Fedor von Bock
Moritz Albrecht Franz Friedrich Fedor von Bock (* 3. Dezember 1880 in Küstrin, Provinz Brandenburg; † 4. Mai 1945 in Oldenburg in Holstein) war ein deutscher Heeresoffizier (ab 1940 Generalfeldmarschall). Während des Zweiten Weltkrieges war er Oberbefehlshaber verschiedener Heeresgruppen der Wehrmacht.
Leben
Herkunft
Fedor von Bock war der Sohn des preußischen Generalmajors Moritz von Bock und dessen Ehefrau Olga, geborene von Falkenhayn (1851–1919). Seine Mutter war eine Schwester des Generals Erich von Falkenhayn.
Militärkarriere
Nach seinem Schulbesuch in Wiesbaden und Charlottenburg besuchte er die Kadettenanstalt in Potsdam, später wechselte er auf die Hauptkadettenanstalt nach Groß-Lichterfelde. Am 15. März 1898 trat er als Fähnrich in das 5. Garde-Regiment zu Fuß in Spandau in die Preußische Armee ein. Am 1. Mai 1898 wurde er im selben Regiment Sekondeleutnant, später wurde er als Zugführer Hilfslehrer der Spandauer Militär-Turnanstalt. Im Juli 1904 wurde er Bataillons- und im Januar 1906 Regimentsadjutant. Am 10. September 1908 wurde er Oberleutnant, ab April 1910 wurde er zur Generalstabsausbildung abkommandiert. Von Bock trat im März 1911 in den Großen Generalstab ein und wurde dort am 22. März 1912 zum Hauptmann befördert.
Erster Weltkrieg
Ab Oktober 1913 fungierte er als Stabsoffizier im Generalstab des Gardekorps, mit dem er zu Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 an der Westfront eingesetzt wurde. Im Mai 1915 wechselte er in den Stab der 11. Armee an die Ostfront und nahm an der Schlacht von Gorlice-Tarnow teil. Im folgenden Jahr trat er in den Generalstab der 200. Infanterie-Division über und nahm am Gebirgskrieg in den Karpaten und an der Abwehr der Brussilow-Offensive teil. Am 30. Dezember 1916 wurde er zum Major ernannt. Im April 1917 diente er im Generalstab der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz wieder an der Westfront, am 1. April 1918 wurde er für seine Generalstabsarbeit in der Frühjahrsoffensive mit dem Orden Pour le Mérite ausgezeichnet. Bereits vorher hatte er beide Klassen des Eisernen Kreuzes sowie das Ritterkreuz des Königlichen Hausordens von Hohenzollern mit Schwertern erhalten.[1]
Weimarer Republik
Nach dem Waffenstillstand von Compiegne im November 1918 wurde von Bock in die Vorläufige Reichswehr übernommen und als Erster Generalstabsoffizier dem neugebildeten Gruppenkommando 1 zugeteilt. Als Chef des Stabes der 3. Division in Berlin war er zugleich Kommandeur über die republikfeindliche Schwarze Reichswehr. Im Oktober 1919 neu vereidigt, verweigerte er seine Teilnahme am Kapp-Putsch. Am 18. Dezember 1920 wurde er Oberstleutnant und nach langjähriger Stabsarbeit begann 1924 seine Tätigkeit als aktiver Truppenführer. Am 1. April 1924 übernahm er die Führung eines Bataillons des 4. (Preußisches) Infanterie-Regiments in Kolberg. Am 1. Mai 1925 wurde er zum Oberst befördert und übernahm am 1. Februar 1926 die Führung dieses Regimentes. Am 1. Februar 1929 wurde von Bock Generalmajor und im Dezember 1929 übernahm er das Kommando über die 1. Kavallerie-Division in Frankfurt an der Oder. Am 1. Februar 1931 wurde er zum Generalleutnant befördert und im Dezember 1931 wurde er Kommandeur der 2. Division und Befehlshaber im Wehrkreis II in Stettin.
Vorkriegszeit
Nach der Machtübernahme der NSDAP 1933 verhielt er sich dem NS-Regime gegenüber neutral. Am 1. März 1935 wurde er zum General der Infanterie befördert und zum Oberbefehlshaber des neuerrichteten Gruppenkommandos 3 in Dresden ernannt.
Beim Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich am 12. März 1938 marschierte er an der Spitze der aus seiner Befehlsstelle gebildeten 8. Armee in Österreich ein und wurde dafür rückwirkend zum 1. März zum Generaloberst befördert. Am 1. November desselben Jahres wurde er zum Oberbefehlshaber des Gruppenkommandos 1 in Berlin ernannt und am 26. August 1939 Oberbefehlshaber der daraus gebildeten Heeresgruppe Nord.
Zweiter Weltkrieg
In dieser Funktion nahm er auch am Überfall auf Polen teil. Er befehligte dabei die aus Pommern (4. Armee) und Ostpreußen (3. Armee) vorstoßende Heeresgruppe Nord und wurde nach der Kapitulation Warschaus am 30. September mit dem Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes ausgezeichnet. Nach Abschluss des Überfalls auf Polen wurde er mit dem Heeresgruppenkommando an die Westgrenze verlegt und stellte dort ab Oktober 1939 die Heeresgruppe B auf. Im November 1939 erfuhr er von „Vorgängen der ‚Kolonisierung‘ des Ostens“, die ihn erschreckten. Er kommentierte diese in seinen Aufzeichnungen: „Macht man dort weiter so, so werden diese Methoden sich einmal gegen uns kehren!“.[2]
Mit der Heeresgruppe B, die den nördlichen Flügel der deutschen Streitkräfte bildete, führte er im Rahmen des Westfeldzugs den Angriff auf Belgien und die Niederlande. Nach dem Einmarsch in Paris nahm er am 14. Juni 1940 die Parade der deutschen Truppen am Arc de Triomphe ab. Am 19. Juli 1940 wurde er gleichzeitig mit elf weiteren Generälen zum Generalfeldmarschall ernannt. Zu seinem 60. Geburtstag erhielt er eine Dotation Hitlers in Höhe von 100.000 Reichsmark.
Aufgrund der „Weisung Nr. 21 Fall Barbarossa“ vom 18. Dezember 1940 wurde von Bock mit der Vorbereitung der ihm unterstellten Truppen auf den Angriff auf die Sowjetunion beauftragt. Gegen den in diesem Zusammenhang im Mai 1941 erlassenen Kommissarbefehl legte er auf Drängen seiner Stabsoffiziere Henning von Tresckow und Rudolf-Christoph von Gersdorff beim Oberkommando des Heeres mündlich Widerspruch ein. Nachdem sein Protest völlig fruchtlos geblieben war, sagte er zu seinem Stab: „Meine Herren, ich stelle fest: Der Feldmarschall von Bock hat protestiert“.[3]
Mit Beginn des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion war von Bock Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Mitte, deren Auftrag der Vorstoß auf Moskau war. Von Bock gehörte im Herbst zu den stärksten Befürwortern einer Offensive auf Moskau noch im Jahr 1941. Eines seiner Argumente war, dass bei zwei gleichermaßen erschöpften Gegnern derjenige mit dem stärkeren Willen die Entscheidung herbeiführen könne.[4] Nachdem von Bock während der Schlacht um Moskau aufgrund der Erschöpfung seiner Truppen für einen taktischen Rückzug an der Ostfront plädiert und diesen auch eingeleitet hatte, wurden am 19. Dezember er und der Oberbefehlshaber des Heeres Walther von Brauchitsch abgelöst.[5]
Er übernahm am 18. Januar 1942, nach dem plötzlichen Tod (durch Schlaganfall) Walter von Reichenaus, dessen Heeresgruppe Süd. Im Anschluss an erneute Auseinandersetzungen mit Hitler über das Unternehmen Braunschweig wurde er am 15. Juli 1942 seines Amtes als Befehlshaber der Heeresgruppe B enthoben und bis Ende des Krieges in die Führerreserve versetzt. Sein Nachfolger wurde Generaloberst Maximilian von Weichs.
Er lebte in den letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges zurückgezogen in Bayern. Sein Neffe Henning von Tresckow versuchte mehrmals vergeblich, ihn für den militärischen Widerstand gegen Hitler zu gewinnen. Das Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 verurteilte er als Verbrechen. Nach Hitlers Suizid am 30. April 1945 bot er sich der neuen Reichsregierung unter Karl Dönitz an.
Am 3. Mai 1945 wurde von Bock bei einem englischen Tieffliegerangriff in der Nähe von Lensahn schwer verwundet; am folgenden Tag erlag er seinen Verwundungen in einem Marinelazarett in Oldenburg in Holstein. Beim Angriff fanden auch seine zweite Ehefrau Wilhelmine, seine Stieftochter Katharina von der Osten sowie sein Kraftfahrer den Tod. Fedor von Bock ist der einzige Feldmarschall des Dritten Reiches, der durch unmittelbare Feindeinwirkung zu Tode kam.[6]
Familie
Am 9. Oktober 1905 heiratete er in Berlin Mally von Reichenbach (* 12. März 1887 in Berlin). 1906 kam die Tochter Ursula zur Welt. Seine Frau verstarb bereits 1910. 1936 heiratete Bock erneut. Seine zweite Ehefrau wurde Wilhelmine von Boddien (* 14. November 1893 in Straßburg; † 3. Mai 1945 in Lensahn), die zuvor mit dem preußischen Offizier Karl August von der Osten verheiratet war.
Auszeichnungen (Auswahl)
- Eisernes Kreuz II. Klasse, September 1914
- Eisernes Kreuz I. Klasse, Oktober 1916
- Ritterkreuz des Königlichen Hausordens von Hohenzollern mit Schwertern, Oktober 1916
- Pour le Mérite, April 1918
- Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes, September 1939
Literatur
- Klaus Gerbet (Hrsg.): Generalfeldmarschall Fedor von Bock. Zwischen Pflicht und Verweigerung – Das Kriegstagebuch. Herbig, München 1995. ISBN 3-7766-1909-0.
- Rudolf-Christoph Freiherr von Gersdorff: Soldat im Untergang. Ullstein, Berlin 1977 (mit Aussagen zu Bocks Charakter und Verhalten gegenüber Hitler und dem NS-Regime). ISBN 3-550-07349-6.
- Johannes Hürter: Hitlers Heerführer. Die deutschen Oberbefehlshaber im Krieg gegen die Sowjetunion 1941/42. R. Oldenbourg, München 2007, ISBN 978-3-486-57982-6, S. 620 f. (Kurzbiographie)
- Samuel W. Mitcham jr.: Generalfeldmarschall Fedor von Bock. in: Gerd R. Ueberschär (Hrsg.): Hitlers militärische Elite. 68 Lebensläufe. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-534-23980-1, S. 37–44.
- Fritz von Siegler: Bock, Fedor von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4, S. 341 f. (Digitalisat).
Weblinks
- Literatur von und über Fedor von Bock im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Zeitungsartikel über Fedor von Bock in der Pressemappe 20. Jahrhundert der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft
- Arnulf Scriba: Fedor von Bock. Tabellarischer Lebenslauf im LeMO (DHM und HdG)
- Biografie auf Axis Biographical Research (Memento vom 20. Februar 2010 auf WebCite).
- Field Marshal von Bock. In: Time Magazine, 8. Dezember 1941.
- Nachlass Bundesarchiv N 22
Einzelnachweise
- Auch zu den folgenden Orden Johannes Hürter: Hitlers Heerführer. Die deutschen Oberbefehlshaber im Krieg gegen die Sowjetunion 1941/42. Oldenbourg, München 2007, ISBN 978-3-486-57982-6, S. 621 (abgerufen über De Gruyter Online).
- von Bock: Zwischen Pflicht und Verweigerung – Das Kriegstagebuch. S. 78.
- Gersdorff: Soldat im Untergang. S. 87 ff.
- B.H. Liddell Hart: The Other Side of the Hill. Germany’s Generals. Their Rise and Fall, with their own Account of Military Events 1939–1945 S. 235. Cassel. London 1948.
- Heinz Guderian: Erinnerungen eines Soldaten. S. 239. Kurt Vowinkel Verlag. Heidelberg 1951.
- Ueberschär 2011, S. 42.