Rubin
Als Rubin (lateinisch Rubinus) bezeichnet man die rote Varietät des Minerals Korund. Die rote Verfärbung ist auf geringe Beimengungen von Chrom zurückzuführen. Nur die roten Korunde heißen Rubine, wobei der Farbton zwischen Blassrot und Dunkelrot variieren kann. Rosafarbene Korunde werden, ebenso wie blaue und alle anderen Farbvarietäten, unter der Bezeichnung Saphir zusammengefasst.
Rubin | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
Chemische Formel | Al2O3, sowie Beimengungen von Cr |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
siehe Korund |
Ähnliche Minerale | Saphir |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | trigonal |
Kristallklasse; Symbol | siehe Korund |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 9 |
Dichte (g/cm3) | 3,97 bis 4,05 |
Spaltbarkeit | keine |
Bruch; Tenazität | muschelig, uneben |
Farbe | rot |
Strichfarbe | weiß |
Transparenz | durchsichtig bis undurchsichtig |
Glanz | Glasglanz bis Diamantglanz |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nω = 1,767 bis 1,772 nε = 1,759 bis 1,763 |
Doppelbrechung | δ = 0,008 bis 0,009 |
Optischer Charakter | einachsig negativ |
Pleochroismus | stark: gelblichrot bis tief karminrot[1] |
Etymologie und Geschichte
Rubin, über mittelhochdeutsch (seit etwa 1250) rubīn und altfranzösisch rubin von mittellateinisch rubinus (Name des roten Edelsteins[2]), zu lateinisch rubeus („rot, der Rote“).[3]
Man nimmt an, dass bereits in der Bronzezeit Rubine aus Gruben im Gebiet des heutigen Myanmar geholt und geschätzt wurden. Vor über 2000 Jahren verehrte man auch in Indien Rubine und nutzte sie als Talismane. Auch die alten Ägypter, die Griechen und die Römer kannten Rubine.
Der Rubin ist bereits im Alten Testament von Bedeutung: Er ist der vierte unter den zwölf Steinen, die das Efod des Hohepriesters schmücken und denen jeweils ein Stamm Israels zugeordnet ist. Der Rubin ist das Sinnbild des königlichen Stammes Juda. Hrabanus Maurus schreibt, der Rubin leuchte auch im Dunkeln und bezeichne das Wort Gottes.[4] Alkuin meinte, der Rubin bezeichne Christus.[5] Die Lapidarien stellten daher den Rubin als den „Stein der Steine“ dar, der die „Kräfte“ aller anderen Steine in sich vereine.[6]
Um 1800 erkannte man die Verwandtschaft zum Saphir. Seitdem konnte man auch Rubine von roten Spinellen und roten Granaten unterscheiden, die davor alle als Karfunkelsteine bezeichnet wurden.
Eigenschaften
Farbe
Die rote Farbe des Rubins ist auf die enthaltenen Cr3+-Ionen zurückzuführen. Normalerweise verursachen diese eine grüne Farbe. Im Rubin besetzen sie allerdings Kristallgitterplätze der kleineren Al3+-Ionen, wodurch die Ligandenfeldaufspaltung des Chroms vergrößert wird. Deshalb erfordern die für die Farbe verantwortlichen d-d-Übergänge mehr Energie, sodass kurzwelligeres Licht absorbiert wird, weshalb sich die Farberscheinung von Grün im Cr2O3 nach Rot im Rubin verändert. Eine zusätzliche Einlagerung von Eisen-Ionen bewirkt bräunliche Farbtöne.
Optische Effekte
Für besondere optische Effekte sorgt die Einlagerung von Rutilnadeln. Sind wenige Rutilnadeln parallel zu einer Kristallachse ausgerichtet, erscheint der Stein dem Auge zwar trüb, erhält dafür aber einen seidigen Glanz. Viele Rutilnadeln parallel zu einer Kristallachse bewirken dagegen die sogenannte Chatoyance bzw. den Katzenaugeneffekt. Parallel zu den a-Achsen ausgerichtet zeigt sich der sogenannte Asterismus bzw. Sterneffekt.
Ein weiterer besonderer Effekt ist die gerichtete Verwachsung mehrerer Rubinkristalle, die zusammen das Aussehen eines Rades mit Speichen annehmen. Sie kommen unter der Bezeichnung „Trapiche-Rubin“ in den Handel.
Bildung und Fundorte
Zu den Bildungsbedingungen von Rubinen siehe Korund.
Rubine sind auf allen Kontinenten außer der Antarktis gefunden worden, was vermutlich der Eisbedeckung geschuldet ist. Begehrt sind meist nur die asiatischen Rubine. Myanmar, Thailand und Sri Lanka, mit seinen immer seltener werdenden Lagerstätten, sind die wichtigsten Länder für den Export dieser Edelsteine. In Asien befinden sich vor allem in Hinterindien viele Minen, aber es wurden auch in Indien, der Volksrepublik China, Pakistan und Afghanistan Rubine entdeckt. Die ostafrikanischen Rubine (z. B. Kenia und Tansania) erzielen ebenfalls hohe Preise. Auf den Kontinenten Nordamerika (North Carolina/USA), Südamerika (Kolumbien) und Australien gibt es nur wenige Rubinfunde. In Europa gab es in Finnland, Grönland, Norwegen und Nordmazedonien Entdeckungen dieser Edelsteine.
In den 1960er Jahren entdeckte man auch die wertvollen Rubinminen in Ostafrika.
Seit 1835 kann man Rubine auch künstlich herstellen. Zu den Herstellungsverfahren siehe Korund.
Verwendung
Als Schmuckstein
Rubine werden überwiegend zu Schmucksteinen verarbeitet. Klare Steine erhalten dabei einen Facetten-Schliff, Steine mit optischen Effekten dagegen Cabochon-Schliff.
Besonders begehrt und wertvoll sind Rubine in kräftiger, roter Farbe und einem Stich ins Bläuliche, die der Farbe von Taubenblut ähnelt. Farbschwache oder ins Bräunliche spielende Farbvarietäten werden durch Brennen zu kräftigeren und rötlicheren Farben hingeführt. Rosafarbene Korunde würden mit der Bezeichnung Rubin zu den weniger wertvollen zählen und werden daher dem Saphir zugerechnet. Das Handelszentrum für asiatische Rubine ist Bangkok.
Große und berühmte Rubine
Name | Rohgewicht in Karat |
Fundjahr | Fundland | Bemerkung |
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The Mogok Sun | 1734,0 | 1993 | Myanmar | bis heute ungeschliffen und unbehandelt |
Nawata Rubin | 496,5 | |||
Ohne Eigenname | 250,0 | in der böhmischen Wenzelskrone | ||
Edward Rubin | 167,0 | Ausgestellt im British Museum of Natural History in London | ||
Rosser-Reeves-Rubin | 138,7 | Ausgestellt im Smithsonian Institut in Washington | ||
De-Long Sternrubin | 100,3 | Ausgestellt im American Museum of Natural History in New York | ||
Ohne Eigenname | 40,6 | Verkauft durch Garrard & Co, London[7] | ||
Friedensrubin | 25,0 | 1919 | ||
Carmen Lúcia Buck | 23,1 | 1930er | Myanmar | Ausgestellt im Smithsonian Institut in Washington |
Gesetzrubin | 12,5 |
Manipulationen und Imitationen
Handelsname | Identität |
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„Adaleide Rubin“, „Amerikanischer Rubin“, „Australischer Rubin“ | Pyrop (Granatgruppe) |
„Balas Rubin“ | blassroter Spinell |
„Brasilianischer Rubin“ | rosa Topas |
„Falscher Rubin“ | rosa Fluorit |
„Montblanc Rubin“ | Rosenquarz |
„Sibirischer Rubin“ | roter Turmalin |
Aufgrund farblicher Ähnlichkeit kann Rubin mit verschiedenen Mineralen verwechselt werden wie unter anderem roten Varietäten der Granatgruppe und Turmalingruppe, Fluorit, Spinell, Topas und der rötlichen Zirkonvarietät Hyazinth.[9] Oft werden diese gegenüber dem Rubin teilweise viel billigeren Minerale daher auch genutzt, um Rubinimitate herzustellen und unter meist irreführenden Handelsnamen angeboten.
Bereits im Mittelalter versuchte man sich an der Herstellung künstlicher Rubine.[10]
1885 wurden erste brauchbare Synthesen von Rubinen in Genf auf den Markt gebracht und als „echte“ (sprich: natürliche) Rubine verkauft. Die „Genfer Rubine“ wiesen die gleiche Dichte, Härte und optischen Eigenschaften wie natürliche Rubine auf, konnten jedoch aufgrund zahlreicher eingeschlossener Gasblasen als synthetische Schmelzerzeugnisse entlarvt werden.[11] Zur selben Zeit begann auch der französische Chemiker Auguste Verneuil mit seinen Arbeiten zur synthetischen Herstellung. Das nach ihm benannte Verfahren wurde von ihm allerdings erst 1902 veröffentlicht.
Aber auch echte, natürliche Rubine werden mittlerweile überwiegend mit verschiedenen Methoden behandelt, um ihre Farbe zu verbessern. Die bevorzugte Methode ist dabei das Brennen (bis 1950 °C), wobei die Steine in Borax oder Kryolith eingelegt werden, um die entstehenden Brennrisse mit einem haltbaren, glasartigen Material aufzufüllen. Derart behandelte Steine können einen Glasanteil von bis zu 20 Gewichtsprozent haben.[12]
Rohsteine lassen sich jedoch meist schon aufgrund der typischen prismatischen und tonnenförmigen Kristallform identifizieren. Hinzu kommt die gegenüber den genannten Mineralen als Imitatgrundlage oft deutlich größere Härte. Dennoch ist eine Unterscheidung für Laien nur schwer möglich, unter anderem wenn es sich um Dubletten mit einem Oberteil aus natürlichem Korund, synthetischen Rubin oder andere fertige Schmuckstücke handelt. Es besteht die Möglichkeit, ein gemmologisches Gutachten (Echtheitszertifikat) bei wertvollem Schmuck einzuholen.
Weitere Verwendungsmöglichkeiten
Synthetischer, einkristalliner Rubin dient als aktives Medium in Rubinlasern.
Rubin wird seit langem als Lager- und Palettenstein in hochwertigen Uhrwerken verwendet. Weitere Verwendungen sind die kugelförmige Spitze am Taststift von Koordinatenmessgeräten, Düsen für 3D-Drucker zur Verwendung mit abrasiven Filamenten sowie die Abtastnadel von Tonabnehmern für Plattenspieler (z. B. Ortofon „Kontrapunkt b“, Benz „Ruby“).
Für die mechanischen Anwendungen ist das Dotierelement Chrom nicht relevant, weshalb er hier äquivalent zum Saphir und zum Korund ist.
Esoterik
In der Esoterik galten Rubine früher als „Stein des Lebens und der Liebe“. Das Aufbewahren dieses Steines verlieh angeblich dem Besitzer mehr Macht, Tapferkeit und Würde. Rubine sollten gegen den Teufel und die Pest schützen. Wissenschaftliche Belege für die angeblichen physischen und psychischen Wirkungen gibt es nicht.
Trivia
Die vierzigste Wiederkehr des Hochzeitstages wird häufig als Rubin-Hochzeit bezeichnet.
Literatur
- Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 82–83.
- Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten. 1900 Einzelstücke. 16., überarbeitete Auflage. BLV Verlag, München 2014, ISBN 978-3-8354-1171-5, S. 98.
Weblinks
- Ruby. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 22. Mai 2021 (englisch).
Einzelnachweise
- Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten der Welt. 1600 Einzelstücke. 13. überarbeitete und erweiterte Auflage. BLV Verlags-GmbH., München u. a. 2002, ISBN 3-405-16332-3, S. 51.
- Vgl. auch Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 153 (Rubinus: Rubin-Edelstein).
- Friedrich Kluge, Alfred Götze: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 20. Auflage. Hrsg. von Walther Mitzka. De Gruyter, Berlin / New York 1967; Neudruck („21. unveränderte Auflage“) ebenda 1975, ISBN 3-11-005709-3, S. 611.
- De universo. Migne, Patrologia Latina 111, (1864) col. 471.
- Alkuin: Commentaria in Apocalypsin. Migne, Patrologia Latina 100, col. 1106.
- Paul Studer, Joan Evans: Anglo-Norman Lapidaries. Champion, Paris 1924, S. 89.
- Garrards – Treasures (large and important jewelry pieces) (Memento vom 29. Juli 2012 im Internet Archive), abgerufen am 8. November 2010
- Bernhard Bruder: Geschönte Steine. Das Erkennen von Imitationen und Manipulationen bei Edelsteinen und Mineralien. Fotos von Karola Sieber. Neue Erde, Saarbrücken 2005, ISBN 3-89060-079-4, S. 95.
- Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten. 1900 Einzelstücke. 16. überarbeitete Auflage. BLV Verlag, München 2014, ISBN 978-3-8354-1171-5, S. 101.
- Anton Trutmann: Arzneibuch. (Hs. XI. 61 der Burgerbibliothek Bern). Edition von Rainer Sutterer: Anton Trutmanns 'Arzneibuch', Teil I: Text. Medizinische Dissertation Bonn 1976, Blatt 56 („Ad faciendum preciosos lapides: Nim urinam de puero distillato; dar in solvier alun und leig christallum purum darin vii tag lang. Dar noch … suds in zinober, so wirt ein rubin“).
- Edelstein Glossar: gemischter schliff – glyptik. Abgerufen am 18. Juli 2018.
- Bernhard Bruder: Geschönte Steine. Das Erkennen von Imitationen und Manipulationen bei Edelsteinen und Mineralien. Neue Erde, Saarbrücken 2005, ISBN 3-89060-079-4, S. 93–94.