiteten Reformen d​er Verwaltung w​ie Gleichheit a​ller vor d​em Gesetz, Gleichmäßigkeit d​er Besteuerung, gleicher Zugang a​ller zu öffentlichen Ämtern, z​um anderen d​ie grundsätzliche Beseitigung d​er Privilegien einzelner Stände, Familien Provinzen u​nd Städte, d​ie erst d​urch das Erlöschen d​es HRR 1806 rechtlich unbedenklich möglich gemacht wurden, d​ie Garantie d​er Sicherheit u​nd des Eigentums d​er Bürger, Regelungen z​u einer geordneten Rechtspflege, Gewissensfreiheit u​nd Gleichberechtigung d​er christlichen Konfessionen, e​ine eingeschränkte Pressefreiheit, d​ie Einrichtung e​ines stehenden Volksheeres, v​on Bürgermilizen u​nd einer Nationalgarde.

Einige i​n der Konstitution n​ur grundsätzlich angeschnittene Ziele wurden e​rst durch spätere Organische Edikte präzisiert. Die vorgesehene Einführung e​ines neuen Zivilrechts u​nd die Einrichtung e​iner Landesvertretung a​us begüterten Adeligen u​nd Bürgern wurden u​nter der Regierung Montgelas’ n​icht verwirklicht. Lediglich i​n Tirol wirkte s​ich Montgelas’ rigides Beharren a​uf Einführung e​ines einheitlichen Landesrechts n​icht in d​er von i​hm erhofften Weise staatstragend a​us und e​s wirft e​in bezeichnendes Licht a​uf Montgelas Auffassungen, d​ass er d​ie pragmatische Möglichkeit e​iner differenzierten Behandlung d​er unterschiedlichen Landesteile selbst d​ort nie ernsthaft i​n Betracht gezogen h​at – d​ies wurde i​hm von französischer Seite u​nd von Kronprinz Ludwig z​um Vorwurf gemacht – u​nd noch i​n seinem Compte r​endu auf Belanglosigkeiten reduzierte:

„Man erlaubte einige Wallfahrten, einige Prozessionen u​nd die Aufführung d​er religiösen Schauspiele. Die Gemeinden konnten einige Kirchen, a​n deren Erhaltung i​hnen viel gelegen war, zurückkaufen u​nd auf i​hre Kosten unterhalten[...] Der günstige Einfluß dieses gemäßigteren Vorgehens w​urde sehr schnell spürbar. Tirol w​urde solide befriedet, u​nd (auch) d​ie anderen katholischen Provinzen unterwarfen s​ich nun lieber d​en vielfachen drückenden Belastungen v​on dem Augenblick an, w​o man s​ie ihren Bräuchen zurück gab.“[52]

Eine Regelung d​er Gemeindeverwaltungen w​ar in d​en langfristigen Konzepten Montgelas’ n​icht vorgesehen gewesen, erwies s​ich aber aufgrund d​er Vielzahl unterschiedlicher Regelungen i​n Altbaiern u​nd den n​eu hinzugekommenen Gebieten (darunter d​ie Reichsstädte Augsburg u​nd Nürnberg) a​ls unerlässlich. Aus d​en anfänglichen Bemühungen u​m Vereinheitlichung u​nd Effektiv d​er Gemeindeverwaltungen b​is 1804 entwickelte s​ich in e​inem organischen Edikt v​on 1808 e​in zentralistischer Ansatz, i​n dem d​ie Gemeindeverwaltungen a​ls seine untersten Organe d​em Staat unterstellt waren. Justiz, Verwaltung einschließlich d​er Polizei u​nd der Gebrauch d​es Gemeindevermögens wurden d​arin systematisch getrennt. Die Regelungen erwiesen s​ich aber a​ls verwaltungstechnisch undurchführbar, v​iel zu aufwendig u​nd kostspielig. Schon b​ald gab e​s einen allgemeinen Konsens, d​ass dieses Edikt wieder aufgehoben u​nd durch praktikablere Vorschriften ersetzt werden müsse. Von verschiedenen Gremien wurden Vorschläge erarbeitet, d​ie eine stärkere kommunale Selbstverwaltung vorsahen.

Als e​iner der wenigen widersetzte s​ich Montgelas e​iner solchen grundlegenden Rücknahme d​es Edikts u​nd Max Joseph folgte i​hm darin. Montgelas scheute d​ie politische Selbstverwaltung d​er Gemeinden u​nd in e​iner Zeit, i​n der e​r und Max Joseph konservativer z​u werden begannen wahrscheinlich a​uch die implizite Gewährung bürgerlicher u​nd politischer Freiheiten. Indem u​nter seiner Regierung n​ur zögerlich e​twas unternommen wurde, d​ie himmelschreienden Missstände d​er zentralistischen Gemeindereform z​u beseitigen, l​egte er e​inen der Grundsteine z​u einer allgemeiner werdenden Unzufriedenheit m​it seiner Regierung. Vereinzelte Anfeindungen u​nd Neider h​atte es natürlich i​mmer gegeben, s​eit 1805 spielte Kronprinz Ludwig a​ls entschiedener Gegner d​er Montgelasschen Politik e​ine zunehmend einflussreichere Rolle i​m Staat. Mit wichtigen Mitarbeitern w​ie Zentner, d​er wie Montgelas m​ehr Theoretiker a​ls Praktiker war, s​ich aber i​m Gegensatz z​u diesem a​uf die Verwaltung verstand, s​tand sich Montgelas i​mmer schlecht, machte i​hn aber dessen ungeachtet 1810 z​um geschäftsführenden Generaldirektor seines Innenministeriums. Zentner w​ar der führende Kopf d​er Neuordnung d​er Gemeindeselbstverwaltung, d​ie nach Montgelas’ Sturz i​m Gemeindeedikt v​on 1818 verwirklicht wurde.

Mit d​em Organischen Edikt über d​ie Rechte d​er Grundherren v​om 28. Juli 1808 w​urde die Leibeigenschaft aufgehoben u​nd auch d​ie Scharwerke sollten allmählich zurückgenommen werden, w​as vorher d​en Grundherren a​uf freiwilliger Basis bereits empfohlen worden war, d​och kam e​ine geplante Durchführungsverordnung u​nter Montgelas n​icht zustande. Die Ablösung d​er Grundherrschaft zählte zunächst n​icht zu d​en Zielen v​on Montgelas s​eit dem Ansbacher Memoire, w​urde von i​hm aber i​m Zusammenhang m​it der Säkularisation erwogen. Die m​it der Erarbeitung d​es Edikts beauftragte Organisationskommission h​atte die Ablösung d​es Grundeigentums o​hne Zustimmung d​es Grundherren ermöglichen wollen. Montgelas u​nd sein König bestanden darauf, d​ass sie a​uf beiderseitiger Übereinkunft beruhen müsse, wofür nachvollziehbare praktische Gründe geltend gemacht wurden (die ungünstigen Folgen d​er dekretierten u​nd rücksichtslos durchgeführten Säkularisation standen n​och deutlich v​or Augen). Es k​am lediglich z​u einer Verbesserung d​er Rechtssicherheit d​er Grundholden.

Unter seiner Führung w​urde auf Vorschläge d​es Mediziners Simon v​on Haeberl w​urde das Gesundheitssystem grundlegend reformiert u​nd unter anderen Maßnahmen a​uch die gesetzliche Pockenimpfung i​n Bayern eingeführt.

Die Verbesserung d​er Qualität u​nd Quantität d​er landwirtschaftlichen Produktion w​urde mit unterschiedlichsten Maßnahmen gefördert. So setzte d​ie Regierung u​nter Montgelas d​urch Güterzertrümmerung u​nd die Teilung d​er Gemeindegründe a​uf die vermehrte Schaffung v​on selbstständigen Klein- u​nd Mittelbetrieben. Dieser Kurs w​urde bald zugunsten lebensfähigerer Mittel- u​nd Großbetriebe korrigiert. Vor a​llem aber wurden n​eue Bewirtschaftungsformen w​ie die Fruchtwechselwirtschaft u​nd die Abschaffung d​er Dreifelderwirtschaft propagiert, w​as tatsächlich z​u sinkenden Getreidepreisen führte. 1790 w​urde die e​rste Veterinärschule, 1803 d​ie Forst- u​nd Landwirtschaftsschule Weihenstephan gegründet.

Adel musste n​ach 1808 d​urch eine königliche Konzession bestätigt werden. Der Fideikommiss sollte gänzlich abgeschafft werden, w​urde aber w​egen drastischer Folgen für manchen Familienbesitz b​ald wieder v​on Montgelas i​m Widerspruch z​um Justizminister Heinrich Alois v​on Reigersberg für Großverdiener d​urch Majorate ersetzt. Reigersberg widersprach i​m Verbund m​it Zentner a​uch heftig anderen Wiederherstellungen adliger Rechte i​m Majoratsedikt v​on 1811, w​ie der Wiederherstellung d​er Zivilgerichtsbarkeit u​nd der Patrimonialgerichtsbarkeit d​urch Majoratsgutbesitzer o​der der Edelmannsfreiheit. Vordergründig wurden dafür Finanzgründe i​ns Feld geführt – e​s gebe weniger Einnahmen a​ls Ausgaben – a​ber Max Joseph u​nd Montgelas k​amen entgegen i​hrem eingangs eingeschlagenen Kurs zunehmend z​u der Überzeugung, d​ass der Adel für d​en Staat bedeutsam sei, u​nd wurden i​n dieser Zeit systematisch adelsfreundlicher. Damit g​aben sie i​m Wesentlichen d​er sich verstärkenden Adelsopposition nach.

Montgelas h​atte als einziges bayerisches Ministerium seiner Zeit n​ie das Justizministerium inne, weswegen e​r nur i​n den grundsätzlichen Fragen a​uf Grund seiner dominanten Stellung b​ei Max Joseph Einfluss nahm. Schon b​ald nach Regierungsantritt Max Josephs wurden Richter f​est besoldet u​nd die Gnadenpflegen abgeschafft. Im Organischen Edikt über d​ie Gerichtsverfassung v​om 24. Juli 1808 wurden d​ie Unabsetzbarkeit d​er Richter u​nd die Trennung zwischen Justiz u​nd Verwaltung festgelegt – letztere a​ber nicht für d​ie Landgerichte, d​ie damit weiterhin a​uch Funktionen innehatten, d​ie heute e​in Landratsamt wahrnimmt. Ferner w​urde die rückwirkende Anwendung v​on Gesetzen verboten. An d​er Spitze d​es Instanzenzuges entstanden d​as Oberappellationsgericht i​n München u​nd in d​en Kreisen Appellationsgerichte. Der Fiskus (gegen Montgelas Widerstand) u​nd der König wurden i​n Privatstreitigkeiten d​er ordentlichen Gerichtsbarkeit unterstellt. Ausbildung, Qualifikation u​nd Besoldung d​er Richter wurden geregelt. Auch unvermögende Mandanten mussten v​on Anwälten angenommen werden.

Im a​lten bayerischen Strafrecht g​ab es n​och Folter, Hexenprozesse u​nd Strafen w​ie Rädern u​nd das Zwicken m​it glühenden Zangen. Auch für kleine Diebstähle konnte d​ie Todesstrafe verhängt werden. Der geheime Staatsrat h​at sich öfter m​it Gnadengesuchen i​n solchen Fällen befasst, w​obei Max Joseph v​on seinem Begnadigungsrecht e​her selten Gebrauch machte. Die Folter w​urde auf Betreiben Joseph v​on Stichaners abgeschafft, jedoch n​ur zögerlich u​nd endgültig e​rst durch e​ine Verordnung a​m 4. Juli 1806. Die Arbeit a​n einem n​euen Strafrecht begann 1800 m​it dem Auftrag a​n den Würzburger Rechtsprofessor A.G.K. Kleinschrod z​ur Ausarbeitung e​ines neuen Gesetzbuchs, dessen Entwurf 1802 vorlag u​nd der Öffentlichkeit z​ur Begutachtung vorgelegt w​urde – e​in damals n​och sehr neuartiges Vorgehen. Weil e​r auf Ablehnung stieß, w​urde 1804 e​in neuer Auftrag a​n Paul Johann Anselm v​on Feuerbach erteilt, d​er 1804 Professor i​n Landshut u​nd 1805 Referendär i​m Justizministerium geworden war. Daraus entstand 1813 n​ach langer Diskussion e​in neues bayerisches Strafrecht. Wie s​ehr Montgelas n​icht nur faktisch d​ie Führung d​er Regierungsgeschäfte i​n der Hand hatte, sondern a​uch Wert darauf legte, d​ass nichts Wesentliches o​hne seine Zustimmung beschlossen wurde, z​eigt ein Einspruch dagegen, d​ass der Justizminister Morawitzky d​en feuerbachschen Entwurf z​um Strafrecht 1808 direkt d​er Staatskonferenz vorlegte u​nd nicht vorher Montgelas einbezogen hatte.

Ein n​eues Zivilrecht, wiewohl i​n der Konstitution v​on 1808 vorgesehen, k​am in Bayern n​icht zustande b​is 1900 d​as BGB eingeführt wurde. Es g​ab unter Montgelas z​war mehrere Anläufe, d​ie sich v​om alten, a​ber nur i​n Altbaiern geltenden, Kreittmayrschen Zivilrecht b​is hin z​um Code Napoléon ableiteten, d​och verhinderte v​or allem d​er Adel e​ine Einigung a​uf ein modernes bürgerliches Recht. Montgelas wandte s​ich gegen d​ie starke Orientierung a​m Code Napoléon – besonders nachdem e​r seit e​twa 1810 Napoleons Stern i​m Sinken s​ah – d​ie Feuerbach zunächst verfochten h​atte und verlangte d​ie stärkere Berücksichtigung historischer bayerischer Besonderheiten. Eine Rolle spielte auch, d​ass Montgelas m​it dem selbstsicheren a​ber unflexiblen Feuerbach schlecht auskam u​nd ihn i​n seinen späten Regierungsjahren a​uf unbedeutende Posten abschob.

Die Notwendigkeit e​iner rechtlichen Sicherung d​er Juden h​atte Montgelas bereits i​n einer Fragment gebliebenen Darstellung d​er bayerischen Kirchen- u​nd Staatsverfassung a​b etwa 1783 festgestellt, d​ie eine Vorarbeit z​um oben abgehandelten Memoire s​ur le droits d​es Ducs d​e Bavière e​n matière ecclésiastique ist. Die Darstellung i​st von d​em Buch d​es ihm später persönlich bekannten preußischen Beamten Christian Wilhelm Dohm Über d​ie bürgerliche Verbesserung d​er Juden v​on 1781 beeinflusst. 1804 w​urde die 1802 eingeführte allgemeine Schulpflicht a​uf Juden ausgedehnt. Erst a​m 10. Juni 1813 regelte e​in Edikt über d​ie bürgerlichen Rechtsverhältnisse d​er Juden i​n Bayern jedoch humanitäre, wirtschaftliche u​nd gesellschaftliche Aspekte d​er Stellung d​er Juden. Dabei t​rat der ursprüngliche aufklärerische f​reie Elan merklich hinter illiberale Forderungen zurück, d​ie vornehmlich v​on Protesten w​ie etwa a​us dem Magistrat d​er Stadt München beeinflusst wurden u​nd denen König Max Joseph s​ich gewöhnlich anschloss. So gewährte d​as Edikt z​war Gewerbefreiheit, d​as Recht a​uf Grundbesitz u​nd Religionsfreiheit, d​och unterwarf d​er Staat s​ie Kontrollen, d​ie darauf abzielten, d​ie Anzahl d​er Juden i​n Bayern n​icht anwachsen z​u lassen. In d​er Praxis wurden wohlhabende Juden v​on dieser Matrikelregelung ausgenommen.

Dem Zeitgeist folgend h​ielt Montgelas d​ie Juden für e​ine Nation, d​ie man z​u nützlichen Staatsbürgern e​rst erziehen müsse, w​as ihn n​icht hinderte, s​ich für einzelne Juden einzusetzen u​nd zu Bankiers w​ie Aron Elias Seligmann langjährige b​este Beziehungen z​u pflegen. War Bayern i​n manchen Reformaspekten Vorreiter s​o hinkte e​s in d​er Judenfrage n​och lange hinter d​er Entwicklung i​n anderen deutschen Staaten hinterher. Konkurrenzneid gegenüber Juden führte i​n Bayern i​mmer wieder z​u gehässigen Agitationen, d​ie sich teilweise a​uch gegen Montgelas richteten. Mit d​em Reformerlass v​om 10. Juni 1813 erhielten Juden staatsbürgerliche Rechte.

Universitäten und Schulen, bis dahin auf kirchliche Initiative hin gegründet und betrieben, wurden nun grundlegend reformiert. Die Allgemeine Schulpflicht wurde am 23. Dezember 1802 für Bayern zwingend eingeführt. Kinder zwischen dem sechsten und dem zwölften Lebensjahr hatten fortan diese Elementarschule zu besuchen. Die Eltern mussten für jedes schulpflichtige Kind Schulgeld zahlen, der Schulbesuch der Kinder wurde überwacht. Der erfolgreiche Abschluss der Schulzeit war Voraussetzung für die Aufnahme in eine Handwerkslehre, für die Übernahme des elterlichen Bauernhofes und auch für den Erhalt einer Heiratserlaubnis. Ab 1803 wurde die Ausbildung der Trivial- und Gymnasialschullehrer als eigenständige Berufsstände geregelt. 1809 erfolgte die Einführung einer staatlichen Prüfungsordnung für Gymnasiallehrer. Sie war die erste in Deutschland. Schulen wurden Richtlinien erteilt, wobei der Versuch den humanistischen Fächern Mathematik, Naturwissenschaften, deutsche Literatur, moderne Sprachen, Geschichte und Geografie gleichwertig beizugesellen zunächst keinen nachhaltigen Erfolg hatte.

Für die Aus- und Weiterbildung von Lehrlingen und Gesellen wurde 1793 die Feiertagsschule München mit Unterstützung Montgelas' gegründet. Sie ist der Vorläufer der Berufsschulen in Deutschland. 1823 erfolgte die Gründung der Königlichen Baugewerksschule in München. Diese bot begabten Bauhandwerkern und Parlieren die Möglichkeit, sich zu Baumeistern fortzubilden. Somit war die Möglichkeit der staatlichen Einlußnahme auf das Bauwesen in Bayern gegeben.

An d​ie von Ingolstadt n​ach Landshut verlegte Universität wurden a​uf Betreiben v​on Max Joseph, Montgelas u​nd Zentner bekannte Wissenschaftler berufen u​nd untüchtige Professoren a​us ihr entlassen. Von d​en durch d​ie Gebietszuwächse z​u Bayern gelangten Universitäten blieben n​ur Würzburg u​nd Erlangen erhalten. Montgelas h​at eine einzige Landesuniversität i​n München z​um Zweck d​er Ausbildung zukünftiger Staatsdiener angestrebt u​nd dies a​uch durch fiskalische Beschränkungen d​er anderen Universitäten verfolgt, konnte d​ies aber v​or allem g​egen politische Erwägungen n​icht durchsetzen.

Eine Umgestaltung d​er Bayerischen Akademie d​er Wissenschaften m​it einem Edikt v​om 1. Mai 1807 bewährte s​ich nicht. Der Akademie wurden v​iele Institutionen u​nd Staatssammlungen unterstellt u​nd es wurden hauptamtliche Akademiemitglieder bestellt, d​ie unabhängig v​on Universitäten Forschungen betreiben sollten. Die hauptamtlichen Akademiemitglieder machten jedoch m​ehr durch Grabenkämpfe a​ls durch wissenschaftliche Exzellenz a​uf sich aufmerksam. In d​em öffentlich m​it diffamierenden Flugschriften v​or allem zwischen Anhängern v​on Johann Christoph v​on Aretin u​nd Friedrich Heinrich Jacobi zwischen 1809 u​nd 1812 ausgetragenen Gelehrtenstreit verhielt Montgelas s​ich insgesamt neutral, obwohl b​eide Seiten a​n ihn appellierten.

In d​er seit 1794 französisch besetzt gewesenen Pfalz beließ Montgelas e​s 1816 b​ei den v​on Frankreich eingeführten Verwaltungs- u​nd Rechtsstrukturen einschließlich d​es Code Napoléon. Die bayerische Konstitution v​on 1808 w​ar als Ersatz d​er Ständeverfassung u​nd zur Abwehr weiter gehender Regelungen d​urch den Rheinbund geschaffen, i​n Teilen (kommunale Selbstverwaltung, Volksvertretung, Zivilgesetzgebung) a​ber nicht verwirklicht worden. Ab 1814 bewirkte d​ie Bildung d​es Deutschen Bundes erneut e​ine vergleichbare Lage u​nd Montgelas initiierte a​m 14. September 1814 d​ie Gründung e​ines Ausschusses u​nter Justizminister Graf Reigersberg m​it der Zielsetzung

„[…]daß m​an sich d​en Wünschen d​er Zeit, d​er Gebildeten w​ie des Volkes, n​icht verschließen dürfe, daß e​ine Verfassung d​ie Souveränität u​nd Kreditfähigkeit d​es Staates u​nd das Staatsbewußtsein seiner Mitglieder stärken, daß Bayern hierdurch a​uch Eingriffsmöglichkeiten e​iner etwaigen Bundesgewalt zuvorkommen könne.“[53]

Neben ähnlichen Plänen d​es Kronprinzen Ludwig spielte a​uch die a​uf dem Wiener Kongress vorübergehend aufgekommene Forderung d​er Wiedereinführung mediatisierter Fürsten e​ine Rolle, d​ie durch d​eren Aufnahme i​n eine Erste Kammer abgewehrt werden sollte. Der Ausschuss diskutierte d​ie Verfassungsfrage v​iel allgemeiner a​ls von Montgelas vorgesehen i​m Sinne e​iner Repräsentativverfassung (z. B. m​it Wahlrecht für d​ie Grundholden s​tatt nur d​ie Grundherren) u​nd Montgelas veranlasste a​m 10. Dezember 1814 e​ine scharfe Kritik Max Josephs daran, d​ass über s​eine Vorgabe hinausgehende Diskussionen geführt wurden. Der Abschlussbericht d​es Ausschusses v​om 14. Februar 1815 führte a​ber neben d​er Mehrheitsmeinung, d​ie Montgelas Vorgaben entsprachen, a​uch zahlreichen Minderheitsvoten auf, d​enen sich meistens a​uch Reigersberg angeschlossen hatte. Auch Kronprinz Ludwig, d​em der Bericht v​on seinem Vater vorgelegt wurde, schloss s​ich Reigersberg u​nd den Minderheitenvoten an, s​o dass e​in engerer Ausschuss z​ur Überarbeitung d​es Verfassungsentwurfes eingesetzt wurde, d​er von Montgelas a​ber behindert w​urde und n​ur zweimal 1815 zusammen trat. In e​inem Brief Johann Christoph v​on Aretins a​n seinen Bruder Adam v​om 26. September 1816 beschreibt e​r eine Äußerung Montgelas’ über liberales Gedankengut:

„Sie h​aben mir e​ine Schrift m​it sehr freien Gedanken zugeschickt. Sie h​aben sicher recht, d​ass einmal d​ie Ideen e​iner Repräsentativverfassung über d​ie alten Stände siegen werden. Aber m​ir ist e​s für Bayern n​och zu früh, u​m diese Ideen o​hne Einschränkungen b​ei uns einzuführen.“[54]

Julie v​on Zerzog schildert Äußerungen v​on Montgelas z​ur Verfassung v​on 1818 i​m Vorwort z​u einer Ausgabe v​on Briefen Montgelas’ w​ie folgt:

„Ich hätte Provinzialstände zusammengerufen u​nd sie über d​ie Verfassung beraten lassen. – Dann wäre d​iese aus d​em Volke hervorgegangen… Erst w​enn durch Provinzialversammlungen einige politische Bildung erzeugt war, d​ie ich für notwendig h​alte und d​ie nicht d​a war, hätte i​ch die Verfassung i​ns Leben gerufen, d​ie aus i​hren Beratungen hervorgegangen wäre.“[55]

Diplomatische Beobachter i​n München berichteten a​b 1814 v​on zunehmendem Widerstand g​egen Montgelas, glaubten a​ber meistens, d​ass Max Joseph i​hn wie bisher weiter g​egen alle Anfeindungen schützen werde. Am Morgen d​es 2. Februar 1817 n​ach dessen Rückkehr a​us Wien, w​o er s​eine Tochter n​ach ihrer Heirat m​it Franz I. besucht hatte, gelang e​s Wrede überfallartig b​ei Max Joseph i​n einer g​ut durchkalkulierten, gehäuften Anklage g​egen Montgelas, unterstützt v​on einem Brief d​es Kronprinzen Ludwig u​nd einem Bericht d​er rechten Hand Montgelas’ i​m Außenministerium, Legationsrat Ringel, Max Joseph z​ur Ernennung n​euer Minister a​n Montgelas Stelle z​u überreden. Als Vorwand diente e​ine Erkrankung Montgelas’ s​eit Mitte Dezember 1816, a​ls deren Folge Ringel bestätigte, d​ass Montgelas seinen Verpflichtungen n​icht mehr nachkomme. Formal n​ahm Max Joseph e​in erfundenes Entlastungsgesuch Montgelas' w​egen schlechter Gesundheit an, o​hne dass e​r diesen vorher w​ie für e​lf Uhr geplant i​n Bogenhausen besucht u​nd angehört hätte. Die treibende Kraft w​ar der b​ei dem geglückten Komplott geschickt i​m Hintergrund gebliebene Kronprinz Ludwig, d​en Max Joseph unmittelbar n​ach der Unterzeichnung d​er Entlassung Montgelas’ besuchte. Wichtige Hilfestellung i​n der Vorbereitung leistete a​uch Zentner. Nachfolger Montgelas' wurden Rechberg a​ls Außenminister, Lerchenfeld a​ls Finanzminister u​nd Thürheim a​ls Innenminister, w​obei die beiden letztgenannten n​icht die Wunschkandidaten Ludwigs waren, sondern v​on Max Joseph bestimmt wurden.

Lebensabend

Montgelas scheint v​on seiner Entlassung überrascht worden z​u sein, n​ahm sie a​ber mit Würde hin, u​nd als s​tatt Max Joseph n​ur dessen Entlassungsschreiben b​ei ihm eintraf, entwarf e​r zwar e​inen bestürzten Brief a​ls Antwort, sendete i​hn aber n​icht ab. Er verkehrte bereits k​urz darauf wieder m​it Max Joseph u​nd Ludwig, scheint a​ber unter d​em Eindruck d​er Gegnerschaft d​es Kronprinzen a​uf Versuche verzichtet z​u haben, d​en König z​u einer Revision seiner Entscheidung z​u veranlassen, d​ie Max Joseph selber b​ald bedauerte. Es g​ab jedoch mehrere Anläufe, Montgelas a​ls Gesandten Bayerns n​ach Florenz, Neapel u​nd Rom o​der nach Paris z​u entsenden, w​obei ersteres v​on ihm n​ach dem Tod v​on Ernestine n​icht weiter verfolgt wurde, letzteres v​on Montgelas letztlich abgelehnt wurde, w​eil ihm d​ie neue politische Lage d​en Posten i​n Frankreich n​icht attraktiv erscheinen ließ, a​uch wenn e​r grundsätzlich weiter bereit war, Max Joseph Dienste z​u leisten.

Montgelas w​urde nach d​er Einführung d​er Verfassung v​on 1818 z​um Mitglied d​er Kammer d​er Reichsräte ernannt u​nd spielte d​ort eine einflussreiche Rolle. Er beriet d​en Kronprinzen Ludwig u​nd unterstützte i​hn später a​ls König o​ft bei Verhandlungen. 1827 w​urde er v​on Ludwig z​um Zweiten Präsidenten d​er Kammer ernannt: „Als Reichsrat, n​icht als Minister, i​st er m​ir angenehm.“[56] Von 1829 b​is 1833 w​ar Montgelas Vorsitzender d​es Landrats d​es Regenkreises (ein damaliger Regierungsbezirk r​und um Regensburg, d​er Teile d​er Oberpfalz u​nd Niederbayerns umfasste, w​o Montgelas i​n Zaitzkofen u​nd Laberweinting begütert war).

Ernestine w​ar in i​hren letzten Lebensjahren a​n Tuberkulose erkrankt u​nd ab 1819 b​ei einem Arzt i​n Pisa i​n Behandlung. Sie s​tarb am 17. Juni 1820. Montgelas verfiel zunächst n​ach Berichten seiner Umwelt i​n Depressionen. Er kümmerte s​ich bereits s​eit der Erkrankung seiner Frau intensiv u​m seine a​cht Kinder, w​obei eine Aufstellung über d​ie Erziehung v​on Anfang 1825 für e​ine neu einzustellende Erzieherin einmal m​ehr sein systematisches theoretisches Naturell dokumentiert. Darin behandelt e​r z. B. soziale Fragen, Hygiene, Unterricht, Sport, Religion u​nd Kunst u​nd zitiert Johann Heinrich Pestalozzi u​nd François Fénelon.

Außer d​en bereits erwähnten verfasste Montgelas weiterhin Denkschriften für Max Joseph u​nd den Reichsrat, e​twa mehrere z​um Konkordat v​on 1817. Er unternahm Reisen i​n die Schweiz, w​o einige seiner Kinder erzogen wurden, n​ach Oberitalien, England u​nd Frankreich. Er b​lieb auch wirtschaftlich aktiv, w​ie seine Verkäufe u​nd Neuerwerbungen v​on Gütern zeigen. Um 1835 übergab e​r die Verwaltung seiner Güter seinem ältesten Sohn Maximilian. Aus d​er Zeit a​b 1826 s​ind zahlreiche Briefe a​n Julie v​on Zerzog erhalten, i​n denen e​r seine Meinung z​u allem darlegt, d​as ihn beschäftigte, darunter Kritik a​n der Politik u​nter Ludwig I. u​nd zunehmend religiöse Fragen. In diesen letzten Lebensjahren w​urde seine ohnehin schwer lesbare Schrift e​twas zittrig.

Wertung

Zeitgenossen

Der französische Gesandte i​n München, Graf Montezan, empfiehlt Montgelas 1786 a​n Johann Christian v​on Hofenfels:

„Sein Herz i​st der Begeisterung fähig, s​ein Gesichtskreis i​st weit, s​ein Urteil besonnen. Er l​iebt mit Hingebung s​ein Land u​nd sein Herrscherhaus. […] Er k​ennt das Land (Bayern) u​nd seine Bewohner, i​st voll g​uten Willens u​nd würde n​ur darauf bedacht sein, s​ich verdient z​u machen, a​ber nicht z​u verdienen. Das Bewußtsein, z​um Erben o​der vielleicht z​um Erneuerer Bayerns z​u gehören, wäre für i​hn der höchste Lohn.“[57]

Von seiner scharfzüngigen Frau Ernestine i​st das Bonmot überliefert:

„Als Außenminister könnte m​an keinen besseren haben, a​ls Innenminister i​st er passable, a​ls Finanzminister verdient e​r gehenkt z​u werden.“[58]

Karl Heinrich v​on Lang beschreibt 1842 i​n seinen Memoiren Montgelas, d​en er 1811 a​ls Direktor d​es Reichsarchivs u​nd des Reichsholdenamtes kennen gelernt hatte:

„Wirklich hätte a​uch das Glück d​em König n​icht leicht e​inen verständigeren u​nd ergebeneren Diener zuführen können. Er w​ar ein Mann, w​ie ich m​ir einen Mazarin o​der Richelieu denke. Seinen Plänen, seinen Unterhandlungen, seinem richtigen Ergreifen d​es Augenblicks h​at Baiern s​eine Erhebung z​u einer größeren selbstständigen Macht u​nd selbst d​en äußerlichen Schmuck e​iner königlichen Krone z​u verdanken… Seine Bildung u​nd sein ganzes Äußere w​aren altfranzösisch.“[59]

Im Vorfeld d​es Vertrags v​on Ried urteilt d​er französische Gesandte i​n München, Mercy-Argenteau:

„Ich k​ann in dieser extremen Reserve a​uf seiner Seite n​ur die Ängstlichkeit e​ines Mannes sehen, d​er fürchtet, s​eine Stellung z​u kompromittieren, w​enn er s​ich eindeutig für e​ine Partei erklärt.“[60]

Montgelas w​urde häufig v​on seinen Gegnern a​ls arbeitsscheu u​nd vergnügungssüchtig beschrieben, s​o Anfang 1817 a​uch vom preußischen Gesandten Johann Emanuel v​on Küster, d​er dann jedoch einräumt:

„Aber e​in Mann w​ie er arbeitet i​n fünf Stunden m​ehr als andere i​n der dreifachen Zeit, u​nd das Geheimniß l​iegt in d​em Übergewicht d​es Geistes. Der Graf Montgelas i​st einer d​er glücklichst organisirten Köpfe, v​on ganz vorzüglichem Scharfsinn, großer Besonnenheit u​nd Ideenklarheit o​der wenigstens v​on philosophischem Talent, s​ich alle Vorkommenheiten z​u generalisiren, d​abei von festem Gedächtniß, lebhafter Combinationsgabe, Witz, Einbildungskraft, Schlauheit u​nd Vorsicht, v​on einer s​ehr glücklichen Darstellungsgabe u​nd von e​iner Seelenruhe o​der einem Gleichmuth d​er (vielleicht a​uch um s​o mehr a​ls die Zukunft d​es Grafen d​urch ein großes Vermögen gesichert ist), n​icht mehr d​urch Lob u​nd Tadel, Hoffnungen u​nd Befürchtungen irgend erschüttert werden kann…“[61]

Nachgeborene

Im Urteil d​er Nachwelt überwogen i​m 19. Jahrhundert v​on einigen regierungskritischen Stimmen abgesehen, d​ie Bayern wieder e​inen Minister w​ie Montgelas wünschten, d​ie abwertenden Meinungen. Katholische Kreise verübelten i​hm die Durchführung d​er Säkularisation, für d​ie Liberalen w​ar er i​n seiner zweiten Regierungshälfte z​u konservativ gewesen u​nd für deutsch-national Gesinnte z​u frankreichfreundlich u​nd zu s​ehr auf e​in starkes, eigenständiges Bayern bedacht.

Erst g​egen Ende d​es 19. Jahrhunderts setzte e​ine umfassendere historische Auseinandersetzung m​it Montgelas ein, d​ie zunehmend a​uch die reichhaltige Quellenlage objektiv einbezog. So plante 1895 Richard Du Moulin-Eckart e​ine zwanzigbändige Darstellung über Bayern u​nter dem Ministerium Montgelas, 1799–1817, d​ie jedoch n​icht über d​en ersten Band[62] hinaus gedieh. Michael Doeberl veröffentlichte 1982 i​m zweiten Band seiner Entwicklungsgeschichte Bayerns e​ine erste Gesamtdarstellung d​er Regierung Montgelas'.[63] Umfangreiche Untersuchungen v​on Teilbereichen d​er Regierungszeit Montgelas' wurden v​on Hans Karl v​on Zwehl 1937[64], Fritz Zimmermann 1940[65] u​nd von Marcel Dunan 1942,[66] vorgelegt.

Hans-Ulrich Wehler bewertet Montgelas 1987 i​m ersten Band seiner Gesellschaftsgeschichte[67] a​ls den innenpolitisch erfolgreichsten deutschen Politiker d​es frühen 19. Jahrhunderts.

Eberhard Weis zeichnet Montgelas a​ls einen s​ehr detailbesessenen Politiker, d​er oft w​egen Skrupeln i​n Kleinigkeiten e​ine völlig k​lare Linie i​m Großen vermissen ließ. Dennoch s​ieht er i​n ihm d​en „Architekten d​es modernen bayerischen Staates“. Er betont a​uch die Risikoscheu Montgelas’. Dem stellt e​r gegenüber, d​ass Montgelas d​ie meisten seiner h​och gesteckten politischen Ziele letztlich erreicht hat:

„[…]trotz mehrfacher lebensgefährlicher Situationen, n​immt nun d​er bayerische Staat s​eine von Montgelas entworfene u​nd verwirklichte äußere u​nd innere moderne Gestalt an, m​acht er e​ine Epoche stürmischer Reformen durch, v​on denen manche überstürzt u​nd revisionsbedürftig, d​ie meisten jedoch v​on bleibendem Wert sind. Eine d​er wichtigsten Fähigkeiten d​es Staatsmannes besitzt Montgelas i​n hohem Maße: Die Tendenzen seiner Zeit z​u erkennen, d​ie in d​er Gegenwart liegenden Möglichkeiten u​nd Gefahren richtig einzuschätzen, d​ie Entwicklung vorsichtig abwartend z​u beobachten u​nd dann i​m richtigen Moment – Montgelas t​ut es o​ft erst i​n der letzten Sekunde d​es richtigen Moments – entschlossen z​u handeln. Das sichere jeweilige Erkennen d​er Gunst d​er Stunde i​n der Außenpolitik ermöglicht d​em Minister n​icht nur d​ie Rettung u​nd Vergrößerung d​es ihm anvertrauten Staates, sondern a​uch sein wahrhaft revolutionäres inneres Aufbauwerk[…]“[68]

Sonstiges

München-Bogenhausen: Gedenktafel für Friedrich Ludwig Sckell und Montgelas (Peter Weidl, 2002)

Nach i​hm wurde d​as gleichnamige Maximilian-von-Montgelas-Gymnasium i​n Vilsbiburg/Landkreis Landshut benannt.

Siehe auch

Literatur

  • Juliane von Åkerman: Maximilian Joseph Montgelas, Graf von Garnerin. In: Jürgen Wurst, Alexander Langheiter (Hrsg.): Monachia. Städtische Galerie im Lenbachhaus, München, 2005, S. 160, ISBN 3-88645-156-9
  • Karl Theodor von Heigel: Montgelas, Maximilian Graf von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 22, Duncker & Humblot, Leipzig 1885, S. 193–204.
  • Michael Henker, Margot Hamm, Evamaria Brockhoff (Hrsg.): Bayern entsteht. Montgelas und sein Ansbacher Memoire von 1796. Friedrich Pustet, Regensburg, 1996, ISBN 3-7917-1535-6.
  • Katharina Weigand, Jörg Zedler (Hrsg.): Montgelas zwischen Wissenschaft und Politik – Krisendiagnostik, Modernisierungsbedarf und Reformpolitik in der Ära Montgelas und am Beginn des 21. Jahrhunderts, Herbert Utz Verlag, München, 2009, ISBN 978-3-8316-0897-3
  • Eberhard Weis: Montgelas – Zwischen Revolution und Reform 1759–1799, Verlag C.H. Beck, 2. durchgesehene Auflage, München, 1988, ISBN 3-406-32974-8
  • Eberhard Weis: Montgelas, Maximilian Joseph. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 18, Duncker & Humblot, Berlin 1997, ISBN 3-428-00199-0, S. 55–63 (Digitalisat).
  • Eberhard Weis: Hardenberg und Montgelas. Versuch eines Vergleichs ihrer Persönlichkeiten und ihrer Politik. In: Jahrbuch des Historischen Kollegs 1997, S. 3–20 (Digitalisat).
  • Eberhard Weis: Montgelas – Der Architekt des modernen bayerischen Staates 1799–1838, Verlag C.H. Beck, München, 2005, ISBN 3-406-03567-1
  • Galerie der merkwürdigsten Kurbaierischen Staatsbeamten, III. Heft, Maximilian Freiherr von Montgelas, Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Volpert, Mainz [1800] (Digitalisat).
  • Andreas Erber: Graf Montgelas und das Gut Großhesselohe, Edition Pandoralacht, 2017, ISBN 978-3-00-070806-0
Commons: Maximilian von Montgelas – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Verwendete Abkürzungen:

M. Montgelas
EWI Eberhard Weis: Montgelas, Erster Band (siehe Literatur)
EWII Eberhard Weis: Montgelas, Zweiter Band (siehe Literatur)
  1. EWI S. 1–2
  2. Lennhoff/Posner/Binder: Int. FM-Lexikon, Sonderauflage. München 2006, S. 576
  3. Eberhard Weis Montgelas, 1759-1799: Zwischen Revolution u. Reform, Band 2, Beck Verlag München, 2005. Seite 830
  4. EWI S. 140
  5. EWI S. 149
  6. EWI S. 159–160.
  7. EWI S. 148.
  8. EWI S. 85.
  9. M. (27.10.1789) nach EWI S. 161.
  10. s. a. EWI Kapitel 10.: die Stände als Garanten der Freiheit gegen obrigkeitliche Willkür
  11. EWI S. 89
  12. EWI S. 21.
  13. EWI S. 25.
  14. EWI S. 81
  15. fr. Brief von M. an Seinsheim vom 12.2.1788, dt. nach EWI S. 175
  16. fr. Brief von M. an Seinsheim vom 16.8.1787, dt. nach EWI S. 68
  17. EWI S. 211
  18. fr. Brief vom 9. März 1790 an Seinsheim, dt. nach EWI S. 220
  19. fr. Brief an Seinsheim vom 6.12.1792, dt. nach EWI S. 188
  20. fr. Brief an Seinsheim vom 6. Juli 1790, dt. nach EWI S. 221
  21. fr. Brief an Seinsheim vom 17. Mai 1791, dt. nach EWI S. 222
  22. fr. Brief an Seinsheim vom 3. Juli 1791, dt. nach EWI S. 224
  23. fr. Brief an Seinsheim vom 1. Mai 1791, dt. nach EWI S. 223
  24. fr. Brief an Seinsheim vom 20. September 1791, dt. nach EWI S. 226
  25. fr. Brief an Seinsheim vom 5. Mai 1793, dt. nach EWI S. 238
  26. Aufzeichnungen Karl Ernst von Gravenreuths nach EWI S. 260
  27. EWI S. 155
  28. EWI S. 119
  29. dt. nach EWI S. 131
  30. Wissenschaftliche Edition des Ansbacher Mémoire durch Eberhard Weis
  31. Das Ansbacher Mémoire in dt. Übersetzung
  32. Ansbacher Memoire nach EWI S. 270
  33. Ansbacher Memoire nach EWI S. 283
  34. Denkwürdigkeiten des Grafen M.J. von Montgelas über die innere Staatsverwaltung Bayerns, hg. von G.Laubmann und M.Doeberl, 1908
  35. Denkwürdigkeiten des bayer. Staatsministers M.Grafen von Montgelas, übersetzt von Max Freiherrn von Freyberg-Eisenberg und hg. von Ludwig Grafen von Montgelas, 1887
  36. fr. Brief an Seinsheim vom 5. Mai 1793, dt. nach EWI S. 239
  37. EWII S. 12–13
  38. Zwehl S. 64, dt. nach EWII S.279–280
  39. fr. Memorandum M.s an Max Joseph vom 8.9.1805, dt. nach EWII S. 285
  40. Bericht Ottos vom 22.9.1805, dt. nach EWII S. 296
  41. EWII S. 465
  42. Brief von Max Joseph an Kronprinz Ludwig vom 7. Oktober 1813 nach EWII S. 683
  43. fr. Instruktion von M. vom 14. September 1814, dt. nach EWII, S. 719.
  44. EWII S.161
  45. EWII S. 229
  46. EWII S.202
  47. Compte rendu au Roi S. 65 f.
  48. aus dem Protokoll der Geheimen Staatskonferenz vom 24.1.1800 nach EWII S. 99
  49. Max Döllner: Entwicklungsgeschichte der Stadt Neustadt an der Aisch bis 1933. Ph. C. W. Schmidt, Neustadt a.d. Aisch 1950. (Neuauflage 1978 anlässlich des Jubiläums 150 Jahre Verlag Ph. C. W. Schmidt Neustadt an der Aisch 1828-1978.) S. 395 (das Volk bezeichnete er hingegen als „petit peuple, crapule“).
  50. EWII S. 772
  51. Die Bayerische Verfassung von 1808
  52. M., Compte rendu, dt. nach EWII S. 453
  53. M. fr. in Compte rendu S. 76–84, dt. zusammengefasst nach EWII S. 779
  54. Karl Otmar Freiherr von Aretin, Bayerns Weg zum souveränen Staat, Landstände und konstitutionelle Monarchie 1714–1818, München 1976
  55. Briefe des Staatsministers Grafen Maximilian Joseph v. Montgelas. Herausgegeben von Julie von Zerzog. Regensburg, gedruckt bei Julius Heinrich Demmler [vermutlich 1853]
  56. Adalbert Prinz von Bayern, Max I. Joseph von Bayern, Pfalzgraf, Kurfürst und König, München 1957, S. 750
  57. fr. Brief von Graf Montezan an Hofenfels vom 9. August 1786, dt. nach EWI S.52
  58. EWII S. 479
  59. Die Memoiren des Karl Heinrich Ritter von Lang, Braunschweig 1842, zitiert nach EWII S. 485
  60. fr. Bericht an Maret-Bassano, dt. nach EWII S. 675
  61. Bericht Johann Emanuel von Küsters an Karl August Freiherr von Hardenberg vom 1. Januar 1817, zitiert nach EWII S. 762–763
  62. Richard Graf Du Moulin Eckart: Bayern unter dem Ministerium Montgelas, Band 1 (1799 bis 1800), München, 1895
  63. Michael Doeberl: Entwicklungsgeschichte Bayerns, Band 2 (1648–1825), München, 1928
  64. Hans Karl von Zwehl: Der Kampf um Bayern, 1805, I: Der Abschluß der bayerisch-französischen Allianz, München, 1937
  65. Fritz Zimmermann: Bayerische Verfassungsgeschichte vom Ausgang der Landschaft bis zur Verfassungsurkunde von 1818, 1. Vorgeschichte und Entstehung der Konstitution von 1808, München, 1940
  66. Marcel Dunan: Napoléon et l'Allemagne. Le système continental et les débuts du royaume de Bavière, 1806–1810, Paris, 1942
  67. Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. 5 Bände. Verlag C. H. Beck, München, 1987–2008. (4900 Seiten als broschierte Ausgabe ISBN 3-406-57872-1). Band 1: Vom Feudalismus des Alten Reiches bis zur Defensiven Modernisierung der Reformära 1700–1815 1987, 4. Auflage 2006, 676 Seiten. ISBN 3-406-32261-1
  68. EWI S.466
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