Klarinette
Die Klarinette ist ein Holzblasinstrument mit teils zylindrischer und teils konischer Bohrung. Ihr Mundstück ist wie beim Saxophon mit einem einfachen Rohrblatt ausgestattet. Der Name des Instruments (von italienisch clarinetto[1]: „kleines Clarino“) wird darauf zurückgeführt, dass sie im hohen Register ähnlich klingt wie die hohe Clarin-Trompete, deren Funktion sie im 18. Jahrhundert teilweise übernahm. Sie verfügt unter den Blasinstrumenten über den bei weitem größten Tonumfang mit ungefähr vier Oktaven, auch abhängig von den Fähigkeiten des jeweiligen Klarinettisten. Es gibt nicht nur die Klarinette, sondern eine ganze Familie von unterschiedlich gestimmten Klarinetten, von der Kontrabasslage bis zum Sopranino. Hinsichtlich der Notation handelt es sich mit Ausnahme der seltenen C-Klarinette um transponierende Instrumente. Unter diesen hat die B-Klarinette in der Praxis die größte Bedeutung, gefolgt von der Klarinette in A. Diese beiden Instrumente klingen eine kleine Terz bzw. eine große Sekunde tiefer als in deren Notensatz notiert. Unter verschiedenen möglichen Griffsystemen haben heute nur noch zwei Bedeutung: das weltweit führende französische und das vorwiegend im deutschsprachigen Raum dominierende deutsche.
Aufbau und Funktion
Material und Teile der Klarinette
Der Korpus der Klarinette bestand ursprünglich aus Buchsbaum; heute wird zumeist Grenadillholz verwendet. Es ist wesentlich härter und dichter als Buchsbaum, aber auch schwerer. Stattdessen verarbeiten einige Klarinettenbauer auch Mopane oder Bubinga mit ähnlichen, wenn auch nicht ganz so ausgeprägten Eigenschaften. Cocobolo und Palisander, das teilweise auch als Rosenholz bezeichnet wird, sind wegen mangelnder Härte für den Korpus eher ungeeignet. Preisgünstige Instrumente werden aus ABS-Kunststoff oder Ebonit hergestellt, selten aus Metall. 1994 entwickelte Buffet Crampon einen Verbundwerkstoff, bestehend aus Pulver von Grenadillabfällen und Carbonfasern und belegte die daraus hergestellten Klarinetten mit dem Etikett „Green-Line“, wobei der Preis dem von Grenadill-Klarinetten entspricht. Das neueste und teuerste Material für das Ober- und Unterstück ist ein Carbon ummantelter Holzkern aus Grenadill oder Cocobolo. Die unterschiedlichen Materialien haben ihren je eigenen Klangcharakter. Die Klappenmechanik ist in der Regel aus versilbertem oder vergoldetem Neusilber, selten aus Messing oder Nickel.
Die Gesamtlänge der B-Klarinette beträgt ungefähr 66 cm, der A-Klarinette 71 cm. Die entsprechenden Bassett-Ausführungen sind ca. 18 cm länger. Die Innenbohrung ist etwa zwischen 14,6 und 15,7 mm weit ; dabei liegt die Konizität (Differenz zwischen geringstem und weitestem Durchmesser) der deutschen Klarinette bei 3 mm, der französischen bei 7 mm (hauptsächlich oder ausschließlich am Unterstück), sh. Griffsysteme. Die Art der Bohrung ist neben dem Material bedeutsam für den Klang.
Um einfacher hergestellt, transportiert und gewartet werden zu können, besteht die Klarinette aus fünf getrennten Teilen, die mit korkbelegten Zapfen ineinander gesteckt werden:
- dem Mundstück (zusammen mit dem aufliegenden Rohrblatt und der Blattbefestigung), genannt auch Schnabel,
- der Birne (auch Fass oder Fässchen genannt),
- dem Oberstück,
- dem Unterstück
- und dem (Schall-)Trichter oder Schallstück (auch Becher oder Stürze genannt).
Der Trichter ist für den Klang der tiefsten Töne ausschlaggebend.
Am Ober- und Unterstück befinden sich die Tonlöcher und Klappen. Die Tonlöcher, die mit den Fingern geschlossen werden, sind einfache runde Löcher. Dagegen sind die mit runden Klappen verschlossenen bzw. zu schließenden Tonlöcher versenkt und von einem erhabenen scharfkantigen konischen Ring (Zwirl) umgeben, auf den beim Schließen der Klappen die in diese eingeklebten Poster treffen und das Tonloch absolut dicht verschließen. Die Polster sind entweder aus Leder, meist weichem Ziegenleder, oder aus Goretex. Im Gegensatz zum zylindrischen Oberstück ist das Unterstück in seiner unteren Hälfte leicht konisch geformt, also engmensuriert. An seinem oberen Ende ist außerdem ein kleiner Griff angebracht, mit dem das Instrument, auf den rechten Daumen gestützt, beim Spielen gehalten wird. Bei schwereren Instrumenten wird dort ein um den Hals des Spielers verlaufendes Band eingehakt.
Das schnabelförmige Mundstück wird aus gehärtetem Kautschuk, früher auch aus Holz hergestellt. Moderne Mundstücke sind aus Kunststoffen wie Ebonit oder Acryl, auch aus Glas, Metall oder Plastik. Der eigentliche Tonerzeuger ist das etwa 12,5 mm breite einfache Rohrblatt (kurz „Blatt“ oder „Blättchen“ genannt, siehe auch Zunge), das am Mundstück (auch Schnabel genannt) befestigt wird. Es ist fast immer aus Rohrholz (Pfahlrohr, Arundo donax), selten aus Kunststoff, der auch mit Kohlenstoff- oder Glasfasern verstärkt sein kann. Zur Befestigung werden je nach gewünschtem Klang und nach Gewohnheit des Klarinettisten Metallhalter, Kunststoffhalter (beide Blattschrauben oder Ligaturen genannt) verwendet oder im Deutschen System auch ca. 120 cm lange Blattschnüre, mit denen Mundstück und Rohrblatt umwickelt werden. Beim Spiel werden die schwingenden Teile der Blätter von den Lippen umschlossen. Durch Änderungen der Stellung der Lippen und des auf das Blatt ausgeübten Drucks sind mehr oder weniger weit reichende Variationen der Tonhöhe möglich, wovon z. B. beim Glissando Gebrauch gemacht wird. Aber auch bei normalem Spielen können kleinere Modulationen notwendig sein zum Ausgleich bauartbestimmter Unstimmigkeiten. Die höchsten Töne, etwa ab notiert e’’’, erfordern in der Regel zunehmenden Lippendruck, um nicht zu niedrig auszufallen, insbesondere beim französischen Griffsystem.
Mundstück und Blatt sind von entscheidender Bedeutung für den Klang der Klarinette. Es gibt enge, mittlere und weite sowie schmale und breite Bahnen. Für all diese Mundstücke stellt die Industrie Blätter her, und zwar in verschiedenen Stärken. Für den Klarinettisten ist die richtige Kombination von Mundstück und Blatt enorm wichtig. Gleichwohl müssen neue Blätter erst noch eingespielt und gelegentlich erst nachbearbeitet werden. Profiklarinettisten bearbeiten ihre Blätter häufiger nach: bei Blättern, die zu leicht oder zu leicht geworden sind, werden mit einem Blattschneider in mm-Bruchteilen die Spitzen gekürzt, während bei zu schwer gängigen Blättern vorsichtig mit einem Schachtelhalm die Blattspitze des auf einer Glas- oder Plexiglasplatte aufliegenden Blattes verdünnt wird. Zudem ist darauf zu achten, dass die Unterseite der Blätter absolut gerade ist. Dazu gibt es einen feinen Schleifstein. Es empfiehlt sich, die Blätter nach dem Gebrauch nicht auf dem Mundstück zu belassen, wo sich die Blattspitze wellen würde, sondern das Blatt leicht befeuchtet auf die Glas- bzw. Plexiglasscheibe zu legen. So bleibt die Spitze plan und muss vor dem nächsten Gebrauch nur noch gut angefeuchtet werden. Dennoch entfaltet das Blatt, auch wenn es bereits eingespielt ist, seine vollen Eigenschaften erst nach mehreren Minuten des (erneuten) Gebrauchs.
Anpassung an den jeweils geltenden Stimmton
Zum Stimmen des Instrumentes verwenden Klarinettisten einerseits Birnen unterschiedlicher Längen, andererseits kann auch die Birne einige Millimeter aus dem Oberstück gezogen werden, um tiefer zu intonieren. Die Bonner Klarinettisten Henry Paulus und Matthias Schuler haben 2008 eine stufenlos stimmbare Klarinettenbirne entwickelt und in zahlreichen Ländern (EU[2], USA, Japan und China) ein Patent erworben, welches dort noch bis voraussichtlich 2028 gültig ist. Diese Klarinettenbirne muss nicht mehr herausgezogen werden, sondern lässt sich über einen geriffelten Drehring einstellen, ähnlich wie bei einem Zoomobjektiv (deswegen nennen sie ihre Erfindung „Z-Birne“).[3] Der Kammerton a’[4] (bei der B-Klarinette notiert h’) wird heute auf 440 bis 444 Hz gestimmt. Für die Sauberkeit der Intonation werden bei der B-Klarinette das eine Oktav tiefer liegende h und das eine Oktav höher liegende h’’ mit herangezogen. Auch die Überprüfung der Unterquinte e’ oder der e-Moll-Dreiklang sind weitere Indizien für die Sauberkeit der Intonation. In extremen Fällen kann außer dem Birnenauszug noch das Oberstück aus dem Unterstück gezogen werden (Korrektur in der Mitte), falls die Stimmung viel zu hoch ist. Im Gegensatz zu Sinfonieorchestern oder Kammermusikensembles stimmen Blasorchester (der Blechbläser wegen) oft auf dem klingenden b’ ein. In dem Fall spielen die Klarinettisten dann notiert c’’.
Allerdings sind Klarinetten in puncto Stimmton sehr empfindlich, da sie in der Duodezim überblasen und somit auch die oberen Töne schnell unrein werden. Das Instrument stimmt nicht mehr – wie der Musiker sagt – „in sich“. Manche Musiker können mithilfe des Ansatzes auch noch einige Schwingungen höher oder tiefer spielen, aber verglichen mit Flöten, Oboen oder Fagotten, die zur Not auch weiter „ausziehen“ können – und dann mit dem Ansatz leicht korrigieren – ist der Spielraum auf der Klarinette sehr begrenzt.
Die deutsche Bläserschule deckt bei den kritischen „kurzen“ Tönen gerne mit der rechten Hand einzelne Klappen ab; so klingen sie „runder“. Diese Töne sind gerne zu hoch und werden so etwas tiefer gemacht. Auch können weitere Hilfsgriffe verwendet werden, die aber bei jedem Instrument etwas anders liegen. Ein leichtes Blatt macht die Töne etwas tiefer und ein härteres etwas höher.
Physik
Durch den Luftstrom, der vom Musiker in das Instrument geblasen wird, beginnt das am Mundstück befestigte Rohrblatt zu vibrieren. Dadurch entsteht eine Schwingung in der Luftsäule (siehe auch Holzblasinstrument#Tonerzeugung). Die Klarinette verhält sich dabei wie ein einseitig geschlossenes zylindrisches Rohr (am Mundstück geschlossen, am Trichter offen). Das heißt, nur ein Viertel der Wellenlänge befindet sich im Rohr. Daher klingt die Klarinette bei gleicher Rohrlänge eine Oktave tiefer als die Flöte, die ein beidseitig offenes Rohr ist, bei dem sich die halbe Welle im Rohr befindet.
Die Wellenlänge und damit auch die Frequenz dieser Schwingung hängt von der Länge der schwingenden Luftsäule ab, die durch Öffnen und Schließen der Tonlöcher verändert wird. Das Überblasen wird durch eine Überblasklappe (Duodezklappe) ermöglicht. Darüber hinaus kontrolliert der Spieler mit der Unterlippe und dem Luftstrom auch die Vibration des Rohrblatts, wodurch er sowohl den Klang als auch die Intonation beeinflusst.
Weil die Klarinette ein einseitig geschlossenes zylindrisches Rohr ist, weist das Spektrum der Klarinette im Chalumeau-Register (s. u.) überwiegend Obertöne geradzahliger Ordnung (= Teiltöne ungerader Ordnung) auf. Daraus resultiert ihr eher dunkler Klang in der Tiefe, vergleichbar gedackten Pfeifenorgelregistern.
Aus dem gleichen Grund überbläst die Klarinette in die Duodezime (also von 1/4 Wellenlänge nach 3/4 Wellenlänge) und nicht in die Oktave wie die Flöte oder auch das Saxophon, bei dem wegen des konischen Rohrs andere Verhältnisse herrschen. Dadurch hat die Klarinette einen großen Tonumfang (eine ganze Oktave mehr als beispielsweise Saxophon, Oboe oder Blockflöte). Das dritte Register überbläst zwei Oktaven und eine Terz (also zu 5/4 der Wellenlänge). Der gesamte Tonumfang der Klarinette beträgt fast vier Oktaven.
Die Obertonreihe der einzelnen Register charakterisiert auch ihren Namen. So heißt das tiefe, dumpfe Register Chalumeau-Register, da es dem Klang des Chalumeau entspricht, das noch nicht in ein höheres Register überblasen konnte. Bisweilen wird das Register auch Schalmei-Register genannt (Schalmei und Chalumeau haben dieselbe etymologische Wurzel), was aber irreführend ist, da der Klang der Schalmei bekanntlich laut und offen ist. Das Mittel-Register heißt Clarinregister und erinnert an den Klang in hoher Lage gespielter Blechblasinstrumente (Clarinblasen). Das hohe Register trägt den Namen Flageolett-Register, was auf den Charakter einer Flageolett-Flöte hinweist.
Die Artikulation erfolgt bei der Klarinette meistens durch einen Zungenschlag (auch als Zungenstoß bezeichnet), kann aber für besonders weich einsetzende Töne auch durch den kontrolliert unterbrochenen Luftstrom allein erfolgen.
Griffsysteme
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Die zwei vorherrschenden Griffsysteme sind einerseits das deutsche Griffsystem, das vor allem in Deutschland und Österreich verwendet wird, und andererseits das heute international weit verbreitete französische System (Böhm-System). Der Fingersatz für das Böhm-System wird in einem separaten Artikel beschrieben. Der Unterschied der Systeme liegt allerdings nicht nur in der Griffweise für die einzelnen Töne, sondern auch in der Innenbohrung und der Bauart der zugehörigen Mundstücke, mit Auswirkungen auf den Klang. Ungeachtet der Varianten einzelner Hersteller liegt bei einer B-Klarinette deutscher Bauart (auch der Wiener Klarinette) der Unterschied zwischen dem engsten Innendurchmesser oben am Oberstück und dem weitesten unten am Unterstück (Konizität) bei 3 mm, die sich mit etwa 1 mm auf das Oberstück und mit etwa 2 mm auf das Unterstück verteilen. Bei einer B-Klarinette französischer Bauart verläuft die Innenbohrung des Oberstücks und des oberen Teils des Unterstücks zylindrisch, um sodann in eine relativ starke konische Bohrung überzugehen, deren Enddurchmesser 7 mm größer ist als der Ausgangsdurchmesser. Bei der weiter unten kurz beschriebenen Reform-Böhm-Klarinette, deren Innenbohrung mehr der der deutschen Klarinette gleichen soll, beläuft sich die Differenz immerhin noch auf ca. 4,5 mm.
Das deutsche Griffsystem leitet sich von der historischen Griffweise ab; die Grundgriffe der modernen Oehler-Klarinette gleichen im Wesentlichen noch immer denen der 5-Klappen-Klarinette, die zur Zeit Mozarts gespielt wurde. Im Laufe der Zeit nahm die Anzahl der Klappen (um 1760 vier, bis 1800 etwa sechs) zu, zunächst bis zu der von Iwan Müller Anfang des 19. Jahrhunderts vorgestellten Klarinette mit 13 Klappen und 6 Grifflöchern. Weitere Neuerungen der Müller-Klarinette waren der Gabelmechanismus für das b und das f’’, vor allem aber perfekt schließende Lederpolster anstelle von Filzpolstern, verbunden mit versenkten Tonlöchern mit erhobenen konischen Ringen (Zwirlen) und Ersatz der Kippmechanik der Klappen durch Löffelklappen, ferner eine deutliche Verbesserung der Intonation durch die neue Mechanik und eine andere Anordnung der Tonlöcher; damit konnte diese Klarinette in fast jeder Tonart ohne Probleme gespielt werden.[5] Außerdem erfand Müller die Blattschraube und die Daumenstütze. Letztere schuf die Möglichkeit des Untersichblasens an Stelle des Übersichblasens, bei dem das Mundstück aus heutiger Sicht verkehrt herum aufgesteckt war, also mit dem Blatt nach oben, siehe Abbildung links „Frühe Klarinette“.[6] Oskar Oehler verbesserte 1905 die Müller-Klarinette, die dann 22 Klappen, 5 Ringe und einen Griffdeckel aufwies und auch ein eleganteres Aussehen bekam. Weitere teils signifikante Verbesserungen erfolgten 1908 durch den Klarinettisten Ernst Schmidt und den Instrumentenbauer Louis Kolbe. Es entstand die Schmidt-Kolbe-Klarinette, die später hauptsächlich von Fritz Wurlitzer (1888–1984) bis zur Beendigung seiner Berufstätigkeit hergestellt wurde. Sie wurde von namhaften Solisten gespielt und ist heute nur noch gebraucht zu erwerben.[7][8]
Das deutsche Griffsystem (in Gestalt der Müller-Klarinette) war vor der Erfindung des Böhm-Systems in allen Ländern verbreitet; als „deutsch“ wird es erst bezeichnet, seit das Böhm-System Ende des 19. Jahrhunderts in Frankreich zum Standard wurde.
Das Böhm-System beruht auf Theobald Böhms Entwicklungen für die Querflöte. Es wurde aber nicht von Theobald Böhm selbst, sondern von Hyacinthe Klosé entwickelt. Der Unterschied liegt im Wesentlichen darin, dass die Gabelgriffe für b und f auf h und fis verlegt wurden und die Griffe der kleinen Finger konsequent redundant gestaltet wurden, sodass die Böhm-Klarinette ohne die für die deutsche Klarinette typischen Rollverbindungen zwischen den Klappen auskommt. Sie fußt insoweit ebenfalls auf der Müller-Klarinette, als sie Zwirle, Lederpolster, Löffelklappen, Daumenhalter und Blattschraube übernahm.
Neben Unterschieden in der Griffweise unterscheidet sich die französische Klarinette von der deutschen traditionell durch eine größere Konizität der Innenbohrung, wie vorstehend dargelegt, stärker unterschnittene Grifflöcher, ein etwas breiteres Mundstück und eine insgesamt leichtere Bauweise. Dadurch ist der Klang der Böhm-Klarinette schärfer, flexibler und obertonreicher. Der Klang der deutschen Klarinette wirkt reiner, sonorer und wärmer. Das Klangideal ist aber nicht direkt mit dem Griffsystem verbunden: Die bereits 1850 in Belgien entwickelte Albert-System-Klarinette ist im Wesentlichen eine Klarinette mit französischem Klangideal und klassischer „deutscher“ Griffweise. Die in der osteuropäischen Volksmusik und in manchen Bereichen des Jazz eingesetzten Klarinetten haben üblicherweise ein einfaches deutsches Griffsystem, aber einen selbst im Vergleich mit der französischen Klarinette sehr hellen Klang. Seit Ende der 1940er Jahre werden auch Böhm-Klarinetten gebaut, die durch eine andere Innenbohrung (s. o.) und ein anderes Mundstück dem deutschen Klangideal sehr nahe kommen und unter dem Namen Reform-Böhm-Klarinetten vertrieben werden. Manche Klarinettisten benutzen Mundstücke mit französischem Schnitt auf einer deutschen Klarinette, was zu einem dunklen, weichen Klang führt, andere Mundstücke deutscher Bauart auf einer französischen Klarinette, um dem deutschen Klang näher zu kommen. Da auch die Weite der Bahnöffnung, der Boden des Mundstücks, das Blatt und nicht zuletzt der Spieler selbst wesentlich zum Klangergebnis beitragen, kann natürlich auch auf klassischen französischen Klarinetten ein warmer und auf deutschen Klarinetten ein schärferer Klang erzeugt werden.
Stimmungen
Die Familie der Klarinetten hat zahlreiche Vertreter in unterschiedlichen Größen, weil sich die zylindrische Bohrung und das flexible Klappensystem besonders gut für bauliche Experimente eignen. Schon Richard Strauss berichtet in seiner Überarbeitung von Berlioz’ Instrumentationslehre von einer Aufführung der Mozartschen g-moll-Symphonie mit einem reinen Klarinettenorchester, das sich aus Instrumenten der verschiedensten Stimmungen zusammensetzte. Fast alle Klarinetten sind transponierende Instrumente und müssen daher dementsprechend notiert werden.
Heute verbreitete Formen und Stimmungen
Im modernen Gebrauch sind in erster Linie vier Größen üblich: Die „normale“ Klarinette in B, in der klassischen Musik dazu auch eine einen Halbton tiefer gestimmte Klarinette in A, ab der romantischen klassischen Musik eine Bassklarinette in B, und etwa ab Spätromantik auch eine hohe Klarinette in Es.
Die B-Klarinette ist am meisten verbreitet und findet etwa auch im Jazz und in der Volksmusik Verwendung. Sie klingt einen Ganzton tiefer als notiert. Im Sinfonie- und im Opernorchester gesellt sich zu ihr die A-Klarinette, die eine kleine Terz tiefer als notiert klingt. Die abwechselnde Verwendung dieser beiden Typen ist vor allem technisch begründet, klanglich sind sie fast identisch: Passagen in B-Tonarten lassen sich auf dem B-Instrument leichter ausführen, die A-Klarinette ist für Kreuz-Tonarten spieltechnisch besser geeignet. Einige Komponisten stellen allerdings gerade den klanglichen Unterschied in den Vordergrund und nicht die leichtere Griffweise – sie setzen die A-Klarinette für einen weicheren oder wärmeren Klang ein und nehmen keine Rücksicht auf die schwierigere Griffweise. Die unterschiedliche Klangcharakteristik kann so zusammengefasst werden: „[D]ie B-Klarinette [wirkt] infolge ihres reichhaltigeren Obertonspektrums glanzvoller und kräftiger, während bei der A-Klarinette der dunkle und kantable Charakter deutlicher ausgeprägt ist.“[9]
Manche Böhm-Klarinetten werden mit einem tiefen es (Mi♭ grave) und erweiterter Mechanik gebaut (sog. Vollböhm-System, sh. Abbildung). So können Klarinettisten mit nur einer Klarinette das gesamte gängige Repertoire auf einem Instrument spielen. Auch vermeidet man, dass auf ein kaltes Instrument gewechselt werden muss, was oft Intonationsprobleme mit sich bringt. Allerdings müssen sie teilweise in sehr schwierigen Tonarten musizieren, wozu nur das Böhm-Instrument problemlos in der Lage ist. Besonders Nachdrucke der Orchesterstimmen von Breitkopf & Härtel in den USA haben oft transponierte Klarinettenstimmen beigefügt. Oder die Musiker mussten prima vista transponieren, was überraschenderweise oft gut beherrscht wurde. Dieser Brauch war mehr in den romanischen Ländern verbreitet. Im Rumänien der 70er und 80er Jahre war es – wegen Geldmangels – oft die Regel in mittleren Orchestern. (Gleichzeitig spielten dort ältere Spieler noch das deutsche System, jedoch mit sehr französischer Tongebung.)
Ein weiterer Vorteil dieser Erweiterung nach unten ist, dass das es als kurzes b (b’) überblasen gespielt werden kann und somit fülliger als dieser – meist sehr kritische Ton – erklingt. Obwohl diese Erweiterung des Umfangs nach unten – außer bei der Bassklarinette – wenig verbreitet ist, haben einzelne Komponisten trotzdem damit gerechnet. Schon Gustav Mahler hat in seiner 7. Sinfonie (Ziffer 262) eine diesbezügliche Anmerkung angebracht. Ottorino Respighi verlangt in der 1. und der Bassklarinette dieses „tiefe es“ in seiner Tondichtung Pini di Roma (zwei Takte vor der Ziffer 10, Ricordi-Partitur Seite 30).
Für hohe Stimmen mit speziellen Klangeffekten wird seit Mitte des 19. Jahrhunderts oft die Es-Klarinette („Sopranino-Klarinette“) verwendet, deren schriller Ton in Blaskapellen und böhmisch-mährischer Volksmusik, aber auch im groß besetzten Symphonieorchester zum Einsatz kommt. Wegen ihres durchdringenden Klanges wird sie im Orchester normalerweise nur einzeln besetzt.
Hauptsächlich im Orchester und in der sinfonischen Blasmusik, vereinzelt auch im Jazz, ist die Bassklarinette in B zuhause, die eine Oktave tiefer als die B-Klarinette klingt. Ihr Tonumfang ist oft über das tiefe e hinaus bis maximal zum c erweitert, sodass ihr tiefster Ton das klingende Kontra-B (‚B) ist. Im Gegensatz zur Normalklarinette wird die Bassklarinette üblicherweise nicht in A gebaut.
Seltener werden heutzutage im Sinfonieorchester noch C-Klarinetten und D-Klarinetten eingesetzt. Die C-Klarinette war im 19. Jahrhundert weit verbreitet und wurde zum Beispiel von Antonio Salieri in seinen Opern häufiger verwendet. Sie wird heute jedoch als einziges nicht-transponierendes Familienmitglied üblicherweise durch die B-Klarinette ersetzt. Die D-Klarinette, die beispielsweise im barocken Klarinettenkonzert von Johann Melchior Molter oder in der Wiener Tanzmusik (Johann Strauss) zu finden war, wird weitgehend durch die Es-Klarinette ersetzt, was aber nur dann bis zum untersten Ton (geschriebenes e) geht, wenn sie (geschrieben) bis zum tiefen es reicht, was bei deutschen Klarinetten nie und bei französischen selten der Fall ist. Im übrigen standen bzw. stehen die Komponisten, die bewusst für diese Instrumente wegen ihrer jeweiligen Klangeigenschaften komponiert haben, der Übertragung auf andere Klarinetten ablehnend gegenüber.
Hohe Klarinetten
Seltenere hohe Instrumente sind die Hoch-G-Klarinette (es gibt auch eine Tief-G-Klarinette), das „picksüße Hölzl“, das ausschließlich in der Wiener Schrammelmusik gespielt wird, und die Hoch-As-Klarinette, die höchste Klarinettenstimme in der frühen Blasmusik. Sie werden heute nicht mehr serienmäßig hergestellt.
Instrumente in Altlage
Das Bassetthorn in F setzte vor allem Wolfgang Amadeus Mozart in einigen seiner Opern (Die Zauberflöte), Kammermusikwerken und in seinem Requiem ein, anschließend auch Felix Mendelssohn Bartholdy und Richard Strauss (in Elektra und Die Frau ohne Schatten). Heute erlebt es eine Renaissance in der neueren Quartettliteratur für Klarinetten. Der Tonumfang des Bassetthorns ist mit den sogenannten Bassettklappen nach unten bis zum notierten c (klingend F) erweitert (wie auch die lange Bassklarinette und die Bassettklarinette bis notiert c erweitert sind). Dadurch beträgt der Tonumfang volle vier Oktaven. Vorwiegend im Blasorchester übernimmt die Altklarinette in Es die Rolle der Mittellage zwischen normaler und Bassklarinette. Diese wird gewöhnlich ohne Bassettklappen gebaut, manchmal aber bis notiert d (klingend F) verlängert, um Bassetthornstimmen wiedergeben zu können.
Die Bassettklarinette (in A, B oder auch C) ist das dem Bassetthorn ähnliche Instrument, für das Mozart sein Klarinettenquintett KV 581 und sein Klarinettenkonzert KV 622 komponierte, Werke, deren tiefste Passagen kurz nach Mozarts Tod oktaviert wurden, um sie auch auf einer normalen A-Klarinette spielen zu können und deren ursprüngliche Partituren heute nur in rekonstruierten Fassungen vorliegen. Die erst später so genannte Bassettklarinette wurde mehrfach erfunden, zuerst um 1770. Das Instrument von Mozarts Freund und Logenbruder Anton Stadler (1753–1812), der auch die beiden Werke uraufführte, wurde 1788 von dem Wiener Hofinstrumentenmacher Theodor Lotz entwickelt und gefertigt[10] und von Stadler weiter verbessert. Es verfügte, wie von Mozart vorgeschrieben, notiert neben den Tönen der normalen Klarinette noch über die tieferen Töne es, d, cis und c (klingend A bzw. B bei der Bassettklarinette in A oder B). Einige Instrumentenbauer haben in letzter Zeit moderne Sonderanfertigungen dieser Bauform hergestellt, so dass neuere Einspielungen ein authentischeres Bild dieser Werke vermitteln können.
In der griechischen und türkischen Volksmusik werden Tief-G-Klarinetten verwendet. Die Instrumente haben die deutsche Griffweise und eine gerade Bauform, es gibt sie sowohl in Holz als auch in Metall. Die Mechanik ist meist nach Albert konstruiert, man findet aber auch die moderne deutsche Mechanik. Die Stimmung ist eine reine Quarte tiefer als notiert, kann also der Altlage zugeordnet werden.
Weitere tiefe Klarinetten
Die Kontrabassklarinette in B klingt um zwei Oktaven tiefer als die B-Klarinette und kommt bei großbesetzten Werken des 20. und 21. Jahrhunderts zum Einsatz, beispielsweise in Arnold Schönbergs Fünf Orchesterstücken Opus 16, György Ligetis Lontano und Iannis Xenakis’ Jonchaies sowie in der Filmmusik. Häufig doppelt dabei die Kontrabassklarinette die Stimme des Kontrabasses. Gelegentlich findet sich die Kontrabassklarinette auch in Blasorchestern.
Im Blasorchester wird gelegentlich zur weiteren Verstärkung des tiefen Klarinettenregisters neben der Kontrabassklarinette die Kontraaltklarinette in Es verwendet, die um eine Oktave tiefer als die Altklarinette in Es klingt. Diese sehr tief spielenden Klarinetten werden auch in einigen Musicals (zum Beispiel A Chorus Line, The Producers) eingesetzt.
Von der noch tieferen Subkontraaltklarinette in Es (zwei Oktaven tiefer klingend als die Altklarinette in Es) sowie der Subkontrabassklarinette in B (drei Oktaven tiefer klingend als die Klarinette in B) existieren weltweit nur wenige Exemplare.
Kuriosa
- In den 1930er Jahren entwickelte Friedrich Stein die Steinklarinette, die ein neuartiges Klappensystem auf zwei Metallrohren hatte und von der Firma Gebrüder Mönnig in Markneukirchen gebaut wurde.
- Vierteltondoppelklarinette: Durch die Beschäftigung der Komponisten mit Mikrointervallen und der Viertelton-Musik, die in Mitteleuropa ab Anfang des 20. Jahrhunderts stattfand, entstand gerade bei Blasinstrumenten der Wunsch nach baulicher Unterstützung dieser Töne. Der Instrumentenbauer Fritz Schüller (1883–1977) konstruierte eine Vierteltondoppelklarinette, die aus zwei nebeneinander liegenden, im Abstand eines Vierteltons gestimmten Klarinetten bestand, die jedoch mit nur einem Mundstück und einem Klappensystem ausgestattet war. Mit einem zusätzlichen Hebel konnte zwischen den beiden Röhren hin- und hergeschaltet werden, so dass es ohne erheblich größeren Griffaufwand möglich war, eine Vierteltonleiter zu spielen.
- Die Sudden Smile Clarinet ist eine Kombination aus Klarinettenmundstück und Blockflötenkorpus und wäre zutreffender als Chalumeau zu bezeichnen. Sie ist ca. 35 cm lang und steht in C. Dem Spieler steht eine vollständige chromatische Skala von 2 1⁄2 Oktaven zur Verfügung.
- Inzwischen gibt es auch die Tupian Chalumeaus, welche die Möglichkeit bieten, durch eine spezielle Grifftechnik ähnlich wie bei Flöten bis zu 2 1⁄2 Oktaven ganz ohne Klappen zu spielen. Diese Instrumente werden in allen gängigen Tonarten von hoch F bis tief D angeboten.
- Der kanadische Klarinettenbauer Steven Fox konstruiert Klarinetten, die in der Bohlen-Pierce-Skala gestimmt sind. Wegen der hohen Kompatibilität dieser Skala mit Klarinetten können diese auch in Bezug auf die Klappenmechanik deutlich einfacher ausgeführt sein.
Geschichte
Die Geschichte der Einfachrohrblattinstrumente reicht bis in die Antike zurück. Seit altägyptischer Zeit, in der klassischen Antike sowie im Mittelalter ist eine große Fülle unterschiedlicher Instrumentenformen, häufig mit gedoppeltem Schallrohr, nachgewiesen. In Regionen mit lebendiger traditioneller Musiktradition sind entsprechende Instrumente zum Teil bis in die Neuzeit erhalten geblieben (zum Beispiel Sipsi). Bei den Rohrblättern dieser Instrumente entsteht die schwingende Zunge durch einen Einschnitt in den Halm eines Rohres (idioglottes Rohrblatt). Demgegenüber wird für die Klarinette ein auf ein Mundstück montierbares und wieder abnehmbares Blatt verwendet, somit ein heteroglottes Rohrblatt.
Das Chalumeau
Das Chalumeau ist erst seit dem Ende des 17. Jahrhunderts nachweisbar und somit nur wenig älter als die Klarinette. Gegenüber früheren Einfachrohrblattinstrumenten, die zum Teil auch schon als Chalumeau/Schalmei bezeichnet wurden, kann beim Chalumeau das Rohrblatt vom Mundstück gelöst werden (heteroglottes Rohrblatt). Das Chalumeau hat eine zylindrische Röhre. Es besitzt keine Überblasklappe und wurde nur im Grundregister benutzt, also in einen Tonumfang von einer großen None. Überblasene Töne können zwar erzeugt werden, sind aber klanglich unbefriedigend und oft unrein. Ähnlich der Blockflöte hat es acht Grifflöcher, manchmal ergänzt um eine oder zwei Klappen zur Erweiterung des Tonumfangs. Chromatische Töne werden mit Gabelgriffen gespielt.
Die Klarinette im 18. Jahrhundert
Um 1700 begannen deutsche Instrumentenbauer, das Chalumeau weiterzuentwickeln. Die bedeutendste Errungenschaft auf dem Weg zur Klarinette gelang dem deutschen Instrumentenbauer Johann Christoph Denner. Seine Weiterentwicklung des Chalumeaus bestand darin, ein Instrument anzufertigen, das mit einer Zusatzklappe zum Überblasen versehen war. Weil dieses Instrument im mittleren und hohen Register einen lauten, klaren Klang hatte, der an den der Barocktrompete (wegen des „Clarinspiels“ auch als Clarino bezeichnet) erinnerte, wurde es von Mayer im „Museum musicum“ (1732) als Clarinetto, also kleine Trompete, bezeichnet. Da es bei den ersten Klarinetten nicht gelang, gleichzeitig das tiefe und das überblasene Register klanglich und intonatorisch befriedigend auszuführen, wurden die ersten Klarinetten fast ausschließlich im überblasenen Register gespielt und für das tiefe Register weiterhin Chalumeaus gebaut. Heute noch nennt man die tiefste Lage der Klarinette das Chalumeau-Register. Die Denner-Klarinette hatte nur zwei Klappen, doch verschiedene andere Hersteller fügten bald weitere hinzu, um zusätzliche Töne spielbar zu machen. Das klassische Instrument, wie Mozart es kannte und liebte, hatte (ohne Bassetterweiterung) schließlich acht Grifflöcher und etwa fünf Klappen und war bereits in allen Registern gut spielbar.
Weiterentwicklungen
Der nächste wichtige Entwicklungsschritt war die Erfindung der oben unter dem Abschnitt „Griffsysteme“ beschriebenen Klarinette von Iwan Müller, die insgesamt als Revolution des Klarinettenbaus bezeichnet werden kann. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden diesem System, das weltweit Anklang fand, noch weitere Klappen hinzugefügt.
Unter den zahlreichen Modifikationen sei die Wiener Klarinette hervorgehoben; sie unterscheidet sich von ihrer deutschen Schwester durch eine weitere Bohrung, dickere Wandstärken und eine andere Mundstückbahn. Wiener Blätter sind breiter und stärker als deutsche Blätter[11] und haben einen anderen Blattkern. Damit verleiht die Wiener Klarinette – neben anderen Wiener Instrumenten, wie zum Beispiel Wiener Oboe, Wiener Horn, Wiener Pauke, Wiener Schlagwerk – den österreichischen Orchestern ihren typischen Wiener Klangstil.
Hyacinthe Klosé entwarf 1839 eine völlig neue Anordnung der Löcher und Klappen, die stark von den von Theobald Böhm erstellten Berechnungen beeinflusst war, die dieser auf den Bau der Querflöte angewandt hatte. Nach ihm benannte er seine Erfindung auch Böhm-System. Da diese Griffweise völlig neuartig konzipiert war und die das Müller-System gewohnten Musiker komplett umlernen mussten, setzte es sich jedoch nur langsam durch. Mittlerweile aber ist die Böhmklarinette (auch französische Klarinette genannt), vom deutschen Sprachraum abgesehen, das internationale Standardinstrument.
Neben den genannten Systemen wurden auch noch weitere entwickelt, wie zum Beispiel das „Pupeschi-System“ oder das „Mazzeo-System“, die sich jedoch nicht durchsetzen konnten.
Außerhalb von Deutschland und Österreich werden heute nahezu ausschließlich Böhm-Klarinetten verwendet. Das deutsche System war bis Mitte des 20. Jahrhunderts auch in Osteuropa weit verbreitet, wurde jedoch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts weitgehend vom Böhm-System abgelöst. In den Niederlanden war lange Zeit das Reform-Böhm-System (siehe oben) sehr beliebt; inzwischen (2017) spielen jedoch die Soloklarinettisten etwa des Concertgebouw-Orchesters in Amsterdam und der Rotterdamer Philharmoniker Böhmklarinetten. Einer der wenigen bekannten Klarinettisten in einem deutschen Orchester der ersten Wahl, der eine Böhm-Klarinette spielte, war der Schweizer Eduard Brunner.
Als ein späteres Beispiel einer technischen Innovation bei der deutschen Klarinette sei hier die Einpunkt-Verbindung für den H’-cis’’-Triller genannt. Diese hatte sich Rudolf Uebel, der Neffe von Friedrich Arthur Uebel, im Jahr 1949 patentieren lassen. In der Abbildung sind zwei Unterstücke von Arthur Uebel Klarinetten aus den 1990er Jahren gezeigt: Die Zweipunkt-Verbindung ist hier das jüngere Instrument; die Bauweise wechselte also wieder zu der ursprünglichen Variante.[12]
Verwendung der Klarinette in der Musik
Solistisch
Aus den zahlreichen Werken für Klarinette und Klavier sind vor allem die beiden Sonaten von Brahms, die Fantasiestücke von Robert Schumann und die Vier Stücke von Alban Berg hervorzuheben. Weitere Sonaten komponierten Felix Draeseke, Camille Saint-Saëns, Max Reger, Arnold Bax, Paul Hindemith, Francis Poulenc (Sonate für Klarinette und Klavier), Josef Schelb, Leonard Bernstein und Aaron Copland.
Es gibt auch eine reiche Literatur an Klarinettenkonzerten, darunter das bekannte Klarinettenkonzert KV 622 von Wolfgang Amadeus Mozart. Auch Carl Maria von Weber, Ludwig Spohr, Felix Mendelssohn Bartholdy, Franz Krommer, Johann Melchior Molter und Mitglieder der Stamitz-Familie schrieben beliebte und bis heute häufig aufgeführte Klarinettenkonzerte. Von Antonio Salieri existiert darüber hinaus eine sogenannte Picciola Sinfonia für konzertante Klarinette und Orchester, die als Einleitung zum zweiten Teil seiner Oper Die Neger dient. Später komponierten Claude Debussy, Igor Strawinski, Paul Hindemith und Aaron Copland Werke für Soloklarinette mit Orchesterbegleitung. Erwähnung verdient außerdem das Klarinettenkonzert von Carl Nielsen. Einen Höhepunkt in technischer und musikalischer Raffinesse markiert das Klarinettenkonzert von Jean Françaix (1968), das jedoch wegen seiner hohen Anforderungen an Solist und ans Orchester nur selten aufgeführt wird.
Neue Impulse setzten in den letzten Jahren u. a. der schwedische Solo-Klarinettist Martin Fröst und der Finne Kari Kriikku. Beide Solisten haben Konzerte in Auftrag gegeben, uraufgeführt und in zahlreichen Konzerten weltweit gespielt und auf CD aufgenommen. Für Fröst schrieben u. a. Kalevi Aho, Anders Hillborg und Rolf Martinsson (Concert Fantastique), für Kriikku u. a. Unsuk Chin, Kimmo Hakola, Jouni Kaipainen, Magnus Lindberg, Kaija Saariaho und Jukka Tiensuu Konzerte.
Die völlig unbegleitete Klarinette wurde von vielen Komponisten, vor allem im 20. Jahrhundert, mit Solokompositionen bedacht. Die prominentesten Vertreter sind hier die Drei Stücke (1919) von Igor Strawinski, Stimmungen eines Fauns (1921) von Ilse Fromm-Michaels, L’abîme des oiseaux (1941) aus dem Quatuor pour la fin du temps von Olivier Messiaen, das Capriccio (1946) von Heinrich Sutermeister, Luciano Berios Sequenza IXa (1980) sowie die Solo-Sonaten von Sigfrid Karg-Elert (1920) und John Cage (1933) und Germaine Tailleferre (1957).
Kammermusik
In der reinen Bläserkammermusik gibt es kaum eine Formation ohne Klarinette. In Harmoniemusiken, Bläseroktetten und -sextetten sind meistens zwei, im Holzbläserquintett ist eine Klarinettenstimme besetzt. Eine weitere wichtige Besetzung ist das moderne Klarinettenensemble mit Klarinetten, Bassetthörnern, Es-Klarinette, Bassklarinette und Saxophonen oder das Klarinettenquartett aus zwei Klarinetten, Bassetthorn und Bassklarinette. Auch in den Quintetten für Klavier und Bläser von Mozart und Beethoven spielt die Klarinette eine wichtige Rolle.
In der gemischten Kammermusik (Bläser und Streicher) ist vor allem das Klarinettenquintett zu nennen, das den Klang des solistischen Blasinstruments mit einem Streichquartett kombiniert. Besonders die Quintette von Mozart und Brahms sind hier hervorzuheben. In der größeren gemischten Besetzung, wie im Schubert-Oktett oder Beethoven-Septett teilt sich die Klarinette mit der ersten Violine oft die Hauptstimme. Berühmte Trios schrieben Mozart (Klarinette, Viola, Klavier) und Brahms (Klarinette, Violoncello, Klavier). Olivier Messiaen besetzt in seinem Quatuor pour la fin du temps (Quartett zum Ende der Zeit) Klarinette, Violine, Violoncello und Klavier.
Das vielleicht bekannteste Stück für zwei Klarinetten ist die Sonate für zwei Klarinetten FP7 von Francis Poulenc.
Orchester
Abgesehen von einigen solistischen Einsätzen, zum Beispiel in Werken von Antonio Vivaldi oder Jan Dismas Zelenka, war das Chalumeau nie wirklich im barocken Orchester integriert. Erst mit der Weiterentwicklung zur Klarinette konnte sich das Instrument neben den anderen Holzbläsern behaupten. Im Sinfonieorchester sitzen die Klarinettisten meistens in der zweiten Holzbläserreihe neben den Fagottisten; wobei die ersten Bläser beider Gruppen (Soloklarinettist und Solofagottist) direkt nebeneinander sitzen.
Wolfgang Amadeus Mozart hörte 1778 in Mannheim Sinfonien von Carl Stamitz und schrieb an seinen Vater:
- „Ach, wenn wir nur clarinetti hätten! – sie glauben nicht was eine sinfonie mit flauten, oboen und clarinetten einen herrlichen Effect macht!“
Dieses Zitat bezieht sich allerdings auf die Salzburger Hofkapelle, welche Klarinetten erst 1804 in Gebrauch nahm. Klarinetten wurden spätestens ab 1769 in der Fürsterzbischöflichen Militärmusik verwendet.[13] Mozart bemühte sich jedenfalls von diesem Zeitpunkt an, dieses Instrument auch in Österreich im Orchester zu integrieren. Dass die Klarinette noch keineswegs verbreitet war, lässt sich auch daran ablesen, dass Mozart seiner Sinfonie g-Moll KV 550 von 1788 erst nachträglich in der Zweiten Fassung, nachweislich bei den Konzerten am 16. und 17. April 1791, zwei Klarinetten hinzufügte, sie also in zwei Versionen auf den Markt brachte, sicher auch um ihre Verbreitung zu unterstützen. Und es ist mit sein Verdienst, dass in den Symphonien von Beethoven die Klarinette bereits fest zur Bläsergruppe gehört und gleichwertig mit der Oboe und Flöte eingesetzt wird. Besonders charakteristische Stellen findet man in den innigsten Momenten vieler Mozart-Opern, natürlich – hier sind es zwei Bassetthörner – in seinem Requiem und in den langsamen Sätzen der Beethoven-Symphonien. Zu dieser Zeit wurden üblicherweise zwei Klarinetten im Orchester besetzt.
Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist auch der oberschwäbische Komponist Nikolaus Betscher aus der Abtei Mönchroth, heute Rot an der Rot, der Beziehungen zu dem Salzburger Michael Haydn hatte. In seiner Missa in C von 1794, also erst 3 Jahre nach der Aufführung der Klarinetten-Version von Mozarts g-Moll-Sinfonie, setzt er die Klarinette ein „sowohl als Tutti-Instrument in der Bläserbesetzung des Ensembles als auch als virtuoses Soloinstrument im ‚Gloria‘ “.[14]
Bei vielen Komponisten der Romantik ist die Klarinette, ähnlich der Oboe in der Barockzeit, das Instrument der Wahl für intime, gesangliche Passagen (beispielsweise in den Symphonien von Mendelssohn oder Brahms). Auch im romantischen Opernorchester wird sie gerne mit ausdrucksvollen Gesangslinien bedacht. Außerdem vergrößert sich die Klarinettengruppe im Orchester, oft kommen drei oder mehr Spieler zum Einsatz, die zum Teil auch Nebeninstrumente spielen. Vor allem im romantischen Opernorchester spielt zum Beispiel die Bassklarinette eine zunehmende Rolle (etwa in den Opern von Richard Wagner). Die Klarinettenpartien aus Opern von Richard Strauss sind so wichtig und anspruchsvoll, dass sie bis heute als Pflichtstücke bei Vorspielen verlangt werden. Einzelne Komponisten (zum Beispiel Schostakowitsch in seiner Oper Lady Macbeth von Mzensk) besetzen bis zu fünf oder acht (Richard Strauss, Elektra) Klarinettisten.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts beeinflusste der neuartige Jazz auch die Konzertmusik, und naturgemäß wurde hierbei die Klarinette als verbreitetes Jazz-Instrument, das aber auch im Orchester vertreten ist, zunehmend verwendet. Ein weltbekanntes Beispiel ist der Beginn der Rhapsody in Blue von George Gershwin. Neuere Komponisten schätzen die Klarinette vor allem wegen ihrer Wendigkeit in allen Registern.
Blasorchester
In Blasorchestern und Militärkapellen wird die Klarinette unter anderem für schnelle Solopassagen verwendet. In Blasmusikbearbeitungen symphonischer Werke übernehmen die in zwei oder mehr Gruppen geteilten Klarinetten häufig die Geigenstimmen. Sie spielen dort weitgehend in ihrem oberen Tonbereich, in dem sie sich leicht von den anderen Instrumenten abheben. In größeren Blasorchesterbesetzungen werden zu den vorherrschenden B-Klarinetten, die chorisch besetzt sind, auch noch die Es-Klarinette, die tiefere Altklarinette in Es und die Bassklarinette in B gespielt. Die Kontra-Altklarinette in Es und die Kontrabassklarinette in B sind selten anzutreffen.
In böhmisch-mährischer Volksmusik wird die Klarinette meist zweistimmig (Es und B) besetzt und hat, abgesehen von eigenen Solopassagen, verzierende Funktion. Da die häufigen Pralltriller und Sechzehntelfiguren an Vogelgezwitscher erinnern, werden ihr oft Namen von Singvögeln gegeben zum Beispiel in den Titeln Gesang der Lerche oder Amselbrüder.
Jazz
Vor allem im frühen Jazz war die Klarinette ein zentrales Instrument, der Gipfel ihrer Popularität war in der Dixieland-Jazz- und Big-Band-Ära der 1930er und 1940er Jahre, als Klarinettisten wie Sidney Bechet, Benny Goodman, Artie Shaw, Johnny Dodds, George Lewis und Woody Herman die wohl erfolgreichsten Unterhaltungsmusikgruppen ihrer Zeit anführten. Dabei kamen zeitweise neben der dominierenden B-Klarinette auch Klarinetten in C und Es zum Einsatz. Duke Ellington verwendete die Klarinette in seinen Kompositionen als Hauptinstrument. Mit der sinkenden Beliebtheit der Big Bands in den späten 1940ern entfernte sich das Instrument von der zentralen Position, die sie auch im modern Jazz nicht wieder erlangte.
Im Dixieland-Revival der 1950er Jahre wurden Klarinettisten wie Hugo Strasser, Acker Bilk und Monty Sunshine berühmt und gelangten mit ihrer Musik sogar in die Hitparaden der Popularmusik. In der populären Jazzmusik fand auch die selten eingesetzte Metallklarinette ihren Platz.
Obwohl einige Musiker wie Eric Dolphy, Buddy DeFranco, Tony Scott, Jimmy Giuffre, Rolf Kühn, Perry Robinson, Theo Jörgensmann oder John Carter sie auch für Bebop und Free Jazz einsetzten, konnte die Klarinette bis heute ihren alten Stellenwert nicht mehr erreichen. In der zeitgenössischen Improvisationsmusik kann man sie wieder öfter hören. Unter den modernen Jazz-Klarinettisten sind u. a. Eddie Daniels, Paquito D’Rivera, Gebhard Ullmann, Don Byron und Lajos Dudas erwähnenswert.
Grenzgänger
- Jean-Christian Michel ist von der Kirchenmusik von Johann Sebastian Bach und vom anspruchsvollen „Europäischen“ Jazz inspiriert und spielt seine Kompositionen und Adaptationen auf der Klarinette.
- Das German Clarinet Duo spielt eine improvisierte Kammermusik, in der Elemente des Jazz und der Neuen Musik durch eine jazzoide Zeitgestaltung miteinander verbunden werden.
- Auch Woody Allen spielt Klarinette (Albert-System) und hat in den Aufnahmen seiner Filmmusiken (Take the Money and run, The Sleeper, Radio Days) selbst die Klarinette gespielt.
- Der englische Musiker John Helliwell setzt die Klarinette als tragendes Melodieinstrument in der Rockgruppe Supertramp ein.
- Musiker wie Tara Bouman oder Michael Riessler sind Grenzgänger, die aus der klassischen Musik kommen. Beide haben sich auch als Improvisatoren einen Namen gemacht.
- In der Band Coppelius werden Klarinetten oft für Soli benutzt, die im Klang an Gitarrensoli erinnern sollen.
Vibrato, Tremolo
Im Jazz und in der amerikanischen Unterhaltungsmusik wird die Klarinette traditionell mit ausgeprägtem Vibrato gespielt. In der klassischen Musik, in der Ländlermusik und in der Blasmusik wird die Klarinette hingegen traditionell mit einem möglichst geraden, konstanten Ton gespielt. Im Gegensatz zu Streichern, Sängern, Flötisten und Oboisten lehnten die klassischen Klarinettisten im 20. Jahrhundert das Vibrato-Spiel ab. Allein in Amerika wurde – vom Jazz beeinflusst – nicht selten auch in der klassischen Musik Vibrato eingesetzt.
Weitere Verwendungen
- Im Klezmer (Giora Feidman, Joel Rubin) und in der osteuropäischen Volksmusik (Iwo Papasow) findet die Klarinette reiche Verwendung als Solo- oder Begleitinstrument.
- Insbesondere auf dem Balkan ist die Klarinette, selbst in den kleinsten Besetzungen, ein Standardinstrument.
- Nicht ganz so unentbehrlich, aber immer noch wichtig ist die Klarinette in der alpenländischen Volksmusik.
- In der türkischen Folklore hört man meist Albert-Klarinetten[15] in G aus Holz oder Metall, gespielt zum Beispiel von Hüsnü Şenlendirici
- Seltener wird sie in der Popmusik eingesetzt, etwa in einigen Hits der Gruppe Supertramp.[16] Eine außergewöhnliche Mixtur aus Dixieland Jazz und Beatmusik findet sich zum Beispiel in dem Stück When I’m Sixty-Four der Beatles
- In Griechenland spielt die Klarinette (Clarino) in der traditionellen Tanz-, Hochzeits- und Klagemusik eine wichtige Rolle. Bei der Besetzung des griechischen Klageliedes gibt es häufig eine solistische Klarinette, oft mit Improvisation.
Berühmte Klarinettisten
- Der erste große Klarinetten-Star war Anton Stadler (1753–1812), dem Wolfgang Amadeus Mozart fast sämtliche seiner Werke für Klarinette, Bassetthorn oder Bassettklarinette „auf den Leib“ schrieb. Er kam ursprünglich aus Prag, führte aber wegen seiner großen Beliebtheit in vielen europäischen Metropolen ein regelrechtes Wanderleben.
- Ähnlich inspirierend dürfte der Münchner Hofmusiker Heinrich Joseph Baermann (1784–1847) auf Carl Maria von Weber gewirkt haben, der ihm zwei Konzerte, ein Concertino und Kammermusikwerke widmete. Sein Sohn Carl Baermann war ebenfalls Klarinettist und schrieb neben einigen Konzerten eine Klarinettenschule, die bis heute verwendet wird.
- Ein Zeitgenosse Heinrich Baermanns, der als bedeutendster Virtuose seiner Zeit galt, war Johann Simon Hermstedt. Ihm widmete Louis Spohr, der im Gegensatz zu Weber keinerlei Rücksicht auf die noch vorhandenen technischen Probleme der Klarinette nahm, seine vier Klarinettenkonzerte. Diese „Rücksichtslosigkeit“ von Seiten Spohrs veranlasste Hermstedt, das Instrument entsprechend weiterzuentwickeln.
- Auch Johannes Brahms, der in den 1890er Jahren eigentlich schon zu komponieren aufgehört hatte, wurde vom schönen Ton des Autodidakten Richard Mühlfeld (1856–1907) dazu motiviert, kurz vor seinem Lebensende noch einige Klarinettenwerke zu komponieren.
- Für Benny Goodman komponierten Aaron Copland und Paul Hindemith ihre berühmten Klarinettenkonzerte. Auch Béla Bartók widmete Goodman seine Kontraste für Violine, Klarinette und Klavier.
Weitere bedeutende Musiker sind oben in der Infobox und der dort erwähnten Liste von Klarinettisten aufgeführt.
Pädagogik
Wie so viele andere Instrumente kann man auch das Klarinettenspiel privat, an Musikschulen, Konservatorien oder Kunsthochschulen erlernen. Vor der Anschaffung eines Instruments sollte unbedingt der zukünftige Lehrer konsultiert werden, der den Schüler über die Wahl des Systems und die Qualität der Klarinette beraten kann. Neben der Vermittlung von Grifftechnik, Haltung, Atemtechnik und Ansatz sollte ein guter Klarinettenlehrer auch in der Lage sein, Tipps für die Bearbeitung des Rohrblattes zu geben.
In Klarinettenensembles, Blasorchestern, Amateur- oder Schulorchestern kann der fortgeschrittene Schüler seine erste Spielpraxis erhalten. Im professionellen Studium bieten sich zudem Kammermusikensembles oder Hochschulorchester an. Für die Aufnahme in ein Symphonieorchester ist das erfolgreiche Absolvieren eines Probespiels Bedingung, bei dem Konzertsoli und schwierige Stellen aus Orchesterwerken vorzutragen sind. Die Vorbereitung solcher Probespiele ist einer der Schwerpunkte des professionellen Instrumentalstudiums.
Wichtige Etüden und Schulwerke für Klarinette stammen von Kalman Opperman, Carl Baermann, Friedrich Berr, Giovanni Battista Gambaro, Hyacinthe Klosé, Fritz Kröpsch, Rudolf Jettel, Ernesto Cavallini, Paul Jeanjean, Alfred Uhl und Reiner Wehle.
Aktuelle Hersteller von Bedeutung
- Chile
- Luis Rossi
- Deutschland
- Oscar Adler, Buffet Crampon Deutschland GmbH (W. Schreiber), Claríssono (Martin Schöttle), Wolfgang Dietz (Neustadt a.d. Aisch), Dörfler, Martin Foag, Frank Hammerschmidt, Karl Hammerschmidt, Stefan Hofmann, Georg Hufnagel, Harald Hüyng, Richard Keilwerth, Johanna Kronthaler, Kunath Instrumentenbau, Leitner & Kraus (Neustadt a.d. Aisch), Stephan Leitzinger, Rolf Meinel, Gebr. Mönnig GmbH (Oscar Adler), Gustav Mollenhauer & Söhne (Kassel), Bernd Moosmann, W. O. Nürnberger (Nico Sämann), Püchner, Lothar Reidel, Eberhard Scherzer, Schwenk & Seggelke, Steinbach, Friedrich Arthur Uebel, Guntram Wolf, Herbert Wurlitzer (Neustadt a. d. Aisch).
Die 1919 gegründete Manufaktur Richard Müller in Bremen entwickelte Anfang der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts zusammen mit dem damaligen Soloklarinettisten des Kölner Gürzenich-Orchesters und Dozenten der dortigen Musikhochschule Paul Gloger für die Klarinette mit deutschem Griffsystem eine durchgehend ergonomische Mechanik, mit der Folge, dass die Instrumente besser in der Hand lagen und leichter gespielt werden konnten. Diese ergonomische Bauweise der Mechanik wurde später von fast allen Herstellern von Klarinetten mit deutschem Griffsystem übernommen.
- England
- Peter Eaton (Produktion 2018 eingestellt), Hanson Clarinets
Seit ca. den 1930er Jahren war in Großbritannien ein bestimmtes Klarinettenmodell der Firma Boosey & Hawkes (B. & H.) sehr beliebt und einflussreich.[17] Das Modell 1010 hatte eine sehr weite Bohrung von 15,2 mm, die zudem vollständig zylindrisch geformt war. Berühmte englische Klarinettisten wie Jack Brymer, Thea King, Frederick Thurston und Gervase de Peyer spielten auf ihr und sind maßgeblich für die enorme Popularität dieser Klarinette in Großbritannien mit verantwortlich.[17] Die Produktion von Klarinetten wurde 1986 von B. & H. eingestellt.[17] Dies führte dazu, dass viele professionelle britische Klarinettisten meist auf Instrumente der französischen Firma Buffet Crampon (meist Modell R13) auswichen[17][18], Instrumente mit wesentlich kleinerer und nicht vollständig zylindrischer Bohrung (14,65 mm). Die Tradition der 1010 wurde von Peter Eaton und seinem kleinen Team mit dem Modell Elite fortgeführt und verbessert.[19] Trotz kleiner Auflage sind Instrumente von Peter Eaton bei führenden britischen Klarinettisten sehr verbreitet.[19] Peter Eaton hat die Produktion 2018 aus Altersgründen eingestellt.[19]
Frankreich
- Buffet Crampon, Henri Selmer, Georges Leblanc (bis 2008)
Die Firma Buffet Crampon gilt bei professionellen Böhmklarinetten als Marktführer. Das ca. 1950 vom Instrumentenmacher Robert Carrée entwickelte Modell R13 ist die weltweit erfolgreichste[20] Profiklarinette und gilt in den USA quasi als Standard. In Europa ist das 1975 entwickelte Modell RC (bzw. RC Prestige (14,71 mm)[20]) beliebter.[21][20] Wichtigste Mitstreiter am Markt sind sicherlich Yamaha und Henri Selmer, im nordamerikanischen Raum seit einigen Jahren auch Backun. Die französische Firma George Leblanc war sehr bedeutend, bis sie 2008 von Buffet Crampon aufgekauft wurde. Buffet Crampons Modell R13 diente als Vorbild für einige Modelle von Leblanc und Yamaha.[20]
- Italien
- Fratelli Patricola, Romeo Orsi, L. A. Ripamonti
- Japan
- Josef, Yamaha
- Kanada
- Backun Musical Services, Stephen Fox
- Österreich
- Gerold Angerer, Otmar Hammerschmidt, Herbert Neureiter, Rudolf Tutz
- Taiwan
- Jupiter
- Tschechien
- Amati-Denak
- USA
- Ridenour Clarinet Products, Chadash Clarinet, Conn-Selmer, Martin Freres Company
Literatur
- Wilhelm Altenburg: Die Klarinette. Ihre Entstehung und Entwicklung bis zur Jetztzeit, in akustischer, technischer und musikalischer Beziehung. Verlag C. F. Schmidt, Heilbronn 1904
- Eugen Brixel: Die Klarinette und das Saxophon. (= Schriftenreihe für Jungmusiker. Heft 1). Musikverlag Stefan Reischel, Oberneunkirchen Öst 1983.
- Jack Brymer: Die Klarinette. Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 1983, ISBN 3-596-22986-3.
- Günter Dullat: Klarinetten. Grundzüge ihrer Entwicklung. Erwin Bochinsky, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-923639-44-9.
- Jürgen Elsner, Diethard Riehm, Walther Krüger: Klarinetten. In: MGG Online, November 2016 (Die Musik in Geschichte und Gegenwart, 1996)
- Eric Hoeprich: The Clarinet. Yale University Press, New Haven/London 2008, ISBN 978-0-300-10282-6.
- Gerhard Krassnitzer: Multiphonics für Klarinette mit deutschem System und andere zeitgenössische Spieltechniken. Edition Ebenos, Aachen 2002.
- Oskar Kroll: Die Klarinette. Bärenreiter, Kassel 1965, ISBN 3-7618-0086-X.
- Colin Lawson (Hrsg.): The Cambridge Companion to the Clarinet. Cambridge University Press, Cambridge 1995, ISBN 0-521-47668-2.
- Peter Ninaus: Voraussetzungen für den Bläserunterricht am Beispiel der Klarinette. Grin, München 2009, ISBN 978-3-638-67545-1.
- Conny Restle, Heike Fricke (Hrsg.): Faszination Klarinette. Prestel, München 2004, ISBN 3-7913-3180-9.
- Albert R. Rice: Clarinet. In: Grove Music Online, 25. Juli 2013.
- Thomas Sattler-Fujimoto: Klarinette – mit allen Sinnen geniessen. Eigenverlag, Wiesbaden 2007.
- Erich Valentin: Handbuch der Musikinstrumentenkunde. Gustav Bosse, Regensburg 2004, ISBN 3-7649-2003-3.
Weblinks
- Clarinet Acoustics wissenschaftliche Homepage der University of New South Wales (englisch)
- Über Clarinet Didactics Didaktische Fragestellungen zur Grundtechnik der Klarinette
- Eberhard Frost: Website über Klarinetten
- Hans-Jürgen Schaal: Das unmögliche Instrument – Wie die Klarinette wurde, was sie ist. In: hjs-jazz.de, 2010.
- Hans-Jürgen Schaal: Instrumente des Jazz: Die Klarinette. In: hjs-jazz.de, 1994.
- The Clarinet Pages (englisch)
Einzelnachweise
- Johann Gottfried Walther: Musicalisches Lexicon […]. Wolffgang Deer, Leipzig 1732, S. 168 („Clarinetto, ist ein zu Anfange dieses Seculi von einem Nürnberger erfundenes […] Instrument, […]“; siehe auch Die Klarinette im 18. Jahrhundert).
- Übersicht - European Patent Register. Abgerufen am 12. Februar 2020.
- Z-Birne. Paulus und Schuler GbR, abgerufen am 18. Mai 2019.
- digitale und US-amerikanische Notation: A4.
- Stephanie Angloher, Das deutsche und französische Klarinettensystem. Eine vergleichende Untersuchung zur Klangästhetik und didaktischen Vermittlung, Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität München, 293 Seiten, Herbert Utz Verlag GmbH, München 2007, hier S. 20.
- Stephanie Angloher: Das deutsche und französische Klarinettensystem. Eine vergleichende Untersuchung zur Klangästhetik und didaktischen Vermittlung, Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Herbert Utz Verlag GmbH, München 2007, S. 23 f.
- Der Klarinettenbauer Louis Kolbe, Altenburg, und der Klarinetten-Sänger Heinrich Geuser.
- Die Schmidt-Kolbe-Klarinette und der Klarinetten-Sänger Rudolf Gall.
- Jürgen Meyer: Zur Akustik der Klarinette. In: Conny Restle, Heike Fricke (Hrsg.): Faszination Klarinette. Prestel Verlag, München 2004, ISBN 3-7913-3180-9, S. 184.
- Partitur, Edition Eulenburg, Vorwort Alan Hacker.
- Daniel Hörth (2003): Französische, deutsche und österreichische Mundstück-Bahn-Rohrblatt Kombinationen bei Klarinetten im Vergleich. online (Memento vom 17. November 2015 im Internet Archive) (PDF).
- H-Cis-Einpunktverbindung: Link zum Eintrag in der Patentdatenbank.
- Kurt Birsak: Salzburg, Haydn, and the Clarinet, in: The Clarinet Vol. 27 (1999), No. 1, S. 36–40.
- Alexander Šumski: Der komponierende Abt aus Berkheim: Nikolaus Betscher, Seite 27–31, speziell S. 28–29, und: Alexander Šumski: Nikolaus Betscher und seine Missa in C, Seite 33–35, mit dem Scan des Klarinettensolos in der Original-Handschrift Betschers aus dem Schwäbischen Landesmusikarchiv Tübingen. Siehe in: Nikolaus Betscher – Gestern Heute Morgen. Hg. Nikolaus Betscher-Gesellschaft Berkheim, Redaktion Alfred Rude und Walther Puza, #COM+Musik+Verlag Ammerbuch, 2020. ISBN 978-3-949110-00-9.
- Koray Degirmenci: Creating Global Music in Turkey. Lexington Books, 2013, ISBN 978-0-7391-7546-0, S. 76 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Elaine Landau: Is the Clarinet for You? Lerner Publications, 2010, ISBN 978-0-7613-5421-5, S. 13 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Jennifer May Brand: From Design to Decline: Boosey & Hawkes and Clarinet Manufacturing in Britain, 1879–1986. (PDF) In: Thesis submitted in partial fulfilment of the requirements of Goldsmiths, University of London for the degree of Doctor of Philosophy. November 2012, abgerufen am 9. Dezember 2018 (englisch).
- Lawson, Colin (Hrsg.): The Cambridge companion to the clarinet. 1st ed Auflage. Cambridge University Press, Cambridge [England] 1995, ISBN 0-521-47066-8.
- Peter Eaton Clarinets and Clarinet Mouthpieces. Abgerufen am 6. Dezember 2018.
- Gibson, O. Lee (Oscar Lee): Clarinet acoustics. Indiana University Press, Bloomington and Indianapolis 1994, ISBN 0-253-32576-5.
- Hoeprich, Eric,: The clarinet. Yale University Press, New Haven and London 2008, ISBN 978-0-300-10282-6.