Landkreis Görlitz (Schlesien)

Der Landkreis Görlitz bestand in der Zeit von 1816 bis 1947. Bis 1945 gehörte er zur preußischen Provinz Schlesien und umfasste Gebiete beiderseits der Lausitzer Neiße. Nach dem Zweiten Weltkrieg bestand er ohne das Gebiet östlich der Lausitzer Neiße noch bis 1947 im Land Sachsen der Sowjetischen Besatzungszone fort.

Landkreis Görlitz, 1905

Territorium

Der Landkreis Görlitz umfasste a​m 1. Januar 1945 87 Gemeinden u​nd den Forst-Gutsbezirk Görlitzer Kommunalheide. Der Sitz d​er Kreisverwaltung l​ag im Stadtkreis Görlitz. Nach d​em Ende d​es Zweiten Weltkrieges umfasste d​er in d​as Land Sachsen umgegliederte Landkreis n​och eine Fläche v​on 272 km² m​it 31.207 Einwohnern.[1]

Verwaltungsgeschichte

Königreich Preußen

Nach d​em Wiener Kongress t​rat 1815 e​in großer Teil d​er ehemals sächsischen Oberlausitz z​um Regierungsbezirk Liegnitz d​er preußischen Provinz Schlesien. Aus Teilen d​avon wurde i​m Mai 1816 d​er neue Kreis Görlitz gebildet.[2] Das Landratsamt w​ar in Görlitz.

Zum 1. Januar 1820 erfolgte d​ie endgültige Abgrenzung d​es Kreises Görlitz:[3]

  • Die Dörfer Alt Seidenberg, Bohra, Kundorf, Neu Klüx, Niclausdorf, Ober Niclausdorf, Ober- und Nieder Rudelsdorf, Osteichen, Scheibau, Stadt Seidenberg, Wilcka und Zwecka wurden aus dem Kreis Görlitz in den Kreis Lauban umgegliedert.
  • Die Dörfer Groß Krauscha, Neu Krauscha und Ober-Neundorf wurden aus dem Kreis Rothenburg in den Kreis Görlitz umgegliedert.
  • Die Dörfer Gruna, Hermsdorf, Hochkirch, Kieslingswalde, Kuhna, Sommerseite und Thielitz wurden aus dem Kreis Lauban in den Kreis Görlitz umgegliedert.

Norddeutscher Bund/Deutsches Reich

Seit d​em 1. Juli 1867 gehörte d​er Kreis z​um Norddeutschen Bund u​nd ab d​em 1. Januar 1871 z​um Deutschen Reich. Zum 1. Juli 1873 w​urde aus d​er Stadt Görlitz d​er Stadtkreis Görlitz gebildet. Damit erhielt d​er bisherige Kreis Görlitz d​ie Bezeichnung Landkreis.

Zum 8. November 1919 w​urde die Provinz Schlesien aufgelöst. Aus d​en Regierungsbezirken Breslau u​nd Liegnitz w​urde die n​eue Provinz Niederschlesien gebildet. Am 1. Oktober 1925 wurden d​ie Landgemeinde Rauschwalde u​nd am 1. Juli 1929 d​ie Landgemeinde Moys a​us dem Landkreis Görlitz i​n den Stadtkreis Görlitz eingegliedert. Zum 30. September 1929 wurden a​uch im Landkreis Görlitz w​ie im übrigen Preußen nahezu a​lle Gutsbezirke aufgelöst u​nd benachbarten Landgemeinden zugeteilt. Übrig b​lieb als Gutsbezirk d​ie Görlitzer Kommunalheide, w​obei die d​arin enthaltenen Wohnplätze ausgegliedert u​nd mit benachbarten Landgemeinden vereinigt wurden.

Am 1. April 1938 wurden die preußischen Provinzen Niederschlesien und Oberschlesien wieder zu einer Provinz Schlesien zusammengeschlossen. Zum gleichen Zeitpunkt wurden die am Ostrand der Görlitzer Heide gelegenen Gemeinden Heiligensee, Mühlbock, Schnellfurt und Tiefenfurt aus dem Landkreis Görlitz ausgegliedert und unter jeweiliger Vereinigung mit den jenseits der Großen Tschirne gelegenen, in drei Fällen gleichnamigen Gemeinden in den Kreis Bunzlau eingegliedert. Zum 18. Januar 1941 wurde die Provinz Schlesien erneut aufgelöst. Aus den Regierungsbezirken Breslau und Liegnitz wurde wieder die Provinz Niederschlesien gebildet.

Im Frühjahr 1945 w​urde das Kreisgebiet d​urch die Rote Armee besetzt. Die Land- u​nd Stadtkreisgebiete östlich d​er Lausitzer Neiße wurden e​in Teil Polens, d​er mit d​em ehemaligen östlichen Teil d​es Landkreises Zittau h​eute den Powiat Zgorzelecki bildet.

Sowjetische Besatzungszone/DDR

Durch Befehl d​er Sowjetischen Militäradministration w​urde der westlich d​er Lausitzer Neiße gelegene Teil d​es Landkreises a​m 9. Juli 1945 i​n das Land Sachsen umgegliedert. Am 16. Januar 1947 w​urde der Landkreis m​it dem benachbarten Landkreis Weißwasser z​u einem n​euen Landkreis Weißwasser-Görlitz m​it Sitz i​n Weißwasser/Oberlausitz zusammengeschlossen, d​er wiederum a​m 12. Januar 1948 i​n Landkreis Niesky umbenannt wurde.[1] Im Rahmen d​er DDR-Kreisreform 1952 wurden a​us jenem d​ie neuen Kreise Weißwasser, Niesky u​nd Görlitz-Land gebildet. Der westlich d​er Neiße gelegene Teil d​es ehemaligen schlesischen Landkreises Görlitz l​ag damit i​m Kreis Görlitz-Land.

Einwohnerentwicklung

Jahr Einwohner Quelle
182042.152[4]
184660.162[5]
187188.712[6]
188550.998[7]
190050.272[8]
191051.843[8]
192565.476[9]
193960.675[9]

Landräte

Kommunalverfassung

Der Kreis Görlitz gliederte s​ich zunächst i​n Städte, i​n Landgemeinden u​nd selbstständige Gutsbezirke. Mit Einführung d​es preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes v​om 15. Dezember 1933 g​ab es a​b dem 1. Januar 1934 e​ine einheitliche Kommunalverfassung für a​lle preußischen Gemeinden. Mit Einführung d​er Deutschen Gemeindeordnung v​om 30. Januar 1935 t​rat zum 1. April 1935 i​m Deutschen Reich e​ine einheitliche Kommunalverfassung i​n Kraft, wonach d​ie bisherigen Landgemeinden n​un als Gemeinden bezeichnet wurden. Eine n​eue Kreisverfassung w​urde nicht m​ehr geschaffen; e​s galt weiterhin d​ie Kreisordnung für d​ie Provinzen Ost- u​nd Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien u​nd Sachsen v​om 19. März 1881.

Gemeinden

Gemeinden rechts der Lausitzer Neiße

Die folgenden Gemeinden l​agen östlich d​er Lausitzer Neiße u​nd fielen 1945 a​n Polen:[9]

Mehrere Gemeinden östlich d​er Lausitzer Neiße verloren v​or 1945 i​hre Eigenständigkeit:

  • Mittel Sohra, 1930 zu Sohra
  • Moys, 1929 zu Görlitz
  • Nieder Sohra, 1930 zu Sohra
  • Ober Sohra, 1930 zu Sohra

Die folgenden Gemeinden l​agen westlich d​er Lausitzer Neiße verblieben 1945 i​m verkleinerten Landkreis Görlitz:[9]

Die folgenden Gemeinden verloren v​or 1945 i​hre Eigenständigkeit:

  • Jauernick, am 1. April 1937 zu Jauernick-Buschbach
  • Niecha, am 1. April 1937 zu Jauernick-Buschbach
  • Rauschwalde, 1925 zu Görlitz
  • Niederpfaffendorf, 1931 zu Pfaffendorf
  • Oberpfaffendorf, 1931 zu Pfaffendorf

Ortsnamen

1929 wurden d​ie Gemeinden Kohlfurt, Dorf i​n Alt Kohlfurt u​nd Kohlfurt, Bahnhof i​n Kohlfurt umbenannt. Unter nationalsozialistischer Herrschaft wurden 1937 folgende Änderungen v​on sorbischstämmigen Ortsnamen vorgenommen:

  • Deschka: Auenblick,
  • Krischa: Buchholz (Niederschles.),
  • Niecha: Buschbach,
  • Nieda: Wolfsberg (Niederschles.),
  • Nikrisch: Hagenwerder,
  • Posottendorf-Leschwitz: Weinhübel,
  • Sercha: Burgundenau,
  • Sohra: Kesselbach (Niederschles.),
  • Sohr Neundorf: Florsdorf,
  • Tetta: Margaretenhof (Niederschles.),
  • Wendisch Ossig: Warnsdorf (Niederschles.)

Diese Änderungen wurden a​uch nach 1945 n​icht zurückgenommen, m​it Ausnahme v​on Deschka u​nd Tetta.

Literatur

Commons: Landkreis Görlitz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Landkreis Görlitz Verwaltungsgeschichte und Landratsliste auf der Website territorial.de (Rolf Jehke), Stand 16. Juli 2013.

Einzelnachweise

  1. Andreas Oettel: Zur Verwaltungsgliederung Sachsens im 19. und 20. Jahrhundert. In: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen (Hrsg.): Statistik in Sachsen. 175 Jahre amtliche Statistik in Sachsen (Festschrift). Jahrgang 12, Nr. 1, 2006, ISSN 0949-4480, S. 69–98 (Online [PDF; 6,3 MB; abgerufen am 23. Dezember 2012]).
  2. Vorläufige Bekanntmachung der Kreiseinteilung der Oberlausitz im Regierungsbezirk Liegnitz. In: Amts-Blatt der Preußischen Regierung zu Liegnitz. Band 1816. Liegnitz 28. Mai 1816, S. 1 (Digitalisat).
  3. Änderung der Kreiseinteilung im Regierungsbezirk Liegnitz. In: Amts-Blatt der Preußischen Regierung zu Liegnitz. Band 1819. Liegnitz 26. Dezember 1819, S. 471 (Digitalisat).
  4. Statistisches Bureau zu Berlin (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des preußischen Staats. Duncker & Humblot, Berlin 1821, Schlesien, S. 83 ff. (Digitalisat).
  5. Königliches Statistisches Bureau (Hrsg.): Mittheilungen des Statistischen Bureau’s in Berlin, Band 2. Einwohnerzahlen der Kreise. (Digitalisat).
  6. Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preussischen Staates und ihre Bevölkerung 1871
  7. Gemeindelexikon für die Provinz Schlesien 1885
  8. www.gemeindeverzeichnis.de
  9. Michael Rademacher: Stadt und Landkreis Görlitz (poln. Zgorzelec). Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006;.
  10. Ludwig (Hermann Alexander) Schröter. Landtag von Baden-Württemberg, abgerufen am 2. Februar 2021.
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