Flandern-Rundfahrt
Die Flandern-Rundfahrt (“De Ronde van Vlaanderen”, “Vlaanderens mooiste”) ist das populärste Eintagesrennen Belgiens. Sie wird zu den Klassikern und den fünf Monumenten des Radsports gezählt.
Nach seinem Sieg bei der Tour de France 1912 überzeugte Odiel Defraeye den belgischen Verleger der Sportwereld, Karel Van Wijnendaele, nach deren Vorbild eine eigene Rundfahrt zu organisieren: 1913 wurde die erste Flandern-Rundfahrt gestartet.
Die „Ronde“ findet jährlich Anfang April statt, genau eine Woche vor Paris–Roubaix. Das Rennen war Teil des nach der Saison 2004 abgeschafften Rad-Weltcups und gehörte zwischen 2005 und 2010 zur UCI ProTour, einer neu eingeführten Serie der wichtigsten Radrennen des Jahres, und seit 2011 zur Nachfolgeserie UCI WorldTour.
Das Rennen wird auch in verschiedenen anderen Klassen ausgetragen. Das Frauenrennen wurde im Jahr 2016 in den Kalender der neu eingeführten UCI Women’s WorldTour aufgenommen.[1]
Geschichte
Das heutzutage vom Grote Markt in Brügge aus durch den radsportverrückten flämischen Teil Belgiens führende Eintagesrennen wurde erstmals 1913 gestartet. Wie die Tour de France von dem Journalisten Henri Desgrange der Zeitschrift L’Auto initiiert wurde, war es in diesem Falle der Journalist Karel Van Wijnendaele der flämischen Sportzeitschrift Sportwereld, der die Idee zur Flandern-Rundfahrt hatte. Aktueller Anlass war der Sieg des ersten Belgiers bei der Tour, Odiel Defraeye, im Jahre 1912 gewesen.[2]
Erster Gewinner der Flandern-Rundfahrt war der Belgier Paul Deman. Am Anfang wenig erfolgreich und durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen, wurde es in den 1920er und 1930er Jahren populärer. Während bis in die 1950er Jahre hinein aufgrund des unzureichenden Straßenausbaus in Flandern ungefähr die Hälfte der Strecke aus nicht-asphaltierten Wegen bestand, besteht heute eher das Problem, überhaupt noch Kopfsteinpflasterstrecken zu finden. Heute ist die „Ronde“ das wichtigste Rennen in Flandern und zusammen mit Lüttich–Bastogne–Lüttich und dem Flèche Wallonne das wichtigste in Belgien.
Spitzname des Rennens ist Vlaanderens mooiste (das Schönste von Flandern). Die zahllosen flämischen Fans machen die Ronde jedes Jahr wieder zum größten Volksfest Belgiens. In Oudenaarde befindet sich ein Museum zur Geschichte der Rundfahrt.
Im Jahr 2020 wurde das für April vorgesehene Rennen wegen der COVID-19-Pandemie abgesagt.[3] Stattdessen gab es eine virtuelle Flandern-Rundfahrt mit 13 Fahrern, die von Greg Van Avermaet gewonnen wurde. Die Live-Übertragung dieses Ereignisses hatte allein in Belgien 600.000 Zuschauer, was einem Marktanteil von 56 Prozent entsprach.[4] Das eigentliche Rennen wurde dann im Oktober nachgeholt.
Strecke
In den Jahren von 1973 bis 2011 änderte sich die Streckenführung der Flandern-Rundfahrt von Jahr zu Jahr nur unwesentlich. Nachdem die ersten rund 150 km auf flacher Strecke absolviert wurden, führte der zweite Teil des rund 250 km langen Rennens durch die hügelige Gegend der so genannten „Flämischen Ardennen“, oft auf engen Wegen und über kurze, steile Anstiege. Dadurch gilt dieses Rennen als deutlich schwieriger als Paris–Roubaix. Von 1973 bis 2011 befand sich das Ziel auf dem Halsesteenweg in Meerbeke. Da der Vertrag mit Meerbeke als Zielstadt 2011 auslief, wurde ab 2012 Oudenaarde als neuer Zielort ausgewählt. Als Folge des neuen Zielorts war der traditionelle Anstieg Mauer von Geraardsbergen bis 2016 nicht mehr Teil der Streckenführung.[5] 2017 wechselte der Start dann nach Antwerpen, so dass die "Muur" wieder in die Streckenführung aufgenommen werden konnte, allerdings nun zu einem viel früherem Zeitpunkt im Rennen. Der Vertrag mit Antwerpen wurde für 5 Jahre abgeschlossen.[6]
Entscheidend für den Ausgang des Rennens sind die dort angefahrenen zahlreichen Hellingen, kurze und steile Anstiege von meist nicht mehr als 2 Kilometer Länge und 60–100 Meter Höhenunterschied, aber bis über 20 Prozent Steigung, die zudem zum Großteil nicht asphaltiert sind.[7] Am berühmtesten und gefürchtetsten sind der Oude Kwaremont, der Koppenberg und die Mauer von Geraardsbergen mit Steigungen von bis zu 20 Prozent. Bis 2011 wurden bei der Ronde regelmäßig 17 Hellingen überquert, wobei die Mauer von Geerardsbergen und der Bosberg traditionell die letzten Hindernisse vor dem Ziel waren. Ab 2012 wird die Flandernrundfahrt von den insgesamt jeweils dreimal zu überquerenden Hellingen Oude Kwaremont und Paterberg vor dem Zieleinlauf in Oudenaarde abgeschlossen.[8]
Die „Kasseien“ (flämisch für Kopfsteinpflaster) fallen bei der Ronde regelmäßig mit den Hellingen zusammen, was die Anstiege umso schwieriger macht. Ausnahmen bilden davon lediglich die Paddestraat und Mater, jeweils über zwei Kilometer lange flache Passagen auf Kopfsteinpflaster.
Der Koppenberg (seit 1977 auf Anregung des belgischen Unternehmers Paul Hoffmann in die Strecke integriert[9]) befand sich von 1988 bis 2001 nicht im Programm,[10] nachdem der Radfahrer Jesper Skibby 1987 am Anstieg vom Jury-Auto angefahren wurde und daraufhin stürzte.[11] Nach einer gründlichen Überholung des Kopfsteinpflasters wurde der Berg 2002 wieder in die Strecke integriert.[10]
Anfang November 2006 gaben die Organisatoren des flämischen „Monuments“ bei einer Pressekonferenz bekannt, dass der Koppenberg bei der folgenden Ausgabe am 8. April 2007[12] nicht gefahren werde. Man wolle ein „Fiasko“ wie beim letzten Mal verhindern. Bei der 90. Flandern-Rundfahrt im Frühjahr 2006 hatten zahlreiche Fahrer am Koppenberg alle Siegchancen eingebüßt. Nur ca. zehn Fahrer konnten den giftig steilen Kopfsteinpflasteranstieg auf dem Rad absolvieren, die anderen mussten zu Fuß gehen, als wie so oft Stürze die Straße blockierten.[13]
Sieger
Jeweils drei Siege bei der Flandern-Rundfahrt haben der Italiener Fiorenzo Magni, der Schweizer Fabian Cancellara sowie die Belgier Achiel Buysse, Johan Museeuw, Eric Leman und Tom Boonen aufzuweisen. Einzige deutsche Sieger sind Rudi Altig 1964 und Steffen Wesemann 2004.
Seit 2004 gibt es auch eine Frauenkonkurrenz. Die Frauen fahren von Oudenaarde aus dieselbe Strecke wie die Männer, starten aber einige Stunden vor diesen. Erste Siegerin war die Russin Sulfija Chassanowna Sabirowa.
Am Tag vor dem Profirennen gibt es eine Jedermann-Version, bei der neben Teilstrecken über 75 oder 150 km auch die komplette originale Strecke über ca. 260 km absolviert werden kann.
Profis / Elite
Amateure/U23
- 1936 W. 't Jolijn
- 1937 Roger Dujardin
- 1938 André Declerck
- 1939 Albert Sercu
- 1940–1946 keine Austragung
- 1947 Florent Rondelé
- 1948 Roger Decock
- 1949 Valère Mekeirel
- 1950 Joseph Lefèvre
- 1951 A. Deschacht
- 1952 Lucien Victor
- 1953 René Muylle
- 1954 Wim Rusman
- 1955 Arthur De Cabooter
- 1956 Gustaaf De Smet
- 1957 José Denoyette
- 1958 Georges Mortiers
- 1959 Constant (Stanny) Goossens
- 1960 Willy Vanden Berghen
- 1961 Ernest Dumez
- 1962 Edward Sels
- 1963 August Verhaegen
- 1964 keine Austragung
- 1965 Jos Boons
- 1966 Gregoire Van Kuyck
- 1967 Valere Vansweevelt
- 1968 André Dierickx
- 1969 Rik Van Linden
- 1970 Marcel Sannen
- 1971 Marc Demeyer
- 1972 Yvan Benaets
- 1973 Marc Meernhout
- 1974 Marcel Van der Slagmolen
- 1975 Eddy Copmans
- 1976 Paul De Keyser
- 1977 Johnny De Nul
- 1978 Patrick Devos
- 1979 Luc Colyn
- 1980 Werner Devos
- 1981 Eric Vanderaerden
- 1982 Noël Segers
- 1983 Frank Verleyen
- 1984 Philippe Deleye
- 1985 Franky Pattyn
- 1986 Edwig Van Hooydonck
- 1987 Marc Assez
- 1988 Eddy Vancraeynest
- 1989 Peter Hoydonckx
- 1990 Wim Sels
- 1991 Nico Desmet
- 1992 Wim Omloop
- 1993 Mario Liboton
- 1994 Ludo Giesberts
- 1995 Johan De Geyter
- 1996 Ludovic Capelle
- 1997 Ludovic Capelle
- 1998 Jurgen Guns
- 1999 Kevin Hulsmans
- 2000 Bobbie Traksel
- 2001 Roy Sentjens
- 2002 Nick Nuyens
- 2003 Wim De Vocht
- 2004 Giovanni Visconti
- 2005 Kenny Dehaes
- 2006 Kevyn Ista
- 2007 Alexandru Pliușchin
- 2008 Gatis Smukulis
- 2009 Jan Ghyselinck
- 2010 Marko Kump
- 2011 Salvatore Puccio
- 2012 Kenneth Vanbilsen
- 2013 Rick Zabel
- 2014 Dylan Groenewegen
- 2015 Alexander Edmondson
- 2016 David Per
- 2017 Eddie Dunbar
- 2018 James Whelan
- 2019 Andreas Stokbro
- 2020 wegen COVID-19-Pandemie abgesagt
Frauen
- 2004 Sülfija Sabirowa
- 2005 Mirjam Melchers-van Poppel
- 2006 Mirjam Melchers-van Poppel
- 2007 Nicole Cooke
- 2008 Judith Arndt
- 2009 Ina-Yoko Teutenberg
- 2010 Grace Verbeke
- 2011 Annemiek van Vleuten
- 2012 Judith Arndt
- 2013 Marianne Vos
- 2014 Ellen van Dijk
- 2015 Elisa Longo Borghini
- 2016 Elizabeth Armitstead
- 2017 Coryn Rivera
- 2018 Anna van der Breggen
- 2019 Marta Bastianelli
- 2020 Chantal Blaak
- 2021 Annemiek van Vleuten
Junioren
- 1975 Benjamin Vermeulen
- 1976 Hugues Cosaert
- 1977 Patrick Vermeulen
- 1978 Daniel Rossel
- 1979 Eric Vanderaerden
- 1980 Willy Boden
- 1981 Pino Cerami
- 1982 Ludwig Van Tittelboom
- 1983 Jan Mattheus
- 1984 Kurt Van Keirsbulck
- 1985 Luc Van Parijs
- 1986 Luc Heuvelmans
- 1987 Carl Roes
- 1988 Claude De Bodt
- 1989 Jo Planckaert
- 1990 Hendrik Van Dijck
- 1991 Koen Dierickx
- 1992 Geert Verdeyen
- 1993 Wilfried Cretskens
- 1994 Dieter Verleyen
- 1995 Wesley Theunis
- 1996 Stijn Devolder
- 1997 Stijn Devolder
- 1998 Jurgen Van Goolen
- 1999 Bill Vandererven
- 2000 Kevin Neirynck
- 2001 Johnny Hoogerland
- 2002 Tom Stamsnijder
- 2003 Erwin Roemans
- 2004 Michiel Van Aelbroeck
- 2005 Jan Ghyselinck
- 2006 Sven Vandousselaere
- 2007 Jens Debusschere
- 2008 Thomas Debrabandere
- 2009 Joeri Stallaert
- 2010 Jef Van Meirhaeghe
- 2011 Martijn Degreve
- 2012 Ricardo van Dongen
- 2013 Jenthe Biermans
- 2014 Aaron Verwilst
- 2015 Pawel Siwakow
- 2016 Timo de Jong
- 2017 Maikel Zijlaard
- 2018 Daniel Årnes
- 2019 William Blume Levy
- 2020 wegen COVID-19-Pandemie abgesagt
Einzelnachweise
- Womens World Tour ersetzt ab 2016 den Weltcup. radsport-news.com, 25. September 2015, abgerufen am 24. Oktober 2015.
- karelvanwijnendaele.com (Memento vom 21. März 2012 im Internet Archive) (niederl.)
- Wegen Corona-Virus: Das Sterben der Radrennen. In: wort.lu. 18. März 2020, abgerufen am 7. April 2020.
- Virtuelle Flandern-Rundfahrt lockt über 600.000 Fernseh-Zuschauer an. In: classic.rad-net.de. 6. April 2020, abgerufen am 7. April 2020.
- radsport-news.com vom 16. September 2011: Flandern-Rundfahrt 2012 ohne Mauer von Geraardsbergen
- radsport-news.com | Flandern-Rundfahrt 2017. Abgerufen am 31. März 2017.
- vgl. Die Hellingen der 98. Flandern-Rundfahrt. radsport-news.com, 6. April 2014, abgerufen am 9. April 2016.
- Oudenaarde is aankomst Ronde van Vlaanderen 2012
- Frankfurter Rundschau. Frankfurt am Main 6. April 1987, S. 12.
- De Ronde 2002. Koppenberg. Tom & Eddy Van Laere, 2002, archiviert vom Original am 7. Juni 2002; abgerufen am 10. April 2015 (niederländisch).
- Jesper Skibby - Flandern Rundt 1987. YouTube, 12. August 2011, abgerufen am 10. April 2015.
- Koppenberg gone, but Boonen still a Flanders favorite (en)
- Koppenberg 2006. YouTube, 11. November 2006, abgerufen am 23. April 2020.
Weblinks
- Website der Rennorganisation (niederländisch, englisch, französisch)
- Flandern-Rundfahrt in der Datenbank von ProCyclingStats.com