Gemeindeedikt
Die Gemeindeedikte waren Erlasse von König Maximilian I. und Teil der „Revolution von oben“ im Königreich Bayern Anfang des 19. Jahrhunderts. Sie wurden im Wesentlichen von Maximilian Joseph Graf von Montgelas und Georg Friedrich von Zentner entworfen. Die mit den Gemeindeedikten geschaffenen über 8500 Gemeinden bildeten das gemeindliche Grundgerüst der Verwaltungsgliederung Bayerns bis zur Gebietsreform in Bayern in den 1970er Jahren.
Hintergrund der Reformen war der Zustand der bayerischen Staatsfinanzen, die eine Neuordnung der Finanzverwaltung und eine Steuerreform erforderten. Mit der Einrichtung einer eigenen Verfassung kam König Maximilian I. auch der Einführung des französischen Hegemonialsystems durch Kaiser Napoleon Bonaparte im Königreich Bayern zuvor.
Erstes Gemeindeedikt
Das Erste Gemeindeedikt vom 28. Juli[1] bzw. 24. September 1808[2] hatte die Formierung der politischen Gemeinden zum Ziel. Es wurden einheitliche Kataster geschaffen und die Landgerichte in Steuerdistrikte eingeteilt. Die Gemeindegrenzen sollten genau mit den Steuerdistriktgrenzen übereinstimmen.
Darüber hinaus verstaatlichte der Staat unter Montgelas das Vermögen sowie die zahlreichen Stiftungen der Gemeinden. Gerade das erwies sich als Fehlschlag, da die Entscheidungsbefugnisse zu stark nach oben in die Ministerien verlagert waren und dadurch der Staatsapparat zu schwerfällig wurde. Noch unter Montgelas nahm man die Rückführung des Gemeindevermögens in die kommunale Selbstverwaltung in Angriff.
Zweites Gemeindeedikt
Eine weitgehende Wiederherstellung der gemeindlichen Selbstverwaltung erfolgte über das Zweite Gemeindeedikt vom 17. Mai 1818.[3] Eigener Wirkungskreis der Gemeinden waren die Verwaltung des rückerstatteten Gemeinde- und Stiftungsvermögens, die Aufnahme von Bürgern, die Mitwirkung bei der Zulassung von Gewerben und gewisse Zuständigkeiten in der Kirchenverwaltung und im Volksschulwesen. Im übertragenen Wirkungskreis war die Gemeinde für die Ortspolizei zuständig.
Gemeindeverfassung
Die Gemeindeedikte teilten die Gemeinden in die Städte und größeren Märkte mit Magistrat und die Ruralgemeinden (ab 1835 Landgemeinden), die einen Gemeindevorsteher an der Spitze hatten.
Die Städte und größeren Märkte wurden nach der Einwohnerzahl in drei Klassen eingeteilt: Städte 1. Ordnung (wie z. B. München, Nürnberg oder Regensburg), Städte 2. Ordnung (wie z. B. Amberg, Weiden) und Städte 3. Ordnung (wie z. B. Vohenstrauß, Auerbach, Pegnitz) oder Märkte (wie z. B. Neuhaus, Königstein).
Daneben wurden auf dem Land Ruralgemeinden gebildet. Die Verwaltung der Ruralgemeinden geschah durch einen Gemeindeausschuss, der sich aus Gemeindevorsteher und aus dem Gemeindepfleger, wenn notwendig zusätzlich aus einem Stiftungspfleger und aus drei bis fünf weiteren Gemeindebevollmächtigten zusammensetzte, den Vorgängern der heutigen Gemeinderäte. Wegen der bis 1848 fortbestehenden Sonderrechte des Adels war eine Unterscheidung in landgerichtliche und patrimonialgerichtliche Ruralgemeinden nötig. Ehemalige Hofmarken wurden in der Regel in Patrimonialgemeinden zweiter Klasse, Standesherrschaften unterstellte Gemeinden in Patrimonialgemeinden erster Klasse umgewandelt, alle anderen Landgemeinden waren den Landgerichten zugeordnet.
Literatur
- Horst Clément: Das bayerische Gemeindeedikt vom 17. Mai 1818. Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte der kommunalen Selbstverwaltung in Deutschland. Dissertation, Universität Freiburg im Breisgau 1934
- Markus Söder: Von altdeutschen Rechtstraditionen zu einem modernen Gemeindeedikt. Die Entwicklung der Kommunalgesetzgebung im rechtsrheinischen Bayern zwischen 1802 und 1818. Dissertation, Universität Erlangen 1998
Weblinks
Einzelnachweise
- Organisches Edikt über die Bildung der Gemeinden in der Google-Buchsuche
- Edikt über das Gemeindewesen in der Google-Buchsuche
- Verordnung die künftige Verfassung und Verwaltung der Gemeinden im Königreiche betreffend in der Google-Buchsuche