Landkreis Frankenstein

Der Landkreis Frankenstein (zuletzt amtlich Landkreis Frankenstein i. Schles.) w​ar ein preußischer Landkreis i​n Schlesien, d​er von 1742 b​is 1945 bestand. Seine Kreisstadt w​ar die Stadt Frankenstein. Das frühere Kreisgebiet l​iegt heute i​m Powiat Ząbkowicki d​er polnischen Woiwodschaft Niederschlesien.

Landkreis Frankenstein
Wappen
Preußische ProvinzSchlesien (1818–1919, 1938–1941)
Niederschlesien (1919–1938, 1941–1945)
RegierungsbezirkBreslau
KreisstadtFrankenstein
Letzter LandratOtto Ulrich Bährens (1944–1945)
Fläche774,27 km² (1939)
Einwohner75.392 (1939)
Bevölkerungsdichte97 Einwohner/km² (1939)
Gemeinden103 (1939)
Der Kreis Frankenstein in den Grenzen von 1818 bis 1932

Verwaltungsgeschichte

Königreich Preußen

Nach d​er Eroberung d​es größten Teils v​on Schlesien d​urch Preußen i​m Jahre 1741 wurden d​urch die königliche Kabinettsorder v​om 25. November 1741 i​n Niederschlesien d​ie preußischen Verwaltungsstrukturen eingeführt.[1] Dazu gehörte d​ie Einrichtung zweier Kriegs- u​nd Domänenkammern i​n Breslau u​nd Glogau s​owie deren Gliederung i​n Kreise u​nd die Einsetzung v​on Landräten z​um 1. Januar 1742.[2]

Im Fürstentum Münsterberg, e​inem der schlesischen Teilfürstentümer, wurden a​us den a​lten schlesischen Weichbildern Frankenstein u​nd Münsterberg d​ie preußischen Kreise Frankenstein u​nd Münsterberg gebildet. Als erster Landrat d​es Kreises Frankenstein w​urde Julius Friedrich v​on Pfeil u​nd Klein–Ellguth eingesetzt.[3][4] Der Kreis Frankenstein unterstand d​er Kriegs- u​nd Domänenkammer Breslau, b​is er i​m Zuge d​er Stein-Hardenbergischen Reformen 1815 d​em Regierungsbezirk Reichenbach d​er Provinz Schlesien zugeordnet wurde.[5]

Im Zuge e​iner Grenzbereinigung z​um Regierungsbezirk Oppeln wechselten b​is 1818 d​as Dorf Gallenau a​us dem Kreis Grottkau s​owie die Dörfer Nieder u​nd Ober Plottnitz a​us dem Kreis Neisse i​n den Kreis Frankenstein.[6] Nach d​er Auflösung d​es Regierungsbezirks Reichenbach w​urde der Kreis Frankenstein a​m 1. Mai 1820 d​em Regierungsbezirk Breslau zugeteilt.

Seit d​em 1. Juli 1867 gehörte d​er Kreis a​ls Bestandteil d​es Königreichs Preußen z​um Norddeutschen Bund u​nd ab d​em 1. Januar 1871 z​um Deutschen Reich. Am 21. Juli 1875 k​amen die Landgemeinde u​nd der Gutsbezirk Kobelau v​om Kreis Nimptsch z​um Kreis Frankenstein.

Freistaat Preußen

Zum 8. November 1919 w​urde die Provinz Schlesien aufgelöst u​nd aus d​en Regierungsbezirken Breslau u​nd Liegnitz d​ie neue Provinz Niederschlesien gebildet. Zum 30. September 1929 wurden i​m Kreis Frankenstein entsprechend d​er Entwicklung i​m übrigen Freistaat Preußen a​lle Gutsbezirke aufgelöst u​nd benachbarten Landgemeinden zugeteilt.

Zum 1. Oktober 1932 wurden d​er größte Teil d​es aufgelösten Kreises Münsterberg s​owie die beiden Landgemeinden Kosemitz u​nd Zülzendorf a​us dem aufgelösten Kreis Nimptsch i​n den Kreis eingegliedert. Gleichzeitig g​ab der Kreis Frankenstein d​ie Landgemeinde Wiltsch a​n den Kreis Glatz ab.[7][8]

Im weiteren Verlauf d​er 1930er Jahre erhielt d​er Kreis d​en amtlichen Namen Frankenstein i. Schles. Am 1. April 1938 wurden d​ie preußischen Provinzen Niederschlesien u​nd Oberschlesien z​ur neuen Provinz Schlesien zusammengeschlossen. Seit d​em 1. Januar 1939 führte d​er Kreis entsprechend d​er jetzt reichseinheitlichen Regelung d​ie Bezeichnung Landkreis. Zum 18. Januar 1941 w​urde die Provinz Schlesien erneut aufgelöst u​nd aus d​en Regierungsbezirken Breslau u​nd Liegnitz d​ie neue Provinz Niederschlesien gebildet.

Im Frühjahr 1945 w​urde das Kreisgebiet v​on der Roten Armee besetzt. Im Sommer 1945 w​urde das Kreisgebiet v​on der sowjetischen Besatzungsmacht gemäß d​em Potsdamer Abkommen u​nter polnische Verwaltung gestellt. Im Kreisgebiet begann darauf d​er Zuzug polnischer Zivilisten, d​ie zum Teil a​us den a​n die Sowjetunion gefallenen Gebieten östlich d​er Curzon-Linie kamen. In d​er Folgezeit w​urde die deutsche Bevölkerung größtenteils a​us dem Kreisgebiet vertrieben.

Einwohnerentwicklung

Jahr Einwohner Quelle
179531.032[9]
181936.699[10]
184648.625[11]
187150.100[12]
188550.193[13]
190045.632[14]
191045.312[14]
192547.304[15]
193975.056[15]

Landräte

Kommunalverfassung

Für den Kreis galt seit 1827 die Kreisordnung für das Herzogtum Schlesien, die Grafschaft Glatz und das preußische Markgraftum Lausitz vom 2. Juni 1827, die durch Verordnung vom 7. Januar 1842 ergänzt wurde. Die 30 Jahre jüngere Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 wurde von der Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881 abgelöst, die dann bis 1945 in Geltung war. Stadt und Land waren – nicht nur – in Preußen im 19. Jahrhundert stets unterschiedlich verfasst. Wegen stark voneinander abweichender Traditionen hatten auch die westlichen und die 1866 neu erworbenen Provinzen andere Kommunalverfassungen. Die Städteordnungen von 1808 und 1831 wurden abgelöst von der Städte-Ordnung für die sechs östlichen Provinzen der Preußischen Monarchie vom 30. Mai 1853. Für die Landgemeinden galten seit 1794 die obrigkeitlich geprägten Auffassungen des ALR, eine Reform kam in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht zustande. Erst im Jahrzehnt nach der gescheiterten bürgerlichen Revolution von 1848 wurden

  • das Gesetz betreffend die Landgemeinde-Verfassungen in den sechs östlichen Provinzen der Preußischen Monarchie und
  • das Gesetz betreffend die ländlichen Ortsobrigkeiten in den sechs östlichen Provinzen der Preußischen Monarchie, beide vom 14. April 1856, eingeführt.

Der Kreis Frankenstein gliederte s​ich also s​eit dem 19. Jahrhundert i​n Städte, Landgemeinden u​nd Gutsbezirke. Mit Einführung d​es preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes v​om 15. Dezember 1933 g​ab es a​b dem 1. Januar 1934 e​ine einheitliche Kommunalverfassung für a​lle preußischen Gemeinden. Mit Einführung d​er Deutschen Gemeindeordnung v​om 30. Januar 1935 w​urde zum 1. April 1935 d​as „Führerprinzip“ a​uf Gemeindeebene durchgesetzt.

Gemeinden

Der Landkreis Frankenstein i. Schles. umfasste zuletzt fünf Städte u​nd 98 Landgemeinden:[16][15]

Bis 1937 fanden i​m Kreis d​ie folgenden Eingemeindungen statt:

  • Gollendorf, am 1. April 1937 zu Nieder Pomsdorf
  • Grunau, am 30. September 1928 zu Kamenz
  • Herbsdorf, am 1. April 1937 zu Nieder Pomsdorf
  • Kaubitz, am 30. September 1928 zu Schräbsdorf
  • Laubnitz, am 30. September 1928 zu Kamenz
  • Raschgrund, am 1. April 1929 zu Raschdorf
  • Reisezagel, am 1. April 1937 zu Bärwalde
  • Rocksdorf, am 30. September 1928 zu Gläsendorf
  • Schodelwitz, am 30. September 1928 zu Gläsendorf
  • Seherrsgrund, am 30. September 1928 zu Quickendorf

Ortsnamen

Die Gemeinde Olbersdorf b. Frankenstein w​urde 1934 i​n Groß Olbersdorf umbenannt u​nd die Gemeinde Tepliwoda 1936 i​n Lauenbrunn.

Persönlichkeiten

Literatur

Commons: Landkreis Frankenstein i. Schles. – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Roland Gehrke: Landtag und Öffentlichkeit: Provinzialständischer Parlamentarismus in Schlesien 1825-1845. Böhlau Verlag, Köln 2009, ISBN 978-3-412-20413-6, S. 45 (Teildigitalisat).
  2. Denkmäler der Preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert. Akten vom 31. Mai 1740 bis Ende 1745. In: Königliche Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Acta Borussica. Band 6,2. Paul Parey, Berlin 1901, Königliche Ordre zur Bestellung von Landräthen in Niederschlesien, S. 259 (Digitalisat).
  3. W. F. C. Starke: Beiträge zur Kenntniß der bestehenden Gerichtsverfassung und der neusten Resultate der Justizverwaltung in dem Preussischen Staate. Carl Heymann, Berlin 1839, Kreiseinteilung des preußischen Herzogtums Schlesien im 18. Jahrhundert, S. 290 (Digitalisat).
  4. Rolf Straubel: Biographisches Handbuch der preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten 1740–1806/15. In: Historische Kommission zu Berlin (Hrsg.): Einzelveröffentlichungen. 85. K. G. Saur Verlag, München 2009, ISBN 978-3-598-23229-9.
  5. Verordnung zur Eintheilung des preußischen Staats nach seiner neuen Begrenzung. 1815 (Digitalisat).
  6. Roman Kamionka: Die Reorganisation der Kreiseinteilung Schlesiens in der Stein-Hardenbergschen Reformperiode, Breslau 1934
  7. Verordnung über die Neugliederung von Landkreisen vom 1. August 1932. In: Preußisches Staatsministerium (Hrsg.): Preußische Gesetzessammlung. Berlin 1932, Kreisreform im Regierungsbezirk Liegnitz, S. 256 (Digitalisat).
  8. Walther Hubatsch (Hrsg.): Grundriß zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815–1945. Reihe A: Preußen. Band 4: Dieter Stüttgen: Schlesien. Johann-Gottfried-Harder-Institut, Marburg/Lahn 1976, ISBN 3-87969-116-9.
  9. Georg Hassel: Statistischer Umriss der sämtlichen europäischen Staaten. Die statistische Ansicht und Specialstatistik von Mitteleuropa. Vieweg, Braunschweig 1805, S. 38 (Digitalisat).
  10. Statistisches Bureau zu Berlin (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des preußischen Staats. Duncker & Humblot, Berlin 1821, Schlesien, S. 88 (Digitalisat).
  11. Königliches Statistisches Bureau (Hrsg.): Mittheilungen des Statistischen Bureau's in Berlin, Band 2. Einwohnerzahlen der Kreise. (Digitalisat).
  12. Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preussischen Staates und ihre Bevölkerung 1871
  13. Gemeindelexikon für die Provinz Schlesien 1885
  14. www.gemeindeverzeichnis.de
  15. Michael Rademacher: Frankenstein. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006;.
  16. Landkreis Frankenstein i. Schles.@1@2Vorlage:Toter Link/www.territorial.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Verwaltungsgeschichte und Landratsliste auf der Website territorial.de (Rolf Jehke), Stand 26. Juli 2013.
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