Dintikon
Dintikon (schweizerdeutsch: ˈtɪntɪikχə)[5] ist eine Einwohnergemeinde im Schweizer Kanton Aargau. Sie gehört zum Bezirk Lenzburg und liegt am westlichen Rand des unteren Bünztals, knapp fünf Kilometer südöstlich des Bezirkshauptorts.
Dintikon | |
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Staat: | Schweiz |
Kanton: | Aargau (AG) |
Bezirk: | Lenzburg |
BFS-Nr.: | 4194 |
Postleitzahl: | 5606 |
UN/LOCODE: | CH DTK |
Koordinaten: | 659583 / 245991 |
Höhe: | 449 m ü. M. |
Höhenbereich: | 418–677 m ü. M.[1] |
Fläche: | 3,72 km²[2] |
Einwohner: | 2317 (31. Dezember 2020)[3] |
Einwohnerdichte: | 623 Einw. pro km² |
Ausländeranteil: (Einwohner ohne Schweizer Bürgerrecht) | 25,7 % (31. Dezember 2020)[4] |
Website: | www.dintikon.ch |
Dintikon | |
Lage der Gemeinde | |
Geographie
Das alte Dorfzentrum befindet sich am Ostabhang des Rietenbergs. Zu dieser Hügelkette, welche die natürliche Grenze zum Seetal bildet, gehören der Herrliberg (506 m ü. M.) im Nordwesten, die Hochrüti (562 m ü. M.) und die Hochwacht (667 m ü. M.) im Westen sowie das Grossmoos (664 m ü. M.) im Süden. Nördlich des Dorfzentrums liegt der Ortsteil Langelen mit Neubausiedlungen und Industriegebiet. Dintikon bildet das südliche Ende eines vier Kilometer langen Siedlungsbandes, das quer über das ganze Ebene des Bünztals bis nach Dottikon und Hägglingen reicht.[6]
Die Fläche des Gemeindegebiets beträgt 372 Hektaren, davon sind 156 Hektaren bewaldet und 83 Hektaren überbaut.[7] Der höchste Punkt befindet sich auf 667 Metern auf der Hochwacht, der tiefste auf 420 Metern an der nördlichen Gemeindegrenze. Nachbargemeinden sind Hendschiken im Norden, Villmergen im Osten, Seengen im Süden, Egliswil im Westen und Ammerswil im Nordwesten.
Geschichte
Während der Römerzeit bestand hier ein Wirtschaftsgebäude für die Metallverarbeitung. Die erste urkundliche Erwähnung von Tintinchova erfolgte im Jahr 893 in einem Zinsrodel des Fraumünsters in Zürich. Der Ortsname stammt vom althochdeutschen Tintinghofun, was «bei den Höfen der Sippe des Tinto» bedeutet.[5] Im Mittelalter lag das Dorf im Herrschaftsbereich der Grafen von Lenzburg, ab 1173 in jenem der Grafen von Kyburg. Nachdem diese ausgestorben waren, übernahmen die Habsburger im Jahr 1273 die Landesherrschaft und die Blutgerichtsbarkeit. Die niedere Gerichtsbarkeit wechselte mehrmals den Besitzer: zuerst die Herren von Hallwyl, danach die Freiherren von Fridingen und schliesslich die Herren von Ballmoos.
1415 eroberten die Eidgenossen den Aargau. Dintikon gehörte nun zum Untertanengebiet der Stadt Bern, dem so genannten Berner Aargau. Nachdem Bern 1450 die niedere Gerichtsbarkeit erworben hatte, bildete das Dorf einen Teil des Gerichtsbezirks Othmarsingen im Amt Lenzburg. 1528 führten die Berner die Reformation ein. In den Villmergerkriegen (1656 und 1712) verwüsteten vorbeiziehende Truppen das Dorf, das Langelenfeld südöstlich von Dintikon war Schauplatz der Zweiten Schlacht von Villmergen. Dorfbrände in den Jahren 1585, 1737, 1835 und 1856 richteten ebenfalls grosse Schäden an. Im März 1798 nahmen die Franzosen die Schweiz ein, entmachteten die «Gnädigen Herren» von Bern und riefen die Helvetische Republik aus. Dintikon gehört seither zum Kanton Aargau.
Am 23. Juni 1874 wurde die Eisenbahnlinie Rupperswil–Wohlen der Aargauischen Südbahn eröffnet. Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Dintikon von kleinbäuerlichen Selbstversorgungsbetrieben geprägt. Wie damals üblich, betrieben viele Dorfbewohner neben der Landwirtschaft noch ein Handwerk. Die Baumwollweberei und die Strohflechterei brachten im 18. und 19. Jahrhundert zusätzlichen Verdienst. Eine 1992 abgetragene Ziegelhütte produzierte von 1836 bis 1910 handgefertigte Biberschwanzziegel. Nach der Stilllegung der Ziegelhütte wurde dort bis 1960 der aus der benachbarten Brennerei angefallene Trester luftgetrocknet und zu Heizzwecken verwendet. Die heute in Lenzburg domizilierte Firma Arova-Mammut (Seilerwaren) war ursprünglich ein Betriebszweig einer Töpferei in Dintikon, die Gärtnereien der Umgebung mit Blumentöpfen und die Hafner mit Ofenkacheln belieferte. Kaspar Tanner stellte Seilerwaren her, welche er vielerorts an Marktständen verkaufte. Dieser Betriebszweig (Arova-Mammut) wurde aus Platz- und Marktgründen 1878 nach Lenzburg verlegt.
Anfang des 20. Jahrhunderts siedelten sich in den Nachbargemeinden Dottikon und Villmergen diverse Fabriken an. Dazu gehören die Bally-Schuhfabrik und die Sprengstoff-Fabrik beim Bahnhof Dottikon-Dintikon. Sie brachten für die Dintiker neue Verdienstmöglichkeiten. Dies bewog die meisten Landwirte zur Aufgabe ihres Kleinbetriebes, sodass heute weniger als ein Dutzend landwirtschaftliche Betriebe übrig geblieben sind. Die Eröffnung der nahe gelegenen Autobahn begünstigte die Ansiedlung zahlreicher Industrie- und Dienstleistungsbetriebe, seit 1980 hat sich die Einwohnerzahl fast verdreifacht.
Wappen
Die Blasonierung des Gemeindewappens lautet: «In Schwarz weisser Schräglinksbalken, belegt mit drei roten, gelb bebutzten Rosen mit grünen Kelchblättern.» Erstmals erscheint das Wappen in dieser Form auf dem Gemeindesiegel von 1811, die genaue Bedeutung ist jedoch unbekannt.[8]
Bevölkerung
Die Einwohnerzahlen entwickelten sich wie folgt:[9]
Jahr | 1850 | 1900 | 1930 | 1950 | 1960 | 1970 | 1980 | 1990 | 2000 | 2010 | 2020 |
Einwohner | 673 | 524 | 715 | 783 | 817 | 887 | 835 | 1074 | 1307 | 1960 | 2317 |
Am 31. Dezember 2020 lebten 2317 Menschen in Dintikon, der Ausländeranteil betrug 25,7 %. Bei der Volkszählung 2015 bezeichneten sich 32,3 % als römisch-katholisch und 26,6 % als reformiert; 41,1 % waren konfessionslos oder gehörten anderen Glaubensrichtungen an.[10] 93,0 % gaben bei der Volkszählung 2000 Deutsch als ihre Hauptsprache an, 2,8 % Italienisch, 0,9 % Albanisch und 0,8 % Serbokroatisch.[11]
Politik und Recht
Die Versammlung der Stimmberechtigten, die Gemeindeversammlung, übt die Legislativgewalt aus. Ausführende Behörde ist der fünfköpfige Gemeinderat. Er wird im Majorzverfahren vom Volk gewählt, seine Amtsdauer beträgt vier Jahre. Der Gemeinderat führt und repräsentiert die Gemeinde. Dazu vollzieht er die Beschlüsse der Gemeindeversammlung und die Aufgaben, die ihm vom Kanton zugeteilt wurden. Für Rechtsstreitigkeiten ist in erster Instanz das Bezirksgericht Lenzburg zuständig. Dintikon gehört zum Friedensrichterkreis XI (Lenzburg).[12]
Wirtschaft
In Dintikon gibt es gemäss der im Jahr 2015 erhobenen Statistik der Unternehmensstruktur (STATENT) rund 1000 Arbeitsplätze, davon 7 % in der Landwirtschaft, 23 % in der Industrie und 70 % im Dienstleistungsbereich.[13] Viele Erwerbstätige sind Wegpendler und arbeiten in den grösseren Gemeinden der Umgebung, beispielsweise Lenzburg, Villmergen und Wohlen.
Die 1911 gegründete Setz Gütertransport AG war ursprünglich im Handel mit Landesprodukten und Holz tätig, heute ist sie eines der bedeutendsten Transportunternehmen der Schweiz und eine Tochtergesellschaft der Schweizerischen Post. Das Unternehmen Papyrus Schweiz (früher Sihl + Eika) besitzt in Dintikon seit 1993 ein grosses Logistikzentrum.
Verkehr
Dintikon ist verkehrsgünstig gelegen. Zwischen dem Ortsteil Langelen und dem Bahnhof verläuft die wichtige Hauptstrasse 25 (Lenzburg–Zug). Ortsverbindungsstrassen führen nach Dottikon und Ammerswil. Der Anschluss Lenzburg der Autobahn A1 ist sechs Kilometer entfernt. Interessanterweise steht der Bahnhof Dottikon-Dintikon an der SBB-Eisenbahnlinie Aarau–Arth-Goldau in keiner der beiden namensgebenden Gemeinden, sondern auf dem Gemeindegebiet von Villmergen. Eine Buslinie der Gesellschaft Regionalbus Lenzburg verbindet Dintikon mit dem Bahnhof Lenzburg, eine Postautolinie führt von Hägglingen über Dintikon zum Bahnhof Wohlen. An Wochenenden verkehrt ein Nachtbus von Lenzburg über Dintikon und Wohlen nach Dottikon.
Bildung
Die Gemeinde verfügt über einen Kindergarten und ein Schulhaus, in dem die Primarschule unterrichtet wird. Die Realschule und die Sekundarschule können in Villmergen besucht werden, die Bezirksschule in Dottikon. Das nächstgelegene Gymnasium ist die Kantonsschule Wohlen.
Persönlichkeiten
- Robin Grossmann (* 1987), Eishockeyspieler
Literatur
- Anton Wohler: Dintikon. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Michael Stettler, Emil Maurer: Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau. Hrsg.: Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte. Band II: Die Bezirke Lenzburg, Brugg. Wiese Verlag, Basel 1953, DNB 750561750.
Weblinks
Einzelnachweise
- BFS Generalisierte Grenzen 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Höhen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. Mai 2021
- Generalisierte Grenzen 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. Mai 2021
- Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. November 2021
- Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Ausländeranteil aufgrund Stand 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. November 2021
- Beat Zehnder: Die Gemeindenamen des Kantons Aargau. In: Historische Gesellschaft des Kantons Aargau (Hrsg.): Argovia. Band 100. Verlag Sauerländer, Aarau 1991, ISBN 3-7941-3122-3, S. 129–130.
- Landeskarte der Schweiz, Blatt 1090, Swisstopo.
- Arealstatistik Standard – Gemeinden nach 4 Hauptbereichen. Bundesamt für Statistik, 26. November 2018, abgerufen am 22. Mai 2019.
- Joseph Galliker, Marcel Giger: Gemeindewappen des Kantons Aargau. Lehrmittelverlag des Kantons Aargau, Buchs 2004, ISBN 3-906738-07-8, S. 141.
- Bevölkerungsentwicklung in den Gemeinden des Kantons Aargau seit 1850. (Excel) In: Eidg. Volkszählung 2000. Statistik Aargau, 2001, archiviert vom Original am 8. Oktober 2018; abgerufen am 22. Mai 2019.
- Wohnbevölkerung nach Religionszugehörigkeit, 2015. (Excel) In: Bevölkerung und Haushalte, Gemeindetabellen 2015. Statistik Aargau, abgerufen am 22. Mai 2019.
- Eidg. Volkszählung 2000: Wirtschaftliche Wohnbevölkerung nach Hauptsprache sowie nach Bezirken und Gemeinden. (Excel) Statistik Aargau, archiviert vom Original am 10. August 2018; abgerufen am 22. Mai 2019.
- Friedensrichterkreise. Kanton Aargau, abgerufen am 20. Juni 2019.
- Statistik der Unternehmensstruktur (STATENT). (Excel, 157 kB) Statistik Aargau, 2016, abgerufen am 22. Mai 2019.