Zoisit
Zoisit (auch Saualpit) ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Ca2Al3[O|OH|SiO4|Si2O7][1], ist also ein komplexes Calcium-Aluminium-Silikat mit zusätzlichen Sauerstoff- und Hydroxidionen. Strukturell gehört Zoisit zu den Gruppensilikaten (Sorosilikaten).
Zoisit | |
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(Größe: 7,5 × 4 × 2 cm) | |
Allgemeines und Klassifikation | |
Chemische Formel | Ca2Al3[O|OH|SiO4|Si2O7][1] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Silikate und Germanate – Gruppensilikate (Sorosilikate) |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
9.BG.10 (8. Auflage: VIII/B.15b) 58.02.01b.01 |
Ähnliche Minerale | je nach Varietät Amethyst, Cordierit, Saphir, Spinell, Eudialyt, Karneol, Rhodonit, Rubin |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | orthorhombisch |
Kristallklasse; Symbol | orthorhombisch-dipyramidal; 2/m 2/m 2/m[2] |
Raumgruppe | Pnma (Nr. 62)[1] |
Gitterparameter | a = 16,19 Å; b = 5,55 Å; c = 10,03 Å[1] |
Formeleinheiten | Z = 4[1] |
Häufige Kristallflächen | (100), (101), (110) |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 6 bis 7 |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 3,15 bis 3,36; berechnet: 3,35[3] |
Spaltbarkeit | vollkommen nach {100}, {001} |
Bruch; Tenazität | uneben oder muschelig |
Farbe | farblos, gelb, grün, rosa, rot, blau, grau |
Strichfarbe | weiß |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Glanz | Glasglanz, Perlmuttglanz |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 1,696 bis 1,700[4] nβ = 1,696 bis 1,702[4] nγ = 1,702 bis 1,718[4] |
Doppelbrechung | δ = 0,006 bis 0,018[4] |
Optischer Charakter | zweiachsig positiv |
Achsenwinkel | 2V = 0 bis 69°[3] |
Pleochroismus | sichtbar bis stark (Tansanit): X = hellrosa bis rotviolett Y = nahezu farblos bis kräftig rosa oder tiefblau Z = hellgelb bis gelbgrün[4] |
Weitere Eigenschaften | |
Besondere Merkmale | wärmeempfindlich, Farbänderungen möglich |
Zoisit entwickelt meist durchsichtige bis durchscheinende Kristalle von bis zu 10 cm Länge und prismatischem Habitus, die oft in Längsrichtung gestreift sind. Auch massige, körnige oder radialstrahlige Mineral-Aggregate sind bekannt.
Mit einer Mohshärte von 6 bis 7 gehört Zoisit zu den mittelharten bis harten Mineralen. Um ihn zu ritzen braucht es mindestens eine Stahlfeile, er selbst ist aber in der Lage, einfaches Fensterglas zu ritzen.
Reiner Zoisit ist farblos, er kann allerdings durch verschiedene Beimengungen von grauer bis gelber, grüner, rosa bis roter oder blauer bis violetter Farbe sein. Die Strichfarbe des Zoisits ist allerdings immer weiß. Unbeschädigte, glatte Kristallflächen weisen einen lebhaften, glasähnlichen Glanz auf, Spaltflächen schimmern dagegen eher perlmuttähnlich.
Bekannt ist Zoisit vor allem durch seine Schmuckstein-Varietäten Tansanit (blauviolett) und Thulit (rosarot).
Etymologie und Geschichte
Erstmals entdeckt wurde das Mineral von einem Mineralhändler (vermutlich Simon Preschern) am sogenannten „Prickler Halt“, einem Kamm zwischen Speikkogel und Ladinger Spitz im österreichischen Bundesland Kärnten, der den Fund zunächst nach seiner Typlokalität als Saualpit bezeichnete und es dem Unternehmer und Naturwissenschaftler Sigmund Zois Freiherr von Edelstein (1747–1819) übergab, der die Forschungsreise des Mineralhändlers unterstützt hatte.
Zois vermutete allerdings, dass es sich hier um eine neue, bisher unbekannte Mineralart handelte und informierte neben dem Mineralogen Abraham Gottlob Werner (1749–1817) auch Martin Heinrich Klaproth (1743–1817) über diesen Fund, die seine Vermutung bestätigen konnten. Werner gab dem neuen Mineral 1805 zu Ehren von Zois den bis heute anerkannten Namen Zoisit.[5]
Klassifikation
Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Zoisit zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Gruppensilikate (Sorosilikate)“, wo er als einziges Mitglied die Zoisit-Untergruppe mit der System-Nr. VIII/B.15b innerhalb der „Epidot-Zoisit-Gruppe“ bildete.
Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser klassischen Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VIII/C.23-100. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung der „Gruppensilikate“, wo Zoisit zusammen mit Allanit-(Ce), Allanit-(La), Allanit-(Nd), Allanit-(Y), Alnaperbøeit-(Ce), Askagenit-(Nd), Dissakisit-(Ce), Dissakisit-(La), Dollaseit-(Ce), Epidot, Epidot-(Sr), Ferriadrosit-(La), Ferriakasakait-(La), Ferriallanit-(Ce), Ferriallanit-(La), Ferriperbøeit-(Ce), Gatelit-(Ce), Hancockit, Khristovit-(Ce), Klinozoisit, Manganiakasakait-(La), Manganiandrosit-(Ce), Manganiandrosit-(La), Mukhinit, Niigatait, Perbøeit-(Ce), Piemontit, Piemontit-(Pb), Piemontit-(Sr), Tweddillit, Uedait-(Ce), Vanadoallanit-(La), Vanadoandrosit-(Ce) und Västmanlandit-(Ce) die „Epidot-Gruppe“ bildet.[6]
Auch die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[7] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Zoisit in die Abteilung der „Gruppensilikate“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Art der Gruppenbildung der Silikatkomplexe und der Koordination der Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung und seinem Aufbaus in der Unterabteilung der „Gruppensilikate mit gemischten SiO4- und Si2O7-Gruppen; Kationen in oktaedrischer [6]er- und größerer Koordination“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 9.BG.10 bildet.
Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Zoisit ebenfalls in die Klasse der „Silikate und Germanate“, dort allerdings in die bereits feiner unterteilte Abteilung der „Gruppensilikate: Insulare, gemischte, einzelne und größere Tetraedergruppen“. Hier ist er als einziges Mitglied der „Epidotgruppe (Zoisit-Untergruppe)“ mit der System-Nr. 58.02.01b innerhalb der Unterabteilung der „Gruppensilikate: Insulare, gemischte, einzelne und größere Tetraedergruppen mit Kationen in [6] und höherer Koordination; Einzel- und Doppelgruppen (n=1,2)“ zu finden.
Kristallstruktur
Zoisit kristallisiert dimorph mit Klinozoisit[3] im orthorhombischen Kristallsystem in der Raumgruppe Pnma (Raumgruppen-Nr. 62) mit den Gitterparametern a = 16,19 Å; b = 5,55 Å und c = 10,03 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[1]
Eigenschaften
Zoisit weist ähnlich wie Cordierit einen deutlich sichtbaren Pleochroismus auf, der vor allem bei der Varietät Tansanit sehr stark werden kann:
Zoisit ist hitzeempfindlich und reagiert darauf mit Farbänderung, was unter anderem ausgenutzt wird, indem der meist in den Minen gefundene, graubraune Zoisit durch Brennen bei etwa 550 °C in den begehrten blauen Tansanit umgewandelt wird.[8]
Modifikationen und Varietäten
Von Zoisit sind mehrere Varietäten bekannt:
- Tansanit – blau bis blauviolett, erstmals 1967 in Tansania gefunden
- Thulit – rot durch Beimengungen von Mangan. Teilweise handelt es sich aber bei den beschriebenen Thuliten um Varietäten von Klinozoisit.
Anyolit(h) (auch Zoisitfels) ist dagegen ein Aggregat oder besser Gestein aus grünem Zoisit, rotem, undurchsichtigem Rubin und oft zusätzlich mit Einlagerungen aus schwarzer Hornblende (Minerale der Amphibolgruppe).
Bildung und Fundorte
Zoisit bildet sich durch Metamorphose in Calcium-reichen Gesteinen wie Pyroxen-Gneis oder Amphibolit, aber auch durch Kontaktmetamorphose in Marmor. Begleitminerale sind unter anderem verschiedene Granate und Hornblenden, Albit, Biotit, Calcit und Quarz.
Als eher seltene Mineralbildung kann Zoisit an verschiedenen Fundorten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Als bekannt gelten bisher (Stand 2015) rund 1000 Fundorte.[9] Neben seiner Typlokalität „Prickler Halt“ in der Saualpe wurde das Mineral in Österreich noch in Hüttenberg, den Gurktaler Alpen, bei Moosburg, am Millstätter See und bei Winklern in Kärnten; bei Badersdorf im Burgenland; bei Dunkelsteinerwald und im Waldviertel in Niederösterreich; in den Hohen Tauern von Kärnten bis Salzburg, den Kitzbüheler Alpen; an der Koralpe von Kärnten bis zur Steiermark; an der Packalpe und bei Stubenberg in der Steiermark sowie im Virgen-, Inn-, Ötz- und Zillertal in Tirol gefunden.
In Deutschland wurde Zoisit unter anderem bei Bötzingen in Baden-Württemberg; an mehreren Orten in Franken, Niederbayern und der Oberpfalz in Bayern; im hessischen Odenwald; im niedersächsischen Harz; in der Eifel in Rheinland-Pfalz sowie im sächsischen Erzgebirge gefunden.
In der Schweiz trat das Mineral bisher im Valle Maggia und Valle Verzasca im Tessin sowie im Wallis im Binntal, bei Brig, Martigny und Zermatt auf.
Weitere Fundorte sind unter anderem die Antarktis, Australien, Belgien, Brasilien, Chile, China, Finnland, Frankreich, Griechenland, Grönland, Guatemala, Indien, Irland, Italien, Jamaika, Japan, Kanada, Kasachstan, Nord- und Südkorea, Madagaskar, Mexiko, Neuseeland, Norwegen, Oman, Pakistan, Paraguay, Polen, Rumänien, Russland, Schweden, Simbabwe, Slowakei, Slowenien, Spanien, Südafrika, Taiwan, Tansania, Tschechien, Türkei, Ukraine, Ungarn, das Vereinigte Königreich (Großbritannien) und die Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[10]
Verwendung als Schmuckstein
Bekannt und begehrt als Schmuckstein sind zwar vor allem die seltenen Varietäten Tansanit und Thulit, aber auch andersfarbige Varietäten können bei guter, das heißt klarer und einschlussarmer Qualität zu schönen Schmucksteinen geschliffen werden.
Da das Mineral allerdings empfindlich auf zu große und ungleichmäßige Erwärmung reagiert, müssen Fass- und Reparaturarbeiten entsprechend vorsichtig ausgeführt werden. Schon die Berührung des Steins mit der Lötflamme kann z. B. zu Blasenbildung führen und ihn aufquellen lassen.[11]
Literatur
- Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 216.
- Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten. 1900 Einzelstücke. 16., überarbeitete Auflage. BLV Verlag, München 2014, ISBN 978-3-8354-1171-5, S. 176.
Weblinks
- Zoisit, Thulit und Tansanit im Mineralienatlas (Wiki)
- Michael R. W. Peters: Zoisit. In: realgems.org. 5. April 2012, abgerufen am 5. Dezember 2019 (mit Bildbeispielen geschliffener Zoisite).
Einzelnachweise
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 587 (englisch).
- David Barthelmy: Zoisite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 5. Dezember 2019 (englisch).
- Zoisite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 79 kB; abgerufen am 5. Dezember 2019]).
- Zoisite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 5. Dezember 2019 (englisch).
- Ernest Faninger: Die Entdeckung des Zoisits. In: Geologija. Band 28/29, 1985, S. 337–342, urn:nbn:si:DOC-JRAMEFGW (prenit.geo-zs.si [PDF; 21 kB; abgerufen am 24. April 2020]).
- Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
- Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF 1816 kB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 5. Dezember 2019 (englisch).
- Bernhard Bruder: Geschönte Steine. Das Erkennen von Imitationen und Manipulationen bei Edelsteinen und Mineralien. Neue Erde, Saarbrücken 2005, ISBN 3-89060-079-4, S. 101.
- Localities for Zoisite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 5. Dezember 2019 (englisch).
- Fundortliste für Zoisit beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 5. Dezember 2019.
- Edelstein-Knigge von Prof. Leopold Rössler – Tansanit. In: beyars.com. Abgerufen am 5. Dezember 2019.