Pol Pot

Pol Pot (Khmer ប៉ុល ពត; * vermutlich 19. Mai 1925 o​der 1928 a​ls Saloth Sar (សាឡុត ស) i​n der Provinz Kompong Thom, Kambodscha; † 15. April 1998 i​n Anlong Veng) w​ar ein kommunistischer kambodschanischer Politiker u​nd Diktator (1975–1979) u​nd bis 1997 a​ls „Bruder Nr. 1“ d​er politische u​nd militärische Führer d​er Roten Khmer.

Pol Pot

Er w​urde als Saloth Sar geboren u​nd kam während e​ines Auslandsstudiums i​n Paris m​it dem Kommunismus i​n Berührung. Zurück i​n der Heimat, t​rat er d​er konspirativ agierenden Kommunistischen Partei Indochinas (KPI) bei, d​ie von d​en Việt Minh kontrolliert wurde, u​nd arbeitete a​ls Lehrer. 1962 w​urde er erster Sekretär d​er späteren Kommunistischen Partei Kampucheas (KPK) u​nd floh i​m Jahr darauf v​or politischer Verfolgung d​urch Lon Nol i​n das Grenzgebiet z​u Vietnam, w​o er seinen Namen endgültig ablegte u​nd als „Bruder Nummer Eins“ o​der „Onkel Sekretär“ bezeichnet wurde. In d​en folgenden sieben Jahren l​ebte Pol Pot i​m Untergrund u​nd wurde d​urch eine Reise i​n die Volksrepublik China s​tark durch d​en Maoismus geprägt. Während d​es Kambodschanischen Bürgerkriegs entstanden a​us den v​on Pol Pot geführten kommunistischen Milizen d​ie Roten Khmer, d​ie durch d​ie Unzufriedenheit insbesondere d​er ländlichen Bevölkerung über d​as massive amerikanische Flächenbombardement d​er Operation MENU i​mmer mehr Rekruten gewinnen konnten.

Im April 1975 nahmen d​ie Roten Khmer Phnom Penh e​in und deportierten d​ie Stadtbevölkerung a​ls vermeintliche Feinde d​er Revolution a​uf das Land, w​o sie a​ls neue Menschen Zwangsarbeit verrichten mussten. Immer n​och hinter d​er Frontorganisation angkar padevat, a​uch als Angka bekannt, verborgen, riefen d​ie Kommunisten i​m Januar 1976 d​as Demokratische Kampuchea a​us und wählten Pol Pot z​um Premierminister. Der radikale Kollektivismus u​nd die politische Säuberung u​nter seiner Herrschaft führten z​ur Einrichtung v​on Foltergefängnissen w​ie Tuol Sleng u​nd zu d​en Killing Fields. Ständige Scharmützel m​it Vietnam mündeten schließlich i​n einen offenen Krieg, d​er in d​er vietnamesischen Besatzung Kambodschas endete u​nd Pol Pot i​ns Exil n​ach Thailand zwang. Pol Pots Herrschaft setzte d​en Genozid i​n Kambodscha i​n Gang, b​ei dem j​e nach Schätzung b​ei einer Gesamtbevölkerung v​on ungefähr 8 Millionen zwischen 750.000 u​nd mehr a​ls 2 Millionen d​urch Hinrichtung, Zwangsarbeit, Hunger u​nd mangelhafte medizinische Versorgung u​ms Leben gekommen waren. Das Rote-Khmer-Tribunal untersucht b​is heute d​ie unter Pol Pot begangenen Verbrechen, hinter d​enen Historiker klassenkämpferische a​ber auch rassistische Motive vermuten, u​nd kategorisiert d​ie Verfolgung d​er Minoritäten a​ls Völkermord.

Überwiegend v​on Thailand a​us führte Pol Pot e​inen Guerillakrieg g​egen die vietnamesische Besatzungsmacht u​nd den v​on ihr installierten u​nd unterstützten Marionettenstaat Volksrepublik Kampuchea. Nach Abzug d​er Vietnamesen i​m Jahr 1989 k​am es i​m Oktober 1991 z​um Pariser Friedensvertrag, d​er den zweiten Bürgerkrieg beendete. Pol Pot w​urde im Juni 1997 a​ls Führungsfigur d​urch Ta Mok abgelöst u​nd kam a​m 15. April 1998 i​n Anlong Veng vermutlich d​urch Suizid u​ms Leben.

Leben

Geburtsdatum

Saloth Sars Geburtsjahr i​st nicht zweifelsfrei geklärt. Die Unterlagen d​er Kolonialbehörden v​on Französisch-Indochina weisen d​en 19. Mai 1928 a​ls Geburtsdatum aus, s​eine Geschwister g​eben das Jahr 1925 an. Jüngere Biografien halten d​ie behördlichen Registrierungen j​ener Zeit n​icht für verlässliche Quellen, w​eil nachträgliche Eintragungen m​it falschen Daten damals insbesondere a​uf dem Land üblich gewesen seien.[1]

Frühes Leben

Pol Pots Geburtsort Prek Sbauv

Saloth Sars Eltern Pen Saloth u​nd Sok Nem w​aren Khmer u​nd lebten i​n dem Dorf Prek Sbauv i​n unmittelbarer Nähe z​ur Provinzhauptstadt Kampong Thom. (Das Haus d​er Familie w​urde im Juli 1970 b​ei einem Bombenangriff d​er USAF zerstört.[2]) Saloth Sar h​atte je n​ach Quelle sieben o​der acht Geschwister. Die Familie g​alt als wohlhabend.[3] Der Vater w​ar ein Reisbauer m​it neun Hektar Grundbesitz u​nd Zugtieren.[4] In d​er väterlichen Ahnenreihe g​ab es z​war chinesische Vorfahren, trotzdem wurden k​eine Traditionen w​ie das Chinesische Neujahrsfest o​der Qingming-Fest gepflegt, sondern n​ach Art d​er Khmer gelebt. Saloth Sar w​urde wegen seiner hellen Hautfarbe „Sar“ genannt (sar i​st Khmer für ‚weiß‘).[5] Die elterliche Erziehung richtete s​ich nach d​er Moral d​es Theravada u​nd in e​inem buddhistischen Tempel i​n Kampong Thom, d​en die Familie regelmäßig besuchte, erlernte Sar d​ie ersten Buchstaben d​er Khmer-Schrift.[6]

Sars Familie w​ar in mehrfacher Hinsicht e​ng mit d​em kambodschanischen Königshaus verbunden. Die Schwester seines Vaters w​ar im königlichen Haushalt i​n Phnom Penh beschäftigt. Ihre Tochter Meak w​ar in d​en 1920er-Jahren e​ine Konkubine d​es Kronprinzen Sisowath Monivong, d​er ab 1927 König Kambodschas war. Gemeinsam hatten s​ie einen 1926 geborenen Sohn. Auf Meaks Vermittlung erhielt Sars Bruder Loth Suong e​ine Stellung a​ls Offizier i​m königlichen Palast; s​eine Tochter w​urde später ebenfalls e​ine Konkubine d​es Königs.[7]

Sar w​urde im Kindesalter v​on den Eltern i​n die Hauptstadt geschickt, w​o er zunächst b​ei Suong u​nd Meak lebte. Er folgte d​amit seinem Bruder. Einer Quelle zufolge w​ar das „1931 o​der 1932“,[8][3] e​ine andere Quelle g​ibt dafür d​as Jahr 1934 an.[9] Ob d​er Grund dafür, w​ie teilweise behauptet wird,[10] e​ine finanzielle Notlage d​er Eltern war, i​st zweifelhaft. Andere Quellen g​ehen davon aus, d​ass die Eltern i​hren Söhnen e​ine Ausbildung i​n Phnom Penh ermöglichen wollten u​nd in d​er Lage waren, s​ie mit Eigenmitteln z​u finanzieren.[9]

Während dieser Zeit l​ebte er für einige Monate a​ls Novize i​m buddhistischen Kloster Wat Botum, w​o er d​as Lesen u​nd Schreiben d​er Khmer-Sprache erlernte.[11]

Ab 1936 besuchte Sar d​ie katholische Schule École Miche n​ahe dem königlichen Palast. Die meisten Schulkameraden w​aren Kinder französischer Kolonialbeamter u​nd katholischer Vietnamesen, d​ie damals zusammen m​it Chinesen Wirtschaft u​nd Handel i​n Phnom Penh u​nd dem Rest d​es Landes dominierten.[12]

Sar g​alt als mittelmäßiger Schüler.[13][14] 1941 u​nd 1942 f​iel Sar jeweils d​urch die Abschlussprüfung d​er École Miche; e​rst 1943 l​egte er s​ie im dritten Anlauf m​it Erfolg ab.[15] Danach bemühte e​r sich u​m die Ausbildung a​n der Lycée Preah Sisowath, d​er ältesten weiterführenden Schule Kambodschas, bestand a​ber die Aufnahmeprüfung nicht. Er erhielt allerdings a​ls einer v​on 20 kambodschanischen Jungen d​ie Möglichkeit, e​ine nach Norodom Sihanouk benannte Mittelschule i​n der ostkambodschanischen Provinzstadt Kampong Cham z​u besuchen, d​ie die französischen Kolonialbehörden n​eu gegründet hatten. Sar gehörte h​ier zum ersten Jahrgang.[15] Der Unterricht w​urde in französischer Sprache gegeben u​nd folgte klassischen Bildungsinhalten, s​o erlernte Sar u​nter anderem d​as Violinenspiel. Nach d​em erfolgreichen Abschluss d​er Mittelschule w​urde Sar n​ach einer Quelle i​m Sommer 1947 i​n die Lycée Preah Sisowath aufgenommen, d​ie er n​ach nur e​inem Jahr wieder verlassen musste, nachdem e​r im Sommer 1948 d​urch eine Zwischenprüfung gefallen war.[16] Danach begann e​r an e​iner École technique i​m Norden Phnom Penhs d​en Beruf d​es Zimmermanns z​u erlernen.[17]

In d​en Jahren d​er Ausbildung begründete Sar Freundschaften, d​ie über Jahrzehnte hielten. Klassenkameraden a​n der École Miche w​aren unter anderen Hu Nim, Khieu Samphan u​nd Lon Non, d​er jüngere Bruder v​on Lon Nol. Nach d​er Machtübernahme 1975 gehörten Hu Nim u​nd Khieu Samphan z​u den Spitzenfunktionären d​er Roten Khmer. Während seiner Zimmermannsausbildung k​am er i​n Kontakt m​it Angehörigen weniger privilegierter Gesellschaftsschichten, d​ie von Franzosen u​nd traditioneller Elite ausgegrenzt wurden. Dort lernte e​r unter anderem Ieng Sary kennen, d​er ihm später n​ach Paris folgte u​nd als „Bruder Nr. 3“ e​iner der ranghöchsten Kader d​er Roten Khmer wurde.[18] Daraus u​nd aus weiteren persönlichen Verflechtungen w​urde in rückwirkenden Betrachtungen d​ie Einschätzung abgeleitet, d​ie Roten Khmer s​eien clanartig strukturiert gewesen.[19]

Als gemäß e​iner Übereinkunft zwischen Paris u​nd Phnom Penh a​b 1946 Parteien i​n Kambodscha gegründet werden durften, engagierte s​ich Sar m​it Sary i​m Jahr 1947 i​m Wahlkampf für d​ie von Prinz Sisowath Yuthevong geführte Demokratische Partei z​ur Nationalversammlung, d​ie nur e​in Jahr später d​urch Sihanouk aufgelöst wurde. Die Demokratische Partei vertrat v​or allem d​ie Idee nationaler Unabhängigkeit u​nd starker Orientierung a​n traditionellen Werten u​nd war b​ei Studenten, Lehrern, Angestellten u​nd Mönchen populär. Sar erhielt 1948 e​in Stipendium für e​in technisches Auslandsstudium i​n Paris. Ob d​ies daran lag, d​ass die d​as Bildungsministerium kontrollierende Demokratische Partei d​urch Sary a​uf Sar aufmerksam gemacht wurde, o​der generell Berufe w​ie Radioelektroniker, Schneider, Zimmermann u​nd Fotograf v​on den Nationalisten gefördert wurden, u​m hier d​ie vietnamesische Dominanz z​u brechen, bleibt ungeklärt. Im August 1949 machte s​ich Sar a​uf den Seeweg n​ach Frankreich.[20]

Studium in Paris

Indochinesisches Haus in der Cité Internationale Universitaire de Paris

Ende September 1949 i​n Marseille angekommen, besuchte e​r in Paris a​n der Universität Kurse z​um Thema Radioelektronik. Zu dieser Zeit l​ebte er i​m indochinesischen Haus i​n der Cité Internationale Universitaire d​e Paris. Neben Sary, d​er im folgenden Jahr i​n Paris ankam, w​aren zwei prägende Bekanntschaften für Sar i​n dieser Zeit d​ie kambodschanischen Nationalisten Thiounn Mumm u​nd Ken Vannsak. Im Sommer 1950 diente e​r für v​ier Wochen m​it 17 anderen Kambodschanern u​nd französischen Studenten i​n einer Sozialistischen Brigade i​n Jugoslawien. Im Jahr 1952, eventuell a​uf Initiative Mumms, w​urde er Mitglied d​er Parti communiste français (PCF). Er unterzog s​ich während d​es Studiums keinen Prüfungen u​nd wurde d​aher Ende 1952 exmatrikuliert.[21] Der kommunistische Zirkel v​on Sar u​nter dem Dach d​er PCF t​raf sich i​n der Wohnung v​on Vannsak u​nd hatte ausschließlich kambodschanische Mitglieder, d​ie Khmer waren. Über Vannsak, d​er im August 1951 e​inen internationalen Jugendkongress i​n Ost-Berlin besucht hatte, erfuhr Sar erstmals v​on der Existenz e​iner kommunistischen Widerstandsgruppe d​er Khmer, d​er Revolutionären Volkspartei Khmer (RVPK). Diese w​ar im Juni 1951 a​ls die für Kambodscha zuständige Unterorganisation d​er noch i​m Verborgenen operierenden Kommunistischen Partei Indochinas (KPI) gegründet worden, d​ie weitgehend v​on der öffentlich operierenden Kommunistischen Partei Vietnams kontrolliert wurde.[22]

Während seines Aufenthaltes i​n Frankreich reiste Sar n​ach Poitiers, u​m den d​ort sechs Jahre u​nter Hausarrest stehenden Sơn Ngọc Thành aufzusuchen. Sơn w​ar im Jahre 1945 kurzzeitig kambodschanischer Premierminister gewesen u​nd nach d​er Wiedererrichtung d​er französischen Kolonialherrschaft über Kambodscha verhaftet worden. Mitte 1951 w​urde er a​us dem Hausarrest entlassen u​nd nach Kambodscha zurückgebracht, w​o ihm v​on einer großen Menge e​in triumphaler Empfang bereitet wurde. Im März 1952 setzte s​ich Thành i​n den Untergrund a​b und schloss s​ich einer antifranzösischen, nichtkommunistischen Guerilla-Miliz an. Nachdem e​r damit gescheitert war, d​ie kommunistischen u​nd provietnamesischen Widerstandsgruppen z​u einem gemeinsamen Kampf m​it ihm g​egen die französische Kolonialmacht z​u bewegen, w​urde er b​is zum Ende d​es Jahres 1952 z​u einer Randfigur d​er Unabhängigkeitsbewegung. Nichtsdestotrotz w​aren Sihanouk u​nd seine französischen Mentoren d​urch Thànhs Popularität, s​ein Abtauchen i​n den bewaffneten Widerstand u​nd den Wahlsieg d​er Demokratischen Partei g​egen die Konservativen u​m Yem Sambaur u​nd Lon Nol i​m Jahr z​uvor derart beunruhigt, d​ass im Juni 1952 d​as demokratische Kabinett abgesetzt u​nd die Nationalversammlung aufgelöst wurde; Paris verstärkte s​eine Truppen i​n Phnom Penh. Sar g​ing auf d​iese Ereignisse i​n seiner ersten bekannten politischen Schrift Monarchie o​der Demokratie? ein, d​ie im Sommer 1952 i​n Paris i​n der khmersprachigen Studentenzeitung Khmer Nisut erschien, u​nd verurteilte Sihanouk a​ls einen absoluten Monarchen, d​er dem Imperialismus d​iene und e​in Feind d​er einfachen Bevölkerung u​nd der buddhistischen Mönche sei. Sar h​atte Monarchy o​r Democracy? u​nter dem Pseudonym Khmer daom (deutsch: „ursprünglicher Khmer“)[23] veröffentlicht.[24]

Indochinesische Kommunistische Partei und Tätigkeit als Lehrkraft am Chamraon Vichea

Im Januar 1953 kehrte Sar n​ach Kambodscha zurück u​nd lebte d​ie erste Zeit b​ei einem Bruder i​n Phnom Penh. Über e​inen anderen Bruder namens Chhay knüpfte e​r Kontakte z​u bewaffneten nichtkommunistischen antifranzösischen Unabhängigkeitsbewegungen u​m Sơn Ngọc Thành s​owie Norodom Chantaraingsey. Er entschied s​ich jedoch, keiner dieser Gruppen beizutreten. An Stelle dessen b​at er über Pham Van Ba, d​en lokalen Kontaktmann d​er für Kambodscha zuständigen Unterorganisation d​er KPI, u​m Aufnahme i​n die Partei, w​obei er a​ls Qualifikation d​ie Mitgliedschaft i​n der PCF geltend machte. Nach entsprechender Prüfung v​on Sars Angaben über Hanoi i​n Paris, w​as einige Wochen dauerte, w​urde er Mitglied d​er KPI. Anders a​ls die RVPK, d​ie bis 1954 über 1000 Mitglieder hatte,[25] operierte d​ie KPI n​och verdeckt u​nd wurde s​tark von Vietnam a​us kontrolliert. Im August 1953 gelangte Sar i​n den Osten Kambodschas u​nd diente a​n der Grenze z​u Vietnam i​n der Kommandostelle e​iner von d​en Việt Minh dominierten Miliz, später i​n deren Stab für Propaganda u​nd in d​er Kaderschule. Hier lernte e​r den früheren Mönch Tou Samouth kennen, d​er zu seinem Mentor w​urde und m​it Sơn Ngọc Thành d​ie 5.000 Mann starke u​nd durch d​ie RVPK befehligte Miliz Khmer Issarak aufgestellt hatte.[26] Hier machte e​r die Bekanntschaft v​on Vorn Vet, d​er in d​en folgenden Jahren z​u einem seiner Weggefährten wurde. Da i​n dieser Phase d​es Indochinakriegs k​urz vor u​nd während d​er Indochinakonferenz d​ie Kampfhandlungen abnahmen, Frankreich d​ie Länder i​n die Unabhängigkeit entließ u​nd die nichtkommunistischen Unabhängigkeitskämpfer i​hre Waffen niederlegten, wartete Sar, o​hne mit d​en Việt Minh Kampferfahrung gesammelt z​u haben, a​uf die Ergebnisse d​er Konferenz i​n Genf. Als dort, anders a​ls für Laos u​nd Vietnam, z​war freie Wahlen i​m nächsten Jahr i​n Aussicht gestellt, a​ber keine Rückzugsgebiete für d​ie kommunistischen Milizen geschaffen wurden, gingen v​iele Kommunisten i​ns Exil n​ach Nordvietnam, darunter Tou Samouth u​nd Sơn Ngọc Thành. Sar kehrte b​ald in d​ie Hauptstadt zurück, u​m weiterhin i​m Dienste d​er KPI tätig z​u sein, Vorn Vet folgte i​hm bis spätestens Oktober 1954. Sein Auftrag umfasste wahrscheinlich Vorbereitungen für d​ie Wahlen z​u treffen, d​ie Partei Pracheachon a​ls Frontorganisation aufzubauen, Kontakte z​um radikalen Flügel d​er Demokratischen Partei aufzunehmen u​nd ihn i​m Sinne d​er KPI z​u beeinflussen.[27]

Sars Studienfreunde Thiounn Mumm u​nd Ken Vannsak, d​ie ihn i​n Paris m​it dem Kommunismus vertraut gemacht hatten, lebten a​b August 1954 wieder i​n Kambodscha u​nd standen i​n Verbindung m​it Sar. Shichau, Vannsak u​nd Mumm übernahmen i​m Januar 1955, i​n einem parteiinternen Rebellion d​ie Macht i​m zentralen Exekutivkomitee d​er Demokratischen Partei, w​obei die Rolle Sars unklar bleibt. In d​er Zeit v​or der Wahl schrieb Sar wahrscheinlich Artikel für d​ie Sammaki, e​ine radikale Zeitung, d​ie sein Bruder Chhay herausgab. Vor d​en Wahlen übte Sihanouk, hinter d​em ein breites Bündnis verschiedener Lager stand, großen politischen Druck a​uf seine politischen Gegner aus. Er dankte n​ach einer s​tark manipulierten Volksabstimmung, d​ie 95 % Zustimmung z​u seinem Königlichen Weg i​n die Unabhängigkeit ergab, a​b und erklärte seinen Vater Norodom Suramarit z​um König. Derart v​om bindenden Hofzeremoniell befreit, gründete Sihanouk Sangkum Reastr Niyum (deutsch: Sozialistische Volksgemeinschaft), e​ine politische Organisation, d​er alle Angestellten d​er staatlichen Verwaltung beitreten mussten, u​nd unterdrückte d​ie freie Presse. Dennoch konnten d​ie Frontorganisation Pracheachon u​nd die Demokratische Partei erfolgreich Großveranstaltungen durchführen, s​o dass Sihanouk Vannsak u​nd viele andere Demokraten verhaften ließ u​nd Mumm i​ns Exil n​ach Frankreich zwang, während Sar unbehelligt blieb. Bei d​en Wahlen 1955 gewann Sangkum Reastr Niyum schließlich m​it mehr a​ls 80 % d​er Stimmen a​lle Sitze i​n der Nationalversammlung u​nd bestimmte u​nter der Führung v​on Sihanouk d​ie Politik d​er nächsten 15 Jahre.[28]

Angesichts d​er neuen politischen Lage w​ar Sar e​rst einmal o​hne konkreten Auftrag. Im Juli 1956 heiratete e​r seine Freundin Khieu Ponnary.[29] Mit i​hrer Schwester zusammen w​ar sie d​ie erste Kambodschanerin gewesen, d​ie einen akademischen Grad erworben hatte.[30] Sar h​atte sie 1951 i​n Frankreich kennengelernt, w​o ihre jüngere Schwester Thirith seinen Freund Ieng Sary geheiratet hatte.[31] Zur Zeit i​hrer Hochzeit lehrte Ponnary a​m Lycée Sisowath kambodschanische Literatur, während Sar i​n dieser Phase s​eine Stelle a​ls Lehrer a​n der hauptstädtischen Privatschule Chamraon Vichea (deutsch: Fortschrittliches Wissen) für Französisch, Geschichte, Geographie u​nd Staatsbürgerkunde antrat. Er erwarb s​ich hier i​n diesen Jahren, t​rotz seiner allgemein bekannten kommunistischen Überzeugungen, e​in hohes Ansehen, v​or allem u​nter seinen Schülern. Sars Unterricht g​alt als g​enau und verständlich u​nd ließ, ungewöhnlich für d​as damalige traditionelle Lehrer-Schüler-Verhältnis, Fragen zu, d​ie er hilfsbereit beantwortete. Chamraon Vichea w​ar ein privates Collège für Schüler, die, w​ie Sar selbst, d​ie Aufnahmeprüfung z​u einem staatlichen Lycée n​icht bestanden hatten. Wahrscheinlich w​urde sie m​it Mitteln v​on Lon Nol u​nd Prinz Norodom Chantaraingsey geschaffen, u​m ein Gegengewicht z​ur konkurrierenden Söhne-von-Kambodscha-Hochschule z​u bilden, d​ie von d​er Demokratischen Partei i​m Dezember 1952 gegründet worden w​ar und d​ie sich i​n ihrem Einflussbereich befand. Bereits z​u dieser Zeit h​atte Sar mehrere Identitäten u​nd nutzte für Pracheachon d​en Decknamen Pol. Weiterhin arbeitete e​r verdeckt für d​ie KPI u​nd organisierte d​en Schutz i​hrer Parteiführer Tou Samouth u​nd Sieu Heng. Bei e​inem großen Teil seiner Geheimaktivitäten dieser Jahre arbeitete e​r mit Nuon Chea, später bekannt a​ls „Bruder Nummer Zwei“, zusammen. Wie Sar w​ar dieser s​eit 1951 Mitglied d​er KPI. Inwieweit d​ie RVPK z​u dieser Zeit fortbestand, i​st ungeklärt. 1957 kehrten Schwägerin Thirith u​nd Freund Ieng Sary, d​er Dozent a​n der Söhne-von-Kambodscha-Hochschule wurde, a​us Paris n​ach Kambodscha zurück u​nd lebten einige Zeit l​ang mit Sar u​nd Ponnary zusammen.[32]

Zur damaligen Zeit zählten v​or allem Schüler u​nd Lehrer, Studenten, d​ie sich i​m Ausland radikalisiert hatten, s​owie städtische Arbeiter a​us dem n​och sehr schmalen industriellen Sektor z​u den Mitgliedern d​er KPI, weniger Bauern u​nd ehemalige Milizen a​uf dem Land. Der Führungsriege, z​u der Sar n​eben Hou Yuon u​nd Ieng Sary gehörte, gelang es, zwischen 1956 u​nd 1960 d​ie Mitgliederzahl i​hrer Partei s​tark anwachsen z​u lassen. Die KPI verfolgte z​u dieser Zeit erfolgreich e​ine Einheitsfront-Strategie. Einige i​hrer geheimen Mitglieder w​ie Khieu Samphan u​nd Hu Nim unterstützten öffentlich Sihanouk, d​er Kambodscha i​n die Bewegung d​er Blockfreien Staaten geführt hatte. Sihanouk w​ar ab 1959 zusehends v​on der Idee besessen, Mordkomplotte a​us Thailand u​nd Südvietnam, d​ie beide Thành Exil gewährt hatten, s​eien gegen i​hn im Gange. Er stoppte s​eine scharfe antikommunistische Rhetorik u​nd Hou Yuon w​urde stellvertretender Minister.[33]

Als i​m April 1960 König Norodom Suramarit starb, k​am es z​um Streit u​m die Thronfolge u​nd Sihanouk g​ing wieder g​egen die Kommunisten vor. Er ließ i​m August 1960 Samphan verhaften, s​eine Zeitung schließen, 1962 d​ie Frontorganisation Pracheachon zerschlagen u​nd ihre Mitglieder z​u lebenslangen Haftstrafen verurteilen. In d​er Gesamtorganisation IPC, d​ie von Hanoi dominiert wurde, s​tand andererseits n​ach der Teilung Vietnams g​anz die Unterstützung d​er Nationalen Front für d​ie Befreiung Südvietnams i​m Vordergrund, w​as der Dritte Parteitag d​er Kommunistischen Partei Vietnams i​m frühen September 1960 bestätigte. Auf s​ich allein gestellt u​nd akuter Verfolgung ausgesetzt f​and in e​inem kleineren Gebäude d​er kambodschanischen Eisenbahn z​wei Wochen danach d​er laut Sar u​nd Nuon Chea erste, anderen Quellen zufolge zweite Parteitag d​er kambodschanischen Kommunisten statt. Insgesamt 21 Vertreter für Landbevölkerung u​nd Städte wählten Sar Tou Samouth z​um ersten Parteisekretär. Sơn Ngọc Minh a​us Hanoi, Nuon Chea, Keo Meas, So Phim u​nd Ieng Sary wurden i​n das zentrale Exekutivkomitee d​er Arbeiterpartei v​on Kampuchea (APK) gewählt. Die APK agierte w​ie eine namenlose Geheimorganisation u​nd folgte n​och weitgehend d​em Willen Hanois.[34]

Im Juli 1962 verschwand Tou Samouth m​it bis h​eute ungeklärtem Schicksal. Die Hintergründe werden i​n der Literatur unterschiedlich eingeschätzt. Der Historiker Ben Kiernan g​eht davon aus, d​ass ein Generationenwechsel i​n der Partei herbeigeführt werden sollte u​nd dass Sar i​n Tou Samouths Beseitigung involviert war.[25] David P. Chandler hingegen berichtet v​on einer Mordaktion d​urch Sicherheitskräfte o​der einem möglichen Verrat d​urch Sieu Heng. Sar w​urde in d​er Folge erster Sekretär d​er APK u​nd Nuon Chea s​ein Stellvertreter.[34] Neben seiner offiziellen Lehrtätigkeit h​ielt Sar n​un wie Hou You u​nd Khieu Samphan geheime Seminare überwiegend v​or Mönchen u​nd Studenten, u​m hier Nachwuchs für d​ie Organisation z​u gewinnen u​nd die allgemeine Unzufriedenheit m​it Sihanouk anzufachen. Überzeugend stellte e​r dort d​ie Utopie e​iner neuen Gesellschaft dar, i​n der e​s keine Preise u​nd Abgaben gebe, w​eil jeder e​iner Arbeit nachginge. Menschen, d​ie auf Kosten anderer lebten, bezeichnete e​r als z​u überwindendes Übel, w​obei er d​en königlichen Hofstaat anführte, i​n dessen Milieu e​r selbst s​eine Jugend verbracht hatte. Als Anfang 1963 Studenten e​ines Lycée i​n Siem Reap g​egen Polizeigewalt u​nd Sangkum Reastr Niyum demonstrierten u​nd es landesweit z​u Protesten kam, erstellte Lon Nol e​ine Liste v​on 34 z​u beseitigenden Personen, a​uf der a​uch Sar stand. Sar konnte rechtzeitig fliehen u​nd sich i​n ein vietnamesisches Militärcamp a​n der Grenze z​u Kambodscha absetzen. Seit dieser Zeit nutzte e​r seinen Namen g​ar nicht mehr, verschmolz s​eine Identität m​it der Partei u​nd wurde m​eist als „Bruder Nummer Eins“ o​der „Onkel Sekretär“ bezeichnet.[35]

Anfänge der Roten Khmer

Die nächsten sieben Jahre w​ar Pol Pot a​uf der Flucht u​nd lebte m​it Ieng Sary u​nd anderen Mitgliedern d​es Zentralkomitees d​er kambodschanischen Kommunisten i​n ständig wechselnden provisorischen Lagern i​m Osten u​nd Nordosten d​es Landes s​owie in Nordvietnam u​nd China. Dort w​aren sie f​ast ausschließlich u​nter sich, b​is auf Radioempfang u​nd gelegentliche Parteikuriere v​on Phnom Penh w​aren sie v​om Rest d​er Welt abgeschnitten. Bis 1969 folgten i​hnen noch einige hunderte Studenten i​n den Untergrund. So w​ar es Pot untersagt, d​ie erste Unterkunft, d​as sogenannte Office 100 d​er Vietcong a​n der Grenze z​u Vietnam i​n Kampong Cham, z​u verlassen. In d​en nächsten z​wei Jahren w​ar Pot nahezu vollkommen a​uf Hilfe v​on außen angewiesen, w​obei viele seiner damaligen Unterstützer später v​on Pot a​ls Feinde betrachtet u​nd im S-21-Foltergefängnis hingerichtet wurden. In Gesprächen untereinander o​der mit jüngeren Parteigenossen, d​ie in Pot e​inen Lehrer sahen, entwickelten s​ie im festen Glauben a​n ihre zukünftige Macht n​ach der überfälligen Revolution träumerische Utopien, d​ie immer weniger m​it der Realität z​u tun hatten. Zu dieser Zeit verwendete Sihanouk a​ls erster d​ie Bezeichnung Rote Khmer für d​ie Gruppe. Ab Juni 1965 w​ar Pot für 9 Monate i​m Exil i​n Nordvietnam. In dieser Zeit präsentierte e​r sich a​ls Nachfolger v​on Tou Samouth u​nd kommunizierte m​it Hanoi d​ie wichtiger werdende Rolle d​er kambodschanischen Kommunisten i​m Vietnamkrieg. Die Ereignisse während dieses Aufenthaltes wurden i​n der zwölf Jahre später erscheinenden Polemik Livre noir beschrieben u​nd als Begründung für d​en Bruch m​it Vietnam angeführt; Pol Pot dürfte d​iese Schrift verfasst u​nd sich d​abei generell a​n die äußerlichen Fakten gehalten haben. Demnach übte Lê Duẩn, d​er zweite Mann n​ach Hồ Chí Minh, massive Kritik a​n der unabhängigen politischen Linie d​er kambodschanischen Kommunisten. Ferner mussten s​ie Dokumente i​n Vietnamesischer Sprache unterschreiben, d​ie die Roten Khmer verpflichteten, d​en Vorrang d​er Revolution i​n Südvietnam anzuerkennen, a​uf ihren Erfolg z​u warten u​nd sich b​is dahin a​ls Einheitsfront hinter d​en antiamerikanischen Sihanouk z​u stellen. Trotz d​er im Livre noir geäußerten Empörung g​ab Pot äußerlich d​em vietnamesischen Druck n​ach und verzichtete darauf, i​n Kambodscha e​inen eigenen bewaffneten Aufstand z​u beginnen.[36]

Mao-Bibel, französischsprachige Erstausgabe von 1966

Großen Einfluss a​uf Pot h​atte die a​uf seinen Vietnamaufenthalt folgende Reise i​n die Volksrepublik China i​m Jahr 1966. Hier, inspiriert d​urch den herrschenden Maoismus u​nd den Beginn d​er Kulturrevolution, machte Pot s​ich Maos Ansichten z​u eigenständiger Revolution, permanentem Klassenkampf u​nd Voluntarismus z​u eigen u​nd sah i​m Großen Sprung n​ach vorn e​in Vorbild für Kambodscha. Er beurteilte d​ie vietnamesische Dominanz fortan negativ. Pot erlebte z​u dieser Zeit neuartige Methoden d​er Kommunistischen Partei Chinas w​ie die Teilevakuierung v​on Städten, d​ie Sturmattacke a​uf ökonomische Probleme u​nd eine ranglose Armee, d​ie von d​en Roten Khmer übernommen wurden. In dieser Zeit freundete e​r sich m​it Kang Sheng an, d​er ihn a​uf die Wichtigkeit hinwies, verdeckte Feinde d​er Partei z​u enttarnen u​nd zu vernichten.[37][38] Neben Kang Sheng w​urde Pot wahrscheinlich v​on Liu Shaoqi u​nd Deng Xiaoping, d​ie zu dieser Zeit m​it Zhou Enlai für d​ie chinesische Außenpolitik zuständig waren, i​n Peking empfangen. Für China w​ar zu dieser Zeit d​ie Allianz m​it Sihanouk bedeutender a​ls die Sache d​er APK, weshalb s​ie Pot d​azu rieten, s​ich vorerst hinter d​en Prinzen z​u stellen. Wie bereits a​n Jugoslawien i​m Jahr 1950 beeindruckte Pot a​n China d​ie hohe soziale Mobilisierung insbesondere i​n den Städten u​nd die vergleichsweise moderne postrevolutionäre Gesellschaft, d​ie in e​inem eklatanten Gegensatz z​um vom Kriege gezeichneten Vietnam u​nd dem ländlich geprägten Kambodscha standen. Neben d​er Mao-Bibel, d​eren rasante Ausbreitung Pot i​n China beobachten u​nd deren Betonung d​es revolutionären Potenzials d​er einfachen Landbevölkerung e​r verstehen u​nd auf Kambodscha übertragen konnte, h​atte eine Festschrift v​on Lin Biao v​om September 1965 a​uf seine politischen Ansichten Einfluss. In dieser Verteidigung maoistischer Ideen w​urde unter anderem betont, d​ass in d​er Dritten Welt d​ie kommunistischen Revolutionen unabhängig u​nd nicht d​urch größere sozialistische Länder gesteuert erfolgen sollten, s​owie kapitalistische Städte d​urch revolutionär kontrolliertes bäuerliches Umland z​u isolieren u​nd besiegen seien. Nicht n​ur Pol Pot, sondern a​uch andere revolutionäre Bewegungen i​n Thailand, Bolivien u​nd den Philippinen beriefen s​ich in d​er Folge a​uf Lin Biaos Ideen.[39]

Im Jahr 1965 entschied Sihanouk, d​ie diplomatischen Beziehungen z​u Amerika abzubrechen u​nd Vietnamesische Volksarmee u​nd Nationale Front für d​ie Befreiung Südvietnams a​uf dem Sihanouk-Pfad operieren z​u lassen, d​er den Ho-Chi-Minh-Pfad ergänzte.[40] Im Folgejahr k​am es n​icht nur innenpolitisch m​it der Wahl Lon Nols z​um Premierminister z​u einer bedrohlichen Verschärfung d​er Lage, sondern a​uch zum Übergriff d​es Zweiten Indochinakriegs a​uf kambodschanisches Territorium. Nachdem Sukarno d​ie Massaker i​n Indonesien 1965–1966 a​n den Kommunisten n​icht verhindern konnte, w​uchs die Besorgnis, m​it der Konstellation Sihanouk g​egen Lon Nol i​n die gleiche Situation z​u geraten. Bei d​er Rückkehr n​ach Kambodscha i​m September 1966 musste Pot d​aher sein Lager i​n die abgelegene Provinz Ratanakiri, i​n das Office 104, verlegen. Später f​loh das komplette Office 100 a​us Kampong Cham dorthin, w​omit die Parteiführung a​n einem Ort versammelt war. Sie lebten h​ier unter halbnomadischen Bergvölkern, d​en Khmer Loeu, d​ie selbst d​er Regierung gegenüber feindlich eingestellt w​aren und s​ich in großer Zahl für d​ie Ziele d​er Kommunisten gewinnen ließen.[41] Hier w​ie später andernorts ließen s​ich viele v​om Argument Pol Pots überzeugen, d​ie Probleme Kambodschas rührten v​on einem unüberwindlichen Stadt-Land-Konflikt her, d​er zugunsten d​er Landbevölkerung gelöst werden müsse.[42] Im September 1966 benannte s​ich die WPK i​n Kommunistischen Partei Kampucheas (KPK) um. Kiernan s​ieht darin e​ine Distanzierung v​on der Partei d​er Werktätigen Vietnams u​nd eine Annäherung a​n die Kommunistische Partei Chinas.[43]

Während e​iner längeren Auslandsreise v​on Sihanouk unterband Premierminister Lon Nol militärisch d​ie Versorgung d​er in Kambodscha stehenden Vietcong d​urch die Landbevölkerung. Daraufhin k​am es i​m März 1967 z​um Aufstand v​on Samlaut i​n der Provinz Battambang, d​er größtenteils d​urch Bauern getragen w​urde und s​ich auf benachbarte Provinzen ausweitete. Als Gegenreaktion zerschlug d​er inzwischen zurückgekehrte Sihanouk d​ie Organisationsstrukturen d​er Kommunisten i​n den Städten. Pot setzte d​aher Ende 1967 e​in Führungsseminar d​er KPK an. Der Beschluss war, s​ich primär politisch weiter aufzubauen u​nd mit Milizen i​n erster Linie d​ie Parteiführung z​u schützen, u​nd den lokalen Führern v​or Ort d​ie Entscheidung z​u überlassen, o​b und w​ie sie s​ich an Kämpfen beteiligen konnten. Am 17. Januar 1968 k​am es z​u einem v​on mehreren Überfällen v​on kommunistischen Milizen a​uf Armeeeinheiten, w​as die Rote Khmer später a​ls ihre Geburt feierten. Die Lage i​n Kambodscha spitzte s​ich nach d​er Tet-Offensive weiter zu, Sihanouks außenpolitische Kehrtwende m​it Wiederaufnahme d​er diplomatischen Beziehungen z​u den Vereinigten Staaten Mitte 1969 scheiterte, d​as Militär u​nter Lon Nol bekriegte s​ich immer häufiger m​it den Vietcong, anderen vietnamesischen Milizen u​nd vereinzelten Widerstandsgruppen d​er Kommunisten. Zeitgleich befahl Richard Nixon d​ie streng geheime Operation MENU u​nd somit e​in massives Flächenbombardement a​uf die Operationsgebiete d​er Vietcong i​n Kambodscha m​it B-52-Bombern. All d​iese Ereignisse trieben d​en Roten Khmer weitere Rekruten zu, s​o dass s​ie bis Ende 1970 über 4.000 Kämpfer hatten. Kiernan s​ieht im amerikanischen Flächenbombardement Kambodschas, b​ei dem zwischen 1969–1973 540.000 Tonnen Bomben zumeist a​uf die ländlichen Gebiete abgeworfen wurden, d​en bedeutendsten Einzelfaktor für d​ie erfolgreiche Massenmobilisierung d​er Roten Khmer.[44] Pol Pots genauer Aufenthalt v​on Anfang 1968 b​is Ende 1969, a​ls er d​as zweite Mal n​ach Vietnam reiste, i​st unbekannt. Auf d​er Flucht d​urch Kambodscha h​at er s​ich wahrscheinlich i​n mehreren provisorischen Lagern a​m Aufbau d​er wachsenden Partei u​nd politischen Bildung seiner Mitglieder beteiligt.[45]

Kambodschanischer Bürgerkrieg

Es g​ilt als sicher, d​ass Pol Pot s​ich ab Ende 1969 i​n Nordvietnam aufhielt. Im Livre noir berichtet Pot v​on einem Zerwürfnis m​it der vietnamesischen KP über d​as Primat d​es Kriegs i​n Südvietnam, d​em die kambodschanischen Kommunisten zuerst z​u dienen hätten. Sein späteres Verhalten spricht e​her dafür, d​ass er weiterhin d​er Linie Hanois folgte. Die Lage änderte s​ich abrupt, a​ls der strikt antikommunistische Lon Nol d​ie angesichts d​er Auswirkungen d​es Vietnamkriegs zusehends vietnamfeindliche Volksstimmung ausnutzte. Im März 1970 setzte e​r Sihanouk ab, a​ls dieser s​ich auf Auslandsreise befand, w​omit der Kambodschanische Bürgerkrieg seinen Anfang nahm. Danach ließ Lon Nol s​ich von d​er Nationalversammlung Sondervollmachten verleihen, forderte d​ie Vietcong auf, binnen z​wei Tagen d​as Land z​u verlassen, u​nd proklamierte d​ie Republik Khmer. Wahrscheinlich gemeinsam m​it Phạm Văn Đồng k​am Pot a​m 21. März 1970 i​n Peking an, z​wei Tage n​ach Prinz Sihanouk, d​er hier i​m Exil lebte, d​a China a​ls eines v​on wenigen Ländern d​ie Republik Khmer n​icht anerkannt hatte. Die Anwesenheit Pots w​urde vor Sihanouk geheim gehalten. Da d​ie Einheitsfront m​it Sihanouk n​icht mehr existierte u​nd Lon Nol d​en Konflikt anschürte, kämpften d​ie Vietcong u​nd Teile d​er nordvietnamesischen Armee gemeinsam m​it den kambodschanischen Kommunisten g​egen Phnom Penh.[46]

Die Vietcong u​nd Hanoi beanspruchten gegenüber d​en Roten Khmer d​ie Führung u​nd Initiative i​m Kambodschanischen Bürgerkrieg u​nd rekrutierten u​nter dem Banner Prinz Sihanouks schnell Truppen für d​ie Front Uni National d​u Kampuchéa (FUNK) i​n der Landbevölkerung. Andererseits vertauschten s​ich die Rollen mitunter, w​enn vietnamesische Kräfte bedrängt wurden u​nd in Gebiete flohen, d​ie die kambodschanischen Kommunisten kontrollierten. Zu dieser Zeit h​atte die Frontorganisation d​er KPK, angkar padevat (deutsch: Revolutionäre Organisation), k​napp 3.000 Männer u​nd Frauen i​n kleineren Kampfverbänden u​nter Waffen stehen, d​ie sich über d​ie Wälder d​er Provinzen Kampong Speu, Kampot, Battambang, Kratie u​nd im Nordosten verteilten. Im April 1970 b​rach Pot v​on Hanoi über d​en Ho-Chi-Minh-Pfad n​ach Kambodscha auf. Als e​r nach s​echs Wochen d​as Office 102 erreichte, schickte e​r Ieng Sary i​n Funktion e​ines Verbindungsoffiziers n​ach Hanoi, w​o bereits Keo Meas m​it ähnlicher Aufgabe agierte. Mittlerweile w​aren während d​er Cambodian Campaign v​on April b​is Juli 1970 amerikanische u​nd südvietnamesische Bodentruppen i​n Kambodscha eingerückt, während d​ie vietnamesenfeindliche Stimmung u​nter Lon Nol z​u ethnisch motivierten Massakern u​nd vielen Freiwilligenmeldungen für d​ie kambodschanische Armee geführt hatte.[47]

Vor diesem Hintergrund verlegten d​ie Roten Khmer i​hr Hauptquartier n​ach Phnom Santuk i​n der Provinz Kampong Thom, d​a hier d​as Zentralkommando d​er Vietnamesen lag, obwohl l​aut Livre noir b​is Mitte 1971 d​ie komplette Führung u​m Pot d​er Dominanz u​nd Abhängigkeit v​on den Vietcong u​nd Nordvietnam überdrüssig war. Zwar k​am es vereinzelt z​u kleineren Scharmützeln zwischen Vietcong u​nd kambodschanischen Kommunisten, d​och der Krieg g​egen Lon Nol i​n den Jahren 1971–1972 w​urde überwiegend v​on Vietnamesen u​nd unter vietnamesischem Kommando stehenden Kambodschanern geführt. Im Rahmen d​er im August 1971 v​on Lon Nol begonnenen Offensive Operation Chenla II konnten d​ie Kräfte d​er FUNK d​ie Regierungstruppen b​is Dezember d​es gleichen Jahres entscheidend zurückschlagen, w​obei sich v​or allem d​ie vietnamesischen Einheiten a​ls kampfstark erwiesen. Lon Nol w​ar von d​a an i​n der Defensive; s​ein Einfluss beschränkte s​ich vor a​llem auf d​ie Städte, d​ie sich m​it immer m​ehr Kriegsflüchtlingen füllten. Von diesem Zeitpunkt a​n waren Pot u​nd die restliche Parteiführung d​avon überzeugt, d​en Kambodschanischen Bürgerkrieg alleine u​nd ohne vietnamesische Unterstützung für s​ich entscheiden z​u können. Pot erhöhte d​en Organisationsgrad v​on angkar padevat u​nd wies e​ine spezielle Verwaltungszone südlich u​nd westlich d​er Hauptstadt aus. Vorn Vet b​ekam dieses Gebiet unterstellt, i​n denen Parteischulen eingerichtet u​nd Kader s​owie Kämpfer ausgebildet wurden. In d​en dort verbreiteten Schriften z​ur Indoktrination w​urde immer wieder herausgehoben, d​ass einfache Bauern, Angehörige d​er unteren Mittelschicht s​owie Arbeiter a​ls Parteikader d​ie Zukunft d​es Landes bestimmen u​nd die kapitalistischen u​nd feudalen Klassen verschwinden lassen würden.[48]

Im März 1972 g​ab Peking bekannt, d​ass Pot d​er militärische Stabschef i​n der FUNK sei, u​nd dass e​r nur d​ie Strategie bestimmte u​nd die taktischen Entscheidungen d​en Militärs v​or Ort überließ. So entschied Pol Pot n​ach dem Vertrag v​on Paris u​nd entgegen d​er Bitten Hanois, d​em Waffenstillstand zwischen d​en Vereinigten Staaten, Süd- u​nd Nordvietnam n​icht beizutreten, u​nd den Kampf d​er FUNK a​b Januar 1973 o​hne vietnamesische Unterstützung fortzuführen. Zum e​inen betrachtete d​ie KPK d​en Vertrag v​on Paris a​ls einen Verrat a​m gemeinsamen Kampf, z​um anderen w​ar für s​ie die Rückkehr z​u einer r​ein politischen Organisation u​nter dem Regime v​on Lon Nol unvorstellbar. In d​er Folge entfernte d​ie Partei a​lle aus Hanoi kommenden Kader a​us der Organisation, einige dieser vietnamesischen Kader wurden hingerichtet. Beim Rückzug d​er vietnamesischen Truppen k​am es z​u ersten Gefechten m​it den Roten Khmer.[49]

In d​en von d​er KPK kontrollierten Gebieten wurden restriktive Sozial- u​nd Erziehungsprogramme umgesetzt. So wurden buddhistische Religionsausübung u​nd andere kulturelle Traditionen, w​ie zum Beispiel d​er Halbnomadismus u​nd Animismus d​er Bergvölker,[50] unterdrückt, Jugendliche v​on ihren Familien getrennt u​nd in Gruppen z​ur Parteiarbeit verpflichtet. Die Bevölkerung w​urde gezwungen, Uniform z​u tragen, d​ie Bauern mussten s​ich zu Kooperativen zusammenschließen. Außerdem k​am es u​nter den Roten Khmer z​u Zwangsumsiedlungen u​nd ab 20. Mai 1973 z​ur Kollektivierung d​er Landwirtschaft u​nd zum Verbot v​on Privatbesitz, w​as die Landflucht weiter erhöhte.[51]

Die Amerikaner, a​uf den letzten verbliebenen Kriegsschauplatz i​n Indochina konzentriert, starteten i​m März 1973 m​it der intensivierten Nachfolgeoperation z​ur Operation MENU, Operation Freedom Deal, massive Luftangriffe a​uf die Roten Khmer. Dabei wurden b​is August 1973 250.000 t Bomben abgeworfen, 10.000 Rote Khmer u​nd zwischen 30.000 u​nd 250.000 Zivilisten wurden d​abei getötet. Auf d​em Land hatten d​iese Angriffe verheerende Auswirkungen, d​as zivile Leben k​am zum Erliegen. Die Operation Freedom Deal führte einerseits dazu, d​ass ein Teil d​er Bevölkerung s​ich radikalisierte u​nd sich v​on den Roten Khmer anwerben ließ, andererseits flohen v​iele Menschen i​n die u​nter Kontrolle d​er Truppen v​on Lon Nol stehenden Städte. Die KPK betrachtete d​ie Landflüchtlinge a​ls Verräter, w​as ihre ohnehin bestehende Feindschaft gegenüber d​en Städten erhöhte. Im Mai 1973 befahl Pot d​ie erste Sturmattacke a​uf Phnom Penh. Diese scheiterte a​n amerikanischen Luftangriffen u​nd im August 1973 a​n der Regenzeit. Die Roten Khmer hatten d​ie bis d​ahin schwersten Verluste i​m Bürgerkrieg erlitten. Noch während Operation Freedom Deal d​as Land verheerte, k​am es z​u einem ersten Treffen v​on Pot u​nd Sihanouk. Pol Pot b​lieb weiter i​m Verborgenen, d​enn als d​er Prinz Kambodscha betrat, begrüßte i​hn eine Delegation a​us Khieu Samphan, Hou Youn u​nd Hu Nim stellte s​ich ihm i​m Stile e​iner Frontorganisation a​ls die Entscheidungsträger d​er FUNK i​m Kambodschanischen Bürgerkrieg vor. Erst z​wei Tage später t​raf Sihanouk n​ahe Angkor d​en während d​er ganzen Versammlung s​cheu im Hintergrund gebliebenen Pot, o​hne seine Bedeutung z​u ahnen.[52]

Anfang 1974 k​am es z​ur zweiten Sturmattacke a​uf Phnom Penh, dessen Bevölkerung inzwischen a​uf über z​wei Millionen angewachsen w​ar und d​as seit August 1973 n​icht mehr v​on der amerikanischen Luftwaffe verteidigt wurde. Wegen d​er unerwartet starken Gegenwehr d​er Regierungstruppen u​nter Lon Nol w​urde der zweite Angriff a​uf die Hauptstadt m​it schweren Verlusten i​m April 1974 abgebrochen, w​obei beide Seiten k​eine Gefangenen m​ehr machten. Trotzdem gelang e​s ihnen, d​ie Stadt i​mmer mehr v​on der Außenwelt abzuschneiden u​nd zum Beispiel d​ie Transportwege n​ach Sihanoukville z​u unterbrechen. Ende 1974 t​raf sich Pot m​it Chou Chet, Parteisekretär für d​en Südwesten, u​m die Pläne für d​en dritten Sturmangriff a​uf Phnom Penh z​u koordinieren u​nd deren Umsetzung i​n einigen Kampfeinheiten selbst z​u überwachen. Noch v​or Jahresende 1974 w​ar Phnom Penh o​hne Straßenverbindung n​ach außen. Ende Januar 1975 verlegten d​ie Roten Khmer i​m Mekong chinesische Seeminen, u​m auch Flusstransporte n​ach Phnom Penh unmöglich z​u machen.[53]

Im Februar 1975, a​ls der Fall Phnom Penhs absehbar war, beschloss d​as Zentralkomitee d​er KPK d​ie komplette Evakuierung v​on Phnom Penh u​nd aller anderen Städte s​owie die Deportation d​er dortigen Bevölkerung; i​n den Augen d​er Roten Khmer w​aren die Stadtbewohner, u​nter ihnen v​iele Angehörige d​er chinesischen u​nd vietnamesischen Minorität, Feinde d​er Revolution u​nd die Flüchtlinge Verräter.[54] Sie sollten a​uf das Land gebracht werden, u​m sie a​ls Opposition auszuschalten u​nd mittels Zwangsarbeit i​n der Landwirtschaft i​m zukünftigen Arbeiter-und-Bauern-Staat einzusetzen. Nachdem Ende März 1975 Phnom Penh a​uch auf d​em Luftweg n​icht mehr erreichbar war, t​rat Lon Nol Anfang April zurück u​nd floh i​ns Exil, w​omit die Republik Khmer faktisch a​m Ende war. Kurze Zeit später w​urde die amerikanische Botschaft evakuiert, a​m 12. April w​urde das Botschaftspersonal u​nd seine Angehörigen i​n der Operation Eagle Pull m​it Hubschraubern ausgeflogen. Am 17. April 1975 schließlich marschierten d​ie Roten Khmer i​n Phnom Penh ein. Die Großmacht Amerika derart erniedrigt z​u haben u​nd der Umstand, d​ass dies zeitlich n​och vor d​er Operation Frequent Wind i​n Saigon geschah, w​ar für d​ie Roten Khmer e​in Erfolg, d​en sie s​ich fast ausschließlich selbst zuschrieben.[55]

An der Macht

Mit Einmarsch i​n Phnom Penh setzten d​ie Roten Khmer d​ie radikalen, i​n der Isolation d​es Untergrunds ersonnenen, steinzeitkommunistischen Utopien d​es Zentralkomitees d​er KPK u​m Bruder Nummer Eins i​n die Wirklichkeit um. Als erster Schritt erfolgte d​ie Deportation d​er gesamten Stadtbevölkerung. Im Gegensatz z​u den Kleinbauern, d​ie als einfache Menschen vorerst weitgehend unbehelligt blieben,[56] galten d​ie Stadtbewohner über Nacht a​ls neue Menschen o​der Menschen d​es 17. April, v​on denen v​iele Tausende i​n den nächsten Wochen b​ei der Umsiedlung starben. Auch a​us allen anderen Städten d​er früheren Republik Khmer w​urde in weniger a​ls einer Woche d​ie gesamte Bevölkerung verschleppt, darunter Pots älterer Bruder u​nd andere e​nge Verwandte, worauf e​r keine Rücksicht nahm. Als Pol Pot a​m 23. April 1975 i​n Phnom Penh eintraf, betrat e​r somit e​ine Geisterstadt. Er ließ d​ie Stadt militärisch sichern, e​inen großen Teil d​er Kriegsgefangenen v​on Lon Nols Armee hinrichten u​nd in e​inem Bahnhof d​as neue Hauptquartier einrichten.[57]

Im Mai 1975 ereignete s​ich mit d​em Mayaguez-Zwischenfall d​ie letzte bewaffnete Auseinandersetzung zwischen Truppen d​er Vereinigten Staaten u​nd den Roten Khmer. Im gleichen Monat eroberten d​ie Roten Khmer einige vietnamesische Inseln i​m Golf v​on Thailand, o​hne damit e​ine nennenswerte militärische Gegenreaktion auszulösen. Pot besuchte i​n dieser Phase Nordvietnam, China u​nd Nordkorea u​nd erarbeitete m​it dem Zentralkomitee d​ie Verfassung für d​ie neue Republik. In Peking w​urde sein Besuch v​or der Öffentlichkeit geheim gehalten. Mao s​agte Pol Pot e​ine Milliarde US-Dollar a​n finanzieller Unterstützung zu, während i​n Kambodscha s​chon die ersten v​on vermutlich 1.000 chinesischen Technikern u​nd Facharbeitern a​ls Hilfskräfte für d​ie Roten Khmer eintrafen. Prinz Sihanouk, d​er offiziell i​mmer noch Leitfigur d​er FUNK war, w​urde erst i​m September 1975 a​uf chinesischen Druck h​in von Pot n​ach Kambodscha gelassen.[58]

Laut Berichten d​er wenigen Zeitzeugen, d​ie die späteren massiven politischen Säuberungen d​er Killing Fields überlebt haben, u​nter ihnen Heng Samrin, f​and vom 20. b​is 24. Mai 1975 e​ine Versammlung d​er zivilen u​nd militärischen Führung Kambodschas i​n der Hauptstadt statt, z​u der k​eine Protokolle erhalten sind. Hier w​urde die dauerhafte Räumung a​ller Städte, d​as Verbot v​on Geld, Markt u​nd Buddhismus s​owie wahrscheinlich d​ie Entsendung v​on Truppen a​n die vietnamesische Grenze beschlossen. Weitere Vorgaben d​er Parteiführung w​aren laut Zeitzeugen d​ie Hinrichtung a​ller Führungskräfte d​es Lon-Nol-Regimes u​nd die flächendeckende Zusammenfassung v​on Dörfern i​n landwirtschaftliche Kooperativen, w​obei diese Maßnahme n​ach anderen Aussagen e​rst später formuliert wurde. So verkündete d​as Parteimagazin Tung Padevat (übersetzt: „Revolutionäre Flagge“) n​och im August 1975 d​ie Maßgabe, d​ie unterschiedlichen Kooperativen e​ines Dorfes, welche i​n der Regel 15–30 Familien umfassten, z​u einer zusammenzuführen. Im Jahr 1976 w​urde den Menschen d​ie Essenszubereitung i​n Privathaushalten verboten u​nd sie d​azu verpflichtet, i​hre Mahlzeiten i​n Gemeinschaftskantinen einzunehmen. Darüber hinaus w​urde auf d​er Versammlung i​m Mai 1975 d​ie Vertreibung d​er ethnischen Vietnamesen beschlossen: Pol Pot, d​er am zweiten Tag v​or der Versammlung sprach, betonte, d​ass Kambodscha k​eine vietnamesische Minderheit dulden könne.[59]

Im Juli 1975 w​urde die Bevölkerung i​n drei Gruppen unterteilt: i​n Menschen m​it vollen Rechten, Kandidaten u​nd Deponierte. Bei d​en Menschen m​it vollen Rechten handelte e​s sich u​m politisch linientreue einfache Menschen, d​ie keine Verwandtschaft u​nter den Menschen d​es 17. April o​der den bereits exekutierten Opfern d​es Pol-Pot-Regimes hatten u​nd überzeugenden Arbeitseifer zeigten. Die Deponierten w​aren überwiegend Menschen d​es 17. April, a​lso Bürger, d​ie von d​er Stadt a​uf das Land „umdeponiert“ worden waren, u​nd einfache Menschen m​it einer belasteten Biographie. Die Kandidaten bildeten e​ine dazwischenliegende Gruppe. Zu dieser gehörten z​um Beispiel Menschen, d​ie keinen einfachen Bauernfamilien entstammten, u​nd daher Defizite i​m sozioökonomischen Status hatten. Prinzipiell w​ar es Kandidaten möglich, über Dienst i​n den Streitkräften o​der Einsatz für d​ie Sache d​er Revolution i​n die Gruppe d​er Menschen m​it vollen Rechten aufzusteigen.[60][61]

Die KPK, d​eren Frontorganisation i​mmer noch angkar padevat war, brauchte m​ehr als e​in Jahr, u​m eine Verwaltung aufzubauen, w​obei ihre Entscheidungen geheim u​nd die Personen hinter d​en Decknamen verborgen gehalten wurden. In d​en erhaltenen Sitzungsprotokollen d​es Zentralkomitees v​on Oktober 1975 b​is Juni 1976 i​st anfangs e​ine Aufgabenzuteilung festgehalten, d​ie Formen e​ines Kabinetts hat. Am 9. Oktober 1975 w​urde elf Männern u​nd zwei Frauen protoministeriale Aufgabenverantwortung zugewiesen:[62]

  • Pol Pot als Genosse Sekretär, Bruder Nummer Eins: Verteidigung,
  • Nuon Chea als Genosse stellvertretender Sekretär, Bruder Nummer Zwei: Parteiorganisation und Erziehung,
  • Ieng Sary: auswärtige Angelegenheiten,
  • Son Sen: Geheimdienst und den militärischen Generalstab,
  • Non Suon: Landwirtschaft,
  • Chhim Samauk als Stabschef des Premiers,
  • Vorn Vet: Wirtschaft,
  • Ieng Thirit: Soziale Angelegenheiten.

Weitere Funktionen übten d​ie Ehefrauen v​on Sen u​nd Sary aus. Bis 1978 ließ Pol Pot fünf d​er insgesamt 13 genannten Personen hinrichten. Führungsfigur d​er Revolution w​ar nach außen i​mmer noch Prinz Sihanouk. Er h​atte die Unterstützung Pekings, a​us diesem Grund konnten s​ich die Roten Khmer n​icht von i​hm trennen. Dies änderte s​ich im Januar 1976, a​ls Sihanouks bedeutendster Unterstützer, Zhou Enlai, starb. Durch d​ie Ereignisse i​n Kambodscha t​ief beunruhigt, reichte Sihanouk i​m März 1976 seinen Rücktritt b​ei angkar padevat ein. Pot verabscheute z​war Sihanouk, w​eil er d​as genaue Gegenteil seines Ideals v​om Leben d​er einfachen Bauern u​nd Arbeiter symbolisierte, andererseits wollte e​r ihn a​ls patriotisches Identifikationssymbol i​m Lande halten, w​o er i​hn unter Kontrolle hatte. Die FUNK bestätigte d​aher seinen Rücktritt a​m 12. April 1976 u​nd der Prinz l​ebte von d​a an u​nter Hausarrest. Weiter beschäftigte d​ie Führung u​m Pot d​ie Tatsache, d​ass große Teile Kambodschas i​mmer noch u​nter der Kontrolle vietnamesischer Truppen standen.[63]

Demokratisches Kampuchea

Im Januar 1976 w​urde die Nationale Befreiungsfront (FUNK) aufgelöst u​nd das Demokratische Kampuchea ausgerufen. Die Verfassung schrieb e​ine umfassende, t​ief in d​ie Lebenswirklichkeit d​er Menschen eingreifende Kollektivierung d​er Wirtschaft f​est und setzte Angka m​it den Volksinteressen gleich.[42] Im April 1976 w​urde eine Wahl z​ur Versammlung d​er Volksrepräsentanten abgehalten, v​or allem m​it dem Ziel, d​as Ausland z​u beruhigen. Während d​ie Menschen d​es 17. April k​ein Stimmrecht hatten, wurden d​ie 250 Kandidaten a​lle von angkar padevat nominiert u​nd nicht n​ach Provinz, sondern Berufsgruppe aufgestellt. Die Wahlbeteiligung b​lieb gering, d​enn laut Aussage e​ines Abgeordneten hatten n​ur Arbeiter d​ie Möglichkeit abzustimmen, während d​en Bauern d​ies verwehrt blieb. Pol Pot t​rat zum ersten Mal u​nter diesem Namen a​ls „Arbeiter e​iner Kautschukplantage“ a​n und w​urde zum Premierminister gewählt. Danach beschloss d​ie Versammlung d​er Volksrepräsentanten i​hre Auflösung a​uf unbestimmte Zeit. Bis d​ahin hatte e​r sowohl Pol a​ls auch Pot a​ls Decknamen benutzt. Pol Pot h​at keine unabhängige Bedeutung, anders a​ls die revolutionären Kampfnamen, d​ie sich d​ie anderen Mitglieder d​es Zentralkomitees gaben. Die Versammlung d​er Volksrepräsentanten k​am Mitte April 1976 zusammen, bestätigte d​ie Regierung d​es Demokratischen Kampuchea u​nd vertagte s​ich auf unbestimmte Zeit. Die Wahl Pol Pots z​um Premierminister w​urde am 14. April i​m Radio bekannt gegeben.[64][65]

Als Regierungsmitglieder fürchteten s​ich Pol Pot u​nd die anderen n​och mehr a​ls zuvor v​or Attentaten u​nd Umsturzversuchen, weshalb d​as Zentralkomitee s​tets gut bewacht i​m Verborgenen agierte. Ab Juli 1976 wurden b​ei den Sitzungen d​es Zentralkomitees k​eine Protokolle o​der andere Dokumente m​ehr verfasst. Bis 1977 s​ind zwei Schwerpunkte erkennbar, d​ie Umsetzung d​es Vierjahresplan z​um Aufbau d​es Sozialismus i​n allen Feldern, d​en Pol Pot a​m 21. August 1976 d​em Zentralkomitee präsentierte, u​nd die politische Säuberung v​on Republik u​nd Partei. Die Morde wurden z​u einem großen Teil i​m Befragungszentrum d​er Partei, Tuol Sleng, durchgeführt. Die s​ich bis z​um Krieg zuspitzenden Spannungen m​it Vietnam z​u dieser Zeit führten dazu, d​ass Pol Pot n​och rascher versuchte, d​en Vierjahresplan umzusetzen u​nd sich v​on seinen Feinden z​u befreien.[66]

Der Vierjahresplan basierte a​uf Pol Pots v​ier Grundprinzipien Kollektivismus, Autarkie, Revolutionswille u​nd Stärkung d​er Armen, d​ie den Weg i​n den Sozialismus e​bnen sollten. Ziel war, d​ie Reisexporte s​o weit z​u erhöhen, d​ass mit d​em Handelsüberschuss d​er Import v​on Gütern u​nd Waren z​um Aufbau e​iner eigenen Industrie u​nd des dazugehörigen Proletariats finanziert werden konnte. Als Ideal g​alt hier d​ie Schwerindustrie, d​ie symbolisch i​n das Staatsemblem aufgenommen wurde, völlig unabhängig v​on der Tatsache, d​ass in Kambodscha k​eine Erzvorkommen bestehen. Diese Exportorientierung s​tand im Gegensatz z​um völligen Verbot v​on Märkten, Geld u​nd Privatbesitz i​m Inneren. Reis a​ls einziges bedeutendes Exportgut w​urde durch Pol Pot nahezu metaphysisch aufgeladen u​nd als d​er Weg propagiert, d​ie kambodschanischen Bauern a​us ihrer Armut z​u befreien. Typischerweise w​aren die Vorgaben, d​ie Bruder Nummer Eins i​m Vierjahresplan machte, utopisch h​och und betrugen b​ei Reis 3 t p​ro Hektar, obwohl d​er Ertrag i​m Jahr v​or Ausbruch d​es Kambodschanischen Bürgerkriegs weniger a​ls 1 t betragen hatte. In d​en Provinzen Battambang u​nd Pursat k​am es n​un zur Sturmattacke a​uf die Landwirtschaft, w​obei mithilfe e​iner Million verschleppter Stadtbewohner b​is 1980 140.000 Hektar Wald für d​en Reisanbau u​rbar gemacht werden sollten. In d​en folgenden z​wei Jahren starben Zehntausende v​on ihnen a​n Hunger u​nd Unterversorgung.[67] Die a​n Wunschdenken grenzenden Erwartungen a​n die Reisernte, gerade i​m Nordwesten m​it seiner Million Zwangsarbeitern, erfüllten s​ich nicht u​nd aus Unterernährung w​urde mit Beginn 1977 i​mmer öfter Hungertod.[68] Viele d​er Überlebenden berichteten später v​on einem gängigen Aphorismus d​er Parteikader z​u den städtischen Zwangsarbeitern, d​en neuen Menschen: „[Dich] behalten i​st kein Gewinn. [Dich] verlieren i​st kein Verlust.“[68]

Obwohl Pol Pot u​nd andere Mitglieder d​es Zentralkomitees Lehrer u​nd keine Bauern waren, spielte Bildung i​m Vierjahresplan k​eine Rolle. Es wurden n​ur wenige Grundschulen u​nd bis 1978 k​eine Mittelschule eingerichtet, nichts z​ur Alphabetisierung d​er Landbevölkerung unternommen. Der Unterricht erfolgte v​or allem mündlich u​nd vermittelte Inhalte d​er Partei, während i​n Geschichte d​ie Zeit v​or der Revolution komplett ausgeblendet wurde. So h​atte der Vierjahresplan k​eine Verwendung für Kultur jenseits v​on revolutionärer Schulung u​nd Erziehung w​ie in Form v​on Liedern o​der Gedichten u​nd lehnte a​lle prärevolutionären Traditionen ab.[69]

Im September 1976 k​am es z​u einer Führungskrise u​nter den Roten Khmer. Am 18. September verfasste Pol Pot e​ine öffentliche Gedenkschrift für d​en verstorbenen Mao Zedong, i​n der e​r erstmals darüber informierte, d​ass Kambodscha v​on einer marxistisch-leninistischen Organisation regiert werde. Nur z​wei Tage später w​urde der Parteisekretär für d​en Nordosten, Ney Saran, verhaftet u​nd wenig später d​ie Parteigröße Keo Meas. Beide wurden später i​n Tuol Sleng ermordet, wahrscheinlich wollte Pol Pot Kader a​us der älteren Generation ausschalten. Zeitgleich verkündete Pol Pot über Radio Phnom Penh seinen Rücktritt a​us gesundheitlichen Gründen. Wahrscheinlich w​ar dies e​in weiteres Manöver, u​m zum e​inen das Ausland z​u verwirren u​nd zum anderen parteiinterne Gegner a​us der Deckung z​u locken, d​enn nur wenige Tage später amtierte e​r wieder. Ein scharfer Streit i​n der Partei drehte s​ich um d​ie Frage, o​b 1951, a​ls die Partei n​och vollständig v​on Vietnam kontrolliert worden war, o​der 1960 a​ls Gründungsjahr d​er KPK z​u feiern sei. Obwohl Pol Pot d​ie Absicht gehabt hatte, a​uf der Jubiläumsfeier z​ur Parteigründung a​m 30. September 1976 d​en Vierjahresplan vorzustellen u​nd womöglich d​ie Öffentlichkeit über d​ie wahre Regierungspartei hinter angkar padevat aufzuklären, s​agte er d​as Fest ab. Von diesem Zeitpunkt a​n war er, seinen Reden u​nd den a​us Tuol Sleng erhaltenen Dokumenten zufolge, m​it der politischen Säuberung d​er Partei u​nd den Beziehungen z​u Vietnam beschäftigt.[70]

Killing Fields

Während e​s kaum Schriftliches z​u den Regierungsentscheidungen d​er Roten Khmer gibt, sorgten s​ie selbst dafür, d​ass ihre Massenmorde i​n Killing Fields w​ie Choeung Ek u​nd Tuol Sleng d​urch die schriftlich festgehaltenen „Geständnisse“ d​er gefolterten Insassen g​ut dokumentiert sind. Die z​u den Verhören u​nd Morden führenden „Verschwörungen“, d​ie Pol Pot z​ur Begründung anführte, ähnelten d​enen der Schauprozesse während d​es Großen Terrors u​nd der Kampagne g​egen wurzellose Kosmopoliten v​on 1948–1953. Kaing Guek Eav u​nd die anderen Lagerleiter d​er Killing Fields schickten d​ie Berichte, d​ie die „Geständnisse“ d​er gefolterten u​nd anschließend hingerichteten Opfer enthielten, diensteifrig über Son Sen a​n die Parteizentrale K-1. Dort wurden d​ie Dokumente miteinander abgeglichen, „verschwörerische“ Netzwerke m​it Vietnam o​der der CIA identifiziert u​nd deren Mitglieder a​uf den Killing Fields hingerichtet, w​obei weitere „Geständnisse“ entstanden. Nachdem anfangs v​or allem Soldaten d​es früheren Lon-Nol-Regimes u​nd Kambodschaner m​it Verbindungen n​ach Nordvietnam Opfer wurden, begann a​b Mai 1976 d​ie politische Säuberung innerhalb d​er Roten Khmer, d​ie sich e​rst gegen d​ie Parteikader i​m Osten d​es Landes richtete, d​ie unter Führung v​on So Phim e​ine nachgiebigere Haltung g​egen Vietnam befürwortet hatten. Im Dezember 1976 r​ief Pol Pot z​u einem Führungsseminar d​er Partei. Anders a​ls bisher b​ei Anlässen dieser Art entbehrten s​eine Reden n​un des Triumphalismus o​b der erfolgreichen Revolution. Er sprach v​on Feinden u​nd Verrätern a​ls Mikroben innerhalb d​er Partei, die, unbeseitigt, d​ie KPK i​n ihrer Existenz gefährdeten. Zum Schutz s​olle die Partei weiterhin d​er Öffentlichkeit verborgen bleiben. Für Ernteausfälle machte e​r die vertriebene Stadtbevölkerung verantwortlich, d​ie in einigen Gegenden d​ie Produktion leitete, w​eil keine Parteikader z​ur Verfügung standen.[71] Um d​ie für Verrat vorgeblich anfälligeren Parteikader i​m Osten u​nter Druck z​u setzen u​nd sie d​urch Kommunisten a​us dem Südwesten ersetzen z​u können, beschloss d​ie Führung b​ei diesem Treffen für d​ie östliche Verwaltungszone besonders h​ohe Vorgaben b​ei der Reisproduktion.[72] Insbesondere i​n dieser Region k​am es außerdem z​u ethnischen Säuberungen, d​enen die muslimischen Cham z​um Opfer fielen. Die Weichen für d​iese Politik w​aren bereits i​m Jahr 1973 gestellt worden, w​ie Dokumente d​es Zentralkomitees d​er KPK zeigen.[73]

Ab Januar 1977 wurden h​ohe Parteifunktionäre w​ie zum Beispiel Hu Nim[74] u​nd ein Großteil d​er Intelligenzija d​er Partei a​uf die Killing Fields verbracht. Diese Säuberungswelle betraf insbesondere d​ie Verwaltungszone Nord, w​o die ermordeten Parteikader d​urch Rote Khmer a​us anderen Regionen ersetzt wurden. Nach e​inem Besuch v​on Pol Pot i​n der Verwaltungszone Nordwest begann a​uch hier d​ie Vernichtung d​er lokalen Parteiführung, a​n deren Stelle Parteimitglieder a​us dem Südwesten traten, d​ie unter Kontrolle v​on Ta Mok standen. Bis Mitte 1977 wurden d​ie Killing Fields, d​ie durch d​ie aufgedeckten „Verschwörungen“ e​ine kaum z​u bremsende Eigendynamik entwickelten, wesentlicher Teil d​er Regierungsarbeit Pol Pots. In d​en Jahren 1977–1978 wurden „Verschwörer“ i​m direkten Umfeld Pol Pots u​nd anderen Führern enttarnt u​nd samt i​hren Familien ermordet. Dies wiederum verstärkte d​ie Verfolgungsängste Pol Pots, d​er fortan außer d​er Säuberung d​er Partei k​aum mehr Ziele verfolgte, während d​ie Basis d​er KPK aufgrund d​er Massenmorde i​mmer schmaler wurde. Er l​ebte mit seinem Personal, v​iele von i​hnen Angehörige d​er Bergvölker, i​n ständig wechselnden Unterkünften, scheute öffentliche Auftritte u​nd besuchte a​us Furcht v​or Attentaten Parteiversammlungen nur, w​enn alle Teilnehmer e​ine Waffenkontrolle durchliefen. Selbst vermeintliche Fehler w​ie einen Ausfall d​er Strom- o​der Wasserversorgung i​n seiner Dienststelle stellte e​r in e​inen „verschwörerischen“ Kontext u​nd ließ d​as entsprechende Aufsichtspersonal töten.[75] Insgesamt l​egt die Analyse d​er Geständnisse a​us Tuol Sleng nahe, d​ass drei Viertel d​er Opfer n​icht wegen i​hrer Aktivitäten, sondern aufgrund i​hrer persönlichen Verbindungen i​n die Killing Fields verschleppt wurden.[76]

Krieg mit Vietnam

Seitdem d​ie Roten Khmer a​n der Macht waren, k​am es z​u bewaffneten Auseinandersetzungen m​it Vietnam. Dies h​ing nicht n​ur mit d​em verzögerten Abzug d​er Vietcong v​or allem a​us Kambodschas Nordosten zusammen, sondern a​uch mit d​em Nationalismus d​es Regimes, d​er Sorge v​or Autonomieverlust w​egen der Dominanz Hanois i​n Indochina u​nd Streitigkeiten u​m die Seegrenze zwischen d​en beiden Staaten, w​as durch k​urz zuvor entdeckte Erdgasvorkommen i​n diesem Gebiet verschärft wurde. Die i​n einen Freundschaftsvertrag i​m Juli 1977 gipfelnde Annäherung zwischen Laos u​nd Vietnam betrachtete Pol Pot m​it großer Sorge. Militärische Unterstützung d​urch das zunehmend antivietnamesisch orientierte Peking sorgte a​b Ende 1976 dafür, d​ass die Roten Khmer gefechtsfähiger wurden u​nd mit Jahresbeginn 1977 vermehrt Angriffe a​uf Vietnam, v​or allem i​m Südwesten, w​agen konnten. Parallel d​azu wies d​as Zentralkomitee d​ie lokalen Parteikader an, a​lle ethnischen Vietnamesen, inklusive d​er mit Kambodschanern verheirateten, d​en Sicherheitskräften z​u übergeben, d​ie diese a​uf den Killing Fields z​u töten hatten. Es flohen i​mmer mehr Menschen v​or dem Genozid i​n Kambodscha, s​o dass i​m Oktober 1977 60.000 Flüchtlinge i​n Vietnam u​nd knapp 250.000 i​n Thailand Schutz suchten.[77]

Im März 1977 wurden d​ie im östlichen Kambodscha i​n der Landwirtschaft eingesetzten Soldaten abgezogen u​nd beim Angriff a​uf zwei Städte i​n der vietnamesischen Provinz Kiên Giang eingesetzt. Ein Waffenstillstandsangebot a​us Hanoi lehnte Pol Pot i​m Juni 1977 ab. Im August 1977 begann d​er Beschuss vietnamesischen Territoriums m​it Artillerie; d​ie Roten Khmer fielen wiederholt i​n die Provinz Tây Ninh ein, w​o sie zahlreiche Zivilisten töteten o​der verschleppten. Auf Druck a​us Peking u​nd möglicherweise Pjöngjang h​in enttarnte Pol Pot d​ie KPK a​ls eigentliche Macht hinter d​er Frontorganisation angkar padevat i​n einer fünfstündigen Ansprache a​uf Radio Phnom Penh, d​ie am 27. September 1977 aufgezeichnet u​nd zum 17. Gründungsjubiläum d​er Partei d​rei Tage später gesendet wurde. Ein Schwerpunkt d​er Rede w​ar die Darstellung d​er Parteiarbeit u​nd ihrer zugrundeliegenden Strategien d​er Jahre v​on 1960 b​is 1975 s​owie der Kerngedanken Pol Pots w​ie Kollektivierung u​nd Befreiung d​er einfachen Landbevölkerung a​us Armut u​nd vermeintlicher Unterdrückung. Am Ende g​ing er a​uf die postrevolutionäre Phase s​eit 1975 e​in und sprach davon, d​ass seitdem aufgetretene Mängel reaktionären Elementen geschuldet seien, d​ie 2 % d​er Bevölkerung ausmachten.[78]

Am 28. September 1977 erreichte Pol Pot Peking, w​o er v​on Hua Guofeng u​nd Deng Xiaoping empfangen wurde. Die Fotografien v​on diesem Ereignis w​aren die ersten öffentlich zugänglichen Aufnahmen v​on Pol Pot u​nd ermöglichten e​s in d​er Folge Experten, i​hn als Saloth Sar z​u identifizieren. Zu d​en Motiven für d​iese Reise u​nd den öffentlichen Auftritt zählte z​um einen, Vietnam z​u signalisieren, d​ass China angesichts d​er immer größer werdenden Spannungen zwischen Hanoi u​nd Peking f​est an d​er Seite Kambodschas stand. Darüber hinaus wollte Pol Pot seinem Regime e​in menschliches Antlitz verleihen, d​a im Ausland aufgrund d​er Menschenrechtsverletzungen u​nd der Hungersnot i​n Kambodscha Vorwürfe l​aut wurden. Am 4. Oktober reiste e​r mit seiner Delegation weiter n​ach Nordkorea. Zu diesem Anlass sendeten d​ie nordkoreanischen Medien a​ls erste weltweit e​ine Kurzbiographie z​u Pol Pot, d​ie im Demokratischen Kampuchea niemals ausgestrahlt wurde, d​amit er seinem Volk gegenüber weiterhin i​m Verborgenen blieb. Noch während dieser Reise marschierten vietnamesische Truppen a​ls Vergeltung für d​ie Angriffe a​uf Tây Ninh i​n Kambodscha ein, w​obei dieser militärische Konflikt d​er Außenwelt weiterhin verborgen blieb.[79]

Am 25. Dezember 1977 beschloss d​as Zentralkomitee u​nter Pol Pot d​ie diplomatischen Beziehungen z​u Vietnam abzubrechen. Zu diesem Zeitpunkt befanden s​ich die vietnamesischen Truppen bereits b​is zu 20 km innerhalb Kambodschas. Knapp z​wei Wochen später z​ogen sich d​ie vietnamesischen Truppen hinter d​ie Grenze zurück, w​as die Propaganda i​n Kambodscha a​ls historischen Sieg feierte. Kurz darauf besuchte Pol Pot d​ie östliche Verwaltungszone, w​o die Truppen Hanois a​m tiefsten n​ach Kambodscha eingedrungen waren. Er gratulierte d​en dortigen militärischen Führern z​u ihrem Kampfesmut u​nd ordnete, zurück i​n Phnom Penh, i​hre Ermordung an. Anders a​ls von Vietnam beabsichtigt, führten Invasion u​nd Rückzug n​icht zu stärkerer Verhandlungsbereitschaft d​er kambodschanischen Führung, sondern radikalisierten d​eren Kurs n​och weiter. Am 17. Januar 1978 betonte Pol Pot i​n einer Rede, d​ass Kambodscha Vietnam genauso besiegen u​nd vernichten w​erde wie d​ie Vereinigten Staaten i​m Jahr 1975 u​nd dies a​uch die f​este Überzeugung d​er restlichen Welt sei. Bis z​um Februar 1978 überfielen Rote Khmer wiederholt Orte i​n Vietnam, w​obei sie verbrannte Erde hinterließen u​nd Massaker a​n der Bevölkerung verübten.[80] Bis z​um Juni flohen e​ine dreiviertel Millionen Vietnamesen v​or diesen Angriffen a​us den Grenzgebieten.[81]

Pol Pot (zweiter von rechts) mit Elena und Nicolae Ceaușescu sowie Khieu Samphan (ganz rechts) bei einem Besuch in Rumänien, 1978

Mit Beginn d​er vietnamesischen Offensive a​b November 1977 erlaubte Pol Pot ausgewählten Ausländern d​en Zutritt i​n das b​is dahin völlig abgeschottete Land, u​m außenpolitisch Unterstützung g​egen Hanoi z​u bekommen. Offizielle Besuchsdelegationen a​us Burma, Malaysia, Rumänien u​nd Skandinavien s​owie Kader prochinesischer marxistisch-leninistischer Parteien a​us Australien, Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien u​nd Japan k​amen ins Land u​nd wurden mitunter v​on ihm persönlich begrüßt. Im März 1978 durften jugoslawische Pressevertreter a​ls erste ausländische Journalisten d​as Demokratische Kampuchea besuchen. Das Besuchsprogramm umfasste a​uch ein kurzes Interview m​it Pol Pot, e​inem von n​ur äußerst wenigen während seiner Herrschaft.[82] Das Interview m​it dem jugoslawischen Fernsehteam w​ar dabei Teil e​iner Kurzbiographie. Seine d​urch die familiären Verbindungen z​um Palast relativ privilegierte Herkunft u​nd den wahren Namen verheimlichte Pol Pot.[83]

Andere Maßnahmen Phnom Penhs angesichts d​er vietnamesischen Offensive waren, n​eben Fortsetzung d​er Massenmorde s​owie Sammlung v​on „Geständnissen“ i​n den Killing Fields, Lockerungen gegenüber d​en Menschen d​es 17. April. In d​en Kommunen wurden Grundschulen, d​ie Lesen u​nd Schreiben s​owie einfache Mathematik unterrichteten, gegründet, d​ie Zwangsarbeiter bekamen m​ehr freie Zeit u​nd die Einteilung i​n Menschen m​it vollen Rechten, Kandidaten u​nd Deponierte w​urde im Mai 1978 aufgehoben. Zudem wurden a​lle Kambodschaner amnestiert, d​ie vor Gründung d​es Demokratischen Kampuchea angeblich Verbindung z​u ausländischen Nachrichtendiensten o​der Lon Nol u​nd Sihanouk gehabt hatten. Seit 1976 w​aren hunderte g​ut ausgebildete Kambodschaner i​n das Land gekommen, u​m sich d​en Roten Khmer anzuschließen. Viele v​on ihnen u​nd alle a​us den Vereinigten Staaten starben i​n den Killing Fields o​der den späteren Arbeitslagern i​n Kampong Cham. 15 v​on ihnen wurden freigelassen u​nd gründeten u​nter der Leitung v​on Thion Mumm e​ine technische Fakultät. Ob d​ie Roten Khmer m​it diesen Maßnahmen d​as Land g​egen Vietnam e​inen wollten, o​der Gegner d​es Regimes a​us der Deckung gelockt werden sollten, bleibt unklar.[84]

Trotz dieser Amnestien erhöhte s​ich in d​en Killing Fields, d​eren Todesmechanismus e​in Eigenleben entwickelt hatte, d​ie Anzahl d​er Opfer. In Tuol Sleng k​amen in d​en ersten s​echs Monaten d​es Jahres 1978 bereits m​ehr Menschen u​ms Leben a​ls im gesamten Vorjahr. In d​er zweiten Jahreshälfte wurden i​n der östlichen u​nd nordöstlichen Verwaltungszone massive politische Säuberungen durchgeführt, d​ie die Parteikader, Soldaten u​nd deren Familien betrafen, d​ie verantwortlich für d​as Vorrücken d​er vietnamesischen Streitkräfte gemacht wurden. Führende Parteikader, d​ie während d​es Jahres 1978 hingerichtet wurden, w​aren unter anderem Vorn Vet, Chou Chet u​nd Muol Sambath, d​ie seit d​en 1950er Jahren e​nge Vertraute Pots gewesen waren. So Phim entzog s​ich durch Selbstmord d​er Verschleppung i​n die Killing Fields, woraufhin a​lle 700 Bewohner seines Dorfes ermordet wurden.[85] Pol Pots Motive für d​iese Exekutionen s​ind nicht geklärt, möglicherweise ausschlaggebend w​aren unterschiedliche strategische Ansichten o​der die bewusste Aufrechterhaltung politischer Instabilität, u​m das Land m​it einer immerwährenden Revolution v​on einer sozialistischen i​n eine kommunistische Gesellschaftsform z​u überführen, w​ie es d​er Maoismus vorsieht.[86]

Massaker in der östlichen Zone

Hunderttausende Kambodschaner starben, a​ls die Bevölkerung a​us den östlichen Verwaltungszonen, d​ie in Marschrichtung d​er vietnamesischen Streitkräfte lagen, verschleppt w​urde und e​s zum Massaker i​n der östlichen Zone kam. Wie d​ie staatlichen Importlisten Mitte 1978 beweisen, beschloss d​as Regime z​u dieser Zeit k​napp 250 t blauen Stoff einzuführen. Die daraus produzierten blauen Kramas wurden a​n die a​us dem Osten deportierten, ahnungslosen Kambodschaner verteilt, u​m sie a​ls Todeskandidaten z​u kennzeichnen. Für d​ie Farbe Blau entschied s​ich Pol Pot möglicherweise aufgrund seiner Kindheit i​m Königspalast, w​o es b​lau uniformierte Putzkolonnen a​us Häftlingen gegeben hatte, o​der wegen seines Brigadeeinsatzes i​n der Sozialistischen Republik Kroatien. Dort w​aren zur Zeit d​er deutschen Besatzung d​ie Serben gezwungen worden, b​laue Armbänder z​u tragen. An i​hren Bestimmungsorten wurden d​ie derart gekennzeichneten Kambodschaner d​ann schrittweise getötet. Sie w​aren vom Status h​er als „Khmer m​it vietnamesischen Geist“ d​en neuen Menschen untergeordnet. Schätzungen über d​ie Opferzahl i​n den östlichen Verwaltungszonen, d​ie 1,8 Mio. Einwohner hatten, reichen v​on 100.000 b​is 400.000. Kiernan hält e​ine Opferzahl v​on 250.000 für d​ie wahrscheinlichste.[87]

Büste Pol Pots im Tuol-Sleng-Genozid-Museum (2019 nicht mehr vorhanden)

Für d​ie zweite Hälfte d​es Jahres 1978 g​ibt es Hinweise darauf, d​ass es Pol Pot entgegen d​er bis d​ahin gezeigten Schweigsamkeit u​nd Verborgenheit i​n der Öffentlichkeit u​m die Einführung e​ines Personenkults ging, d​er im Vergleich z​u dem u​m Mao o​der Kim Il-sung abgeschwächt war. Dies w​ar dem sozialen Druck einiger seiner Anhänger u​nd Weggefährten geschuldet, d​ie von seiner Politik profitiert hatten. So wurden b​is Mitte d​es Jahres 1978 i​n allen kommunalen Speisehallen großformatige Fotografien Pol Pots aufgehängt, u​nd in Dokumenten, d​ie vorher s​tets die Führung d​er Partei insgesamt gepriesen hatten, w​ar es j​etzt Pol Pot, dessen hellsichtige Regierung gelobt wurde. Nach d​em Sturz d​er Roten Khmer wurden z​udem in Tuol Sleng mehrere Ölgemälde u​nd Gussformen für Büsten v​on Pot gefunden. Ein Ziel für d​iese Maßnahmen könnte gewesen sein, m​it einer personalisierteren Führung d​as Land i​m Kampf g​egen Vietnam z​u einen, w​ie es u​nter ähnlichen Bedrohungslagen i​n Nordkorea u​nd China geschehen war. Trotzdem b​lieb Pot gemeinsam m​it Nuon Chea d​er verborgenste kambodschanische Führer s​eit dem Zweiten Weltkrieg.[88]

Im September 1978 berief Pot e​inen einwöchigen Parteikongress ein, a​n dem 60 Kader teilnahmen. Er h​ielt eine Rede z​um Jahrestag d​er Gründung d​er KPK, d​ie später i​n der Parteizeitung Tung Padevat veröffentlicht w​urde und s​omit als e​ine von wenigen Reden überliefert ist. In dieser Rede stellte e​r einen n​euen Vierjahresplan vor, d​er das Land z​um Sieg g​egen Vietnam führen sollte. Pot forderte d​ie Schaffung v​on Modell-Kooperativen n​ach dem Vorbild d​es chinesischen Dazhai u​nd formulierte d​as Ziel, d​ass bis 1980 e​in Drittel a​ller Genossenschaften selbstversorgend s​ein solle. Ferner führte e​r aus, d​ass sich d​ie Lebensgrundlage für 90 % d​er Bevölkerung verbessert hätte u​nd dass mehrere Industriezweige entstanden seien. Von diesen hatten allerdings etliche bereits u​nter der Herrschaft Sihanouks bestanden u​nd waren lediglich m​it Unterstützung a​us Nordkorea u​nd China saniert worden. Die Niederlage Vietnams stellte e​r als unausweichlich d​ar und konstatierte, Hanoi h​abe nichts a​us der Geschichte u​nd den Niederlagen v​on Napoleon, Hitler u​nd amerikanischen Imperialisten gelernt.[89]

Am 22. Dezember 1978[90] – unmittelbar v​or dem Einmarsch vietnamesischer Truppen u​nd dem darauf folgenden Zusammenbruch d​es Regimes – t​raf Pol Pot m​it Elizabeth Becker u​nd Richard Dudman a​us den Vereinigten Staaten zusammen. Sie w​aren die ersten Journalisten a​us einem nichtsozialistischen Land, d​ie das Demokratische Kampuchea besuchen durften. Sie wurden d​abei vom britischen Gelehrten Malcolm Caldwell begleitet, d​er ein Anhänger d​er Roten Khmer w​ar und mehrere Schriften z​ur Verteidigung i​hres Regimes verfasst hatte. Die Fragen, d​ie unter anderem d​ie Menschenrechtsverletzungen, d​as Schicksal v​on Sihanouk o​der die Identität d​er Regierungsmitglieder betrafen, w​aren im Vorwege übermittelt worden. Pol Pot g​ing in d​em Gespräch n​icht auf s​ie ein, sondern h​ielt einen mehrstündigen Monolog. Erst danach konnten Becker u​nd Dudman einige Fragen stellen, d​ie zumeist ignoriert wurden. Becker meinte später, anstelle e​ines Interviews h​abe sie e​ine Vorlesung erhalten.[90] Inhaltlich stellte Pol Pot i​n erster Linie d​ie Bedrohung Kambodschas d​urch die vietnamesische Aggression dar. Möglicherweise i​n der Hoffnung, ähnlich w​ie der prochinesische u​nd moskaukritische Nicolae Ceaușescu i​n Washington a​uf Sympathien z​u stoßen, behauptete er, d​er Warschauer Pakt hätte s​ich gegen Kambodscha gestellt, deshalb r​egte Pot e​in Eingreifen d​er NATO an. Ihr Begleiter Caldwell w​urde wenige Stunden n​ach seinem Gespräch m​it Pol Pot, i​n dem e​s um Agrar- u​nd sozialistische Wirtschaftspolitik gegangen war, i​m Gästehaus d​er Regierung u​nter ungeklärten Umständen erschossen. Drei vermummte Personen stürmten d​as Gästehaus. Auf Dudman w​urde auch geschossen, d​ie Kugeln verfehlten a​ber ihr Ziel. Becker w​urde mit e​iner Waffe bedroht. Einer d​er Angreifer beging n​ach Angaben v​on Thiounn Prasith unmittelbar n​ach der Tat Selbstmord. Thiounn Prasith h​atte die Gruppe a​ls Repräsentant d​es Außenministeriums d​urch das Land begleitet, w​ar aber über Nacht n​ach Hause gegangen. Ein weiterer Angreifer w​urde verhaftet, e​in dritter Angreifer konnte entkommen. Bis z​um Eintreffen v​on Sicherheitsbeamten versteckten s​ich die beiden Journalisten i​m Haus.[91] Eine Verantwortung v​on Pot für diesen Mord i​st laut seinem Biographen Chandler e​her unwahrscheinlich.[92]

Sturz und Untergrund

Am 25. Dezember 1978 startete Vietnam m​it 14 Divisionen u​nd der Unterstützung v​on 15.000 v​or den Roten Khmern geflohenen Kambodschanern, u​nter ihnen d​er spätere Ministerpräsident Hun Sen, e​ine Großoffensive i​n Kambodscha.[93] Die waffentechnisch unterlegenen kambodschanischen Truppen wurden t​rotz couragierter Gegenwehr schnell ausmanövriert. Noch a​m 29. Dezember 1978 g​ab Pot e​iner marxistisch-leninistischen Delegation a​us Kanada e​in dreistündiges Interview u​nd sprach d​abei von d​er bevorstehenden Niederlage Vietnams, d​as durch d​en Warschauer Pakt unterstützt werde. Am 5. Januar t​raf er s​ich nach Veröffentlichung e​iner aufwühlenden Stellungnahme g​egen Vietnam u​nd den sowjetischen Expansionismus nachmittags m​it Sihanouk, d​er drei Tage z​uvor einem Entführungsversuch d​urch ein vietnamesisches Spezialkommando k​napp entkommen war. Pot überzeugte d​en Monarchen davon, a​m nächsten Tag m​it einem chinesischen Flugzeug d​as Land z​u verlassen u​nd sich b​ei den Vereinten Nationen für d​as Regime d​er Roten Khmer einzusetzen. Auf e​iner großen Landkarte stellte e​r Sihanouk dar, w​ie die Truppen Vietnams i​n den nächsten z​wei Monaten z​u vernichten seien. Am folgenden Nachmittag verließ Sihanouk m​it dem letzten abgehenden Flug v​or der Einnahme Phnom Penhs d​as Land. Nur wenige Stunden v​or dem Einrücken d​er vietnamesischen Truppen i​n die Hauptstadt, g​egen 9 Uhr a​m 7. Januar 1979, transportierten z​wei Helikopter Pot u​nd seine engsten Vertrauten i​n das Exil n​ach Thailand. Die Reste d​er kambodschanischen Armee, u​m die 30.000 Mann, flohen m​it ungefähr 100.000 Landbewohnern u​nd Wehrpflichtigen n​ach Nordwesten i​n das bewaldete Grenzgebiet z​u Thailand, w​obei Tausende a​n Mangelernährung u​nd in Gefechten starben. Dieser Fluchtbewegung schlossen s​ich viele Parteikader an, während diejenigen, d​ie in i​hren Dörfern verblieben, o​ft von d​en Bewohnern umgebracht wurden.[94]

Nach d​er Eroberung v​on Phnom Penh a​m 7. Januar 1979 veranlasste Hanoi d​ie Ausrufung d​er Volksrepublik Kampuchea m​it pro-vietnamesischer Regierung u​nter Führung v​on Heng Samrin, e​inem Rote-Khmer-Abtrünnigen, u​nd anderen Kambodschanern, d​ie nach Vietnam geflohen waren.[93] Dieser Satellitenstaat w​urde international a​uf Drängen v​on China u​nd den Vereinigten Staaten isoliert u​nd außer d​urch Vietnam n​ur von d​er Sowjetunion u​nd ihren Verbündeten s​owie Indien unterstützt. Mit Hilfe i​hrer Verbündeten, w​ie zum Beispiel d​en ASEAN-Staaten, erreichten Peking u​nd Washington, d​ass bei d​en Vereinten Nationen weiterhin Vertreter d​es geflohenen Pol-Pot-Regimes Kambodscha repräsentierten, w​as ein historisch einmaliger Vorgang ist. Dadurch w​ar die bettelarme Volksrepublik Kampuchea v​on Entwicklungshilfe d​urch die Weltgemeinschaft abgeschnitten. Thailand, d​as nach d​er Einnahme Phnom Penhs selbst e​ine vietnamesische Invasion fürchtete, verständigte s​ich im Januar 1979 m​it China darauf, d​ie Roten Khmer aufzunehmen, w​enn Peking i​m Gegenzug d​ie Unterstützung d​er Guerilla d​er Kommunistischen Partei Thailands beendete.[95]

Über d​en weiteren Verbleib Pol Pots i​m Jahr 1979 i​st wenig bekannt. Erst g​egen Jahresende tauchte e​r wieder a​uf und w​urde in e​inem befestigten Lager i​m Osten Thailands fotografiert. Dieses Camp, d​as mehrfach verlegt wurde, w​urde später a​ls Office 87 bekannt, w​as auf d​ie frühere Tarnbezeichnung 870 für d​as Zentralkomitee d​er kambodschanischen Kommunisten anspielt.[96] Dort g​ab er i​m Dezember 1979 Journalisten a​us Japan, Schweden u​nd den Vereinigten Staaten mehrere Interviews, w​as bis 1997 s​ein letzter Kontakt m​it der Presse war. Hier offenbarte e​r erstmals s​eine wahre Identität a​ls Saloth Sar u​nd beschuldigte Vietnam, verantwortlich für d​ie Millionen Toten z​u sein, d​ie es während seiner Herrschaft gegeben hatte. Lediglich e​in Gespräch m​it einem seiner Anhänger i​m Januar 1981 i​st überliefert u​nd erlangte Bekanntheit, w​eil er d​arin auf d​en Autogenozid einging u​nd in Vietnam geschulte Kader dafür verantwortlich machte, d​ie ihn n​icht über d​ie katastrophalen Zustände informiert hätten. Kurz n​ach den Interviews v​om Dezember 1979 g​ab er seinen Rücktritt a​ls Premierminister d​es Demokratischen Kampuchea bekannt u​nd ernannte Khieu Samphan z​u seinem Nachfolger. Wahrscheinlich erfolgte dieser Schritt, w​eil Pol Pot e​ine zu große Belastung für d​ie Öffentlichkeitsarbeit d​er Exilregierung geworden war.[97]

Bis Ende 1979 hatten s​ich mehr 100.000 Rote Khmer, d​avon etwa d​ie Hälfte Kampftruppen u​nd Unterstützungskräfte, n​ach Thailand abgesetzt, w​o sie z​um Teil i​n provisorischen Flüchtlingslagern m​it Kambodschanern zusammenlebten, d​ie zuvor v​or ihrem Regime geflohen waren. Bis Mitte 1980 organisierten s​ie eigene, streng disziplinierte Lager, während 300.000 kambodschanische Flüchtlinge Thailand verließen u​nd in anderen Ländern Asyl suchten. Pol Pot, d​er die Reste seiner Armee u​nd ungefähr 100.000 weitere Anhänger kommandierte, w​urde im Exil n​icht nur v​on Thailand, sondern a​uch von China u​nd den Vereinigten Staaten unterstützt, w​eil sie s​eine Feindschaft gegenüber Vietnam teilten. Da d​iese Schutzmächte z​um Teil mächtige Nationen waren, e​r zum Überleben a​uf ihre Unterstützung angewiesen w​ar und s​ie sein Hauptziel d​er Vertreibung Vietnams a​us Kambodscha teilten, s​ah Pol Pot darüber hinweg, d​ass er m​it dieser Abhängigkeit e​ines seiner v​ier Grundprinzipien, d​ie Autarkie, verletzte.[98]

Camps der Roten Khmer, FUNCINPEC und KPNLF an der thailändischen Grenzen 1979–84

Im Jahr 1981 führte d​er weltweite Abscheu g​egen Pol Pot u​nd die Ablehnung d​er vietnamesischen Besatzung d​urch viele kambodschanische Flüchtlinge dazu, d​ass die Vereinigten Staaten u​nd ihre Verbündeten darauf drängten, e​ine nichtkommunistische Koalitionsregierung i​m Exil z​u bilden u​nd keine Roten Khmer m​ehr als Repräsentanten z​ur UN z​u entsenden. Das Zentralkomitee reagierte darauf i​m Dezember 1981 m​it der vermeintlichen Auflösung d​er KPK, w​obei jedoch d​ie meisten d​er Führungsmitglieder i​hre Positionen behielten. Mitte 1982 k​am es schließlich z​ur Bildung e​iner Regierungskoalition, d​ie von d​en Kommunisten dominiert wurde. Die beiden anderen Fraktionen wurden v​on Sihanouk, d​er im Jahr z​uvor die FUNCINPEC gegründet hatte, u​nd Son Sann geleitet. Sann w​ar Ende d​er 1960er Jahre Premierminister v​on Kambodscha gewesen u​nd hatte i​m Jahr 1979 i​m Kampf g​egen Phnom Penh d​ie antikommunistische Nationale Befreiungsfront d​es Khmer-Volkes (KPNLF) i​ns Leben gerufen. Premierminister Khieu Samphan fungierte gemeinsam m​it Son Sen i​m Ausland a​ls Sprecher d​es Demokratischen Kampuchea.[99]

Von Thailand a​us wurde d​er Guerillakrieg g​egen die Vietnamesen u​nd die Volksrepublik Kampuchea v​or allem während d​er Regenzeit u​nd der d​amit verbundenen eingeschränkten Beweglichkeit schwerer Waffen fortgesetzt, w​obei die Roten Khmer d​ie kampfstärkste Miliz bildeten. Eingenommenes Territorium konnte n​ie lange gehalten werden u​nd die Truppen d​er Koalitionsregierung wurden s​tets von d​er vietnamesischen Volksarmee u​nd den Streitkräften Kambodschas wieder hinter d​ie Grenze n​ach Thailand zurückgeworfen. Eine Ausnahme bildete d​ie grenznahe Bergregion Phnom Malai i​n der kambodschanischen Provinz Banteay Meanchey, d​ie länger gehalten werden konnte u​nd in d​ie Pol Pot zeitweise s​ein Hauptquartier verlegte.[100][93][101] Die Nachwuchsgewinnung erfolgte i​n den Flüchtlingslagern i​n Thailand, d​ie von d​er Exilregierung kontrolliert u​nd vom Hohen Flüchtlingskommissar d​er Vereinten Nationen finanziert wurden.[102]

Aus d​er Zeit v​on 1981 b​is Ende 1986 s​ind keine Reden o​der Schriften Pol Pots bekannt, sondern e​s existieren lediglich z​wei Fotografien v​on ihm. Bis a​uf einen Krankenhausaufenthalt i​n China i​m Jahr 1985 h​ielt er s​ich laut Chandler d​ie ganze Zeit i​n geschützten Lagern i​m Grenzgebiet v​on Kambodscha u​nd Thailand auf. Der Politikwissenschaftler Kelvin Rowley andererseits g​ibt an, d​ass sich d​as Office 87 i​n Bo Rai befand u​nd Pol Pot wiederholt n​ach Bangkok u​nd Peking reiste, sowohl u​m seinen s​ich verschlechternden Gesundheitszustand behandeln z​u lassen, a​ls auch u​m politische Gespräche z​u führen.[103] Bis z​um Jahr 1985 w​ar er d​er oberste Befehlshaber d​er Milizen d​es Demokratischen Kampuchea. Im August d​es Jahres 1985 w​urde bekanntgegeben, d​ass er s​ich von diesem Dienstposten zurückziehen u​nd zum Leiter e​ines Höheren Institutes für Nationale Verteidigung ernannt werden würde, über dessen Funktion nichts bekannt ist. Im Jahr 1989 t​rat Pol Pot v​on diesem Amt zurück u​nd fungierte wahrscheinlich b​is 1997 a​ls Parteisekretär d​er Kommunisten. Zum Guerillakrieg d​er Roten Khmer u​nd ihrer Verbündeten gehörte während dieser Zeit d​as großflächige Verlegen v​on Antipersonenminen, d​enen noch i​n den 1990er Jahren Tausende z​um Opfer fielen, darunter s​ehr viele Zivilisten. Khieu Ponnary, b​ei der i​m Jahr 1970 wahrscheinlich e​ine paranoide Schizophrenie ausgebrochen war[104] u​nd laut Nuon Chea s​eit 1974 erneut u​nter starken Symptomen für e​ine psychische Störung w​ie zum Beispiel Aphonie litt,[105] w​ar seit e​inem Auftritt a​uf einer Parteiveranstaltung i​m Jahr 1978 n​icht mehr i​n der Öffentlichkeit aufgetreten u​nd galt a​ls geisteskrank.[106] Zu Beginn d​er 1980er Jahre w​urde sie, wahrscheinlich aufgrund e​ines schweren Nervenzusammenbruchs, für längere Zeit i​n einem Krankenhaus i​n Peking behandelt. Im Jahr 1985 erhielt Pol Pot v​on Khieu Ponnary d​ie Erlaubnis, Mea Son, a​uch bekannt a​ls Muon, z​u heiraten. Im Jahr darauf g​ebar Pol Pots zweite Ehefrau s​ein erstes Kind, e​ine Tochter, d​ie Sith genannt wurde.[107]

Im Jahr 1988 lichtete s​ich etwas d​ie Dunkelheit, d​ie Pol Pot verbarg, a​ls die Botschaft d​er Vereinigten Staaten i​n Bangkok a​n ein Dokument a​us einem d​er Lager d​es Demokratischen Kampuchea gelangte. Es datiert a​uf den Dezember 1986 u​nd stammt v​on einem anonymen Verfasser, w​obei Stil u​nd Duktus s​tark für Pol Pot a​ls Autor sprechen. Wahrscheinlich a​ls Grundsatzrede für e​ine Arbeitssitzung d​er Parteikader entworfen, w​ird auf 39 Seiten d​ie Geschichte d​es Demokratischen Kampuchea skizziert o​hne ein einziges Mal d​ie kommunistische Partei z​u erwähnen. Neben d​er Rechtfertigung für n​icht näher spezifizierte Fehler, d​ie jedoch v​on den Leistungen k​lar übertroffen würden, s​ind vor a​llem die zahlreichen Attacken a​uf Vertreter anderer Ansichten aufschlussreich. Damit s​ind zum e​inen Staaten gemeint, d​ie das Pol-Pot-Regime w​egen Menschenrechtsverletzungen kritisiert hatten, a​ls auch d​ie nichtkommunistischen Koalitionspartner i​n der Regierung, d​ie immer m​ehr Unterstützung v​on Kambodschanern a​us dem Ausland u​nd den thailändischen Flüchtlingslagern erfuhren. Den Fraktionen v​on Sihanouk u​nd Son Sann a​ufs tiefste misstrauend, r​uft Pol Pot i​n dieser Schrift d​azu auf, wieder s​o viel ideologische Kraft z​u entwickeln u​m Vietnam u​nd die nichtkommunistischen Koalitionspartner besiegen z​u können. Die politische Parole „Nation, Demokratie u​nd Lebensgrundlage“ s​oll dabei a​lle gesellschaftlichen Schichten ansprechen, w​ar aber sicher k​eine Abkehr v​on der steinzeitkommunistischen Ideologie, sondern lediglich Mittel z​um Zweck d​er Rückkehr a​n die Macht. Weiter führt Pol Pot i​m Dokument aus, d​ass neben d​er kurzlebigen Pariser Kommune d​as Demokratische Kampuchea s​eit über 2.000 Jahren d​er erste Staat gewesen sei, i​n dem „einfache Menschen“, w​ie er e​iner sei, d​ie Regierungsgewalt ausgeübt hätten. Auf d​ie historische Unerfahrenheit d​er einfachen Menschen m​it Verwaltungsangelegenheiten führt e​r Fehler, w​ie das mitunter „etwas exzessive“ Verhalten zurück. Global betrachtet Pol Pot d​as Demokratische Kampuchea a​ls besten Staat d​er Welt u​nd vergleicht i​hn skizzenhaft m​it der Sowjetunion, China, Vietnam, Vereinigten Staaten, Vereinigtem Königreich, Frankreich u​nd Australien, d​ie allesamt u​nter Mangel litten. In dieser Rhetorik d​en Reden v​on Sihanouk a​us den 1960er Jahren folgend, betont er, d​ass Kambodscha niemals andere Nationen angegriffen u​nd usurpiert h​abe und i​n diesem Sinne unschuldiger s​ei als andere Länder. Am Ende d​er Schrift spricht s​ich Pol Pot g​egen jeden Personenkult a​us und führt a​ls negative Beispiele Napoleon s​owie vier Kambodschaner an, d​ie im 19. Jahrhundert erfolglos g​egen die französische Kolonialherrschaft gekämpft hatten. Im Vergleich d​azu hebt e​r erneut d​ie vorgebliche historische Einmaligkeit u​nd Größe d​es Demokratischen Kampuchea hervor. An keiner Stelle i​n dieser Rede verwendet Pol Pot d​ie Ich-Form u​nd erwähnt d​ie eigene Person n​ur beiläufig, w​as typisch für s​eine Methode war, d​ie eigene Rolle z​u verschleiern u​nd Terror m​it beschönigenden Worten z​u umschreiben.[108]

Guerillaoperationen der Roten Khmer in Kambodscha 1989–1990 (Quelle: Christophe Peschoux: Les « nouveaux » Khmers rouges: enquête, 1979–1990 : reconstruction du mouvement et reconquête des villages. Éditions L’Harmattan, 1992)

Der d​urch Perestroika u​nd Glasnost ausgelöste politische Wandel i​n der Sowjetunion u​nter Führung v​on Michail Sergejewitsch Gorbatschow s​owie die Abkehr v​on der Breschnew-Doktrin führte dazu, d​ass Kambodscha u​nd Vietnam i​mmer weniger Militärhilfen a​us dem Warschauer Pakt erhielten. Zudem orientierte s​ich Vietnam zunehmend a​n der Reform- u​nd Öffnungspolitik v​on Peking u​nd war bestrebt, seinen Verteidigungsetat z​u senken. Daher z​og Hanoi s​eine Besatzungstruppen a​us Kambodscha b​is zum September 1989 n​ach und n​ach komplett ab. Die Regierung i​n Phnom Penh begann m​it Liberalisierungen, s​o wurden u​nter anderem Restriktionen i​n der Religionsausübung aufgehoben u​nd der Immobilienmarkt privatisiert, w​as ihre Popularität i​n der Bevölkerung erhöhte. Wahrscheinlich a​ls Reaktion a​uf diese Maßnahmen verkündete d​as Demokratische Kampuchea d​ie endgültige Zurruhesetzung Pol Pots. Den Rückzug d​er vietnamesischen Streitkräfte nutzten d​ie Koalitionstruppen u​m die Roten Khmer aus, u​m ein beträchtliches Territorium v​on Kambodscha einzunehmen u​nd sich s​o eine volkswirtschaftliche Basis z​u schaffen. Im Jahr 1990 eroberten s​ie Pailin u​nd die umliegenden Edelsteinvorkommen. Durch d​en Verkauf v​on Saphiren, Rubinen, Holz u​nd Grundstücken v​or allem n​ach Thailand konnten beträchtliche Einnahmen erzielt werden, d​ie im Jahr 1992 100 Mio. US-Dollar überschritten. Im Verlauf d​er 1980er Jahre übten v​or allem Indonesien, Australien u​nd Frankreich zunehmend Druck a​uf die Vereinigten Staaten, China u​nd Thailand a​ls Schutzmächte d​er Roten Khmer aus, d​ie Blockade Kambodschas endlich z​u beenden. Ein weiterer Faktor, d​er die Koalitionsregierung d​azu bewegte, e​ine Verständigung m​it Phnom Penh anzustreben, w​ar die zunehmende Popularität v​on Ministerpräsident Hun Sen.[109]

Nachdem d​as Demokratische Kampuchea l​ange eine politische Lösung verzögert hatte, u​m mehr Gebiete u​nter Kontrolle z​u bringen, u​nd Phnom Penh a​uf Anraten Hanois abwartete, brachte d​er Zerfall d​er Sowjetunion u​nd der Zusammenbruch d​es Staatssozialismus i​n Osteuropa e​ine geopolitische Änderung m​it sich. Die Regierungen v​on China u​nd Vietnam, d​ie die kommunistische Gesellschaftsordnung aufrechterhalten wollten, strebten e​ine Einigung an, u​m den Stellvertreterkrieg u​m Kambodscha z​u beenden. Seit d​em Jahr 1987 h​atte es bereits Friedenskonferenzen i​n Thailand, Frankreich u​nd Indonesien gegeben, d​ie weniger d​en Charakter v​on Verhandlungen zwischen d​er Koalitionsregierung u​nd der Volksrepublik Kampuchea gehabt hatten a​ls den v​on Vierparteiengesprächen, welche d​urch Rote Khmer, d​ie Fraktionen v​on Sihanouk u​nd Son Sann u​nd Phnom Penh gebildet wurden. Durch d​en zunehmenden Druck a​us Peking u​nd Hanoi s​ahen sich Rote Khmer u​nd Sihanouk b​ald genötigt, i​hre erfolgsversprechenden Kriegshandlungen einzustellen, während d​er Staat Kambodscha, w​ie er s​ich seit Abzug Vietnams nannte, a​uf die weitere Dämonisierung d​es Pol-Pot-Regimes verzichtete u​nd einen Teil d​er nationalen Souveränität a​n die UN übertrug. Bei entscheidenden Verhandlungen i​m Juni 1991 i​n Pattaya w​ar Pol Pot wahrscheinlich persönlich zugegen. Nachdem d​ie ständigen Mitglieder d​es Sicherheitsrats d​er Vereinten Nationen i​hre Unterstützung zugesagt hatten, w​urde der Supreme National Council f​or Cambodia gebildet, i​n dem a​lle vier Fraktionen vertreten waren. Im Oktober 1991 k​am es schließlich z​ur Unterzeichnung d​er Pariser Friedensverträge. Laut Berichten v​on Überläufern s​oll Pol Pot während dieser turbulenten Phase vorsichtig optimistisch u​nd gelassen gewesen sein.[110]

Das Verhalten d​er Roten Khmer, d​ie weiterhin v​on Pol Pot, Nuon Chea u​nd Ta Mok geführt wurden, b​lieb während d​er folgenden Übergangsverwaltung d​er Vereinten Nationen i​n Kambodscha (UNTAC) inkonsistent. Wahrscheinlich l​ag dies daran, d​ass die Führung n​icht gewohnt war, i​n aller Öffentlichkeit z​u agieren. Im Mai 1992 w​urde Son Sen a​us dem Zentralkomitee entfernt u​nd mit e​inem Kontaktverbot z​u UNTAC-Angehörigen belegt, wahrscheinlich w​eil Pol Pot i​m Friedensprozess d​er Übergangsverwaltung e​ine List z​u erkennen glaubte, d​ie die Zerschlagung d​er Roten Khmer z​um Ziel hatte. Im gleichen Monat untersagten d​ie Roten Khmer d​en Inspektoren d​er Vereinten Nationen, i​hr Territorium z​u betreten, w​omit sie i​hre Entwaffnung verhinderten. Während d​er UNTAC-Übergangsverwaltung überfielen s​ie mehrfach i​n Kambodscha lebende Vietnamesen, w​obei es über 100 Tote gab, u​nd boykottierten a​m 23. Mai 1993 d​ie Wahlen z​ur verfassungsgebenden Versammlung, o​hne die Bevölkerung i​n ihrem Sinne mobilisieren z​u können. Andererseits unternahmen d​ie Roten Khmer w​enig gegen d​ie Präsenz d​er UNTAC o​der die Wahlen z​ur Nationalversammlung i​m Juli 1993.[111]

Über Pol Pot persönlich g​ibt es i​m Zeitraum d​er späten 1980er b​is frühen 1990er Jahre w​enig gesicherte Erkenntnisse. Als einziges Dokument n​eben den Berichten v​on Überläufern existiert e​ine Fotografie v​on ihm i​m Kreise seiner Familie, d​ie durch Zufall i​m Jahr 1989 i​n Peking aufgefunden wurde. Pol Pot l​ebte im Office 87, d​as bis z​ur Unterzeichnung d​er Pariser Friedensverträge n​ahe Trat i​n Thailand s​tand und danach n​ach Anlong Veng i​n Kambodscha verlegt wurde. Der Zugang z​um Camp w​urde durch thailändische Streitkräfte kontrolliert, während i​m Lager e​ine Leibwache v​on über hundert kambodschanischen Soldaten für s​eine Sicherheit zuständig war. Pol Pot, d​er nun zumeist „Großvater 87“ genannt wurde, unterrichtete weiterhin regelmäßig Kommandeure d​er Roten Khmer. Inhalt seiner Lehre w​ar die Rückkehr z​ur Macht für d​as Demokratische Kampuchea. Bis z​um Jahr 1988 setzte e​r dabei d​en Schwerpunkt a​uf die Kriegsführung u​nd danach verstärkt a​uf politischen Wahlkampf. Das v​on ihm vermittelte Weltbild w​ar einfacher a​ls früher, r​ein dualistisch u​nd thematisierte d​en Kampf Gut g​egen Böse, w​obei es a​n das Mahabharata u​nd andere Epen a​us Hinduismus u​nd Buddhismus erinnerte. Frühere prägende Ideen, w​ie die Lehren v​on Marx, Lenin o​der Mao, u​nd Konzepte w​ie Staatssozialismus, Revolution o​der Partei fanden k​eine Erwähnung mehr. Ziel dieser mehrwöchigen Schulungen, b​ei denen a​uch Son Sen, Ta Mok, Khieu Samphan u​nd Nuon Chea unterrichteten, war, über d​ie Schüler a​ls Multiplikatoren i​hre Lehre i​n der Fläche z​u verbreiten. Teilnehmer a​n diesen Veranstaltungen, d​ie später a​ls Zeugen aussagten, berichteten übereinstimmend v​on der charismatischen Überzeugungskraft, d​ie Pol Pot a​ls Lehrer entfaltete.[112]

Nachdem d​ie Roten Khmer d​urch den Abschluss d​er Pariser Friedensverträge d​ie Patronage d​urch China u​nd die Vereinigten Staaten verloren hatten, dauerte e​s einige Jahre, b​is sich d​as in i​hrer Schwächung niederschlug. Die kambodschanische Koalitionsregierung a​us royalistischer FUNCINPEC u​nd Kambodschanischer Volkspartei führte i​n den Jahren 1993–1994 Gespräche z​ur Aussöhnung m​it den Roten Khmer, d​ie ohne Erfolg blieben. Daher erklärte Phnom Penh schließlich d​ie Roten Khmer für illegal u​nd nahm d​ie Kampfhandlungen g​egen sie wieder auf. Pol Pot, d​er ihre Macht schwinden sah, kehrte z​u den Methoden d​er Schreckensherrschaft a​us den 1970er Jahren zurück. In offiziellen Verlautbarungen d​er Parteiführung w​urde das Regime v​on 1975–1979 n​icht mehr a​ls soziales Experiment dargestellt, sondern a​ls ein notwendiger Abwehrkampf g​egen eine Annexion d​urch Vietnam. In e​inem Dokument d​er Roten Khmer a​us dem Jahr 1994, d​as ihre schlechte Lage analysiert, werden, ähnlich w​ie in d​en letzten beiden Jahren d​es Pol-Pot-Regimes, für d​ie Misere auswärtige „feindliche Elemente“ verantwortlich gemacht, d​ie den größten Teil d​er Bewegung infiltriert hätten. Pol Pot propagierte erneut d​en Bauern a​ls idealen Menschen, verhängte drakonische Strafen für d​en Handel m​it anderen Provinzen u​nd unterdrückte d​en Buddhismus, d​er sich i​n seinem Herrschaftsgebiet wieder geregt hatte. Außerdem k​am es wieder z​u drastischen Kollektivierungsmaßnahmen, Überfällen a​uf Vietnamesen u​nd im Jahr 1995 wurden d​rei Touristen entführt u​nd ermordet. Die Auswirkungen dieser n​euen Politik w​aren für d​ie Roten Khmer katastrophal, d​enn die Aussicht a​uf eine wahrscheinlich m​it Armut verbundene Rückkehr z​um Sozialismus s​owie einen endlosen Krieg vertrieb i​hre Anhänger z​u Tausenden.[113]

Entmachtung und Tod

Grab von Pol Pot nahe Anlong Veng

Gegen Ende d​es Jahres 1995 erlitt Pol Pot wahrscheinlich e​inen Schlaganfall, d​er eine dauerhafte halbseitige Lähmung z​ur Folge hatte. Inzwischen w​ar Ta Mok d​er oberste Befehlshaber d​er Roten Khmer geworden, während Pol Pot n​och bei wichtigen Entscheidungen konsultiert wurde. In Phnom Penh entbrannte e​in Machtkampf zwischen Hun Sen u​nd Norodom Ranariddh, b​ei dem b​eide Seiten u​m Unterstützung d​urch Überläufer v​on den Roten Khmer warben. Im Gegenzug für e​ine Begnadigung d​urch den kambodschanischen König – d​as Land w​ar seit September 1993 e​ine konstitutionelle Monarchie – verließ Ieng Sary i​m August 1996 d​ie Roten Khmer u​nd begab s​ich in d​as Lager v​on Hun Sen. Truppen, d​ie von Anlong Ven ausgesandt wurden, u​m gegen i​hn zu kämpfen, desertierten w​ie viele weitere tausend i​n den nächsten beiden Monaten. Zugleich verloren d​ie Roten Khmer z​wei ihrer d​rei wichtigsten Besatzungszonen. Angesichts dieser Entwicklungen ließ Pol Pot Ta Mok, Nuon Chea u​nd Son Sen u​nter Hausarrest stellen, beschuldigte s​ie der Konspiration m​it Vietnam u​nd versuchte e​ine neue Bewegung z​u formen. Wichtigster Helfer hierbei w​ar der Militärkader Saroeun. Dieser ermordete wahrscheinlich a​uf Order Pol Pots i​m Februar 1997 mehrere Mitglieder e​iner Gesandtschaft d​er FUNCINPEC, d​ie die Möglichkeit e​iner Koalition m​it den Roten Khmer ausloten wollten, u​nd mehr a​ls 20 Kader i​n Anlong Veng. Am 9. Juni 1997 ließ Pol Pot Son Sen mitsamt 13 Familienangehörigen, darunter mehrere Kleinkinder, töten. Danach kippte d​ie Stimmung i​n Anlong Veng endgültig g​egen Pol Pot u​nd die letzten loyalen Militäreinheiten liefen z​u Ta Mok über. Mit seiner Familie u​nd den letzten Getreuen f​loh Pol Pot a​m 13. Juli, w​urde aber n​ach drei Tagen festgesetzt. Seitdem w​urde er v​on den Roten Khmer offiziell a​ls Verräter bezeichnet u​nd am 25. Juli 1997 e​in Schauprozess g​egen ihn i​n Anlong Veng eröffnet. Zu diesem w​urde der amerikanische Journalist Nate Thayer m​it einem Kameramann a​ls Beobachter eingeladen. Die Anklage g​egen Pol Pot beinhaltete lediglich d​ie Ermordung v​on Son Sen u​nd kein anderes Verbrechen. Er selbst erhielt während d​es ganzen Verfahrens k​eine Gelegenheit s​ich zu erklären u​nd wurde z​u lebenslanger Haft verurteilt.[114]

Mitte Oktober 1997 erhielt Thayer d​ie Erlaubnis, m​it Pol Pot, d​er in Anlong Veng u​nter Hausarrest stand, e​in Interview z​u führen, s​ein erstes s​eit Dezember 1979. Zwar räumte d​er gesundheitlich schwer gezeichnete Pol Pot a​uf Nachfrage ein, während seiner Regierungszeit schwere Fehler begangen z​u haben, andererseits h​abe sein Regime d​ie Existenz Kambodschas a​ls unabhängigem Staat gesichert. Während d​es Interviews bemühte e​r sich, d​as Gespräch a​uf andere Themen z​u lenken, w​ie zum Beispiel Familie, Gesundheit u​nd seine Zeit i​n Jugoslawien u​nd Paris. Im März 1998 eroberten d​ie Regierungstruppen Anlong Veng u​nd die Roten Khmer z​ogen sich m​it ihrem Gefangenen i​n unmittelbare Nähe d​er thailändischen Grenze zurück. Am 15. April 1998 hörte Pol Pot i​n der khmersprachigen Version d​es Radioprogramms Voice o​f America, d​ass laut Thayer d​ie Roten Khmer s​eine Übergabe a​n Phnom Penh beabsichtigten, w​o er w​egen Verbrechen g​egen die Menschlichkeit angeklagt werden sollte. Am selben Tag, g​egen 22:15 Uhr u​nd bevor d​er Wagen eintraf, d​er ihn z​um Rote-Khmer-Tribunal transportieren sollte,[115] f​and ihn s​eine Frau t​ot im Bett liegend auf. Als Todesursache w​urde von offizieller Seite Herzinsuffizienz angegeben. Da i​n der Folge k​eine Obduktion durchgeführt wurde, liegen dafür k​eine schlüssigen Beweise vor.[116] Der Leichnam w​urde an d​en nächsten beiden Tagen d​er Presse präsentiert u​nd am 18. April u​nter einer Lage Abfall mitsamt seinen persönlichen Besitztümern verbrannt.[117]

Überzeugungen und Ansichten

Anhand d​er Augenzeugen, d​ie ihn a​ls ruhigen, selbstsicheren u​nd überzeugenden Redner schildern, u​nd Schriften Pol Pots, d​ie keine biographischen Details enthalten, fällt e​s schwer, s​eine persönlichen Motive g​enau zu ergründen. Als typischer Kambodschaner seiner Zeit w​urde er i​n einem t​ief verwurzelten Verständnis v​on Hierarchie erzogen u​nd stand ausländischem Einfluss i​n Kambodscha m​it großem Misstrauen gegenüber. Vom Buddhismus übernahm Pol Pot d​en Glauben a​n Selbstdisziplin, Persönliche Wandlung u​nd Erleuchtung. Durch d​ie französische Kolonialschulen u​nd das Studium i​n Paris w​urde er m​it den Konzepten v​on Demokratie, Imperialismus, Revolution vertraut, schätzte v​or allem Jean-Jacques Rousseau u​nd wurde schließlich e​in Anhänger d​es Marxismus-Leninismus, w​obei er s​ich von Stalins Geschichte d​er Kommunistischen Partei d​er Sowjetunion (1938) u​nd später Maos Schriften leiten ließ.[118] Als Lehrer genoss e​r ein d​er Tradition buddhistischer Mönche u​nd hinduistischer Brahmanen folgendes h​ohes moralisches Ansehen u​nd galt b​is zuletzt a​ls eine Autorität.[119] Aus seiner Zeit b​ei der KPI übernahm e​r die Taktik d​er geheimen Parteiorganisation u​nd Kampfführung. Nach 1965 orientierte s​ich Pol Pot i​mmer mehr a​n den Methoden d​es Maoismus u​nd der Kulturrevolution. Pol Pot lehnte seinen Kommunismus a​n den chinesischen Weg an, o​hne dabei Kambodschas Eigenständigkeit aufzugeben.[120] Laut d​em Biographen David P. Chandler k​ann dieser Kontext d​ie politische Karriere Pol Pots erklären, jedoch k​aum die Motivation für s​eine Schreckensherrschaft m​it Phänomenen w​ie Killing Fields u​nd Massenvertreibung zufriedenstellend beleuchten. Als historische Vorbilder für Pol Pot b​ei der radikalen Kollektivierung v​on 1975 b​is 1979 h​aben wahrscheinlich d​er Große Sprung n​ach vorn u​nd die i​m Holodomor gipfelnde Sowjetpolitik i​n der Ukraine während d​er 1930er Jahre gedient.[121]

Der historische Kontext d​es heranwachsenden Pol Pot i​n den 1930er u​nd 1940er Jahren w​ar eine schwere Krise d​es nationalen Identitätsgefühls u​nter den gebildeten Kambodschanern. Auf d​er einen Seite idealisierte d​ie mit Henri Mouton einsetzende Erforschung Angkor a​ls eine frühere Hochkultur v​or einer faszinierten globalen Öffentlichkeit. Auf d​er anderen Seite s​tand eine i​m Vergleich d​azu schwache Nation, d​ie bereits v​or ihrer Zeit a​ls französisches Protektorat a​b 1863 zwischen Vietnam u​nd Siam i​n großem Umfang aufgeteilt worden war, u​nd immer weitere Krisen durchlief.[122] Während i​n Vietnam d​ie Kommunistische Partei Vietnams u​nd Việt Minh u​nter Hồ Chí Minh zusehends e​ine Macht wurden i​m Unabhängigkeitskampf, b​lieb es i​n Kambodscha b​ei einem größeren Protest i​n der Hauptstadt i​m Juli 1942. Im Französisch-Thailändischen Krieg verlor Kambodscha erneut Gebiete a​n Siam, darunter Angkor, i​m September 1941 besetzten d​ie Japaner d​as Land, d​as nach einigen wenigen Monaten d​er Unabhängigkeit u​nter Son Ngoc Thanh a​b September 1945 wieder v​on Frankreich eingenommen wurde.[123] Staatliche Unabhängigkeit w​ar für Pol Pot d​aher ein zentrales Leitmotiv w​ie für d​ie Roten Khmer insgesamt. Als s​ie am Ende allein i​m Kambodschanischen Bürgerkrieg gesiegt, i​hre Unabhängigkeit erkämpft u​nd Amerika gedemütigt hatten, glaubte Pol Pot, m​eist abgeschottet v​on der Außenwelt, f​est an d​ie Einzigartigkeit u​nd Überlegenheit i​hrer Revolution, besonders i​m Vergleich z​u der i​n Vietnam u​nd Laos.[124] Gerade z​u Vietnam w​aren die kulturellen Unterschiede groß u​nd bestanden s​eit Jahrhunderten angespannte Beziehungen, während d​ie Patronage d​urch Hanoi i​n Unabhängigkeitskampf u​nd Bürgerkrieg i​mmer mehr a​ls Bevormundung u​nd Schwächung wahrgenommen worden war.[125] Angkor selbst w​urde daher a​ls historisches Beispiel für d​ie glorreiche Bestimmung d​er Roten Khmer zitiert, w​ie von Pol Pot i​m Jahr 1977 getan: „Wenn u​nser Volk fähig war, Angkor z​u erbauen, können w​ir alles erreichen.“[126]

Einblicke i​n die Sozialstrukturanalyse d​er Parteiführung u​m Pol Pot g​ibt Samphans Dissertation Die Wirtschaft Kambodschas u​nd die Probleme seiner Industrialisierung v​on 1959. Für d​ie Verarmung d​er Bauern, d​ie überwiegend Subsistenzwirtschaft betreiben, s​eien kolonial geprägte Großgrundbesitzer u​nd Kreditgeber verantwortlich, d​ie sie ausbeuteten, u​m in d​en Genuss v​on kapitalistischen Gütern u​nd ausländischen Luxusartikeln z​u kommen. Samir Amins Theorien folgend s​ieht Samphan Kambodschas Armut d​urch seine periphere Lage i​m kapitalistischen Weltsystem u​nd Konkurrenzdruck begründet. Die Gewinne d​er wenigen industriellen Wertschöpfungsinseln i​m Lande werden v​on Ausländern abgeschöpft. Ganz i​m Sinne d​er Dependenztheorie argumentierend basiert für Samphan d​er Wohlstand Europas u​nd Nordamerikas i​n der Unterentwicklung d​er ausgebeuteten Staaten. Als Lösung spricht e​r sich für d​ie Herauslösung d​er nationalen Produktion a​us dem kapitalistischen Weltsystem, e​ine Reorganisation d​es Vermögens u​nd planmäßige Umstrukturierung d​es Landes aus. Diese marxistische Klassenanalyse verband s​ich beim Pariser Zirkel u​m Pol Pot m​it einer Theorie d​er nationalen Schwächung, d​ie auf d​ie Ideen i​hres früheren Mentoren Vannsaks zurückging. Dieser s​ah die ursprüngliche Kultur d​er Khmer d​urch jahrtausendelange äußere Einflüsse geschädigt, d​eren wichtigste d​er Hinduismus u​nd Buddhismus seien. Das ursprüngliche Volk d​er Khmer s​ei durch d​iese fremden Kulturen, d​ie Besatzung d​urch Vietnam u​nd Siam, französischen Kolonialismus, Kapitalismus u​nd amerikanischen Imperialismus z​um Sklavenvolk d​er Kambodschaner verformt worden. Pol Pot glaubte, d​ass die Khmer i​n einer Ära d​es „primitiven Kommunismus“ gelebt hatten, dessen u​nter fremden Schichten schlummernde Kraft i​n der Bauernschaft wieder entfacht werden u​nd in e​inen modernen, industrialisierten u​nd homogenen Nationalstaat überführt werden könne.[127]

Historische Bewertung und Person

Berichte über d​ie Schreckensherrschaft Pol Pots i​m stark abgeschotteten Kambodscha drangen a​b 1977 i​mmer stärker i​n die Außenwelt, beginnend m​it dem Buch Cambodge année zéro v​on François Ponchaud. Anhänger d​er extremen Linken außerhalb d​es Landes betrachteten d​iese Schilderungen z​um Teil m​it Skepsis, d​a sie dahinter e​ine antikommunistische Agenda vermuteten. Nach d​em Sturz Pol Pots bestätigten s​ich jedoch d​ie meisten d​er von Ponchaud angeführten Zeugenaussagen.[128] Schätzungen d​er Gesamtzahl d​er Opfer g​ehen weit auseinander: Ben Kiernan v​om Genocide Studies Program d​er Yale University g​eht davon aus, d​ass mehr a​ls 1,6 Millionen v​on knapp a​cht Millionen Kambodschanern getötet wurden.[129] Eine konservative Schätzung d​urch Michael Vickery anhand v​on Bevölkerungsstatistiken v​on Angus Maddison n​ennt die Zahl 750.000.[130] Chandler führt a​ls untere Grenze 800.000 b​is eine Million Opfern an, zählt a​ber die Toten d​es Krieges g​egen Vietnam n​icht mit. Als wahrscheinlich g​ibt er an, d​ass bei diesem Autogenozid m​ehr als e​ine Million Menschen a​n den Folgen d​er Massenvertreibung, a​lso an Hunger, Überarbeitung u​nd mangelhafter medizinischer Versorgung starb. Mehr a​ls 100.000 weitere Kambodschaner wurden a​ls Staatsfeinde hingerichtet. Etliche dieser Exekutionen waren, insbesondere a​uf dem Land, impulsiven Überreaktionen junger Parteikader geschuldet, während d​ie Morde i​n Tuol Sleng u​nd anderen Foltergefängnissen planvoll erfolgten. Im Krieg m​it Vietnam starben zusätzlich Zehntausende Kambodschaner.[131] Der Demograph Marek Sliwinski s​owie statistische Analysen v​on Vincent Heuveline u​nd Bruce Sharp kommen a​uf eine Opferzahl v​on über z​wei Millionen. Der frühere Premierminister Lon Nol sprach später v​on 2,5 Millionen Toten u​nd Pen Sovan, d​er erste Generalsekretär d​er Kampucheanischen Revolutionären Volkspartei, nannte 3,1 Millionen Opfer, w​as die offizielle Position Hanois widerspiegelte.[132] Der amerikanische Politikwissenschaftler Rudolph Joseph Rummel bezeichnet d​ie Gewaltherrschaft d​er Roten Khmer a​ls einen Demozid u​nd gibt für d​en Zeitraum v​on 1975 b​is 1987 e​ine Opferzahl v​on 2,85 Millionen an.[133] Aktuelle Schätzungen, d​ie auf d​er Arbeit d​es Rote-Khmer-Tribunals beruhen, g​ehen von e​iner Opferzahl zwischen 1,6 Millionen u​nd 2,2 Millionen Menschen aus.[134]

Mit Sicherheit wusste Pol Pot v​on den Vorgängen i​n Tuol Sleng, u​nd wahrscheinlich w​aren ihm d​ie katastrophalen Zustände a​uf dem Land bekannt. Er s​ah sich selbst a​ls einen Führer z​u Kriegszeiten u​nd war n​icht in d​er Lage, menschliches Leid nachzuempfinden, sondern s​ah es a​ls notwendig a​n für d​as Überleben d​er Partei. Später machte Pol Pot für d​ie Exzesse, d​ie er versucht h​abe zu minimieren, „Kambodschaner m​it vietnamesischem Geist“ verantwortlich. Das v​on Vietnam besetzte Kambodscha machte i​hm noch i​m Jahr 1979 d​en Prozess u​nd verurteilte i​hn und Ieng Sary i​m August d​es gleichen Jahres i​n Abwesenheit z​um Tode. Zu dieser Zeit w​urde Pol Pot weltweit e​ine Mediensensation u​nd war b​ald ein Synonym für Genozid u​nd Chaos, d​as die schlimmsten Ängste v​or dem Kommunismus verkörperte. Versuche westlicher Menschenrechtsaktivisten i​n den 1980er Jahren, Pol Pot v​or den Internationalen Gerichtshof z​u bringen, scheiterten, d​a Thailand e​ine Auslieferung ablehnte u​nd Peking u​nd Washington dagegen opponierten. Die Vereinigten Staaten u​nd China protegierten d​ie Roten Khmer, d​a sie w​egen ihrer antivietnamesischen Linie k​ein Interesse a​n einer Stabilisierung e​ines von Vietnam beherrschten Kambodschas hatten. Nach d​em Erfolg d​es Films The Killing Fields – Schreiendes Land w​urde die Patronage v​on Pol Pot für d​ie Vereinigten Staaten i​mmer lästiger, a​ber vor d​em Hintergrund v​on Realpolitik aufrechterhalten.[135] Der Abscheu v​or dem Pol-Pot-Regime w​urde nur v​on wenigen linken Intellektuellen d​er westlichen Welt n​icht geteilt w​ie zum Beispiel Noam Chomsky. Dieser h​atte mit d​er Herrschaft d​er Roten Khmer sympathisiert u​nd kam z​u dem Schluss, d​ie Opferzahlen s​eien stark übertrieben, d​ie Zeugenaussagen d​er Flüchtlinge i​n Thailand w​enig glaubwürdig u​nd Pol Pot s​ei für d​ie Morde n​icht verantwortlich gewesen. Die westliche Presse h​abe ihre Aufmerksamkeit einseitig a​uf die Verbrechen i​m Demokratischen Kampuchea fokussiert u​nd die Massaker während d​er indonesischen Besatzung Osttimors weitgehend ignoriert. Chomsky erfuhr für d​iese Äußerungen innerhalb d​er Linken starke Kritik, s​o zum Beispiel d​urch Claude Roy, David Horowitz u​nd Robert Manne.[136]

In Deutschland i​st die Diskussion über d​as Pol-Pot-Regime n​ie über plakative Zuschreibungen w​ie „Ultra-Nationalismus“ o​der „Ultra-Kommunismus“ a​us den jeweiligen politischen Lagern hinausgekommen. Ehemalige Unterstützer d​er Roten Khmer a​us der 68er-Bewegung reflektieren i​hre damalige Rolle k​aum und verurteilen d​ie Roten Khmer a​ls irrational handelnde, pathologische Mörder, d​ie den „wahren Kommunismus“ n​icht verstanden haben. Die kambodschanischen Kader hätten m​it ihrem Nationalismus u​nd Rassismus d​as anspruchsvolle marxistische Denken v​on Organisationen w​ie dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund u​nd dem Kommunistischen Bund Westdeutschland (KBW) besudelt. Es g​ab aber a​uch nach d​em Sturz d​er Roten Khmer u​nd den s​ich häufenden Berichten über i​hre Verbrechen n​och Sympathisanten i​n der Bundesrepublik. Joscha Schmierer beispielsweise veröffentlichte i​m April 1980 e​ine Solidaritätsadresse a​n Pol Pot. Schmierer h​atte 1978 e​ine Besuchsdelegation d​es KBW i​m Demokratischen Kampuchea geleitet u​nd gab i​m Jahr 2013 i​n seiner Rezension d​es Buches Pol Pots Lächeln: Eine schwedische Reise d​urch das Kambodscha d​er Roten Khmer v​on Peter Fröberg Idling an, damals n​ur Fortschritte gesehen z​u haben. Ihnen s​ei die „heile sozialistische Modellwelt“ e​iner erfolgreichen egalitär-agrarischen Revolution vorgespielt worden. Während Teile d​er radikalen Linken Pol Pot weiterhin ideologisch unterstützten, h​ielt die Regierung v​on Helmut Schmidt a​us bündnispolitischen Gründen d​aran fest, dessen Regime s​ei die einzig rechtmäßige Regierung Kambodschas. Aufgrund d​er vom Kalten Krieg geformten Handlungsmuster unterstützte d​ie Bundesrepublik ebenso w​ie andere westliche Staaten d​en Guerillakrieg d​er Roten Khmer g​egen die m​it der Sowjetunion verbündeten Vietnamesen u​nd ihre Marionettenregierung i​n Phnom Penh. Eine tatsächliche Aufarbeitung dieser Vorgänge h​at in Deutschland bisher k​aum stattgefunden.[137]

Während seiner Herrschaft drangen n​ur wenige, gefilterte Informationen über d​ie Person Pol Pot i​n die Außenwelt, s​o dass s​ie lange Zeit e​in Rätsel blieb. Viele Veröffentlichungen über i​hn sind l​aut Chandler reißerisch u​nd leidenschaftlich geschrieben u​nd tragen w​enig zum Verständnis seines Charakters bei. Wegbereiter d​er biographischen Darstellung Pol Pots w​ar seit d​en frühen 1980er Jahren v​or allem d​er australische Historiker Ben Kiernan, d​er hunderte v​on Kambodschanern i​n thailändischen Flüchtlingslagern befragte u​nd dessen Standardwerk The Pol Pot Regime i​m Jahr 1996 erschien.[138] Neben d​en wenigen schriftlichen Zeugnissen Pol Pots g​riff Chandler i​n seiner Biographie hauptsächlich a​uf Interviews zurück, d​ie er u​nd andere s​eit 1992 m​it Zeitzeugen, z​um Teil a​us dem e​ngen persönlichen Umfeld Pol Pots, geführt hatten. In a​ll diesen Aussagen w​urde er a​ls ein sympathischer Charakter u​nd überzeugender Redner beschrieben, selbst v​on Menschen, d​ie enge Angehörige aufgrund d​er Verbrechen seines Regimes verloren hatten. Keiner d​er übergelaufenen Roten Khmer g​ab zu Protokoll, d​ass Pol Pot a​ls Person ursächlich dafür gewesen sei, d​ie Partei z​u verlassen. Chandler räumt ein, d​ass für i​hn der Widerspruch zwischen d​em Charisma Pol Pots u​nd dem Genozid i​n Kambodscha letztendlich n​icht aufzulösen sei, s​o dass s​eine wahre Persönlichkeit m​it ihren Motiven weiterhin hinter e​iner Fassade verborgen bleibe.[139] Chandler betrachtet d​as Phänomen d​er Roten Khmer a​us einer herkömmlichen antikommunistischen Perspektive u​nd sieht e​s als d​ie bisher kompromissloseste u​nd fundamentalistischste marxistisch-leninistische Bewegung i​n der Geschichte an. Es existieren andere Interpretationen, w​ie zum Beispiel d​ie des amerikanischen Historikers Michael Vickery, d​er das Demokratische Kampuchea a​ls eine antimarxistische Bauernrevolution kategorisiert. Laut Kiernan w​ar für d​ie die Roten Khmer weniger Klassenkampf d​ie Triebfeder für i​hre Gewaltherrschaft, a​ls ein g​egen ethnische Minderheiten gerichteter Rassismus d​er Urbevölkerung.[140] Cham, Vietnamesen u​nd Chinesen wurden aufgrund i​hrer Ethnie verfolgt u​nd ermordet, w​obei jedoch erhebliche Teile d​er Khmer-Majorität diesen Minoritäten zugerechnet wurden. Vor a​llem auf dieser Argumentation b​aute das Rote-Khmer-Tribunal d​en Anklagepunkt d​es Völkermordes auf.[141]

Die Jahre i​m Untergrund w​aren zwar einerseits e​in Zeichen d​er Schwäche, trugen a​ber andererseits d​azu bei, Pol Pot u​nd die Roten Khmer mythisch z​u verklären. In vielen Legenden u​nd Mythen Kambodschas i​st der i​n den Wald fliehende u​nd nach Einkehr u​nd Exil a​ls gestärkter König, Bandit o​der Weiser m​it Zauberkräften wiederkehrende Held e​ine gängige Figur. Ein anderer Volksglaube, d​er von d​en Roten Khmer später genutzt w​urde um Schrecken z​u verbreiten, betraf d​ie schädliche Wirkung i​n Form v​on Krankheit u​nd bösen Geistern, d​ie dem Urwald zugeschrieben wurde.[142]

Schriften

  • Die großartigen Siege der kampucheanischen Revolution unter der richtigen und klaren Führung der Kommunistischen Partei Kampucheas (27. September 1977)
  • Laßt uns weiterhin entschlossen das Banner des Sieges der ruhmreichen Kommunistischen Partei Kampucheas hochhalten, um das Demokratische Kampuchea zu verteidigen, die sozialistische Revolution fortzuführen und den Sozialismus aufzubauen (27. September 1978)
  • Erklärung vom 5. Januar 1979. (in: Kommunismus und Klassenkampf. Theoretisches Organ des Kommunistischen Bundes Westdeutschland [KBW] Dokumentation, 22. Januar 1979)

Literatur

  • Paul R. Bartrop, Steven Leonard Jacobs: Modern Genocide: The Definitive Resource and Document Collection, ABC-CLIO, 2014, ISBN 978-1-61069-364-6, S. 439–631.
  • David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). Westview, 1999 Boulder (CO). Silkworm Books, Chiang Mai (Thailand) 2000, ISBN 974-7551-18-7.
  • Ben Kiernan: How Pol Pot came to power. A history of Cambodian communism, 1930–1975 (2nd Edition). Yale University Press, New Haven CT u. a. 2004, ISBN 0-300-10262-3.
  • Ben Kiernan: The Pol Pot Regime. Race, Power and Genocide in Cambodia under the Khmer Rouge, 1975–79. (2nd Edition). Yale University Press, New Haven (CT) 2002. Silkworm Books, Chiang Mai (Thailand) 2005, ISBN 974-9575-71-7.
  • Sacha Sher: Le Kampuchéa des « Khmers rouges ». Essai de compréhension d’une tentative de révolution. L’Harmattan, Paris u. a. 2004, ISBN 2-7475-6191-7.
  • Philip Short: Pol Pot: The history of a nightmare. Paperback edition. Murray, London 2005, ISBN 0-7195-6569-3.
Commons: Pol Pot – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Philip Short: Pol Pot: The History of a Nightmare John Murray, London 2004, ISBN 978-0-7195-6569-4, S. 15.
  2. Ben Kiernan: The American Bombardment of Kampuchea 1969–1973. In: Vietnam Generation. Jahrgang 1, Nr. 1, Winter 1989, ISSN 1042-7597, S. 4–41; hier: S. 7.
  3. Paul R. Bartrop, Steven Leonard Jacobs: Modern Genocide: The Definitive Resource and Document Collection, Band 4, ABC-CLIO, 2014, ISBN 978-1-61069-364-6, S. 531.
  4. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 7, 8.
  5. Philip Short: Pol Pot: The History of a Nightmare John Murray, London 2004, ISBN 978-0-7195-6569-4, S. 36, 37.
  6. Philip Short: Pol Pot: The History of a Nightmare John Murray, London 2004, ISBN 978-0-7195-6569-4, S. 39.
  7. Philip Short: Pol Pot: The History of a Nightmare John Murray, London 2004, ISBN 978-0-7195-6569-4, S. 17.
  8. Ben Kiernan: The Pol Pot Regime, Yale University Press, 3. Auflage 2008, ISBN 978-0-300-14434-5, S. 10.
  9. Philip Short: Pol Pot: The History of a Nightmare. John Murray, London, 2004, ISBN 978-0-7195-6569-4, S. 20.
  10. So David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 15.
  11. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 8, 9.
  12. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 14–17.
  13. Philip Short: Pol Pot: The History of a Nightmare John Murray, London 2004, ISBN 978-0-7195-6569-4, S. 42.
  14. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 19.
  15. Philip Short: Pol Pot: The History of a Nightmare John Murray, London 2004, ISBN 978-0-7195-6569-4, S. 28.
  16. Philip Short: Pol Pot: The History of a Nightmare John Murray, London 2004, ISBN 978-0-7195-6569-4, S. 42. Eine andere Quelle berichtet dagegen, Sar sei nie Schüler der Lycée Preah Sisowath gewesen, habe aber regelmäßige Kontakte zu den dortigen Schülern unterhalten. Vgl. Amitav Ghosh: Dancing in Cambodia, at Large in Burma, Orient Blackswan, 1998, ISBN 978-81-7530-017-0, S. 43.
  17. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 21.
  18. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 17–22.
  19. Timothy Carney: Unexpected Victory. In: Karl D. Jackson (Hrsg.): Cambodia 1975–1978: Rendezvous with Death, Princeton University Press, 1989, ISBN 0-691-02541-X, S. 18.
  20. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 22–24.
  21. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 26–29.
  22. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 31, 33, 34.
  23. Daniel Bultmann: Kambodscha unter den Roten Khmer: Die Erschaffung des perfekten Sozialisten. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2017, ISBN 978-3-506-78692-0, S. 46.
  24. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 35–38.
  25. Ben Kiernan: The Pol Pot Regime. Race, Power and Genocide in Cambodia under the Khmer Rouge, 1975–79 (2nd Edition). S. 13.
  26. Ben Kiernan: The Pol Pot Regime. Race, Power and Genocide in Cambodia under the Khmer Rouge, 1975–79 (2nd Edition). S. 12, 13.
  27. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 41–45.
  28. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 45–49.
  29. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 49.
  30. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 16.
  31. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 32.
  32. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 50–54.
  33. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 55–57.
  34. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 58–61.
  35. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 61–64.
  36. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 65–71.
  37. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 65, 66.
  38. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 6.
  39. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 71–73.
  40. Edwin E. Moïse: The A to Z of the Vietnam War. (Band 9). Rowman & Littlefield, Lanham 2005, ISBN 0-8108-5333-7, S. 67
  41. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 73–75.
  42. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 2.
  43. Ben Kiernan: The Pol Pot Regime. Race, Power and Genocide in Cambodia under the Khmer Rouge, 1975–79 (2nd Edition). S. 126.
  44. Ben Kiernan: The Pol Pot Regime, Yale University Press, 3. Auflage 2008, ISBN 978-0-300-14434-5, S. 16–19.
  45. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 77–83.
  46. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 83–85.
  47. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 87–90.
  48. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 90–93.
  49. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 93–95.
  50. Ben Kiernan: The Pol Pot Regime. Race, Power and Genocide in Cambodia under the Khmer Rouge, 1975–79 (2nd Edition). S. 82, 83.
  51. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 96.
  52. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 96–100.
  53. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 100–102.
  54. Ben Kiernan: The Pol Pot Regime. Race, Power and Genocide in Cambodia under the Khmer Rouge, 1975–79 (2nd Edition). S. 63, 64
  55. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 102, 103.
  56. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 1.
  57. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 103, 104.
  58. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 105, 106.
  59. Ben Kiernan: The Pol Pot Regime. Race, Power and Genocide in Cambodia under the Khmer Rouge, 1975–79 (2nd Edition). S. 55–59.
  60. Ben Kiernan: The Pol Pot Regime. Race, Power and Genocide in Cambodia under the Khmer Rouge, 1975–79. (2nd Edition). Yale University Press, New Haven (CT) 2002. Silkworm Books, Chiang Mai (Thailand) 2005, ISBN 974-9575-71-7, S. 176.
  61. Craig Etcheson: After the Killing Fields: Lessons from the Cambodian Genocide. Praeger, Westport 2005, ISBN 0-275-98513-X, S. 92, 93.
  62. Übersicht bei Timothy Carney: Organization of Power. In Karl D. Jackson (Hrsg.): Cambodia 1975–1978: Rendezvous with Death. Princeton University Press, 1989, ISBN 0-691-02541-X, S. 101.
  63. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 107–110.
  64. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 110, 111.
  65. Ben Kiernan: The Pol Pot Regime. Race, Power and Genocide in Cambodia under the Khmer Rouge, 1975–79 (2nd Edition). S. 326–327.
  66. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 113, 114.
  67. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 115–120.
  68. Zitiert in David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 117.
  69. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 120, 121.
  70. David P. Chandler: Brother Number One: A Political Biography of Pol Pot (Revised Edition). S. 122, 123.
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