Lenzburg
Lenzburg (im schweizerdeutschen Ortsdialekt: ˈlænːtsbrɡ)[5] ist eine Kleinstadt und Einwohnergemeinde im Schweizer Kanton Aargau. Der Hauptort des zentral gelegenen Bezirks Lenzburg liegt am Aabach im nördlichen Seetal, rund drei Kilometer südlich der Aare.
Lenzburg | |
---|---|
Staat: | Schweiz |
Kanton: | Aargau (AG) |
Bezirk: | Lenzburg |
BFS-Nr.: | 4201 |
Postleitzahl: | 5600 |
UN/LOCODE: | CH LBG |
Koordinaten: | 656004 / 248767 |
Höhe: | 407 m ü. M. |
Höhenbereich: | 358–570 m ü. M.[1] |
Fläche: | 11,31 km²[2] |
Einwohner: | [3] 11'024 (31. Dezember 2020) |
Einwohnerdichte: | 975 Einw. pro km² |
Ausländeranteil: (Einwohner ohne Schweizer Bürgerrecht) | 28,6 % (31. Dezember 2020)[4] |
Website: | www.lenzburg.ch |
Altstadt und Schloss Lenzburg | |
Lage der Gemeinde | |
Weitere Karten |
Der nordöstliche Teil des heutigen Stadtgebiets war während der römischen Zeit Standort einer bedeutenden Siedlung, dem Vicus Lindfeld. Im Jahr 893 erstmals urkundlich erwähnt, war Lenzburg zunächst eine dörfliche Siedlung. Im 11. Jahrhundert entstand auf dem Schlossberg das Schloss Lenzburg. Die Siedlung am Fusse des Hügels wurde befestigt und erhielt 1306 von den Habsburgern das Stadtrecht. Nach der Eroberung durch die Eidgenossen im Jahr 1415 gehörte Lenzburg fast vier Jahrhunderte lang zum Berner Aargau, einem Untertanengebiet der Stadt Bern. Seit 1803 ist die Stadt Bezirkshauptort im Kanton Aargau. In der Folge entwickelte sie sich zu einem bedeutenden Verkehrsknotenpunkt und Wirtschaftsstandort.
Geographie
Das Stadtgebiet wird durch zwei Molassehügel geprägt, die sich rund hundert Meter über dem ansonsten weitgehend flachen Gelände erheben. Während der Schlossberg (508 m ü. M.) annähernd kreisrund ist und lediglich einen Durchmesser von etwa 250 Metern aufweist, ist der nebenan liegende Goffersberg (507 m ü. M.) ellipsenförmig und besitzt ein knapp fünfhundert Meter langes und fünfzig Meter breites Hochplateau. Zwischen dem Schlossberg mit dem Schloss Lenzburg und dem Aabach liegt die mittelalterliche Altstadt. Der nordöstliche Teil des Gemeindegebiets besteht aus einer abgeflachten Endmoräne, die während der Würmeiszeit bei mehreren Vorstössen des Reussgletschers entstanden ist. Dort liegen einige Findlinge, die als Geotop von kantonaler Bedeutung gelten und von denen die grössten als Römersteine von Lenzburg bekannt sind.[6]
Im Südosten erheben sich der «Berg» (560 m ü. M.) und der Lütisbuech (538 m ü. M.), zwei Ausläufer des Rietenbergs. Diese Hügelkette bildet die Grenze zwischen dem Seetal und dem Bünztal. Lenzburg ist mit seinen umliegenden Gemeinden Niederlenz und Staufen zu einer zusammenhängenden Agglomeration mit fast 23'000 Einwohnern zusammengewachsen, die Grenzen zwischen den einst getrennten Orten sind in der Siedlungsstruktur kaum mehr erkennbar.[6]
Die Fläche des Gemeindegebiets beträgt 1131 Hektaren, davon sind 554 Hektaren bewaldet und 360 Hektaren überbaut.[7] Der höchste Punkt befindet sich auf 560 Metern auf dem Gipfel des «Bergs» an der südlichen Gemeindegrenze, der tiefste auf 390 Metern am Aabach. Nachbargemeinden sind Rupperswil im Nordwesten, Niederlenz und Möriken-Wildegg im Norden, Othmarsingen im Nordosten, Hendschiken im Osten, Ammerswil im Südosten, Egliswil Süden, Seon im Südwesten sowie Staufen im Westen.
Geschichte
Die ältesten Funde stammen aus der Jungsteinzeit, darunter ein über 5000 Jahre altes Gräberfeld. In der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts entstand auf dem Lindfeld, nordöstlich des Stadtzentrums auf dem Hochplateau zwischen Aabach und Bünz, eine römische Siedlung. Dieser vicus hatte die Form eines rund 400 Meter langen Strassendorfes und zählte zu seiner Blütezeit etwa 500 Einwohner. Das wichtigste heute bekannte Gebäude war ein Theater mit über 4000 Sitzplätzen. Die Siedlung, deren Name nicht bekannt ist, scheint ein religiöses Zentrum für die nähere Region gewesen zu sein (siehe Vicus Lindfeld).[8] Der Niedergang setzte zu Beginn des 3. Jahrhunderts ein, und spätestens bei den Einfällen der Alamannen (259 bis 270 n. Chr.) wurde die Siedlung aufgegeben.
Nachdem das Gebiet mehr als 200 Jahre lang unbewohnt geblieben war, entwickelte sich im 5. und 6. Jahrhundert eine alamannische Siedlung. Die erste urkundliche Erwähnung von Lencis erfolgte 893 in einem Zinsrodel des Fraumünsters in Zürich. Ob sich der Name des Ortes tatsächlich vom alteuropäischen Flussnamen Lentia ableitet, der «die Biegsame» oder «die Gekrümmte» bedeutet, bleibt zu klären. Tatsächlich hiess der Aabach im Mittelalter Lenzbach. Der Namensbestandteil -burg ist ein klarer Hinweis auf das 1036 erstmals erwähnte Schloss Lenzburg.[5]
Das Schloss war der Stammsitz der Grafen von Lenzburg, die im 11. und 12. Jahrhundert bedeutende Lehnsherren im Schweizer Mittelland waren. Graf Ulrich IV. starb 1173 ohne Nachkommen; das Schloss vererbte er Kaiser Barbarossa. Der Kaiser vergab es als Lehen an die Grafen von Kyburg, die das Schloss später käuflich erwarben. Um 1230 entstand zwischen dem (wenig später aufgegebenen) Dorf Oberlenz am Aabach und dem Schlossberg eine befestigte Marktsiedlung. Als auch die Kyburger ausgestorben waren, übernahmen die Habsburger im Jahr 1273 das Schloss und die Herrschaft über die Siedlung. Am 20. August 1306 erhielt der Ort Lenzburg von Herzog Friedrich dem Schönen das Stadtrecht. Beim Einfall der Gugler Ende des Jahres 1375 liessen die Habsburger die Stadt schleifen und danach wieder aufbauen.
Im April 1415 eroberten die Berner den westlichen Teil des Aargaus. Lenzburg wurde zwar eine Untertanenstadt im so genannten Berner Aargau, durfte aber seine bisherigen Freiheiten weitgehend behalten. Die Stadtbehörden bestanden aus zwei sich abwechselnden Schultheissen, dem Kleinen und dem Grossen Rat. Bern kaufte 1433 das Schloss, in dem von 1444 bis 1798 der Landvogt des Oberamts Lenzburg residierte. Bei einem Stadtbrand blieben 1491 nur gerade 15 Häuser unversehrt, woraufhin die Stadt mit Hilfe der Berner wieder aufgebaut wurde.
1528 führten die Berner in Lenzburg die Reformation ein. Bis 1565 war die Stadt Teil der Pfarrei Staufberg, deren Pfarrkirche auf dem gleichnamigen Hügel westlich der Stadt liegt. Im 16. Jahrhundert wandelte sich Lenzburg allmählich von einer Bauern- zu einer Handwerkssiedlung. 1744 wurden die Zollrechte der Stadt an Bern abgetreten, als Gegenleistung durften die Stadtbewohner nun auch ausserhalb der Befestigungsanlagen Häuser errichten. Dies begünstigte das Wachstum der Baumwollindustrie. 1732 entstand die erste Fabrik.
Im März 1798 nahmen die Franzosen die Schweiz ein und riefen die Helvetische Republik aus. Lenzburg gehört seither zum Kanton Aargau und wurde 1803 zum Bezirkshauptort. Ein Jahr später erwarb der Kanton die Burg, ohne jedoch einen konkreten Verwendungszweck für die grosse Anlage zu haben. Wie andere Kantone wollte man das Schloss als Symbol der alten Herrschaft nicht zu Regierungszwecken nutzen, und so vermietete der Kanton es daher unter anderem als Erziehungsanstalt, bis er es im Jahr 1860 wieder verkaufen konnte. Es hatte in der Folge mehrere Besitzer, darunter den Vater des Dichters Frank Wedekind und den Polarforscher Lincoln Ellsworth. Im Jahr 1956 ging das Schloss endgültig in den Besitz des Kantons über, der darin das kantonale Historische Museum einrichtete.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Lenzburg zu einem überregionalen Baumwollverlags- und Speditionszentrum. Viele Heimarbeiter im ganzen Kantonsgebiet arbeiteten für die Lenzburger «Baumwollherren». Am 23. Juni 1874 erhielt die Stadt mit der Aargauischen Südbahn Anschluss ans Eisenbahnnetz. Am 6. September 1877 folgte die Bahnstrecke Zofingen–Wettingen der Nationalbahn. Der Konkurs dieser Gesellschaft im darauf folgenden Jahr brachte Lenzburg an den Rand des wirtschaftlichen Ruins, da die Stadt sich finanziell stark engagiert hatte. Der Abbau der Schuldenlast beeinträchtigte über ein halbes Jahrhundert lang die städtischen Finanzen.
Dennoch erholte sich Lenzburg rasch von diesem Rückschlag und entwickelte sich zu einem industriellen Zentrum. Am 15. Oktober 1883 eröffnete die englische Gesellschaft Lake Valley Railway eine Bahnlinie durch das Seetal bis nach Luzern, die heutige Seetalbahn, und die Teilstrecke von Lenzburg nach Wildegg folgte am 1. Oktober 1895. Zwischen 1900 und 1970 verdreifachte sich die Bevölkerungszahl. Seither ist sie jedoch stabil, weil sich das Wachstum zunehmend auf die Nachbargemeinden verlagert hat. Die Bahnstrecke nach Wildegg wurde seit dem 2. Juni 1984 nicht mehr durchgehend befahren und bis 2005 nur noch als Anschlussgleis für Güterverkehr bis Lenzburg Industrie genutzt. Dann musste sie dem Tunnel der Altstadtumfahrung weichen.
Sehenswürdigkeiten
Das Wahrzeichen der Stadt ist das Schloss Lenzburg, das im 11. Jahrhundert entstanden und seither mehrmals erweitert worden ist. Die Lenzburg zählt zu den ältesten und bedeutendsten Höhenburgen der Schweiz und befindet sich auf dem Schlossberg, einem Molassehügel, der die Ebene um etwa hundert Meter überragt. Auf dem Goffersberg, direkt gegenüber dem Schloss, befindet sich das “Gofischlössli”, ein dreigeschossiges Jagdschloss mit angebautem Treppenturm, errichtet im Jahr 1644.
Altstadt
Die hufeisenförmige Altstadt am Fusse des Hügels ist gut erhalten. Sie besteht aus einer Hauptgasse, zwei parallel verlaufenden Nebengassen und einer quer verlaufenden Gasse. Die Stadtmauer ist nur zum Teil erhalten geblieben, die Reste stehen aber unter Denkmalschutz. Ihr heutiges Aussehen erhielt die Altstadt mehrheitlich im 17. und frühen 18. Jahrhundert, als die Holzhäuser allmählich durch Steinbauten im Barockstil ersetzt wurden.
Die aus dem 15. Jahrhundert stammende Stadtkirche wurde 1667 zu einer Saalkirche ausgebaut und besitzt eine Rokoko-Stuckdecke aus dem Jahre 1760. Die Gräber waren zunächst um die Kirche aufzufinden, seit 1876 werden die Toten auf dem Friedhof Lenzburg bestattet. Das Rathaus entstand in zwei Etappen anstelle des mittelalterlichen Vorgängers (1677 bzw. 1692) und erhielt in der Gebäudemitte einen Uhrenturm. Die Stadtbibliothek (das ehemalige Armen- und Altenspital) entstand 1638 durch die Vereinigung mehrerer Häuser und wurde 1792 in einem Übergangsstil zwischen Barock und Klassizismus umgebaut. Das ehemalige Amtshaus ist ein 1845 erbauter spätklassizistischer Bau mit zwei dorischen Säulen. Der älteste erhaltene Brunnen ist der Chlausbrunnen aus dem Jahr 1572, der auf dem Metzgplatz steht.
Ausserhalb der Altstadt
Am Rand der Altstadt entstanden im 18. und frühen 19. Jahrhundert einige historisch bedeutende Gebäude im Rokoko-, spätklassizistischen und Biedermeier-Stil. Besonders erwähnenswert ist das Hünerwadelhaus aus dem Jahr 1759, das grösste erhaltene Handelshaus des Aargaus aus dem frühen Industriezeitalter. Eher monumental wirkt das Müller-Haus von 1784, ein herrschaftliches Fabrikantenanwesen; es beherbergt heute eine kulturelle Institution.
An der Südwestflanke des Schlossbergs stehen die so genannten Burghaldenhäuser. Die Alte Burghalde ist ein 1628 im spätgotischen Stil erbautes, dreigeschossiges Wohnhaus mit einem Fachwerkanbau sowie der ehemaligen Trotte. Heute beherbergt es das Museum Burghalde. Daneben steht die Neue Burghalde (1794), ein streng symmetrischer frühklassizistischer Bau mit grosszügiger Freitreppe und reich geschmiedetem Flügeltor.
Als 1964 der Autobahnzubringer gebaut wurde, entdeckten Archäologen ein gut erhaltenes römisches Theater aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. Zwar war schon seit längerer Zeit die Existenz einer Siedlung bekannt gewesen, doch dieser Fund erwies sich als kleinere Sensation. Das Theater hatte über 4000 Sitzplätze und war wohl der kulturelle Mittelpunkt der weiteren Umgebung. Auf dem höchsten Punkt des Stadtgebiets steht der 48 Meter hohe Esterliturm. Der erste, aus Holz gebaute Turm aus dem Jahr 1905 wurde 1974 durch eine Betonkonstruktion ersetzt. Eine Treppe mit 253 Stufen führt hinauf zur Aussichtsplattform; die Aussicht reicht bis zum Schwarzwald und den Zentralschweizer Alpen.
Grenzsteine
Seit 1956 existieren an den wichtigen Ausfallstrassen zu den Nachbargemeinden drei Grenzsteine, die vom Lenzburger Bildhauer Peter Hächler (1922–1999) im Rahmen eines Wettbewerbs geschaffen wurden. Sie stellen in stilisierter Form eine Kugel – das Wappenzeichen der Stadt – sowie die Silhouette des Schlosses dar, verzichten aber auf das sonst übliche Wappen der jeweiligen Nachbargemeinde. Der Beton, aus dem sie gegossen wurden, ist trotz einer Ausbesserung bereits verwittert. Die Jahreszahl 1956 lässt sich bereits nicht mehr lesen. Die Steine stehen an der Hendschiker Strasse im Gewann Hornerfeld, an der Aarauerstrasse in der Flur Fünflinde zur Gemeinde Staufen hin und im Süden an der Seoner Strasse an der Grenze zur gleichnamigen Gemeinde auf dem Flur Tafelt. Ein vierter Stein an der Niederlenzerstrasse ist abgängig.[9]
Wappen
Die Blasonierung des Stadtwappens lautet: «In Weiss blaue Kugel.» Dieses sehr schlicht gehaltene Wappen erschien erstmals 1333 auf dem städtischen Siegel und ist seither unverändert geblieben.[10]
Bevölkerung
Die Einwohnerzahlen entwickelten sich wie folgt:[11]
Jahr | 1850 | 1900 | 1930 | 1950 | 1960 | 1970 | 1980 | 1990 | 2000 | 2010 | 2020 |
Einwohner | 1957 | 2588 | 4131 | 4949 | 6378 | 7594 | 7585 | 7530 | 7568 | 8341 | 11'024 |
Am 31. Dezember 2020 lebten 11'024 Menschen in Lenzburg, der Ausländeranteil betrug 28,6 %. Bei der Volkszählung 2015 bezeichneten sich 29,5 % als reformiert und 28,1 % als römisch-katholisch; 42,4 % waren konfessionslos oder gehörten anderen Glaubensrichtungen an.[12] 78,0 % gaben bei der Volkszählung 2000 Deutsch als ihre Hauptsprache an, 8,7 % Italienisch, je 2,1 % Albanisch und Türkisch, 1,8 % Serbokroatisch, 1,7 % Portugiesisch, 1,0 % Spanisch, 0,8 % Französisch und 0,6 % Englisch.[13]
Politik und Recht
Die Politische Gemeinde (im Kanton Aargau Einwohnergemeinde genannt) nimmt sämtliche kommunalen Aufgaben wahr, die nicht durch übergeordnetes Recht zum Wirkungskreis eines anderen Gemeindetyps (beispielsweise der Kirchgemeinden der Landeskirchen) erklärt worden sind. Die heute gültige Gemeindeordnung datiert von 1983.
Legislative
Anstelle einer in kleineren Gemeinden üblichen Gemeindeversammlung vertritt seit 1972 das von den Lenzburger Stimmberechtigten gewählte Gemeindeparlament, der Einwohnerrat, die Anliegen der Bevölkerung. Er besteht aus 40 Mitgliedern, die für jeweils vier Jahre im Proporzwahlverfahren gewählt werden. Ihm obliegt das Genehmigen des Steuerfusses, des Voranschlages, der Jahresrechnung, des Geschäftsberichts und der Kredite. Ebenso erlässt er Reglemente, kontrolliert die Amtsführung der Exekutive und entscheidet über Einbürgerungen. Die Einwohnerräte können parlamentarische Vorstösse (Motion, Postulat, kleine Anfrage) einreichen.
Die rechts stehende Grafik zeigt die Sitzverteilung nach der Wahl vom 28. November 2021.[14] Bei den bisherigen Wahlen erzielten die Parteien folgende Sitzzahlen:
Partei | 2001 | 2005 | 2009 | 2013 | 2017 | 2021 |
---|---|---|---|---|---|---|
SP | 10 | 9 | 8 | 9 | 10 | 9 |
FDP | 11 | 10 | 10 | 8 | 9 | 9 |
SVP | 11 | 10 | 10 | 10 | 9 | 7 |
glp | – | – | 2 | 4 | 4 | 6 |
Die Mitte (bis 2020 CVP) | 4 | 4 | 4 | 3 | 3 | 4 |
Grüne | – | 3 | 3 | 3 | 2 | 4 |
EVP | 4 | 4 | 3 | 2 | 2 | 1 |
BDP | – | – | – | 1 | 1 | – |
Auch auf der Ebene der Einwohnergemeinde finden sich verschiedene Elemente der direkten Demokratie. So stehen der Bevölkerung fakultative und obligatorische Referenden sowie die Volksinitiative zu.
Exekutive
Ausführende Behörde ist der fünfköpfige Stadtrat. Er wird vom Volk für jeweils vier Jahre im Majorzverfahren gewählt. Die Amtsdauer beträgt vier Jahre und die Wahl erfolgt im Majorzverfahren (Mehrheitswahlverfahren) durch das Volk. Der Stadtrat führt und repräsentiert die Gemeinde. Dazu vollzieht er die Beschlüsse des Einwohnerrates und die Aufgaben, die ihm vom Kanton zugeteilt wurden.
Die fünf Stadträte der Amtsperiode 2021–2024 sind:[15]
- Daniel Mosimann (SP), Stadtammann
- Andreas Schmid (FDP), Vizeammann
- Beatrice Taubert-Baldinger (SP)
- Sven Ammann (FDP)
- Barbara Portmann-Müller (glp)
Judikative
Für Rechtsstreitigkeiten ist in erster Instanz das Bezirksgericht Lenzburg zuständig. Lenzburg ist Sitz des Friedensrichterkreises XI, der den nördlichen Teil des Bezirks umfasst.[16] Ausserdem ist die Stadt seit 2011 Sitz der Staatsanwaltschaft der Bezirke Lenzburg und Aarau.[17]
Wirtschaft
Lenzburg ist ein bedeutender Wirtschaftsstandort. Gemäss der im Jahr 2015 erhobenen Statistik der Unternehmensstruktur (STATENT) gibt es über 950 Unternehmen, von denen die meisten im Dienstleistungssektor tätig sind. Hauptsächlich handelt es sich um KMU-Betriebe. Auch international tätige Grossunternehmen haben sich in Lenzburg niedergelassen. Dazu gehören der Technologiekonzern ABB (ehemals CMC), der Fleischverarbeiter Traitafina, der Kunststoffproduzent Quadrant, das Sauerstoffwerk und der Konfitürenhersteller Hero. Weitere wichtiger Arbeitgeber sind die Hypothekarbank Lenzburg und die Justizvollzugsanstalt Lenzburg, das grösste Gefängnis des Kantons Aargau. Insgesamt gibt es in Lenzburg etwa 9200 Arbeitsplätze, davon weniger als 1 % in der Landwirtschaft, 28 % in der Industrie und 71 % im Dienstleistungssektor.[20]
Eine gewisse Bedeutung hat in Lenzburg der Weinbau. Im Jahr 2018 war an den exponierten Südhängen von Schlossberg und Goffersberg eine Fläche von 2,5 Hektaren mit Reben bestockt. Angebaut werden fünf verschiedene Sorten, wobei Blauburgunder und Riesling × Sylvaner überwiegen.[21]
Verkehr
Lenzburg ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Hier kreuzen sich drei bedeutende Hauptstrassen, die Hauptstrasse 1 von Zürich nach Bern, die Hauptstrasse 25 von Lenzburg nach Zug und die Hauptstrasse 26 von Brugg nach Luzern. 2006 wurde die teilweise unterirdisch verlaufende Kerntangente fertiggestellt. Zuvor war der Verkehr durch die Altstadt und nördlich um den Schlossberg geführt worden. Innerstädtische Strassen wie die Schützenmattstrasse wurden dadurch vom Durchgangsverkehr befreit. Nördlich der Stadt führt die Autobahn A1 vorbei, die wichtigste Ost-West-Strassenverbindung der Schweiz. Sie ist mit einer Anschlussstelle und einem Autobahnzubringer mit dem städtischen Strassennetz verbunden.
Der Bahnhof Lenzburg ist ein Schnellzugshalt an der Haupteisenbahnlinie Bern–Zürich. Weitere Bahnlinien führen nach Brugg, Luzern (Seetalbahn), Zofingen und Rotkreuz. Die Verbindung nach Wettingen wurde am 12. Dezember 2004 eingestellt, als Kompensation fährt die Linie S11 der S-Bahn Zürich durch den Heitersbergtunnel über Lenzburg bis nach Aarau. Buslinien der Gesellschaft Regionalbus Lenzburg führen nach Bettwil, Brunegg, Dintikon, Möriken-Wildegg, Schafisheim und Teufenthal. Innerhalb Lenzburgs verkehrt eine Stadtbuslinie vom Langsamstig-Quartier bis zum Schlossparkplatz. Hinzu kommen an Wochenenden eine Nacht-S-Bahn (Winterthur–Zürich HB–Baden–Lenzburg–Aarau) sowie mehrere Nachtbuslinien in die umliegenden Gemeinden.
Bildung
Lenzburg bietet ein umfangreiches Bildungsangebot mit Kindergarten, Primarschule, Realschule, Sekundarschule und Bezirksschule. Hier befinden sich ausserdem zwei Berufsschulen für den kaufmännischen und den technischen Bereich, eine heilpädagogische Sonderschule sowie zwei Privatschulen. Die kaufmännische Berufsschule bietet ein umfangreiches Programm in der Erwachsenenbildung an. Die nächstgelegenen Gymnasien sind die Alte Kantonsschule und die Neue Kantonsschule, beide in Aarau.
Kultur
Obwohl Lenzburg eher klein ist, besitzt die Stadt ein reiches kulturelles Angebot. Eine überregionale Bedeutung hat das Museum Aargau im Schloss Lenzburg; es umfasst mehrere Wechselausstellungen mit kultur- und kunstgeschichtlichem Inhalt sowie eine Dauerausstellung über die Wohnkultur vergangener Jahrhunderte. Ebenfalls ursprünglich im Schloss domiziliert war die Institution Stapferhaus, die interdisziplinäre Kulturveranstaltungen, Ausstellungen und Begegnungsprojekte organisiert. Von 1972 bis 1980 fand jährlich ein internationales Folk-Festival auf Schloss Lenzburg statt, das Folkfestival Lenzburg. Die Musikalischen Begegnungen Lenzburg sind ein seit 1984 jährlich unter einem anderen Motto stattfindendes Musikfestival.
Das Museum Burghalde im Gebäude «Alte Burghalde» zeigt die städtische Geschichte mit Ausgrabungsgegenständen aus der Jungsteinzeit, der Römerzeit und dem frühen Mittelalter sowie weiteren Zeugnissen der Stadtgeschichte; eine Besonderheit ist die Sammlung von 65 russischen Ikonen.[22]
Weitere kulturelle Institutionen sind das Aargauer Literaturhaus, das «Netzwerk Müllerhaus», das Art Atelier Aquatinta (Galerie), die Galerie Randolph und das Bildhaueratelier.[23][24] Einmal pro Monat findet im Restaurant Hirschen das «café littéraire» statt, ein Anlass mit renommierten Lesenden wie z. B. Peter Bieri. Im Kulturhaus Tommasini finden diverse kulturelle Anlässe statt.[25] Ein interessantes Angebot an Veranstaltungen bietet ebenfalls die Kulturbar baronessa an.[26]
Brauchtum
In Lenzburg finden jedes Jahr bedeutende traditionelle Anlässe mit überregionaler Ausstrahlung statt. Seit mehr als 400 Jahren ist das Jugendfest das grösste Ereignis in Lenzburg. Es findet jedes Jahr am zweiten Freitag im Juli statt und umfasst einen Umzug sowie alle zwei Jahre ein nachgestelltes Freischaren-Manöver. Am darauf folgenden Samstag findet auf dem Metzgplatz in der Altstadt das Openair-Festival «Metschgplatsch» mit Nachwuchsmusikern aus der Region statt. Beim «Joggeliumzug» Ende Oktober ziehen in weissen Umhängen gehüllte Schützen mit Laternen durch die Altstadt. Dieser Brauch entstand um 1450 und geht auf eine vorreformatorische Bruderschaft zurück. Im November und Dezember folgt das Chlauschlöpfen, das den Zweck hat, den Samichlaus zu wecken. Ein Brauch neueren Datums ist das Gauklerfestival im August. In den Gassen der Altstadt vollführen Kleinkünstler aus der ganzen Welt alle möglichen Kunststücke; dieser Anlass zieht jeweils Tausende von Besuchern an.
Persönlichkeiten
- Gottlieb Hünerwadel (1744–1820), Regierungsrat und Industrieller
- Samuel Hämmerli (1750–1820), Ebenist
- Daniel Bertschinger (1761–1830), Regierungsrat, Notar und Richter
- Hieronymus Hünerwadel (1772–1824), Kaufmann, Schultheiss und Stadtammann
- Johann Rudolf Ringier (1797–1879), Nationalrat
- Johann Alois Minnich (1801–1885), Badearzt und Dichter
- Fanny Hünerwadel (1826–1854), Sängerin, Pianistin und Komponistin
- Hans Weber (1839–1918), Politiker, Journalist und Richter
- Fanny-Oschwald-Ringier (1840–1918), Schriftstellerin
- Arnold Keller (1841–1934), Generalstabschef
- Gertrud Villiger-Keller (1843–1908), Präsidentin des Schweizerischen Gemeinnützigen Frauenvereins
- Robert Leemann (1852–1925), Zeichner, Kupferstecher und Radierer
- Clara Müller (1862–1929), Malerin
- Hermann Rüdisühli (1864–1944), Maler
- Frank Wedekind (1864–1918), Schriftsteller und Schauspieler, aufgewachsen in Lenzburg
- Hans Adolf Steiner (1872–1955), Grafiker und Maler
- Emil Scheller (1880–1942), Maler und Zeichner
- Adolf Gloor (1884–1944), Nationalrat und Gewerkschafter
- Arnold Büchli (1885–1970), Lehrer, Heimat- und Volkstumsforscher
- Theo Glinz (1890–1962), Künstler, aufgewachsen in Lenzburg
- Walter Augustin Villiger (1872–1938), Astronom
- Peter Mieg (1906–1990), Komponist, Maler
- Markus Roth (1911–1996), Politiker
- Rudolf Braun (1920–1999), Umwelttechniker sowie Hochschullehrer
- Hansjakob Seiler (1920–2018), Sprachwissenschaftler (Linguist), lebte und arbeitete in Lenzburg
- Lys Assia (1924–2018), Musikerin
- Fritz Vollmar (* 1926), Journalist
- René Haller (* 1933), Tropen-Agronom
- Markus Heinrich Meyer (1934–2015), Rechtsanwalt und Politiker
- Georges Güntert (* 1938), Schweizer Romanist und Autor
- Pepe Lienhard (* 1946), Bandleader, Saxofonist, Schlagersänger
- Pfuri Baldenweg (* 1946), Musiker
- Ruedi Häusermann (* 1948), Musiker, Theaterregisseur
- Anja Kroll (* 1963), Gleitschirmpilotin
- Lady Tom (* 1978), Techno-DJane und Musikproduzentin
- Katy Winter (* 1983), Sängerin, Komponistin, Musikerin, aufgewachsen in Lenzburg
- Sara Lüscher (* 1986), Orientierungsläuferin
- Irène Kälin (* 1987), Nationalrätin
- Larissa Keat (* 1989), schweizerisch-amerikanische Schauspielerin, Regisseurin, Künstlerin und Performerin
- Nikolas Muci (* 2003), Fussballspieler
- Heinrich Frey-Zschokke (1871–1960), Fabrikant, Financier und VR-Präsident der Hypothekarbank Lenzburg
Siehe auch
Literatur
- Elisabeth Bleuer und Heidi Neuenschwander: Lenzburg (Gemeinde). In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Fritz Stuber, Jürg Lang et al.: Stadtbilduntersuchung Altstadt Lenzburg. Urbanistics, Zürich 1976, ISBN 3-85957-001-3.
- Michael Stettler, Emil Maurer: Die Kunstdenkmaeler des Kantons Aargau. Hrsg.: Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte. Band II: Die Bezirke Lenzburg und Brugg. Birkhäuser Verlag, Basel 1953.
- Heidi Neuenschwander: Geschichte der Stadt Lenzburg von der Mitte des 16. zum Ende des 18. Jahrhunderts. Auf dem Weg vom Mittelalter zur Neuzeit, Aarau 1984, S. 7–396. online
Weblinks
Einzelnachweise
- BFS Generalisierte Grenzen 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Höhen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. Mai 2021
- Generalisierte Grenzen 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. Mai 2021
- Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. November 2021
- Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Ausländeranteil aufgrund Stand 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. November 2021
- Beat Zehnder: Die Gemeindenamen des Kantons Aargau. In: Historische Gesellschaft des Kantons Aargau (Hrsg.): Argovia. Band 100. Verlag Sauerländer, Aarau 1991, ISBN 3-7941-3122-3, S. 247–250.
- Landeskarte der Schweiz, Blatt 1089 und 1090, Swisstopo.
- Arealstatistik Standard – Gemeinden nach 4 Hauptbereichen. Bundesamt für Statistik, 26. November 2018, abgerufen am 23. Mai 2019.
- Martin Hartmann, Hans Weber: Die Römer im Aargau. Verlag Sauerländer, Aarau 1985, ISBN 3-7941-2539-8, S. 179–181.
- Grenzstein Hendschikerstrasse, 1956 (Dossier (Bauinventar)), Online-Inventar der Kantonalen Denkmalpflege Aargau
- Joseph Galliker, Marcel Giger: Gemeindewappen des Kantons Aargau. Lehrmittelverlag des Kantons Aargau, Buchs 2004, ISBN 3-906738-07-8, S. 201.
- Bevölkerungsentwicklung in den Gemeinden des Kantons Aargau seit 1850. (Excel) In: Eidg. Volkszählung 2000. Statistik Aargau, 2001, archiviert vom Original am 8. Oktober 2018; abgerufen am 23. Mai 2019.
- Wohnbevölkerung nach Religionszugehörigkeit, 2015. (Excel) In: Bevölkerung und Haushalte, Gemeindetabellen 2015. Statistik Aargau, abgerufen am 23. Mai 2019.
- Eidg. Volkszählung 2000: Wirtschaftliche Wohnbevölkerung nach Hauptsprache sowie nach Bezirken und Gemeinden. (Excel) Statistik Aargau, archiviert vom Original am 10. August 2018; abgerufen am 23. Mai 2019.
- GLP und Grüne legen zu: Das ist die neue Sitzordnung in den Parlamenten. Argovia Today, 28. November 2021, abgerufen am 29. November 2021.
- Stadtrat, Personelles auf der Website von Lenzburg, abgerufen am 13. Januar 2022
- Friedensrichterkreise. Kanton Aargau, abgerufen am 20. Juni 2019.
- Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau. Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau, abgerufen am 20. Juni 2019.
- Ergebnisse Nationalratswahlen 2019 – Kanton Aargau. Abgerufen am 2. August 2020.
- Bundesamt für Statistik: NR - Ergebnisse Parteien (Gemeinden) (INT1). In: Eidgenössische Wahlen 2019 | opendata.swiss. 8. August 2019, abgerufen am 1. August 2020.
- Statistik der Unternehmensstruktur (STATENT). (Excel, 157 kB) Statistik Aargau, 2016, abgerufen am 23. Mai 2019.
- Weinlesekontrolle 2018 Kanton Aargau. (PDF, 2,4 MB) Landwirtschaftliches Zentrum Liebegg, 2019, abgerufen am 19. Juni 2019.
- Museum Burghalde (Memento des Originals vom 27. Dezember 2007 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Netzwerk Müllerhaus
- Aquatinta
- Tommasini
- baronessa