Dräxlmaier
Die Fritz Dräxlmaier GmbH & Co. KG ist ein deutscher Automobilzulieferer mit Hauptsitz in der niederbayerischen Stadt Vilsbiburg. Das 1958 gegründete Familienunternehmen hat sich auf die Produktion von Bordnetzen, Elektrik- und Elektronikkomponenten, Interieur sowie Speichersysteme für Premiumfahrzeuge spezialisiert.
Fritz Dräxlmaier GmbH & Co. KG | |
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Rechtsform | GmbH & Co. KG |
Gründung | 1958 |
Sitz | Vilsbiburg, Deutschland |
Leitung | Stefan Brandl Franz Haslinger Fritz Dräxlmaier |
Mitarbeiterzahl | 75.000 (2019)[1] |
Umsatz | 4,9 Mrd. EUR (2019)[2] |
Branche | Automobilzulieferer |
Website | www.draexlmaier.com |
Stand: 2019 |
Allgemein
Die Dräxlmaier Group gehört zu den 100 größten Automobilzulieferern[3] und ist im Premiumsegment Marktführer bei Bordnetzsystemen wie auch bei Interieursystemen.[4] Zu den Kunden gehören Audi, BMW, Bugatti, Cadillac, Jaguar, Land Rover, Lamborghini, Maserati, Mercedes-Benz, MINI, Porsche, Tesla und VW.[5]
Mit einem Umsatz von 4,9 Milliarden Euro (2019) und rund 75.000 Mitarbeitern (2019) gehört die Dräxlmaier Group zu den erfolgreichsten Automobilzulieferern weltweit.[6][7]
Die Geschäftsführung obliegt seit August 2021 Stefan Brandl und Franz Haslinger.[8] Der langjährige Geschäftsführer Fritz Dräxlmaier fungiert seit 1. Januar 2019 auch als Aufsichtsratsvorsitzender (Chairman).[9][10] Seit dem 1. Juli 2021 ist Stefan Brandl neuer Vice Chairman der Dräxlmaier Group.[11]
Geschichte
1958–1967
Im Mai 1958 stiegen Lisa und Fritz Dräxlmaier senior in den wachsenden Automobilmarkt ein. Die Produktion von 50.000 Kabelsätzen für das von der Hans Glas GmbH in Dingolfing gefertigte Goggomobil war der erste Auftrag des niederbayerischen Unternehmens. Wenig später wurde die zweite Produktsparte aufgebaut. Dräxlmaier lieferte mit Instrumententafel, Türverkleidung, Sitzbezüge und Hutablage nun die gesamte Kraftfahrzeugausstattung für den bis 1969 gebauten Kleinwagen.
Aufgrund der Auftragsentwicklung installierte Dräxlmaier 1960 die ersten Anlagen für die Verschweißung von Türverkleidungen und die Verformung thermoplastischer Folien zur Herstellung von Armaturentafeln. Im Zuge dessen wurde 1964 die erste eigene Fabrikhalle gebaut.
1966 konnte die BMW AG als neuer Kunde gewonnen werden.
1968–1977
Die weiter steigende Auftragslage veranlasste Dräxlmaier 1968 dazu, den Standort Vilsbiburg zu erweitern. Im Zuge der Aus- und Umbaumaßnahmen entstanden so ein eigener Formen- und Werkzeugbau und die erste EDV-Anlage. Im selben Jahr wurde zudem der Bau eines neuen Produktions- und Verwaltungsgebäudes begonnen. Audi und die Volkswagen AG wurden ab 1969 bzw. 1971 mit Produkten der Firmengruppe Dräxlmaier beliefert.
Mit der Fertigung in Tunesien begann 1974 die internationale Expansion. In den folgenden Jahren wurden zahlreiche weitere ausländische Standorte eröffnet, darunter ein Produktionswerk für Leitungssätze und Interieurkomponenten in Ontario, Kanada (1976).
1978–1987
Die Betriebsstätten des Familienunternehmens entwickelten sich innerhalb von 20 Jahren stetig, und die Zahl der Mitarbeiter stieg kontinuierlich während dieser Zeit, so wurden aus zehn insgesamt 1300 Mitarbeiter.
Auch das weltweite Produktionsnetzwerk vergrößerte sich. Es wurde ein Fertigungsstandort in Braunau am Inn, Österreich (1978) und vier weitere Auslandsgesellschaften gegründet.
1982 fertigte das Unternehmen erstmals Komponenten für Mercedes-Benz. 1983 setzte Dräxlmaier erstmals einen Großrechner ein und stellte 100 Arbeitsplätze auf elektronische Datenverarbeitung um.
Mit dem Bau des automatischen Hochregallagers und des Kommissionier-Teilelagers 1987 wurde die Grundlage für ein Supply-Chain-Management geschaffen. Von hier aus werden seit dieser Zeit der Materialfluss und alle wesentlichen JIT/JIS-Prozesse gesteuert.
1988–1997
Eine Expansion 1993 mit Standorten in Tschechien und Rumänien. Im selben Jahr wurde zudem ein weiteres Werk in Tunesien eröffnet.
Mit dem Auftrag zur Entwicklung, Fertigung und Lieferung des kompletten Cockpits für den Mercedes-Benz CLK vollzog das Unternehmen 1994 den Schritt zum Systemlieferanten im Interieurbereich. 1996 wurde das Produktionsnetzwerk durch die Neugründungen in Amerika und Mexiko erweitert.
Die „Firmengruppe Dräxlmaier“ wurde 1997 in „Dräxlmaier Group“ umbenannt.
Im selben Jahr wurde das Unternehmen für das erste funktionsintegrierte Tür-Modul (FIS) des BMW 7er nominiert. In diesem Rahmen entstand das erste Interieur-Modul, das sämtliche elektrischen und elektronischen Funktionen einer Tür in einem Gesamtsystem integrierte.
1998–2007
1998 wurde das neue Dräxlmaier-Technologiezentrum am Standort Vilsbiburg bezogen. 1999 produzierte die Dräxlmaier Group als erster Systemlieferant ein Vollleder-Interieur für das Mercedes-Benz CL Coupe. Im Jahr 2000 folgte die Fertigung des Gesamtinterieurs des BMW Z8. Für beide Modelle entwickelte und lieferte Dräxlmaier zudem das Bordnetz.
2002 entwickelte, produzierte und lieferte Dräxlmaier das komplette Bordnetzsystem und Interieur für die Luxuslimousine Maybach. Neben einem weiteren deutschen Standort in Landau an der Isar entstand 2003 in Shenyang, China, ein neues Dräxlmaier-Werk. Auch Porsche, Jaguar und Cadillac gehören seit dieser Zeit zum Kundenstamm des Unternehmens.
In den Jahren 2005–2007 folgten weitere Standorteröffnungen in Südafrika (2005); 2006 in Thailand, Spanien und Mexiko sowie 2007 in Moldawien.
2008–2017
Die Dräxlmaier Group führte 2008 den Naturfaser-Verbundwerkstoff für den Fahrzeug-Innenraum ein. Die für die Baureihe des BMW 7er entwickelte Türverkleidung besteht aus Biokompositmaterial.
Mit dem Produktionswerk in Serbien folgte 2008 ein weiterer Standort.
2009 erhielt Dräxlmaier den Auftrag für die Hochvolt-Bordnetze verschiedener Mercedes-Benz- und Smart-Modelle mit Elektroantrieb, Hybridtechnik, Plug-In-Hybrid und künftigem Brennstoffzellenantrieb.
Zudem zeichnete Dräxlmaier für das Gesamtinterieur und das Bordnetzsystem des Porsche Panamera verantwortlich.
Im Jahr 2011 entwickelte Dräxlmaier die weltweit erste Türverkleidung mit sichtbarer Naturfaser. Diese wurde erstmals 2013 im rein elektrischen BMW i3 verbaut.
Das Unternehmen erweiterte seine bestehenden Produktionsflächen in Shenyang, China im Jahr 2012. Zugleich erweiterte das Unternehmen seine bestehenden Produktionsflächen in Shenyang und errichtete im mazedonischen Kavadarci ein vollstufiges Produktionswerk.
2013 eröffnete in Leipzig ein weiterer Standort der Dräxlmaier Group. Im gleichen Jahr wurde mit der Dräxlmaier Aviation GmbH ein neues Geschäftsfeld erschlossen.[12] So entwickelte und produzierte das Unternehmen bis zum Jahr 2017 Interieure für Privat- und Geschäftsreiseflugzeuge.
Mit Tesla Motors wurde 2014 ein weiterer Kunde gewonnen.[13] Im selben Jahr wurde das Logistiknetzwerk des Unternehmens mit dem Standort Zwickau erweitert.
Die QESTRONIC Advanced Technologies GmbH aus Geisenhausen wurde 2015 in die DRÄXLMAIER Group integriert.
Im chinesischen Langfang eröffnete der Zulieferer einen neuen Produktionsstandort für Interieurkomponenten.[14]
In Kooperation mit der TU München entstand 2017 ein Forschungs- und Entwicklungsstandort auf dem Campus in Garching.[15] Im US-amerikanischen Livermore wurde ein neuer Produktionsstandort für Interieurkomponenten eröffnet.[16] Die erst hochautomatisierte Batteriefertigung baute der Automobilzulieferer in Sachsenheim bei Stuttgart auf.
2018–heute
Im Jahr 2018 entstand der Dräxlmaier-Campus im GALILEO an der Technischen Universität München in Garching. Dort forschen Dräxlmaier-Entwickler zusammen mit Lehrstühlen der TUM an den Zukunftsthemen der Automobilindustrie.
Zum 1. April 2020 traten Franz Haslinger und Martin Gall die Funktion als CEOs der Dräxlmaier Group an. Seit August 2021 obliegt die Geschäftsführung Stefan Brandl und Franz Haslinger.[8]
Fritz Dräxlmaier bleibt dem Unternehmen als Vertreter der Gesellschafter verbunden und übt seine Funktion als Chairman of the Board weiterhin aus.
Geschäftsbereiche
Die Leistungstiefe der Dräxlmaier Group umfasst die Entwicklung und Fertigung von Bordnetzsystemen, Cockpit-Modulen und Interieur wie Instrumententafeln, Mittelkonsolen und Türverkleidungen. Elektrik-, Elektronik- sowie Hochvoltkomponenten und Speichersysteme zählen ebenso zum Produktportfolio des Automobilzulieferers.
Produktumsetzungen waren unter anderem. das Gesamtinterieur für den Mercedes-Benz CLK, das FIS-Türmodul des BMW 7er, das Interieur der Luxuslimousine Maybach und des Porsche Panamera[17] sowie die erste Türverkleidung mit sichtbarer Naturfaser im BMW i3.[18]
- Elektrik
Zur Produktpalette der Dräxlmaier Group zählen alle Elemente des gesamten Bordnetzsystems. Dräxlmaier gilt als Erfinder des kundenspezifischen Kabelbaums. Das Unternehmen produziert Hochvolt- und Batterieverkabelungen, autarke Leitungssätze, Datenleitungen und Motorleitungssätze.[19]
Die Dräxlmaier Group erstellt Komponenten, Systeme und Gesamtlösungen der digitalen Elektronik für Interieur und Bordnetze, Hochvolt-Energiespeicherung und Elektro-Mobilität.[20]
- Elektronik
Zum Portfolio der Dräxlmaier Group gehören alle Umfänge der automobilen Elektrik und Elektronik. So werden unter anderem Sensoren und Schalter sowie Hochvolt-Leistungsverteiler und Sicherungsboxen vom Unternehmen hergestellt.[21]
- Interieursysteme
Die Dräxlmaier Group fertigt Instrumententafeln, Mittelkonsolen und Türverkleidungen für Automobile im Premium-Segment.
Außerdem produziert der Automobilzulieferer komplette Tür- und Cockpitmodule, die durch Systemintegration an die Sonderausstattungen des jeweiligen Fahrzeugs angepasst werden.[22]
Das Unternehmen erstellt die RGB-Ambientenbeleuchtung. Durch den Einsatz dieser LED-Technik wird einen gleichmäßige und exakte Beleuchtung im gesamten Fahrzeuginnenraum gewährleistet.[23]
- Speichersysteme und HV-Komponenten
Das Produktportfolio der Speichersysteme umfasst elektrische Hoch- und Niedervoltspeicher auf Lithium-Ionen Basis von 12 V bis zu 900 V und HV-Komponenten für eine Bordnetzspannung größer 60 V sowie Hochvolt-Schaltboxen.[24]
- Aviation
Der Geschäftsbereich Dräxlmaier Aviation, welcher als Tochterunternehmen der Dräxlmaier Group Interieure für den Innenraum von Privat- und Geschäftsflugzeugen gefertigt hat, wurde Anfang 2017 eingestellt.
Kritik
In Siliana (Tunesien) produziert Dräxlmaier Kabelbäume für Premiumklassen der deutschen Automobilindustrie. Die 3000 Beschäftigten (überwiegend junge Frauen) erhalten dort einen Monatslohn von nur 125 Euro.[25]
In der mit dem Otto-Brenner-Preis ausgezeichneten Dokumentation „Profit um jeden Preis - Markt ohne Moral“[26] zeigt Ingolf Gritschneder den Kampf der Belegschaft der Firma HIB in Böblingen um die Arbeitsplätze ihres Standorts. Ohne die Mitarbeiter oder den Betriebsrat zu informieren, hatte der Dräxlmaier-Konzern an einem verlängerten Wochenende die Maschinen und Betriebsgeräte des Standorts demontiert. Sie nahmen dabei billigend eine Ordnungswidrigkeit in Kauf, um die Belegschaft des Standortes außerhalb des Kündigungsschutzes entlassen zu können. Obwohl die Löhne der Belegschaft ohne geleistete Arbeit weiter gezahlt wurden, kam es mehrere Monate zu keinem Kontakt zwischen der Geschäftsführung des Dräxlmaier-Konzerns und der Belegschaft am Standort Böblingen.[27]
Literatur
- Lisa Dräxlmaier GmbH, DRÄXLMAIER Group (2019): We create character. Vilsbiburg: E-Motion Verlag, ISBN 978-3-00-061732-4.
Einzelnachweise
- Dräxlmaier auf einen Blick. URL: https://www.draexlmaier.com/unternehmen
- Dräxlmaier auf einen Blick. URL: https://www.draexlmaier.com/unternehmen
- Zulieferstudie, abgerufen am 22. April 2015
- Mobilitätsstudie zum autonomen Fahren: Megatrend mit Chancen - 4x4 Offroad Auto - ALLRAD-NEWS.de. Abgerufen am 7. September 2017.
- Kunden der Dräxlmaier Group.
- Dinner for Winner: Zulieferer in Brüssel ausgezeichnet (Memento vom 2. August 2015 im Internet Archive) vom 8. Oktober 2014, abgerufen am 22. April 2015
- Über uns - Die Mobilität der Zukunft. Dräxlmaier, abgerufen am 1. September 2020 (amerikanisches Englisch).
- Ingrid Reich: CEO-Wechsel bei Dräxlmaier: Stefan Brandl folgt auf Martin Gall. In: www.automobilwoche.de. Crain Communications GmbH, 17. August 2021, abgerufen am 18. August 2021.
- Pressemitteilung Veränderungen in der Geschäftsführung der DRÄXLMAIER Group URL: https://www.draexlmaier.com/nc/presse/pressemitteilungen/pm/news/News/detail/veraenderungen-in-der-geschaeftsfuehrung-der-draexlmaier-group/
- Änderung in der Geschäftsführung | DRÄXLMAIER Group. Abgerufen am 4. August 2020 (amerikanisches Englisch).
- Klaus-Dieter Flörecke: Stefan Brandl ergänzt Geschäftsleitung, Markus Junginger neuer CTO: Managementwechsel bei Dräxlmaier. In: automobilwoche.de. Crain Communications GmbH, 1. Juli 2021, abgerufen am 7. Juli 2021.
- Der Interieur-Allrounder für VIP-Flugzeuge (Lisa Dräxlmaier GmbH) vom 3. April 2014, abgerufen am 22. April 2015
- Handelsblatt (Hrsg.): Deutsch im Detail. 26. Januar 2016.
- Die DRÄXLMAIER Group fertigt seit nunmehr dreizehn Jahren ... in China ... In: IHK Niederbayern (Hrsg.): Niederbayerische Wirtschaft. 1. Januar 2016, S. 39.
- Autobranche zieht's auf den Campus. In: Münchner Merkur. 7. November 2016 (merkur.de [abgerufen am 7. September 2017]).
- Germany-based DRÄXLMAIER Group Opens Livermore, California, Manufacturing Hub - Area Development. In: Area Development. 11. September 2016 (areadevelopment.com [abgerufen am 7. September 2017]). Germany-based DRÄXLMAIER Group Opens Livermore, California, Manufacturing Hub - Area Development (Memento vom 7. September 2017 im Internet Archive)
- Draexlmaier plays key role in Porsche Panamera's interior
- DEU_GIZ_Akzentuiert_1-17_Einzelseiten. Abgerufen am 7. September 2017.
- Lösungen für alle Spannungslagen. In: Automobil Produktion. 1. Oktober 2016.
- Lösungen zur dezentralen Bordnetzversorgung. In: ATZ Automobiltechnische Zeitschrift. 1. April 2016.
- Modular und flexibel – dezentrale Bordnetzversorgung per Multischiene. In: Elektronik Automotive. 15. September 2016.
- Megatrend mit Chancen. In: General-Anzeiger. 5. März 2017.
- Diese Lichttechniken kommen in Zukunft. In: springerprofessional.de. 17. Februar 2017 (springerprofessional.de [abgerufen am 7. September 2017]).
- Elektromobilität mit Stern. In: Vilsbiburger Zeitung. 30. Oktober 2015.
- CROSSING BORDERS, 11. Ausgabe, S. 1
- 2. Preis – Ingolf Gritschneder gewinnt 2007 den 2. Preis der Otto Brenner Preise (Memento vom 24. Mai 2010 im Internet Archive)
- Pressemitteilung Otto Brenner Preis 2007