Bürstadt
Bürstadt ist eine Stadt im Süden von Hessen im Kreis Bergstraße.
Wappen | Deutschlandkarte | |
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Basisdaten | ||
Bundesland: | Hessen | |
Regierungsbezirk: | Darmstadt | |
Kreis: | Bergstraße | |
Höhe: | 90 m ü. NHN | |
Fläche: | 34,46 km2 | |
Einwohner: | 16.492 (31. Dez. 2020)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 479 Einwohner je km2 | |
Postleitzahl: | 68642 | |
Vorwahlen: | 06206, 06245 (Bobstadt) | |
Kfz-Kennzeichen: | HP | |
Gemeindeschlüssel: | 06 4 31 005 | |
Stadtgliederung: | 3 Stadtteile | |
Adresse der Stadtverwaltung: |
Rathausstraße 2 68642 Bürstadt | |
Website: | ||
Bürgermeisterin: | Barbara Schader (CDU) | |
Lage der Stadt Bürstadt im Bergstraße | ||
Geographie
Geographische Lage
Bürstadt liegt in der Oberrheinischen Tiefebene zwischen dem Rhein und dem Odenwald im Hessischen Ried.
Nachbargemeinden
Bürstadt grenzt im Norden an die Gemeinde Biblis, im Nordosten an die Gemeinde Einhausen, im Osten an die Stadt Lorsch, im Süden und Westen an die Stadt Lampertheim.
Stadtgliederung
Bürstadt ist in drei Stadtteile gegliedert: Bobstadt, Bürstadt und Riedrode. Die beiden Ortsteile Bobstadt und Riedrode liegen etwa einen Kilometer von Bürstadt entfernt. Außerdem gibt es noch den Boxheimerhof, der mittlerweile durch einige Baugebiete zu einem eigenen kleinen Stadtteil herangewachsen ist, sowie eine Gärtnersiedlung im Süden der Stadt, die ihre Wurzeln in der römischen Zeit hat.
Geschichte
Von den Anfängen bis zum Frühmittelalter
Bürstadt liegt in einer der kultur- und geschichtsträchtig ältesten Landschaften Deutschlands. Bedingt durch die fruchtbaren Böden und den Wild- und Artenreichtum der Oberrheinischen Tiefebene wurden schon sehr früh die Hochufer des Rheins besiedelt.
Ein 1,35 m hoher Monolith in der Gemarkung Bürstadts, der sogenannte Sackstein, ist wahrscheinlich ein Menhir aus der späten Jungsteinzeit. Grabhügel in den Wäldern von Bürstadt ergaben einige Funde, die der Hallstattzeit zuzuordnen sind. Bemerkenswert ist auch eine Anzahl von Funden aus der frühen Latènezeit, so z. B. ein handgeformter Becher mit Fingermuster, der aus der Zeit um 500 v. Chr. stammt. Am Rand des Bürstädter Waldes gibt es Reste einer ausgedehnten römischen Siedlung. Für den Reisenden lag Bürstadt mit einem einstigen karolingischen Königshof auf halbem Weg zwischen der auf eine keltische Gründung zurückgehenden Nibelungenstadt Worms und der ehemaligen Reichsabtei Lorsch.
Im Jahre 764 wurde das Kloster im benachbarten Lorsch durch Graf Cancor gegründet. Am 20. Januar 773 schenkte Karl der Große die Stadt Heppenheim nebst dem zugehörigen Bezirk, der ausgedehnten Mark Heppenheim als Verwaltungsbezirk des Frankenreichs dem Reichskloster Lorsch. Von dort aus wurde das Gebiet urbar gemacht und besiedelt Im 9.–12. Jahrhundert gehörte es zu den größten und mächtigsten Benediktinerabteien Deutschlands.
Am 1. November 767 erfolgte die älteste bekannte Erwähnung von Bürstadt in einer Schenkungsurkunde des Lorscher Codex, einem Besitzverzeichnis des Klosters, als Turinicbert dem Kloster eine Hofreite, eine Wiese und sechs Joch Ackerland „in Birstather marca“ überließ.[2] Darüber hinaus sind zahlreiche weitere Schenkungen überliefert.[3]
789 wurde der Boxheimer Hof unter den Namen „Villa wizzilin“ oder „Wizzelai“ als Klostergut der Reichsabtei Lorsch erstmals erwähnt. Im Jahre 1275 trug der Hof bereits den Namen Boxheim. Ende April 873 hielt Ludwig der Deutsche in Bürstadt eine Reichsversammlung (placitum) am Bürstädter Königshof ab. Es wurden Verhandlungen mit einer Gesandtschaft des dänischen Königs Siegfried geführt und ein Bote des großmährischen Fürsten Svatopluk empfangen. Außerdem fand dort die Aussöhnung zwischen Ludwig dem Deutschen und seinen Söhnen statt.[4]
Weitere Erwähnungen des Bürstädter Königshofes anlässlich hoher Besuche blieben ebenfalls erhalten. So weilte dort vom 22. bis 26. Mai 877 König Ludwig der Jüngere, am 22. Mai 882 Kaiser Karl III., der jüngst Bruder Ludwig des Jüngern, sowie im Mai und Oktober 984 und letztmals im Mai 994 Kaiser Otto III.[4]
Hoch- und Spätmittelalter
Der Blütezeit des Klosters Lorsch, in dessen Gebiet Bürstadt lag, folgte im 11. und 12. Jahrhundert sein Niedergang. Während des Investiturstreits von 1076 (Reichstag in Worms) bis 1122 (Wormser Konkordat) mussten viele Besitzungen an den Adel abgegeben werden. Das Ergebnis des Wormser Konkordats wurden auf den „Bürstädter Laubwiesen“ am 23. September unter Beisein Kaiser Heinrich V. verkündet. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts war der Flurname Laubwiese in der Flur 20/21 der alten Bürstädter Gemarkung erhalten.
Die Bürstädter Laubwiesen wurden 1147 nochmals erwähnt, als im Juni und Juli das französische Kreuzfahrerheer unter König Ludwig VII. in Erwartung weiteren Zuzugs dort lagerte.[4]
Im späten 12. Jahrhundert wurde mit der Aufzeichnung der alten Besitzurkunden versucht, die Verwaltung des Klosters Lorsch zu reorganisieren (Lorscher Codex). Dennoch unterstellte 1232 Kaiser Friedrich II. die Reichsabtei Lorsch dem Erzbistum Mainz und seinem Bischof Siegfried III. von Eppstein zur Reform. Die Benediktiner widersetzten sich der angeordneten Reform und mussten die Abtei verlassen. Sie wurden durch Zisterzienser aus dem Kloster Eberbach und diese 1248 durch Prämonstratenser aus dem Kloster Allerheiligen ersetzt. Von diesem Zeitpunkt an wurde das Kloster als Propstei weitergeführt. Durch die Freiheiten des Reichsklosters waren die Klostervögte Verwalter und Gerichtsherren innerhalb des Klosterbesitzes. Dieses Amt kam um 1165 in den Besitz der Pfalzgrafen. Aus dieser Konstellation entwickelten sich schwere Auseinandersetzungen zwischen dem Erzbistum Mainz und der Kurpfalz als Inhaber der Vogtei. Die Streitigkeiten konnten erst Anfang des 14. Jahrhunderts durch einen Vertrag beigelegt werden, in dem die Besitzungen des Klosters zwischen Kurmainz und Kurpfalz aufgeteilt und die Vogteirechte der Pfalzgrafen bestätigt wurden.
Im Jahre 1267 wurde erstmals ein Burggraf auf der Starkenburg (über Heppenheim) genannt, der auch das Amt Starkenburg, zu dem Bürstadt zählte, verwaltete. Die Hohe Gerichtsbarkeit wurde von der Zent Heppenheim ausgeübt, deren oberster Richter ebenfalls der Burggraf war.
Im Verlauf der für Kurmainz verhängnisvollen Mainzer Stiftsfehde wurde das Amt Starkenburg an Kurpfalz wiedereinlöslich verpfändet und blieb anschließend für 160 Jahre pfälzisch. Pfalzgraf Friedrich ließ sich für seine Unterstützung von Erzbischof Dieter – im durch die Kurfürsten am 19. November 1461 geschlossenen „Weinheimer Bund“ – das „Amt Starkenburg“ verpfänden, wobei Kurmainz das Recht erhielt, das Pfand für 100.000 Pfund wieder einzulösen.
Frühe Neuzeit
1511 gehörte Bürstadt zum Bensheimer (auch Bergsträßer) Landkapitel.[5] Um 1550 entstand wohl die Kirche Alt-St.-Michael, die 1732 dem Neubau der Barock-Kirche St. Michael weichen musste.
In den Anfängen der Reformation sympathisierten die pfälzischen Herrscher offen mit dem lutherischen Bekenntnis, aber erst unter Ottheinrich (Kurfürst von 1556 bis 1559) erfolgte der offizielle Übergang zur lutherischen Lehre. Danach wechselten seine Nachfolger und gezwungenermaßen auch die Bevölkerung mehrfach zwischen der lutherischen, reformierten und calvinistischen Religion. Als Folge der Reformation hob die Kurpfalz 1564 das Kloster Lorsch auf. Die bestehenden Rechte wie Zehnten, Grundzinsen, Gülten und Gefälle des Klosters Lorsch wurden fortan durch die Oberschaffnerei Lorsch wahrgenommen und verwaltet.[6]
Im Laufe des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) eroberten spanische Truppen der Katholischen Liga die Region und stellten 1623 die Kurmainzer Herrschaft wieder her. Die durch die Pfalzgrafen eingeführte Reformation wurde weitgehend rückgängig gemacht und die Bevölkerung musste zur katholischen Kirche zurückkehren. Zwar zogen sich die spanischen Truppen nach zehn Jahren vor den anrückenden Schweden zurück, aber nach der katastrophalen Niederlage der Evangelischen in der Nördlingen 1634 verließen auch die Schweden die Bergstraße und mit dem Schwedisch-Französischen Krieg begann ab 1635 das blutigste Kapitel des Dreißigjährigen Krieges. Aus der Region berichteten die Chronisten aus jener Zeit: „Pest und Hunger wüten im Land und dezimieren die Bevölkerung, sodass die Dörfer öfters völlig leer stehen“. Bürstadt war zehn Jahre unbewohnt und alle Häuser waren niedergebrannt. 1618 lebten in Bürstadt etwa 700 Menschen, und 1648 wurden 154 Einwohner gezählt.[4] Mit dem Westfälischen Frieden von 1648 wurde die Einlösung der Pfälzer Pfandschaft endgültig festgeschrieben.
Mitte des 18. Jahrhunderts wurden der Oberbau des Alten Rathauses und die Barockkirche St. Michael errichtet, die am 16. September 1753 durch Pfarrer Joseph Thomas Loskandt geweiht wurde. 1756 erhielt die Kirche einen Turm und um 1760 ein Pfarrhaus, das noch vorhanden ist. Das Schulhaus neben der Kirche wurde 1733 erbaut und diente später als Lehrerwohnung.[4]
Im Jahr 1782 führte Kurmainz eine Verwaltungsreform im Bereich des Amtes Starkenburg durch, mit der in Lorsch eine Amtsvogtei eingerichtet wurde. Das Amt wurde in Oberamt umbenannt und bestand aus den Amtsvogteien Lorsch, Fürth, Heppenheim und Bensheim. Zur Amtsvogtei Lorsch gehörten neben Bürstadt auch Lorsch, Biblis, Klein-Hausen und Viernheim. Das Oberamt Starkenburg war dem Unteren Erzstifts des Kurfürstentums Mainz unterstellt.
Bürstadt wird hessisch
Das ausgehende 18. und beginnende 19. Jahrhundert brachten Europa weitreichende Änderungen. Als Folge der Napoleonischen Kriege wurde bereits 1797 das linke Rheinufer und damit der linksrheinische Teil von Kurmainz durch Frankreich annektiert. In der letzten Sitzung des Immerwährenden Reichstags in Regensburg wurde im Februar 1803 der Reichsdeputationshauptschluss verabschiedet, der die Bestimmungen des Friedens von Lunéville umsetzte und die territorialen Verhältnisse im Heiligen Römischen Reich (Deutscher Nation) neu regelte.
Durch diese Neuordnung wurde Kurmainz aufgelöst, das Oberamt Starkenburg und mit ihm Bürstadt kamen zur Landgrafschaft Hessen-Darmstadt. Das Amt Lorsch wurde als hessische Amtsvogtei weitergeführt, das Oberamt aber 1805 aufgelöst. Im selben Jahr siedelte der Kurfürst von Mainz nach Regensburg über. Die übergeordnete Verwaltungsbehörde war der Regierungsbezirk Darmstadt, der ab 1803 auch als Fürstentum Starkenburg bezeichnet wurde.[7]
Unter Druck Napoleons wurde 1806 der Rheinbund gegründet, dies geschah mit dem gleichzeitigen Reichsaustritt der Mitgliedsterritorien und führte am 6. August 1806 zur Niederlegung der Reichskrone, womit das Alte Reich aufhörte zu bestehen. Am 14. August 1806 wurde die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt gegen Stellung hoher Militärkontingente an Frankreich und den Beitritt zum Rheinbund von Napoleon zum Großherzogtum erhoben, anderenfalls drohte er mit Invasion.
Konrad Dahl berichtete 1812 in seiner Historisch-topographisch-statistische Beschreibung des Fürstenthums Lorsch, oder Kirchengeschichte des Oberrheingaues über das Amt Lorsch und den Marktflecken Bürstadt:
»Das Amt Lorsch enthält 5 Ortschaften, nämlich: Lorsch, Biblis, Würrstadt, Kleinhausen und Virnheim und gränzt mit denselben an die Ämter Heppenheim, Bensheim, Gernsheim, Lampertheim und Weinheim. Im ganzen Amte Lorsch finden sich 1071 Wohngebäude und 7083 Seelen. Unter letzteren sind 6969 Katholicken, 10 Lutheraner, 8 Reformirte, und 96 Juden. Sämtlliche Unterthanen dieses Landes sind leibeigen. An Grund und Boden enthält das Amt 14,269 Morgen und 3 Vrtl Äcker, 3462 M. 1 Vrtl. Wiesen und Waiden, und 15015 M. 2 Vrtl. Waldung. Das ganze Amt Lorsch gehört noch ist, so wie vor Alters, zur Cent Heppenheim; es zeigt uns die Beilage …, was die Ortschaften dieses Amtes bei peinlichen Gerichtsfällen zu thun und zu leisten haben. Vor dem 17. Jahrhunderte wohnte der Keller oder Einnehmer der klösterlichen und nachher landesherrlichen Gefälle immer in Lorsch. Derselbe kam aber nachdem das Erzstift Mainz wieder in den Besitz der Bergstraße und des Klosters Lorsch gekommen, und letzteres endlich noch zerstört worden war nach Bensheim, woselbst ine herrschaftlich Amtstellerei errichtet, zugleich aber auch damit die Oberschaffner von Lorsch verbunden wurde. Diese Amtskellerei hat auch zugleich die Justizverwaltung bis zum Jahr 1782, wo nicht allein in Bensheim, sondern auch in Lorsch ein eigenes Justizamt errichtet wurde. Nach aufgehobenem Oberamte Starkenburg (1804) wurde solches selbstständig.
…
Birrstadt oder Bürrstadt, Birstat, Bisistat in alten Urkunden genennt, ein beträchtlicher Flecken in dem sogenannten Ried, beinahe zwei Stunden von Lorsch, 3 Stunden von Heppenheim und anderthalb Stund von Worms am entgegengesetzten Ende des Lorscher Waldes gelegen, hat zu Nachbarn die Orte Hofheim und Bobstat und den Boxheimer Hof und ist eine der ältesten Besitzungen des Klosters Lorsch. Denn schon im Jahr 768 schenkt Thurinebert der Bruder des Grafen Cancor der das Kloster Lorsch stiftete, nicht allein einen umzäunten Platz (Mansum proprisimus) zum neuen Klosterbau in Lauresharm, sondern schenkte auch diesem Kloster in Stück Feld in der Birstadter Mark (in Birstather marca) … Noch mehrere andere Schenkungen die hinzu kamen machten daß das Kloster Lorsch gar bald den völligen Besitz von Bürstat und seiner weitläufigen Mark erhielt. Die Nähe des Klosters Lorsch bei Bürrstadt machte auch letzteren Ort schon frühzeitig durch mancherlei Reichshandlungen bekannt.
…
Was die Pfarrei zu Birrstadt betrifft, so war solche dem Kloster Lorsch eigen und findet sich im Lorscher Schenkungebuch (Nro. 3824). Ein Priester zu Birrstadt benennt, der wahrscheinlich die Seelsorge daselbst verwaltete. Von dem Kloster Lorsch kam das Pfarrecht an den Erzhischoffen zu Mainz und von diesem an den Großherzog von Hessen. Die Pfarrkirche ist noch vor 1739 neu erbauet im Jahr 1753 aber erst eingeweiht worden. Sie ist geräumig und schön. Das Pfarrhaus ist ebenfalls neu, ansehnlich und dermalen mit einem großen Garten versehen. Der Pfarrer erhält seine Besoldung gröstentheils aus der Kellerei Heppenheim, welche auch daselbst den großen Zehenden allein bezieht; am kleinen – und am Heuzehenten aber hat der Pfarrer 1/3. Den Beinezehenden bezieht die Oberschaffnerei Lorsch allein. Von den Marquardsäckern hat der Schulmeister den kleinen Zehenden Das alte Rathhaus ist im Jahr 1608 auf kurfürstlichen Befehl dem Schulmeister eingeräumt und hierauf ein neues Rathhaus gebauet worden. Bürrstadt hat das Privilegium eines Jahrmarktes auf Dienstag nach Lätare derselbe will ab nicht viel mehr sagen. An Wohngebäuden zählt dieser Ort 187 mit 1354 Seelen. Seine Feldmark besteht in 2606 Morgen Äcker und Wiesen. In Ansehung der Waldung ist es wie mit Lorsch.
Von Lehen und andern adelichen Güthern findet man daselbst:
a.) Ein vormals Bischöfflich Wormsisches Guth, das ehedem die Junker von Affenstein als Lehen besaßen.
b.) Das von Kettenheimische Guth, das nachher an die Freiherrn von Speth kam.
c.) Das Marquards oder Horneckelsguth, welches vormals dem Kloster Lorsch eigen, von selbigem aber 1412 denen von Horneck auf Wiederlösung verkauft wurde, von welchen es in der Folge an die Herrn von Hoheneck kam.
d.) Das Knoblauchsguth, modo von Boos gehörig und
e.) Das von Wamboldisch Guth.
Wegen dem Fischwasser im Rosengarten bei Worms so wie wegen dem Zollhaus dasselbst war vormals langwieriq Streit mit Kurpfalz.
…
Zur Gemeinde und Pfarrei Birrstadt gehört auch der Boxheimer Hof; er liegt ½ Stunde von Birrstadt gegen Virnheim zu und ist ein altes unmittelbares Eigenthum des Klosters der nachherigen Probst und Oberschaffnerei Lorsch. Wahrscheinlich ist dieser Hof die alte Villa Wizzilin oder Wizzelai, die mit Birrstadt in einer Lorscher Urkunde vom Jahr 789 vorkömmt.«[8]
Nach der endgültigen Niederlage Napoléons regelte der Wiener Kongress 1814/15 die territorialen Verhältnisse in Deutschland, dabei wurde die Zugehörigkeit des Fürstentums Starkenburg zum Großherzogtum bestätigt, woraufhin dieses das Gebiet in Provinz Starkenburg umbenannte. Im Jahr 1814 wurde die Leibeigenschaft im Großherzogtum aufgehoben und es erhielt mit der am 17. Dezember 1820 eingeführten Verfassung des Großherzogtums Hessen eine konstitutionelle Monarchie, in der der Großherzog aber noch große Machtbefugnisse hatte. Die noch bestehenden standesherrlichen Rechte wie Niedere Gerichtsbarkeit, Zehnten, Grundzinsen und andere Gefälle blieben noch bis 1848 bestehen.
Am 2. Januar 1815 wurden auf dem Boxheimer Hof 72 Bewohner gezählt, die bis auf einen Protestanten alle katholisch waren. In diesem Jahr wurde dort auch die Bitte um ein Kirchlein zu Ehren des Heiligen Wendelinus vorgetragen. Am 7. April des gleichen Jahres wurde die Genehmigung zum Bau der Kapelle unter bestimmten Auflagen erteilt und 1818 erfolgte ihre Fertigstellung. Die Kapelle auf dem Boxheimer Hof gehört der Katholischen Kirchengemeinde Bürstadt.[4]
Im Jahr 1821 wurden die Amtsvogteien in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen des Großherzogtums im Rahmen einer umfassenden Verwaltungsreform aufgelöst und Landratsbezirke eingeführt, wobei Bürstadt dem Landratsbezirk Heppenheim zugeteilt wurde. Diese Reform ordnete auch die Verwaltung auf Gemeindeebene neu. So war die Bürgermeisterei in Bürstadt eine von zwölf im Landratsbezirk. Entsprechend der Gemeindeverordnung vom 30. Juni 1821 gab es keine eingesetzten Schultheißen mehr, sondern einen gewählten Ortsvorstand, der sich aus dem Bürgermeister, den Beigeordneten und dem Gemeinderat zusammensetzte.[9]
In der Beschreibung oder Statistik und Topographie des Großherzogthums Hessen von 1825 heißt es über Bürstadt:
»Bürstadt, katholisches Pfarrdorf von 194 Häusern und 1540 Einwohnern, 3 Stunden von Heppenheim und 2 Stunden von Lorsch entfernt. Die Hauptnahrung geben Ackerbau und Viehzucht, wozu 2610 alte Morgen Aecker und Wiesen vorhanden sind, Tabacksbau und Handwerken.«[10]
Am 3. November 1824 brach der Reuterdeich bei Nordheim. Die Fluten des Rheins überschwemmten das Ried, wobei besonders Bobstadt hart betroffen war.
Die „Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen“ berichtete 1829 über Bürstadt und die zugehörigen Höfe:
»Bürstadt (L. Bez. Heppenheim): kath. Pfarrdorf; liegt 3 St. von Heppenheim, 2 St. von Lorsch und 1½. St. von Worms; hat 228 Häuser und 1807 Einw., die bis auf 2 Luth. und 44 Juden alle katholisch sind; eine 1739 erbaute aber 1753 erst eingeweihte schöne Kirche, eine kleine Kapelle und eine Synagoge.«[11]
»Boxheimer Hof (L. Bez. Heppenheim) Hof; hat 9 Häuser und 68 Einw., die bis auf 1 Reform. katholisch sind. Der Hof kam 1802 an Hessen und 1818 wurde hier ein Bethaus gebaut«[12]
»Rheinschanz-Zollhaus (L. Bez. Heppenheim) Hof; gehört zu Bürstadt; besteht aus Wiesen und einer Weidenanlage und ist herrschaftlich«[13]
1832 wurden die Einheiten ein weiteres Mal vergrößert und Kreise geschaffen. Dadurch gelangte Bürstadt im August 1832 zum Kreis Bensheim. 1842 wurde das Steuersystem im Großherzogtum reformiert; der Zehnte und die Grundrenten (Einnahmen aus Grundbesitz) wurden durch ein Steuersystem ersetzt, wie es in den Grundzügen heute noch existiert.
Im Neuestes und gründlichstes alphabetisches Lexicon der sämmtlichen Ortschaften der deutschen Bundesstaaten von 1845 finden sich folgende Einträge:
»Bürstadt b. Heppenheim. – Dorf mit katholischer Pfarrkirche, hinsichtlich der Evangelischen zur Pfarrei Lampertheim gehörig. – 228 H. 1807 E. (inc!. 44 Juden). – Großherzogth. Hessen. – Prov. Starkenburg. – Kr. Bensheim. – Landgericht Lorsch. – Hofgericht Darmstadt. – Das Dorf Bürstadt, 3 St. von Heppenheim, 2 St. von Lorsch und 1½ St. von Worms belegen, hat außer der Pfarrkirche auch eine kleine Kapelle und eine Synagoge. Der Ort ist mit dem Kloster Lorsch (l232) an das Erzstift Mainz und von diesem (1802) an Hessen gekommen.«[14]
»Boxheim bei Bürstadt. – Hof, zur evangel. Pfarrkirche Lampertheim gehörig. – 9 H. 68 E. – Großherzogthum Hessen. – Prov. Starkenburg. – Kreis Bensheim. – Landgericht Lorsch. – Hofgericht Darmstadt. – Der Hof, welcher im Jahre 1802 an Hessen gekommen ist, hat ein Betbaus.«[15]
„Rheinschanzzollhaus b. Bürstadt. – Hof; zur evangel Pfarrei Nordheim, resp. kathol. Pfarrei Bürstadt gehörig. – 1 H. 6 E. – Großherzogth. Hessen. — Prov. Starkenburg. – Kreis Bensheim. – Landger. Lorsch. – Hofgericht Darmstadt. – Der Hof liegt auf der östlichen Seite der von Hofheim nach Worms führenden Straße. Dabei sind Wiesen und eine Weidenanlage.[16]“
Infolge der Märzrevolution 1848 wurden mit dem Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren vom 15. April 1848 die standesherrlichen Sonderrechte endgültig aufgehoben.[17] Darüber hinaus wurden in den Provinzen die Kreise und die Landratsbezirke des Großherzogtums am 31. Juli 1848 abgeschafft und durch Regierungsbezirke ersetzt, was jedoch bereits am 12. Mai 1852, in der Reaktionsära, wieder rückgängig gemacht wurde. Dadurch gehörte Bürstadt zwischen 1848 und 1852 zum Regierungsbezirk Heppenheim, der aus den Kreisen Bensheim und Heppenheim entstand. Nach der Auflösung der Regierungsbezirke wurde Bürstadt dem Kreis Heppenheim zugeschlagen.[18]
Die im Dezember 1852 aufgenommenen Bevölkerungs- und Katasterlisten ergab für Bürstadt:[19] Katholisches Pfarrdorf mit 2718 Einwohnern. Die Gemarkung besteht aus 6906 Morgen, davon sind 4167 Morgen Ackerland, 2478 Morgen Wiesen und 15 Morgen Wald. Zu Bürstadt gehören der Boxheimer Hof, der Hof Rheinschanz und das Zollhaus.
Am Deutschen Krieg von 1866, in dem das Großherzogtum Hessen auf der Seite des Deutschen Bundes gegen Preußen und seine Verbündeten kämpfte, war der Bürstädter Georg Franz Kreiner beteiligt. Er fiel am 13. Juli 1866 nahe dem Ort Hösbach bei Aschaffenburg und wurde dort begraben. Das Grab neben der Bundesstraße 26 wird bis heute gepflegt.[4]
In den Statistiken des Großherzogtums Hessen wurden, bezogen auf Dezember 1867, für Bürstadt eine eigene Bürgermeisterei, 370 Häuser, 2678 Einwohnern, der Kreis Heppenheim, das Landgericht Lorsch, die evangelische Pfarrei Lampertheim des Dekanats Zwingenberg und die katholische Pfarrei Bürstadt des Dekanats Bensheim angegeben. Durch die Bürgermeisterei wurden außerdem der Boxheimer Hof (5 Häuser, 47 Einwohner) verwaltet.[20]
Im Jahre 1870 provozierte der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck durch die sogenannte Emser Depesche den Deutsch-Französischen Krieg, an dem das Großherzogtum Hessen als Mitglied des Norddeutschen Bundes an der Seite Preußens teilnahm. Noch vor dessen offiziellem Ende am 10. Mai 1871 traten die süddeutschen Staaten dem Norddeutschen Bund bei und am 1. Januar 1871 trat dessen neue Verfassung in Kraft, mit der er sich Deutsches Reich nannte. Auf deutscher Seite forderte dieser Krieg rund 41.000 Tote.[21] Aus Bürstadt waren etwa 100 Männer an dem Krieg beteiligt, von dem vier nicht mehr zurückkehrten. Am 25. Oktober 1870 wütete in Bürstadt ein schwerer orkanartiger Sturm, der fast alle Häuser in Mitleidenschaft zog und die Zierpfeiler am Turm der Kirche St. Michael so schwer beschädigte, dass diese abgetragen werden mussten.[4] Mit dem Reichsmünzgesetz von 1871 gab es in Deutschland nur noch eine Währung, die Mark mit 100 Pfennigen als Untereinheit.
Nachdem das Großherzogtum Hessen ab 1871 zum Deutschen Reich gehörte, wurden 1874 eine Reihe von Verwaltungsreformen durchgeführt. So wurden die landesständige Geschäftsordnung sowie die Verwaltung der Kreise und Provinzen durch Kreis- und Provinzialtage geregelt. Die Neuregelung trat am 12. Juli 1874 in Kraft und verfügte auch die Auflösung der Kreise Lindenfels und Wimpfen und die Wiedereingliederung von Bürstadt in den Kreis Bensheim.[22]
Im Mai 1882 wurde der katholische Pfarrer von St. Michael, Peter Itzel, von dem Tagelöhner Fischbach erstochen. Bürstadt bekam dadurch einen schlechten Ruf und erhielt den Spitznamen „Messerstecher“. Im Dezember des gleichen Jahres hatte der Rhein erneut Hochwasser und zwischen Lampertheim und Rosengarten brach der Rheindamm, sodass große Teile des Rieds überflutet wurden. Auch Bürstadt war stark betroffen, was zur Evakuierung von Teilen der Bevölkerung an die Bergstraße führte.[4]
Am Ende des 19. Jahrhunderts kündigte sich auch in Bürstadt das Industriezeitalter an. Auf dem Rhein ließ 1842 ein Wormser Unternehmer Dampfboote, die „Die Adler des Oberrheins“ zwischen Mannheim und Mainz verkehren. Weitere Verbesserungen der Infrastruktur ergaben sich durch den Bau von Eisenbahnlinien. Im Jahr 1869 wurde die Eröffnung der Nibelungenbahn von Worms über Lorsch nach Bensheim gefeiert, wo sie Anschluss an die bereits 1846 fertiggestellte Rhein-Neckar-Bahn hatte. Für das Jahr 1900 gab es weitere Infrastrukturverbesserungen, so wurden bei Worms sowohl die Ernst-Ludwig-Brücke als Straßenbrücke als auch die Eisenbahnbrücke über den Rhein dem Verkehr übergeben. Dass die Zeiten aber auch von viel Armut geprägt waren, zeigen die Zahlen der Auswanderer. So wurden von 1881 bis 1900 529.875 deutsche Auswanderer gezählt.[23] Am 1. Januar 1900 trat im ganzen Deutschen Reich das Bürgerliche Gesetzbuch in Kraft.
Am 11. November 1894 wurde das von der Gemeinde erbaute Schwesternhaus eingeweiht, in dem Mainzer Schwestern wirkten. Sie betrieben häusliche Krankenpflege und unterhielten eine Kleinkinderschule. Weiterhin waren in diesem Haus eine Strick- und die Nähschule untergebracht.
Die Zeit der Weltkriege
Am 1. August 1914 brach der Erste Weltkrieg aus, der in Bürstadt wie im ganzen Deutschen Reich der positiven wirtschaftlichen Entwicklung ein Ende setzte. Als nach der deutschen Niederlage am 11. November 1918 der Waffenstillstand unterschrieben wurde, hatte Bürstadt viele Gefallene zu beklagen, während der Krieg insgesamt rund 17 Millionen Menschenopfer kostete. Das Ende des Deutschen Kaiserreiches war damit besiegelt, und die unruhigen Zeiten der Weimarer Republik folgten. In der Zeit von 1921 bis 1930 wurden in Deutschland 566.500 Auswanderer gezählt, die versuchten, den schwierigen Verhältnissen in Deutschland zu entfliehen. 1931 werden auf dem „Boxheimer Hof“ die nach im benannten „Boxheimer Dokumente“ erstellt, mit denen Mitglieder der NSDAP versuchten eine gewaltsame Machtübernahme im Deutschen Reich vorzubereiten. Die Veröffentlichung der Dokumente schlug in der angespannten innen- und landespolitischen Lage des Herbstes 1931 hohe Wellen.
Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler Reichskanzler, was das Ende der Weimarer Republik und den Beginn der Nationalsozialistischen Diktatur besiegelte. Im Frühjahr 1933 ordnete Adolf Hitler den 1. Mai als gesetzlichen Feiertag mit dem Namen „Tag der deutschen Arbeit“ an. Damit wurde eine Gewerkschaftsforderung ausgerechnet von der Regierung erfüllt, die von den Gewerkschaften strikt ablehnt wurde. Die Gewerkschaften riefen zur Teilnahme an den Maiveranstaltungen auf, da sie sich als Initiatoren des Maigedankens fühlten. Das offizielle Programm war schon stark durch die Nationalsozialisten geprägt: „6 Uhr Wecken durch die SA-Kapellen. 8 Uhr Flaggenhissung in den Betrieben, Abmarsch zum Exerzierplatz, 9 Uhr Übertragung der Kundgebung von dem Lustgarten in Berlin auf die öffentlichen Plätze der Städte. 10.45 Uhr Staatsakt der Hessischen Regierung (…), Empfang einer Arbeiterdelegation aus den drei Hessischen Provinzen. (…) Gemeinsamer Gesang des „Liedes der Arbeiter“. (…) 7.30 Uhr Übertragung von dem Tempelhofer Feld, Berlin: Manifest des Reichskanzlers Adolf Hitler, „Das erste Jahr des Vierjahresplanes“. Anschließend Unterhaltungsmusik und Deutscher Tanz. 12 Uhr: Übertragung der Rede des Ministerpräsidenten Hermann Göring. (…) Ehemals marxistische Gesang-, Turn- und Sportvereine können an den Zügen teilnehmen, jedoch ist die Mitführung marxistischer Fahnen oder Symbole zu unterlassen.“ Das böse Erwachen für die Gewerkschaften kam einen Tag später, als die „NSDAP die Führung der roten Gewerkschaften übernahm“: „Die seitherigen marxistischen Führer in Schutzhaft – Ein 3-Millionen-Konto des früheren Reichstagspräsidenten Löbe gesperrt – Die Rechte der Arbeiter gesichert – Die Gebäude der Freien Gewerkschaften besetzt“, titelten die bereits im ganzen Reich gleichgeschalteten Zeitungen.[24]
In Hessen wurde am 3. Juli 1933 das „Gesetz zur Durchführung von Feldbereinigung zum Zwecke der Arbeitsbeschaffung im Zuge der Riedmelioration“ erlassen. In 13 Gemeinden der Provinz Starkenburg, darunter Bürstadt wurde das Feldbereinigungsverfahren auf einer Fläche von 200.000 ha angeordnet. Im Verlauf dieses Meliorations- und Siedlungsprogramms entstanden die beiden Orte Riedrode und Worms-Rosengarten.[23] Durch die Gründung der selbständigen Gemeinde Rosengarten wurde die zu Bürstadt gehörende Gemarkung „Wehrzollhaus“ abgetrennt und der freie Zugang Bürstadts zum Rhein unterbrochen. Über viele Jahrhunderte hatte Bürstadt freien Zugang zum Rhein und die Bürstädter konnten ihr Vieh am Rhein tränken, ohne fremdes Gebiet überqueren zu müssen. Am 10. Juli 1936 wurde das erste hessische Erbhofdorf Riedrode eingeweiht und 28 Familien übernahmen ihre Erbhöfe.[4]
Die hessischen Provinzen Starkenburg, Rheinhessen und Oberhessen wurden 1937 nach der 1936 erfolgten Auflösung der Provinzial- und Kreistage aufgehoben. Zum 1. November 1938 trat dann eine umfassende Gebietsreform auf Kreisebene in Kraft. In der ehemaligen Provinz Starkenburg war der Kreis Bensheim besonders betroffen, da er aufgelöst und zum größten Teil dem Kreis Heppenheim zugeschlagen wurde. Der Kreis Heppenheim übernahm auch die Rechtsnachfolge des Kreises Bensheim und erhielt den neuen Namen Landkreis Bergstraße.[25][26] Bürstadt allerdings wurde mit den Nachbargemeinden Lampertheim, Hofheim, Rosengarten und Biblis dem Kreis Worms, der damals zu Rheinhessen gehörte, zugeschlagen.
Im November 1938 brachte die sogenannte Reichskristallnacht den jüdischen Mitbürgern Not und Elend. Die Bürstädter Synagoge war zu diesem Zeitpunkt bereits verkauft. SA-Leute drangen in die Wohnung einer jüdischen Familie ein, verwüsteten diese und misshandelten die 17-jährige Tochter. Zwei jüdische Mitbürger wurden bereits im Mai 1938 verhaftet und ins KZ-Osthofen gebracht. Bereits nach 1933 waren ein Teil der zu diesem Zeitpunkt aus 23 Personen bestehenden jüdischen Gemeinde infolge der zunehmenden Repressalien weggezogen oder ausgewandert. 1936 wohnten noch 20 dieser Personen in der Stadt. Die fünf Einwohner jüdischer Abstammung, die 1939 noch in der Stadt waren, wurden verhaftet und in Vernichtungslager deportiert. Von den in Bürstadt geborenen oder längere Zeit hier lebenden Personen kamen 17 durch die NS-Gewaltherrschaft ums Leben.[27]
Am 1. September 1939 begann mit dem Einmarsch deutscher Truppen in Polen der Zweite Weltkrieg, der in seinen Auswirkungen noch weit dramatischer war als der Erste Weltkrieg und dessen Opferzahl auf 60 bis 70 Millionen Menschen geschätzt werden. Besonders ab 1944 war der verstärke Luftkrieg gegen Deutschland auch in Bürstadt zu spüren. Große Fliegerverbände überflogen Bürstadt bei ihren Angriffen auf die umliegenden Industriestädte Ludwigshafen, Mannheim oder Worms. Bürstadt bleibt trotz einiger Schäden weitgehend verschont. In diesem Jahr wurde auch die Arbeit auf den Feldern durch die fortgesetzten Tieffliegerangriffe lebensgefährlich. Auch in der Bahn oder auf den Straßen war niemand mehr sicher. In der Endphase des Zweiten Weltkrieges in Europa erreichten die amerikanischen Verbände Mitte März 1945 den Rhein zwischen Mainz und Mannheim. Die Brückenköpfe auf der linken Rheinseite konnten durch die schwachen deutschen Kräfte nicht gehalten werden, was zur Sprengung der Rheinbrücken bei Worms, Nordheim und Gernsheim am 20. März führte. Die sich auf die rechte Rheinseite zurückgezogenen Reste der deutschen 7. Armee mussten fast die gesamte schwere Ausrüstung wie Panzer und Artillerie zurücklassen, was die Fortsetzung der Kämpfe bei der absoluten Luftherrschaft der Amerikaner eigentlich völlig sinnlos machte.
Auf amerikanischer Seite war jetzt das oberste Ziel die Vermeidung weiterer Verluste, was zum massiven Einsatz von Artillerie, Panzern und Flugzeugen, auch ohne genaue Kenntnis einer möglichen Gegenwehr, auf alle einzunehmenden Städte und Dörfer führte. Stießen die vorrückende Kräfte auf Widerstand erfolgte ein sofortiger Rückzug und ein massiver Einsatz von Luftwaffe und Artillerie. Am 22. März überquerte die 3. US-Armee bei Oppenheim den Rhein und besetzte am 25. März Darmstadt. Das machte aus amerikanischer Sicht ein schnelles Nachrücken der benachbarten 7. US-Armee zur Flankensicherung notwendig. Zur Vorbereitung für deren Rheinüberquerung wurden die meisten Riedgemeinden am 25. und in der Nacht zum 26. März von der amerikanischen Artillerie beschossen. In allen betroffenen Gemeinden wurden dabei Menschen getötet und es entstanden Sachschäden an Gebäuden.
In den ersten Stunden des 26. März 1945 überquerten amerikanische Truppen nördlich von Worms bei Hamm, Ibersheim[28] und Rheindürkheim den Rhein. Die bei Worms übergesetzten Kräfte nahmen noch in der Nacht die Ortschaft Rosengarten in Besitz, marschierten in den frühen Morgenstunden in Bürstadt ein und rückten auf der heutigen B47 in Richtung Lorsch vor. Da Bürstadt nicht verteidigt wurde entstanden beim Einmarsch der Amerikaner keine großen Schäden. Am 27. März standen die amerikanischen Einheiten in Lorsch, Bensheim und Heppenheim und einen Tag später waren Aschaffenburg am Main, sowie der westliche und nördliche Teil des Odenwaldes besetzt.[29] Der Krieg in Europa endete mit der bedingungslosen Kapitulation aller deutschen Truppen, die am 8. Mai 1945 um 23:01 Uhr mitteleuropäischer Zeit in Kraft trat. Bürstadt hatte etwa 500 gefallene oder vermisste Soldaten in diesem Krieg zu beklagen.[4]
Nachkriegszeit und Gegenwart
Mit der Neueinteilung der Bundesländer durch die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs nach 1945 wurde Rheinhessen westlich des Rheins dem Bundesland Rheinland-Pfalz zugeschlagen und Bürstadt in den Kreis Bergstraße integriert.[26]
Nach dem Krieg stieg die Bevölkerungszahl durch die Ansiedlung vieler Heimatvertriebener und innerhalb kürzester Zeit stieg die Einwohnerzahl um etwa 1200 Einwohner oder rund 13 %.
Im Jahr 1961 wurde die Gemarkungsgröße mit 2561 ha angegeben, davon waren 820 ha Wald.[26]
Der Gemeinde Bürstadt wurde am 1. Juni 1967 durch den Hessischen Minister des Innern das Recht verliehen, die Bezeichnung Stadt zu führen.[30]
2005 wurde in Bürstadt die größte Dach-Photovoltaikanlage der Welt in Betrieb genommen (45.000 m² Dachfläche; 5 MW Leistung). Noch im selben Jahr wurde Bürstadt Deutscher Meister in der Solarbundesliga (Kategorie 10.000–100.000 Einwohner). 2006 errang Bürstadt die Goldmedaille im Wettbewerb Entente Florale. Am 22. Februar 2007 fand die Grundsteinlegung für einer der größten Biogasanlagen Deutschlands (ca. 2,2 MW elektrische Anlagenleistung) statt. Vom 5. bis 7. September 2008 wurde die Messe EnergieTrends+ (Messe für regenerative Energien) zum ersten Mal veranstaltet.
Eingemeindungen
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurden am 1. Juli 1971 die bis dahin selbstständige Gemeinde Riedrode nach Bürstadt auf freiwilliger Basis eingemeindet.[31] Am 31. Dezember 1971 folgte die Eingemeindung von Bobstadt.[32][33] Für die beiden Stadtteile wurden Ortsbezirke mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[34]
Fremdverwaltung
Die ehemals selbständige Gemeinde Rosengarten wurde von 1945 bis 1955 von der Stadt Bürstadt verwaltet. Seit dem 1. Oktober 1971 gehört sie zur Stadt Lampertheim.[35]
Gerichte in Hessen
In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für das Fürstentum Starkenburg wurde das Hofgericht Darmstadt als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Erste Instanz waren Ämter oder Standesherren. Das Hofgericht war für bürgerliche Streitsachen Gericht zweite Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt. Damit hatten die Zent und das mit ihr verbundene Zentgericht endgültig seine Funktion eingebüßt.
Mit Bildung der Landgerichte im Großherzogtum Hessen war ab 1821 das Landgericht Lorsch das in erster Instanz zuständige Gericht. Nach Umsetzung des Gerichtsverfassungsgesetzes im Großherzogtum mit Wirkung vom 1. Oktober 1879 wurden die bisherigen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten. In Bürstadt war nun das Amtsgericht Lorsch zuständig, das im Bezirk des Landgerichts Darmstadt lag.[36]
Am 1. Oktober 1934 wurde das Amtsgericht Lorsch aufgelöst und aus dem Bezirk des Amtsgerichts der Ort Hofheim dem Amtsgericht Worms, der Ort Bobstadt und die Stadt Bürstadt dem Amtsgericht Lampertheim und mit Lorsch die restlichen Orte dem Amtsgericht Bensheim zugeteilt.[37]
Territorialgeschichte und Verwaltung
Das Großherzogtum Hessen war von 1815 bis 1866 ein Mitgliedsstaat des Deutschen Bundes und ab 1871 ein Bundesstaat des Deutschen Reiches. Es bestand bis 1919, nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Großherzogtum zum republikanisch verfassten Volksstaat Hessen. 1945 nach Ende des Zweiten Weltkriegs befand sich das Gebiet des heutigen Hessen in der amerikanischen Besatzungszone und durch Weisung der Militärregierung entstand Groß-Hessen, aus dem das Bundesland Hessen in seinen heutigen Grenzen hervorging.
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Bürstadt lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[26][38][39]
- vor 1782: Heiliges Römisches Reich, Kurfürstentum Mainz, Amt Starkenburg (1461–1650 an Kurpfalz verpfändet), Zent Heppenheim
- ab 1782: Heiliges Römisches Reich, Kurfürstentum Mainz, Unteres Erzstift, Oberamt Starkenburg, Amtsvogtei Lorsch
- ab 1803: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt (durch Reichsdeputationshauptschluss), Fürstentum Starkenburg, Amt Lorsch
- ab 1806: Rheinbund, Großherzogtum Hessen, Fürstentum Starkenburg, Amt Lorsch[40]
- ab 1815: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Amt Lorsch
- ab 1821: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Landratsbezirk Heppenheim (Trennung zwischen Justiz (Landgericht Lorsch) und Verwaltung)
- ab 1832: Deutscher Bund,Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Bensheim
- ab 1848: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Heppenheim
- ab 1852: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Heppenheim
- ab 1867: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Heppenheim
- ab 1871: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Heppenheim
- ab 1874: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Bensheim
- ab 1918: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Bensheim
- ab 1938: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Landkreis Worms (Im Zuge der Gebietsreform 1938 werden die drei hessischen Provinzen Starkenburg, Rheinhessen und Oberhessen aufgelöst.)
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Bergstraße
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen (seit 1946), Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Bergstraße
Name
Der Name Bürstadt leitet sich von Bisos Stätte ab. Biso war ein fränkischer Fürst, der in der Gegend Besitzungen hatte. Historisch dokumentierte Namensformen des Ortes sind (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[26]
Birstather marca (767) | Bisenstadt (1113) | Birstat (1407) | Bürstatt (1759) |
Bisistat (770, 826) | Birrstadt (1275) | Berstadt (1468) | |
Bisestat (795) | Berstad (1318) | Birgstat (1475) | |
Birstat (ca. 900, um 1200) | Birstad (1341) | Byrstat (1488) |
Einwohnerstruktur
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Bürstadt 15.211 Einwohner. Darunter waren 1248 (8,2 %) Ausländer von denen 721 aus dem EU-Ausland, 416 aus anderen Europäischen Ländern und 6 aus anderen Staaten kamen.[41] Von den deutschen Einwohnern hatten 7,4 % einen Migrationshintergrund.[42] Nach dem Lebensalter waren 2508 Einwohner unter 18 Jahren, 6225 waren zwischen 18 und 49, 3390 zwischen 50 und 64 und 3087 Einwohner waren älter.[43] Die Einwohner lebten in 6567 Haushalten. Davon waren 1899 Singlehaushalte, 2082 Paare ohne Kinder und 1653 Paare mit Kindern, sowie 492 Alleinerziehende und 141 Wohngemeinschaften. In 1446 Haushalten lebten ausschließlich Senioren/-innen und in 4422 Haushaltungen leben keine Senioren/-innen.[43]
Einwohnerzahlen
• 1623: | 66 (Bürger)[26] |
• 1806: | 156 Einwohner, 179 Häuser[40] |
• 1829: | 1807 Einwohner, 228 Häuser[11] |
• 1867: | 2731 Einwohner, 376 Häuser[20] |
Bürstadt: Einwohnerzahlen von 1806 bis 2015 | ||||
---|---|---|---|---|
Jahr | Einwohner | |||
1806 | 1.256 | |||
1829 | 1.807 | |||
1834 | 2.101 | |||
1840 | 2.381 | |||
1846 | 2.635 | |||
1852 | 2.718 | |||
1858 | 2.737 | |||
1864 | 2.764 | |||
1871 | 2.992 | |||
1875 | 3.067 | |||
1885 | 3.577 | |||
1895 | 4.203 | |||
1905 | 5.487 | |||
1910 | 6.117 | |||
1925 | 7.154 | |||
1939 | 8.211 | |||
1946 | 9.249 | |||
1950 | 10.142 | |||
1956 | 10.527 | |||
1961 | 10.871 | |||
1967 | 12.359 | |||
1970 | 12.621 | |||
1972 | 15.428 | |||
1975 | 14.980 | |||
1980 | 14.196 | |||
1985 | 14.249 | |||
1990 | 15.229 | |||
1995 | 15.515 | |||
2000 | 15.247 | |||
2005 | 15.369 | |||
2010 | 15.541 | |||
2011 | 15.211 | |||
2015 | 16.060 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [26]; 1972:[44]; Hessisches Statistisches Informationssystem[45]; Zensus 2011[41] Ab 1972 einschließlich der im Zuge der Gebietsreform in Hessen eingegliederten Orte. |
Religionszugehörigkeit
• 1829: | 2 lutheranische (= 0,11 %), 44 jüdische (= 2,43 %) und 1761 katholische (= 97,45 %) Einwohner[11] |
• 1961: | 1212 evangelische (= 11,15 %), 9504 römisch-katholische (= 87,43 %) Einwohner[26] |
• 1987: | 2949 evangelische (= 20,04 %), 10.692 katholische (= 72,64 %), 1078 sonstige (= 7,30 %) Einwohner[46] |
• 2011: | 3840 evangelische (= 25,2 %), 7990 katholische (= 52,5 %), 270 orthodoxe (= 1,8 %), 320 andersgläubig (= 2,1 %), 2740 sonstige[Anm. 1] (= 18,0 %) Einwohner[47] |
• 2017: | 6584 römisch-katholische (= 40 %) Einwohner[48] |
Das Bürgerbüro im Bürstädter Rathaus registrierte im Jahr 2020 127 Austritte (35 evangelische, 92 katholische), die Zahl stieg 2021 auf 189 (63 evangelische, 126 katholische) weiter an.[49]
Erwerbstätigkeit
Die Gemeinde im Vergleich mit Landkreis, Regierungsbezirk Darmstadt und Hessen:[50]
Jahr | Gemeinde | Landkreis | Regierungsbezirk | Hessen | |
---|---|---|---|---|---|
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte | 2017 | 3715 | 72.939 | 1.695.567 | 2.524.156 |
Veränderung zu | 2000 | +25,4 % | +17,1 % | +16,1 % | +16,0 % |
davon Vollzeit | 2017 | 71,9 % | 70,8 % | 72,8 % | 71,8 % |
davon Teilzeit | 2017 | 28,1 % | 29,2 % | 27,2 % | 28,2 % |
Ausschließlich geringfügig entlohnte Beschäftigte | 2017 | 744 | 15.613 | 224.267 | 372.991 |
Veränderung zu | 2000 | +18,1 % | −4,3 % | +9,0 % | +8,8 % |
Branche | Jahr | Gemeinde | Landkreis | Regierungsbezirk | Hessen |
---|---|---|---|---|---|
Produzierendes Gewerbe | 2000 | 49,8 % | 39,6 % | 27,0 % | 30,6 % |
2017 | 34,8 % | 32,1 % | 20,4 % | 24,3 % | |
Handel, Gastgewerbe und Verkehr | 2000 | 22,6 % | 25,1 % | 26,4 % | 25,1 % |
2017 | 18,6 % | 25,8 % | 24,7 % | 23,8 % | |
Unternehmensdienstleistungen | 2000 | 7,9 % | 11,6 % | 25,1 % | 20,2 % |
2017 | 15,0 % | 15,5 % | 31,6 % | 26,1 % | |
Sonstige Dienstleistungen | 2000 | 14,7 % | 22,0 % | 20,1 % | 22,5 % |
2017 | 20,2 % | 25,3 % | 23,0 % | 25,4 % | |
Sonstiges (bzw. ohne Zuordnung) | 2000 | % | 5,1,% | 1,7% | 1,4% | 1,5
2017 | % | 1,2% | 1,111,4 % | % | 0,4
Politik
Stadtverordnetenversammlung
Die Stadtverordnetenversammlung ist das oberste Organ der Stadt. Ihre politische Zusammensetzung wird alle fünf Jahre in der Kommunalwahl durch die Wahlbevölkerung der Stadt bestimmt. Wählen darf, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat und Deutscher Staatsbürger im Sinne des Grundgesetzes oder Staatsangehöriger eines der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist. Für alle gilt, dass sie seit mindestens drei Monaten in der Stadt gemeldet sein müssen.
Die Kommunalwahl am 14. März 2021 lieferte folgendes Ergebnis,[51] in Vergleich gesetzt zu früheren Kommunalwahlen:[52][53][54][55]
|
Wahlvorschläge | CDU | SPD | Grüne | FDP | FW | Sitzverteilung | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2021 | Stimmanteila | 36,8 | 18,6 | 14,8 | 7,8 | 22,1 | ||
Sitze (von 31) | 11 | 6 | 5 | 2 | 7 | |||
2016 | Stimmanteila | 44,5 | 30,4 | 13,2 | 11,9 | — | ||
Sitze (von 31) | 14 | 9 | 4 | 4 | — | |||
2011 | Stimmanteila | 44,9 | 27,1 | 19,0 | 9,0 | — | ||
Sitze (von 31) | 14 | 8 | 6 | 3 | — | |||
2006 | Stimmanteila | 57,7 | 31,1 | — | 11,2 | — | ||
Sitze (von 31) | 18 | 10 | — | 3 | — | |||
2001i | Stimmanteila | 61,6 | 38,4 | — | — | — | ||
Sitze (von 37) | 23 | 14 | — | — | — | |||
Wahlvorschläge | CDU | SPD | Grüne | FDP | FW | Sitzverteilung |
Es waren 31 Stadtverordnete für die Legislaturperiode vom 1. April 2021 bis 31. März 2026 zu wählen. Von 13.148 Wahlberechtigten gingen 6.685 zur Wahl. Somit stieg die Wahlbeteiligung von 48,1 % im Jahr 2016 auf 50,8 % im Jahr 2021.
Bürgermeister
Von 1989 bis 2013 war Alfons Haag (CDU) Bürgermeister von Bürstadt. Am 17. Februar 2013 wurde Barbara Schader (CDU) zur ersten Bürgermeisterin der Stadt gewählt und trat am 1. Juli 2013 ihr Amt an. Am 27. Januar 2019 wurde sie mit 52,0 % der Stimmen wiedergewählt.[56]
Ortsbezirke
Folgende Ortsbezirke mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gibt es im Gemeindegebiet:[34]
Jugendrat
Der Bürstädter Jugendrat ist ein politisches Gremium, dessen zentrale Aufgabe es ist, die Jugendlichen und deren Interessen gegenüber den politischen Entscheidungsträgern der Stadt zu vertreten. Die direkt gewählten Jugendlichen haben ein Anhörungs-, Rede- und Antragsrecht in der Stadtverordnetenversammlung und in den verschiedenen Ausschüssen. Darüber hinaus plant der Jugendrat Aktivitäten, Projekte und Veranstaltungen speziell für die Jugendlichen aus Bürstadt. Der Jugendrat setzt sich aus mindestens 6 und höchstens 15 Mitgliedern zusammen, die am Wahltag zwischen 12 und 21 Jahre alt sind. Sie werden für zwei Jahre gewählt.
Im derzeitigen Jugendrat sind 15 Jugendliche im Alter zwischen 13 und 20 Jahren aktiv.
Wappen
Das Lorscher Spitznagelkreuz erinnert an die Zugehörigkeit zum Kloster Lorsch von 767 bis 1232. 1461 wurde Bürstadt an die Kurpfalz verpfändet, daher das silberblaue gerautete Schildhaupt. 1632 kam es an Kurmainz zurück, und ab 1803 gehört es zum Großherzogtum Hessen, deshalb das rote Feld unter dem Wappen.
Bürstadt darf dieses Wappen seit der Verleihung der Stadtrechte im Jahre 1967 tragen.
Städtepartnerschaften
Es bestehen seit 1974 mit Krieglach (Österreich) und seit 1982 mit Wittelsheim (Frankreich) Partnerschaften. 1984 wurde mit Minano (Japan) ein Freundschaftsvertrag geschlossen, 1991 mit Glauchau.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Museum
Bürstadt verfügt über ein privates Heimatmuseum mit Werkzeugen und Geräten zur Bodenbearbeitung, Haushaltsgeräten sowie einer alten Schreinerwerkstatt.[57]
Sport
Aushängeschild mit großem nationalem Bekanntheitsgrad ist der VfR Bürstadt, der vier Jahre lang der 2. Fußball-Bundesliga angehörte und derzeit (Stand: 28. Spieltag 2013/14) Platz 70 in der Ewige Tabelle der 2. Fußball-Bundesliga mit 180 Punkten einnimmt. Den größten Erfolg hatte der Verein am 29. Juni 1975, als er mit einem 3:0-Sieg gegen Victoria Hamburg deutscher Fußball-Amateurmeister wurde.[58] Derzeit gibt es nach wenig erfolgreichen Jahren in der sportlichen Bedeutungslosigkeit auf Grund finanzieller Probleme wieder einen Höhenflug bei den Schwarz-Weißen – es gelang der direkte Durchmarsch von der Kreisliga A in die sechstklassige Verbandsliga Süd in Hessen, wo der VfR in der Saison 2013/2014 antrat.
Bauwerke
Im Ortszentrum befindet sich das 1608 erbaute historische Rathaus, in dem die Gemeindeverwaltung bis 1930 untergebracht war. In der Zeit von 1996 bis 1999 wurde es umfangreich saniert.[59] Das alte Rathaus steht unter Denkmalschutz.
Weitere unter Denkmalschutz stehende Gebäude sind das Empfangsgebäude des Bahnhofs, das Wasserwerk und die Kirche St. Andreas.
Wirtschaft und Infrastruktur
Flächennutzung
Das Gemeindegebiet umfasst eine Gesamtfläche von 3446 Hektar, davon entfallen in ha auf:[60]
Nutzungsart | 2011 | 2015 | |
---|---|---|---|
Gebäude- und Freifläche | 379 | 348 | |
davon | Wohnen | 209 | 211 |
Gewerbe | 45 | 48 | |
Betriebsfläche | 14 | 13 | |
davon | Abbauland | 7 | 7 |
Erholungsfläche | 27 | 28 | |
davon | Grünanlage | 12 | 12 |
Verkehrsfläche | 257 | 258 | |
Landwirtschaftsfläche | 1774 | 1764 | |
davon | Moor | 0 | 0 |
Heide | 0 | 0 | |
Waldfläche | 948 | 948 | |
Wasserfläche | 41 | 41 | |
Sonstige Nutzung | 7 | 7 |
Verkehr
Bürstadt liegt im Norden der Metropolregion Rhein-Neckar an den Bundesstraßen 47 und 44. Die Autobahn 67 ist über die Anschlussstelle Lorsch (Entfernung etwa fünf Kilometer) erreichbar.
Der Bahnhof Bürstadt ist ein Turmbahnhof an der Kreuzung von Riedbahn und Nibelungenbahn (Zuglinien: Mannheim-Frankfurt am Main und Worms-Bensheim).
In Bürstadt verkehren die Buslinien des VRN-Linienbündels Bürstadt, sowie aus dem Linienbündel Ried die Linie 643 (Heppenheim–Bürstadt), die Nachtlinie 646 (Bensheim–Bürstadt–Worms) und die Schulkleinbuslinie 651 (Gärtnersiedlung–Riedrode–Bürstadt). Das Linienbündel Bürstadt besteht aus der montags bis freitags halbstündlich verkehrenden Kleinbuslinie 652 von Bobstadt nach Boxheimerhof und der im Frühjahr 2018 eingerichteten, nur vereinzelt verkehrenden Kleinbuslinie 655 von Lampertheim über Bürstadt nach Riedrode. Es wird vom Bibliser Reisebüro Walter Müller betrieben.[61]
Der Flughafen Frankfurt Main ist etwa 60 km entfernt.
Freizeiteinrichtungen
Bürstadt hat ein solarbeheiztes Waldschwimmbad (Freibad) und eine Leichtathletikanlage mit sechsbahnigem Tartanbelag. Für die Fußballer des VfR Bürstadt wurde ein Fußballstadion mit einer Tribüne für 500 Zuschauer gebaut, im Stadtteil Riedrode und an der Wasserwerkstraße gibt es zwei Kunstrasenplätze. Aktuell findet der Bau eines neuen Jugendhauses statt, das voraussichtlich im Sommer 2018 fertiggestellt werden soll. In Bürstadt befindet sich eine Skateanlage sowie ein öffentlicher Basketballplatz.
Im Juni 2016 wurde in Bürstadt eine der deutschlandweit 19 „alla hopp!“-Anlagen eröffnet. Die Anlage umfasst auf 9.000qm verschiedene Sport- und Freizeitaktivitäten für jede Generation und befindet sich in der Nähe des Rathauses.[62]
Bildung
Bürstadt hat drei Grundschulen. Die Astrid-Lindgren-Schule befindet sich im Stadtteil Bobstadt, die Schillerschule in Bürstadt und die Betreute Grundschule „Bärenhöhle“ im Stadtteil Boxheimerhof. In Bürstadt befindet sich außerdem die Erich-Kästner-Gesamtschule.
Energieversorgung
Bürstadt ist seit 2004 der Standort der zum Zeitpunkt ihrer Erbauung größten Dachphotovoltaikanlage der Welt (5 MW auf 45.000 m² Dachfläche), die auf dem Dach eines Logistikunternehmens errichtet wurde. Sie wurde am 28. Juni 2009 bei einem Brand teilweise zerstört und ist mittlerweile wiederhergestellt.[63][64]
An Bürstadt angrenzend, im Ortsteil Rosengarten von Lampertheim, steht die 380-kV-Umspannanlage Bürstadt der Amprion GmbH, die am 4. Oktober 1957 im Zuge der Inbetriebnahme der Leitung Rommerskirchen–Bürstadt–Hoheneck, der ersten deutschen 380-kV-Leitung, in Betrieb genommen wurde.
Zwischen Bürstadt und dem Stadtteil Bobstadt stand eine 2007 errichtete Biogasanlage, die mittlerweile wieder abgebaut ist.
Ansässige Unternehmen
Bürstadt ist Sitz des zur Paderborner Welle Holding gehörenden Möbelherstellers und IKEA-Zulieferers Bürstadt Furniture.
Persönlichkeiten
In Bürstadt geboren
- Johannes Fettel (1902–1987), Wirtschaftswissenschaftler, Hochschullehrer an der Universität Hamburg
- Georg Stadtmüller (1909–1985), Historiker und Byzantinist
- Ilona Dörr (* 1948), Politikerin
- Ingrid Schmidt (* 1955), Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts
Mit Bürstadt verbunden
- Alexander Bauer (* 1972), hessischer Politiker (CDU)
- Mandy Capristo (* 1990), Sängerin der ehemaligen Band Monrose
- Christian Frommert (* 1967), Journalist und Buchautor
- Eric Linhart (* 1976), Politikwissenschaftler
Ehrenbürger
- Rudi Pumm (* 1938)
- Marga Esswein
- Jürgen Manske
- Horst Strecker[65]
Literatur
- Literatur von und über Bürstadt im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Literatur über Bürstadt nach Stichwort nach GND In: Hessische Bibliographie
Weblinks
- Geschichte Bürstadts In: Webauftritt der Stadt Bürstadt.
- Bürstadt, Landkreis Bergstraße. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Linkkatalog zum Thema Bürstadt bei curlie.org (ehemals DMOZ)
Anmerkungen
- Keiner öffentlich rechtlichen Religionsgemeinschaft angehörig.
Einzelnachweise
- Hessisches Statistisches Landesamt: Bevölkerung in Hessen am 31.12.2020 nach Gemeinden (Landkreise und kreisfreie Städte sowie Gemeinden, Einwohnerzahlen auf Grundlage des Zensus 2011) (Hilfe dazu).
- Karl Josef Minst [Übers.]: Lorscher Codex (Band 2), Urkunde 167 1. November 767 – Reg. 247. In: Heidelberger historische Bestände – digital. Universitätsbibliothek Heidelberg, S. 11, abgerufen am 1. Februar 2016.
- Ortsliste zum Lorscher Codex, Bürstadt. In: Archivum Laureshamense – digital. Universitätsbibliothek Heidelberg, abgerufen im Dezember 2019.
- Chronik der Stadt Bürstadt. Magistrat der Stadt Bürstadt, archiviert vom Original am 6. Oktober 2014; abgerufen am 26. April 2015.
- Wilhelm Müller: Hessisches Ortsnamenbuch – Starkenburg. Darmstadt 1937, S. 100–101
- Johann Konrad Dahl: Historisch-topographisch-statistische Beschreibung des Fürstenthums Lorsch oder Kirchengeschichte des Oberrheingaues. Darmstadt 1812, OCLC 162251605, S. 178 ff. (Online bei google books).
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