Elektronische Tanzmusik
Als elektronische Tanzmusik (englisch Electronic Dance Music, Abk. EDM) bezeichnet man eine Fülle von tanzbaren Musikstilen der elektronischen Musik. Sie bedienen sich elektronischer Instrumente wie Synthesizer und Sampler sowie seit den 1990er Jahren auch Native Processing (softwarebasierte Musikerzeugung in Form von Softwaresynthesizern und Softwaresamplern). Im Allgemeinen sind dabei alle Klänge bis auf eventuell vorhandene Gesangsstimmen synthetisch erzeugt, nicht selten werden allerdings nichtelektronische Instrumente in Form von Samples ins Arrangement eingebaut. Akustische Instrumente wie Gitarren, Klaviere und Schlagzeug kommen ebenfalls vor, allerdings weniger häufig.
Elektronische Tanzmusik | |
Entstehungsphase: | 1980er |
Herkunftsort: | Vereinigte Staaten, Deutschland, Niederlande |
Stilistische Vorläufer | |
Disco-Music | |
Genretypische Instrumente | |
Synthesizer • Drumcomputer • Sequencer • Sampler • Music Workstation • Musiksoftware | |
Musikstile | |
Acid House • Acid Techno • Bass House • Bigroom • Breakbeat • Breakcore • Chiptune • Crunk • Deep House • Deep Trance • Digital Hardcore • Disco • Downbeat • Dubstep • Drum ’n’ Bass • EBM • Electro • Electro-Industrial • Electronica • Euro Disco / Eurodance • Frenchcore • Future House • Future Pop • Gabber • Happy Hardcore • Hardcore Techno • Hands up • Hardstyle • Hi-NRG • Hip House • House • Italo Disco • Minimal Electro • Minimal Techno • New Beat • Progressive House • Progressive Trance • Psytrance • Synthiepop • Schranz • Techno • Trance • Trap • Tropical House • Two Step | |
Abgeleitete Formen | |
Intelligent Dance Music |
Begriff
Als Synonym hat sich für bestimmte Teile der elektronischen Tanzmusik während der 2000er in erster Linie Dance Music bzw. Dance eingebürgert, wobei dieser Begriff besonders im nicht-englischsprachigen Raum vor allem die „massentauglicheren“ Stile der elektronischen Tanzmusik bezeichnet, also etwa Dance-Pop, Italo Disco, Euro Disco und Eurodance.
Im Laufe der 2010er etablierte sich der Begriff immer mehr als Synonym für aggressivere und tanzbare Varianten der House-Musik, wofür die steigende Beliebtheit der Festival-Szene ausschlaggebend war. So umfasste der Begriff in erster Linie die Genres Progressive- und Big-Room-House, dessen Geschwindigkeit bei 128 bpm anzusiedeln ist.[1][2][3]
In Teilen der deutschen Technokultur ist insbesondere der englische Begriff Electronic Dance Music (EDM) oft negativ konnotiert: Obwohl Techno formal eigentlich selbst zu EDM zählt, wird darunter jedoch in Abgrenzung eine insbesondere für das Massenpublikum in den USA konzipierte „kommerzielle“ Variante von House verstanden, wie sie von DJs wie David Guetta, Calvin Harris, Bob Sinclar oder Avicii vertreten wird.[4][5][6] Nach den Worten von Berghain-Resident Ben Klock verbindet EDM und Underground nichts miteinander.[7]
Charakteristische Elemente
Die elektronische Tanzmusik basiert meist auf dem sogenannten repetitiven Arrangement, bei dem mittels ständiger Wiederholung von Melodie- und Rhythmuspatterns eine tranceartige Wirkung erzeugt wird. Die Lebendigkeit der Musik wird bei den meisten Stilrichtungen durch leichte Veränderungen der Patterns (etwa durch Filtereffekte wie beim Acid) oder auch überraschende Einwürfe (wie etwa beim Minimal Techno) erzielt. Es gibt aber auch Stilrichtungen, die auf das traditionelle Songschema setzen, wie etwa der Eurodance, und andere, in denen beide Elemente kombiniert werden, wie der Trance.
Entwicklung
Das repetitive Arrangement geht auf die US-amerikanischen E-Musiker der sogenannten Minimal-Music-Bewegung zurück (z. B. Steve Reich), die in den 1960er Jahren mit minimalistischen, repetitiven, aber von traditionellen Instrumenten gespielten Arrangements experimentierten. Diese Art des Arrangements wurde von zahlreichen Bands Ende der 1960er Jahre in die Popmusik übernommen. Vor allem innerhalb der sogenannten Krautrock-Bewegung waren Experimente in diese Richtung häufig, wie es die Werke etwa von Can, Tangerine Dream und Klaus Schulze zeigen. Besonders einflussreich war allerdings die deutsche Band Kraftwerk, die als erste Band in den 70er Jahren vollkommen elektronische, tanzbare Beats als Grundlage der Musik verwendeten.
In den USA keimte in den 1970er Jahren eine neue DJ-Kultur auf, die eng mit der Szene der sogenannten Disco-Music, aber auch mit dem neu entstehenden Hip-Hop verbunden war. Die Discjockeys beschränkten sich von nun an nicht mehr aufs reine „Auflegen“ von Musikstücken, sondern experimentierten mit den Platten, indem sie etwa einzelne Rhythmusfragmente als sogenannte Loops wiederholt abspielten. Aus dieser Szene ging die sogenannte House Music hervor, der erste anerkannte Stil der elektronischen Tanzmusik.
Die Stilrichtung Electro Funk kombinierte erstmals beide Elemente – europäischen Synthpop und amerikanischen House bzw. Hip-Hop – und entwickelte sowohl in Europa und in den USA ab Anfang der 1980er Jahre zahlreiche Untergenres und Weiterentwicklungen, die teilweise eher dem Pop nahestanden, teilweise aber auch rein auf den tanzbaren Aspekt setzten (z. B. Techno).
Ende der 1980er Jahre gelang der elektronischen Tanzmusik der kommerzielle Durchbruch. Von nun an entstanden fast jedes Jahr neue Untergenres, die die neue Musikform auch mit anderen Elementen wie Rock, Pop, Reggae und Gothic mischten. Bis heute ist die elektronische Tanzmusik zu einem wesentlichen Bestandteil der Popmusik geworden, der nicht nur die Musik, sondern auch die Mode grundlegend beeinflusst hat. Ein Beispiel sind die Raves, Massenveranstaltungen, auf denen zu elektronischer Tanzmusik oft tagelang getanzt wird.
Siehe auch
Weblinks
- Jan-Michael Kühn: Wie entsteht Neues bei der Produktion elektronischer Tanzmusik im Homerecording-Studio?, berlin-mitte-institut.de
Einzelnachweise
- Stop Calling EDM EDM! – Here Is a Proper Definition auf „Magnetic Man“
- Beitrag auf „reddit“
- EDM auf „Urban Dictionary“
- Andreas Hartmann: Die vereinigten Raver von Amerika, zeit.de, 18. Juni 2013, abgerufen am 1. November 2016.
- Rhian Jones: EDM: Wo liegt das Problem? Wohin steuert die Electronic Dance Music?, imusiciandigital.com, abgerufen am 1. November 2016.
- Mona Ruzicka: Oliver Koletzki: „Es geht bei Electronic Dance Music nicht um Musik“, welt.de, 9. August 2015, abgerufen am 1. November 2016.
- David Garber: Ben Klock: „Ich bin kein Techno-Purist“, vice.com, 21. Oktober 2015, abgerufen am 1. November 2016.