Rheinhessen (Weinanbaugebiet)

Das Weinbaugebiet Rheinhessen ist mit 26.578 ha Rebfläche[1] das größte Weinbaugebiet Deutschlands. Es liegt komplett linksrheinisch und damit im Bundesland Rheinland-Pfalz (siehe auch: Region Rheinhessen). Das Weinanbaugebiet teilt sich auf in 3 Bereiche, 24 Großlagen und 432 Einzellagen.[2] Es liegt in der Weinbauzone A und zählt damit zu den kühlen Weinbauklimaten (Winterhärtezone 7).

Logo der Rheinhessen-Vermarktung
Weinberge bei Worms-Pfeddersheim

Das Weinanbaugebiet wird seit 1953/1954 von der jährlich gewählten Rheinhessischen Weinkönigin vertreten.

Seit Mai 2008 ist Mainz mit Rheinhessen Mitglied im Netzwerk Great Wine Capitals.[3]

Überblick

Größte
Weinbaugemeinden
im Anbaugebiet
Rang nach
Rebfläche
(innerhalb
von RLP)
Bestockte
Rebfläche 2017
Rebsorten
Weißwein Rotwein
ha  %
Rheinhessen 26.617 71 29
Worms 03 01.564 63 37
Westhofen 07 00.787 75 25
Alzey 08 00.778 63 27
Nierstein 09 00.742 77 23
Alsheim 10 00.707 63 27
Bechtheim 11 00.660 73 27
Flörsheim-Dalsheim 12 00.646 68 32
Ingelheim am Rhein 13 00.642 51 49
Bingen am Rhein 15 00.566 74 26
Saulheim 16 00.523 76 24
Quelle: Faltblatt Weinbau 2018. Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, Bad Ems, Mai 2018
Traubenvollernter VL6060 von New Holland in Guntersblum nach einem Einsatz in den rheinhessischen Weinbergen

Ein Fünftel der rheinland-pfälzischen Region Rheinhessen, die auch die waldärmste Deutschlands ist, ist mit Rebstöcken bepflanzt. Über 6.000 Winzer produzieren pro Jahr mehr als 2,5 Mio. Hektoliter Wein aus dem Ertrag von ca. 120 Mio. Rebstöcken. Von den 136 Gemeinden Rheinhessens betreiben lediglich Budenheim, Hochborn, Eich und Hamm keinen Weinbau auf der eigenen Gemarkung.[4]

Rheinhessen ist zudem eines der traditionsreichsten Anbaugebiete, in dem bereits seit 20 v. Chr. Wein angebaut wird. In Nierstein befindet sich die möglicherweise älteste (742) Weinlage Deutschlands, der Niersteiner Glöck.[5] Nach Errichtung des Bremer Ratskellers im Jahr 1405 wurden dort zunächst ausschließlich Weine aus Rheinhessen ausgeschenkt – der Gemeine und der Bessere.

Aus Rheinhessen kamen vor dem Ersten Weltkrieg Weine, die bei internationalen Auktionen Spitzenpreise erzielten. Auf einer der ersten Auktionen nach dem Zweiten Weltkrieg im Juli 1949 konnten in London (Beaver Hall) die ersten Erfolge mit deutschen Spitzengewächsen erzielt werden, darunter 1929er Liebfrauenmilch Auslese und 1934er Liebfrauenmilch Superior.[6] Der Niersteiner Riesling z. B. genoss einen legendären Ruf. Mitte bis Ende des 20. Jahrhunderts gab es allerdings eine Phase, in der zu sehr auf Quantität geachtet wurde, was den Ruf des rheinhessischen Weines nachhaltig schädigte. In diesem Zusammenhang wurde die Liebfrauenmilch aus der gleichnamigen Großlage mehrfach genannt.

Gegen Ende des 20. Jahrhunderts setzte jedoch ein Umdenken ein. Einer neuen Winzergeneration ist es zu verdanken, dass der rheinhessische Wein sich wieder eines guten Rufs erfreut. Rheinhessische Weingüter zählen zu den höchstdekorierten, und auch bekannte Weinkritiker und Weinführer heben die Qualität der Weine hervor. Meist handelt es sich um Riesling oder Silvaner, aber auch manche Rotweine werden gelobt. Kompromisslos auf Qualität setzenden Winzern (u. a. durch Ertragsbegrenzung, kontrollierte Vergärung usw.) gelingt es zunehmend, die geologische Vielfalt der Region zu nutzen und absolute Spitzengewächse zu erzeugen.

Seit Spätherbst 2007 darf sich der Federweiße aus Rheinhessen auch Rheinhessischer Federweißer nennen, davor musste laut Weingesetz die Bezeichnung „Rheinischer Federweißer“ benutzt werden.[7][8] Die Bezeichnung „Rheinischer Federweißer“ basierte darauf, dass Federweißer kein Qualitätswein ist und dem Bezeichnungsrecht für Tafelwein unterlag.

Rebsorten

Rebenlandschaft bei Gau-Bickelheim
Weinberg bei Dalheim (Rheinhessen).

72 % der rheinhessischen Rebfläche sind mit weißen Rebsorten bestockt. Rotwein wird großflächig in der Gegend um Ingelheim und im Wonnegau angebaut.

Beim Sortenspektrum der Weißweine dominieren Riesling (27,6 %) und Müller-Thurgau (ca. 11,3 %). Weiterhin werden Dornfelder (10,8 %), Silvaner (4,4 %), Portugieser (3,8 %), Spätburgunder (6,6 %), Grauburgunder (6,7 %), Weißer Burgunder (5,4 %) und Kerner (2,7 %) angebaut.[1] Die früher wegen ihres Aromenspektrums beliebte Scheurebe wird zunehmend vom Sauvignon Blanc verdrängt.[9]

Am Rhein um die Orte Nackenheim, Nierstein und Oppenheim konzentriert sich der Rieslinganbau. Der Anbau wird begünstigt durch milde Temperaturen, viel Sonne und geringen Niederschlag.

Von den angebauten Rebsorten besitzen nur etwa 10 eine Marktbedeutung. Der Anteil dieser einzelnen Sorten ist der folgenden Tabelle zu entnehmen.

Führende Rebsorten in Rheinhessen (Stand 2019)
SorteFarbeSynonymFläche (%)Fläche (ha)
1. RieslingweißWeißer Riesling27,617.777
2. Müller-ThurgauweißRivaner11,37.311
3. Dornfelderrot10,86.940
4. GrauburgunderweißRuländer6,74.329
5. SpätburgunderrotPinot Noir6,64.256
6. Weißer BurgunderweißKlevner, Pinot Blanc5,43.504
7. SilvanerweißGrüner Silvaner4,42.856
8. Blauer Portugieserrot3,82.439
9. Kernerweiß2,71.768
10. Chardonnayweiß2,71.758

Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz[10]

Weiße Sorten

Zugelassene weiße Rebsorten

Rote Sorten

Trauben der roten Rebsorte Spätburgunder
Zugelassene rote Rebsorten

Bereiche und Großlagen

Die insgesamt 26 Großlagen gliedern sich in 434 Einzellagen:

Bereich Bingen

Bereich Nierstein

Bereich Wonnegau

Auszeichnungen

DLG-empfohlene Weingüter

Schild an einem von der DLG empfohlenen Weingut

Die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) prüft seit 1999 Weingüter und Winzergenossenschaften und zeichnet die jährlichen Gewinner der Wettbewerbe mit den Zertifikaten DLG-Empfohlenes Weingut beziehungsweise DLG-Empfohlene Winzergenossenschaft aus.

Die Gültigkeit der Auszeichnung ist zunächst auf drei Jahre befristet. Danach wird in jährlichen Kontrollen überprüft, ob die Kriterien noch erfüllt werden. In Rheinhessen wurden bisher folgende Weingüter ausgezeichnet:

Great Wine Capitals

Im Mai 2008 wurde Rheinhessen mit seiner «Weinhauptstadt Mainz» in das Weinnetzwerk Great Wine Capitals aufgenommen. In diesem Netzwerk wird jeweils ein charakteristisches Weinbaugebiet pro Land aufgenommen. Neben Mainz/Rheinhessen befinden sich in diesem Verbund Städte und Regionen wie Bilbao/Rioja, Bordeaux/Bordeaux, Florenz/Toskana, Kapstadt/Cape-Winelands, Mendoza/Mendoza, Porto/Dourotal sowie San Francisco/Napa Valley. Neustes Mitglied im globalen Netzwerk ist seit November 2009 die neuseeländische Stadt Christchurch mit den Weinbaugebieten der Südinsel.

Siehe auch

Literatur

  • Jens Priewe: Wein, die neue große Schule. Zabert Sandmann, 1997, ISBN 3-932023-02-1.
  • Hess. Weinbauverband, Oppenheim: Die Rheinweine Hessens, Rheinhessen und die Bergstrasse. 2. Aufl. v. Zabern. Mainz 1927.
  • Paul Kadel: Beiträge zur rheinhessischen Winzersprache. Gießen 1928.
  • Monika Becht: Weinland Rheinhessen. Societäts-Verlag, Frankfurt 2005, ISBN 3-7973-0936-8.
  • Matthias F. Mangold: Rheinhessen im Glas. Höma-Verlag, Offenbach 2006, ISBN 3-937329-14-5.
Commons: Vineyards of Rheinhessen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Deutsches Weininstitut: Statistik 2016/2017. Mainz 2017 (deutscheweine.de [PDF; 706 kB] Bestockte Rebflächen und wichtige Rebsorten nach Anbaugebieten 2015]).
  2. Deutsches Weininstitut – Rheinhessenwein e.V. (Memento vom 14. März 2008 im Internet Archive)
  3. Pressemitteilung der Stadt Mainz (Memento vom 7. Februar 2013 im Internet Archive) vom 19. Mai 2008.
  4. Artikel über Hochborn. Mit Bezug auf die nicht-Weinorte Hochborn, Eich und Hamm.
  5. Maximilian Bieler: Der Rote Hang in Nierstein. Abgerufen am 27. Januar 2022.
  6. Rhein-Zeitung 30./31. Juli 1949.
  7. „Rheinhessen“ auf Etikett – Winzer nutzen für Federweißer das geänderte Weinrecht in der Allgemeinen Zeitung vom 11. September 2008.
  8. @1@2Vorlage:Toter Link/www1.rhein-zeitung.de(Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: Federweißer aus Rheinhessen heißt ab 2008 endlich „Rheinhessischer Federweißer“.) in Rhein-Zeitung online vom 10. September 2008 basierend auf Mitteilung des Bauern- & Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd.
  9. Jörg Weiand: Sauvignon blanc – Wie beeinflussen Lesetermin, reduktiver Ausbau und Hefestamm die Aromaausprägung? auf der Webseite DLR-RNH.rlp.de.
  10. Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz: Bestockte Rebfläche der Keltertrauben 1999–2019 nach ausgewählten Rebsorten, Anbaugebieten und Bereichen. Mainz 2020 (http%3A%2F%2Fwww.statistik.rlp.de%2Ffileadmin%2Fdokumente%2Fberichte%2FC%2F1073%2FC1073_201900_1j_Bereich.pdf&usg=AOvVaw3HRUIowSiWiCpAH7zYuAVK [PDF]).
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