Landkreis Beuthen-Tarnowitz
Der Landkreis Beuthen-Tarnowitz (bis 1939 Kreis Beuthen-Tarnowitz) war von 1927 bis 1945 ein preußischer Landkreis in Oberschlesien. Das ehemalige Kreisgebiet gehört heute zur polnischen Woiwodschaft Schlesien.
Verwaltungsgeschichte
Als Folge des Ersten Weltkriegs wurde 1922 größere Teile der beiden oberschlesischen Kreise Beuthen und Tarnowitz an Polen abgetreten.
Die bei Deutschland gebliebenen Reste der beiden Landkreise bestanden zunächst als eigene Landkreise fort, bis sie am 1. Januar 1927 aufgelöst und zum Kreis Beuthen-Tarnowitz zusammengelegt wurden. Die Landgemeinde und der Gutsbezirks Roßberg aus dem aufgelösten Landkreis Beuthen wurde in den Stadtkreis Beuthen eingegliedert. Das Landratsamt des neuen Kreises befand sich in Beuthen.
Zum 30. September 1929 fand im Kreis Beuthen-Tarnowitz entsprechend der Entwicklung im übrigen Preußen eine Gebietsreform statt, bei der alle Gutsbezirke aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden. Am 1. April 1938 wurden die preußischen Provinzen Niederschlesien und Oberschlesien zur neuen Provinz Schlesien zusammengeschlossen. Zum 1. Januar 1939 erhielt der Kreis Beuthen-Tarnowitz entsprechend der jetzt reichseinheitlichen Regelung die Bezeichnung Landkreis.
Nach dem deutschen Überfall wurde zum 26. November 1939 der polnische Landkreis Tarnowskie Góry unter dem Namen Landkreis Tarnowitz Teil des neugebildeten Regierungsbezirks Kattowitz in der Provinz Schlesien. Nach der Umgliederung des Landkreises Beuthen-Tarnowitz aus dem Regierungsbezirk Oppeln in den Regierungsbezirk Kattowitz wurden beide Landkreise einheitlich von Tarnowitz aus verwaltet. Zum 18. Januar 1941 wurde die Provinz Schlesien aufgelöst. Aus den bisherigen Regierungsbezirken Kattowitz und Oppeln wurde die neue Provinz Oberschlesien gebildet. Zum 1. Juni 1941 erfolgte dann auch die förmliche Vereinigung der beiden Landkreise Beuthen-Tarnowitz und Tarnowitz zum neuen Landkreis Beuthen-Tarnowitz mit dem Sitz des Landrates in Tarnowitz. Im Frühjahr 1945 wurde das Kreisgebiet durch die Rote Armee besetzt und gehört seitdem vollständig zu Polen.
Einwohnerentwicklung
Jahr | Einwohner | Quelle |
---|---|---|
1933 | 91.019 | [1] |
1939 | 94.227 | [1] |
Bei der Volkszählung von 1939 waren 94 % der Einwohner katholisch und 5 % evangelisch.[1]
Landräte
- 1927–1933Kurt Urbanek
- 1933 Peter Seger
- 1934–1937Hans Deloch (1881–1956)
- 1938–1945Walrab von Wangenheim (1884–1947)
Kommunalverfassung
Mit Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 sowie der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 wurde das Führerprinzip auf Gemeindeebene durchgesetzt. Seit dem 1. April 1935 wurden die Landgemeinden als Gemeinden bezeichnet.
Alle Gemeinden des Landkreises Tarnowitz wurden am 1. Februar 1940 der im Altreich gültigen Deutschen Gemeindeordnung unterstellt. Eine neue Kreisverfassung wurde nicht mehr geschaffen; es galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881. Diese wurde mit Wirkung vom 1. April 1942 aufgehoben und zwar mit Ausnahme der Bestimmungen über die Amtsbezirke und Amtsvorsteher. Von diesem Zeitpunkt an galt für das gesamte Kreisgebiet das in den eingegliederten Ostgebieten geltende Kreisrecht.
Gemeinden
Dem Landkreis Beuthen-Tarnowitz gehörten 1927 die folgenden Gemeinden an:[1][2]
- Bobrek
- Broslawitz
- Friedrichswille
- Groß Wilkowitz
- Karf
- Kempczowitz
- Larischhof
- Miechowitz
- Miedar
- Mikultschütz
- Pilzendorf
- Ptakowitz
- Rokittnitz
- Schomberg
- Stollarzowitz
- Wieschowa
- Eingemeindungen bis 1936
- Bobrek und Karf wurden am 1. April 1928 zur Gemeinde Bobrek-Karf zusammengeschlossen.
- Broslawitz und Ptakowitz wurden am 1. Oktober 1936 zur Gemeinde Dramatal zusammengeschlossen.
- Kempczowitz wurde am 30. September 1928 nach Broslawitz eingemeindet.
- Groß Wilkowitz und Miedar wurden am 1. Oktober 1936 nach Larischhof eingemeindet.
Ortsnamen
In den Jahren 1935/1936 fanden im Kreis Beuthen-Tarnowitz mehrere Eindeutschungen von Ortsnamen statt. Das waren lautliche Angleichungen, Übersetzungen oder freie Erfindungen:[1][2]
- Miechowitz → Mechtal
- Mikultschütz → Klausberg
- Rokittnitz → Martinau
- Stollarzowitz → Stillersfeld
- Wieschowa → Randsdorf
Zu einer endgültigen Vergabe rein deutscher Ortsbezeichnungen im bis 1939 polnisch gewesenen Ostteil des Kreises ist es bis Kriegsende nicht mehr gekommen. Diese war aber bis ins Einzelne bereits vorbereitet. Es handelte sich dabei um „Verbesserungen“ der seit 1939 vorläufig gültigen Namen von 1918, zum Beispiel:
- Boruschowitz → Waldborn
- Brzesowitz-Kamin → Steinruppertsdorf
- Groß Dombrowka → Frankenrode
- Groß Zyglin → Zügeln
- Klein Zyglin → Zügelwalde
- Mikoleska → Hohenforst
- Oppatowitz → Kraftfelde
- Pniowitz → Stockwalde
Literatur
- Felix Triest: Topographisches Handbuch von Oberschlesien, Wilh. Gottl. Korn, Breslau 1865, S. 313–424.
- Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 176–179, Ziffer 10.
- Friedrich Gottlob Leonhardi: Erdbeschreibung der preussischen Monarchie, Band 3, Teil 1, Halle 1792, S. 193 ff..
- Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Schlesien und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. Dezember 1871. Berlin 1874, S. 336–339.
- M. Rademacher: Deutsche Verwaltungsgeschichte von der Reichseinigung 1871 bis zur Wiedervereinigung 1990. (Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006)
Einzelnachweise
- Michael Rademacher: Beuthen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- www.territorial.de - Landkreis Beuthen-Tarnowitz Verwaltungsgeschichte und die Landräte auf der Website territorial.de (Rolf Jehke), Stand 15. Mai 2016.