Xenondifluorid
Xenon(di)fluorid (XeF2) ist eine farblose, kristalline Edelgasverbindung. Sie wurde 1962 als dritte Verbindung eines Edelgases nach Xenonhexafluoroplatinat (XePtF6)[9] und Xenontetrafluorid (XeF4)[10] erstmals durch Rudolf Hoppe synthetisiert.[11] Unter speziellen Bedingungen reagiert Xenon mit Fluor zu dieser Substanz.
Kristallstruktur | |||||||||||||||||||
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_ Xe2+ _ F− | |||||||||||||||||||
Allgemeines | |||||||||||||||||||
Name | Xenondifluorid | ||||||||||||||||||
Andere Namen |
Xenon(II)-fluorid | ||||||||||||||||||
Verhältnisformel | XeF2 | ||||||||||||||||||
Kurzbeschreibung |
farblose Kristalle[1] mit penetrantem, ekelerregendem Geruch[2] | ||||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | |||||||||||||||||||
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Eigenschaften | |||||||||||||||||||
Molare Masse | 169,29 g·mol−1 | ||||||||||||||||||
Aggregatzustand |
fest | ||||||||||||||||||
Dichte |
4,32 g·cm−3[3] | ||||||||||||||||||
Schmelzpunkt |
128,6 °C[4] | ||||||||||||||||||
Sublimationspunkt | |||||||||||||||||||
Dampfdruck | |||||||||||||||||||
Löslichkeit |
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Sicherheitshinweise | |||||||||||||||||||
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MAK |
Fluoride 2,5 mg·m−3 einatembarer Staubanteil (als Fluoride gerechnet)[5] | ||||||||||||||||||
Thermodynamische Eigenschaften | |||||||||||||||||||
ΔHf0 |
−164 kJ/mol (Gas)[8] | ||||||||||||||||||
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. |
Darstellung
XeF2 lässt sich mithilfe von Katalysatoren wie Fluorwasserstoff oder Nickel(II)-fluorid unter UV-Bestrahlung aus den Elementen darstellen:
Die Reaktion verläuft mit einer Reaktionswärme von −164 kJ·mol−1 exotherm.[12] Die Verbindung lässt sich auch durch die Reaktion von Xenon mit Iodheptafluorid[13] oder durch die Umsetzung von Xenon mit Tetrafluormethan[2] herstellen.
Durch Sublimation lassen sich Kristalle in der Größenordnung von einigen Millimetern gewinnen.[2]
Eigenschaften
Physikalische Eigenschaften
Bei Normaldruck und einer Temperatur von 114,35 °C geht es durch Sublimation direkt vom festen in den gasförmigen Zustand über.[3] Der Tripelpunkt, an dem die drei Phasen fest, flüssig und gasförmig im Gleichgewicht stehen, liegt bei einer Temperatur von 129,03 °C[3][14] und einem Druck von 1,883 bar.[14] Die Sublimationsdruckfunktion ergibt sich entsprechend ( in Torr, in K) mit , und im Temperaturbereich von 273 bis 388 K.[14] Hier ergibt sich mittels einer Auswertung nach Clausius-Clapeyron eine Sublimationsenthalpie von 55,2 kJ·mol−1.[14] Die kritische Temperatur beträgt 358 °C, der kritische Druck 93,2 bar, die kritische Dichte 1,14 g·cm−3 und das kritische Volumen 149 cm3·mol−1.[15] Kristalle von Xenondifluorid haben eine tetragonale Symmetrie in der Raumgruppe I4/mmm (Raumgruppen-Nr. 139) .[16] Das Kristallgitter enthält isolierte XeF2-Moleküle; der Xenon-Fluor-Abstand beträgt 198 pm.[17][13] Bei erhöhten Drücken wurden weitere polymorphe Kristallstrukturen beobachtet. Bei einem Druck von 28 GPa erfolgte eine Umwandlung in ein orthorhombisches Gitter mit der Raumgruppe Immm (Nr. 71) , bei 59 GPa ein entsprechendes Gitter mit der Pnma (Nr. 62) .[16]
Chemische Eigenschaften
Beim raschen Erhitzen an der Luft zerfällt Xenondifluorid zu Xenon und Fluor. Trotz der negativen Bildungsenthalpie (ΔfH0 = −163 kJ·mol−1) verläuft diese Reaktion explosionsartig, da eine große Volumenzunahme stattfindet. Mit leicht brennbaren Stoffen, wie Aceton, Dimethylsulfid, Aluminiumpulver, Magnesiumpulver sowie auch mit Fetten oder Papier kann die Verbindung explosionsartig reagieren.[18] Mit Wasserstoff setzt sich die Verbindung bei Temperaturen zwischen 300 °C und 400 °C zu Xenon und Fluorwasserstoff um.[6]
Gegenüber starken Lewis-Säuren verhält sich Xenondifluorid in einer Fluoridtransferreaktion als Fluoriddonor. Mit den Pentafluoriden des Arsens, Antimons, Bismuts, Rutheniums, Iridiums und Platins werden je nach Mischungsverhältnis verschiedene ionische Verbindungen gebildet.[6]
- mit M = As, Sb, Bi, Ru, Ir, Pt
Die Verbindung löst sich undissoziiert in Wasser und verfügt hierin über eine Halbwertszeit von 7 Stunden bei 0 °C.[2]
Molekülgeometrie
Gemäß dem VSEPR-Modell besitzt das Xenondifluorid-Molekül eine lineare Struktur mit einem Bindungswinkel (F–Xe–F) von etwa 180°. Im gasförmigen Zustand beträgt die Bindungslänge 197,7 pm.[19]
Xenondifluorid besitzt als Molekülsymmetrie die Punktgruppe D∞h.[19]
Verwendung
Xenon(II)-fluorid wird als starkes Oxidations- und Fluorierungsmittel in der organischen Synthese verwendet.[18] So können über eine Fluordecarboxylierungsreaktion aus aliphatischen Carbonsäuren entsprechende Fluoralkane erhalten werden.[20]
Über eine elektrophile Fluorierung kann eine aromatische C–H-Bindung direkt durch Fluor substituiert werden.[20][21] Die dirigierende Wirkung der Substitution wird entsprechend den Regeln der elektrophile aromatische Substitution bestimmt. So wird beispielsweise Anisol bevorzugt in der ortho- und para-Stellung fluoriert, Nitrobenzol in der meta-Stellung.[20] Methylphenylsulfid ergibt in der Umsetzung mit Xenondifluor ein difluoriertes Produkt.[20]
Mittels Xenondifluorid kann Fluor an Alkene addiert werden.[20] Mit Ethen resultiert ein Produktgemisch aus 45 % 1,2-Difluorethan, 35 % 1,1-Difluorethan und 1,1,2-Trifluorethan.[22] Mit Butadien verläuft die Umsetzung selektiver. Hier resultiert zu 87 % das 1,2-Additionsprodukt. Die Umsetzung mit 2,3-Dimethylbutadien ergibt ausschließlich das 1,2-Difluor-2,3-dimethyl-3-buten.
Die Reaktion mit aromatischen Ketonen und Aldehyden in Gegenwart von katalytischen Mengen von Fluorwasserstoff oder Siliziumtetrafluorid führt zu einer Umlagerung zu difluorsubstituierten Ethern. In Gegenwart von Bortrifluorid wird diese Umlagerung nicht realisiert, wobei dann eine Fluorierung am Aromaten erfolgt.[20][23][24]
Mit Trifluoressigsäure werden die instabilen Ester (CF3COO)2Xe und (CF3COO)XeF gebildet, deren Zersetzung primär zu Trifluormethylradikalen und dann zum Hexafluorethan führt. In Gegenwart von Aromaten oder Heteroaromaten können diese trifluormethyliert werden.[20][25]
Eine Mischung aus Magnesium und Xenon(II)-fluorid ist als hochenergetisches Material interessant und verbrennt mit einer 2575 K heißen Flamme.[26]
Weitere Edelgasverbindungen
Zuweilen konnten noch weitere Xenonverbindungen (v. a. Chloride, Oxide), aber auch die Kryptonverbindung Kryptondifluorid (KrF2) hergestellt werden. Außerdem vermutet man, dass es, parallel zu Xenon, auch verschiedene Radonoxide und -halogenide geben muss. Die meisten Edelgasverbindungen sind im Vergleich zu Xenondifluorid wesentlich instabiler und häufig hochexplosiv. Die Reaktivität der Edelgase nimmt vermutlich mit steigendem Atomgewicht zu, so dass Radondifluorid theoretisch noch etwas stabiler als XeF2 sein müsste.
Siehe auch
Weblinks
Literatur
- Melita Tramsek, Boris Zemva: Synthesis, Properties and Chemistry of Xenon(II) Fluoride. In: Acta Chim. Slov. Band 53, Nr. 2, 2006, S. 105–116. (PDF)
- Xenon(II) Fluoride. in e-EROS Encyclopedia of Reagents for Organic Synthesis, 1999–2013, John Wiley and Sons.
Einzelnachweise
- Datenblatt Xenondifluorid (PDF) bei Merck, abgerufen am 8. Oktober 2010.
- James L. Weeks and Max S. Matheson: Xenon difluoride. In: Henry F. Holtzclaw, Jr. (Hrsg.): Inorganic Syntheses. Band 8. McGraw-Hill Book Company, Inc., 1966, S. 260–264 (englisch).
- David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press/Taylor and Francis, Boca Raton, FL, Properties of the Elements and Inorganic Compounds, S. 4-98.
- D. K. Hindermann, W. E. Falconer: Magnetic Shielding of 19F in XeF2. In: J. Chem. Phys. Band 50, Nr. 3, 1969, S. 1203, doi:10.1063/1.1671178, bibcode:1969JChPh..50.1203H.
- Datenblatt Xenondifluorid bei AlfaAesar, abgerufen am 8. Oktober 2010 (PDF) (JavaScript erforderlich).
- Ralf Steudel: Chemie der Nichtmetalle, Synthesen – Strukturen – Bindung – Verwendung. 4. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin/ Boston 2014, ISBN 978-3-11-030439-8, S. 570, (abgerufen über De Gruyter Online).
- Datenblatt Xenon difluoride bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 4. Januar 2018 (PDF).
- Erwin Riedel, Christoph Janiak: Anorganische Chemie. 9. Auflage. Walter de Gruyter GmbH, Berlin 2015, ISBN 978-3-11-035526-0, S. 416.
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- Rudolf Hoppe, Wolfgang Dähne, H. Mattauch, K. M. Rödder: Fluorierung von Xenon. In: Angewandte Chemie. 74, 1962, S. 903; doi:10.1002/ange.19620742213.
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