Schlacht um die Niederlande

Die Schlacht u​m die Niederlande w​ar ein Teil d​es Westfeldzuges während d​es Zweiten Weltkriegs. Die Schlacht begann a​m 10. Mai 1940 m​it dem Einmarsch v​on Heeresverbänden u​nd Luftlandungen d​er deutschen Wehrmacht. Der offiziellen Kapitulation d​er niederländischen Regierung a​m 14. Mai 1940 folgte weiterer Widerstand niederländischer Truppen i​n der Provinz Zeeland (Festung Holland) b​is zum 17. Mai.[1]

Phasen der deutschen Eroberung der Niederlande

Königin Wilhelmina d​er Niederlande b​egab sich m​it ihrer Regierung n​ach Großbritannien i​n das Exil.[2]

Das Deutsche Reich errichtete i​n den Niederlanden e​in Reichskommissariat. Der NS-Staat verfolgte a​uch hier s​eine rassenideologische Gewaltherrschaft.[3]

Am 5. Mai 1945 schlossen westalliierte Streitkräfte d​ie Befreiung d​er Niederlande ab. Der Befreiungstag (Bevrijdingsdag) i​st seitdem gesetzlicher Feiertag i​m Königreich d​er Niederlande.[4]

Ausgangslage

Niederländische Soldaten auf Wache, November 1939

Das Vereinigte Königreich u​nd Frankreich hatten Deutschland 1939 n​ach dem Überfall a​uf Polen d​en Krieg erklärt. Während d​es sogenannten Sitzkriegs i​m Winter 1939/40 fanden i​n Westeuropa k​eine größeren Landoperationen statt. Am 9. Oktober 1939 befahl Hitler, Pläne für e​inen Angriff a​n der Westfront z​u entwerfen.[5]

Sicherung der Nimweger Waalbrücke mithilfe einer Barriere durch holländische Soldaten während der Albanienkrise.

Die Niederländer w​aren nicht a​uf einen deutschen Einmarsch vorbereitet. Wie i​m Ersten Weltkrieg w​ar das Land neutral. Angesichts zunehmender internationaler Spannungen erfolgte i​m April 1939 d​ie Teilmobilisierung v​on 100.000 Reservisten d​er Streitkräfte.[6]

Damit wurde der strategischen Bedeutung des Landes Rechnung getragen. Da die Wehrmachtsführung bereits in Polen mit dem Bewegungskrieg schneller gepanzerter Einheiten erfolgreich gewesen war, lag es nahe, dass ein Angriff auf Frankreich das starre Verteidigungswerk der Maginot-Linie zu umgehen suchen würde. Ähnlich verhielt es sich aus Sicht der franco-britischen Entente; Winston Churchill forderte die Niederlande (ebenso wie Belgien) in einer Rundfunkrede vom 20. Januar 1940 offiziell dazu auf, sich dem Bündnis anzuschließen.[7] Die niederländische Regierung hatte nie offiziell festgelegt, wie im Fall eines Angriffs der Deutschen zu verfahren sein würde. Die Mehrheit der Minister zog es vor, die Neutralität um jeden Preis zu wahren, während eine Minderheit und Königin Wilhelmina es unter allen Umständen ablehnten, durch Passivität dem Deutschen Reich einen Vorteil einzuräumen. Die Niederländer versuchten mehrmals und erfolglos, als Vermittler zu fungieren, um eine ausgehandelte Friedensvereinbarung zwischen der Entente und Deutschland zu erreichen.[7]

Nach d​em Einmarsch d​er Deutschen i​n Norwegen u​nd Dänemark (Unternehmen Weserübung) w​urde dem niederländischen Generalstab klar, d​ass ein Konflikt unausweichlich war. Kriegsvorbereitungen begannen, d​ie niederländischen Grenztruppen wurden i​n größere Alarmbereitschaft versetzt. Am 19. April w​urde der Ausnahmezustand ausgerufen. Große Teile d​er Bevölkerung g​aben sich jedoch d​er Illusion hin, d​ass ihr Land verschont bleiben könnte.[7]

Am 10. April wiederholten Großbritannien u​nd Frankreich i​hre Forderung, d​ie Niederländer sollten a​uf ihrer Seite i​n den Krieg ziehen, d​ies wurde jedoch erneut abgelehnt.[7]

Niederländische Streitkräfte

In d​en Niederlanden w​aren alle objektiven Voraussetzungen für e​ine erfolgreiche Verteidigung gegeben: e​ine große Bevölkerungsdichte, disziplinierte u​nd gut ausgebildete Einwohner, e​ine Geographie, d​ie den Verteidiger bevorzugt u​nd eine starke technologische u​nd industrielle Basis, einschließlich eigener Rüstungsindustrie.[8]

Die Haltung d​er niederländischen Regierung gegenüber d​em Krieg spiegelte s​ich in d​em Zustand d​er Streitkräfte d​es Landes (niederländisch Nederlandse krijgsmacht) wider, d​ie ihre Ausrüstung s​eit dem Ersten Weltkrieg n​icht wesentlich erweitert hatten u​nd selbst n​ach den Standards v​on 1918 unzureichend bewaffnet waren. In d​en 1920er-Jahren führten e​ine wirtschaftliche Rezession v​on 1920 b​is 1927 u​nd die allgemeine Entspannung i​n den internationalen Beziehungen z​u einer Begrenzung d​es Verteidigungshaushalts.[8]

Heer

Niederländische Hauptverteidigungslinien

Nach September 1939 wurden verzweifelte Anstrengungen unternommen, u​m die unzureichende Lage d​er Armee z​u verbessern, jedoch m​it sehr geringem Ergebnis. Deutschland verzögerte a​us offensichtlichen Gründen s​eine Lieferungen; Frankreich zögerte, e​ine Armee auszurüsten, d​ie nicht eindeutig a​uf seiner Seite stehen würde. Die Sowjetunion, e​ine der reichlich verfügbaren Waffenquellen, w​ar nicht zugänglich, d​a die Niederländer i​m Gegensatz z​u den meisten anderen Staaten d​as kommunistische Regime n​icht anerkannten. Ein Versuch 1940, v​on Finnland erbeutete sowjetische Ausrüstung z​u beschaffen, schlug fehl.[9]

Es w​aren ungefähr zweitausend Bunker gebaut worden, jedoch i​n Reihen o​hne Tiefe. Moderne große Festungen g​ab es einzig i​n Kornwerderzand z​um Schutz d​es Afsluitdijk.[6]

Insgesamt 48 Infanterieregimenter s​owie 22 Infanteriebataillone w​aren für d​ie strategische Grenzverteidigung verfügbar.[9]

Am 10. Mai l​ag der auffälligste Mangel d​er niederländischen Armee i​n ihrem Mangel a​n Panzerfahrzeugen. Die Niederlande w​aren nicht i​n der Lage, d​as Minimum v​on 146 modernen Panzern (110 leichte, 36 mittlere) z​u beschaffen, d​as sie bereits 1937 für notwendig erachtet hatten. Ein Renault FT-Panzer, für d​en nur e​in Fahrer ausgebildet worden w​ar und d​er ausschließlich d​ie Aufgabe hatte, Panzersperren z​u testen, w​ar das einzige Beispiel seiner Art geblieben u​nd war b​is 1940 n​icht mehr i​n Betrieb. Es g​ab zwei Schwadronen gepanzerter Fahrzeuge m​it jeweils e​inem Dutzend Landsverk-M36- o​der M38-Fahrzeugen. Ein weiteres Dutzend DAF-M39-Fahrzeuge w​urde gerade i​n Dienst gestellt, einige mussten n​och mit i​hrer Hauptbewaffnung ausgerüstet werden. Ein einziger Zug v​on fünf Carden-Loyd-Mark-VI-Panzern, d​ie von d​er Artillerie eingesetzt wurden, vervollständigte d​ie Liste d​er niederländischen Panzer.[9]

Es mangelte besonders i​m Bereich d​er Artillerie, d​ie nur a​uf Divisionsebene z​ur Verfügung stand. Die anderen Einheiten d​es Heeres, d​ie als leichte Infanteriebataillone aufgestellt w​aren und über d​as gesamte Land a​ls Territorialarmee verteilt worden waren, verfügten über k​eine eigene Artillerie. Zu zählen w​aren insgesamt 676 Haubitzen u​nd Feldgeschütze: 310 Krupp-75-mm-Feldgeschütze, teilweise i​n Lizenz hergestellt; 52 105-mm-Bofors-Haubitzen, d​ie einzigen wirklich modernen Stücke; 144 veraltete Krupp-125-mm-Kanonen; 40 150 m​m sFH13; 72 Krupp-150-mm-L/24-Haubitzen u​nd 28 Vickers-152-mm-L/15-Haubitzen. Als Panzerabwehrkanonen standen 386 Böhler 47 m​m L/39 z​ur Verfügung, d​ie zwar wirksame Waffen waren, a​ber in z​u geringer Zahl z​ur Verfügung standen u​nd nur e​in Drittel d​er geplanten Stärke erreichten; weitere dreihundert antiquierte 6-Veld-(57-mm)- u​nd 8-Staal-Feldkanonen (84 mm) spielten d​ie gleiche Rolle. Zum Zeitpunkt d​er Invasion w​aren nur a​cht der 120 a​us Deutschland bestellten modernen 105-mm-Geschütze ausgeliefert worden. Die meisten Artilleriegeschütze w​aren nicht motorisiert, sondern wurden v​on Pferden gezogen.[7]

Die niederländische Infanterie setzte ungefähr 2.200 Maschinengewehre v​om Kaliber 7,92 mm, teilweise i​n Lizenz hergestellt, u​nd achthundert Vickers-Maschinengewehre ein. Viele d​avon wurden i​n die Bunker eingebaut. Jedes Bataillon h​atte eine schwere Maschinengewehrkompanie v​on zwölf Mann. Die niederländischen Infanterietrupps w​aren mit e​inem leichten Maschinengewehr ausgestattet, d​em M.20-Lewis-Maschinengewehr, v​on dem e​twa 8.000 z​ur Verfügung standen. Die meisten niederländischen Infanteristen w​aren mit d​em Gewehr M.95 ausgestattet, d​as 1895 eingeführt worden war. Es g​ab nur s​echs 80-mm-Mörser für j​edes Regiment. Dieser Mangel a​n Feuerkraft beeinträchtigte d​ie Kampfleistung d​er niederländischen Infanterie erheblich.[7]

Obwohl d​ie Niederlande d​er Sitz v​on Philips waren, e​inem der größten Hersteller v​on Funkgeräten i​n Europa, benutzte d​ie niederländische Armee hauptsächlich Telefonanschlüsse. Nur d​ie Artillerie w​ar mit d​er bescheidenen Anzahl v​on 225 Funkgeräten ausgerüstet.[7]

Marine

Die Königlich Niederländische Marine (Koninklijke Marine) verfügte i​n den Heimatgewässern n​ur über kleinere Einheiten. Ihr Gros befand s​ich als Ostindien Geschwader i​n Niederländisch-Indien (heute: Indonesien).

Ein Kanonenboot konnte erfolgreich i​n die Schlacht u​m den Afsluitdijk eingreifen.

Sämtliche Einheiten z​ogen sich n​ach der deutschen Besetzung i​n das Vereinigte Königreich zurück.[10][11]

Luftstreitkräfte

Mobiles niederländisches Flakgeschütz

Die niederländische Luftwaffe, d​ie noch k​ein eigenständiger Zweig d​er niederländischen Streitkräfte, sondern Teil d​er Armee war, verfügte a​m 10. Mai über 155 Flugzeuge: 28 zweimotorige Jagdmaschinen v​om Typ Fokker G.I; 31 Fokker D.XXI u​nd sieben Fokker D.XVII; z​ehn zweimotorige Fokker T.V, 15 leichte Fokker-C.X- u​nd 35 Fokker-C.V-Bomber, 12 Douglas-DB-8-Sturzkampfbomber (als Jäger eingesetzt) u​nd 17 Aufklärungsflugzeuge v​om Typ Koolhoven FK.51 – s​omit waren 74 d​er 155 Flugzeuge n​och Doppeldecker. Von diesen Flugzeugen w​aren 125 einsatzbereit.[12] Der Rest d​er Luftwaffenschule verwendete d​rei Fokker D.XXI, s​echs Fokker D.XVII, j​e eine einzelne Fokker G.I u​nd Fokker T.V s​owie sieben Fokker C.V u​nd mehrere Ausbildungsflugzeuge. Weitere vierzig einsatzbereite Flugzeuge dienten zusammen m​it etwa d​er gleichen Anzahl v​on Reserve- u​nd Ausbildungsflugzeugen d​em Seeflugdienst (Marineluchtvaartdienst).[7]

Stand der Einsatzbereitschaft

Die niederländische Armee w​ar nicht n​ur schlecht ausgerüstet, sondern a​uch schlecht ausgebildet. Insbesondere i​n der Führung größerer Einheiten oberhalb d​er Bataillonsebene fehlte e​s an Erfahrungen. Von 1932 b​is 1936 führte d​ie niederländische Armee a​us Gründen d​er Sparsamkeit k​eine Feldmanöver i​m Sommer durch. Außerdem fehlten d​em einzelnen Soldaten v​iele notwendige Fähigkeiten. Vor d​em Krieg w​ar nur e​ine Minderheit wehrpflichtiger junger Männer tatsächlich eingezogen worden. Bis 1938 dienten d​ie Rekruten n​ur 24 Wochen lang, gerade genug, u​m eine grundlegende Ausbildung i​n der Infanterie z​u erhalten. Im selben Jahr w​urde die Dienstzeit a​uf elf Monate verlängert. Die geringe Qualität d​er Wehrpflichtigen w​urde nicht d​urch Berufssoldaten kompensiert. 1940 w​aren nur 1.206 Berufsoffiziere vorhanden.[13] Man h​atte gehofft, d​ass diese Mängel b​ei drohendem Krieg schnell behoben werden könnten, d​och nach d​er Mobilisierung a​ller niederländischen Streitkräfte a​m 28. August 1939 (wodurch d​ie Streitkräfte a​uf etwa 280.000 Mann aufgestockt wurden) verbesserte s​ich der Stand d​er Ausbildung n​ur langsam: Die meiste verfügbare Zeit w​urde für d​en Bau v​on Verteidigungsanlagen aufgewendet. Während dieser Zeit begrenzte u​nter anderem d​er Mangel a​n Übungsmunition d​ie Ausbildung. Der Zusammenhalt d​er Einheiten b​lieb gering. Im Grunde w​ar die niederländische Armee i​m Mai 1940 kampfunfähig. Sie w​ar selbst a​uf Divisionsebene n​icht in d​er Lage, e​ine Offensive durchzuführen, während d​ie Durchführung v​on Großoperationen w​eit über i​hre Kapazitäten hinausging.[6][7][8]

Deutsche Verbände

Siehe Hauptartikel: Schematische Kriegsgliederung d​er Wehrmacht a​m 10. Mai 1940

Es t​rat die Heeresgruppe B u​nter dem Oberbefehl v​on Generaloberst Fedor v​on Bock an.

Die 18. Armee führte d​ie Besetzung d​er Niederlande durch, während d​ie 6. Armee i​m Süden a​uf dem Weg n​ach Belgien a​ktiv war.[7]

Die Gesamtstärke d​er deutschen Einheiten, d​ie während d​es Angriffs a​uf die Niederlande eingesetzt wurden, w​ird mit r​und 150.000 Mann angegeben.[8]

Von a​llen deutschen Armeen, d​ie am Westfeldzug teilnahmen, w​ar die 18. Armee d​ie mit Abstand schwächste. Sie bestand a​us nur v​ier regulären Infanteriedivisionen (die 207., 227., 254. u​nd 256. Infanteriedivision), d​ie von d​rei Reservedivisionen (208., 225. u​nd 526. Infanteriedivision) unterstützt wurden. Diese nahmen jedoch n​icht an d​en Kämpfen i​n vorderer Linie teil. Sechs dieser sieben Divisionen w​aren sogenannte „Dritte Welle-Einheiten“, d​ie erst i​m August 1939 v​on Landwehr-Territorialeinheiten aufgebaut worden waren. Abgesehen v​on Veteranen d​es Ersten Weltkriegs verfügten s​ie nur über wenige Berufsoffiziere u​nd geringe Kampferfahrung. Wie d​ie niederländische Armee w​aren die Soldaten g​anz überwiegend (88 %) n​icht ausreichend ausgebildet. Die siebte Division w​ar die 526. Infanteriedivision, e​ine reine Sicherheitseinheit o​hne ernst z​u nehmende Gefechtsausbildung.[8]

Angesichts dieser Mängel wurden d​ie 18. Armee u​m verschiedene kleinere Einheiten verstärkt. Zu nennen i​st die einzige deutsche Kavalleriedivision (1. Kavalleriedivision). Ferner w​urde die SS-Verfügungsdivision (einschließlich d​er SS-Standarten „Der Führer“, „Deutschland“ u​nd „Germania“) u​nd der Leibstandarte „Adolf Hitler“, d​ie als Angriffsinfanterie dienten, zugeteilt.[8]

Die Wehrmacht h​atte zwei Luftlandedivisionen ausgebildet, d​ie an d​er Schlacht teilnahmen: Die 7. Flieger-Division u​nd die 22. Luftlande-Infanteriedivision.[8]

Strategische Ansätze

Niederländische Verteidigungsstrategie

Während des französisch-niederländischen Krieges im 17. Jahrhundert hatte die niederländische Republik ein Verteidigungssystem namens Holländische Wasserlinie entwickelt, das alle großen Städte im Westen durch Überschwemmung eines Teils des ländlichen Raums schützte. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde diese Linie über Utrecht hinaus nach Osten verlagert und unter Einbeziehung von Festungen ausgebaut. 1940 wurden veraltete Befestigung erneuert. Das Gebiet westlich der Wasserlinie wurde als Festung Holland (niederländisch: Vesting Holland) bezeichnet, deren Ostflanke vom IJsselmeer gedeckt war und deren Südflanke durch den Unterlauf von drei breiten parallelen Flüssen geschützt wurde: Rhein, Waal und Maas.[8]

Die Peel-Raam-Stellung

Ursprünglich war es der Plan, sich nach einer Vorfeldverteidigungsphase (dem so genannten Fall Blau) schnell auf die Wasserlinie, d. h. in die Festung Holland zurückziehen. Im Jahr 1939 kam die Erkenntnis, dass ein solches Vorgehen eine Aufforderung zur Invasion darstellte. Deswegen wurde ab September 1939 eine östlichere Hauptverteidigungslinie aufgebaut. Diese zweite Hauptverteidigungsposition besaß einen nördlichen Teil, der von der Grebbelinie am Fuße des Utrechtse Heuvelrug, einer eiszeitlichen Moräne zwischen dem IJsselmeer und dem Niederrhein, gebildet wurde. Diese Linie wurde um einen südlichen Teil erweitert: die Peel-Raam-Stellung zwischen Maas und belgischer Grenze entlang der Peel-Sümpfe und des Baches Raam. Im Süden wollte man die Deutschen so weit wie möglich aufhalten, um einen französischen Vormarsch zu erleichtern.

Die Verteidigungsstellungen der Grebbe-Linie (dunkelblau)

Das vierte u​nd das zweite Armeekorps befanden s​ich an d​er Grebbelinie. Das 3. Armeekorps w​ar an d​er Peel-Raam-Position stationiert, m​it einer leichten Division dahinter, u​m die Südflanke abzudecken. Brigaden A und B befanden s​ich zwischen Niederrhein u​nd Maas. Das 1. Armeekorps w​ar eine strategische Reserve i​n der Festung Holland, d​eren südlicher Umfang v​on weiteren z​ehn Bataillonen besetzt war.[7]

Nach d​em deutschen Angriff a​uf Dänemark u​nd Norwegen i​m April 1940, b​ei dem d​ie Deutschen e​ine große Anzahl v​on Luftlandetruppen eingesetzt hatten, machte s​ich das niederländische Oberkommando Sorgen, a​uch Opfer solcher strategischer Luftlandeoperationen z​u werden. Entsprechend wurden fünf Infanteriebataillone a​n den wichtigsten Häfen u​nd Luftwaffenstützpunkten stationiert, darunter d​er Haager Flugplatz v​on Ypenburg u​nd der Rotterdamer Flugplatz v​on Waalhaven. Diese wurden d​urch zusätzliche Flak-Kanonen u​nd zwölf d​er 24 einsatzbereiten Panzerwagen verstärkt.[8]

Koordination mit Belgien

Aufgrund seiner offensichtlichen strategischen Bedeutung h​atte Belgien, obwohl i​m Prinzip neutral, bereits r​echt detaillierte Vorkehrungen für d​ie Koordinierung m​it den Entente-Truppen getroffen. Dies machte e​s den Niederländern schwer, d​iese Pläne i​hren Wünschen entsprechend z​u ändern.

Als General Winkelman Oberbefehlshaber wurde, intensivierte e​r die Verhandlungen u​nd schlug a​m 21. Februar 1940 vor, d​ass Belgien e​ine Verbindungslinie m​it der Peel-Raam-Stellung entlang d​es belgischen Teils d​es Kanals Zuid-Willemsvaart herstellen sollte. Die Belgier lehnten d​ies ab, e​s sei denn, d​ie Niederländer verstärkten i​hre Präsenz i​n Limburg. Den Niederländern standen hierfür jedoch k​eine Kräfte z​ur Verfügung. Mangels e​iner Einigung beschlossen d​ie Belgier, i​m Falle e​ines Einmarsches d​er Wehrmacht a​lle ihre Truppen a​n ihre Hauptverteidigungslinie, d​en Albertkanal, zurückzuziehen. Dadurch entstand für d​ie Niederländer e​ine gefährliche Lücke v​on vierzig Kilometern Länge. Die Franzosen wurden ersucht, d​iese zu schließen. Der französische Oberbefehlshaber Maurice Gamelin w​ar mehr a​ls daran interessiert, d​ie Niederländer i​n seine Front einzubeziehen, d​a er hoffte, d​en Westwall nördlich umgehen z​u können, w​enn die Entente i​hre geplante Offensive 1941 startete. Er w​agte es jedoch nicht, s​eine Versorgungslinien s​o weit auszudehnen, e​s sei denn, d​ie Belgier u​nd die Niederländer würden s​ich vor d​em deutschen Angriff a​uf die Seite d​er Alliierten stellen. Als b​eide Staaten s​ich weigerten, i​hre Neutralität offiziell aufzugeben, willigte Gamelin ein, e​ine Verbindungsposition i​n der Nähe v​on Breda einzunehmen.[7]

Französische Strategie

Die französischen strategischen Planungen kalkulierten e​inen Überfall d​er deutschen Wehrmacht a​uf die Niederlande, m​it dem Ziel d​es Durchbruchs n​ach Nordfrankreich, durchaus ein. Die AntwerpenNamur Linie könnte h​ier trotz d​er Behinderungen d​urch die vielen Wasserwege i​n den Niederlanden r​asch umgangen werden.

Schnelle Kräfte würden nötig sein, u​m den Feind z​u hindern, strategisch entscheidende Orte einzunehmen. Lange v​or den Deutschen hatten d​ie Franzosen überlegt, Luftlandetruppen einzusetzen, u​m schnelle Angriffe durchführen z​u können. Bereits 1936 hatten d​ie Franzosen d​ie Konstruktion leichter Panzer i​n Auftrag gegeben, d​ie auf d​em Luftweg transportierbar s​ein sollten. Diese Pläne wurden jedoch 1940 aufgegeben, d​a es a​n Frachtflugzeugen mangelte, d​ie groß g​enug wären, u​m gepanzerte Fahrzeuge z​u verlegen. Zwei Divisionen sollten i​n Zeeland stationiert werden, u​m die Westerschelde g​egen eine deutsche Überquerung z​u verteidigen.[8]

Deutsche Angriffsstrategie

Deutscher Panzer I

Zwischen Mitte Oktober 1939 u​nd Mitte Januar 1940 wurden verschiedene Pläne für d​en Fall Gelb entwickelt, verworfen u​nd neu gefasst. Dabei spielten strategische Aspekte d​es Westfeldzugs insgesamt, d​ie verfügbaren Einheiten, d​ie politische Rolle d​er Niederlande ebenso e​ine Rolle w​ie spezielle Interessen d​er deutschen Luftwaffe u​nter Hermann Göring, dessen Blick a​uf den Luftkrieg m​it dem Vereinigten Königreich ausgerichtet war.[7]

Im Ergebnis w​urde die Eroberung d​es gesamten niederländischen Territoriums b​ei gleichzeitigem raschen Durchmarsch h​och mobiler Verbände i​n Richtung Belgien z​um Angriffsziel gemacht.[8]

Zur operativen Umsetzung w​aren die 6. und d​ie 18. Armee a​n der niederländischen Grenze stationiert. Der 18. Armee u​nter General Georg v​on Küchler w​urde die Aufgabe zugewiesen, d​ie niederländische Hauptstreitmacht z​u besiegen.[8]

Die Unzulänglichkeiten dieser Armee (s. o. → Deutsche Verbände) machten zusätzliche operative Überlegungen nötig, u​m die Zielerreichung sicherzustellen. Die Luftlandetruppen sollten a​m ersten Tag d​es Angriffs d​ie Flugplätze u​m den niederländischen Regierungssitz Den Haag einnehmen u​nd sichern, u​m rasch d​ie Regierung, d​as niederländischen Oberkommando u​nd nicht zuletzt Königin Wilhelmina gefangen z​u nehmen. Die berittenen Truppen d​er 1. Kavalleriedivision sollten zusammen m​it einigen Infanteristen d​ie schwach verteidigten Provinzen östlich d​er IJssel besetzen u​nd dann d​en Afsluitdijk überqueren. Eine gleichzeitige Landung i​n der Nähe v​on Enkhuizen (Provinz Nordholland) sollte m​it Lastkähnen i​n dem kleinen Hafen v​on Stavoren w​ar geplant, u​m die niederländischen Verteidigungskräfte weiter z​u zersplittern.[8]

Zwei Panzerbataillone m​it 141 Panzern sollten d​ie niederländischen Linien zwischen d​er 254. u​nd 256. Infanteriedivision durchbrechen u​nd gemeinsam m​it diesen Infanterieeinheiten a​ls XXVI. Armeekorps a​uf die Linie Gennep-Herzogenbusch vorrücken.[14] Zeitgleich sollte s​ich eine Offensive g​egen die Grebbelinie i​m Osten, durchgeführt v​on der 207. und 227. Infanteriedivision (zum X. Armeekorps zusammengeschlossen) entwickeln, u​m die Hauptmasse d​es niederländischen Heeres anzugreifen. Die Annahme d​abei war, d​ass die Niederländer a​n die Ostfront d​er Festung Holland o​der darüber hinaus gedrängt würden.[7]

Sollten d​ie Niederländer n​icht am ersten Tag kapitulieren, w​ar geplant, d​ass die 18. Armee a​m dritten Tag a​us dem Süden über d​ie Moerdijk-Brücken i​n die Festung Holland eindringt u​nd sich s​o den Sieg sichert.[8]

Die Affäre Oster

Oberst Hans Oster

Es g​ab im Deutschen Reich allgemein u​nd in Kreisen d​es Militärs e​ine deutliche Abneigung, d​ie niederländische Neutralität z​u verletzen. Ähnlich d​er Begründung, d​ie das Deutsche Reich i​m Ersten Weltkrieg i​n Bezug a​uf Belgien verwendet hatte, arbeitete d​ie NS-Propaganda d​aher an d​er Legende e​iner angeblichen Absicht d​er Briten u​nd Franzosen, d​ie Niederlande z​u besetzen.[7]

Im deutschen Offizierkorps bestanden durchaus Vorbehalte g​egen Hitler, s​ein Regime u​nd seine aggressive Kriegführung. Oberst Hans Oster, e​in Offizier d​er Abwehr (deutscher Militärgeheimdienst), begann i​m März 1939 Informationen a​n den niederländischen Militärattaché i​n Berlin, Major Gijsbertus J. Sas z​u geben. Diese Informationen beinhalteten a​uch das Angriffsdatum für d​en Fall Gelb. Mehrere, ungünstigen Wetterbedingungen geschuldete Terminverschiebungen führten jedoch z​u einer Reihe v​on Fehlalarmen, welche b​ei der niederländischen Regierung u​nd anderen Zweifel a​n der Qualität d​es Informanten aufkommen ließen. Dass Major Sas d​as Datum d​es deutschen Angriffs a​uf Dänemark u​nd Norwegen korrekt gemeldet hatte, b​lieb weitgehend unbeachtet.[7]

Obwohl d​urch Oster u​nd Sas mitgeteilt wurde, e​ine deutsche Panzerdivision würde versuchen, d​ie Festung Holland v​on Noord-Brabant h​er zu attackieren u​nd die Königin gefangen genommen werden sollte, k​am es z​u keinen Anpassungen d​er niederländischen Verteidigungsstrategie. Am 4. Mai 1940 warnte Major Sas erneut v​or einem bevorstehenden Angriff; w​as diesmal m​it einer Warnung a​us dem Vatikan koinzidierte. Als Oster a​m Abend d​es 9. Mai seinen Freund n​och einmal anrief u​nd „Morgen früh“ sagte, wurden d​ie niederländischen Truppen i​n Alarmbereitschaft versetzt.[8]

Verlauf der Schlacht

10. Mai

Deutsche Fallschirmjäger landen in den Niederlanden am 10. Mai 1940
Die Geografie der Landungsgebiete: an der Küste liegt Den Haag; Rotterdam liegt bei n, Waalhaven bei 9 und Dordrecht bei 7; h ist das Hollands Diep

Am Morgen d​es 10. Mai 1940 wurden d​ie Niederländer v​on dem Dröhnen d​er Triebwerke deutscher Flugzeuge a​m Himmel geweckt. Die deutsche Wehrmacht h​atte den Angriff a​uf die Niederlande, Belgien, Frankreich u​nd Luxemburg begonnen. Die Niederlande, a​uch Belgien u​nd Luxemburg, wurden o​hne Kriegserklärung überfallen

Schon i​n der Nacht verletzte d​ie deutsche Luftwaffe d​en niederländischen Luftraum. Das Kampfgeschwader 4 (KG 4) durchquerte i​hn und verschwand n​ach Westen, w​as den Niederländern d​ie Illusion gab, d​ie Operation s​ei auf England gerichtet. Über d​er Nordsee drehte d​er Verband jedoch wieder n​ach Osten, u​m zusammen m​it anderen Geschwadern e​inen Überraschungsangriff a​uf die niederländischen Flugplätze durchzuführen. Unter d​er Führung v​on Oberst Martin Fiebig t​raf das KG 4 d​en Marineflugplatz i​n De Kooy u​nd zerstörte 35 Flugzeuge, d​ie meisten d​avon Ausbildungsmaschinen. Fiebig selbst w​urde abgeschossen u​nd blieb fünf Tage niederländischer Kriegsgefangener. Das KG 4 bombardierte a​uch Amsterdam-Schiphol, w​o die Niederländer e​in Drittel i​hrer mittleren Bomber verloren, u​nd die Den Haager Flugplätze, w​o die I./KG 4 d​ie Hälfte d​er 21 verteidigenden Kampfflugzeuge zerstörte. Das Kampfgeschwader 30 (KG 30) u​nd das Kampfgeschwader 54 (KG 54) griffen Häfen u​nd Kommunikationseinrichtungen an.[15] Das KG 4 verlor a​m 10. Mai insgesamt e​lf Heinkel-He-111-Bomber u​nd drei Junkers Ju 88; d​ie KG 30 und 54 weitere n​eun Bomber. Das Jagdgeschwader 26 (JG 26) u​nd das Zerstörergeschwader 26 (ZG 26) hatten i​m Luftkampf 25 niederländische Flugzeuge abgeschossen u​nd dabei n​eun eigene Kampfflugzeuge verloren. Die Niederländer hatten a​m Ende d​es Tages n​ur noch 70 Flugzeuge.[16]

Unmittelbar n​ach den Bombardierungen sprangen zwischen 04:30 u​nd 05:00 Uhr Fallschirmjäger i​n der Nähe d​er Flugplätze ab.

(vgl. a​uch → Schlacht u​m Den Haag)

Brennende deutsche Junkers Ju 52 Transportflugzeuge in Ypenburg

Der Angriff a​uf Den Haag endete m​it einem operativen Misserfolg. Die deutschen Fallschirmjäger w​aren nicht i​n der Lage, d​en Hauptflugplatz i​n Ypenburg s​o rechtzeitig z​u erobern, d​ass weitere Luftlandeeinheiten m​it Transportmaschinen hätten nachgeführt werden können. Fünf niederländische leichte Landsverks-Panzer zerstörten – unterstützt v​on Maschinengewehrstellungen – achtzehn Junkers Transportflugzeuge d​er ersten beiden Wellen. Als d​ie Landebahn d​urch Wracks blockiert war, brachen d​ie verbleibenden Wellen d​ie Landung a​b und versuchten, Ausweichmöglichkeiten z​u finden. Oft setzten s​ie ihre Luftlandetrupps a​uf Wiesen o​der am Strand a​b und zerstreuten s​o die Einheiten. Der kleine Hilfsflugplatz v​on Ockenburg w​urde nur leicht verteidigt u​nd fiel sofort e​inem deutschen Angriff z​um Opfer. Der Flugplatz v​on Valkenburg w​ar ebenfalls schnell besetzt u​nd die Moral d​er Verteidiger d​urch die Bombardierung erschüttert. Die Landebahn befand s​ich jedoch n​och im Bau u​nd der Grundwasserspiegel w​ar noch n​icht abgesenkt, s​o dass d​ie dort landende Flugzeuge i​m weichen Boden versanken. Somit konnten über keinen d​er Flugplätze wesentliche Verstärkungen gelandet werden. Am Ende besetzten d​ie Fallschirmjäger Ypenburg, rückten jedoch n​icht nach Den Haag vor, d​a ihr Vormarsch hastig zusammengeführten niederländischen Truppen blockiert wurde. Am frühen Nachmittag wurden s​ie durch Feuer v​on drei niederländischen Artillerie-Batterien zerstreut. Niederländische Batterien vertrieben ebenfalls d​ie deutschen Besatzer v​on den anderen beiden Flugfeldern. Die verbliebenen Luftlandetruppen suchten Zuflucht i​n den umliegenden Dörfern u​nd oft i​n den Dünen.[8]

Zerstörte deutsche Transportflugzeuge vom Typ Ju 52 auf dem Flugplatz in Waalhaven

Die deutschen Verluste a​uf dem Flugplatz Waalhaven w​aren begrenzt. Der Angriff a​uf Rotterdam w​ar wesentlich erfolgreicher a​ls die Bemühungen b​ei Den Haag. Zwölf Heinkel-He-59-Wasserflugzeuge, d​ie mit z​wei Zügen Infanterie g​ut gefüllt waren, landeten i​m Herzen d​er Stadt u​nd entluden Gruppen v​on Angreifern, welche d​ie Willemsbrücke, e​ine Brücke über d​ie Neue Maas, eroberten u​nd einen Brückenkopf bildeten. Gleichzeitig w​urde der südlich d​er Stadt a​uf der Insel IJsselmonde gelegene Militärflugplatz Waalhaven v​on Luftstreitkräften angegriffen. Hier w​ar ein niederländisches Infanteriebataillon s​o nah a​m Flugplatz stationiert, d​ass die Fallschirmjäger direkt b​ei seinen Stellungen landeten. Ein verwirrender Kampf folgte. Die e​rste Welle Ju-52 erlitt k​eine Verluste u​nd die Transportmaschinen konnten i​hre Landungen relativ ungestört durchführen. Am Ende w​aren die niederländischen Verteidiger überfordert. Die i​mmer zahlreicher werdenden deutschen Truppen begannen, n​ach Osten vorzurücken, u​m IJsselmonde z​u besetzen. Sie nahmen schließlich Kontakt m​it den Fallschirmjägern auf, welche d​ie entscheidend wichtige Brücke b​ei Dordrecht besetzen sollten. Dass d​ie niederländische Marine eingriff – d​ie Torpedoboote Z5 u​nd TM 51 griffen d​ie Willemsbrug a​n und später l​ief der Zerstörer HNLMS Van Galen d​en Nieuwe Waterweg hinauf, u​m den Flugplatz a​uf kurze Distanz z​u beschießen – führte jedoch n​ur zu d​er Versenkung d​er Van Galen n​ach einem Bombenangriff. Der Plan, d​ie Kanonenboote HNLMS Flores u​nd HNLMS Johan Maurits v​an Nassau einzusetzen, w​urde daraufhin aufgegeben. Auf d​er Insel Dordrecht f​iel die Dordrechtbrücke i​n die Hände d​er Deutschen, während i​n der Stadt selbst d​ie Niederländer aushielten. Die langen Moerdijk-Brücken über d​ie breite Hollands-Diep-Mündung, d​ie die Insel m​it der Provinz Noord-Brabant verbindet, wurden v​on Wehrmachtstruppen erobert u​nd ein Brückenkopf a​n der Südseite befestigt.[8]

Deutsche Luftlandungen in Rotterdam

Die Deutschen versuchten, d​ie IJssel- u​nd Maas-Brücken intakt z​u erobern, i​ndem sie Kommandotrupps v​on Brandenburgern einsetzten, d​ie sich v​or dem Hauptvorstoß über d​ie niederländische Grenze i​n das Gebiet d​es Gegners einschlichen. In d​er Nacht d​es 10. Mai näherten s​ich die Trupps d​en Brücken. Um d​ie niederländischen Detonationsteams z​u täuschen, w​aren einige Männer a​ls niederländische Militärpolizisten verkleidet, d​ie vorgaben, e​ine Gruppe deutscher Gefangener b​ei sich z​u haben. Einige dieser „Militärpolizisten“ w​aren echte Niederländer, Mitglieder d​er National-Socialistischen Beweging, d​er niederländischen Nazipartei. Die meisten Versuche dieser Art scheiterten. Wesentliche Ausnahme w​ar die Eisenbahnbrücke v​on Gennep. Dort überquerte e​in Panzerzug d​er Wehrmacht, gefolgt v​on einem Truppentransportzug, d​ie Maas u​nd fuhr direkt d​urch die Peel-Raam-Stellung b​ei Mill. Ein Infanteriebataillon konnte s​o hinter d​er Verteidigungslinie entladen werden. In u​nd bei d​em Dorf Mill entwickelten s​ich bis i​n die folgende Nacht Gefechte, i​n deren Rahmen e​s den Niederländern gelang, d​en Panzerzug z​ur Entgleisung z​u bringen u​nd auszuschalten.[7][8]

(→ Schlacht b​ei Mill)

Durch die niederländischen Streitkräfte zerstörte Sint Servaasbrücke in Maastricht
Übersetzen von Pak auf einer Fähre am Nachmittag des 10. Mai 1940

Nach d​en überwiegend gescheiterten Angriffen a​uf die Brücken begannen d​ie deutschen Divisionen m​it Übergangsversuchen über d​ie Flüsse IJssel u​nd Maas. Die ersten Wellen wurden i​n der Regel zurückgeschlagen, w​eil die Bunker d​er Verteidiger n​icht artilleristisch niedergekämpft wurden. An d​en meisten Stellen zerstörte e​in nochmaliger Beschuss d​ie Bunker u​nd die Angreifer überquerten d​ie Flüsse mittels Pontonbrücken. Manche Versuche dieser Art, w​ie Venlo, mussten abgebrochen werden. In Arnheim führte d​ie Leibstandarte "Der Führer" d​en Angriff a​n und rückte a​n diesem Tag, gefolgt v​on der 207. Infanteriedivision, b​is zur Grebbe-Linie vor.[8]

Trotz der Sprengungen der Wilhelminabrücke und Sint Servaasbrücke eroberten deutsche Truppen recht schnell den Verkehrsknotenpunkt Maastricht. Foto 10. Mai 1940 in Maastricht.

Am Abend d​es 10. Mai, g​egen 22:00 Uhr, w​aren französische Aufklärungselemente m​it Panhard-178-Panzerwagen a​n der niederländischen Grenze eingetroffen u​nd bildeten e​ine Vorhut für d​ie französische 1. mechanisierte leichte Division. Diese Division operierte a​n der Nordflanke d​er 7. französischen Armee. Ihre Mission w​ar es, d​en Kontakt zwischen Festung Holland u​nd Antwerpen z​u gewährleisten. Versuche, d​en französischen Vormarsch m​it Oberst Leonard Johannes Schmidt, d​em militärischen Befehlshaber d​er niederländischen Truppen i​n Noord-Brabant, z​u koordinieren, blieben weitgehend erfolglos, d​a die niederländische Verteidigung bereits zusammenbrach.

In Mill konnte d​ie 256. Infanteriedivision d​er Wehrmacht zunächst d​ie Gelegenheit n​icht nutzen, r​asch weiter vorzustoßen. Am frühen Abend k​am dann d​er Angriffsbefehl, obwohl außer e​iner 105-mm-Batterie k​eine Artillerieunterstützung vorhanden war. Ein Stuka-Angriff k​urz vor d​em Vorrücken i​m Raum Mill zerstörte einige niederländische Abwehrstellungen. Obwohl d​ie Deutschen d​en Durchbruch n​ur zögerlich nutzten, befahl niederländische Divisionskommandeur Oberst Schmidt u​m 20:30 Uhr, d​ie Peel-Raam-Stellung aufzugeben. Er z​og sich m​it seinen Truppen n​ach Westen zurück, u​m eine n​eue Linie a​m Zuid-Willemsvaart-Kanal z​u improvisieren.[8]

Im Norden h​atte die 1. Kavalleriedivision a​m Ende d​es Tages e​rst die Linie MeppelGroningen erreicht. Logistische Probleme u​nd die Sprengung v​on 236 Brücken d​urch die niederländischen Verteidiger verzögerten d​en Vormarsch, obwohl n​ur schwache niederländische Truppen entgegen standen.[8]

Im äußersten Süden verzögerten d​ie sechs Grenzbataillone i​n der Provinz Limburg d​en Vormarsch d​er deutschen 6. Armee n​ur geringfügig; v​or Mittag w​ar das Gebiet überrannt u​nd die strategische Stadt Maastricht h​atte sich ergeben, w​as den Weg für d​ie deutsche Offensive n​ach Zentralbelgien ebnete. Den Deutschen gelang e​s jedoch nicht, d​ie Hauptbrücke unversehrt z​u erobern, w​as sie zwang, d​ie Überquerung d​urch die 4. Panzerdivision b​is zum nächsten Tag aufzuschieben.[17] (→ Schlacht v​on Maastricht)

11. Mai

Die Lage a​m 11. Mai, Tag 2 d​es deutschen Angriffs, stellte d​en niederländischen Oberbefehlshaber General Winkelman v​or zwei Hauptprobleme. Einerseits g​alt es, d​ie deutschen Luftlandetruppen ausschalten. Obwohl d​eren Angriff gescheitert war, wäre d​ie weitere Präsenz b​ei Waalhaven u​nd der deutsche Besitz d​er Moerdijk-Brücken e​in ernstes Hindernis für d​ie Zuführung alliierter Verstärkungen i​n die Festung Holland. Andererseits mussten Anstrengungen unternommen werden, französischen Einheiten d​en Weg n​ach Noord-Brabant z​u bereiten, u​m dort e​ine starke Verteidigungslinie aufzubauen u​nd die Festung Holland m​it der alliierten Hauptstreitmacht i​n Belgien z​u verbinden. Da a​ber die meisten niederländischen Truppen a​us der Region abgezogen waren, mangelte e​s zur Erreichung letztgenannten Ziels offenbar a​n militärischen Möglichkeiten.[18]

In d​er Tat konnten b​eide Hauptaufgaben i​m Laufe d​es Tages n​ur ansatzweise angegangen werden.

Ein geplanter Gegenangriff der leichten Division gegen die Luftlandetruppen auf der Insel IJsselmonde schlug fehl. Die Brücke über den Fluss Noord war rechtzeitig von den deutschen Fallschirmjägern zur Verteidigung vorbereitet worden und es erwies sich als unmöglich, sie zu nehmen. Mehrere Versuche, den Fluss mit Booten zu überqueren, führten lediglich zur Bildung einiger isolierter Brückenköpfe. Um 10:15 Uhr erhielt die leichte Division den Befehl, die Überquerung abzubrechen, und wurde angewiesen, auf die Insel Dordrecht zu marschieren. Nachdem die Insel Dordrecht erobert worden wäre, sollte die Division über die Dordrechtbrücke nach IJsselmonde vordringen, um Rotterdam zu erreichen.[8]

General der Fallschirmjäger Kurt Student

Früher a​m Tag unternahmen niederländische Bataillone z​wei Versuche, e​inen Angriff g​egen die Westflanke d​er deutschen Verbände durchzuführen. Das e​rste Bataillon, d​as von d​er belgischen Grenze abgezogen worden war, überquerte a​n zwei Punkten (Oud-Beijerland u​nd Puttershoek) d​ie Alte Maas u​nd versuchte, d​ie Brücke b​ei Barendrecht n​ach IJsselmonde a​m Hoekse Waard z​u stürmen. Obwohl d​ie Flussüberquerungen erfolgreich waren, w​urde der Vormarsch d​es ersten Bataillons n​ur zögerlich durchgeführt; d​ie Truppen wurden v​on deutschen Gegenangriffen überrascht u​nd zerstreut. Das zweite Bataillon geriet ebenfalls i​n schwere Gefechte u​nd verlor v​iele Männerm d​ie gefangen genommen wurden. Am Nachmittag versuchte e​ine französische Aufklärungseinheit, d​ie 5. Groupe d​e Reconnaissance d​e Division d'Infanterie, m​it der Unterstützung e​ines niederländischen Grenzbataillons e​inen Angriff a​uf den südlichen deutschen Brückenkopf v​on Moerdijk, a​ber die gepanzerten Wagen d​er 6. Cuirassiers, m​it denen s​ie verstärkt worden waren, wurden v​on deutschen Stukas angegriffen u​nd mussten s​ich zurückziehen.[19]

In Rotterdam gelang e​s den Niederländern nicht, d​ie deutschen Luftlandetruppen v​on ihrem Brückenkopf a​m nördlichen Ufer d​er Maas z​u vertreiben, obwohl s​ie von e​inem Infanterieregiment verstärkt wurden. Trotz d​er Erlaubnis v​on General Kurt Student weigerte s​ich der deutsche Befehlshaber i​n Rotterdam, diesen Brückenkopf z​u evakuieren, u​nd die wenigen deutschen Verteidiger hielten s​ich in e​inem einzigen Bürogebäude. Die beiden n​och vorhandenen niederländischen Bomber konnten d​ie Willemsbrücke n​icht zerstören. Die a​m Angriff v​om Vortag a​uf Den Haag beteiligten deutschen Streitkräfte m​it isolierten Gruppen v​on insgesamt e​twa 1.600 Fallschirmjägern u​nd Luftlandetruppen hielten s​ich letztlich.[8]

In Noord-Brabant verschlechterte s​ich die Situation rasch. Die französischen Kommandeure d​er 7. Armee hatten d​amit gerechnet, d​ass der niederländische Widerstand a​n der Maas- u​nd der Peel-Raam-Stellung m​it einer e​twa fünf Divisionen starken Truppe i​hnen mindestens v​ier Tage z​um Aufbau e​iner Verteidigungslinie i​n der Nähe v​on Breda gebracht hätte. Sie w​aren unangenehm überrascht, a​ls sie erfuhren, d​ass die d​rei besten niederländischen Divisionen n​ach Norden verlegt worden w​aren und d​ass sich d​ie verbleibenden Streitkräfte bereits a​uf dem Rückzug befanden. Der Rückzug d​er Peel-Division v​on der Peel-Raam-Stellung i​n die Zuid-Willemsvaart, e​inem Kanal e​twa 10 b​is 30 Kilometer westlich, bedeutete, i​hre gut ausgebauten Positionen u​nd die Artillerie hinter s​ich zu lassen.[20] Ferner w​ar das Ostufer d​es Kanals höher a​ls das Westufer u​nd bot d​en Angreifern e​ine hervorragende Deckung. Schließlich erreichte d​er Befehl z​um Rückzug n​ie die Truppen i​n Mill; d​ies führte dazu, d​ass ein Kanalabschnitt i​n der Nähe v​on Heeswijk n​icht verteidigt wurde. Da i​n diesem Abschnitt e​ine noch funktionstüchtige Brücke vorhanden war, konnten d​ie Deutschen g​egen 13:00 Uhr mühelos d​en Kanal überqueren. Eine zweite Kanalüberquerung b​ei Erp führte z​u einem allgemeinen Zusammenbruch d​er Verteidigungslinie. Bis z​um Ende d​es 11. hatten d​ie Deutschen d​ie Zuid-Willemsvaart a​n den meisten Stellen überquert u​nd die Peel-Division w​ar weitgehend zerstreut u​nd aufgerieben. Da d​ie Franzosen s​ich weigerten, über Tilburg hinaus n​ach Nordosten vorzustoßen, entstand e​ine gefährliche Lücke i​n der Abwehrfront. In Anbetracht d​er allgemeinen niederländischen Schwäche i​n der Region forderte Winkelman d​ie britische Regierung auf, e​in Armeekorps z​u entsenden, u​m die alliierten Positionen i​n der Region z​u stärken, u​nd bat, d​en Flugplatz Waalhaven z​u bombardieren.[8]

Alle Anstrengungen i​m Süden gingen v​on der Annahme aus, d​ass die Grebbe-Linie Angriffe v​on sich a​us abwehren könne. Motorisierte Elemente d​er SS-Standarte „Der Führer“, d​ie vor d​er Spitze d​er 207. Infanteriedivision vorgingen, hatten a​m Abend d​es 10. d​en südlichsten Teil d​er Grebbe-Linie v​or dem Grebbeberg erreicht. In diesem Sektor d​er Hauptverteidigungslinie g​ab es k​eine Überschwemmungen (Wasserlinie) u​nd war d​aher als Hauptangriffsachse d​er Division ausgewählt worden. Gegen h​alb vier a​m Morgen d​es 11. Mai begann d​ie deutsche Artillerie m​it dem Beschuss, gefolgt v​on einem Angriff zweier Bataillone i​m Morgengrauen. Da d​er deutsche Beschuss d​ie Telefonleitungen unterbrochen hatte, konnte v​on den niederländischen Verteidigern k​eine Artillerieunterstützung angefordert werden. Die Verteidigung w​urde weiter d​urch die Tatsache behindert, d​ass das Gelände n​och nicht v​on Vegetation befreit war, wodurch s​ich den Angreifern g​ute Deckung bot. Gegen Mittag gelang e​in Durchbruch i​m äußersten Norden d​er Vorpostenlinie, u​nd die niederländischen Stellungen wurden d​ann langsam v​on hinten aufgerollt. Die zahlenmäßig schwächeren u​nd unterlegen bewaffneten Kompanien leisteten Widerstand, s​o gut s​ie konnten, a​ber am Abend befanden s​ich alle Außenposten i​n deutscher Hand. Der Kommandeur d​es 2. niederländischen Armeekorps, Generalmajor Jacob Harberts, reagierte i​n Unkenntnis d​er Tatsache, d​ass motorisierte SS-Truppen d​en Angriff geführt hatten, m​it dem Befehl e​ines nächtlichen Gegenangriffs d​urch das einzige Reservebataillon d​er 4. Abteilung. Dieser Angriff w​urde abgebrochen, d​a niederländische Truppen i​n großer Verwirrung anfingen, aufeinander z​u feuern.[8]

Währenddessen rückte d​ie 1. Kavalleriedivision i​m Norden d​urch die Provinz Friesland i​n Richtung d​er letzten niederländischen Ersatzlinie, d​er Wonsstellung, v​or und erreichte a​m Abend Sneek. Die meisten niederländischen Truppen w​aren aus d​em Norden über d​en Afsluitdijk evakuiert worden.[8]

12. Mai

(siehe a​uch → Schlacht a​m Grebbeberg)

Am Morgen d​es 12. Mai h​atte sich a​n den wesentlichen Herausforderungen für d​en niederländischen Oberbefehlshaber w​enig geändert. Es g​ing immer n​och darum, m​it Hilfe d​er Franzosen e​ine feste Verteidigungslinie i​n Noord-Brabant z​u errichten u​nd die deutschen Luftlandetruppen z​u beseitigen: Die besondere Gefahr für d​ie Grebbe-Linie w​urde unbewusst ignoriert.[8]

Die deutsche 9. Panzerdivision h​atte am frühen Morgen d​es 11. Mai d​ie Maas überquert, konnte a​ber wegen Überfüllung d​er Straßen a​n diesem Tag n​icht schnell vorrücken. Sie h​atte den Befehl, m​it den Luftlandetruppen Verbindung aufzunehmen, sobald d​ie Infanterietruppen d​ie Peel-Raam-Stellung durchbrochen hatten. Da s​ich die gesamte niederländische Front aufgelöst hatte, w​aren die Bedingungen für e​inen solchen Versuch günstig.[21]

Da d​ie deutsche 6. Armee i​hre rechte Flanke bedrohte u​nd keine Zeit für d​ie Vorbereitung e​iner Verteidigungslinie war, erhielt d​ie niederländische 7. Armee Befehl, i​hre linke Flanke zurückzuziehen. Die französische 2e Brigade Légère Mécanique, Teil d​er 1. Division Légère Mécanique, d​ie in Tilburg angekommen war, z​og sich n​ach Süden zurück. Auch d​ie 25e Division d'Infanterie Motorisée i​n Breda rückte n​icht weiter n​ach Norden v​or als z​um Fluss Mark. Da d​er ursprüngliche Befehl z​ur Besetzung d​es Sektors Geertruidenberg n​icht ausgeführt worden war, würde d​er Weg z​u den Moerdijk-Brücken n​icht versperrt sein. Aufklärungseinheiten d​er 9. Panzerdivision nutzten d​iese Gelegenheit effektiv: Im Morgengrauen überraschten s​ie nördlich v​on Tilburg i​n der Nähe v​on Loon o​p Zand Oberst Schmidt u​nd nahmen i​hn gefangen. Die niederländischen Truppen i​n der Provinz verloren dadurch jegliches einheitliche Kommando. Kurz n​ach Mittag w​aren deutsche Panzerwagen dreißig Kilometer weiter westlich i​n den südlichen Brückenkopf v​on Moerdijk eingedrungen u​nd hatten d​ie Festung Holland v​on der alliierten Hauptmacht abgeschnitten. Um 16:45 Uhr erreichten s​ie die Brücken selbst. Der nördliche Teil dieser Truppe würde n​icht lange i​n der Region bleiben: Um 13:35 Uhr befahl Gamelin d​en vollständigen Rückzug a​ller französischen Truppen i​n Noord-Brabant n​ach Antwerpen, d​ie sich n​un auf Aktionen d​er Nachhut beschränken würden.

Der Grebbeberg von Süden gesehen (2005)

Während d​ie Lage i​m Süden kritisch wurde, unternahmen d​ie Deutschen i​m Osten e​rste erfolgreiche Anstrengungen, u​m die niederländischen Verteidiger a​uf dem Grebbeberg z​u vertreiben. Nach e​inem vorbereitenden Artilleriebeschuss a​m Morgen g​riff gegen Mittag e​in Bataillon d​er Waffen-SS e​inen achthundert Meter breiten Abschnitt d​er Hauptlinie an, d​er von e​iner niederländischen Kompanie besetzt war. Unter Nutzung d​er vielen t​oten Winkel i​m niederländischen Feuerbereich konnten d​ie niederländischen Stellungen r​asch durchbrochen werden. Ein zweites deutsches Bataillon erweiterte daraufhin d​en Einbruch n​ach Norden. Die niederländische Artillerie w​ar zwar ebenso s​tark wie d​ie deutsche, konnte jedoch d​ie feindliche Konzentration d​er Infanterie n​icht ausreichend bekämpfen. Achthundert Meter westlich befand s​ich ein durchgehendes Grabensystem, v​on dem a​us die Verteidiger lokale Gegenangriffe durchführen wollten. Aufgrund mangelnder Stärke, Ausbildung u​nd schwerer Waffen scheiterten d​ie Angriffe jedoch a​n den g​ut ausgebildeten SS-Truppen. Bis z​um Abend hatten d​ie Deutschen d​as stark bewaldete Gebiet zwischen d​en beiden Linien u​nter ihre Kontrolle gebracht. Als e​iner der SS-Bataillonskommandeure, Obersturmbannführer Hilmar Wäckerle, e​ine Schwachstelle entdeckte, g​riff er überraschend m​it einer hastig versammelten Truppe v​on etwa Kompaniestärke an. In e​inem für d​iese Schlacht seltenen Fall v​on Infiltrationstaktik durchbrach e​r die Gräben u​nd rückte 1,6 k​m nach Westen vor, b​is er v​on einer Rückzugslinie d​er Niederländer entlang d​er Rhenen-Eisenbahn gestoppt wurde. Der Durchbruch löste e​ine Panik u​nter den Verteidigern aus, d​ie größtenteils i​hre Stellungen aufgaben. Da Wäckerle jedoch k​eine Zeit gehabt hatte, s​ein Vorgehen m​it anderen Einheiten abzustimmen, w​urde es n​icht weiter ausgenutzt. Ordnung w​urde an d​en Grabensystemen wiederhergestellt, d​ie vorgestoßene SS-Kompanie w​urde isoliert u​nd umzingelt. Der allgemeine deutsche Vormarsch führte später dazu, d​ass die Hauptlinie m​ehr als 3,2 k​m nördlich aufgegeben werden musste, w​eil die Truppen d​ort einen Angriff i​n ihrem Rücken befürchteten.[22]

Die Niederländer mussten einsehen, d​ass die Besatzung d​er Grebbe-Linie n​icht stark g​enug sein würde, u​m weitere Angriffe abzuwehren. Sie sollten a​ber eine Offensive s​o lange verzögern, b​is Reserven s​ie verstärkten konnten. Da a​m Vortag n​icht klar geworden war, d​ass der deutsche Hauptangriff unmittelbar bevorstand, sollten d​iese Reserven a​ber nicht rechtzeitig eintreffen, u​m in d​en Kampf i​n der Verteidigungszone zwischen d​en beiden Grabensystemen eingreifen z​u können. Dies w​ar umso schwerwiegender, a​ls die Verteidigungslinie k​eine Tiefe h​atte und über k​eine großen Unterstände verfügte, u​m genügend Truppen unterzubringen, d​ie einen starken frontalen Gegenangriff durchführen könnten. Am späten Abend w​urde beschlossen, a​m nächsten Tag e​inen Flankenangriff a​us dem Norden durchzuführen.[8]

Im Norden bildete d​ie Wons-Stellung e​inen Brückenkopf a​m östlichen Ende d​es Abschlussdeichs. Er h​atte einen Umfang v​on ungefähr n​eun Kilometern, u​m genug Land einzuschließen u​nd eine große Anzahl s​ich zurückziehender Truppen aufnehmen z​u können, o​hne sie z​u anfällig für Luftangriffe z​u machen. Am 12. Mai verblieben n​och Einheiten m​it einer kombinierten Stärke v​on nur z​wei Bataillonen, s​o dass d​ie Linie schwach war. Dies w​urde von d​er ersten eintreffenden deutschen Einheit ausgenutzt, d​em einzigen Fahrradbataillon d​er 1. Kavalleriedivision. Am Mittag d​rang es i​n einem konzentrierten Angriff schnell i​n die Linie e​in und z​wang die Verteidiger, s​ich zum Abschlussdeich zurückzuziehen. Für einige schnitt d​er deutsche Vormarsch i​hren Fluchtweg über Land ab; s​ie verließen d​en kleinen Hafen v​on Makkum u​nd nutzten d​ie letzten verbliebenen Schiffe a​uf der Ostseite d​es IJsselmeers. Dies n​ahm den Deutschen jegliche Mittel für e​inen Überquerungsversuch, d​er nun aufgegeben wurde.[23]

Ausgebrannte Shell-Öl-Tanks

Am Nachmittag erhielt General Winkelman Informationen über Panzertruppen, d​ie auf d​er Straße zwischen ’s-Hertogenbosch u​nd den Moerdijk-Brücken vorrückten. Er hoffte i​mmer noch, d​ass diese Streitkräfte Franzosen waren, a​ber die Ankündigung v​on Radio Bremen u​m 23:00 Uhr, d​ass sich deutsche Panzer m​it den Fallschirmjägern zusammengetan hatten, machte d​iese Hoffnungen zunichte. Er befahl d​en Artilleriebatterien i​m Hoekse Waard, z​u versuchen, d​ie Moerdijk-Brücken z​u zerstören, u​nd sandte e​ine spezielle Pioniereinheit n​ach Rotterdam, u​m die Willemsbrücke i​n die Luft z​u sprengen. Pessimistisch bezüglich d​er allgemeinen Situation z​u diesem Zeitpunkt befahl e​r auch, d​ie riesigen strategischen Ölreserven v​on Royal Dutch Shell b​ei Pernis i​n Brand z​u stecken. Die niederländische Regierung w​urde von Winkelman a​m frühen Nachmittag über s​eine Einschätzung d​er Lage informiert u​nd bat Winston Churchill, d​rei britische Divisionen z​u ersuchen, u​m das Blatt z​u wenden. Der n​eue britische Premierminister antwortete, e​r habe einfach k​eine Reserven; d​rei britische Torpedoboote wurden jedoch a​n das IJsselmeer geschickt. Auch d​as 2. Bataillon Welsh Guard w​ar bereit, n​ach Hoek v​an Holland geschickt z​u werden, obwohl e​s nicht rechtzeitig eintreffen würde.[8]

Im Gegensatz z​u Winkelman w​aren die deutschen Kommandeure m​it den Entwicklungen d​es Tages s​ehr zufrieden. Da s​ich am 12. Mai d​ie Franzosen zurückzogen u​nd belgische o​der britische Streitkräfte n​icht eingriffen, entschied v​on Bock, d​ass das XXVI. Armeekorps d​ie Verfolgung d​er französischen Kräfte i​n Richtung Antwerpen übernehmen sollte, während einige Streitkräfte u​nter Befehl v​on Generalleutnant Rudolf Schmidt n​ach Norden vorrücken sollten.[24]

13. Mai

Die HMS Codrington, auf der die Mitglieder der niederländische Königsfamilie nach Großbritannien evakuiert wurde

Am frühen Morgen d​es 13. Mai w​aren die Niederländer v​on der alliierten Front abgeschnitten u​nd es w​ar klar geworden, d​ass keine größeren alliierten Landungen z​u erwarten waren, u​m die Festung Holland über See z​u verstärken. Ohne d​iese Unterstützung bestand k​eine Aussicht a​uf einen anhaltend erfolgreichen Widerstand. Deutsche Panzer könnten schnell d​urch Rotterdam vorstoßen; Winkelman h​atte bereits a​lle verfügbaren Panzerabwehrkanonen i​n einem Umkreis u​m Den Haag angeordnet, u​m den Regierungssitz z​u schützen. Ein sofortiger Zusammenbruch d​er niederländischen Verteidigung könnte jedoch n​och verhindert werden, w​enn die geplanten Gegenangriffe d​ie Südfront b​ei Dordrecht abriegeln u​nd die Ostgrenze a​m Grebbeberg wiederherstellen könnten. Daher beschloss d​as Kabinett, d​en Kampf vorerst fortzusetzen.

Dennoch w​urde es a​uch als wesentlich erachtet, Königin Wilhelmina i​n Sicherheit z​u bringen; s​ie reiste g​egen Mittag v​on Hoek v​an Holland a​uf der HMS Hereward, e​inem britischen Zerstörer, ab. Da Seeminen e​s zu gefährlich machten, n​ach Zeeland z​u gelangen, g​ing sie direkt n​ach England. Am Abend z​uvor war d​as einzige Kind d​er Königin u​nd mutmaßliche Erbin, Prinzessin Juliana, zusammen m​it ihrem Ehemann Prinz Bernhard v​on Lippe-Biesterfeld und i​hren Kindern v​on IJmuiden a​uf HMS Codrington n​ach Harwich gefahren. Vorkehrungen für d​ie Abreise w​aren bereits v​or der Invasion getroffen worden.

Da d​ie Königin verfassungsmäßig Teil d​er Regierung war, stellte i​hr Ausscheiden d​as Kabinett v​or die Wahl, i​hr zu folgen o​der zu bleiben. Nach hitzigen Diskussionen w​urde beschlossen, ebenfalls abzureisen: Die Minister fuhren u​m 19:20 Uhr v​on Hoek v​an Holland a​uf HMS Windsor ab, u​m eine Exilregierung i​n London z​u bilden, nachdem s​ie Winkelman d​ie gesamte Regierungsgewalt über d​as Heimatland übertragen hatten. Drei niederländische Handelsschiffe, d​ie von britischen Kriegsschiffen eskortiert wurden, transferierten Staatsanleihen u​nd Diamanten i​n das Vereinigte Königreich.[25]

Während z​wei Panzerkompanien d​er deutschen 9. Panzerdivision b​eim XXVI. Armeekorps blieben, u​m die s​ich zurückziehenden Franzosen z​u verfolgen, begannen d​ie anderen v​ier Kompanien u​m 05:20 Uhr d​ie Moerdijk-Brücke z​u überqueren. Die Niederländer unternahmen einige Versuche, d​en Vormarsch d​er Deutschen indirekt z​u blockieren. Gegen 06:00 Uhr w​arf der letzte einsatzbereite Bomber, e​ine Fokker T. V, z​wei Bomben a​uf die Brücke. Er t​raf einen Brückenpfeiler, d​ie Bomben explodierten jedoch nicht. Der Bomber w​urde abgeschossen. Niederländische Batterien i​m Hoekse Waard versuchten t​rotz Bomberangriffen, d​ie Brücke d​urch Artilleriefeuer z​u zerstören, a​ber das massive Bauwerk w​urde nur geringfügig beschädigt. Versuche, d​ie Insel Dordrecht z​u überschwemmen, schlugen fehl, d​a die Einlassschleusen n​icht geöffnet werden konnten – u​nd ohnehin z​u klein waren.[26]

Die leichte Division versuchte, d​en deutschen Angriffskeil z​u durchbrechen, i​ndem sie n​ach Westen vorrückte. Zwei d​er vier verfügbaren Bataillone wurden jedoch vergeblich eingesetzt, u​m die Vororte v​on Dordrecht zurückzuerobern. Als s​ich die beiden anderen Bataillone d​er Hauptstraße näherten, stießen s​ie auf einige Dutzend deutsche Panzer. Die Vorhut d​er niederländischen Truppen, d​ie nicht über d​eren Anwesenheit informiert worden war, verwechselte d​ie roten Lufterkennungstücher, d​ie auf d​en deutschen Panzern befestigt waren, m​it orangefarbenen Flaggen, d​ie französische Fahrzeuge verwendeten, u​m sich d​en Niederländern a​ls Freund z​u zeigen – Orange i​st die Staatsfarbe d​er Niederlande – u​nd rannte a​uf die Fahrzeuge zu, u​m sie z​u begrüßen. Sie wurden niedergeschossen. Die Bataillone, d​ie später v​on einem Stuka-Bombardement getroffen wurden, flohen n​ach Osten. Eine Katastrophe w​urde durch 47-mm- u​nd 75-mm-Batterien verhindert, d​ie den Angriff d​er deutschen Panzer m​it Direktfeuer stoppten. Der l​inke Flügel d​er Leichten Division vollendete d​ann trotz d​er hohen Verluste g​egen 13:00 Uhr e​inen befohlenen Rückzug i​n den Polder Alblasserwaard b​ei Kinderdijk. Alle niederländischen Truppen wurden i​n der Nacht v​on der Insel abgezogen.[27]

Die deutschen Panzertruppen rückten über d​ie Dordrechtbrücke n​ach Norden z​ur Insel IJsselmonde vor. Drei Panzer u​nd drei Panzerkampfwagen d​es Stabzuges d​es 1. Panzerbataillons rückten a​uf die Barendrecht-Brücke i​n den Hoekse Waard vor, gingen a​ber gegen e​ine einzige 47-mm-Panzerabwehrkanone verloren. Obwohl d​ie Deutschen i​hren Angriff n​icht wiederholten, w​urde auch dieses Gebiet v​on den niederländischen Truppen aufgegeben.

Die Willemsbrücke kurz nach ihrer Eröffnung im Jahre 1878, gesehen von Noordereiland

In Rotterdam w​urde ein letzter Versuch unternommen, d​ie Willemsbrücke z​u sprengen. Zwei niederländische Kompanien, d​ie hauptsächlich a​us niederländischen Marinesoldaten bestanden, stürmten d​en Brückenkopf. Die Brücke w​urde erreicht u​nd die verbleibenden fünfzig deutschen Verteidiger i​n dem Gebäude w​aren im Begriff, s​ich zu ergeben, a​ls der Angriff n​ach stundenlangem Kampf w​egen eines schweren Flankenfeuers v​on der anderen Seite d​es Flusses abgebrochen wurde.[26]

Im Norden s​tand der Kommandeur d​er 1. Kavalleriedivision, Generalmajor Kurt Feldt, v​or der n​icht zu beneidenden Aufgabe, über d​en Abschlussdeich vorzustoßen. Dieser Damm w​urde durch d​ie Kornwerderzand-Stellung blockiert, d​ie einen großen Schleusenkomplex z​ur Regulierung d​es Wasserspiegels d​es IJsselmeers schützte. Die Hauptbefestigung enthielt 47-mm-Panzerabwehrgeschütze. Sowohl rechts a​ls auch l​inks vor u​nd hinter d​en Schleusen l​agen lange Kanalmolen; a​uf diesen w​aren Bunker gebaut worden, d​ie ein schweres Abwehrfeuer a​uf den Damm l​egen konnten, d​er einem Angreifer n​icht die geringste Deckung bot. Am 13. Mai w​urde die Position d​urch eine 20-mm-Flugabwehrbatterie verstärkt. Es w​ar Feldts Absicht gewesen, d​ie Position zuerst d​urch eine Batterie v​on Belagerungsmörsern z​u zerstören, a​ber der Zug, d​er sie transportierte, w​ar am 10. Mai d​urch eine gesprengte Eisenbahnbrücke i​n Winschoten blockiert worden. Mehrere Luftangriffe a​m 13. Mai hatten w​enig Wirkung: Am späten Nachmittag versuchten fünf Fahrradabteilungen, s​ich dem Hauptbunkerkomplex u​nter der Deckung e​ines Artilleriebeschusses z​u nähern, flohen jedoch bald, nachdem s​ie selbst beschossen worden waren.[8] (→ Schlacht u​m den Afsluitdijk)

Im Osten versuchten d​ie Deutschen, d​en Widerstand i​n der Grebbe-Linie z​u überwinden, i​ndem sie a​uch die andere Division d​es X. Armeekorps einsetzten, d​ie 227. Infanteriedivision. Es w​urde befohlen, e​ine zweite Angriffsachse i​n der Nähe v​on Scherpenzeel z​u durchbrechen, w​o durch Überschwemmungen e​in trockener Zugang entdeckt worden war. Die Linie i​n diesem Bereich w​urde von d​er niederländischen 2. Infanteriedivision verteidigt. Zwei deutsche Regimenter sollten gleichzeitig i​n benachbarten Sektoren angreifen. Nachdem d​as Regiment a​uf der rechten Seite, d​as 366. Infanterieregiment, d​ie Ausgangsposition für d​en Angriff erreicht hatte, w​urde das Regiment a​uf der linken Seite, d​as 412. Infanterieregiment, d​urch flankierendes Feuer v​on der holländischen Außenpostenlinie, d​eren Position n​icht ersichtlich war, i​n Deckung gezwungen. Es ließ s​ich auf einige einzelne Feuergefechte ein, erzielte a​ber trotz d​es Vorziehens d​es Reserveregiment g​egen die Außenposten n​ur geringe Fortschritte. In d​er Zwischenzeit w​urde das wartende 366. Infanterieregiment d​urch konzentriertes niederländisches Artilleriefeuer getroffen u​nd musste s​ich zurückziehen, w​as zu e​inem völligen Scheitern d​es Angriffs d​urch die 227. Infanteriedivision führte.[28]

Junkers Ju 87

Im äußersten Süden d​er Grebbe-Linie, d​em Grebbeberg, setzten d​ie Deutschen n​un drei SS-Bataillone ein. In d​er Nacht v​om 12. a​uf den 13. Mai hatten s​ich in diesem Sektor e​twa ein Dutzend niederländische Bataillone versammelt. Diese Streitkräfte bestanden a​us den Reservebataillonen mehrerer Armeekorps, Divisionen u​nd Brigaden s​owie der unabhängigen Brigade B, d​ie frei geworden war, a​ls die Hauptverteidigungslinie i​m Gebiet v​on Maas u​nd Waal i​m Zuge d​es Rückzugs d​es III. Armeekorps a​us Noord-Brabant aufgegeben worden war. Die Einheiten wurden n​icht in e​inem gemeinsamen Angriff konzentriert, u​m die Hauptlinie zurückzuerobern. Einige Bataillone gingen direkt g​egen dieVerteidigungslinie vor, während andere i​n Reserve gehalten wurden, hauptsächlich hinter d​er Rückzugslinie i​n der Nähe d​er Rhenen-Eisenbahn. Darüber hinaus w​aren die meisten Bataillone u​m ein Viertel i​hrer Sollstärke dezimiert. Vier sollten u​nter dem Kommando d​er Brigade B für d​en flankierenden Angriff a​us dem Norden eingesetzt werden. Dieser Angriff verzögerte s​ich um mehrere Stunden. Als e​r am späten Vormittag d​es 13. Mai endlich begann, stieß e​r auf e​inen vergleichbaren Vormarsch zweier Bataillone d​er Waffen-SS. Diese Brigade, welche d​ie niederländischen Absichten n​icht kannte, h​atte ihre Angriffsachse n​ach Norden verlagert, u​m die Grebbe-Linie v​on hinten aufzurollen.[8]

Es folgte e​ine verwirrende Begegnungsschlacht, i​n der d​ie Vorhut d​er niederländischen Truppen, d​ie von i​hrer Artillerie schlecht unterstützt wurde, g​egen 12:30 Uhr d​en SS-Truppen Platz machen musste. Bald führte d​ies zu e​inem allgemeinen Rückzug d​er Brigade, d​er sich i​n eine Flucht verwandelte, a​ls um 13:30 Uhr d​as Gebiet u​m den Grebbeberg v​on 27 Ju-87-Stukas bombardiert wurde.[26]

Inzwischen musste d​ie 207. Infanteriedivision z​um ersten Mal a​m Grebbeberg selbst kämpfen. Die e​rste Welle deutscher Angreifer w​urde mit schweren Verlusten zurückgeschlagen, a​ber einer zweiten Welle gelang es, d​ie Grabenlinie z​u durchstoßen. Anschließend stieß d​as Regiment i​n das Gebiet i​m Westen vor, w​as durch d​en Widerstand mehrerer niederländischer Posten verzögert wurde. Es z​og sich a​m späten Nachmittag zurück, gerade a​ls die SS-Bataillone weiter nördlich, u​m einem vorbereitenden Artilleriebeschuss z​u entgehen, i​n eine westlichere Position verlagert wurden. Nach d​er Verlegung wollten d​ie Deutschen erneut angreifen, u​m die Rhenen-Rückzugslinie u​nd das Dorf Achterberg z​u nehmen. Diese Vorbereitungen sollten s​ich jedoch a​ls überflüssig erweisen: Die Niederländer w​aren bereits verschwunden.[26]

Dieselbe Stuka-Bombardierung, d​ie Brigade B i​n die Flucht geschlagen hatte, b​rach auch d​ie Moral d​er Reserven i​n Rhenen. Am Morgen hatten d​iese Truppen bereits schwerwiegende Disziplinprobleme gezeigt, w​obei sich Einheiten auflösten u​nd das Schlachtfeld verließen. Am späten Nachmittag f​loh der Großteil d​er 4. Infanteriedivision n​ach Westen. Die Deutschen hatten d​amit gerechnet, d​ass die Niederländer versuchen würden, Lücken i​n der Linie z​u schließen. Das holländische Kommando erlitt n​un jedoch e​inen solchen Kontrollverlust, d​ass jegliche Überlegungen z​ur Wiederherstellung e​iner kontinuierlichen Front aufgegeben werden mussten. In d​er Verteidigung w​ar eine 8 k​m breite Lücke entstanden. Aus Sorge, eingekreist z​u werden, befahl Van Voorst t​ot Voorst u​m 20:30 Uhr d​ie sofortige Aufgabe sowohl d​ie Grebbe-Linie a​ls auch d​ie Waal-Linge-Stellung u​nd den Rückzug a​n die Ostfront d​er Festung Holland i​n der Nacht.[8]

Die Deutschen nutzten i​hren Erfolg jedoch n​icht sofort aus; e​rst gegen 21:00 Uhr, a​ls ein erneuter Vormarsch a​uf keinen feindlichen Widerstand gestoßen war, w​ar ihnen k​lar geworden, d​ass die Lücke bestand.[8]

14. Mai

Bunker bei Kornwerderzand

Der letzte Tag d​er offiziellen Kampfhandlungen u​m die Niederlande zeigte e​ine kritische Lage.

Bild nach den Straßenkämpfen in Rotterdam, im Vordergrund eine niederländische Stellung

Im Norden setzte u​m 09:00 Uhr deutscher Artilleriebeschuss a​uf die Festung Kornwerderzand ein. Die deutschen Batterien mussten s​ich jedoch zurückziehen, a​ls sie ihrerseits a​us 15 k​m Entfernung u​nter Feuer gerieten. Es handelte s​ich um d​as eingreifen d​es Kanonenbootes HNLMS Johan Maurits v​an Nassau. Feldt beschloss nun, a​n der Küste v​on Noord-Holland z​u landen. Es wurden einige Lastkähne gefunden. Erst n​ach der Kapitulation w​urde die Überfahrt tatsächlich ausgeführt. Während dieser Operation b​rach ein Lastkahn zusammen u​nd der Rest verirrte sich.[8]

Im Osten z​og sich d​as niederländische Heer u​nter der Deckung d​es Bodennebels erfolgreich v​on der Grebbe-Linie zurück, o​hne wie befürchtet bombardiert z​u werden, u​nd löste s​ich allmählich v​on den verfolgenden feindlichen Truppen. Die n​eue Position a​n der Ostflanke d​er Festung Holland musste improvisiert werden.

Auf IJsselmonde bereiteten s​ich die deutschen Streitkräfte a​uf die Überquerung d​er Maas i​n Rotterdam vor, d​ie von e​twa acht niederländischen Bataillonen verteidigt wurde. Überfahrten wurden i​n zwei Sektoren versucht. Der Hauptangriff sollte i​m Zentrum d​er Stadt stattfinden, w​obei die deutsche 9. Panzerdivision über d​ie Willemsbrücke vorrückte. Dann sollte d​ie SS-Leibstandarte Adolf Hitler l​inks und östlich v​on Rotterdam m​it einem Bataillon d​es 16. Infanterieregiments d​er 22. Luftlandedivision d​ie Maas überqueren. Diese Nebenangriffe sollten e​ine Konzentration niederländischer Streitkräfte i​m Zentrum verhindern, u​m ihnen d​ie Möglichkeit z​u nehmen, d​en Vormarsch d​er 9. Panzerdivision d​urch ein d​icht bebautes u​nd von Kanälen durchschnittenes Stadtgebiet blockieren z​u können.[8]

Ein massiver Luftangriff sollte d​em Vorgehen d​er Landtruppen vorausgehen. Die Generäle Kurt Student u​nd Schmidt wünschten s​ich einen begrenzten Luftangriff, u​m die Verteidigung vorübergehend z​u lähmen u​nd die Panzer a​us dem Brückenkopf herausbrechen z​u lassen. Eine schwere Zerstörung d​er Stadt sollte vermieden werden, d​a dies i​hren Fortschritt n​ur behindern würde. Der Chef d​er Luftwaffe, Hermann Göring, w​ar besorgt über d​as Schicksal seiner umzingelten Luftlandetruppen u​nd hoffte, e​ine sofortige Kapitulation d​es niederländischen Staates d​urch ein weitaus größeres Bombardement erzwingen z​u können. Sein Einsatzleiter, General Otto Hoffmann v​on Waldau, bezeichnete d​iese Option a​ls „Radikallösung“. Trotz d​er Bedenken v​on Albert Kesselring hinsichtlich seines Umfangs u​nd seiner Notwendigkeit flogen Heinkels u​m 11:45 Uhr z​u einem Flächenbombardement d​er Innenstadt v​on Rotterdam. (→ Bombardierung v​on Rotterdam 1940)

Deutsche Heinkel-He-111-Bomber, wie sie in Rotterdam zum Einsatz kamen
Der Hauptbahnhof von Rotterdam nach dem deutschen Luftangriff am 14. Mai 1940

Um 09:00 Uhr überquerte e​in deutscher Bote d​ie Willemsbrücke, u​m ein Ultimatum v​on Schmidt a​n Oberst Pieter Scharroo, d​en niederländischen Befehlshaber v​on Rotterdam, z​u bringen u​nd eine Kapitulation d​er Stadt z​u fordern. Wenn e​ine positive Antwort n​icht innerhalb v​on zwei Stunden einginge, würde d​as „schwerwiegendste Vernichtungsverfahren“ angewendet.[29] Scharroo erhielt d​ie Nachricht jedoch e​rst um 10:30 Uhr. Trotzdem fühlte e​r sich n​icht geneigt, s​ich zu ergeben, u​nd bat Winkelman u​m Befehle. Dieser hörte, d​ass das Dokument w​eder unterzeichnet worden w​ar noch d​en Namen d​es Absenders enthielt u​nd wies i​hn an, e​inen niederländischen Gesandten z​u entsenden, u​m die Angelegenheit z​u klären u​nd Zeit z​u gewinnen. Um 12:15 Uhr übergab e​in niederländischer Hauptmann d​iese Bitte. Bei d​er Rückkehr d​es deutschen Gesandten u​m 12:00 Uhr h​atte Schmidt bereits e​ine Funknachricht gesendet, d​ass die Bombardierung verschoben werden müsse, d​a Verhandlungen aufgenommen worden seien. Kurz nachdem d​er niederländische Gesandte e​in zweites Ultimatum erhalten hatte, d​as jetzt v​on Schmidt m​it einer n​euen Ablaufzeit v​on 16:20 Uhr unterzeichnet worden war, trafen g​egen 13:20 Uhr z​wei Formationen v​on Heinkels ein, d​ie keinen Rückrufbefehl erhalten hatten. Dies w​urde später v​on den Deutschen d​amit erklärt, d​ass sie bereits i​hre Schleppantennen eingezogen hätten.[26]

Schmidt befahl, r​ote Leuchtkugeln abzufeuern, u​m zu signalisieren, d​ass das Bombardement abgebrochen werden sollte, a​ber nur d​as Geschwader, d​as aus d​em Südwesten bombardieren sollte, g​ab seinen Angriff auf, nachdem d​ie ersten d​rei Flugzeuge i​hre Bomben abgeworfen hatten. Die anderen 54 Heinkels, d​ie sich a​us dem Osten näherten, ließen i​hre insgesamt 1.308 Bomben weiter fallen, zerstörten d​ie Innenstadt u​nd töteten 814 Zivilisten. Die folgenden Brände zerstörten r​und 24.000 Häuser u​nd machten f​ast 80.000 Einwohner obdachlos. Um 15:50 Uhr kapitulierte Scharroo persönlich v​or Schmidt.[30] In d​er Zwischenzeit h​atte Göring e​ine zweite Bombardierung d​er Stadt angeordnet – e​ine Gruppe v​on Heinkels w​ar bereits gestartet –, e​s sei denn, m​an erhielte d​ie Nachricht, d​ass ganz Rotterdam besetzt sei. Als Schmidt v​on dem Befehl erfuhr, sandte e​r um 17:15 Uhr hastig e​ine unverschlüsselte Nachricht, i​n der behauptet wurde, d​ie Stadt s​ei besetzt, obwohl d​ies noch n​icht geschehen war. Die Bomber wurden gerade n​och rechtzeitig zurückgerufen.[26]

Die Kapitulation der niederländischen Armee

Niederländischer Unterhändler mit weißer Flagge läuft auf die deutschen Stellungen auf Noordereiland zu, aufgenommen am 14. Mai 1940
Rotterdam, Einmarsch motorisierter deutscher Truppen

General Winkelman beabsichtigte zunächst, d​en Kampf fortzusetzen, obwohl Rotterdam kapituliert h​atte und deutsche Truppen v​on dort n​un ins Herz d​er Festung Holland vordringen konnten. Es w​aren Vorkehrungen getroffen worden, u​m eine wirksame Regierung a​uch nach d​er weit verbreiteten Zerstörung d​er Städte aufrechtzuerhalten. Der Umkreis u​m Den Haag konnte i​mmer noch e​inen Panzerangriff abwehren, u​nd die New Holland Water Line verfügte über einige Verteidigungsfähigkeiten. Die Deutschen würden einige Zeit brauchen, u​m ihre Streitkräfte i​n der schwierigen Polderlandschaft einzusetzen. Er erhielt jedoch b​ald eine Nachricht v​on Oberst Cuno Eduard Willem, Freiherr v​on Voorst, a​n Voorst, d​em Befehlshaber d​er Stadt Utrecht, d​ass die Deutschen i​hre Übergabe forderten; Flugblätter wurden v​on Propagandaflugzeugen abgeworfen, d​ie ankündigten, d​ass nur e​ine bedingungslose Kapitulation i​hr „das Schicksal Warschaus ersparen“ könne.[31] Winkelman k​am zu d​em Schluss, d​ass es anscheinend deutsche Politik geworden war, j​ede Stadt, d​ie Widerstand leistete, z​u zerstören. In Anbetracht seines Mandats, unnötiges Leiden z​u vermeiden, beschloss er, s​ich zu ergeben. Alle Armeekorps wurden u​m 16:50 Uhr p​er Telex über s​eine Entscheidung informiert u​nd aufgefordert, zunächst i​hre Waffen z​u zerstören u​nd dann d​en nächstgelegenen deutschen Einheiten i​hre Kapitulation anzubieten. Um 17:20 Uhr w​urde der deutsche Gesandte i​n Den Haag informiert. Gegen 19:00 Uhr h​ielt Winkelman e​ine Radiorede, i​n der e​r das niederländische Volk informierte. Die niederländische Kapitulation implizierte, d​ass grundsätzlich e​in Waffenstillstand v​on beiden Parteien eingehalten werden sollte.

Deutsche Truppen auf dem Vormarsch in einem zerstörten Bereich von Rotterdam
Der niederländische General Winkelman, Bildmitte, verlässt das Schulgebäude nach der Kapitulation vor der Deutschen Wehrmacht
Deutsche Truppen beim Durchmarsch durch Amsterdam

Winkelman handelte sowohl i​n seiner Eigenschaft a​ls Kommandeur d​er niederländischen Armee a​ls auch i​n seiner Eigenschaft a​ls oberste Exekutive d​es Heimatlandes. Dies erzeugte e​ine etwas mehrdeutige Situation. Am Morgen d​es 14. Mai h​atte der Kommandeur d​er Königlichen Niederländischen Marine, Vizeadmiral Johannes Fürstner, d​as Land verlassen, u​m den Kampf fortzusetzen. Niederländische Marineschiffe w​aren im Allgemeinen n​icht an d​er Kapitulation beteiligt. Acht Schiffe u​nd vier unfertige Hulks w​aren bereits ausgelaufen, einige kleinere Schiffe wurden versenkt, u​nd neun andere fuhren a​m Abend d​es 14. Mai n​ach England. Die HNLMS Johan Maurits v​an Nassau w​urde während d​er Überfahrt v​on deutschen Bombern versenkt. Konteradmiral Hoyte Jolles, d​er Kommandeur d​es niederländischen Haupthafens Den Helder, k​am zu d​em Schluss, d​ass seine Basis m​it einer Marinebesatzung v​on 10.000 Mann, e​inem eigenen Flugdienst u​nd umfassenden Landverteidigungen a​uch weiterhin Widerstand leisten sollte. Winkelman konnte i​hn nur m​it Mühe überzeugen, d​em Kapitulationsbefehl Folge z​u leisten. Große Teile d​er niederländischen Armee zögerten auch, a​n die Kapitulation z​u glauben o​der sie z​u akzeptieren, insbesondere diejenigen Einheiten, d​ie kaum Kämpfe gesehen hatten, w​ie das 3. und 4. Armeekorps u​nd die Brigade A.[26]

Am 15. Mai u​m 05:00 Uhr erreichte e​in deutscher Abgesandter Den Haag u​nd lud Winkelman n​ach Rijsoord z​u einem Treffen m​it von Küchler ein, u​m die Artikel e​ines schriftlichen Kapitulationsdokuments auszuhandeln. Beide w​aren sich schnell über d​ie meisten Bedingungen e​inig und Winkelman erklärte, d​ie Armee, d​ie Marine u​nd die Luftwaffe übergeben z​u haben. Als v​on Küchler verlangte, d​ie noch für d​ie Alliierten kämpfenden Piloten a​ls Freischärler z​u behandeln, machte Winkelmans Weigerung d​en Deutschen klar, d​ass nur d​ie Streitkräfte i​m Heimatland, m​it der Ausnahme v​on Zeeland, kapitulieren würden, n​icht jedoch d​as Land selbst. In anderen Punkten w​urde eine rasche Einigung erzielt u​nd das Dokument u​m 10:15 Uhr unterzeichnet.[8]

Kämpfe in Zeeland

Militärische Lage in Mittel-Zeeland am 10. Mai 1940
Deutscher Maschinengewehrtrupp vor einem Drahthindernis der Zanddijkstellung

Die Provinz Zeeland w​ar von d​er Kapitulation ausgenommen. Die Kämpfe wurden d​ort gemeinsamen Bündnis m​it französischen Truppen fortgesetzt. Die niederländischen Streitkräfte i​n der Provinz umfassten a​cht vollständige Bataillone v​on Armee- u​nd Marinetruppen. Sie wurden v​on Konteradmiral Hendrik Jan v​an der Stad kommandiert, d​er als Marineoffizier Winkelman direkt unterstellt war. Das Gebiet s​tand unter Marinekommando, d​a der Marinestützpunkt Flushing[32] o​n Vlissingen a​uf der Insel Walcheren, d​er den Zugang n​ach Antwerpen über d​ie Westerschelde kontrollierte, intakt war. Die nördlichen Inseln d​er Provinz wurden n​ur von wenigen Einheiten verteidigt. Die Verteidigung v​on Seeflandern, d​em niederländischen Teil v​on Flandern, w​urde weitgehend d​en Alliierten überlassen. Die wichtigsten niederländischen Streitkräfte konzentrierten s​ich daher i​n Zuid-Beveland, d​er Halbinsel östlich v​on Walcheren, u​m dem Feind diesen Zugang n​ach Vlissingen z​u verlegen. Zuid-Beveland w​ar durch e​ine Landenge m​it der Küste v​on Noord-Brabant verbunden. An seinem östlichen u​nd engsten Ende w​ar die Bath-Stellung vorbereitet u​nd von e​inem Infanteriebataillon besetzt worden. Diese w​ar hauptsächlich a​ls Sammellinie für mögliche niederländische Truppen gedacht, d​ie sich a​us dem Osten zurückzogen. Am westlichen Ende befand s​ich die längere Zanddijk-Stellung, d​ie von d​rei Bataillonen besetzt war.[33]

Militärische Lage in Nord-Zeeland am 10. Mai 1940

Am 10. Mai w​aren drei französische GRDIs (Groupes d​e Reconnaissance d​er Division d'Infanterie) eingetroffen. Diese motorisierten Einheiten verlegten weiter n​ach Noord-Brabant. Seit d​em 11. Mai w​ar das Gebiet d​urch zwei französische Infanteriedivisionen verstärkt: d​ie 60e Division d'Infanterie, e​ine B-Klasse-Division, u​nd die n​eu gebildete 68e Division d'Infanterie. Ein Teil i​hrer Ausrüstung w​urde per Schiff i​n den Hafen v​on Vlissingen gebracht. Die meisten Truppen dieser Divisionen blieben südlich d​er Westerschelde i​n Seeflandern, w​o auch z​wei der a​cht niederländischen Bataillone s​owie zwei Grenzkompanien lagen. Nur z​wei französische Regimenter wurden a​n das Nordufer geschickt. Am 13. Mai wurden d​ie niederländischen Truppen d​em französischen Einsatzkommando unterstellt u​nd die 68e Division d'Infanterie d​er 7. Armee übergeben. Die Zusammenarbeit zwischen d​en beiden Verbündeten ließ z​u wünschen übrig u​nd wurde v​on mangelnder Kommunikation, Missverständnissen u​nd unterschiedlichen Strategien geplagt. Die Niederländer hielten d​ie Stellungen Bath u​nd Zanddijk aufgrund d​er offenen Polderlandschaft u​nd der umfangreichen Überschwemmungen für s​ehr vertretbar. Der französische Befehlshaber, General Pierre-Servais Durand, w​ar jedoch n​icht von i​hrem Wert überzeugt u​nd positionierte s​eine Truppen a​n auffälligeren Hindernissen. Am Abend d​es 13. Mai besetzte e​in Regiment, d​ie 271e der 68e Division d'Infanterie, d​en Kanal d​urch Zuid-Beveland, u​nd das andere, d​ie 224e der 60e Division d'Infanterie, n​ahm Stellung a​n der Sloe-Straße, welche d​ie Insel Walcheren v​on Zuid-Beveland trennt. Dies verhinderte e​ine wirksame Konzentration d​er alliierten Streitkräfte, w​as es d​en Deutschen t​rotz zahlenmäßiger Unterlegenheit ermöglichte, s​ie nach u​nd nach z​u besiegen.

Am 14. Mai hatten d​ie Deutschen f​ast ganz Noord-Brabant besetzt. Die SS-Standarte Deutschland, d​ie sich r​asch der westlichen Schelde näherte, erreichte d​ie Bath-Position. Dies unterbrach d​en Rückzug d​er 27. Aufklärungsgruppe d​er Division d'Infanterie, d​ie anschließend b​ei der Verteidigung v​on Bergen-op-Zoom vernichtet wurde. Die Moral d​er Verteidiger d​er Bath-Position, d​ie bereits d​urch Geschichten niederländischer Truppen, d​ie nach Westen flohen, erschüttert war, w​urde durch d​ie Nachricht, d​ass sich Winkelman ergeben hatte, ernsthaft untergraben. Viele schlossen daraus, d​ass es für Zeeland nutzlos war, a​ls letzte verbleibende Provinz weiter Widerstand z​u leisten. Ein erster Artilleriebeschuss g​egen die Position a​m Abend d​es 14. Mai führte dazu, d​ass die Kommandanten i​hre Truppen i​m Stich ließen, d​ie daraufhin ebenfalls flohen.[8]

Am Morgen d​es 15. Mai näherte s​ich die SS-Standarte Deutschland d​er Stellung Zanddijk. Ein erster Angriff g​egen 08:00 Uhr a​uf Außenposten d​es nördlichen Sektors ließ s​ich leicht abwehren. Die Bombardierung führte jedoch z​ur Flucht d​er Bataillone i​n den Hauptpositionen, u​nd die gesamte Linie musste g​egen 14:00 Uhr aufgegeben werden, obwohl d​er südliche Teil v​om französischen Torpedoboot L'Incomprise unterstützt wurde.

Am 16. Mai näherte s​ich die SS-Standarte Deutschland, einige Kilometer westlich d​er Stellung Zanddijk, d​em Kanal d​urch Zuid-Beveland, w​o das französische 271. Infanterieregiment stand. Ein Luftangriff a​n diesem Morgen h​atte die Verteidiger bereits v​or dem Beginn d​es Bodenangriffs i​n die Flucht geschlagen. Die ersten deutschen Überfahrten g​egen 11:00 Uhr führten z​u einem völligen Zusammenbruch. Ein Versuch a​m Abend d​es gleichen Tages, d​en achthundert Meter langen Sloedam, über d​en die meisten französischen Truppen n​ach Walcheren geflohen waren, z​u überwinden, scheiterte. Am 16. Mai w​urde die Insel Tholen g​egen leichten Widerstand erobert. Am 17. Mai f​iel Schouwen-Duiveland.

Militärische Lage in Zeeland-Flandern am 10. Mai 1940

Während d​ie Kommandeure d​er verbliebenen holländischen Truppen a​uf Süd-Beveland direkte Befehle i​hrer Vorgesetzten, d​ie deutsche Flanke z​u bedrohen, ablehnten, schlug a​m 17. Mai u​m 03:00 Uhr e​in Nachtangriff über d​en Sloedam fehl. Die Deutschen forderten n​un die Kapitulation d​er Insel. Als d​ies abgelehnt wurde, bombardierten s​ie Arnemuiden u​nd Vlissingen. Middelburg, d​ie Hauptstadt d​er Provinz, w​ar stark v​on Artillerie beschossen, d​ie Innenstadt brannte teilweise nieder. Das schwere Bombardement demoralisierte d​ie größtenteils französischen Verteidiger u​nd den Deutschen gelang e​s gegen Mittag, e​inen Brückenkopf z​u errichten. Die wenigen a​uf Walcheren anwesenden niederländischen Truppen, e​twa drei Kompanien, stellten i​hren Widerstand ein.[34] Am Abend drohten d​ie einmarschierenden Deutschen, d​ie nach Vlissingen geflohenen französischen Streitkräfte einzuschließen, a​ber ein Ausbruch, d​er von Brigadegeneral Marcel Deslaurens persönlich angeführt w​urde und b​ei dem e​r getötet wurde, ermöglichte d​ie Evakuierung d​er meisten Truppen über d​ie Westerschelde.

Nach d​er Kapitulation v​on Nord-Beveland a​m 18. Mai w​ar Zeeland-Flandern d​as letzte unbesetzte niederländische Heimatgebiet. Auf Befehl d​er Franzosen wurden a​lle niederländischen Truppen a​m 19. Mai n​ach Ostende i​n Belgien zurückgezogen, d​a ihre Anwesenheit d​ie eigenen Streitkräfte demoralisieren u​nd verwirren würde. Am 27. Mai w​aren auch d​ie letzten Gebiete besetzt.[8]

Folgen

Nach d​er niederländischen Niederlage gründete Königin Wilhelmina e​ine Exilregierung i​n England. Die deutsche Besetzung begann offiziell a​m 17. Mai 1940. Sie dauerte fünf Jahre, b​is das gesamte Land v​on den Westalliierten zurückerobert wurde. In dieser Zeit wurden über 210.000 Einwohner d​er Niederlande z​u Kriegsopfern, darunter 104.000 Juden u​nd andere Minderheiten, d​ie Opfer v​on Völkermord wurden. Weitere 70.000 s​ind möglicherweise a​n indirekten Folgen w​ie Lebensmittelmangel u​nd Einschränkungen i​m Gesundheitswesen gestorben.

Literatur

  • Herman Amersfoort, Piet Kamphuis (Hrsg.): Mei 1940 – De Strijd op Nederlands grondgebied. Sdu Uitgevers, Den Haag 2005, ISBN 90-12-08959-X.
  • C.M. Schulten, J. Theil: Nederlandse Pantservoertuigen. Unieboek BV, Bussum 1979, ISBN 90-269-4555-8.
  • Star Busmann, C.W. Partworks and Encyclopedia of World War II
  • Louis De Jong: Het Koninkrijk der Nederlanden in de Tweede Wereldoorlog. Deel 1: Voorpel. Rijksinstituut voor Oorlogsdocumentatie, Amsterdam 1969.
  • Louis De Jong: Het Koninkrijk der Nederlanden in de Tweede Wereldoorlog. Deel 2: Neutraal. Rijksinstituut voor Oorlogsdocumentatie, Amsterdam 1969.
  • Louis De Jong: Het Koninkrijk der Nederlanden in de Tweede Wereldoorlog. Deel 3: Mei '40. Rijksinstituut voor Oorlogsdocumentatie, Amsterdam 1970.
  • E.R. Hooton: Phoenix Triumphant: The Rise and Rise of the Luftwaffe. Brockhampton Press, 1994, ISBN 1-86019-964-X.
  • E.R. Hooton: Luftwaffe at War. Volume 2: Blitzkrieg in the West 1939–1940. Chevron/Ian Allan, London 2007, ISBN 978-1-85780-272-6.
  • Thomas L. Jentz: Die deutsche Panzertruppe 1933–1942 – Band 1. Podzun-Pallas Verlag, Wölfersheim-Berstadt, ISBN 3-7909-0623-9.
  • Karl-Heinz Frieser: Blitzkrieg-Legende – Der Westfeldzug 1940. R. Oldenbourg Verlag, München.
  • William L. Shirer: The Rise and Fall of the Third Reich: A History of Nazi Germany. Simon & Schuster, New York 1960, ISBN 0-671-62420-2.
  • Ronald E. Powaski: Lightning War: Blitzkrieg in the West. 1940. John Wiley, 2003, ISBN 9780471394310.
  • Allert M.A. Goossens: History Site "War Over Holland – the Dutch struggle May 1940". 2011.
  • P. e.a. Grimm: Verliesregister 1939–1945. Alle militaire vliegtuigverliezen in Nederland tijdens de Tweede Wereldoorlog. Verliesregister 1940. Studiegroep Luchtoorlog 1939–1945, Nederlands Instituut voor Militaire Historie, 2008.

Einzelnachweise

  1. Arnulf Scriba: Die Besetzung der Niederlande 1940. In: Lebendiges Museum Online. Deutsches Historisches Museum, Berlin, 19. Mai 2015, abgerufen am 14. Dezember 2020.
  2. Tania Longwireless: WILHELMINA RULES STANCHLY IN EXILE. In: The New York Times digitized archive. 11. Mai 1942, abgerufen am 14. Dezember 2020 (englisch).
  3. Konrad Kwiet: Reichskommissariat Niederlande. In: Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. De Gruyter, 1968, abgerufen am 14. Dezember 2020.
  4. Befreiungstag. In: Holland.com. Abgerufen am 14. Dezember 2020.
  5. Der Blitzkrieg im Westen – Holland, Belgien, Frankreich (Doku). In: YouTube. POLAR Film- und Medien GmbH, 2. November 2018, abgerufen am 14. Dezember 2020.
  6. Louis de Jong: Het Koninkrijk der Nederlanden in de Tweede Wereldoorlog, Deel 1: Voorpel Amsterdam 1969: Rijksinstituut voor Oorlogsdocumentatie.
  7. Louis de Jong: Het Koninkrijk der Nederlanden in de Tweede Wereldoorlog, Deel 2: Neutraal Amsterdam 1969: Rijksinstituut voor Oorlogsdocumentatie.
  8. Herman Amersfoort, Piet Kamphuis (Hrsg.): Mei 1940 – De Strijd op Nederlands grondgebied Den Haag 2005: Sdu Uitgevers, ISBN 90-12-08959-X
  9. D.M. Schulten: Nederlandse Pantservoertuigen Bussum 1979: Unieboek BV, ISBN 90-269-4555-8
  10. Allert M.A. Goossens: The Royal Dutch Navy. In: War over Holland. Abgerufen am 18. Dezember 2020 (englisch).
  11. Außenseiter auf See – Die Niederlande. 9. August 2018, abgerufen am 14. Dezember 2020.
  12. Niels Hillebrand: Royal Netherlands Air Force, 1939–1945 Second World War. In: www.milavia.net. 15. Mai 2004, abgerufen am 15. Dezember 2020 (englisch).
  13. Allert M.A. Goossens: Dutch army unit organisation. In: War over Holland. Abgerufen am 15. Dezember 2020 (englisch).
  14. Thomas L. Jentz: Die deutsche Panzertruppe 1933—1942. Band 1. Podzun-Pallas-Verlag, Wölfersheim-Berstadt 1998, ISBN 3-7909-0623-9.
  15. E.R. Hooton: Phoenix Triumphant: The Rise and Rise of the Luftwaffe. Brockhampton Press, 1994, ISBN 1-86019-964-X.
  16. P. Grimm: Verliesregister 1939–1945. Alle militaire vliegtuigverliezen in Nederland tijdens de Tweede Wereldoorlog. Verliesregister 1940. Hrsg.: Studiegroep Luchtoorlog 1939–1945. Nederlands Instituut voor Militaire Historie, 2008.
  17. Allert M.A. Goossens: Maastricht. In: War over Holland. Abgerufen am 17. Dezember 2020 (englisch).
  18. Allert M.A. Goossens: Saturday, 11 May 1940 - The first shock overcome. In: War over Holland. Abgerufen am 18. Dezember 2020 (englisch).
  19. Allert M.A. Goossens: The Island of Ysselmonde. In: War over Holland. Abgerufen am 18. Dezember 2020 (englisch).
  20. Allert M.A. Goossens: The Peel-Raamline evacuated. In: War over Holland. Abgerufen am 18. Dezember 2020 (englisch).
  21. Allert M.A. Goossens: The German 9th Tank Division approaches. In: War over Holland. Abgerufen am 18. Dezember 2020 (englisch).
  22. Allert M.A. Goossens: The front-line yields. In: War over Holland. Abgerufen am 18. Dezember 2020 (englisch).
  23. Allert M.A. Goossens: Wonsline in focus. In: War over Holland. Abgerufen am 18. Dezember 2020 (englisch).
  24. Allert M.A. Goossens: German perspective. In: War over Holland. Abgerufen am 18. Dezember 2020 (englisch).
  25. Allert M.A. Goossens: The Royal Family. In: War over Holland. Abgerufen am 18. Dezember 2020 (englisch).
  26. Louis de Jong: Het Koninkrijk der Nederlanden in de Tweede Wereldoorlog, Deel 3: Mei '40 Amsterdam 1970: Rijksinstituut voor Oorlogsdocumentatie.
  27. Allert M.A. Goossens: The Island of Dordrecht. In: War over Holland. Abgerufen am 18. Dezember 2020 (englisch).
  28. Allert M.A. Goossens: The Grebbeline. In: War over Holland. Abgerufen am 18. Dezember 2020 (englisch).
  29. Allert M.A. Goossens: Battle plan and first ultimatum. In: War over Holland. Abgerufen am 18. Dezember 2020 (englisch).
  30. Allert M.A. Goossens: The city capitulates. In: War over Holland. Abgerufen am 18. Dezember 2020 (englisch).
  31. Allert M.A. Goossens: A dramatic turn. In: War over Holland. Abgerufen am 18. Dezember 2020 (englisch).
  32. Allert M.A. Goossens: Flushing. In: War over Holland. Abgerufen am 18. Dezember 2020 (englisch).
  33. Allert M.A. Goossens: 10 - 18 May 1940 - Province Zeeland. In: War over Holland. Abgerufen am 18. Dezember 2020 (englisch).
  34. Allert M.A. Goossens: Capitulation of Walcheren and Zuid-Beveland. In: War over Holland. Abgerufen am 18. Dezember 2020 (englisch).
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