Lauterbourg
Lauterbourg [lotɛʀˈbuːʀ] (deutsch Lauterburg) ist eine französische Gemeinde mit 2331 Einwohnern (Stand 1. Januar 2019) im Elsass (Europäische Gebietskörperschaft Elsass). Die Stadt ist der Präfektur Bas-Rhin zugeordnet und liegt in der Region Grand Est. Namensgebend ist der Fluss Lauter, an dem der Ort liegt.
Lauterbourg | ||
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Staat | Frankreich | |
Region | Grand Est | |
Département (Nr.) | Elsass / (Bas-Rhin) (67) | |
Arrondissement | Haguenau-Wissembourg | |
Kanton | Wissembourg | |
Gemeindeverband | Plaine du Rhin | |
Koordinaten | 48° 59′ N, 8° 10′ O | |
Höhe | 104–129 m | |
Fläche | 11,36 km² | |
Einwohner | 2.331 (1. Januar 2019) | |
Bevölkerungsdichte | 205 Einw./km² | |
Postleitzahl | 67630 | |
INSEE-Code | 67261 | |
Website | mairie-lauterbourg.fr | |
Rathaus (Hôtel de ville) |
Geografie
Lauterbourg ist die am weitesten östlich gelegene Gemeinde auf dem französischen Festland und liegt in der Oberrheinischen Tiefebene direkt an der Grenze zu Deutschland nahe Karlsruhe. An der Mündung der Alten Lauter (ein teilweise verlandeter Altarm der Lauter) in den Rhein befindet sich der östlichste Punkt des französischen Festlandes.
Mehrere kleine Seen liegen auf dem Gemeindegebiet; einer von ihnen ist mit dem Rhein verbunden. Der größte dieser Seen ist das Bassin des Mouettes. Das Flüsschen Lauter bildet nordwestlich und nordöstlich des Ortes die Grenze zu Deutschland. Nördlich des Ortskerns verläuft die Grenze nördlich der Lauter. Unmittelbar nördlich von Lauterbourg auf deutschem Gebiet schließt sich der Ort Neulauterburg an, der zur Gemeinde Berg gehört. Nachbargemeinden in Frankreich sind Scheibenhard im Westen, Neewiller-près-Lauterbourg im Südwesten und Mothern im Süden. Auf deutscher Seite östlich des Rheins liegen die Gemeinden Elchesheim-Illingen und Au am Rhein.
Geschichte
Zu römischer Zeit befand sich auf der alten Straße von Basel nach Mainz, in strategisch günstiger Lage am Übergang der Lauter, wahrscheinlich ein römisches Kastell namens Tribuni. Die dort stationierten römischen Truppen zogen im Jahr 405 ab.[1]
Mittelalter
Nach dem Sieg über die Alemannen 496 ließen sich die Franken nördlich des Seltzbaches nieder. Als Überbleibsel aus dieser Zeit spricht man dort heute noch einen südfränkischen Dialekt, während sich südlich des Seltzbaches ein alemannischer Dialekt erhalten hat. Bei der Teilung des Fränkischen Reiches durch den Vertrag von Verdun 843 fiel das Gebiet von Lauterbourg an Lothringen und wurde nach langwierigen Kämpfen dem 962 von Otto I. gegründeten Heiligen Römischen Reich einverleibt. Ottos Gemahlin, die burgundische Prinzessin Adelheid, gründete in Seltz einige Kilometer südlich ein Kloster.[1]
Nach Urkunden aus den Jahren 1083 und 1103 zufolge übertrug Heinrich IV. Lauterbourgs Besitztümer an das Bistum Speyer. Diese umfassten Ländereien, einen Wald, sowie das zugehörige Jagd- und Fischereirecht. Die Stadt dehnte sich in der Folgezeit weiter aus und erhielt 1252 das Marktrecht. Bald darauf war sie Sitz einer Vogtei, die 20 Gemeinden auf beiden Seiten der Lauter umfasste. Zum Schutze der Stadt wurde ein doppelter Mauerring mit 12 Türmen errichtet. Die Fürstbischöfe von Speyer residierten in einer Burg oberhalb der Lauter.[1]
Frühe Neuzeit
Während des 17. Jahrhunderts litt die Stadt sehr unter Kriegen. Sie wurde wiederholt von Truppen passiert, die untergebracht und versorgt werden mussten. Es kam zu Beschlagnahmungen, Plünderungen, Hungersnöten und Epidemien, die die Stadt schließlich in den Ruin trieben. Mit dem Westfälischen Frieden von 1648 fiel Lauterbourg mitsamt dem Elsass an das Königreich Frankreich. Die Fürstentümer des Unterelsasses unterstanden jedoch immer noch dem Heiligen Römischen Reich, was zu erneuten Kriegen und zur Zerstörung Lauterbourgs im Jahr 1678 führte.[1]
Anfang des 18. Jahrhunderts wurde die Stadt, die nun als befestigter Stützpunkt am östlichen Ende der Lauter-Linie diente, von den Franzosen wieder aufgebaut. Nach dem Sturz von Napoleon Bonaparte wurde auf dem Wiener Kongress von 1815 die Lauter als feste Grenze von Frankreich festgelegt.[1]
Durch den 1871 beschlossenen Frieden von Frankfurt gehörte Lauterbourg fortan zum Deutschen Reich und erfuhr in der Folgezeit eine erste Industrialisierung. Es kam zum Bau einer Eisenbahnstrecke, sowie eines Hafens am Rhein mit einem Kohleterminal. Mit dem Vertrag von Versailles 1919 wechselte die Stadt wieder nach Frankreich über.[1]
Zweiter Weltkrieg
In den 1930er Jahren befand sich Lauterbourg in unbequemer Lage zwischen der Maginot-Linie und der Siegfriedstellung. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 wurde die Bevölkerung nach Saint-Priest-Taurion und nach Saint-Just-le-Martel ins Département Haute-Vienne evakuiert. Im Mai 1940 kam es zur totalen Zerstörung der Unterstadt. Nach der Annexion des Elsasses durch Nazi-Deutschland kehrte ein Teil der Flüchtlinge wieder in die zertrümmerte Stadt zurück. Die Elsässer wurden ab 1942 für den Reichsarbeitsdienst (RAD) eingeteilt und in die Wehrmacht zwangsrekrutiert, was eine eklatante Verletzung des Völkerrechts darstellte. Viele der „Malgré-nous“ verloren ihr Leben an der Ostfront.[1]
Am 15. Dezember 1944 gab es einen ersten Befreiungsversuch Lauterbourgs durch die 79. US-Infanterie-Division, die jedoch wenig später vom Unternehmen Nordwind überrascht wurde. Aus Angst davor, von ihren Hintermännern abgetrennt zu werden, waren die Amerikaner kurz davor, sich wieder bis zur Vogesen-Linie zurückzuziehen. Dank der Intervention von Charles de Gaulle und Winston Churchill hielten sie jedoch ihre Stellung, die deutsche Offensive konnte bei Hatten-Rittershoffen gestoppt werden. Die endgültige Befreiung von Lauterbourg erfolgte am 19. März 1945 durch die 1. Französische Armee in der Operation Undertone.[1]
Nachkriegszeit
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Lauterbourg wieder aufgebaut, einige Industriebetriebe ließen sich am Rheinhafen nieder. In jüngerer Zeit wurden viele historische Denkmäler restauriert.[1]
Politik
Die Stadt liegt im Arrondissement Haguenau-Wissembourg und im Kanton Wissembourg. Sie ist mit fünf Delegierten in der Communauté de communes de la Lauter vertreten.
Bevölkerungsentwicklung
Jahr | 1962 | 1968 | 1975 | 1982 | 1990 | 1999 | 2004 | 2018 |
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Einwohner | 1.795 | 2.161 | 2.442 | 2.467 | 2.372 | 2.269 | 2.247 | 2.318 |
Sehenswürdigkeiten
Im Zentrum der Stadt befindet sich die katholische Dreifaltigkeitskirche, deren Chor während der Amtszeit von Bischof Matthias von Rammung im Jahr 1467 erbaut wurde. Die jetzige Kirche entstand im Wesentlichen im Jahr 1716. Das bei der Kirche befindliche Missionskreuz, eine Kreuzigungsgruppe aus Stein, geht ebenfalls auf das 15. Jahrhundert zurück.
Nach der Zerstörung des Lauterbourger Schlosses ließ Bischof Heinrich Hattardus im Jahr 1716 einen neuen Bischofspalast errichten. Dieser diente später als Wohnung des Platzkommandanten und inzwischen als Schulhaus.
Der Metzgerturm und das Landauer Tor sind Turmbauten der einst mit 15 Türmen versehenen mittelalterlichen Festungsmauer. Das Landauer Tor geht auf den mittelalterlichen Unterturm zurück, der 1706 abgerissen wurde, worauf der Torbau in seiner heutigen Form entstand.
Weitere Sehenswürdigkeit ist der Jüdische Friedhof, der 1875 angelegt wurde. Das älteste Grab stammt aus dem Jahr 1877.[2] Auch auf dem christlichen Friedhof befinden sich einige interessante Grabmonumente. Er wurde an dieser Stelle 1797 angelegt.[3]
In der Rue de Caserne befindet sich die ehemalige königliche Kaserne. Sie wurde auf Kosten der Stadt 1739 errichtet, aber nicht vollendet. 1775 nahm sie der König als königliche Kaserne (Caserne royale) in Besitz. Von 1882 bis 1960 diente sie als Manufaktur zur Fermentierung und Verarbeitung von Tabak. 1963 wurde das Gebäude von der Stadt erworben.[4]
Die Wallfahrtskapelle Notre-Dame-du-Bon-Secours befindet sich in der Rue de Chapelle. Die Kapelle ist neben Maria auch den Heiligen Sebastian und Rochus geweiht. Sie wurde ursprünglich außerhalb der Stadt in der Nähe eines Friedhofs für die Opfer der Pest errichtet. Über dem Portal befindet sich die Jahreszahl 1667 und das Wappen Lothar Friedrich von Metternich-Burscheid, des damaligen Bischofs von Speyer. Sie war ein beliebter Wallfahrtsort im 17. und 18. Jahrhundert. 1793 wurde sie von Soldaten besetzt, zerstört und verkauft. 1804 wurde sie der Pfarrei zurückgegeben.[5]
Wirtschaft und Infrastruktur
Seit 1876 besteht der Bahnhof Lauterbourg an der Bahnstrecke Wörth–Strasbourg, der von Zügen der SNCF und der Deutschen Bahn mit Dieselzügen bedient wird. angeschlossen. Im Nahverkehr gelten Tarife des Verkehrsverbundes Rhein-Neckar und des Karlsruher Verkehrsverbundes.
Bei Lauterbourg endet die französische Autobahn A 35 (Autoroute des Cigognes) und schließt sich an die deutsche Bundesstraße 9 an.
In der Stadt gibt es das Metallwerk Eiffage, welches auf die Firma von Gustave Eiffel Atelier de constructions d’Eiffel zurückgeht[6], eine Chemiefabrik und eine Düngemittelfabrik. Weitere größere Betriebe sind ein Neuwagenauslieferungs- bzw. Verteillager zwischen Bahnhof und Hafen sowie ein großes Kieswerk. Außerdem existiert ein Hafen am Rhein. Der Hafen wird überwiegend für den Gütertransport benutzt. Tanker versorgen das Chemie- und Düngemittelwerk mit Rohstoffen, vom Metallwerk werden Brückenbauteile verladen.
Sport
Der Rugby-Verein ASL Lauterbourg konnte in der Saison 2006/2007 mit einem Elsass-Meistertitel seinen größten Erfolg feiern.
Persönlichkeiten
- Rucker von Lauterburg (ca. 1400–1466), Rektor der Universität Leipzig, Domherr und Generalvikar im Bistum Speyer
- Jakob Otter (1485–1547), Reformator, in Lauterburg geboren
- Charles Adam (1848–1917), Bürgermeister von Lauterburg
- Ernst Levy (1864–1919), Mediziner, Bakteriologe und Hygieniker an der Universität Straßburg
- Paul Schmitthenner (1884–1972), Architekt der Heimatschutzarchitektur und Hochschullehrer
- Henri Roessler (1910–1978), Fußballer
Literatur
- Le Patrimoine des Communes du Bas-Rhin. Flohic Editions, Band 1, Charenton-le-Pont 1999, ISBN 2-84234-055-8, S. 561–568.
Weblinks
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Einzelnachweise
- Geschichte von Lauterbourg. Offizielle Website der Stadt, abgerufen am 31. Januar 2022 (französisch).
- Brigitte Parent: Cimetière juif. In: Inventaire général du patrimoine culturel. 24. September 2011, abgerufen am 11. August 2019 (französisch).
- Brigitte Parent: Cimetière de catholiques et de protestants (cimetière chrétien). In: Inventaire général du patrimoine culturel. 24. September 2011, abgerufen am 11. August 2019 (französisch).
- Brigitte Parent: Caserne royale. In: Inventaire général du patrimoine culturel. 5. September 2013, abgerufen am 11. August 2019 (französisch).
- Brigitte Parent: Chapelle de pèlerinage Notre-Dame-du-Bon-Secours. In: Inventaire général du patrimoine culturel. 5. September 2013, abgerufen am 11. August 2019 (französisch).
- L'histoire d'Eiffage Métal en quelques dates. In: Offizielle Webeite Eiffage. Eiffage, abgerufen am 21. Januar 2022 (französisch).