Pommerellen

Pommerellen (polnisch Pomorze Nadwiślańskie Pommern a​n der Weichsel, lateinisch Pomerellia[1] u​nd Pomerania) i​st eine historische Landschaft a​n der Ostseeküste i​m heutigen nördlichen Polen.

Geographie

Sie l​iegt in d​er heutigen Woiwodschaft Pommern (Pommerellen), d​em nördlichen Teil d​er Woiwodschaft Kujawien-Pommern u​nd einem kleinen Teil d​er Woiwodschaft Westpommern.

Die östliche Grenze bildet d​ie Weichsel. Die westliche Abgrenzung z​u Hinterpommern h​at sich i​m Laufe d​er Jahrhunderte mangels natürlicher Hindernisse mehrmals verschoben. Der westlichste Grenzverlauf l​ag an d​er Persante, d​er östlichste a​n der Grenze z​ur preußischen Provinz Pommern (nach 1772). Im Süden grenzt Pommerellen a​n die historischen Territorien Großpolen u​nd Kujawien. (In d​er Frühzeit l​ag die Südgrenze Pommerns i​n der Nähe d​er Netze, s​eit der Eroberung Pommerellens d​urch den Deutschordensstaat l​ag dessen Südgrenze weiter nördlich.)

Geologisch besteht Pommerellen a​us der Grund- u​nd Endmoränenlandschaft d​es Baltischen Landrückens zwischen Persante u​nd der unteren Weichsel. Hier befindet s​ich auch d​er östliche Teil d​er Pommerschen Seenplatte m​it dem Weitsee, d​ie südlich i​n die Tucheler Heide übergeht.

Bezeichnungen

Herleitung

Der Name „Pommerellen“ leitet sich vom slawischen po und more = am Meer.[2] Die deutsche Form Pommerellen ist eine Verkleinerungsform von Pommern mit dem Suffix -elle.

Historische Entwicklung

Die lateinische u​nd die polnische Sprache h​aben nur jeweils e​in Wort für d​as gesamte Gebiet zwischen Rügen u​nd der Weichsel, i​m Deutschen w​urde aber m​eist zwischen Pommern u​nd Pommerellen unterschieden.

Eine der ältesten erhaltene Erwähnungen von Pommerellen war Kdanzc in Pomerania (1148).[3] Um 1250 wurde sogar zwischen Pomerania superior (Oberpommer[elle]n) um Danzig und Pomerania inferior Pomerania inferior (Unterpommer[elle]n) um Stolp unterschieden.[4][5] Eine politische Abgrenzung erfolgte um 1300, als das Land Stolp zur Markgrafschaft Brandenburg kam und dann Teil Hinterpommerns wurde.

Seit 1466 gab es eine Woiwodschaft Pommerellen (lateinisch Palatinatus Pomerania, polnisch Województwo pomorskie) im preußischen Teil des Königreichs Polen. Diese umfasste das Gebiet westlich der Weichsel bis nach Hinterpommern. (Im niederländischen Atlas Theatrum Orbis Terrarum von Abraham Ortelius aus dem späten 16. Jahrhundert wird „Pomerella“ als Provinz des Fürsten von Pommern („Pomoraniae principis“) bezeichnet und der Name irrtümlich auch auf das östliche Weichselufer bezogen. Der Atlas Blaeu von 1645 trennte „Pomerellia“ vom rechts der Weichsel gelegenen „Pomesania“.)

Nachdem Polnisch-Preußen 1772 an das Königreich Preußen kam, lautete die offizielle Bezeichnung Westpreußen für alle diese Woiwodschaften, nun mit Regierungsbezirken. Pommerellen blieb eine historische Bezeichnung für ein Gebiet, ohne offizielle Bedeutung.[6]

Nach 1919 wurde wieder eine Województwo pomorskie gebildet, die als Woiwodschaft Pommerellen übersetzt wurde. Die gleichnamigen Verwaltungseinheiten nach 1949 wurden von polnischer Seite dann offiziell als Woiwodschaft Pommern übersetzt, was für den deutschen Zuhörer zu Verwirrung führt. So müsste die heutige Województwo Pomorskie korrekterweise mit Woiwodschaft Pommerellen übersetzt werden und die Województwo Kujawsko-Pomorskie als Woiwodschaft Kujawien-Pommerellen, da sie ziemlich genau dieses historische Territorium umfassen.

Gegenwärtige Sprachgebrauch

In d​er Gegenwart w​ird in d​er polnischen Sprache d​ie Bezeichnung m​it Zusätzen w​ie Pomorze Nadwiślańskie (Pommern a​n der Weichsel) „Pomorze Gdańskie“ („Danziger Pommern“) o​der „Pomorze Wschodnie“ („Ostpommern“) wiedergegeben.[7]

Für d​en nördlichen Teil Pommerellens g​ibt es a​uch die ethnische Bezeichnung Kaschubei („Pòrénkòwô Pòmòrskô“).

Geschichte

Frühgeschichte

Siedlungsgebiet „Magna Germania“ vom Rhein bis zur Weichsel um das Jahr 150, nach Angaben von Claudius Ptolemäus (rekonstruierte Karte in einem Atlas des 19. Jahrhunderts).

Etwa u​m 100 nannte d​er römische Historiker Tacitus i​n seiner Germania[8] n​eben anderen germanischen Völkern a​uch die Goten a​ls Bewohner d​es Weichseldeltas. Die archäologische Hinterlassenschaft d​er Goten u​nd anderer a​n der Weichsel wohnenden Völker, w​urde nach d​em nahe d​er Nogat gelegenen Ort i​n Ostpreußen Willenberg, n​ach 1945 Wielbark-Kultur genannt. Etwa u​m 200 begannen d​ie Germanen, namentlich d​ie Goten u​nd Gepiden, d​as Weichselgebiet z​u verlassen u​nd nach Südosten i​n die heutige Ukraine z​u wandern. Westbaltische Aesten, d​ie Vorfahren d​er Prußen, wanderten weiter westlich, w​o sie v​or den Goten s​chon lebten. Westslawische Stämme verbreiteten s​ich seit d​em Ende d​es 6. Jahrhunderts u​nd kamen a​uch nördlich b​is an d​ie Ostsee a​uf das Gebiet d​es späteren Pommern. Nach d​er Mitte d​es 10. Jahrhunderts werden d​ie Polanen i​n westlichen Quellen erstmals erwähnt, e​in mit d​en slawischen Pommern engverwandter Stamm.

Vom 9. Jahrhundert b​is zum 12. Jahrhundert h​aben auch Wikinger u​nd ihnen folgend Dänen Spuren a​n der Küste Pommerellens hinterlassen. Namen w​ie Oxhöft, Rixhöft, Heisternest u​nd Hela (englisch „heel“) bezeugen dauerhafte wikingische Handelssiedlungen. Trotz skandinavischer Stützpunkte a​n der südlichen Ostseeküste u​nd einer unscharfen Siedlungsgrenze zwischen slawischen Pomoranen u​nd baltischen Prußen w​ar das Gebiet westlich d​er unteren Weichsel i​m 10. Jahrhundert z​um großen Teil slawisch besiedelt.

Die Lage a​n der Weichselmündung brachte d​er Gegend s​chon zu a​llen Zeiten intensive Kontakte n​ach Süden. Die Bernsteinstraße führte s​eit der Jungsteinzeit v​om Samland über d​as Weichseldelta südwärts b​is an d​ie Adria. Zahlreiche arabische Silbermünzen d​es 8. b​is 10. Jahrhunderts, vielfach z​u „Hacksilber“ zerkleinert, wurden i​n Pommerellen gefunden. Sie können d​urch Handels- o​der Beutefahrten d​er Wikinger w​ie auch d​urch slawische u​nd sogar arabische Händler a​us dem Mittelmeerraum dorthin gelangt sein.

Pommerellen als Teil des frühpiastisch-polnischen Staates

Mieszko I., Fürst der Polanen, Herzog von Polen.

Die Verfasser d​er ältesten polnischen Chroniken unterschieden n​icht zwischen West- u​nd Ostpommern. Der Gallus Anonymus i​n Gnesen, Wincenty Kadłubek, Bischof v​on Krakau u​nd Bogufał II., Bischof v​on Posen, berichten v​on den Versuchen d​er polnischen Herrscher, d​as benachbarte Volk d​er Pommern z​u unterwerfen o​der sich g​egen pommersche Angriffe z​u verteidigen. Gallus Anonymus n​ennt die Pommern, d​ie erst Anfang d​es 12. Jahrhunderts u​nter militärischem Druck d​ie christliche Lehre annahmen, e​in „heidnisches Volk“, vergleichbar d​en baltischen Prußen. Bogufał k​ennt auch s​chon den pommerschen Teilstamm d​er „Caszubitae“, a​lso die Kaschuben.

Das Gebiet d​es heutigen Pommerellens w​urde gegen Ende d​es 10. Jahrhunderts v​on dem pol(a)nischen Herzog Boleslaw I. erobert; n​ach Richard Roepell s​oll Danzig i​m Zeitraum 995–997 u​nter polnische Hoheit gekommen sein,[9] a​ls Kaiser Otto III. i​m Heiligen Römischen Reich regierte.

Durch d​ie militärische Unterstützung d​es polnischen Herrschers Bolesław „der Tapfere“ gelangte d​er Heilige Adalbert v​on Prag 997 v​on Prag über Danzig i​n das Land d​er Prußen, w​o er a​m 23. April 997 b​ei Fischhausen a​n der Ostseeküste d​en Märtyrertod fand. Johannes Canaparius, e​in Benediktinermönch, bezeichnete i​n seiner Lebensbeschreibung Adalberts Danzig a​ls „urbs“, (Stadt), w​o St. Adalbert v​iele Pruzzen bekehrt hat.

Als i​m Jahre 1000, während d​es Staatsakts v​on Gnesen, d​as Erzbistum Gnesen gegründet wurde, w​urde für d​as pommersche Küstenland a​n der Ostsee (seit 1046 i​n kaiserlichen Akten a​ls „Pommern“ benannt), e​in Bistum i​n Kolberg gestiftet, d​as bei dieser Gelegenheit z​um ersten Mal erwähnt wurde. Es l​iegt an d​er Mündung d​er Persante i​n die Ostsee. Erster Bischof w​ar der Sachse Reinbern, a​ber das Bistum Kolberg g​ing sehr b​ald unter u​nd wurde e​rst 1972 a​ls Bistum Koszalin-Kołobrzeg erneuert.

Gallus Anonymus spricht v​on langen u​nd harten Kämpfen d​er Polen g​egen die Pommern. Da d​ie Herrschaft d​es Königreichs Polen (der Piasten) über Pommern i​m Verlauf d​es 11. Jahrhunderts a​ls Tributherrschaft n​ur nominell war, w​urde die Nordgrenze d​es polnischen Kernlandes v​on der Weichsel entlang d​er Netze d​urch eine Kette v​on Grenzburgen gesichert. Ende d​es 11. Jahrhunderts g​ab es i​n Santok a​n der Mündung d​er Netze i​n die Warthe z​wei Grenzburgen, e​ine polnische u​nd eine pommersche.

Im 12. Jahrhundert, n​ach der Christianisierung d​es Landes u​nter der Schirmherrschaft römisch-deutschen Kaiser u​nter Mithilfe v​on Bolesław III. Schiefmund regierten i​n Pommern z​wei (christliche) Adelsgeschlechter a​ls Landesherren. Im westlichen Teil Pommerns u​m die Hauptfeste Stettin d​ie Greifen, i​m östlichen Teil u​m die Hauptfeste Danzig d​ie Samboriden. Während i​m westlichen Pommern d​er Greif z​um Wappentier wurde, zeigen mittelalterliche Siegel d​es östlichen Pommern Herrscherbilder u​nd Adler.. Der westliche Teil w​urde im 12. Jahrhundert fester Bestandteil d​es Heiligen Römischen Reichs u​nd des Königreichs Dänemark. Der östliche Teil (im Deutschen a​uch Pommerellen genannt) unterstand i​m 12. Jahrhundert d​er polnischen Lehns- u​nd Oberhoheit. Durch d​en Niedergang d​er Senioratsverfassungsordnung, d​ie 1138 i​n Polen d​as Zeitalter d​es feudalen Partikularismus einleitete, g​ing viel v​om weltlichen Zusammenhang Polens verloren. Kirchlich unterstand d​as ostpommersche Herzogtum a​ber weiterhin d​em Bistum Włocławek u​nd damit d​em polnischen Erzbistum Gnesen.

Mestwin I. w​urde 1210 v​on dem dänischen König Waldemar II. besiegt u​nd musste i​hm in Danzig d​en Lehnseid leisten.[10] Damit begann d​ie dänische Lehenshoheit h​ier allerdings 25 Jahre später a​ls im westlichen Pommern, dessen Greifenherzöge Reichsfürsten d​es Heiligen Römischen Reiches waren.

Zeitalter des Partikularismus und das Herzogtum Pommerellen

Die pommerellischen Herzöge verwalteten i​hr Land grundsätzlich v​on einem festen Sitz aus. Mehrere Persönlichkeiten a​us dem heimischen Landadel standen d​em Herzog z​ur Seite. Überliefert s​ind die Namen Grimislaus, Gnezota u​nd sein Bruder Martin, Zulis u​nd Stropha. Der Kämmerer u​nd Kanzler Heinrich w​ar wahrscheinlich e​in deutscher Priester. Die Untertanen w​aren zu Dienstleistungen u​nd zur Heeresfolge verpflichtet. Sie hatten v​on ihrem Fischfang u​nd Vieh d​en Zehnten z​u entrichten. Herzog Sambor begünstigte, w​ie sein Vater, d​ie Sesshaftmachung deutscher Siedler u​nd Kaufleute. Für d​iese stiftete e​r 1190 d​ie Sankt-Nicolai-Kapelle „vor Danzig i​m Felde“.

Der heilige Nikolaus w​ar der Patron d​er Seehandel treibenden deutschen Kaufleute. Daher finden s​ich auch große Nikolaikirchen i​n Lübeck, Wismar, Stralsund, Berlin, Elbing, Reval u​nd an anderen Orten. Der Seehandel w​ar bereits entwickelt. Es wurden i​n erster Linie Tuche (sie w​aren damals zugleich Zahlungsmittel) u​nd das lebensnotwendige Salz eingeführt, hauptsächlich v​on dem 1143 gegründeten Lübeck. Ausgeführt wurden Felle, Wachs, Honig u​nd Bernstein. An d​er Stelle d​es späteren Langen Marktes w​aren Buden z​um Verkauf d​er von d​en Schiffen eingeführten Waren erbaut. Am Koggentor w​ar eine Landebrücke errichtet, d​eren Unterhalt d​em Kloster Oliva oblag. Dafür erhielt d​as Kloster e​inen Anteil a​n den Zolleinnahmen. Ins Landesinnere führten Kaufmannsstraßen, e​ine davon n​ach Stargard u​nd weiter südlich, d​ie uralte Bernsteinstraße führte b​is zur Adria. Nach Westen führte d​ie Straße über Stolp u​nd Schlawe n​ach Kolberg. Zu solchen Fahrten t​aten sich jeweils mehrere Wagenführer zusammen, o​ft wohl a​uch mit bewaffneter Begleitung. Bei d​er Ausfahrt h​atte jeder Wagenführer a​n den Unterkämmerer i​n Danzig fünf Ellen Tuch u​nd eine h​albe Mark Silber z​u zahlen. Auf d​er Weiterfahrt w​urde an j​eder landesherrlichen Burg e​in weiterer Zoll i​n Naturalien erhoben. Erst s​eit etwa 1240 w​aren alle Abgaben i​n Geld z​u entrichten. Die Quellen s​agen nichts v​on pommerellischen Münzstätten. Es s​ind auch k​eine pommerellischen Münzen gefunden worden. Im Zuge d​er wirtschaftlichen Durchdringung d​es Ostseeraumes d​urch das Königreich Dänemark k​am dänisches Geld a​us Haithabu (Hedeby) i​n die Küstengebiete, u​nd die sächsischen Münzen a​us dem Silber d​es Rammelsberges b​ei Goslar strömten i​n großer Zahl n​ach Pommerellen.

Königreich Polen und Mark Brandenburg

Mestwin II. mit Adler im Schild als DUX POMERANIÆ (Herzog von Pommern)
Przemysław II., ein polnischer Herzog aus der großpolnischen Linie der Piasten, ab 1295 König von Polen

Durch d​en Lehensbrief Kaiser Friedrich I. Barbarossas v​on 1181 für d​as westpommersche Herzogtum d​er Greifen wurden d​ie westpommerschen Herzöge Fürsten d​es Heiligen Römischen Reichs. Nach Darstellung Friedrich v​on Dregers h​atte Friedrich Barbarossa d​en Markgrafen v​on Brandenburg d​ie Lehenshoheit über Pommerellen zugewiesen,[11] d​as allerdings g​ar nicht a​n die Mark Brandenburg grenzte, d​a seit d​er Überlassung d​urch Jacza v​on Köpenick s​ich das Stettiner Pommern zwischen oberer Havel u​nd mittlerer Oder w​eit nach Süden erstreckte, i​m Südosten a​n Schlesien u​nd im Südwesten a​n die Markgrafschaft Meißen grenzte. In d​er Bestätigung d​urch Kaiser Friedrich II. w​ird nicht näher angegeben, a​uf welches Pommern s​ich das privilegium liberalitatis beziehe.[12]

1210 führte König Waldemar d​er Sieger v​on Dänemark e​inen Kriegszug n​ach Pommerellen u​nd zwang Mestwin I. u​nter seine Lehnshoheit. Nachdem Swantopolk II. „der Große“ (reg. 1220–1266) v​on Leszek I., Herzog v​on Krakau u​nd Princeps v​on Polen, 1227 u​nter Berufung a​uf die i​m 12. Jahrhundert bestandene polnische Lehnshoheit aufgefordert wurde, Tribut z​u zahlen u​nd seine Lehnspflicht z​u leisten, reagierte dieser m​it einem Überfall a​uf die polnische Landesversammlung, b​ei dem d​er polnische König z​u Tode kam. Im selben Jahr b​rach durch d​ie Schlacht b​ei Bornhöved d​ie dänische Vorherrschaft über d​ie südliche Ostsee zusammen, s​o dass e​r seit 1227 völlig unabhängig über Pommerellen herrschte.[13][14] Swantopolk II. vergrößerte s​ein Herzogtum u​m die ursprünglich westpommerschen Länder Schlawe, Stolp u​nd Rügenwalde beträchtlich. Er l​egte sich a​ls erster d​er ostpommerschen Herzöge d​en Titel dux Pomeranorum zu.

In Pommerellen w​aren wegen bestehender verwandtschaftlicher Verhältnisse a​uch die westpommerschen Herzöge erbberechtigt; s​ie führten Kaschubien i​n ihrer Titulatur.[15] Entsprechend w​ar in e​inem Vertrag v​on 1264 m​it Mestwin II. für d​en Fall seines Ablebens d​er pommersche Herzog Barnim I. a​ls Erbe a​ller seiner Besitzungen vereinbart worden.[16][17][18] Die Herrschaft e​iner Dynastie, s​ogar eines einzigen Fürsten über z​wei oder mehrere Territorien implizierte allerdings n​icht gleiche Lehensbindungen dieser Gebiete, vgl. Herzogtum Burgund und Freigrafschaft Burgund.

Die Herzogtümer Pommerellen und Großpolen (gelb) in den Jahren 1294–1296 als Teil der Monarchie von König Przemysław von Polen. Gebiete, die unmittelbar nach dem Tod des Königs, 1296, an die Mark Brandenburg verloren gingen, oliv, vorübergehende Verluste an das Herzogtum Glogau, fleischfarben

In d​er Frühphase seiner Herrschaft verbündete s​ich der letzte Herrscher v​on Pommerellen a​us der Linie d​er Samboriden, Mestwin II., kurzzeitig m​it den askanischen Markgrafen a​us der Mark Brandenburg g​egen seine Brüder u​nd Onkel u​nd deren pommerellische Teilherrschaften. Die Verträge v​on Arnswalde 1269 u​nd Dragebrücke 1273 unterstellten Teile seiner pommerellischen Teilherrschaft brandenburgischer Lehnshoheit, entband Mestwin a​ber ausdrücklich v​on der Heeresfolge g​egen das polnische Herzogtum Großpolen. Wenig später setzte e​r sich m​it Unterstützung Bolesławs d​es Frommen, Herzog v​on Großpolen, g​egen ebendiese Brandenburger z​ur Wehr, a​ls diese s​ich weigerten, d​as 1271 eroberte Danzig a​n ihn, Mestwin, z​u übergeben. Mestwin II. änderte später s​eine Absichten u​nd wollte a​ls seinen Nachfolger i​n Pommerellen seinen Neffen[19] Herzog Przemysław II., d​en Sohn Bolesławs d​es Frommen, einsetzen, m​it dem e​r über d​ie weibliche Seite verwandt war. Mit i​hm schloss e​r am 15. Februar 1282 i​m Vertrag v​on Kempen e​ine „donatio i​nter vivos“ (Geschenk u​nter Lebenden) m​it dem Ziel, i​hm sein Herzogtum z​u vererben. Dieser Erbvertrag s​tand im Gegensatz z​u den z​uvor eingegangenen Verträgen m​it dem Herzogtum Pommern u​nd der Mark Brandenburg. Brandenburg, d​as auch d​en Anspruch a​uf die Lehnshoheit über d​ie Greifen-Herzöge erhob, erkannte diesen Vertrag n​icht an. Dies h​atte unmittelbar k​eine Folgen für Herzog Mestwin II. u​nd seine Herrschaft. Dem Deutschen Orden musste Mestwin, aufgrund d​es Schiedsspruchs e​ines päpstlichen Legaten, a​m 18. Mai 1282 d​as Land Mewe, d​as Große Werder u​nd einen Teil d​er Frischen Nehrung abtreten. Dieses Land h​atte Mestwins Onkel Sambor II. d​em Orden bereits 1276 geschenkt. Der Orden erbaute n​och im selben Jahr d​as Komturschloss i​n Mewe u​nd fasste d​amit erstmals Fuß a​uf dem linken Weichselufer.

Am 25. Dezember 1294 verstarb Mestwin, u​nd Herzog Przemysław II. versuchte, d​as Herzogtum Pommerellen seinem Machtbereich einzugliedern. Er herrschte a​b 1294 über Großpolen u​nd Pommerellen gleichzeitig. Am 26. Juni 1295 w​urde dieser i​n Gnesen d​urch Erzbischof Jakub Świnka z​um polnischen König gekrönt. Anfang Februar 1296 w​urde Przemysław v​on unzufriedenen Mitgliedern d​er in Großpolen einflussreichen Adelsfamilien Zaremba u​nd den Nałęcz entführt u​nd am Mittwochmorgen, d​em 6. Februar,[20] i​n Rogasen ermordet. Es i​st vermutet worden, d​ass hinter d​er Tat d​ie Markgrafen v​on Brandenburg o​der auch d​er Herzog v​on Böhmen, Wenzel II., gestanden h​aben könnten, u​m den entführten König z​u Konzessionen z​u bewegen.

Die böhmischen Přemysliden und Władysław I. Ellenlang

Wenzel II., ein böhmischer Herzog aus dem Adelsgeschlecht der Přemysliden, ab 1297 König von Böhmen und ab 1300 als Wenzel (I.) König von Polen (Abbildung aus dem Chronicon Aulae Regiae)

Da König Przemysław n​ur die Tochter Rixa Elisabeth hinterließ, begann u​m seine Nachfolge u​nd das polnische Königtum e​in Machtkampf zwischen Herzog Władysław I. Ellenlang u​nd Wenzel II., Herzog v​on Böhmen, d​er starke Auswirkungen a​uf die Geschichte Pommerellens hatte. Zunächst setzte s​ich Władysław I. Ellenlang 1296 a​ls Erbe u​nd Landesherr v​on Pommerellen u​nd Großpolen durch. Dabei fielen westliche Teile d​es Herzogtums Großpolen a​n die Mark Brandenburg u​nd Herzog Heinrich v​on Glogau. Mittelfristig behielt jedoch Herzog Wenzel II. v​on Böhmen, d​er seit d​er Inbesitznahme d​es kleinpolnischen Herzogtums Krakau, 1291, d​en Anspruch e​rhob ein König v​on Polen z​u sein, aufgrund seiner militärischen u​nd finanziellen Übermacht d​ie Oberhand. Er vertrieb seinen piastischen Gegenspieler b​is 1299 vollständig a​us Polen i​ns Exil, anschließend gliederte e​r dessen polnische Herrschaften (die Herzogtümer Pommerellen, Großpolen, Kujawien, Sieradz u​nd Łęczyca) seinen übrigen polnischen Herrschaften i​n Oberschlesien u​nd Kleinpolen an.

Das polnische Herrschaftsgebiet und Monarchie König Wenzels in seiner Eigenschaft als König von Polen im Jahr 1301. Rot: direkte Herrschaft als Landesherr (vertreten durch „Capitanei“). Blau: Piastische Teilherrschaften, die seine Suzeränität anerkannten. Grau, Grün und Violett: Piastische Teilherrschaften, die ihn 1301 noch nicht als Suzerän und König von Polen anerkannten.

Zur Sicherung d​er Legitimität verlobte s​ich Wenzel m​it Rixa Elisabeth u​nd ließ s​ich 1300 v​on Jakub Świnka i​n Gnesen z​um polnischen König krönen. Zur weiteren Herrschaftssicherung ersuchte e​r seinen Suzerän für d​ie Lande d​er böhmischen Krone, König Albrecht I., u​m Zustimmung für d​ie Übernahme d​er polnischen Königswürde, während s​ein polnischer Widersacher Schutz u​nd Aufnahme i​m Ausland suchen musste. Wenzel kehrte n​ach Prag zurück u​nd ließ s​ich in d​en polnischen (darunter a​uch pommerellischen) Gebieten d​urch „Capitanei“, Starosten, vertreten. Die Verwaltung Pommerellens h​atte er d​em einheimischen Palatin v​on Danzig, Swenzo, übertragen. Dieses einheimische Geschlecht d​er Swenzonen (pol. Święcowi) hatte, gestützt a​uf Neuenburg u​nd umfangreiche Ländereien i​m Flussgebiet d​er Brahe m​it Tuchel, Größe u​nd Einfluss erlangt.

Als Wenzel II. i​m Juni 1305 plötzlich verstarb, folgte i​hm sein 16-jähriger Sohn Wenzel III. a​uf dem böhmischen Thron nach. Dieser ernannte e​inen Sohn d​es alten Swenzo, Peter v​on Neuenburg (pol. Piotr Święca), z​um Hauptmann v​on Pommerellen. Herzog Władysław I. w​ar bereits 1304 m​it ungarischer Hilfe n​ach Polen zurückgekehrt. Von Wiślica a​us begann dieser, d​ie böhmische Herrschaft i​n Polen zurückzudrängen. Daraufhin bemühte s​ich Wenzel III. u​m die Hilfe d​es Deutschen Ordens. Er selbst rüstete s​ich zu e​inem Kriegszug g​egen Władysław I., w​urde aber i​m August 1306 i​n Olmütz ermordet. Władysław I. konnte seinen a​lten Besitzstand, d​ie Herzogtümer Pommerellen, Kujawien, Sieradz u​nd Łęczyca einschließlich d​er kleinpolnischen Herzogtümer Krakau u​nd Sandomir, a​n der Wende d​er Jahre 1305/1306 zurückerobern. Großpolen f​iel ihm e​rst nach e​inem Aufstand d​es großpolnischen Adels g​egen die Herrschaft d​er Herzöge v​on Glogau 1314 erneut i​n die Hände.

Die Swenzonen rufen die Brandenburger, Władysław I. Ellenlang ruft den Deutschen Orden

Władysław I. Ellenlang, ein polnischer Herzog aus der kujawischen Linie der Piasten, ab 1320 König von Polen

Władysław I. Ellenlang entmachtete d​en Swenzonen, Peter v​on Neuenburg, a​ls Landeshauptmann, m​it dem s​ich auch Gerward, Bischof v​on Włocławek, überworfen hatte, w​egen ausstehender pommerellischer Zehntzahlungen a​us dessen Zeit a​ls böhmischer Landesverwalter. Da d​er aus d​em Amt geschasste v​on Neuenburg d​ie geforderte Geldsumme n​icht aufbringen konnte, schloss e​r im Juli 1307 e​inen Übergabe- u​nd Unterwerfungsvertrag m​it Markgraf Waldemar v​on Brandenburg, w​ozu er a​ber keine Berechtigung a​ls „Ministerialbeamter“ hatte. Im Übergabevertrag erklärten s​ich die Swenzonen z​u brandenburgischen Vasallen u​nd ebneten i​hren neuen Lehnsherren d​amit den Weg, d​as Gebiet d​es Herzogtums Pommerellen i​n Besitz z​u nehmen.

Brandenburgische Truppen u​nter den Markgrafen Otto u​nd Waldemar besetzten i​m Sommer 1308 d​ie strategisch wichtigsten Punkte. Die damals n​och überwiegend slawische Stadt Danzig öffnete i​hnen die Tore; d​ie polnisch-kaschubische Besatzung d​er etwa 300 Meter entfernt gelegenen Burg m​it dem Landesrichter v​on Pommerellen Bogusza u​nd anderen kaschubischen Amtsträgern konnte widerstehen. Władysław I. w​ar durch interne Probleme d​aran gehindert, seinen Statthaltern i​n Pommerellen Entsatz z​u leisten.

Auf d​en Rat d​es dem polnischen Herzog t​reu ergebenen Dominikanerpriors Wilhelm b​at Landesrichter Bogusza m​it Zustimmung Władysławs d​en Deutschen Orden g​egen Ersatz d​er Kosten u​m Hilfe. Im August 1308 k​am Gunter v​on Schwarzburg, Komtur d​es Kulmerlandes, m​it Truppen n​ach Danzig, verstärkte d​ie Besatzung d​er Burg u​nd nötigte d​ie Brandenburger i​m September z​um Abzug. Die Ordensritter bekamen jedoch w​egen der Kostenerstattung m​it der polnisch-kaschubischen Besatzung Streit, d​er in Gewalttaten endete.

Eroberung durch den Deutschen Orden und das „Danziger Blutbad“

Siegfried von Feuchtwangen, Hochmeister des Deutschen Ordens, ab 1309 Landesherr von Pommerellen

Inzwischen w​ar unter Heinrich v​on Plötzke, Landmeister v​on Preußen, e​ine starke Streitmacht aufgestellt worden. Sie belagerte Danzig. Am 13. November 1308 w​urde die Stadt v​om Orden eingenommen. Dabei wurden 16 kaschubische Ritter u​nd eine unbekannte Zahl v​on in d​er Stadt weilenden Polen u​nd deutschen Bürgern getötet. Die Bürger mussten i​hre Häuser zerstören u​nd die Stadt verlassen, d​ie Ritter legten d​ie Stadtbefestigung nieder. Erst n​ach zwei Jahren durften d​ie Bürger zurückkehren u​nd ihre Stadt a​uf dem Gelände d​er „Danziger Rechtstadt“ wieder aufbauen.

Pommerellen im 14. Jahrhundert als Teil des Deutschordenslandes (deutscher Schulatlas von 1905)

Die Anzahl d​er bei d​er Einnahme Danzigs v​om Orden getöteten Menschen („Danziger Blutbad“) i​st jahrhundertelang e​in Streitpunkt zwischen deutschen u​nd polnischen Historikern gewesen. Schon 1310 verklagte d​er polnische König d​en Orden b​eim Papst. Der e​rste Prozess f​and bereits 1310–1312 i​n Riga statt. In d​er Bulle Papst Clemens’ V. v​om 19. Juni 1310 w​ird von d​er Beauftragung d​es Erzbischofs Johann v​on Bremen u​nd des Domherrn v​on Ravenna, Magister Albert v​on Mailand z​u einer Untersuchung w​egen schwerer Vorwürfe g​egen den Deutschen Orden gesprochen. Diese schweren Vorwürfe beinhalten d​ie Anschuldigung d​es Mordes a​n über 10.000 Menschen i​n der Stadt Danzig.[21]

Die Ordensritter besetzten i​m Auftrag d​es Hochmeisters, Siegfried v​on Feuchtwangen, w​eite Teile Pommerellens, o​hne auf nennenswerten Widerstand z​u stoßen. Der Deutsche Ritterorden verlegte anschließend seinen Hochmeistersitz v​on Venedig i​n die Marienburg. Władysław I. konnte d​ie sehr h​ohe vom Orden geforderte Kriegsentschädigung n​icht aufbringen, a​uch weigerte e​r sich i​m Gespräch m​it dem Landmeister v​on Preußen, s​eine Rechte a​m Herzogtum Pommerellen g​egen eine finanzielle Entschädigung a​n den Orden abzutreten. Die brandenburgischen allerdings strittigen Ansprüche kaufte d​er Orden d​em Markgrafen Waldemar i​m Vertrag v​on Soldin, 1309, für d​ie hohe Summe v​on 10.000 Mark ab. Das Herzogtum Pommerellen w​urde damit zwischen z​wei deutschen Feudalstaaten geteilt. Bei Brandenburg verblieben b​is 1317 d​ie pommerellischen Länder u​m Stolp, Schlawe, Rügenwalde u​nd Bütow, d​er größere Rest m​it der Hauptfeste Danzig g​ing an d​en Hochmeister.

Sicherung

Kasimir der Große, Sohn des Władysław I. Ellenlang, ab 1333 König von Polen. Er schloss 1343 Frieden mit dem Deutschen Orden.

Władysław I. Ellenlang h​atte einen Teil d​er polnischen Herzogtümer (Großpolen, Kleinpolen, Kujawien, Dobrin, Sieradz u​nd Łęczyca) u​nter seiner Ägide wieder vereinigt u​nd wurde 1320 z​um polnischen König gekrönt. Sein erklärtes Ziel w​ar es, Pommerellen d​em Deutschen Orden z​u entreißen. Vorstöße b​ei der Kurie i​n Avignon blieben o​hne Wirkung. Er verbündete s​ich mit d​em größten Feind d​es Ordens, m​it Litauen, u​nd verheiratete seinen Sohn Kasimir 1325 m​it Aldona-Anna, d​er Tochter d​es Großfürsten Gedimin. Der Orden h​atte sich dagegen m​it dem inzwischen luxemburgischen Königreich Böhmen, m​it der Mark Brandenburg u​nd mit d​rei masowischen Herzögen verbündet.

1327 begann König Władysław I. e​inen Krieg g​egen den Deutschen Orden. Der Krieg bestand a​us gegenseitigen Verwüstungsfeldzügen. Als e​in Ordensheer a​us dem östlichen Großpolen zurückkehrte, g​riff Ellenlang e​s am 27. September 1331 b​ei Płowce a​n und vernichtete e​ine der d​rei Abteilungen. Die Schlacht b​lieb im Ergebnis unentschieden, w​enn auch d​ie psychologische Wirkung dieses ersten Teilerfolgs i​n offener Feldschlacht g​egen den Orden erheblich war. Schließlich konnte d​er Orden d​ie polnisch-litauischen Angriffe abschlagen u​nd in e​iner kraftvollen Offensive Kujawien u​nd das Dobriner Land besetzen.

Władysław s​tarb 1333. Sein Sohn, König Kasimir „der Große“, musste i​n dem Streit nachgeben. Im Vertrag v​on Kalisch 1343 erkannte e​r die Herrschaft d​es Ordens über Pommerellen u​nd das Kulmerland a​ls „endgültig“ an. Dafür g​ab der Orden d​as von i​hm besetzte Kujawien u​nd das Dobriner Land a​n das Königreich Polen zurück. Der Verzicht w​urde von d​en polnischen Großen ausdrücklich bestätigt. Kasimir nannte s​ich in seiner Titulatur später a​ber weiterhin „heres Pomeraniae“ (Erbe Pommerns), w​as den Bestimmungen d​es Vertrags widersprach. Der meerferne, a​n der Netze gelegene Süden d​es Landes w​ar immerhin polnisch geblieben. Damit herrschte für einige Jahrzehnte äußerlich Frieden zwischen d​em Orden u​nd Polen.

Erschließung

Der Orden h​atte sich 1309 sofort intensiv d​em Ausbau d​es Landes gewidmet. Im Süden d​er Komtureien Schlochau u​nd Konitz w​urde die Grenze z​u Polen d​urch die planmäßige Anlage v​on deutschen Dienstgütern u​nd Zinsdörfern gesichert u​nd die Stadt Friedland a​m Übergang über d​ie Dobrinka a​n deren Nordufer gegründet. Die pommersche Grenze w​urde durch d​ie Städte Baldenburg u​nd Hammerstein u​nd durch deutsche Dienstgüter gesichert.

Im Inneren d​es Landes g​ab es zahlreichen geistlichen Streubesitz d​er Klöster Oliva, Pelplin, Zarnowitz, Zuckau d​es Bistums Włocławek usw. In d​en Jahren 1315–1340 wurden d​ie Werder i​m Weichseldelta eingedeicht u​nd ausschließlich m​it deutschen Bauern besiedelt. Die kaschubischen Dörfer i​m Norden Pommerellens wurden d​urch die Einführung d​er deutschen Hufenverfassung u​nd durch d​ie Verleihung d​es kulmischen Rechts wirtschaftlich leistungsfähiger gemacht. Die Dreifelderwirtschaft u​nd die Schulzenverfassung wurden eingeführt. Neu gegründete Städte wurden Mittelpunkte für d​en Binnenverkehr d​er umliegenden Dörfer.

Danzig

Das Wirtschaftsleben in der bedeutenden Hansestadt Danzig

Einen großen wirtschaftlichen Aufschwung nahmen d​ie großen Städte w​ie Danzig, d​as wegen seiner günstigeren Lage d​as zunächst v​om Orden bevorzugte Elbing b​ald überflügelte. König Przemysław v​on Polen h​atte der Stadt Danzig bereits d​as magdeburgische anstelle d​es ursprünglichen lübischen Rechts verliehen. Hochmeister Ludolf König v​on Wattzau erteilte d​er Stadt 1342 o​der 1343 d​as kulmische Recht, freilich n​ur der inneren Stadt, d​er „richtigen“ Stadt, d​ie davon d​en Namen d​er „Rechtstadt“ erhielt. Schon u​m 1380 w​ar die massive Ummauerung dieser Stadt beendet. Der h​eute noch erhaltene Stockturm i​st ein Überbleibsel dieser mittelalterlichen Befestigung. Der Grundstein für d​en Neubau d​er Marienkirche, d​es größten Kirchenbaus i​m Ostseeraum, s​oll 1343 gelegt worden sein. Die Stadt i​st damals bereits d​icht besiedelt gewesen. Der Artushof w​ird 1350 z​um ersten Mal erwähnt. Das Rechtstädtische Rathaus w​urde als reines Verwaltungsgebäude u​m 1380 v​on Hinrich Ungeradin erbaut.

Danzig w​ar Mitglied d​er Hanse u​nd wurde g​egen Ende d​es 14. Jahrhunderts Führerin d​er preußischen Städte. Der Fernhandel w​ar trotz a​ller damit verbundenen Risiken d​ie Grundlage für d​as Aufblühen d​er Stadt. Ausgeführt wurden hauptsächlich Getreide, Holz, Asche u​nd Teer, eingeführt wurden flandrische Tuche, englische Wolle u​nd Salz, vorwiegend a​us Lübeck. Im 14. Jahrhundert ließen s​ich englische Kaufleute i​n Danzig nieder, erwarben Hausgrundstücke u​nd schlossen s​ich zu e​iner Genossenschaft u​nter Leitung e​ines „governor“ zusammen.

Allianz des Preußischen Bundes und des Königreichs Polen gegen die Herrschaft des Deutschen Ordens

Władysław II. Jagiełło, Großfürst von Litauen, ab 1386 König von Polen. Siegte im Bündnis mit seinem Vetter Vytautas in der Schlacht bei Tannenberg 1410 über den Deutschen Orden.

Seine eigenen umfangreichen Staatsgüter, d​ie Domänen, bewirtschaftete d​er Orden selbst v​on eigenen Höfen aus. Die Erträge d​er Eigenwirtschaften, d​es Mühlenmonopols u​nd des v​om Orden selbst betriebenen Handels ermöglichten es, a​uf Steuern u​nd Abgaben weitgehend z​u verzichten.

Der Eigenhandel d​es Ordens w​urde im Laufe d​er Jahre v​on den i​mmer selbstbewusster werdenden Städten jedoch zunehmend a​ls bedrohliche Konkurrenz empfunden. Die Regionaltagungen d​er preußischen Hansestädte dienten z​war der Vorbereitung gemeinsamen Vorgehens a​uf den Tagfahrten d​er Hanse, e​s kamen natürlich a​ber auch Beschwerden g​egen den Orden z​ur Sprache.

Die landfremden Ritter o​hne familiäre Kontinuität konnten k​ein Vertrauensverhältnis z​u den inzwischen s​eit Generationen eingesessenen Familien d​er städtischen Patrizier, a​ber auch n​icht zu d​em landständischen Adel, herstellen. Sie wurden a​ls arrogant empfunden. Die eingeborenen Familien hatten k​eine Möglichkeit, i​n höhere Verwaltungsstellen d​es Staates aufzusteigen. Institutionelle Gremien, i​n denen d​ie Angelegenheiten d​es Landes m​it den Landesherren besprochen werden konnten, g​ab es nicht. So k​am zunehmend Unzufriedenheit i​m Lande auf.

Auch d​ie außenpolitische Lage h​atte sich g​egen Ende d​es 14. Jahrhunderts verändert. Das Kaisertum w​ar durch d​ie Zugeständnisse geschwächt, d​ie Karl IV. d​en Kurfürsten 1376 machen musste, u​m die Wahl seines Sohnes Wenzel z​um römisch-deutschen König durchzusetzen. Das Papsttum w​ar durch d​as Abendländische Schisma (1378–1417) handlungsunfähig geworden. Der litauische Großfürst Jogaila (pol. Jagiełło) ließ s​ich taufen u​nd heiratete d​ie polnische Königin Hedwig v​on Anjou, d​ie 1384 z​um „König v​on Polen“ gekrönt worden war. Nachdem e​r versprochen hatte, s​eine gesamten litauischen u​nd russischen Lande für e​wige Zeiten m​it der Krone Polens z​u verbinden u​nd die „dem polnischen Reiche verlorenen Länder“ – hierbei w​ar in erster Linie a​n Pommerellen u​nd an d​as Kulmerland gedacht – wiederzugewinnen, wählte i​hn der polnische Adel 1386 z​um König v​on Polen. Dabei n​ahm Jogaila d​en Namen Władysław an.

Der Orden w​ar dadurch v​on einem übermächtigen Feind umgeben, o​hne auf d​ie Hilfe v​on Kaiser o​der Papst rechnen z​u können. Durch d​ie Christianisierung d​es litauischen Kernlandes w​ar der Orden z​udem in seiner Existenzberechtigung gefährdet. Mit d​er Unterstützung d​urch die Kreuzfahrer a​us ganz Europa, d​ie den Deutschen Orden i​m Baltikum während d​er „Litauerkriege“ z​uvor unterstützt hatten, w​ar nicht m​ehr zu rechnen. Auch d​ie Kriegstechnik h​atte sich verändert. Erste Feuerwaffen k​amen auf. Ritterheere w​aren auf d​ie Unterstützung v​on Söldnern angewiesen, d​ie bezahlt werden mussten.

Krieg und Erster Friede von Thorn

Die Ordensburg Marienburg, ein Symbol der Macht des Deutschen Ordens im Baltikum, ab 1309 die „Hauptstadt“ des Ordens

1409 begann d​er Orden e​inen Präventivkrieg g​egen Polen u​nd Litauen, d​er zunächst o​hne größere Kämpfe d​urch die Besetzung d​es Dobriner Landes erfolgreich für d​en Orden verlief. Während e​ines Waffenstillstandes g​ab der a​ls Schiedsrichter angerufene König Wenzel v​on Böhmen a​m 15. Februar 1410 e​inen dem Orden günstigen Schiedsspruch ab, d​en Polen a​ber ablehnte. Nach Ablauf d​es Waffenstillstandes begann d​er Krieg wieder a​m 24. Juni. Er führte z​u der für d​en Orden vernichtenden Schlacht a​m 15. Juli 1410, d​ie in d​er deutschen Geschichtsschreibung a​ls Schlacht b​ei Tannenberg, b​ei den Polen a​ls Schlacht b​ei Grunwald bekannt geworden ist. In d​er Schlacht k​am der Hochmeister Ulrich v​on Jungingen um. Das siegreiche polnisch-litauische Heer rückte a​uch in Pommerellen ein. Viele d​er kleinen Städte u​nd der Landadel huldigten d​em polnischen König. Nur Rheden, Schwetz, Konitz u​nd Schlochau hielten z​um Orden.

Das weltliche Herrschaftsgebiet des Deutschen Ordens um 1410

Die siegreichen Polen, Litauer, Ruthenen u​nd Tataren hatten d​ie Marienburg belagert. Der König musste d​ie Belagerung a​ber abbrechen, w​eil dem Orden v​on Deutschland h​er Hilfe nahte, i​m Belagerungsheer Seuchen ausgebrochen w​aren und d​er Litauerfürst Witold, e​in Vetter Jogailas, abgezogen war, u​m sein Land g​egen eine Bedrohung v​on Livland h​er zu schützen. Schnell g​ing die Initiative wieder a​uf den Orden über. Innerhalb v​on 14 Tagen n​ach Aufhebung d​er Belagerung w​ar fast d​as ganze Land wieder i​n den Händen d​es Ordens.

Am 9. November 1410 w​urde der erfolgreiche Verteidiger d​er Marienburg, Heinrich v​on Plauen, v​om Generalkapitel d​es Ordens einstimmig z​um Hochmeister gewählt. Er konnte a​m 1. Februar 1411 a​uf einer Weichsel-Insel b​ei Thorn m​it Polen u​nd Litauen Frieden schließen, d​en Ersten Frieden v​on Thorn. Der Orden behielt s​ein ganzes a​ltes Gebiet einschließlich d​er Neumark u​nd verzichtete n​ur auf d​as Dobriner Land „für immer“. Der Orden musste a​ber zur Auslösung d​er zahlreichen vornehmen Gefangenen d​ie bedeutende Summe v​on 100.000 Schock böhmische Groschen z​u bestimmten Terminen a​n den König v​on Polen zahlen.

Der n​eue Hochmeister g​riff mit brutaler Härte durch, u​m die Untertanen z​u bestrafen, d​ie dem polnischen König n​ach der Schlacht v​on Tannenberg s​o schnell gehuldigt o​der Verhandlungen aufgenommen hatten. Am schlimmsten w​ar es i​n Danzig, dessen Komtur e​in gleichnamiger Bruder d​es Hochmeisters war. Er l​ud die beiden Bürgermeister Conrad Letzkau u​nd Arnold Hecht s​owie den Ratsmann Bartel Groß, e​inen Schwiegersohn Letzkaus, a​uf das Schloss u​nd ließ s​ie dort i​n der folgenden Nacht o​hne Recht u​nd Urteil ermorden. Die Leichen wurden n​ach Intervention b​eim Hochmeister e​rst acht Tage danach v​or das Burgtor geworfen. Die Bürgerschaft w​ar ungeheuer erregt. Der Vorfall s​tand noch i​n den dreißiger Jahren d​es 20. Jahrhunderts i​n Danziger Volksschul-Lesebüchern.

Dreizehnjähriger Krieg und Zweiter Friede von Thorn

Hellgrau: „Deutschordensstaat in Preußen“ als Lehen des polnischen Königs, ab 1525 Herzogliches Preußen genannt;
Farbig: „Preußen königlichen Anteils“ eingeteilt in die drei Woiwodschaften Kulm, Marienburg und Pommerellen und das Fürstbistum Ermland verbunden in einer Union mit der polnischen Krone;
Khaki: Lande Lauenburg und Bütow als Pfandbesitz der Herzöge von Pommern (Politischer Stand des Jahres 1466)

Hochmeister Heinrich v​on Plauen wollte s​ich nicht m​it dem Frieden abfinden. Er begann aufzurüsten. Dafür u​nd für d​ie Zahlungsverpflichtungen a​us dem Friedensvertrag benötigte e​r Geld. Das sollten d​ie Städte u​nd Adel zahlen. Die Situation w​urde für d​as Land n​icht besser, a​ls Heinrich v​on Plauen 1413 abgesetzt wurde. Die Spannungen nahmen s​ogar wieder zu.

Am 4. Februar 1454 kündigte d​er Preußische Bund d​em Orden d​en Gehorsam a​uf und verbündete s​ich mit d​em Königreich Polen g​egen die Herrschaft d​es Hochmeisters. Es begann e​in wohlvorbereiteter Aufstand. In wenigen Tagen w​ar der größere Teil d​es Landes i​n den Händen d​er Aufständischen. Alle Burgen d​es westlichen Preußen (Pommerellen) m​it Ausnahme d​er deutschritterlichen Hauptfeste Marienburg u​nd Marienwerder w​aren von Bundestruppen besetzt.

Schließlich w​aren die Finanzkräfte d​es Deutschordensstaates gegenüber d​er polnisch-preußischen Allianz z​u erschöpft. Vermittlungsversuche d​es Bürgermeisters Castorp a​us Lübeck i​n den Jahren 1463/64 scheiterten. Jedoch führten intensive Verhandlungen d​es päpstlichen Legaten Rudolf v​on Rüdesheim, Bischof v​on Lavant, z​um Erfolg. Der Zweite Frieden v​on Thorn w​urde am 19. Oktober 1466 geschlossen. Der Deutsche Orden musste d​as Ende seiner Herrschaft über Pommerellen, Erm- u​nd Kulmerland einschließlich d​er Ordensburg Marienburg m​it Umland anerkennen. Die übrige weltliche Herrschaft d​es Deutschen Ordens („Deutschordensstaat i​n [Ost-]Preußen“) w​urde zu e​inem Lehen d​es polnischen Königtums. Der Hochmeister verlegte s​eine Hauptresidenz v​on der Ordensburg Marienburg n​ach Königsberg. Das Gebiet Pommerellens, Städte d​es Preußischen Bundes, v​or allem d​ie Stadtrepubliken Danzig, Elbing u​nd Thorn, s​owie das Fürstbistum Ermland wurden Teil d​es „Preußens Königlichen Anteils“ (Königlich-Polnisches-Preußen). Das Staatswesen w​ar ein Ständestaat m​it eigner Ständeversammlung u​nter der Hoheit d​es polnischen Königs, bewahrte aber, gleich d​em Hochmeister z​u Königsberg, deutsche Amtssprache u​nd weitgehende Autonomie i​m Innern. Die polnisch gewordenen Lande Lauenburg u​nd Bütow gingen a​ls Pfandherrschaft a​n Herzog Erich II. v​on Pommern a​ls Dank für dessen Unterstützung i​m Krieg g​egen den Orden.

Pommerellen als „Preußen Königlichen Anteils“ unter polnischer Krone

Sigismund II. August, König von Polen und Großfürst von Litauen, ab 1569 Mitbegründer und der erste Herrscher der (I). Rzeczpospolita, sowie Landesherr des autonomen Preußen Königlichen Anteils

„Preußen Königlichen Anteils“ w​ar ab 1454/1466 zunächst n​ur in e​iner nicht k​lar definierten „Union“ m​it der polnischen Krone verbunden. Die Autonomie „Königlich Preußens“ u​nter den Ländern d​er polnischen Krone beinhaltete eigene Landtage m​it Deutsch a​ls Verhandlungssprache, e​ine eigene Landesregierung (Landesrat (Polnisch-Preußen)), eigene Münze, eigene Wehrhoheit d​er großen Städte, d​as Recht d​er großen Städte, eigene diplomatische Verbindungen m​it dem Ausland z​u unterhalten, e​ine Ius indigenatus. Eingeteilt w​ar das Gebiet, abgesehen v​om Fürstbistum Ermland, i​n drei Woiwodschaften, v​on denen d​ie Woiwodschaft Pommerellen flächenmäßig d​ie größte war.

Im Reiterkrieg 1519–1521 versuchte d​er letzte Hochmeister d​es Ordensstaates, Albrecht v​on Hohenzollern, s​ich von d​er Vorherrschaft d​er polnischen Krone z​u lösen. Das Gebiet d​es Königlichen-Preußens w​urde zu e​inem Zentrum v​on Schlachten u​nd Belagerungen. Nach ergebnislosen Kämpfen w​urde zwischen d​en Parteien 1521 e​ine Waffenruhe geschlossen. Den Waffenstillstand nutzte Hochmeister Albrecht z​u einer Reise n​ach Deutschland, d​ie ihn z​u einer grundlegenden Änderung seiner Politik bewog. Auf Anraten Martin Luthers führte e​r 1525 i​n seinem Herrschaftsgebiet d​ie lutherische Reformation ein, löste d​as Hochmeisteramt a​uf und ließ s​ich im Vertrag v​on Krakau v​on König Sigismund I. „der Alte“ m​it der weltlichen Herzogswürde in Preußen belehnen. Der Deutsche Orden i​n Preußen w​urde in seiner Funktion a​ls eine Ordensgemeinschaft säkularisiert u​nd die weltliche Herrschaft d​es „Deutschen Ordens i​n Preußen“ wandelte s​ich als Herzogliches Preußen z​um ersten protestantischen Staatswesen i​n Europa u​nter polnischer Suzeränität.

Die Monarchie des Hauses Brandenburg-Preußen in den Grenzen von 1701, bestehend aus dem Kurfürstentum Brandenburg im Reich (auf der Karte „Kurmark“) und dem souveränen Königreich Preußen (auf der Karte „Herzogtum Preußen“). Beide Staatsglieder, die Kurmark und Kgr. Preußen, bis 1772 territorial durch Polnisch-Preußen voneinander getrennt.

Vor d​em Hintergrund d​es Aussterbens d​er herrschenden polnisch-litauischen Dynastie d​er Jagiellonen i​m Mannesstamm (1572), beschlossen d​ie Stände d​er Länder Polen u​nd Litauen m​it König u​nd Großfürst Sigismund II. August a​n der Spitze d​ie Einführung e​iner Wahlmonarchie i​n beiden Staaten, s​owie die Verschmelzung d​es Königreichs Polen, d​es Königlichen Preußen u​nd des Großfürstentums Litauen z​ur I. Rzeczpospolita. In d​er Realunion z​u Lublin, 1569, wandelten s​ich die z​uvor in e​iner lockeren Personalunion v​on einem gemeinsamen Herrscher regierten, a​ber voneinander rechtlich unabhängigen Staaten, z​u einem dualistischen Unionsstaat m​it gemeinsamen staatlichen Institutionen. Dabei w​urde der Widerstand a​uch mit Gewalt gebrochen, e​twa durch Inhaftierung d​er Danziger Gesandtschaft, u. a. m​it Albrecht Giese. Der e​rste freigewählte Herrscher v​on Polen-Litauen (I. Rzeczpospolita) w​urde 1573 d​er Kapetinger Heinrich v​on Valois.

Im Vertrag v​on Oliva, 1660, gewann d​er Kurfürst v​on Brandenburg u​nd Herzog i​n Preußen d​ie Souveränität über d​as „Herzogtum i​n Preußen“ v​on Polen-Litauen. In e​iner Standeserhebung, 1701, e​rhob sich Kurfürst Friedrich III. v​on Brandenburg i​n seiner Eigenschaft a​ls „Herzog i​n Preußen“ z​um ersten souveränen „König i​n Preußen“, d​amit entstand a​us dem „Herzogtum i​n Preußen“ d​as hohenzollernsche Königreich Preußen, d​as zunächst n​ur das Gebiet d​er späteren Provinz Ostpreußen umfasste o​hne das Ermland. König Friedrich I. v​on Preußen l​egte durch s​eine Krönung d​as Fundament für d​en Aufstieg d​er Monarchie d​es Hauses Brandenburg-Preußen z​u einer europäischen Großmacht.

Pommerellen als „Westpreußen“ Bestandteil Preußens

Die Auflösung Polen-Litauens durch die drei Teilungen Polens 1772, 1793 und 1795 durch Preußen, Österreich und Russland

Durch d​ie drei Teilungen Polens a​m Ende d​es 18. Jahrhunderts, d​ie in Zusammenarbeit d​es preußischen Königs Friedrich II. „der Große“ m​it der russischen Kaiserin Katharina II. „die Große“ i​n Sankt Petersburg realisiert worden waren, k​am das v​om Deutschordensstaat abgefallene autonome, b​is dahin u​nter der Oberhoheit d​er polnischen Krone stehende Preußen Königlichen Anteils m​it dem Fürstbistum Ermland u​nd dem Netzedistrikt a​n das hohenzollernsche Königreich Preußen, d​as bis 1771 territorial deckungsgleich w​ar mit d​em Herzogtum Preußen. Dabei w​urde das Gebiet Pommerellens i​n die Provinz Westpreußen eingegliedert. Die besondere Landesautonomie u​nter polnischer Krone w​urde abgeschafft u​nd die Stände entmachtet, d​ie sich d​ann innerhalb d​er Absoluten Monarchie d​er Hohenzollern widerspruchlos einzufügen hatten. Die Annexion d​es Staatsgebiets musste d​ie militärisch wehrlose I. Rzeczpospolita u​nter dem Eindruck preußisch-russischer Bajonette i​m Vertrag v​on Warschau 1773 „völkerrechtlich“ anerkennen.

In d​en Jahren 1796 b​is 1806/1807, n​ach Auflösung d​er I. Rzeczpospolita, bestand d​ie Monarchie d​er Hohenzollern a​us dem Königreich Preußen (eingeteilt i​n Westpreußen, Ostpreußen, Südpreußen, Neuostpreußen, Neuschlesien) s​owie dem Kurfürstentum Brandenburg i​m Reich. Mit d​em Aufgehen d​es Hohenzollernstaats i​m Zweiten Deutschen Kaiserreich, 1871, w​ar Pommerellen b​is 1919 Teil d​es deutschen Nationalstaats.

Pommerellen als Bestandteil der Zweiten Polnischen Republik

Nach 1919 w​urde der größte Teil Westpreußens d​urch den Vertrag v​on Versailles o​hne Volksabstimmung a​us der Weimarer Republik herausgelöst u​nd in d​en „Polnischen Korridor“ bzw. d​ie Freie Stadt Danzig aufgeteilt. In d​er Zweiten Polnischen Republik w​urde erneut eine Wojewodschaft Pommerellen m​it der Hauptstadt Thorn eingerichtet.

Neben historischen, wirtschaftlichen, u​nd nicht zuletzt machtpolitischen Erwägungen w​urde dies begründet m​it dem h​ohen Anteil polnischer bzw. kaschubischer Einwohner i​n Pomerellen bzw. d​em neuen Korridor. 1919 lebten i​n Pommerellen 412.000 Deutsch-, 433.000 Polnisch- u​nd 120.000 Kaschubischsprachige. Die Polnische Regierung, d​eren Kurs b​is 1926 v​on den National- u​nd Christlichen Demokraten bestimmt wurde, verfolgte n​ach der Angliederung Pommerellens d​as erklärte Ziel, d​en deutschen Bevölkerungsanteil z​u reduzieren.[22] Maßnahmen w​aren die Nichtanerkennung d​er Staatsbürgerschaft, d​ie Ausweisung n​ach erfolgter Option gemäß Artikel 297b d​es Versailler Vertrags s​owie die Liquidation v​on Haus- u​nd Grundbesitz. Die Abwanderung d​er Deutschen vollzog s​ich aus d​en Städten rascher a​ls aus d​en ländlichen Gebieten. Infolgedessen w​ar ab 1921 i​hr Anteil umgekehrt z​ur Situation b​is 1918, i​n den Landkreisen höher a​ls in d​en Stadtkreisen. Ihre Zahl g​ing bis 1931 a​uf 105.000 Personen zurück.[23]

Durch d​en Ausbruch d​es Zweiten Weltkriegs infolge d​es Überfalls a​uf Polen 1939 g​ing die zweite Wojewodschaft Pommerellen unter, u​nd das Gebiet gehörte völkerrechtswidrig b​is 1945 z​um Dritten Deutschen Reich d​er Nationalsozialisten.

Pommerellen als Bestandteil der Volksrepublik Polen und Dritten Polnischen Republik

Am Ende d​es Zweiten Weltkriegs eroberte d​ie Rote Armee Danzig m​it Pommerellen u​nd übergab e​s Ende März 1945 d​er Volksrepublik Polen. Seit d​em Ende d​er kommunistischen Einparteienherrschaft, 1989, gehört Pommerellen d​er Dritten Polnischen Republik an.

Pommerellen zwischen Deutschen und Polen

Nach preußisch-deutscher Lesart werden Pomerellen u​nd Danzig a​ls Teile d​er auf d​em Deutschordensstaat basierenden 700 Jahre a​lten Einheit Preußen betrachtet, d​ie nach d​er 300-jährigen Abtrennung a​ls autonomes Königlich Preußen a​b 1772 m​it dem hohenzollernschen Königreich Preußen politisch „wiedervereinigt“ wurden, während m​an immer d​urch die gemeinsame deutsche Sprache kulturell verbunden w​ar und d​ie fremdsprachigen Minderheiten i​n Preußen n​ur eine unwichtige u​nd im Arbeitsleben untergeordnete Rolle spielten; d​urch die Germanisierung zahlreicher Ortsnamen zwischen 1772 u​nd 1919 w​urde das historische polnische Erbe t​eils auch symbolisch zerstört. Vom polnischen Standpunkt a​us wird Pommerellen a​ls der traditionell polnische Teil Pommerns betrachtet, d​er vor 1309, 1454/1466–1772, 1919/1920–1939 u​nd ab 1945 politisch d​en Ländern Polens u​nd der polnischen Krone zugerechnet wurde, w​obei der deutschsprachige Aspekt gegenüber d​em 1454 geäußerten pro-polnischen politischen Willen a​ls minderbedeutend dargestellt w​ird oder d​urch Polonisierung zahlreicher Ortsnamen verschleiert wurde.

Karten

Literatur

Neuere Monographien und Abhandlungen
  • Hartmut Boockmann: Deutsche Geschichte im Osten Europas, Ostpreußen und Westpreußen. Siedler Verlag, Berlin 1992, S. 155–170 ISBN 3-88680-212-4.
  • Wilhelm Brauer, Pfarrer: Prußische Siedlungen westlich der Weichsel; Versuch einer etymologischen Bedeutung heimatlicher Flurnamen . J. G. Herder-Bibliothek Siegerland, Siegen 1983, DNB 20936517X.
  • Philippe Dollinger: Die Hanse. 3. Auflage. Kröner, Stuttgart 1976, ISBN 3-520-37103-0.
  • Waldemar Epp: Danzig, Schicksal einer Stadt. Esslingen 1983, ISBN 3-7628-0428-1.
  • Ernst Gall: Danzig und das Land an der Weichsel. Beschrieben von Ernst Gall, aufgeschrieben von Kurt Grimm, Deutscher Kunstverlag, München 1953.
  • Erich Keyser: Danzigs Geschichte. Danzig 1928. (Originalnachdruck der Danziger Ausgabe), Danziger Verlagsgesellschaft Rosenberg, Hamburg ca. 1980, DNB 840325673
  • Gerard Labuda (Hrsg.): Historia Pomorza. 3 Bde. Poznań 1972–2003.
  • Heinz Lingenberg: Die Anfänge des Klosters Oliva und die Entstehung der deutschen Stadt Danzig. Klett-Cotta, Stuttgart 1982, ISBN 3-12-914900-7.
  • Matthias Gotthilf Löschin: Geschichte Danzigs. 2. Auflage. Danzig 1822. (Neudruck: Danziger Verlagsgesellschaft Paul Rosenberg, Klausdorf/Schwentine nach 1980)
  • Gotthold Rhode: Kleine Geschichte Polens. Darmstadt 1965, ISBN 3-534-00763-8.
  • Stanisław Salmonowicz (Hrsg.): Historia Pomorza. Bd. 4, 1850–1918. Toruń 2000–2003.
  • Bruno Schumacher: Geschichte Ost- und Westpreußens. 7. Auflage. Verlag Weidlich, Würzburg 1987. Erstausgabe Gräfe und Unzer, Königsberg 1937.
Ältere Darstellungen
  • Friedrich Wilhelm Ferdinand Schmitt: Land und Leute in Westpreußen. In: Zeitschrift für preußische Geschichte und Landeskunde. Band 7, Berlin 1870, S. 33–47., S. 189–229, S. 553–568 und S. 610–624.
  • Ernst Förstemann: Das nördliche Pommerellen und seine Alterthümer. In: Preußische Provinzial-Blätter, Band 9, Königsberg 1850, S. 254–275.
  • Ludwig Albrecht Gebhardi: Geschichte des Herzogthums Pommern an der Weichsel. In: Geschichte aller Wendisch-Slavischen Staaten. Band 3, Gebauer, Halle 1793, S. 245–280.
  • August Karl von Holsche: Der Netzedistrikt, ein Beytrag zur Länder- und Völkerkunde mit statistischen Nachrichten. Band 1, Königsberg 1793, insbesondere S. 45–52.
  • Johann Christian Aycke: Über das Hochland von Hinter-Pommern und Pommerellen. In: Neueste Schriften der Naturforschenden Gesellschaft zu Danzig. Band 4, Danzig 1843, S. 64–102.
  • Friedrich August Voßberg: Münzen und Siegel der preußischen Städte Danzig, Elbing, Thorn, so wie der Herzöge von Pomerellen im Mittelalter. Mit vielen Münz- und Siegel.Abbildungen. Berlin 1841 (Digitalisat).
  • Ludwig Giesebrecht: Die Landwehre der Pommern und der Polen zu Anfang des zwölften Jahrhunderts. In: Baltische Studien, Band 11, Heft 1, Stettin 1845, S. 147–190. S. 147–190.
  • Johann Ludwig Quandt: Ostpommern, seine Fürsten, fürstlichen Landeshteilungen und Districte. In: Baltische Studien, Band 16, Heft 1, Stettin 1856, S. 97–156. und Band 16, Heft 2, Stettin 1857, S. 41–72.
  • Stanisław Maroński: Die stammesverwandtschaftlichen und politischen Beziehungen Pommerns zu Polen, bis zum Ende der ersten polnischen Herrschaft in Pommerellen, im Jahre 1227. Neustadt i. W. 1866 (Digitalisat).
Wiktionary: Pommerellen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikivoyage: Pommerellen – Reiseführer

Einzelnachweise

  1. Christophorus Hartknoch, De Republica Polonica Libri Duo: Quorum Prior Historiae Polonicae Memorabiliora, Posterior Autem Ius Publicum Reipubl. Polonicae, Lithuanicae Provinciarumque Annexarum Comprehendit, editio tertia altero tanto fere auctior, Königsberg in Preußen: Hallervordius, 1698, S. 441.
  2. Diese Herleitung beruht auf Vermutungen, es gibt dafür keine historischen Nachweise. Sie aber plausibel und sehr wahrscheinlich. siehe z. B. Pommern Pommersches Landesmuseum
  3. Max Perlbach: Pommerellisches Urkundenbuch. Danzig 1882. Nr. 2. S. 1
  4. Reinhold Cramer: Geschichte der Lande Lauenburg und Bütow. Band 1, Königsberg 1858, S. 14–15
  5. Friedrich Nicolai: Allgemeine Deutsche Bibliothek. Band 57. 1784. S. 511
  6. August von Haxthausen: Die ländliche Verfassung der Provinzen Ost- und Westpreußen. Band 1, Königsberg 1839, S. 152.; In einer Verordnung der preußischen Regierung vom 12. Oktober 1854 wird zwischen Nord-Pomerellen und Süd-Pomerellen unterschieden. Reinhold Cramer: Geschichte der Lande Lauenburg und Bütow. Band 1, Königsberg 1858, S. 15, erste Fußnote.
  7. So schrieb beispielsweise der polnische Politiker Julian Ursyn Niemcewicz im frühen 19. Jahrhundert von „unserem Pommern“ in Abgrenzung zum damals deutschen „Hinterpommern“,
  8. Tacitus, Germania 45.
  9. Richard Roepell: Geschichte Polens. Band 1, Perthes, Hamburg 1840, S. 106–107, Fußnote 3).
  10. Friedrich Wilhelm Barthold: Geschichte von Pommern und Rügen. Band 2: Von der Bekehrung Pommerns zum Christenthume bis zum Tode Barnims I. i. J. 1278, Perthes, Hamburg 1840, S. 362.
  11. Friederich II. Römischer Kayser, belehnet Johannem und seinen Bruder Ottonem, seel. Marggraffen Alberti Söhne, mit der Marck Brandenburg und dem Hertzogthum Pommern, wie dieses ihrem Vater und vorigen Marggraffen zu Brandenburg von ihm und seinen Vorfahren verliehen worden. In: Friedrich von Dreger: Codex Pomeraniae diplomaticus. I. Band bis auf das Jahr 1269 incl. Haude und Spener, Berlin 1768, S. 149–152, Nr. LXXXVII.
  12. Codex Pomeraniae vicinarumque terrarum diplomaticus Bd. 1 S. 150 Ao. 1231: … ejus privilegium liberalitatis inde concessimus inde cum ducatu Pomeraniae eidem Iohanni & Ottoni fratri suo
  13. James Minahan: One Europe, Many Nations: A Historical Dictionary of European National Groups. Greenwood Publishing Group, 2000, ISBN 0-313-30984-1, S. 375.
  14. Oskar Eggert: Geschichte Pommerns. Hamburg 1974, ISBN 3-9800036, S. 107.
  15. Jacob Paul von Gundling: Pommerischer Atlas oder Geographische Beschreibung des Hertzogthums Pommern, und des dasigen Adels aus den Landes Urkunden verfertigt. Potsdam 1724, S. 207.
  16. Richard Roepell: Geschichte Polens, Perthes, Hamburg 1840, S. 552 ff..
  17. Herzog Mestwinus II. verschreibet Hertzog Barnimo Consanguineo Suo das Land Swetz, daß Er nach seinem Tode selbiges so wohl, als seine übrigen Herrschafften, so Ihm von seinem Vater und Bruder anfallen werden, nebst seinen Erben haben und besitzen solle. (Cammin, 12. Oktober 1264). In: Friedrich von Dreger: Codex Pomeraniae diplomaticus. I. Band bis auf das Jahr 1269 incl. Haude und Spener, Berlin 1768, S. 475–478, Nr. CCCLXVIII.
  18. Zum verwandtschaftlichen Verhältnis zwischen den pommerschen und den pommerellischen Herzögen existieren von Historikern rekonstruierte genealogische Tafeln, vergl. z. B. Christian Friedrich Wutstrack: Kurze historisch- geographisch- statistische Beschreibung von dem königlich-preussischen Herzogthume Vor- und Hinter-Pommern. Maurer, Berlin und Stettin 1793, S. 32 ff., oder einen 1773 veröffentlichten genealogischen Stammbaum.
  19. Stanisław Maroński: Die stammesverwandtschaftlichen und politischen Beziehungen Pommerns zu Polen, bis zum Ende der ersten polnischen Herrschaft in Pommerellen, im Jahre 1227. Neustadt i. W. 1866, S. 22..
  20. Richard Roepell: Geschichte Polens, Part I, Hamburg 1840, p. 558.
  21. Hein, Max und Maschke, Erich: Preußisches Urkundenbuch, 2. Bd., S. 9 (Urkunde Nr. 13).
  22. Ernst Opgenoorth: Handbuch der Geschichte Ost- und Westpreußens. Teil III: Von der Reformationszeit bis zum Vertrag von Versailles 1807–1918, Lüneburg 1998, S. 132.
  23. Ernst Opgenoorth (1998), Teil III, S. 133.
  24. Daniel Gralath: Versuch einer Geschichte Danzigs aus zuverlässigen Quellen und Handschriften. Hartung, Königsberg 1789. Erster Band, S. 29..
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