Landkreis Groß Strehlitz

Der Landkreis Groß Strehlitz war ein preußischer Landkreis in Oberschlesien, der von 1743 bis 1945 bestand. Seine Kreisstadt war die Stadt Groß Strehlitz. Das ehemalige Kreisgebiet liegt heute in der polnischen Woiwodschaft Oppeln.

Der Kreis Groß Strehlitz auf einer Karte von 1905
Lage des Landkreises in der Provinz Oberschlesien

Verwaltungsgeschichte

Nach d​er Eroberung d​es größten Teils v​on Schlesien wurden v​on König Friedrich II. 1742 i​n Niederschlesien u​nd 1743 a​uch in Oberschlesien preußische Verwaltungsstrukturen eingeführt.[1] Dazu gehörte d​ie Einrichtung zweier Kriegs- u​nd Domänenkammern i​n Breslau u​nd Glogau s​owie deren Gliederung i​n Kreise u​nd die Einsetzung v​on Landräten. Die Ernennung d​er Landräte i​n den oberschlesischen Kreisen erfolgte a​uf einen Vorschlag d​es preußischen Ministers für Schlesien Ludwig Wilhelm v​on Münchow hin, d​em Friedrich II. i​m Februar 1743 zustimmte.[2]

Im Fürstentum Oppeln, einem der schlesischen Teilfürstentümer, wurden aus den alten schlesischen Weichbildern preußische Kreise gebildet, darunter auch der Kreis Groß Strehlitz.[3] Als erster Landrat des Kreises Groß Strehlitz wurde Joseph Anton von Larisch eingesetzt.[4] Der Kreis unterstand zunächst der Kriegs- und Domänenkammer Breslau und wurde im Zuge der Stein-Hardenbergischen Reformen dem Regierungsbezirk Oppeln der Provinz Schlesien zugeordnet.[5] Bei der Kreisreform vom 1. Januar 1818 im Regierungsbezirk Oppeln wurden die Grenzen des Kreises geändert:

Zum 8. November 1919 w​urde die Provinz Schlesien aufgelöst u​nd aus d​em Regierungsbezirk Oppeln d​ie neue Provinz Oberschlesien gebildet.

Bei d​er am 20. März 1921 i​m Rahmen d​es Versailler Vertrags durchgeführten Volksabstimmung i​n Oberschlesien votierte z​war eine knappe Mehrheit v​on 23.046 (50,7 %) z​u 22.415 (49,3 %) Stimmen i​m Kreis Groß Strehlitz für d​en Anschluss a​n Polen, dennoch verblieb d​er gesamte Kreis d​urch die Beschlüsse d​er Pariser Botschafterkonferenz vollständig b​ei Deutschland.

Am 1. Januar 1927 wurden d​ie Landgemeinden Heine u​nd Mischline a​us dem Kreis Groß Strehlitz i​n den Kreis Guttentag umgegliedert. Zum 30. September 1929 f​and im Kreis Groß Strehlitz entsprechend d​er Entwicklung i​m übrigen Freistaat Preußen e​ine Gebietsreform statt, b​ei der b​is auf e​inen unbewohnten Forstgutsbezirk a​lle Gutsbezirke aufgelöst u​nd benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden. Am 1. April 1938 wurden d​ie preußischen Provinzen Niederschlesien u​nd Oberschlesien z​ur neuen Provinz Schlesien zusammengeschlossen. Am 1. April 1939 w​urde die Gemeinde Karmerau a​us dem Landkreis Oppeln i​n den Kreis Groß Strehlitz umgegliedert, d​er seit d​em 1. Januar 1939 entsprechend d​er jetzt reichseinheitlichen Regelung d​ie Bezeichnung Landkreis führte. Zum 18. Januar 1941 w​urde die Provinz Schlesien abermals aufgelöst u​nd aus d​en Regierungsbezirken Kattowitz u​nd Oppeln d​ie neue Provinz Oberschlesien gebildet.

Im Februar 1945 eroberte d​ie Roten Armee d​as Kreisgebiet u​nd unterstellte e​s im März 1945 d​er Verwaltung d​er Volksrepublik Polen. Diese unterzog d​ie Bewohner d​es Kreisgebiets e​iner „Verifizierung“, d​ie für d​ie Mehrheit d​ie Vertreibung z​ur Folge hatte; d​en noch verbliebenen w​urde der Gebrauch d​er deutschen Sprache verboten.[7] Es begann d​er Zuzug v​on Polen, d​ie zum Teil a​us den a​n die Sowjetunion gefallenen Gebieten östlich d​er Curzon-Linie kamen.

Einwohnerentwicklung

Jahr Einwohner Quelle
179518.247[8]
181924.697[9]
184648.477[10]
187161.264[11]
188565.302[12]
190071.522[13]
191073.383[13]
192577.638[14]
193993.621[14]

Bei der Volkszählung von 1910 bezeichneten sich 79 % der Einwohner des Kreises Groß Strehlitz als rein polnischsprachig und 17 % als rein deutschsprachig.[15] Bei der Volkszählung von 1939 waren 94 % der Einwohner katholisch und 5 % evangelisch.[14]

Landräte

1743–174800Joseph Anton von Larisch
1752–175800Johann Wenzel von Schneckenhaus
1759–176300Karl August von Raczeck
1763–176500Gottfried Diprand von Reibnitz
1765–176600Carl Andreas von Wehner
1766–177000Carl Andreas von Arnold
1770–177200Johann Bernhard von Brixen-Montzel
1773–178000Ernst Wilhelm Benjamin von Korckwitz
1780–178400Peter Christoph Gotthilf von Baumgarten
1784–179000Gustav von Larisch
1790–179300Johannes Ernst von Sack
1793–179700Gustav Johann von Welczek
1797–181500von Ivernois
1815–183200von Crousaz
18320000000Liersz (kommissarisch)
18320000000Wilhelm Elsner
1832–184400von Thun
1844–184500Carl von Richthofen
1845–186900Ernst Bürde
1869–187400Carl Bischoff
1875–188300Carl Rudolph
1883–191700Viktor von Alten
1917–192600Alfred Grospietsch
1926–193300Clemens Werber
1933–193400Friedrich von Alten
1934–194000Walter Klausa
1940–194100Gerhard Behrend
1941–194300Heinz Theodor Schmidt (kommissarisch)
1943–194500Walter Schwarz

Kommunalverfassung

Der Kreis Groß Strehlitz gliederte s​ich seit d​em 19. Jahrhundert i​n die Städte Groß Strehlitz, Leschnitz (ab 1936: Bergstadt) u​nd Ujest (ab 1936: Bischofstal), i​n Landgemeinden u​nd selbständige Gutsbezirke. Mit Einführung d​es preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes v​om 15. Dezember 1933 s​owie der Deutschen Gemeindeordnung v​om 30. Januar 1935 w​urde zum 1. April 1935 d​as Führerprinzip a​uf Gemeindeebene durchgesetzt. Eine n​eue Kreisverfassung w​urde nicht m​ehr geschaffen; e​s galt weiterhin d​ie Kreisordnung für d​ie Provinzen Ost- u​nd Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien u​nd Sachsen v​om 19. März 1881.

Verwaltungsstruktur

Amtsbezirke

Der Kreis w​ar um 1928 i​n die folgenden Amtsbezirke gegliedert:

  • Blottnitz
  • Chorulla
  • Deschowitz
  • Freivogtei Leschnitz (Freidorf)
  • Gogolin
  • Groß Stein
  • Himmelwitz
  • Kadlub
  • Kalinowitz
  • Keltsch
  • Kolonnowska
  • Ottmuth
  • Rosmierka
  • Salesche
  • Sandowitz (später Zawadzki)
  • Schimischow
  • Schloß Groß Strehlitz (später Groß Strehlitz Land)
  • Schloß Ujest (später Ujest Land)
  • Stubendorf
  • Wierchlesch
  • Wyssoka (später Annaberg)
  • Zyrowa

Gemeinden

Der Kreis Groß Strehlitz umfasste 1928 d​rei Städte u​nd 84 Landgemeinden:[16][14]

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Zum Landkreis gehörte außerdem d​er gemeindefreie Forstgutsbezirk Malepartus.

Eingemeindungen bis 1939
  • Adamowitz, am 30. September 1928 zu Groß Strehlitz
  • Freidorf, am 1. April 1935 zu Leschnitz
  • Gräflich Karmerau, am 1. Oktober 1939 zu Karmerau
  • Hohenkirch, am 1. April 1939 zu Sankt Annaberg
  • Leschnitz, Freivogtei, am 30. September 1928 zu Freidorf
  • Mokrolohna, am 1. November 1928 zu Groß Strehlitz
  • Schironowitz-Posadowsky, am 1. Januar 1933 zu Schironowitz
  • Schironowitz-Renard, am 1. Januar 1933 zu Schironowitz
  • Sucholohna, am 30. September 1928 zu Groß Strehlitz

Ortsnamen

Im Jahre 1936 u​nd vereinzelt a​uch schon früher fanden i​m Kreis Groß Strehlitz umfangreiche Änderungen u​nd Eindeutschungen v​on Ortsnamen statt:[14][16]

  • Alt Ujest → Alt Bischofstal
  • Balzarowitz → Schönwiese O.S.
  • Blottnitz → Quellengrund
  • Boritsch → Schildbach
  • Borowian → Kruppamühle
  • Bresina → Nieder Birken
  • Centawa → Haldenau
  • Chorulla → Steinfurt O.S.
  • Deschowitz → Odertal O.S.
  • Dollna → Niederkirch
  • Dombrowka → Klein Eichen O.S.
  • Gonschiorowitz → Quellental
  • Goradze → Waldenstein
  • Grabow → Weißbuchen
  • Grodisko → Burghof
  • Groß Pluschnitz → Marklinden
  • Groß Stanisch → Groß Zeidel
  • Jeschona → Eschendorf
  • Kadlub → Starenheim
  • Kadlubietz → Annatal
  • Kalinow → Blütenau
  • Kalinowitz → Elsenruh
  • Karlubitz → Karlshorst O.S.
  • Keltsch → Keilerswalde
  • Klein Stanisch → Klein Zeidel
  • Klutschau → Schlüsselgrund
  • Kolonnowska → Grafenweiler
  • Krassowa → Klein Walden
  • Krempa → Ambach
  • Kroschnitz → Auendorf
  • Kzienzowiesch → Freidorf (vor 1928)
  • Lasisk → Läsen
  • Leschnitz → Bergstadt, Stadt
  • Mallnie → Odergrund
  • Niesdrowitz → Neubrücken
  • Niewke → Groß Neuland
  • Nogowschütz → Wangschütz
  • Oderwanz → Oderhöh
  • Oleschka → Nieder Erlen
  • Olschowa → Erlenbusch O.S.
  • Oschiek → Karlstal
  • Poremba → Mariengrund
  • Posnowitz → Einsiedel O.S.
  • Rosmierka → Groß Maßdorf
  • Rosmierz → Angerbach O.S.
  • Rosniontau → Kurzbach
  • Roswadze → Annengrund
  • Salesche → Groß Walden
  • Schedlitz → Alt Siedel
  • Schewkowitz → Frauenfeld
  • Schimischow → Heuerstein
  • Schironowitz → Grünheide O.S.
  • Suchau → Strelau
  • Sucho-Danietz → Trockenfeld
  • Ujest → Bischofstal, Stadt
  • Warmuntowitz → Niedersteine O.S.
  • Wierchlesch → Hohenwalde O.S.
  • Wyssoka → Hohenkirch
  • Zawadzki → Andreashütte
  • Zyrowa → Buchenhöh

Literatur

  • Königlich Preußisches Statistisches Landesamt: Gemeindelexikon der Regierungsbezirke Allenstein, Danzig, Marienwerder, Posen, Bromberg und Oppeln. Auf Grund der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und anderer amtlicher Quellen. Berlin 1912, Heft VI: Regierungsbezirk Oppeln, S. 8–15, Kreis Groß Strehlitz.
  • Felix Triest: Topographisches Handbuch von Oberschlesien, Wilh. Gottl. Korn, Breslau 1865, S. 257–313.
  • Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 174–175, Ziffer 8.
  • Friedrich Gottlob Leonhardi: Erdbeschreibung der preussischen Monarchie, Band 3, Teil 1, Halle 1792, S. 49 ff..
  • Rolf Straubel: Biographisches Handbuch der preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten 1740–1806/15. In: Historische Kommission zu Berlin (Hrsg.): Einzelveröffentlichungen. 85. K. G. Saur Verlag, München 2009, ISBN 978-3-598-23229-9.
  • Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Schlesien und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. Dezember 1871. Berlin 1874, S. 312–317.
  • Schlesisches Güter-Adreßbuch. Verzeichniß sämmtlicher Rittergüter und selbständigen Guts- und Forstbezirke, sowie solcher größeren Güter, welche innerhalb des Gemeindeverbandes mit einem Reinertrag von etwa 1500 Mark und mehr zur Grundsteuer veranlagt sind. Fünfte Ausgabe, Wilhelm Gottlob Korn, Breslau 1894, S. 449–457 (Online).
  • M. Rademacher: Deutsche Verwaltungsgeschichte von der Reichseinigung 1871 bis zur Wiedervereinigung 1990. (Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006)
Commons: Landkreis Groß Strehlitz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Roland Gehrke: Landtag und Öffentlichkeit: Provinzialständischer Parlamentarismus in Schlesien 1825-1845. Böhlau Verlag, Köln 2009, ISBN 978-3-412-20413-6, S. 45 (Teildigitalisat).
  2. Denkmäler der Preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert. Akten vom 31. Mai 1740 bis Ende 1745. In: Königliche Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Acta Borussica. Band 6,2. Paul Parey, Berlin 1901, Immediatbericht Münchows zu Bestellung von Landräthen in Oberschlesien, S. 540 (Digitalisat).
  3. W. F. C. Starke: Beiträge zur Kenntniß der bestehenden Gerichtsverfassung und der neusten Resultate der Justizverwaltung in dem Preussischen Staate. Carl Heymann, Berlin 1839, Kreiseinteilung des preußischen Herzogtums Schlesien im 18. Jahrhundert, S. 290 (Digitalisat).
  4. Rolf Straubel: Biographisches Handbuch der preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten 1740–1806/15. In: Historische Kommission zu Berlin (Hrsg.): Einzelveröffentlichungen. 85. K. G. Saur Verlag, München 2009, ISBN 978-3-598-23229-9.
  5. Verordnung zur Eintheilung des preußischen Staats nach seiner neuen Begrenzung. 1815 (Digitalisat).
  6. Amtsblatt Königlichen Oppelnschen Regierung 1817, Nr. XLI. Bekanntmachung der neuen Kreis-Eintheilung des Oppelnschen Regierungs-Bezirks vom 1. Oktober 1817. Oppeln, S. 523 ff. (Digitalisat).
  7. Franz-Josef Sehr: Professor aus Polen seit Jahrzehnten jährlich in Beselich. In: Jahrbuch für den Kreis Limburg-Weilburg 2020. Der Kreisausschuss des Landkreises Limburg-Weilburg, Limburg 2019, ISBN 3-927006-57-2, S. 223–228.
  8. Georg Hassel: Statistischer Umriss der sämtlichen europäischen Staaten. Die statistische Ansicht und Specialstatistik von Mitteleuropa. Vieweg, Braunschweig 1805, S. 38 (Digitalisat).
  9. Statistisches Bureau zu Berlin (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des preußischen Staats. Duncker & Humblot, Berlin 1821, Schlesien, S. 90 (Digitalisat).
  10. Königliches Statistisches Bureau (Hrsg.): Mittheilungen des Statistischen Bureau's in Berlin, Band 2. Einwohnerzahlen der Kreise. (Digitalisat).
  11. Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preussischen Staates und ihre Bevölkerung 1871
  12. Gemeindelexikon für die Provinz Schlesien 1885
  13. www.gemeindeverzeichnis.de: Gemeindeverzeichnis Deutschland 1900 – Königreich Preußen – Provinz Schlesien
  14. Michael Rademacher: Strehlitz. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006;.
  15. Jakob Spett: Nationalitätenkarte der östlichen Provinzen des Deutschen Reiches nach dem Ergebnissen der amtlichen Volkszählung vom Jahre 1910 entworfen von Ing. Jakob Spett. Justus Perthes, 1. Januar 1910 (bibliotekacyfrowa.pl [abgerufen am 14. März 2017])., siehe auch Schlesien#Die ethnolinguistische Struktur Oberschlesiens (1819–1910)
  16. Landkreis Groß Strehlitz Verwaltungsgeschichte und Landratsliste auf der Website territorial.de (Rolf Jehke), Stand 26. Juli 2013.
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