20Ten
20Ten (sprich: „twenty-ten“) ist das 35. Studioalbum des US-amerikanischen Musikers Prince. Es erschien am 10. Juli 2010 bei seinem Label NPG Records und war ausschließlich als CD-Beigabe einer handelsüblichen Zeitung erhältlich, weswegen 20Ten nicht in den internationalen Albumcharts geführt wurde. Das Album wurde nur in einigen Ländern Europas veröffentlicht.
Die Musik zählt zu den Genres Contemporary R&B, Elektronische Tanzmusik, Funk, Pop und Soul. Als Gastmusiker wirkt Maceo Parker mit. Musikkritiker von Zeitungen, bei denen 20Ten als CD-Beigabe erhältlich war, zeigten sich vom Album begeistert; Musikkritiker anderer Zeitungen verhielten sich mit Lob zurückhaltender.
Die Tournee zum Album spielte Prince ausschließlich in Europa und bestand aus lediglich sieben Konzerten, von denen vier im Rahmen von Musikfestivals stattfanden.
Entstehung
Bereits Anfang 2006 nahm Prince den Song Compassion in seinem Paisley Park Studio in Chanhassen in Minnesota auf, überarbeitete diesen aber am 1. September 2008 in Los Angeles in Kalifornien im Sunset Sound.[2] Ein Jahr später spielte er dann Walk in Sand am 1. August 2009 in seinem Paisley Park Studio ein.[3] Alle weiteren Songs für 20Ten nahm Prince ebenfalls im Paisley Park Studio auf; am 20. November 2009 waren dieses Future Soul Song und Sticky Like Glue.[4] Fünf Tage später spielte er Act of God, Sea of Everything und Laydown ein.[5]
Anfang 2010 nahm Prince mit Beginning Endlessly, Lavaux und Everybody Loves Me die letzten drei Songs für 20Ten im Paisley Park Studio auf.[6][7]
Marketingstrategie
Ab dem Jahr 2007 arbeitete Prince mit keinem Tonträgerunternehmen mehr zusammen und grenzte sich von der Musikindustrie zunehmend ab; die Tonträger erschienen zwar bei seinem eigenen Musiklabel NPG Records, aber für den Vertrieb wählte Prince alternative Kanäle. Beispielsweise konnte seine Live-CD Indigo Nights im Jahr 2008 nur als CD-Beigabe seines Buches 21 Nights käuflich erworben werden und 2009 vertrieb die US-amerikanische Einzelhandelskette Target Corporation die 3-CD-Box Lotusflow3r.
Am 22. Juni 2010 traf sich Prince mit Vertretern der Schallplattenfirma Warner Bros. Records, bei der er von 1977 bis 1999 unter Vertrag gestanden hatte. Es wurde über einen möglichen Vertrieb des Albums 20Ten in den USA diskutiert; letztlich kam aber kein Vertrag zustande.[8] Daraufhin entschied sich Prince für eine andere Marketingstrategie und ließ 20Ten als CD-Beigabe einer Zeitung ausschließlich in Europa vertreiben. Auf ähnliche Art und Weise hatte er 2007 sein Album Planet Earth in Großbritannien veröffentlicht.
Kiran Sharma, damalige Repräsentantin von Prince, zeigte sich von der Verkaufsstrategie von 20Ten begeistert und meinte: Es sei „das erste Mal auf der Welt, dass ein neues Album über alternative Kanäle gratis ausgeliefert wird.“[9]
Bei den Zeitungen Daily Mirror, Het Nieuwsblad und der deutschen Ausgabe des Rolling Stone war das Album 20Ten als CD-Beigabe erhältlich. Journalisten dieser Zeitungen gewährte Prince Zugang zu seinem Paisley Park Studio in Chanhassen, damit diese mit ihm Interviews führen und über das Album berichten konnten.[10]
Als Begründung, warum er 20Ten als Zeitungsbeilage vertrieb, vertrat Prince gegenüber dem Daily Mirror die Meinung, das Internet sei „vollständig vorbei“. Zudem zog er einen Vergleich zum Musiksender MTV: „Das Internet ist wie MTV. MTV war einmal total in und plötzlich war es veraltet. Wie auch immer, diese ganzen Computer und digitalen Spielereien sind nicht gut. Die füllen deinen Kopf nur mit Zahlen und das kann dir nicht gut tun.“[11] Außerdem werde es auch keine Downloads seiner neuen Songs geben. Er sehe keinen Grund, seine Musik über Plattformen wie das iTunes Store zu verkaufen, weil er die Akzeptanz des Bezahlsystems bezweifle. Er glaube jedoch, neue Wege zu finden, seine Musik zu verbreiten.[12]
Gestaltung des Covers
Das Albumcover von 20Ten ist in Form einer spartanischen Zeichnung gestaltet. Innerhalb dieser Zeichnung ist Prince als männliches Model dargestellt. Er trägt ein farbenfrohes Tunika-ähnliches Hemd mit Stehkragen, das geöffnet ist, sodass Prince’ Brusthaar zu sehen ist. Zudem trägt er eine Halskette mit einem Symbol-Anhänger – das unaussprechbare Symbol, das der Musiker von 1993 bis 2000 als Künstlernamen benutzt hatte. Prince ist auf der linken Bildhälfte platziert und ist von Kopf bis zu den Oberschenkeln dargestellt. In der Zeichnung besitzt Prince zwei rechte Arme. Am äußeren linken Bildrand sind in Höhe seiner rechten Schulter Zeigefinger und Daumen einer Hand zu sehen, die einen Stift hält und das Album-Cover zu vollenden scheint.
Im Hintergrund ist in rot-orangen Farbtönen eine Art Wüstenlandschaft zu erkennen, die Konturen eines Gesicht mit Nase, Oberlippe, Unterlippe und Kinn besitzt. Diese Konturen erinnern an die Hügellandschaft des Frauenkörpers in der Covergestaltung des Albums Around the World in a Day aus dem Jahr 1985.
Mittig im oberen Bereich des Covers ist das Prince-Symbol zu sehen. Vor dem Kreis des Symbols steht die Ziffer „2“, sodass zusammengesetzt die Zahl „20“ zu lesen ist. Innerhalb des Kreises ist das Wort „Ten“ zu lesen, das aber als typografische Ligatur kreiert wurde; der Name „Prince“ kann ebenfalls aus dem Wort gelesen werden.
Die Ziffer „2“ vor dem Kreis ist so gestaltet, dass sie auch als Ziffer „7“ interpretiert werden kann. Wird das Cover um 180 Grad gedreht, ist die Ziffer „7“ als Ziffer „6“ zu lesen – der 7.6. ist Prince’ Geburtsdatum. Ferner sind auf der rechten oberen Bildseite Regentropfen vorhanden.
Auf der Rückseite des Covers ist die Setlist des Albums von Track 1 Compassion bis Track 9 Everybody Loves Me in lilafarbener Schrift abgedruckt. Der Hidden Track Laydown ist in überdimensionaler Schriftgröße ebenfalls zu lesen. Die CD steckt in einer Papphülse ohne CD-Begleitheft.[13]
Die Mitarbeiter der Musik-Website Pitchfork Media wählten im Dezember 2010 das Cover als eines der schlechtesten des Jahres.[14]
Musik und Text
Die Musik des Albums 20Ten zählt zum Genre Contemporary R&B, Elektronische Tanzmusik, Funk, Pop und Soul. Einige Songs klingen zuweilen ähnlich wie frühere Kompositionen von Prince, etwa von seinem Album 1999 aus dem Jahr 1982.[10] Prince produzierte die Songs von 20Ten minimalistisch – bei einer Vielzahl der Songs dominieren Synthesizer und der Drumcomputer Linn LM-1, den er oftmals bei Studioaufnahmen seiner Musikalben in den 1980er Jahren benutzt hatte. Gitarren-Licks sind auf 20Ten selten zu hören.[15]
Das erste Stück Compassion ist aus dem Genre Elektronische Tanzmusik und enthält unter anderem ein Keyboard-Staccato. Maceo Parker, Greg Boyer und Ray Monteiro unterstützen Prince bei dem Song auf ihren Blasinstrumenten. Compassion klingt zuweilen wie Let’s Pretend We’re Married vom Album 1999.[1][10][15] Der zweite Song Beginning Endlessly enthält eingängige Synthesizer-Riffs und den Liedtext trägt Prince in einer Sprechgesang-ähnlichen Form vor.[15]
Future Soul Song ist eine Ballade aus dem Genre Soul, die zuweilen an The Beautiful Ones aus dem Jahr 1984 erinnert. Im Gesangsstil präsentiert sich Prince als Crooner, der Refrain besteht aus Sha-la-la.[15] Sticky Like Glue ist aus dem Bereich Funk und enthält dominierende Basslines sowie eine aus dem gleichen Genre gespielte Gitarre. Im Song wechselt Prince des Öfteren seine Stimmlage, eine Rap-Passage ist von ihm ebenfalls zu hören.[15]
Auch der fünfte Track Act of God stammt aus dem Genre Funk. Im gesellschaftskritischen Liedtext beschäftigt sich Prince mit der Weltwirtschaftskrise ab 2007 und mit dem Irakkrieg; beispielsweise singt er, dass von US-Steuergeldern Bomber gebaut würden, „angeblich um uns vor Saddam zu schützen.“[16]
Im Liedtext von Lavaux beschreibt Prince die Schönheit des Schweizer Weinbaugebiets Lavaux sowie die Schönheit der Straßen Portugals. Prince’ Keyboard-Spiel erinnert zuweilen an Keyboard-Passagen des Songs 1999.[15]
Walk in Sand ist eine von Prince’ Klavierspiel dominierte Ballade, die er in dem für ihn typischen Falsettgesang vorträgt. Melodie und Liedtext-Botschaft des Songs sind simpel: „Nichts ist schöner als mit dir Hand in Hand im Sand spazieren zu gehen“.[15] Mehrere zu Walk in Sand ähnliche Balladen hatte Prince bereits vor der Arbeit an 20Ten geschrieben.[10] Sea of Everything ist eine Schlafzimmerballade, die Prince ebenfalls vorwiegend im Falsettgesang vorträgt.
Everybody Loves Me ist ein Rock-’n’-Roll-Stomp mit Boogie-Woogie-Piano-Breaks. Im Liedtext singt Prince unter anderem: „Heute Nacht liebe ich alle Menschen, und alle lieben mich“. Damit meint Prince nicht sich selbst, sondern den selbstbewussten Geist, der auf der Tanzfläche jeden Menschen zum Star machen könne. Der Groove erinnert zuweilen an All the Critics Love U in New York vom Album 1999.[10]
Der Hidden Track Laydown war in einer früheren Version des Albums 20Ten der Eröffnungssong und ist dem Genre R&B zuzuordnen. Der Song enthält unter anderem ein düster und beunruhigend wirkendes Gitarrenspiel, komplexe Synthesizer-Lines und einen von Prince vorgetragenem Rap, in dem er sich als „Purple Yoda“ bezeichnet, eine Anspielung auf die Figur Yoda aus Star Wars.[10][17]
Titelliste und Veröffentlichungen
Nr. | Lied | Autor | Länge |
---|---|---|---|
1 | Compassion | Prince | 3:57 |
2 | Beginning Endlessly | Prince | 5:27 |
3 | Future Soul Song | Prince | 5:08 |
4 | Sticky Like Glue | Prince | 4:46 |
5 | Act of God | Prince | 3:13 |
6 | Lavaux | Prince | 3:03 |
7 | Walk in Sand | Prince | 3:29 |
8 | Sea of Everything | Prince | 3:49 |
9 | Everybody Loves Me | Prince | 4:00 |
77 | Laydown (Hidden Track) | Prince | 3:07 |
Das Album ist nur als CD-Beigabe einer Zeitung erschienen. Es war erstmals am 10. Juli 2010 bei der englischen Tageszeitung Daily Mirror und deren schottischem Tochterblatt Daily Record erhältlich. Am selben Tag erschien 20Ten auch bei der niederländischsprachigen Tageszeitung Het Nieuwsblad in Belgien und beim Tochterblatt De Gentenaar. Am 22. Juli 2010 veröffentlichte die deutsche Ausgabe des Musikmagazins Rolling Stone in seiner August-Ausgabe das Album in Deutschland, Österreich und in der Schweiz. Außerdem erschien es am selben Tag bei der wöchentlich erscheinenden Zeitschrift Courrier international in Frankreich.[18]
Der britische Verleger Trinity Mirror, Herausgeber von Daily Mirror und Daily Records, vertrieb über 2,5 Millionen CDs von 20Ten.[19] Doch am 10. Juli 2010 verkauften die genannten Zeitungen zusammen nur 379.000 Exemplare des Albums. Zwei Tage später entschied der Daily Mirror, jedem, der die Zeitung Online bestellte, das Album 20Ten mitzuliefern.[10] Im Jahr 2007, als Prince sein Album Planet Earth über die britische Sonntagszeitung Mail on Sunday vertrieb, waren über 600.000 Exemplare verkauft worden.[10]
In Deutschland, Österreich und in der Schweiz war die Erstauflage der August-Ausgabe des Rolling Stone bereits nach einer Woche nahezu ausverkauft. Der Verlag stellte jedoch eine Neuauflage inklusive des Albums zur Verfügung.[20] Das Rolling-Stone-Magazin hatte zu dieser Zeit eine Auflage von knapp 64.000 Exemplaren.[21] Anstatt der handelsüblichen 5,50 Euro kostete eine Ausgabe mit der CD 6,99 Euro.
Auf der CD von 20Ten ist folgendes zu lesen: „For promotional use only. Not for resale.“ (englisch für Nur für Werbezwecke. Nicht für den Weiterverkauf.) Der Song Laydown ist als Hidden Track erst als Titel #77 zu hören. Von Track 10 bis 76 sind lediglich Pausen von jeweils fünf Sekunden vorhanden. Von dem Album wurden keine Singles ausgekoppelt und Musikvideos produzierte Prince nicht. Seit 2018 und damit zwei Jahre nach seinem Tod wird 20Ten auch als Download angeboten.
Anfang Oktober 2010 kündigte Prince eine überarbeitete Neuauflage des Albums mit Namen 20Ten Deluxe an, die er letztendlich aber nicht veröffentlichte. Auf dieser Neuauflage war unter anderem der Song Rich Friends enthalten, den er schließlich am 14. Oktober 2010 als Download anbot.[22][10] Am 6. Januar 2013 veröffentlichte Prince mit Laydown (Xtended) eine Maxi-Single des Songs, die 5:54 Minuten lang ist und ebenfalls nur als Download erhältlich war.[23]
Tournee
Setlist vom 5. Juli 2010 in Berlin / Waldbühne[24] | |
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Autor aller Songs ist Prince, sofern nicht anders angegeben | |
Die 20Ten-Tour begann am 4. Juli 2010 beim Roskilde-Festival in Dänemark und endete am 25. Juli 2010 in Nizza im Palais Nikaia. Die Tournee fand ausschließlich in Europa statt und umfasste lediglich sieben Konzerte. Die Konzerte wurden von insgesamt 193.500 Zuschauern besucht,[25] wobei Prince vier der sieben Konzerte auf Musikfestivals spielte, deren Zuschauerkapazität höher war als auf seinen herkömmlichen Konzerten.
Abgesehen vom Roskilde-Festival trat er am 9. Juli 2010 beim Main Square Festival in Frankreich auf, am 10. Juli bei Rock Werchter in Belgien und am 18. Juli 2010 beim Super-Bock-Super-Rock-Festival in Portugal. Auf der Tournee spielte Prince vom Album 20Ten lediglich einmal die Songs Act of God und Future Soul Song. Die Konzertlänge variierte zwischen 120 und 150 Minuten und seine Begleitband The New Power Generation bestand aus folgenden acht Mitgliedern:
- Cassandra O’Neal – Keyboard und Gesang
- Cora Coleman-Dunham – Schlagzeug
- Elisa Dease – Begleitgesang
- Frédéric Yonnet – Mundharmonika
- Josh Dunham – E-Bass
- Liv Warfield – Begleitgesang
- Morris Hayes – Keyboard
- Shelby J. – Begleitgesang
- als Gast: Sheila E. – Perkussion und Gesang
Vom 18. Oktober bis zum 18. November 2010 ging Prince erneut in Europa auf Tournee und gab abermals sieben Konzerte, die insgesamt von ungefähr 90.000 Zuschauern besucht wurden. Auf Musikfestivals spielte er diesmal nicht und Musikpromotion für das Album 20Ten machte er keine.[26] Ida Kristine Nielsen gab bei dieser Tournee ihr Debüt als Bassistin in The New Power Generation.
Aftershows
Ab dem Jahr 1986 spielte Prince nach dem Hauptkonzert gelegentlich eine Aftershow, also ein weiteres Konzert nach Mitternacht. Seine Aftershows fanden in kleineren Musikclubs vor meist 300 bis 1.500 Zuschauern statt und Prince verzichtete auf die aufwendigen Bühnenshows, Choreografien und Lightshows seiner Hauptkonzerte. Zudem gestaltete er die Songauswahl anders und verzichtete oftmals auf seine Top-Ten-Hits. Höhepunkte mancher Aftershows waren Gastauftritte bekannter Musiker.
2010 spielte Prince bei seinen beiden Europatourneen nach 5 der insgesamt 14 Konzerte eine Aftershow. Davon fand die erste am 11. Juli 2010 in Brüssel im Viage statt, bei der Larry Graham als Gastmusiker auftrat.[27] Zudem gab Prince am 23. Juli in Paris im New Morning (Jazzclub), am 26. Juli in Cannes im Palais Club und am 21. Oktober 2010 in Kopenhagen im Amager Bio eine Aftershow. Die letzte Aftershow spielte er am 7. November 2010 wieder in Brüssel im Viage, bei der diesmal Bria Valente mitwirkte.[28]
Rezeption
Die Kritiken des Albums 20Ten fielen unterschiedlich aus: Während Journalisten von Zeitungen, die das Album als CD-Beigabe lieferten, zum Teil sehr positiv urteilten, waren unabhängige Journalisten mit Lob zurückhaltender.
Der Daily Mirror zeigte sich von 20Ten begeistert und meinte, es sei Prince’ bestes Musikalbum seit 23 Jahren [1987: Sign "☮" the Times] und sei mit dem Comeback von Elvis Presley im Jahr 1968 ebenbürtig. Auf 20Ten höre man die „gefühlvollsten“, „spirituellsten“ und „romantischsten“ Songs vorhanden, die Prince seit Jahren geschrieben habe.[29]
Joachim Hentschel von der deutschen Ausgabe des Musikmagazins Rolling Stone lobte, Prince kehre „endgültig zum tighten Elektrofunk-Spirit der frühen Jahre zurück“. Er bringe „trocken groovende Party- und Kopfnickersongs, lippenleckende Soulballaden, ohne sich dabei selbst zu kopieren oder anzubiedern.“ Zudem vertrat Hentschel die Meinung, 20Ten sei Prince’ „bestes, konsequentestes Album seit der Love Symbol-Platte von 1992.“[15]
Ulf Kubanke vom deutschsprachigen Online-Magazin laut.de war ebenfalls begeistert und schrieb über Prince: „Ja, er kann es immer noch! Lord Nelson ärgert und verzückt gleichermaßen. Doch kalt lässt er nie. Eine Eigenschaft, die er mit Kollegen wie Dylan [sic] oder Neil Young gemein hat. So pendelt er weiter zwischen Über- und Unterforderung der hörwilligen Untertanen.“[30]
Eric Pfeil von der deutschen Tageszeitung FAZ schrieb: „Einiges auf 20Ten ist famos, etwa das von einem Keyboard-Riff getriebene Beginning Endlessly, ein wundervoller Elektro-Funk mit roboterartigem Harmoniegesang. Der Moment, wo am Schluss seine funky Gitarre einsetzt, ist göttlich. Großartig ist das dreckige Act Of God [sic], ein fast hingeworfen klingender Pseudo-Lo-Fi-Song, dessen Text amerikanische Banken und Politiker in einen Sack packt. Dazwischen gibt es gute, ordentliche und öde Balladen. Die beste davon, Future Love Song, ist eben nicht das, was der Titel verspricht.“ Den Song Laydown hob Pfeil besonders positiv hervor und kam zum Fazit: „Ein ganzes Album in diesem Stil, das wäre etwas gewesen.“[31]
Das wöchentlich erscheinende Nachrichtenmagazin Focus meinte: „Das neue Album 20Ten enthält zwar nichts, was man von Prince nicht so ähnlich schon gehört hat, kann dem riesigen Gesamtwerk aber durchaus den einen oder anderen Hit hinzufügen. Bereits der Auftakt Compassion – ein Elektrofunk-Stück im Stil der frühen 80er mit melodischer Nähe zur Rocky Horror Picture Show [sic] – gelingt vorzüglich. Auch bei Beginning Endlessly dominieren Synthesizer-Fanfaren wie vor knapp 30 Jahren, ehe eine für Prince so typische Funk-Gitarre den Song ins Ziel bringt“. Zum Abschluss schrieb der Focus: „Das schlagerhafte, großmäulige Everybody Loves Me sei ihm verziehen. Prince ist wieder da, auch als Zeitschriften-Beilage“.[32]
Marc Deckert von der überregionalen Tageszeitung Süddeutsche Zeitung resümierte: „Jeder Song auf dem Album, das bis auf einige Stimmen und Bläsersätze wieder einmal von Prince ganz allein eingespielt und produziert wurde, lehnt sich rhythmisch oder klanglich an einen Prince-Klassiker an – nicht jeder ist gut, aber Aussetzer gehören nun mal ebenso zu diesem Künstler wie die großen Themen Gott, Funk und (körperliche) Liebe“.[33]
Andreas Borcholte von Spiegel Online zeigte sich vom Album enttäuscht und verteilte fünf von zehn Punkten: „Es scheint, als befinde sich Prince in einer Phase der Regression, wünscht sich zurück in Zeiten, als er mit Purple Rain, Lovesexy und Around The World In A Day [sic] als King of Pop der coolen Leute gefeiert wurde.“ Sein Fazit lautete: „20Ten wirkt nun endgültig wie ein hastig aus dem umfangreichen B-Seiten-Archiv zusammengestellter Flohmarkt: Man findet ein paar Sachen, die man früher mal mochte, wird kurz nostalgisch, überlegt ein bisschen. Und dann lässt man ihn doch lieber liegen. Den alten Kram.“[34]
Stephen Thomas Erlewine von Allmusic war mit Lob ebenfalls zurückhaltend und gab zweieinhalb von fünf Sternen. Im Gesamtbild wirke 20Ten oberflächlich; Hooklines zündeten nicht, Funk-Jams kämen nicht in Gang, die Sinnlichkeit bliebe auf Sparflamme und die Rhythmen wirkten etwas steif.[35]
Nach Prince’ Tod im April 2016 rezensierten die Musikjournalisten Albert Koch und Thomas Weiland von der deutschen Musikzeitschrift Musikexpress das Album und gaben drei von sechs Sternen. Sie schrieben unter anderem: „Den New-Wave-Einfluss zu Beginn in Compassion und Beginning Endlessly hätte er [Prince] zum Oberthema für dieses Album ausbauen können, wohl müssen. Stattdessen macht er mit dem müden Future Soul Song weiter. Vertane Chance“.[36]
Literatur
- Arthur Lizie: Prince FAQ: All That’s Left to Know About the Purple Reign. Backbeat Books, Guilford (Connecticut) 2020, ISBN 978-1-61713-670-2.
- Ben Greenman: Dig If You Will the Picture – Funk, Sex and God in the Music of Prince. Faber & Faber Ltd, London 2017, ISBN 978-0-571-33326-4.
- Jason Draper: Prince – Life & Times (Revised & Updated Edition). Chartwell Books, New York 2016, ISBN 978-0-7858-3497-7.
- Matt Thorne: Prince. Faber and Faber, London 2012, ISBN 978-0-571-27349-2.
Weblinks
- 20Ten bei Discogs
- Princevault, Informationen zum Album 20Ten
Einzelnachweise
- Thorne (2012), S. 469.
- Compassion. In: Princevault.com. 19. Dezember 2020, abgerufen am 30. Januar 2021 (englisch).
- Walk In Sand. In: Princevault.com. 2. September 2020, abgerufen am 30. Januar 2021 (englisch).
- Sticky Like Glue. In: Princevault.com. 10. Oktober 2019, abgerufen am 30. Januar 2021 (englisch).
- 25 November. In: Princevault.com. 3. September 2020, abgerufen am 30. Januar 2021 (englisch).
- Everybody Loves Me. In: Princevault.com. 2. September 2020, abgerufen am 30. Januar 2021 (englisch).
- Beginning Endlessly. In: Princevault.com. 2. September 2020, abgerufen am 30. Januar 2021 (englisch).
- Draper (2016), S. 190–191.
- Draper (2016), S. 190.
- Draper (2016), S. 191.
- Thorne (2012), S. 466.
- Draper (2016), S. 180.
- 20Ten-CD von Prince, NPG Records, 2010
- Ian Cohen: The Worst Album Covers of 2010. In: Pitchfork.com. 6. Dezember 2010, abgerufen am 21. März 2017 (englisch).
- Daniel Koch: Prince: 20Ten ab heute mit unserer Augustausgabe im Handel. In: RollingStone.de. 22. Juli 2013, abgerufen am 21. März 2017.
- Draper (2016), S. 191.
- Greenman (2017), S. 197.
- Lizie (2020), S. 286.
- Trinity Mirror plc: Press Release – Daily Mirror and Daily Record to give away new Prince album. (Nicht mehr online verfügbar.) In: TrinityMirror.com. 29. Juni 2010, archiviert vom Original am 22. März 2017; abgerufen am 21. März 2017 (englisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Prince sorgt für Ausverkauf bei „Rolling Stone“. In: Focus.de. 27. Juli 2010, abgerufen am 21. März 2017.
- dpa/memo: “Rolling Stone” legt neue Prince-CD bei. In: Welt.de. 29. Juni 2010, abgerufen am 21. März 2017.
- Thorne (2012), S. 470.
- Laydown. In: Princevault.com. 20. März 2017, abgerufen am 21. März 2017 (englisch).
- Prince 20TEN Tour. In: Princevault.com. 27. Februar 2016, abgerufen am 21. März 2017 (englisch).
- Prince 20Ten Tour – Tour Map. In: Princevault.com. 19. Juni 2016, abgerufen am 21. März 2017 (englisch).
- Prince Live 2010 – Tour Map. In: Princevault.com. 19. Juni 2016, abgerufen am 21. März 2017 (englisch).
- One-Off Performance 11 July 2010 (a.m.). In: Princevault.com. 20. Dezember 2016, abgerufen am 20. April 2018 (englisch).
- One-Off Performance 7 November 2010 (a.m.). In: Princevault.com. 9. November 2016, abgerufen am 20. April 2018 (englisch).
- Draper (2016), S. 191., „most soulful“, „most spiritual“, „most romantic“
- Ulf Kubanke: Prince – 20TEN – Die laszive Brutalität rockt alles in Grund und Boden. In: laut.de. 23. Juli 2010, abgerufen am 21. März 2017.
- Eric Pfeil: Das neue Album von Prince: 20Ten: Wirf dein Talent – wenn du welches hast. In: FAZ.net. 12. August 2010, abgerufen am 21. März 2017.
- Kiosk statt Plattenladen – Prince verschenkt sich. In: Focus.de. 21. Juli 2010, abgerufen am 21. März 2017.
- Marc Deckert: Das neue Album von Prince: Treffender Größenwahn. In: Süddeutsche.de. 28. Juli 2010, abgerufen am 21. März 2017.
- Andreas Borcholte: Prince – "20Ten". In: Spiegel.de. 27. Juli 2013, abgerufen am 21. März 2017.
- Stephen Thomas Erlewine: Prince 20Ten. 2017, abgerufen am 21. März 2017 (englisch).
- Albert Koch und Thomas Weiland: Aus dem grossen Prince-Special – Alle Alben im Überblick. In: Musikexpress.de. 22. Mai 2016, abgerufen am 21. März 2017.