Zrenjanin
Zrenjanin [zrɛ̌ɲanin] (serbisch-kyrillisch Зрењанин, ungarisch Nagybecskerek, deutsch Großbetschkerek, rumänisch Becicherecul Mare) ist eine Stadt in der serbischen autonomen Provinz Vojvodina. Mit etwa 76.000 Einwohnern[2] ist Zrenjanin die viertgrößte Stadt der Vojvodina und die sechstgrößte Serbiens. Laut Zensus 2011 leben in der Opština 122.714 Einwohner. Die Stadt ist administrativer Sitz des Mittelbanater Bezirks (Okrug Srednji Banat).
Зрењанин Zrenjanin Nagybecskerek Becicherecul Mare | |||||
Platz der Freiheit mit dem Rathaus und Römisch-katholischer Kathedrale St. Johannes Nepomuk im Stadtzentrum von Zrenjanin | |||||
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Basisdaten | |||||
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Staat: | Serbien | ||||
Provinz: | Vojvodina | ||||
Okrug: | Srednji Banat | ||||
Koordinaten: | 45° 23′ N, 20° 23′ O | ||||
Höhe: | 80 m. i. J. | ||||
Fläche: | 230 km² | ||||
Einwohner: | 75.743 (2011) | ||||
Agglomeration: | 122.714[1] (2011) | ||||
Bevölkerungsdichte: | 329 Einwohner je km² | ||||
Telefonvorwahl: | (+381) 023 | ||||
Postleitzahl: | 23000 | ||||
Kfz-Kennzeichen: | ZR | ||||
Struktur und Verwaltung (Stand: 2021) | |||||
Gemeindeart: | Stadt | ||||
Gliederung: | 14 Stadtteile | ||||
Bürgermeister: | Simo Salapura (SNS) | ||||
Postanschrift: | Trg slobode 10 23000 Zrenjanin | ||||
Webpräsenz: | |||||
Sonstiges | |||||
Schutzpatron: | Johannes Nepomuk | ||||
Stadtfest: | Mariä Himmelfahrt |
Geografie
Zrenjanin liegt auf dem 45. Breitengrad, dem Übergang der subtropischen zur gemäßigten Zone, auf 80 Meter über der Adria in der flachen Pannonischen Tiefebene. Die Gemeinde wird, wenn auch selten, durch leichte, eher ungefährliche Erdbeben erschüttert.[3]
Die Hauptstadt Belgrad liegt zirka 75 Kilometer südöstlich der Stadt. Etwa 50 Kilometer westlich liegt Novi Sad, die größte Stadt der autonomen Provinz Vojvodina, und östlich der nächste Grenzübergang zur Europäischen Union über Rumänien.
Die Stadt durchfließt aus nordöstlicher Richtung nach Südwesten die Bega (serb. Begej), die unweit der Stadt bei Knićanin in die Theiß mündet. Südlich von Zrenjanin liegt der See Belo jezero.
Das Naturreservat Stari Begej-Carska Bara (deutsch Alte Bega – Zarenteich) ist in der „Ramsar-Konvention für die Erhaltung von Feuchtgebieten“ aufgelistet und ist mit 17,67 km² das größte Feuchtbiotop Serbiens.
Klima
In Zrenjanin herrscht gemäßigtes kontinentales Klima mit den für Europa üblichen vier Jahreszeiten, bei durchschnittlich 79 Frost- und 34 tropischen Tagen und einer Jahresmitteltemperatur von 11,5 °C.[4] Die höchste je gemessene Temperatur wurde am 24. Juli 2007 mit 42,9 °C, die niedrigste mit −30,4 °C am 24. Januar 1963 registriert.[5] Im Durchschnitt scheint die Sonne an 2101 Stunden im Jahr, mit minimal 1,9 Stunden im Dezember und 9,4 im Juli. Die Niederschlagsmenge erreicht im Juli mit 88,8 mm/m² sein Maximum. Im Jahresdurchschnitt regnet es an 143 Tagen mit 583,1 mm/m².
Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Zrenjanin 1981–2010
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Stadtteile
Zrenjanin ist in 20 Stadtteile und 14 Wahlbezirke (serbisch: Mesne Zajednice) gegliedert. Das 1888 gegründete Dorf Mužlja bildet mit rund 6000 Hektar den flächenmäßig größten Stadtteil und wurde 1981 als 14. Wahlbezirk eingemeindet. Der im westlichen Ende liegende Bagljaš ist mit seinen charakteristischen Hochhäusern und über 20.000 Einwohnern der bevölkerungsreichste Teil Zrenjanins. Er wurde nach dem Zweiten Weltkrieg als Urbanisierungsmaßnahme gegründet und ist als „Stadt in der Stadt“ konzipiert.
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Orte der Gemeinde
Im Territorium der Stadt liegen 23 weitere Wahlbezirke in 21 Orten. Der bevölkerungsreichste ist mit 5956 Einwohnern Melenci und der kleinste Ort mit 495 Einwohnern ist Lukino Selo. Der Ort Lukićevo ist nach Veljko Lukić Kurjak, einem Partisanenkämpfer aus dem Zweiten Weltkrieg und Volkshelden Jugoslawiens, benannt.
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Geschichte
Name der Stadt
Der Ort wird das erste Mal in einer päpstlichen Bulle vom 10. Juli 1326 unter dem Namen Becskerek erwähnt. Damals gehörte es zum Königreich Ungarn. Unter den Habsburgern bekam es den Namen Großbetschkerek, auf serbisch Veliki Bečkerek und auf ungarisch Nagybecskerek. Die Herkunft der alten Bezeichnung Becskerek ist bis heute nicht geklärt. Einige Ethnologen wollen den Namen von den Petschenegen ableiten. Andere weisen auf eine Wortmontage aus dem ungarischen Begriff für Wald (Kerek) und dem Nachnamen des ungarischen Adligen Imre Becsei, der um 1311 größere Besitzungen im Banat hatte, darunter die Ortschaften Bečkerek und Novi Bečej. Der Name soll demzufolge „Besceis Wald“ bedeuten.
Bis 1935 hieß die Stadt Veliki Bečkerek. Im selben Jahre wurde sie zu Ehren des jugoslawischen Königs Peter I. umbenannt in Petrovgrad. Von 1941 bis 1944 hieß die Stadt wieder Großbetschkerek bzw. Veliki Bečkerek auf Serbisch. Den heutigen Namen Zrenjanin erhielt sie 1946 nach Žarko Zrenjanin, einem Partisanenkämpfer und Volkshelden Jugoslawiens im Zweiten Weltkrieg.
Mit dem Zerfall des kommunistischen Jugoslawien 1991 bekamen mehrere Städte in Serbien, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach jugoslawischen Kommunisten benannt wurden, ihre alten Namen zurück. In Zrenjanin wurde 1992 eine Volksabstimmung über den Namen der Stadt organisiert. Zur Wahl standen alle drei historischen Bezeichnungen, die Mehrheit entschied für die Beibehaltung von Zrenjanin.
Prähistorie
In frühen Reliefkarten wird der mittlere Banat als sumpfiges Gebiet festgehalten, in dem Leben schier unmöglich erschien. Es wurde lange behauptet, dass die Besiedelung erst im Mittelalter begann. Jüngste archäologische Funde in der Stadt und dessen Einzugsgebiet beweisen hingegen, dass im Areal bereits seit der Prähistorie Menschen siedelten.[6] Archäologen des Instituts für Kulturdenkmalschutz Zrenjanin, fanden an 192 Ausgrabungsstätten, davon 40 im Stadtgebiet, unter anderem Funde aus der neolithischen Starčevo-Kultur (ca. 6000 v. Chr.) und Behausungen, Werkzeuge, Waffen und Keramik aus der Vinča-Kultur (bis ca. 4500–3300 v. Chr.). Mit der Ausgrabungsstätte bei Perlez wurden Hinweise auf die Badener Kultur (ca. 3400–2200 v. Chr.) gefunden.[7]
Frühgeschichte und Mittelalter
Aus der Römischen Kaiserzeit sind nur wenige Funde bekannt, die, wie vermutet wird, von Handelswegen oder kriegerischen Handlungen stammen.
Neben keltischen und illyrischen Spuren wurden auch Hinweise auf den Aufenthalt der Thraker gefunden. In Gräbern gefundene Halsketten aus Glaspasten, Bernstein und Chalcedon aus dem 4. und 3. Jahrhundert v. Chr., konnten den sarmatischen Roxolanen, einem iranischen Reitervolk, zugeordnet werden. Die meisten Funde, die auf die Zeit der Völkerwanderung im 4. Jahrhundert zurückgehen, werden den Goten und Gepiden zugeordnet. In der Nähe der Stadt, bei Ečka, errichtete Attila der Hunnenkönig zu Beginn des 5. Jahrhunderts im Feldzug gegen das römische Reich ein Zeltlager.
In einer Nekropole mit rund 120 Gräbern wurden awarische Überreste ausgehoben, die aus den letzten Jahren des 6. und dem ersten Jahrzehnt des 7. Jahrhunderts stammen. Als Grabbeigaben wurden sowohl Eisenschwerter und Pfeilspitzen, als auch Kupfer- und Silberschmuck gefunden. Mit dem Niedergang der awarischen Kultur, durch die Eroberungskriege Karls des Großen[8], folgt im 11. Jahrhundert die Besiedelung der Slawen auf dem Gebiet, denen zirka einhundert Jahre später Magyaren folgen. Kurz darauf übernimmt das Königreich Ungarn die Oberhoheit über das Gebiet. Die Gründung der heutigen Stadt wird in der Zeit um 1300 datiert. Auf den drei Inseln der Bega leben hauptsächlich ungarische Leibeigene.
In den ersten schriftlichen Nennungen Zrenjanins, bzw. Becskereks, von 1326, 1331 und 1332, wird den Bewohnern des Orts der päpstliche Kirchenzehnte durch die Budaer Kathedrale abverlangt. Aus der Höhe der geleisteten Zahlung lässt sich schließen, dass Zrenjanin ein Dorf mittlerer Größe gewesen ist.[9] Unter der Regentschaft Ludwigs des Großen von 1342 bis 1382, besiedeln immer mehr Serben aus Raszien das Gebiet der heutigen Stadt.
Nachdem die ungarischen Kreuzfahrer 1396 in der Schlacht bei Nikopolis, durch maßgebliche Unterstützung des serbischen Fürsten Stefan Lazarević, durch das Osmanische Reich geschlagen wurden, fürchtete König Sigismund um die politische Stabilität in seinen von Serben besiedelten Gebieten. Es wird vermutet, dass sein Aufenthalt in Zrenjanin am 30. September 1398 im Zusammenhang mit einer etwaigen Verteidigung der Stadt, bzw. der südlichen Grenze seines Reichs stand. Als das Osmanische Reich am 10. Juli 1402 in der Schlacht bei Ankara durch die Mongolen vernichtend geschlagen wurde und das Reich des Sultans Bayezids I. ins Chaos zu stürzten drohte, erkannte der serbische Despot Stefan Lazarević, der zuvor Vasall der Osmanen war und ihnen Waffendienst leistete, 1403 die Hoheit des ungarischen Königs an und erhielt als Vasall der ungarischen Krone unter anderem das Komitat Torontál mit Becskerek als Lehen.[9]
Als bei der Schlacht bei Mohács König Ludwig II. und ein beachtlicher Teil der Elite gefallen war, stand das Königreich Ungarns vor dem Zusammenbruch. Die Situation ausnutzend, erklärte sich, der bis Dato völlig unbekannte, Jovan Nenad zum Zaren der Serben und Kaiser von Byzanz. Er unterstützte die ungarischen Thronansprüche Ferdinand I. und zog mit seinen serbischen Banderien gegen Johann Zápolya, der seinen Gouverneur Petar Perenjija in Becskerek mit dem Bau einer Festung beauftragte,[10] in die Schlacht. Dabei brachte er beinahe die gesamte heutige Vojvodina unter seine Herrschaft. Nachdem Ferdinand I. in Ungarn einmarschierte wurde Nenad beim Versuch ihn zu treffen von Zápolyas Männern aus dem Hinterhalt angeschossen und kurz darauf um 1527 bei Szeged enthauptet. Die Festung wurde kurz vor Ferdinands Einnahme der Stadt im März 1528 fertiggestellt.
Osmanisches Reich
Durch die Kriege um die Thronfolge wurde Ungarn in Ferdinands Königliche Ungarn, in das Östliche Ungarische Königreich und in das osmanische Ungarn geteilt. Sultan Süleyman I. befahl dem obersten Provinzgouverneur (Beylerbey) Rumeliens Mehmed-paša Sokolovićs 1550 den Banat unter seine Kontrolle zu bringen. Mit einer 80.000 Mann starken Armee begann am 15. September 1551 die Belagerung Bečejs, welche vier Tage später in die Eroberung der Stadt mündete. Paralysiert durch die stärke der osmanischen Armee, verließen die zumeist serbischen Bewohner Becskerek. Der Statthalter schickte einen Gesandten, der Mehmet Pascha die Kapitulation der Stadt überbrachte. Davon unbeeindruckt marschierte Mehmets Streitkraft auf die Stadt zu und eroberte die von 80 Söldnern verteidigte Festung nach nur einem Tag der Belagerung am 25. September 1551. Mit der anschließenden Eroberung der Festung von Temeşvar entstand die Großprovinz Temeşvar (Eyâlet, später Vilâyet) mit dem Sandschak Besckerek.
Mehmet Pascha stieg 1565 zum Großwesir des osmanischen Reichs auf und gründete zum Dank der wehrlosen Kapitulation der Serben um 1570 das Vakuf Bečkerek. Er befreite die serbische Bevölkerung von Steuern und gewährte weitläufige lokale Autonomie. Während der Herrschaft der Türken wurde der christliche Glaube zwar geduldet, jedoch waren Kirchen nicht zugelassen und es kam häufig zu Raubzügen gegen die nichtosmanische Bevölkerung. Große Teile der Bevölkerung flüchteten aus dem Banat und hinterließen langsam eine öde und entvölkerte Landschaft.
Der siebenbürgische Fürst Sigismund Báthory organisierte mit den Serben und Walachen 1594 den Aufstand gegen die Osmanen. Nachdem die Aufständischen zunächst das Südbanat unter ihre Kontrolle brachten, befreiten Sie die Festung von Bečkerek von den Türken. Die Osmanen begannen 1596 die verlorenen Festungen zurückzuerobern und sicherten in den darauffolgenden Kämpfen ihre Herrschaft über das Banat.
Nachdem Prinz Eugen von Savoyen Bečkerek 1698 von den Osmanen befreite wurde die Großprovinz Temeşvar am 26. Januar 1699 im Frieden von Karlowitz dem Osmanischen Reich zuteil. Dennoch blieb die Region durch österreichische Truppen besetzt, die 1701 die Festung von Bečkerek zerstörten. Noch bis 1716 waren in der Stadt türkische Garnisonen stationiert. Die restliche türkische Bevölkerung wurde 1717 mit dem Einzug des Prinzen Alexander von Württemberg vertrieben, womit die 165-jährige Herrschaft der Osmanen in der Region endete.
Die Habsburgermonarchie
Unter den Habsburgern war die Stadt als Teil der kaiserlichen Krondomäne Temeschwer Banat der Wiener Hofkammer unterstellt. Der ersten Volkszählung von 1717 nach, lebten in der Stadt 787 Einwohner. Am 12. September 1718 wird das Kronland in 13 Distrikte geteilt, von denen Bečkerek eine Verwaltungseinheit bildet. Unter Karl VI. begann die Kolonisierung der entvölkerten und verwüsteten Gebiete im Banat. Nach Bečkerek kamen neben Serben und Ungarn hauptsächlich Donauschwaben, aber auch Franzosen, Italiener, Rumänen, Slowaken und ab 1737 auch Spanier aus Barcelona und der Biskaya, die den Ort kurzum Neu Barcelona nennen. 1760 gab es zirka 30 jüdische Familien.
Claudius Florimund Mercy leitete als Gouverneur und Präsidenten der Landesadministration des Banats von Temeswar ab 1720 die Besiedlung und Kultivierung der von den Türken eroberten südungarischen Gebiete einschließlich des Temescher Banats. Den geworbenen Einwanderern aus Schwaben, Franken, Pfalz, Rheinland und anderswo, den sogenannten Donauschwaben, stellte man Grund und Boden zur Verfügung und gewährte ihnen drei Jahre Steuerfreiheit. Insgesamt 100.000 Menschen wurden angesiedelt, alleine in der heutigen Wojwodina ließen sich 30.000 serbische Familien nieder.
Von 1727 bis 1733 stand der Bau des Bega-Kanals unter Mercys Führung. Vor der Kanalisierung bot die Bega in wildem, ungeregeltem Lauf dem ausgedehnten Sumpfgebiet im Westen reiche Nahrung. Die Ableitung der Sümpfe erschien Mercy eine aus strategischen, wirtschaftlichen und nicht zuletzt sanitären Gründen gebotene Notwendigkeit. Das daraus resultierende Austrocknen der Sümpfe ließ neues, fruchtbares Ackerland entstehen.
Von 1850 bis 1860 gehörte Bečkerek zum Kronland Woiwodschaft Serbien und Temeser Banat, das nach 1860 wieder Ungarn angeschlossen wurde.
Erster Weltkrieg und das Königreich Jugoslawien
Nach Ende des Ersten Weltkrieges wurde 1918 die Vojvodina ausgerufen und deren Vereinigung mit dem Königreich Serbien, und so wurde Bečkerek Teil Serbiens und Jugoslawiens.
Zweiter Weltkrieg und die SFR Jugoslawien
Während des Zweiten Weltkriegs ermordeten die Nationalsozialisten 1941 nahezu sämtliche Juden der Stadt.
Jugoslawienkriege und Gegenwart
Während des Kroatienkrieges 1992 wurden im Gefangenenlager Stajićevo nahe der Stadt Tausende gefangengehalten.
Durch das Ende 2007 in Kraft getretene „Gesetz über die Territorialorganisation der Republik Serbien“ erhielt Zrenjanin den administrativen und territorialen Status einer Stadt.
Bevölkerung
Laut Zensus 2011 waren die Einwohner der Stadt folgenden Ethnien zugehörig:[11]
Ethnie | Anzahl | Prozent |
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Serben | 91.579 | 74,24 % |
Ungarn | 12.350 | 10,01 % |
Roma | 3.410 | 2,76 % |
Rumänen | 2.161 | 1,75 % |
Slowaken | 2.062 | 1,67 % |
Jugoslawen | 592 | 0,48 % |
Andere | 11.164 | 9,09 % |
Gesamtbevölkerung | 123.362 | 100 % |
Religion
Zrenjanin hat zwei serbisch-orthodoxe Kirchen im Barockstil aus den Jahren 1746 bzw. 1777. Die römisch-katholische Johann-Nepomuk-Kathedrale des Bistums Zrenjanin wurde 1868 fertiggestellt und die reformierte Kirche im neugotischen Stil 1891. Die 1896 von Lipót Baumhorn gebaute Synagoge wurde 1941 zerstört.[12]
Politik
Stadtregierung
Die Stadt ist administrativer Sitz des Mittelbanater Bezirks (Srednji Banat) und flächenmäßig die zweitgrößte Gemeinde Serbiens. Bürgermeister der Stadt ist Simo Salapura von der Partei Srpska Napredna Stranka, der bei der Wahl am 18. September 2020 durch die Mandatsträger des Stadtrats gewählt wurde.[13] Präsident des Stadtrats ist Radovan Bulajić.
Gemeindewahl 2012
Im Mai 2012 fanden in Zrenjanin die letzten Gemeindewahlen statt. In 70 Wahllokalen verzeichnete die Städtische Wahlkommission mit 60.082 abgegebenen Stimmzetteln eine Wahlbeteiligung über 55,48 %. Unter den abgegebenen Stimmen wurden 2581 als ungültig gewertet.
Von den insgesamt 67 Mandaten erhielt die SNS mit 17.684 Wählerstimmen 25 Mandate im Stadtrat und löste die zuvor stärkste Partei DS, die aus 11.253 Stimmen 15 Mandaten erhielt, ab. Das Wahlergebnis im Detail setzen sich wie folgt zusammen:
Wahlbündnis / Partei | Stimmen | Prozent | Mandate |
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SNS | 17.684 | 29,43 % | 25 |
DS | 11.253 | 18,73 % | 15 |
LSV | 9.253 | 15,4 % | 13 |
SPS-PUPS-JS | 5.828 | 9,7 % | 8 |
SRS | 3.251 | 5,41 % | 4 |
Dveri za život Zrenjanina | 2.414 | 4,02 % | - |
Preokret, LDP, SDU, VP | 2.375 | 3,95 % | - |
SVM – VMSZ | 1.986 | 3,31 % | 2 |
UG Ravnopravost – Volim Zrenjanin | 1.943 | 3,23 % | - |
Za opstanak Zrenjanina – URS | 1.433 | 2,39 % | - |
Partnerstädte
Zrenjanin unterhält folgende Städtepartnerschaften:[14]
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Wappen
Das Wappen in seiner heutigen Form wurde im Juni 1769, nach der Erhebung zum freien Handelszentrum, eingeführt. In der Zeit zwischen 1919 und dem 11. Juli 2008 führte Zrenjanin, bzw. Petrovgrad, bis zur Wiedererlangung des Status einer Stadt, kein Wappen.
Das Wappen zeigt ein Schild mit „Marias Aufnahme in den Himmel“. Auf hellblauem Grund, erstrahlt vom oberen Ende das himmlische Licht entlang, der auf einer Wolkendecke stehenden Jungfrau Maria. Mit einem Nimbus um den Kopf und von zwei Cherubinen umkreist, blickt sie in einem weißen Kleid und mit einer von außen hellblauen und innen purpurnen Robe gekleidet, auf das irdische Geschehen herab. Der untere Teil zeigt die Trauerzeremonie der „Mutter Gottes“. Zwischen zwei goldenen Ständern mit leuchtenden Kerzen ist der Leichnam in einem offenen Sarg aufgebahrt. Unter dem Sarg ist ein dunkelroter Teppich ausgelegt, der auf roten Bodenplatten liegt. Sieben Apostel, ebenfalls mit einem Heiligenschein, erweisen der Verstorbenen die letzte Ehre. Die silbernen Ränder des Schilds sind beidseitig in Gold gefasst. Über dem Schild wird die Stadtmauer mit fünf Türmen in Form einer Krone dargestellt.
Zwischen 1969 und 2008 führte die Opština Zrenjanin ein grünes Wappen des Bildhauers Stevan Dukić, welches keinen heraldischen Standards zugrunde lag.
Bildung und Kultur
Zrenjanin besitzt 18 kommunale Schulen im zweigliedrigen Schulsystem, davon zehn Grundschulen und acht Oberstufen. Hinzukommen 22 weitere Schulen in den umliegenden Dörfern. Die erste Grundschule wurde 1722 und die erste serbische Schule 1745 gegründet. Die Studiengänge der technischen Fachhochschule und der technischen Fakultät Mihajlo Pupin, ein Teil der Universität Novi Sad, werden den lokalen Bedürfnissen angepasst, um vergleichsweise schnell qualifizierte Arbeitskräfte auszubilden. Insgesamt stehen in den beiden Hochschulen 4000 Studienplätze zur Verfügung. Dies macht Zrenjanin zu einem bedeutenden Bildungszentrum in der Vojvodina.
Die Stadt besitzt eine Galerie für zeitgenössische Kunst[15] und ein Volksmuseum. Mit über 33.000 Exponaten und über 80.000 Besuchern pro Jahr wurde es 2006 zum besten Museum Serbiens gekürt. Die Stadtbibliothek „Žarko Zrenjanin“ ist im Besitz von etwa 150.000 Werken. Die Sammlung des nationalen Archivs in Zrenjanin umfasst zahlreiche Dokumente und Schriftstücke aus dem mittleren Banat, unter anderem aus dem 16. Jahrhundert. Es wurde 2007 als erfolgreichstes Archiv Serbiens mit der Auszeichnung „Goldenes Archiv“ geehrt.
Im Volkstheater „Toša Jovanović“ werden neben Dramen und Kammerspielen auch Puppenspiele aufgeführt, welche schon zahlreiche nationale und internationale Preise gewonnen haben.[16] Das Gebäude wurde 1839 erbaut und ist das älteste Theatergebäude Serbiens. Der Jugendchor Koča Kolarov wurde 1966 gegründet und wurde seitdem in zahlreichen europäische Wettbewerben ausgezeichnet.
Der Roman Schildkrötensoldat (2017) von Melinda Nadj Abonji spielt zum großen Teil in der Kaserne von Zrenjanin, der Svetozar Marković Toza-Kaserne.
Wirtschaft und Infrastruktur
Bereits im Juni 1769 verlieh die habsburgische Fürstin Maria Theresia Großbetschkerek das Privileg eines freien Handelszentrums. Dadurch wurde die Stadt 1779 zum wirtschaftlichen Zentrum des neugeordneten ungarischen Komitats Torontal.
Das Umland Zrenjanins ist durch die fruchtbare Pannonische Tiefebene stark landwirtschaftlich geprägt. Neben der Viehzucht, werden im Wesentlichen Mais, Sonnenblumen, Raps, Gerste und Zuckerrüben angebaut. Durch die umliegenden Seen, Flüsse und den künstlich angelegten Fischteichen etablierte sich schon früh eine ausgeprägte Fischerei.
Ende 2008 wurde durch das Ministerium für Finanzen Serbien eine von mittlerweile elf Freihandelszonen Serbiens eingerichtet.[17] Anfangs auf 6 Hektar beschränkt wurde diese am 23. April 2012 auf 98 Hektar erweitert und umfasst heute die drei Gebiete Bagljaš, Cvetna und Südost – Ečka.[18] Durch seine Infrastruktur und günstigen geografische Lage in unmittelbarer Nähe zur Donau, Theiß, Bega, Temesch und dem Kanalsystem Donau-Theiß-Donau wird Zrenjanin von der US-Handelskammer, der SIEPA und von USAID als attraktivster Wirtschaftsstandort für ausländische Investitionen in Serbien bezeichnet. Die Weltbank gab in seinem Bericht „Doing business in South East Europe 2008“ an, dass Zrenjanin der zweitbeste Standort in Südosteuropa sei.[19]
Der an die Freihandelszone Südost – Ečka grenzende Flugplatz Zrenjanin soll ausgebaut und in naher Zukunft durch einen Hafen und zwei Werften an der Bega ergänzt werden. Dadurch erhält Zrenjanin über den Europakanal Rhein-Main-Donau Zugang zur Nordsee und dem Schwarzen Meer. Die Hauptindustriezweige sind die Lebensmittelverarbeitung und -erzeugung, die chemische, pharmazeutische, Metall-, Erdöl-, Erdgas- und Textilindustrie, sowie das Bauwesen. Neben dem Bahnbau- und Reparaturunternehmen Šinvoz, haben auch vier deutsche Unternehmen eine Niederlassung in Zrenjanin. So produziert die Mehler AG ballistische Schutzprodukte für die deutsche Polizei und das Militär, der Automobilzulieferer Dräxlmaier produziert elektronische Bauteile für BMW, Future Biotec ist in der Herstellung von Biodiesel tätig und die Phiwa – Walther Group betreibt ein Warendistributionszentrum.
Startups aus der IT-Branche werden über den Fond zur Investitionsförderung in der Vojvodina voll ausgestattete Geschäftsräume kostenlos zur Verfügung gestellt. Neugegründete Unternehmen die nicht aus dem IT-Bereich stammen, können die Räume bis zur Einrichtung ihres eigenen Betriebs ebenfalls kostenlos nutzen. Zrenjanin unterhält als erste Stadt Serbiens und neben wenigen Städten Europas einen kostenlos nutzbaren drahtlosen Internetzugang im Stadtzentrum.
Während die Stadt bis Ende der 1960er Jahre ein Bahnknoten war, verkehren heute nur noch Züge auf der Bahnstrecke Beograd Dunav–Kikinda regelmäßig und einzelne Züge in das südlich gelegene Debeljača. Bis 1968 führte die Hatzfelder Bahn nach Jimbolia in Rumänien.
Am 25. Oktober 2018 wurde die Bahnstrecke Novi Sad-Zrenjanin wiedereröffnet, nachdem Sie im Jahr 2011 geschlossen wurde. Im Zuge des Wiederaufbaues wurde die Geschwindigkeit auf der Strecke auf 80 km/h erhöht und die Achslast auf 22,5 Tonnen erhöht.[20]
Sport
In seiner jüngeren Geschichte war die Stadt Gastgeber internationaler Wettkämpfen, wie der 25. Sommer-Universiade 2009, der Volleyball-Europameisterschaft der Frauen 2011 und Handball-Weltmeisterschaft der Frauen 2013. Die Stadt besitzt mehrere Sportobjekte. So zum Beispiel das Mehrzweckstadion und die Sporthallen am Stadion Karađorđev park, eine Schwimmhalle und ein Golfplatz.
Als erster Sportverein der Stadt wurde 1885 der Ruderklub Torontal gegründet. Heute gehören der FK Banat Zrenjanin im Fußball und Proleter Zrenjanin im Handball, Basketball und Wassersport zu den größten Sportvereinen Zrenjanins.
Einige der bedeutendsten Sportler des Landes wurden in Zrenjanin geboren. Dejan Bodiroga gehört mit 17 gewonnenen Titeln zu den erfolgreichsten Basketballern aller Zeiten. Nikola und Vladimir Grbić gewannen mit der serbischen Olympiamannschaft die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen 2009 im Volleyball. Im Amateurboxen wurde Zvonimir „Zvonko“ Vujin 1967 Vize-Europameister und konnte bei den Olympischen Spielen 1968 und 1972 die Bronzemedaille gewinnen.
Sehenswürdigkeiten
- Das Rathaus im neobarocken Stil wurde 1816 erbaut und 1887 wiederaufgebaut.
- Die Finanzhalle, heute ein Museum, wurde 1894 im Stil der Neorenaissance erbaut.
- Das Theater, erbaut 1839 im klassizistischen Stil, ist das älteste Theater im heutigen Serbien.
- Die serbisch-orthodoxe Uspenska-Kirche (Mariä Entschlafung), 1746 im barocken Stil erbaut, ist die älteste Kirche der Stadt.
- Die serbisch-orthodoxe Mariä-Tempelgang-Kirche, von 1777 bis 1779 im barocken Stil erbaut, ist das orthodoxe Pilgerzentrum Zrenjanins.
- Die serbisch-orthodoxe Christi-Himmelfahrts-Kirche, ein neobyzantinischer Bau, entstand 2017.
- Die römisch-katholische Kathedrale ist ein neuromanisches Bauwerk aus den Jahren 1864 bis 1868.
- Mali Most (kleine Brücke), eine Bogenbrücke aus dem Jahre 1904, ist die älteste Brücke der Stadt.
- Most na suvom, die „Trockene Brücke“, führt über das leere Flussbett der Bega.
- Uspenska-Kirche
- Mariä-Tempelgang-Kirche
- Kathedrale in Zrenjanin
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Stadt
- Rudolf Wegscheider (1859–1935), österreichischer Chemiker
- Janos Bartl (1878–1958), deutscher Zauberkünstler
- István Fiedler (1871–1957), römisch-katholischer Bischof
- Andor Ákos (1893–1940), Offizier, Architekt und Maler
- Béla Pálfi (1923–1995), Fußballspieler
- Borislav Roković (1925–2006), Komponist, Pianist, Arrangeur
- Ivan Ivanji (* 1929), jugoslawischer Schriftsteller, Übersetzer, Diplomat und Journalist
- Mario Szenessy (1930–1976), ungarisch-deutscher Schriftsteller
- Jolan Rieger (* 1931), Diplom-Psychologin und Lyrikerin
- Zvonimir „Zvonko“ Vujin (1943–2019), Boxer
- Ivan Boldirev (* 1949), jugoslawisch-kanadischer Eishockeyspieler
- Boško Abramović (1951–2021), Schachspieler
- Vladimir Grbić (* 1970), Volleyballspieler
- Uglješa Šajtinac (* 1971), Dramatiker und Schriftsteller
- Nikola Grbić (* 1973), Volleyballspieler
- Dejan Bodiroga (* 1973), Basketballspieler
- Jelena Kuljić (* 1976), Sängerin
- Zvonimir Vukić (* 1979), Fußballspieler
- Damjan Deurić (* 1983), Musiker der unter anderem bei Divlje Jagode spielte
- Maja Ognjenović (* 1984), Volleyballspielerin
- Momir Rnić (* 1987), Handballspieler
- Zoran Tošić (* 1987), Fußballspieler
- Jovana Brakočević (* 1988), Volleyballspielerin
- Ivan Lenđer (* 1990), Schwimmer
- Ivana Španović (* 1990), Leichtathletin
- Jelena Živković (* 1991), Handballspielerin
Persönlichkeiten, die vor Ort gewirkt haben
- Josef Goigner (1837–1887), Kirchenmaler, lebte ab 1850 in Großbetschkerek und starb auch hier.
Weblinks
Literatur
- Felix Milleker: Geschichte der Stadt Veliki Bečkerek 1333–1918, C. Kirchner, 1933, Werschetz
- Marco Leitl u. Rudolf Müller: Familienbuch der katholischen Pfarrgemeinde der Stadt Groß Betschkerek im Banat 1753–1945, 2016, München, ISBN 978-3-00-054616-7.
Einzelnachweise
- 2011 Census of Population, Households and Dwellings in the Republic of Serbia (serbisch/englisch)
- Volkszählung von 2011 (Memento vom 30. Januar 2012 im Internet Archive)
- Klimatische Charakteristiken (serbisch)
- Hydrometeorologisches Institut der Republik Serbien – Klimatabelle für Zrenjanin 1981–2010
- Hydrometeorologisches Institut der Republik Serbien – Wetterstation Zrenjanin
- Institut zum Kulturdenkmalschutz Zrenjanin
- Arheologija srednjeg banata
- Heinz Dopsch: Steppenvölker im mittelalterlichen Osteuropa – Hunnen, Awaren, Ungarn und Mongolen PDF auf der Website der Universität Salzburg
- Historie: Mittelalter auf zrenjanin.rs
- Bečkerečki grad, Jene Szentklaray – Zrenjanin 1954
- http://media.popis2011.stat.rs/2012/Nacionalna%20pripadnost-Ethnicity.pdf
- Graditeljska Bastina-Vesna Karavida-S. 36/37
- Vorstellung von Bürgermeister Simo Salapura auf der Seite der Stadt Zrenjanin (serbisch)
- Liste der Partnerstädte auf zrenjanin.rs
- Offizielle Seite der Galerie für zeitgenössische Kunst (Memento vom 23. September 2010 im Internet Archive)
- Offizielle Seite des Volkstheaters „Toša Jovanović“ (Memento vom 18. Februar 2010 im Internet Archive)
- Verwaltung der Freihandelszonen Serbiens (Memento vom 15. Mai 2010 im Internet Archive)
- Free Zone Extension in Zrenjanin approved
- Offizielle Powerpointpräsentation der Stadt Zrenjanin
- Serbian line reopens auf railwaygazette.com vom 3. November 2018, abgerufen am 18. November 2018