Breitspurbahn
Eine Breitspurbahn ist eine Eisenbahn mit einer Spurweite, die größer ist als die 1435 Millimeter der in Europa, Nordamerika und der Volksrepublik China üblichen Normalspur.[1]
Geschichte
Die unterschiedlichen Spurweiten entstanden in der Anfangszeit der Eisenbahnen, als es nur wenige zusammenhängende Netze gab oder noch keine Standardisierung erfolgte. Der Trend zu zwischen verschiedenen Netzen durchlaufenden Zügen hat in vielen Fällen dafür gesorgt, die Spurweiten anzugleichen. In einigen Fällen spielen oder spielten aber auch geostrategische Aspekte eine Rolle, um an abweichenden Spurweiten festzuhalten. So sollte der durch verschiedene Spurweiten erschwerte Übergang zwischen den Eisenbahnnetzen ihre Nutzung als Mittel der schnellen militärischen Invasion behindern. Die Spurweite und das Lichtraumprofil einer Eisenbahn beeinflussen Transportleistung und Wirtschaftlichkeit sowie Aufwand und Kosten für den Bau der Bahntrasse.
Vorteile und Nachteile
Die großen Fahrzeughersteller können inzwischen Bahnfahrzeuge für jede geforderte Spurweite, jedes Lichtraumprofil und alle länderspezifischen Zusatzanforderungen liefern. Dabei kommt zunehmend das Baukastenprinzip zum Einsatz: Die Fahrzeuge werden aus relativ frei wählbaren Komponenten zusammengestellt.
Verkehrsbeziehungen über Netzgrenzen hinweg werden erheblich erschwert, wenn ein Spurweitenwechsel den Wagendurchlauf verhindert. Reisezüge können in besonders ausgestatteten Grenzbahnhöfen umgespurt werden, diese Möglichkeit wird insbesondere im Verkehr zwischen Frankreich und Spanien sowie zwischen Mitteleuropa und dem Netz der Breitspur in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion genutzt. Güterverkehre werden in den Grenzbahnhöfen in der Regel umgeladen.
Der isolierte Betrieb eines Netzes mit abweichender Spurweite ermöglicht relativ einfach das Durchsetzen von technischen Änderungen, ohne sich mit den Betreibern anderer Netze abstimmen zu müssen. Auf diese Weise entstanden die im Vergleich mit dem europäischen Regelspurnetz großen Lichtraumprofile der Breitspurnetze in Indien, der Sowjetunion und Finnland. Technisch sind die Abhängigkeiten zwischen Spurweite und Fahrzeugumgrenzung jedoch relativ gering, gut an den regelspurigen Fahrzeugen in den USA und als Extremfall bei den Kraftfahrzeugtransportzügen »Eurotunnel Le Shuttle« zu sehen.
Eine größere Spurweite der Fahrzeuge bietet im Allgemeinen bessere Laufeigenschaften des Zuges und belastungsfähigere Gleise bei schlechtem Untergrund. Generell können höhere Geschwindigkeiten gefahren werden.
Der bedeutendste Nachteil der Breitspur ist die erschwerte oder aufwendigere Streckenführung in unwegsamem Terrain, insbesondere im Bergland, da größere Bogenradien beziehungsweise „flachere“ Bögen erforderlich sind, um ein Entgleisen der Fahrzeuge bei höherer Geschwindigkeit oder auf Weichen zu vermeiden. Eine sekundäre Folge davon sind wiederum deutlich höhere Kosten.
Bei dieser Vorteil-/Nachteils-Bilanz muss noch in Betracht gezogen werden, dass die Spurweiten der bedeutenden, heute noch existierenden Breitspurnetze nur relativ geringfügig um 6 % bis 17 % (85 bis 240 Millimeter Unterschied) vom Regelspurmaß abweichen. Übliche Schmalspurstrecken weichen in der Regel in weit größerem Maß von der Normalspur ab. Die sehr weit verbreiteten Meter- und Kapspur-Gleise sind etwa 400 Millimeter (und gegenüber den Breitspuren bis über 600 Millimeter) schmaler. Vor- und Nachteile der Breitspur müssen daher eher gegenüber der Schmalspur als gegenüber der Normalspur diskutiert werden.
Verbreitung
Breitspurige Eisenbahnnetze gibt es in Europa in Irland (1600 Millimeter), Spanien und Portugal (iberische Spur mit 1668 Millimeter) sowie vor allem in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion und in Finnland (russische Spur mit 1520 bis 1524 Millimeter).
Auf den übrigen Kontinenten gibt es ausgedehnte Breitspurnetze mit einer Spurweite von 1676 Millimetern in Indien (54.000 Kilometer Streckenlänge), in Argentinien (26.500 Kilometer) und in Chile (3400 Kilometer). Weitere Breitspurbahnen mit einer Spurweite von 1600 Millimetern existieren in Brasilien (5600 Kilometer) und in Australien (3500 Kilometer).
In einigen Fällen sind auch Straßenbahnnetze breitspurig angelegt worden, entweder weil man wie beispielsweise in Russland die Spurweite des Eisenbahnnetzes übernahm oder um die Mitbenutzung durch fremde Unternehmen von vornherein zu unterbinden. Letzteres geschah mehrfach in Nordamerika. Beispielsweise wählte man in New Orleans eine Spurweite von 1587 Millimetern und in Toronto eine von 1495 Millimetern.
Breitspur in Deutschland
In Deutschland gibt es die Breitspurbahn in Oberweißbach (Standseilbahn mit 1800-Millimeter-Spurweite) und seit 1986 die zur Zeit der DDR erbaute Umspuranlage von Normalspur auf russische Breitspur im damals neu errichteten Fährhafen Mukran auf der Ostseeinsel Rügen/Prorer Wiek. Die Umspuranlage dient der Beladung der Eisenbahnfährschiffe auf der Fährlinie von Mukran ins litauische Klaipėda.
Formal „breitspurig“, jedoch nur geringfügig von der Normalspur abweichend, haben die Leipziger Straßenbahn eine Spurweite von 1458 Millimetern und die Dresdner Straßenbahn eine von 1450 Millimetern.
Hitlers Dreimeterspur
In der Zeit des Nationalsozialismus wurden Pläne für eine Breitspurbahn mit 3000-Millimeter-Spurweite angelegt. Sie sollte zusätzlich neben den Regelspurstrecken Berlin mit München, Hamburg und Linz verbinden, vor allem aber zur Erschließung des neu eroberten „Lebensraums im Osten“ beitragen. Die Strecke dazu sollte bis Rostow am Don führen. Das Projekt gelangte niemals zur Verwirklichung.
Russische Breitspur
In der Sowjetunion und in der Mongolei wurde eine Breitspur mit Fünf-Fuß-Spurweite verwendet, was 1524 Millimeter entspricht. Aus Verschleißgründen wurde sie zum heutigen Nennmaß von 1520 Millimeter leicht reduziert, das auch russische Breitspur genannt wird. Alle Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion behielten dieses Maß bei. Weitere (relativ kurze) solche Breitspurstrecken befinden sich in Polen (400 Kilometer, Linia Hutnicza Szerokotorowa von Wolodymyr an der polnisch-ukrainischen Grenze nach Sławków in der Woiwodschaft Schlesien), in der Slowakei (80 Kilometer, Bahnstrecke Uschhorod–Košice) und in Rumänien. Außerdem bestehen im Fährhafen Sassnitz in Mecklenburg-Vorpommern breitspurige Anlagen zwischen den Fähranlegern, die für den Verkehr mit Klaipėda gebaut wurden, und den Umspur- und Umladeeinrichtungen.
Finnland sowie die Straßenbahnen und Metros in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion haben nominal nach wie vor eine Spurweite von 1524 Millimetern.
Geschichte
Die erste russische Eisenbahn zwischen Sankt Petersburg und Zarskoje Selo, die 1837 eröffnet wurde, hatte eine große Spurweite von sechs Fuß (1829 Millimeter). Diese sehr breite Spurweite erwies sich als zu unwirtschaftlich, daher wechselte man am 12. September 1842 auf die seinerzeit in den Südstaaten der USA genutzte Spurweite von fünf englischen Fuß (1524 Millimeter).
Im Mai 1970 wurde das Regelmaß der russischen Breitspur zur Verschleißminderung durch Verringerung des Spurspiels um vier Millimeter auf 1520 Millimeter reduziert. In Finnland wurde diese Verringerung des Regelmaßes nicht mitvollzogen, doch sind die Nennmaße der Radsätze und die Grenzwerte beim Oberbau identisch und Neubaugleise werden ebenfalls mit einer verringerten Spurweite verlegt.
Übergang zum Normalspurnetz
Ein durchgehender Zugverkehr zwischen Breit- und dem Regelspurnetz war zunächst nicht möglich. Trotz des Spurweitenunterschiedes waren jedoch die technischen Unterschiede zwischen den europäischen Regel- und den russischen sowie iberischen Breitspurfahrzeugen um 1900 gering. Abgesehen von der Spurweite richteten sich auch die europäischen Breitspurbahnbetriebe weitgehend nach den Regeln der Technischen Einheit im Eisenbahnwesen, insbesondere bei Bauart und Anordnung der Zug- und Stoßvorrichtung der Fahrzeuge. Die durchgehende, indirekt wirkende Druckluftbremse wurde ebenfalls nach einheitlichen Grundsätzen eingeführt. Das Lichtraumprofil wich ebenfalls nicht wesentlich ab. Damit bestanden deutlich bessere Voraussetzungen für einen Fahrzeugübergang als zu Schmalspurnetzen. Erste Erfahrungen konnten bei Fahrzeuglieferungen an Betriebe mit abweichender Spurweite gewonnen werden. Entscheidend war, Radsätze der jeweils anderen Spurweite einbauen zu können. Innenrahmen müssen schmal genug für Regel- und Außenrahmen breit genug für Breitspurradsätze sein. Zudem müssen Klotzbremsen umstellbar sein. Insbesondere bei Reisezugwagen erwies es sich als vorteilhaft, die Drehgestelle im Ganzen zu wechseln. Die Haupthinderungsgründe für die Entwicklung von spurweitengrenzüberschreitenden Verkehren waren im zwanzigsten Jahrhundert politischer Art. Durch die damit ausgelöste Isolierung der Eisenbahnnetze entwickelten sie sich technisch weiter auseinander. Im russischen Breitspurnetz wurde das Lichtraumprofil vergrößert und die selbsttätige Mittelpufferkupplung der Bauart SA-3 eingeführt.
Mit verschiedenen technischen Einrichtungen wird der Spurwechsel bewältigt. Es gibt Anlagen an den Übergängen, wo Radsätze oder Drehgestelle gewechselt werden können, sowie Rollmaterial mit veränderbarer Spurweite, das auf Umspuranlagen umgespurt werden kann. In diesem Fall dauert der ganze Vorgang nur wenige Minuten, während die Räder in die neue Position verschoben werden. Die Fahrgäste können dabei im Wagen sitzen bleiben. Spurwechselradsätze in Wagen der Regelbauart werden allerdings (Stand 2010) im Regelbetrieb kaum eingesetzt.
Beide im Bild dargestellten Wagentypen (RIC, Weitstreckenwagen) sind umspurfähig. Letzter Typ ist bis maximal Polen nach Westen zugelassen. Die ab Warschau verkehrenden Züge nach Osten werden üblicherweise aus Weitstreckenwagen gebildet. Bis Mitte der 1990er Jahre fuhren diese Wagen bis Berlin und in Militärreisezügen für die Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland bis Dresden, Erfurt, Magdeburg, Schwerin und Wünsdorf. Erst der Bahnsteigumbau im Land Brandenburg verhinderte die Weiterfahrt ab Frankfurt (Oder) nach Berlin für die größeren Wagenkästen.
Das Netz mit der russischen Breitspur und die westlich gelegenen Netze mit Regelspur liegen einander an folgenden Grenzen gegenüber:
- Polen – Russland (Oblast Kaliningrad),
- Polen – Litauen,
- Polen – Weißrussland,
- Polen – Ukraine (siehe Linia Hutnicza Szerokotorowa),
- Slowakei – Ukraine (ein nur 98 Kilometer kurzer Abschnitt, durchbrochen: siehe unten),
- Ungarn – Ukraine (nur 105 Kilometer Grenzabschnitt),
- Rumänien – Ukraine,
- Rumänien – Moldawien
Siehe auch Moldawische Eisenbahngesellschaft, Ukrainische Eisenbahngesellschaft, Weißrussische Eisenbahn / Bahnhof Brest.
Zur russischen Exklave Oblast Kaliningrad (zwischen Polen und Litauen) mit ihrem wichtigen (als eisfrei geltenden) Ostseehafen siehe Bahnstrecke Königsberg–Pillau sowie die Kategorie „Verkehr (Oblast Kaliningrad)“.
Über diese Grenzenkette hinaus 80 Kilometer Richtung Westen in die Slowakei hinein wurde die Bahnstrecke Uschhorod–Košice 1965/66 zur Lieferung von ukrainischem Erz zum slowakischen Stahlwerk Košice gebaut. Trotz des Krieges in der Ukraine seit 2014 und dem wirtschaftlichen Handelsboykott zwischen Russland und der EU wird die zumindest seit 2007 von mehreren Ländern/Bahngesellschaften verfolgte Bauabsicht der Verlängerung der Breitspurbahn westwärts bis Bratislava und Wien – um etwa 400 km – und damit auch an die Wasserstraße Donau weiterbetrieben.[2] Nachdem die Gemeinde Parndorf das dafür geplante Güterterminal für Weitertransport per Straßen-Lkw Mitte Mai 2018 ablehnte, wird dafür weiterhin ein Standort gesucht.[3]
Außerdem gibt es eine Spurwechselanlage im deutschen Fährhafen Sassnitz, an der Ostsee.
Finnland
Bevor 1862 im zum Russischen Reich gehörenden Großfürstentum Finnland die erste Eisenbahnlinie eröffnete wurde, wurde die Entscheidung getroffen, die russische Breitspur mit der Spurweite von 1524 Millimetern zu verwenden. Nachdem in der Sowjetunion die Nennspurweite auf 1520 Millimeter verringert worden war, erwog auch die Finnische Staatsbahn (VR) bereits 1959 die Verringerung der Spurweite, was aber nie ausgeführt wurde.[4] Der Nennwert der Spurweite in Finnland beträgt nach wie vor 1524 Millimeter, jedoch entsprechen die Grenzwerte denen in den übrigen russischen Breitspurnetzen.
Wegen des betrieblichen Aufwandes infolge der technischen Unterschiede insbesondere bei Kupplungen und Zugbremse verkehren finnische Wagen nur selten im russischen Netz (wobei im Gegenzug mittlerweile viele finnische Lokomotiven mit russischen Mittelpufferkupplungen SA-3 ausgestattet sind). Der Güterverkehr zwischen den beiden Ländern wird mit russischen Wagen durchgeführt, die in deutlich größerer Menge zur Verfügung stehen. In Finnland unterliegen sie wegen der einlösigen Bremse einer Geschwindigkeitsbegrenzung. Für den grenzüberschreitenden Verkehr zwischen Finnland und Mitteleuropa bzw. Schweden werden Güterwagen mit tauschbaren Radsätzen oder Drehgestellen eingesetzt, jedoch ist der Umfang durch die Konkurrenz des politisch bevorzugten Straßengüterverkehrs sehr gering geworden. Eisenbahnfährbetriebe zwischen Finnland und dem europäischen Regelspurnetz bestehen seit 2007 nicht mehr.
Iberische Breitspur
Die iberische Breitspur von 1668 Millimetern entstand durch Mittelung der spanischen (1672 Millimeter) und portugiesischen (1665 Millimeter) Breitspur, um den Wagenübergang zu erleichtern.
Spurumstellung in Spanien
In Spanien wurden seit 1992 vier Schnellfahrstrecken in europäischer Regelspur (1435 Millimeter) neu gebaut:
Normalspurige Schnellfahrstrecke |
Streckenteil | Länge | Eröffnung |
---|---|---|---|
Madrid–Sevilla | 472 km | 1992 | |
Abzweig nach Toledo | 21 km | 2005 | |
Abzweig nach Antequera | 97 km | 2006 | |
Madrid–Barcelona –Französische Grenze |
Madrid–Saragossa | 307 km | 2002 |
Abzweig Saragossa–Huesca | 79 km | 2003 | |
Saragossa–Lleida | 135 km | 2006 | |
Lleida–Tarragona | 81 km | 2006 | |
Tarragona–Barcelona | 100 km | 2008 | |
Barcelona–Figueres | 131 km | 2013 | |
Figueres–Französische Grenze | 20 km | 2010 | |
Madrid–Valladolid | 180 km | 2007 | |
Abzweig nach Zamora[5] | 99 km | 2015 | |
Madrid–Levante | Madrid–Valencia | 391 km | 2010 |
Abzweig nach Albacete | 80 km | 2013 | |
An Übergangsbahnhöfen wurden Umspureinrichtungen für die Systeme CAF und Talgo installiert.
Die spanische Regierung hatte ein Gutachten in Auftrag gegeben, das Kosten und Nutzen einer landesweiten Spurweitenumstellung von derzeit 1668 Millimeter auf die europäische Normalspur (1435 Millimeter) ermitteln soll. Die Zeitung El País schätzte 2007, dass die Umstellung des gesamten 12 000 Kilometer langen spanischen Schienennetzes bis etwa 2020 gedauert hätte.[6][7] Dies wurde aus finanziellen Gründen nicht durchgeführt. Allerdings werden bei Gleisumbauten im Breitspurnetz seit einigen Jahren in der Regel umspurbare und Dreischienengleisschwellen eingebaut, wodurch eine langfristige Umstellung vorbereitet wird.
Spurumstellung in Portugal
Zwei weitere in Spanien und Portugal geplante Schnellfahrstrecken waren ebenfalls in europäischer Regelspur geplant, für beide Projekte wurde jedoch 2012 von Portugal beschlossen, sie nicht weiter zu verfolgen:
Indische Breitspur
Die „indische Breitspur“ oder „Kolonialspur“ genannte Spurweite von 1676 Millimetern wird hauptsächlich auf dem indischen Subkontinent sowie in Argentinien und Chile verwendet.
Brunel-Breitspur
Das von Isambard Kingdom Brunel 1838 eingeführte Breitspur-Maß von 7 Fuß ¼ Zoll (2140 Millimeter)[8][9] wurde bei der ebenfalls von Brunel geschaffenen Great Western Railway in Großbritannien benutzt. Nach Brunels Entwurf war es noch in materialsparender „Baulk“-Bauweise auf hölzernen Langschwellen mit Querriegeln als Spurhalter in größeren Abständen ausgelegt.
Vereinigte Staaten
Mit dem Beginn des Eisenbahnbaues in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand in den Südstaaten der USA ein zusammenhängendes Netz mit der Spurweite von fünf englischen Fuß, in den Nordstaaten nutzte man dagegen einerseits die Regelspur und andererseits bei der Erie Railroad und angeschlossenen Bahngesellschaften eine Spurweite von sechs englischen Fuß (1829 Millimeter).[10] Spätestens nach dem Sezessionskrieg zeigte sich allerdings, dass ein Eisenbahnnetz mit einheitlicher Spurweite für die Entwicklung des Landes unverzichtbar war. Dieses einheitliche Maß sollte die Regelspur werden, doch aufgrund des Einspruches der Pennsylvania Railroad (seinerzeit die größte Bahngesellschaft der Welt), die eine wenig größere Spurweite verwendete, spurte man das Breitspurnetz nach längerer Vorbereitung am 31. Mai 1886 auf das später »Vermittlungsspur« genannte Maß der Pennsylvania Railroad von 1448 Millimetern (4 3⁄4 englische Fuß) um. Zwischen diesem und dem Regelspurnetz war mit angepassten Radsätzen ein Fahrzeugübergang möglich, wenn auch mit Einschränkungen beim Verschleißverhalten insbesondere in Weichen und Kreuzungen, sowie bei Laufruhe und Fahrkomfort. In den 1920er Jahren wurden die Anlagen schließlich endgültig auf das Regelspurmaß gebracht.
Zahlreiche Straßenbahnen und Überlandstraßenbahnen (Interurban) in den Vereinigten Staaten wurden in verschiedenen Breitspurweiten gebaut. In Pittsburgh, zahlreichen weiteren Städten in Pennsylvania sowie in Cincinnati wurde eine Spurweite von 1588 mm genutzt, die daher als Pennsylvania Trolley Gauge bekannt wurde und bis heute von der Stadtbahn Pittsburgh genutzt wird. In Philadelphia wurde hingegen teilweise eine Spurweite von 1581 mm gewählt, die weiterhin bei der Southeastern Pennsylvania Transportation Authority (SEPTA) in Gebrauch ist. In Baltimore war wiederum eine Spurweite von 1638 mm in Verwendung, in Louisville 1524 mm.[11]
Die Bay-Area-Rapid-Transit-Strecken in der San Francisco Bay Area wurden ab den 1960er Jahren mit der in den Vereinigten Staaten ansonsten nicht mehr verwendeten Indischen Breitspur von 1676 mm errichtet. Im 19. Jahrhundert bestanden noch mehrere in dieser Spurweite ausgeführte Strecken, die jedoch sukzessive alle auf Normalspur umgestellt wurden.
Badische Staatseisenbahnen
Im Großherzogtum Baden betrieben die Badischen Staatseisenbahnen insbesondere ab 1840 im Oberrheintal von Mannheim über Heidelberg und Offenburg nach Basel ein Breitspurnetz mit der Spurweite von 1600 mm, das wegen der Einzelstellung in Deutschland 1855 auf Normalspur umgebaut wurde.
Niederlande
Die ersten Eisenbahnstrecken in den Niederlanden (Bahnstrecke Amsterdam–Rotterdam und Amsterdam–Utrecht–Arnhem) wurden zwischen 1839 und 1847 mit einer Spurweite von 1945 Millimetern angelegt und später (bis 1866) auf Regelspur umgestellt.
Breitspur auf Ilha do Faial
Auf der Azoreninsel Ilha do Faial existieren noch Reste einer Breitspurbahn in der Spurweite 2134 Millimeter (sieben englische Fuß)[12] sowie zwei Dampflokomotiven dieser Spur. Ein kurzer touristischer Betrieb wird gelegentlich diskutiert.
Siehe auch
Literatur
- Richard Heinersdorff: Auf eiserner Spur, ein Streifzug über die Eisenbahngeleise aller Spurweiten in 5 Kontinenten. Sanssouci, Zürich 1977, ISBN 3-7254-0299-X, S. 150 ff.
- Hans-Ulrich Thamer: Verführung und Gewalt: Deutschland 1933–1945. Siedler, Berlin 1986, ISBN 3-88680-053-9 (= Die Deutschen und ihre Nation, Band 5, Siedler Geschichte), S. 663 ff.
Einzelnachweise
- Breitspurbahnen. In: Victor von Röll (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Auflage. Band 3: Braunschweigische Eisenbahnen–Eilgut. Urban & Schwarzenberg, Berlin/Wien 1912, S. 7.
- Transsib bis nach Wien? In: wien.orf.at. Abgerufen am 22. Mai 2016.
- ÖBB suchen Standort für riesigen Güterterminal orf.at, 17. Mai 2018, angerufen 17. Mai 2018.
- Die Aussage auf Seite 18 der deutschsprachigen Ausgabe von Mikko Alameri: Eisenbahnen in Finnland. Wien, 1979, dass sich Finnland 1959 auf eine neue Nennspurweite von 1520 Millimetern festgelegt hätte, wurde nie umgesetzt. Der Nennwert der Spurweite in Finnland beträgt nach wie vor 1524 Millimeter, jedoch entsprechen die Grenzwerte denen in den übrigen russischen Breitspurnetzen (gemäß Rataverkon kuvaus, finnisch: Beschreibung der Schieneninfrastruktur, S. 69 [PDF, S. 71]).
Siehe auch: Artikel Broad gauge in der englischsprachigen Wikipedia und Datenblätter der von Stadler Rail nach Finnland (JKOY-Baureihe Sm5: Datenblatt (Memento vom 26. Juli 2016 im Internet Archive)) und Russland (KISS Eurasia: Datenblatt (Memento vom 26. Juli 2016 im Internet Archive)) gelieferten Triebzüge. - Testfahrt auf der LAV Olmedo - Zamora. In: lok-report.de. Abgerufen am 23. Oktober 2015.
- Spanien plant Stärkung der europäischen Güterschiene. In: Verkehrsrundschau. 30. April 2007, abgerufen am 21. Juni 2016.
- Spanien: Bahn bis 2020 auf Normalspur. In: Travel Inside Archiv. 11. Januar 2008, abgerufen am 21. Juni 2016.
- Bernhard Rieger: Isambard Kingdom Brunel. In: breitspurbahn.de. Abgerufen am 22. Mai 2016.
- Isambard Kingdon Brunel's Broad Gauge Railway. In: railalbum.co.uk. Abgerufen am 22. Mai 2016.
- H. Roger Grant: Erie Lackawanna: The Death of an American Railroad, 1938-1992. Stanford University Press, 1996, ISBN 978-0-8047-2798-3, S. 2; 6 (englisch).
- George Woodman Hilton, John Fitzgerald Due: The Electric Interurban Railways in America. Stanford University Press, 2000, ISBN 978-0-8047-4014-2, S. 51–53 (englisch).
- Horta Hafenbahn 1876–1901