Jugenheim in Rheinhessen
Jugenheim in Rheinhessen ist eine Ortsgemeinde im Landkreis Mainz-Bingen in Rheinland-Pfalz. Der Weinort gehört der Verbandsgemeinde Nieder-Olm an.
Wappen | Deutschlandkarte | |
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Basisdaten | ||
Bundesland: | Rheinland-Pfalz | |
Landkreis: | Mainz-Bingen | |
Verbandsgemeinde: | Nieder-Olm | |
Höhe: | 156 m ü. NHN | |
Fläche: | 6,17 km2 | |
Einwohner: | 1588 (31. Dez. 2020)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 257 Einwohner je km2 | |
Postleitzahl: | 55270 | |
Vorwahl: | 06130 | |
Kfz-Kennzeichen: | MZ, BIN | |
Gemeindeschlüssel: | 07 3 39 031 | |
Adresse der Verbandsverwaltung: | Pariser Straße 110 55268 Nieder-Olm | |
Website: | ||
Ortsbürgermeister: | Herbert Petri (SPD) | |
Lage der Ortsgemeinde Jugenheim in Rheinhessen im Landkreis Mainz-Bingen | ||
Geographie
Jugenheim liegt mitten zwischen Mainz, Bingen, Alzey und Bad Kreuznach in Rheinhessen.
Geschichte
Bereits seit der jüngeren Steinzeit war die Gegend um Jugenheim besiedelt, was sich durch zahlreiche Funde beweisen lässt. Ein südlich des Dorfes 1924 entdeckter fränkischer Friedhof und die Endung des Ortsnamens auf -heim lassen darauf schließen, dass es sich bei Jugenheim um eine Gründung der Franken in der Landnahmezeit (5./6. Jahrhundert) handelt. Ob sich die Erwähnung eines Ortes „Gaginheim“ im Lorscher Codex von 767 auf Jugenheim bezieht, wird von der Forschung gelegentlich bestritten. In Urkunden tritt der Ortsname im 9. Jahrhundert als „Goganheim“ sowie im 13. bzw. 14. Jahrhundert als „Guginheim“ und „Gugenheym“ auf, bis sich die endgültige Bezeichnung „Jugenheim“ daraus entwickelte. Nur wenige Urkunden belegen die Entwicklung im hohen Mittelalter.
Kaiser Otto I. schenkte 966 der Kirche des Heiligen Moritz in Magdeburg verschiedene Güter in Jugenheim. Durch einen Gütertausch kam das Dorf 1112 an den Mainzer Erzbischof Adalbert I. von Saarbrücken. Nachdem Jugenheim nachweislich seit dem Anfang des 14. Jahrhunderts im Besitz der Raugrafen von der Altenbaumburg und danach derer von Sponheim-Dannenfels war, gelangte der Ort 1393 durch Heirat an die Dynastie Nassau. Diese Zugehörigkeit an wechselnde Linien des Hauses Nassau-Saarbrücken blieb bis zum Ende des 18. Jahrhunderts bestehen. Von 1769 bis 1777 war Jugenheim an Nassau-Usingen verpfändet. 1794 wurde Jugenheim kurzzeitig Residenz des Saarbrücker Fürsten (Erbprinz) Heinrich (Ludwig Karl Albrecht), der auf der Flucht vor den französischen Revolutionstruppen, die 1795 Jugenheim besetzten, hierher geflohen war. Bis heute blieb der Löwe von Nassau-Saarbrücken im Ortswappen.
Seit dem 13. Jahrhundert war Jugenheim Sitz eines Gerichts, unter Nassau-Saarbrücken wurde der Ort Mittelpunkt eines Amtes, zu dem Tiefenthal sowie Teile von Wöllstein, Gumbsheim und Pleitersheim gehörten.
Dem Haus Nassau-Saarbrücken verdankt Jugenheim auch eine neue Kirche St. Martin, die Fürst Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken (1718–1768) nach Beendigung des Siebenjährigen Krieges am 31. März 1762 erbauen ließ. Die erste Erwähnung der Pfarrei Jugenheim stammt von 1299, bei der damals schon bestehenden Kirche handelt es sich um eine Chorturmkirche, die dem Mainzer Dompatron, dem Heiligen Martin, geweiht war. Erst am 28. Mai 1775 konnte nach vielen finanziellen Schwierigkeiten das neue Gotteshaus seiner Bestimmung übergeben werden. Eine gebrauchte Orgel wurde erst 1804 angeschafft. Als bedeutendste Epoche Jugenheims kann das 18. Jahrhundert bezeichnet werden, in dem die Neubauten von Kirche, Amtshaus und Pfarrhaus entstanden. Von der dreifachen Umwallung und den drei mittelalterlichen Toren ist nichts mehr erhalten.[2] Von 1798 bis 1814 gehörte der Ort zum Kanton Oberingelheim im Departement Donnersberg.
Das 19. Jahrhundert brachte für Jugenheim eine ruhige Entwicklung. Die Bevölkerungszahl stieg von 717 in 1815 auf 1100 Einwohner an. Maßgebend für die bescheidene bauliche Entwicklung blieben die alten Grenzen des Ortes, die erst nach dem Zweiten Weltkrieg überschritten wurden. 1852 wurde ein „Rettungshaus für sittlich verwahrloste Knaben“ in einem heute noch erhaltenen und renovierten Haus am Edelsberg eingerichtet. In den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts wurde Jugenheim an die rheinhessische Wasserversorgung angeschlossen, die Kanalisierung erfolgte in den 1920er Jahren. Seit 1904/05 gab es eine eingleisige Bahnlinie nach Ingelheim am Rhein. Die Strecke, an die der inzwischen Wohnzwecken dienende Bahnhof erinnert, wurde 1954 aus wirtschaftlichen Gründen stillgelegt. Ein Kriegerdenkmal, das eine Statue der Germania zeigt, wurde zum Andenken an den Krieg 1870/71 an der Hauptstraße gegenüber dem neuen Dorfplatz errichtet. Gedenkstätten an die Toten der beiden Weltkriege finden sich auf dem alten Friedhof bei der Kirche. Der neue Friedhof wurde an der Straße nach Stadecken-Elsheim angelegt. Südöstlich des Ortes liegt der alte jüdische Friedhof, ein bedeutendes historisches Zeugnis. Bestattet wurden hier Juden aus Jugenheim und umliegenden Gemeinden vom 18. Jahrhundert bis etwa 1935.
Zu den wenigen öffentlichen Bauaufgaben nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte unter anderem die Errichtung eines neuen Schulhauses 1951. Seit Auflösung der Schule dient das Gebäude als Rathaus und Dorfgemeinschaftshaus. 1978 konnte die Sport- und Gemeindehalle eingeweiht werden. Im Zuge der Gebietsreform kam Jugenheim zur Verbandsgemeinde Nieder-Olm im Landkreis Mainz-Bingen. Die Bauliche Entwicklung des Ortes hat Ende der 1980er Jahre die alten Dorfgrenzen überschritten. Seit 1960 wurden Neubaugebiete im Süden des Ortskerns angelegt. Nach wie vor kommt der Landwirtschaft – vor allem der Weinbau – große Bedeutung zu, doch werden immer mehr Betriebe im Nebenerwerb geführt. Die meisten der erwerbstätigen Einwohner gehen auswärts einer Tätigkeit nach.[3] Seit 1987 ist Jugenheim eine anerkannte Dorferneuerungsgemeinde.
- Bevölkerungsentwicklung
Die Entwicklung der Einwohnerzahl von Jugenheim in Rheinhessen, die Werte von 1871 bis 1987 beruhen auf Volkszählungen:[4]
Jahr | Einwohner |
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1815 | 717 |
1835 | 1.050 |
1871 | 1.132 |
1905 | 1.093 |
1939 | 869 |
Jahr | Einwohner |
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1950 | 1.083 |
1961 | 927 |
1970 | 1.008 |
1979 | 973 |
1987 | 1.016 |
Jahr | Einwohner |
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1997 | 1.418 |
2005 | 1.649 |
2011 | 1.573 |
2017 | 1.610 |
2020 | 1.588[1] |
Politik
Gemeinderat
Der Gemeinderat in Jugenheim besteht aus 16 Ratsmitgliedern, die bei der Kommunalwahl am 26. Mai 2019 in einer personalisierten Verhältniswahl gewählt wurden, und dem ehrenamtlichen Ortsbürgermeister als Vorsitzendem.
Die Sitzverteilung im Gemeinderat:[5]
Wahl | SPD | CDU | FWG | Gesamt |
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2019 | 8 | 3 | 5 | 16 Sitze |
2014 | 9 | 2 | 5 | 16 Sitze |
2009 | 10 | 1 | 5 | 16 Sitze |
2004 | 9 | 2 | 5 | 16 Sitze |
- FWG = Freie Wählergruppe in der Verbandsgemeinde Nieder-Olm
Bürgermeister
Ehrenamtlicher Ortsbürgermeister ist seit 1999 Herbert Petri (SPD).[6]
Wappen
Blasonierung: „Im blauen, mit silbernen Kreuzchen bestreuten Schild ein rot -gekrönter und -bewehrter silberner Löwe, zwischen den Vorderpranken ein goldenes J führend.“[7]
Konträre Wappenbeschreibung der Gemeindeseite: „Auf blauem, mit sieben silbernen Kreuzchen bestreutem Grund ein silberner, steigender, rot gekrönter und silbern rot bewehrter Löwe.“[8] | |
Das seit 1484 belegte Gerichtssiegel der Gemeinde – mit der Umschrift „Sigillum-dess-Gericht-in-Gogenem“ – zeigt in dieser Form als Wappentier den obigen nassau-saarbrückischen Löwen, dem 1956 zur Unterscheidung hier ein Gemerke in Gestalt des Anfangsbuchstabens des Ortsnamens beigegeben worden ist. Der Ort, der 1393 an Nassau-Saarbrücken überging, führte 1466 noch kein eigenes Gerichtssiegel.
Gemeindepartnerschaften
- Die Partnergemeinde von Jugenheim ist seit 1987 Oberhoffen-sur-Moder im Elsass.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Bauwerke
Die evangelische Martinskirche wurde 1775 geweiht und ist mit ihren 1.000 Sitzplätzen eine der größten Kirchen Rheinhessens. Ihre Wegmann-Orgel von 1762 samt originaler Orgelbrüstung stammt aus der Mainzer Welschnonnenkirche. An den Wänden und in den tiefen Laibungen der drei Fenster des Turmes konnten qualitätvolle Wandmalereien aus der Zeit um 1420 erhalten werden. Im späten 15. Jahrhundert wurde ein gotisches Sakramentshäuschen eingebaut.[9]
Siehe auch: Liste der Kulturdenkmäler in Jugenheim in Rheinhessen
Sport
- drei Tennisplätze unter freiem Himmel
- die 1999 erbaute Tennishalle mit 2 Spielfeldern
- Sportanlage mit Naturrasenplatz
- Reitplatz mit Reithalle
- Beachvolleyballfeld (erbaut 2005)
- Skaterpark (erbaut 2009)
Natur
Circa 25 Hektar naturschutzfachlich hochwertiger Fläche werden in Jugenheim vom NABU Mainz und Umgebung betreut.[10] Im Landschaftsplan der VG Nieder-Olm werden diese Flächen als mit die „wertvollsten Flächen in der Verbandsgemeinde“ bezeichnet. Im Besonderen werden das „Jugenheimer Wäldchen“ und die „Biotope am Bleichkopf“ auf Grund ihrer hohen ökologischen Wertigkeit als zukünftige „mögliche Naturschutzgebiete“ genannt.[11] In den betreuten Gebieten finden sich seltene Orchideen wie die Bocks-Riemenzunge und das Knabenkraut.[12] In seiner Heimatgemeinde hat es der ehemalige Winzer und NABU-Vertreter „Heinfried Greß mit Unterstützung von weiteren ehrenamtlichen Nabu-Mitarbeitern geschafft, Schleiereulen und Turmfalken anzusiedeln und bedrohten Pflanzenarten wieder eine Heimat zu bieten.“ Greß wurde dafür 2010 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.[13]
Wirtschaft und Infrastruktur
Im Ort gibt es eine seit dem 18. Jahrhundert immer noch im Familienbesitz stammende Brot- und Feinbäckerei. Die älteste Gaststätte wurde um 1880 gegründet. Außerdem gibt es einen CAP-Lebensmittelmarkt.
Seit 1980 ist Jugenheim am Erdgas-Verbundnetz angeschlossen.
Öffentliche Einrichtungen
- Gemeindekindergarten
- Kindergarten der evangelischen Kirchengemeinde
- Freiwillige Feuerwehr
- Gemeindehaus
- Jugendtreff im Rathauskeller
In Jugenheim geboren
- Heinrich Anton Leichtweiß (1723–1793), Bäcker und Gastwirt in Dotzheim
- Claus Schick (* 6. November 1944), Politiker der SPD und ehemaliger Landrat des Landkreises Mainz-Bingen.
Literatur
- Jugenheim in Rheinhessen (= Rheinische Kunststätten. Heft 281). 1. Auflage. 1982.
- Wolfhard Klein: Die Dorfchronik. 1250 Jahre Jugenheim. Im Auftrag der Ortsgemeinde Jugenheim in Rheinhessen, Schulstr. 3. Erschienen im Mai 2017.
- Wolfhard Klein: Juden in Jugenheim. Zur Erinnerung an eine 500-jährige Geschichte. Jugenheim 2020. (Eigendruck).[14]
Weblinks
- Webpräsenz der Ortsgemeinde Jugenheim in Rheinhessen
- Geschichte von Jugenheim bei regionalgeschichte.net, Institut für Geschichtliche Landeskunde, Universität Mainz
- Literatur über Jugenheim in Rheinhessen in der Rheinland-Pfälzischen Landesbibliographie
Einzelnachweise
- Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz – Bevölkerungsstand 2020, Kreise, Gemeinden, Verbandsgemeinden (Hilfe dazu).
- Dehio für Rheinland-Pfalz/Saarland von 1972, S. 332.
- Informationstafel in der Hauptstraße, Stand: 1988.
- Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz: Mein Dorf, meine Stadt. Abgerufen am 10. November 2020.
- Der Landeswahlleiter Rheinland-Pfalz: Kommunalwahl 2019, Stadt- und Gemeinderatswahlen, abgerufen am 27. Juli 2019
- Fünfte Amtszeit von Herbert Petri und SPD Jugenheim schickt Petri ins Rennen, AZ Mainz, abgerufen am 27. Juli 2019
- Karl Ernst Demandt und Otto Renkhoff: Hessisches Ortswappenbuch C. A. Starke Verlag, Glücksburg/Ostsee 1956, S. 109.
- Verbandsgemeinde Nieder-Olm – Einwohnerbroschüre 2010 (Memento vom 20. Juni 2016 im Internet Archive) S. 22. (PDF; 2,9 MB)
- Evangelische Martinskirche. Abgerufen am 27. Januar 2020.: Kulturführer Gotik in Rheinhessen
- NABUlletin: Tätigkeitsbericht für das Jahr. Nr. 2/2019. Seite 36
- NABUlletin: Zwei Meilensteine im Projektgebiet Jugenheim. Nr. 2/2019. S. 22
- Lokale Agenda Klein-Winternheim: Orchideen-Hot-Spot in der Verbandsgemeinde Nieder-Olm abgerufen am 10. September 2019
- Heinfried Greß aus Jugenheim engagiert sich seit 30 Jahren für den Naturschutz. In: Allgemeine Zeitung Mainz. 7. Dezember 2017, abgerufen am 10. September 2019.
- Bestellung über den Autor Wolfhard Klein (info@wolfhard-klein.de)