Gustave Eiffel
Alexandre Gustave Eiffel [alɛkˈsɑ̃dʁ gysˈtaːv ɛˈfɛl] (* 15. Dezember 1832 als Alexandre Gustave Bonickhausen genannt Eiffel[1] in Dijon; † 27. Dezember 1923 in Paris) war ein französischer Ingenieur und Konstrukteur von Bauwerken aus Stahl, darunter der Eiffelturm in Paris und die Freiheitsstatue in New York.
Leben
Eiffel wurde 1832 in Dijon geboren und wuchs dort auch auf. Ab 1850 besuchte er das Collège Sainte-Barbe in Paris,[2] um sich auf die Aufnahmeprüfung zur École polytechnique vorzubereiten. Nachdem er an der mündlichen Prüfung gescheitert war, entschied er sich für ein Chemiestudium an der École Centrale des Arts et Manufactures, das er 1855 mit einem Diplom abschloss.[3] Nachdem sich ein Eintritt in die Fabriken seines Onkels nicht verwirklicht hatte, war er für einige Monate in einer Sprengstoff-Fabrik in Châtillon-sur-Seine beschäftigt.
Danach arbeitete er in verschiedenen Konstruktionsbüros, bis er 1856 eine Anstellung als Brückenbauingenieur bei der westfranzösischen Compagnie des chemins de fer de l’Ouest fand, bei der er sich erstmals mit der Konstruktion von Eisenbahnbrücken befasste. Dort machte er im selben Jahr die Bekanntschaft mit dem Stahlbau-Unternehmer Charles Nepveu. Dieser erkannte sein Talent und machte ihn zum Projektmanager im Eisenbahnbrückenbau. In dieser Sparte bestand damals eine große Nachfrage nach Ingenieuren und zugleich eine hohe Personalfluktuation. Eiffel zeigte Durchhaltevermögen, Diplomatie und Menschenkenntnis, und er bewies großes Organisationstalent, immer die geeignetsten Fachleute für seine Projekte zu gewinnen und zusammenzuführen.
1858 ernannte man ihn zum leitenden Ingenieur beim Bau einer 500 Meter langen Eisenbahnbrücke über die Garonne in Bordeaux (später Passerelle Eiffel genannt), die im Juli 1860 eröffnet wurde[4] und als sein erstes Bauwerk gilt. Statt die Brücke wie üblich als Vollwandträger auszuführen, konstruierte Eiffel den Überbau als leichte Fachwerkkonstruktion, die er auch künftig bevorzugte.[5] Dieser erfolgreich vollendete anspruchsvolle Auftrag begründete seinen guten Ruf in der Branche.
1862 heiratete er die Französin Marie Gaudelet (* 1845)[6], mit der er drei Mädchen und zwei Jungen bekam. Sie starb bereits 1877. Er heiratete danach seine Cousine Chantall Letou. 1866 machte er sich mit einem eigenen Betrieb, der Société de constructions de Levallois-Perret in Levallois-Perret bei Paris selbständig. 1867 erhielt er den Auftrag für den Bau der Viadukte von Rouzat-sur-la-Sioule und Neuvial auf der Eisenbahnlinie Commentry-Gannat in der Auvergne. Es folgten erste Arbeiten für die Weltausstellung im selben Jahr.
Von 1872 bis 1874 war Eiffel in Südamerika tätig. Hier war er unter anderem an der Planung der Hauptbahnhöfe von Santiago de Chile sowie La Paz in Bolivien beteiligt und erbaute mehrere Kathedralen in Tacna, Arica und Chiclayo in Peru. 1875 oblag ihm der Bau des 1877 fertiggestellten Westbahnhofs in Budapest, und er erhielt den Auftrag zum Bau des Ponte Maria Pia (Eröffnung am 4. November 1877) und des Ponte Dom Luís I in Porto (31. Oktober 1881). 1880 erhielt er den Zuschlag für den Bau des Viadukts von Garabit, das wegen seiner Höhe (122 Meter) und seiner gebogenen Form Aufsehen erregte und erst im Juli 1888 eröffnet werden konnte.[7][8] 1879 begann er mit der Entwicklung eines ausgeklügelten Trägersystems für die Tragwerke des inneren Stützgerüsts der von dem Franzosen Frédéric-Auguste Bartholdi entworfenen Freiheitsstatue in New York City, deren Einweihung am 28. Oktober 1886 stattfand. Zwischen 1881 und 1882 baute Eiffel die Belvárosi-Brücke von Szeged in Ungarn.
Das Dictionnaire des Francs-Maçons Européens nennt Eiffel als Mitglied einer Loge des Grand Orient de France, ohne jedoch die Loge konkret zu benennen.[9] Zwar scheint insbesondere die maßgebliche gestalterische und finanzielle Beteiligung der Freimaurer an der Freiheitsstatue die Mitgliedschaft zu bestätigen, da jedoch weder Aufnahmedatum noch der konkrete Name der Loge allgemein bekannt sind, gilt die Mitgliedschaft als umstritten.[10]
Seinem wichtigsten Projekt ging eine Patentanmeldung vom 18. September 1884 voraus „für ein neues Verfahren, das es erlaubt, Metallpfeiler und -pylonen von einer Höhe zu bauen, die dreihundert Meter übersteigen kann“. Es handelte sich um den nach ihm benannten Pariser Eiffelturm, der seit Baubeginn am 26. Januar 1887 in nur 26 Monaten Bauzeit am 31. März 1889 fertiggestellt werden konnte und am 15. Mai 1889 Eröffnung feierte. Der Entwurf stammte vom Architekten Charles Léon Stephen Sauvestre nach einer Konstruktionsidee von Maurice Koechlin. Er war für die Pariser Weltausstellung 1889 vorgesehen und wurde unter Eiffels Leitung erbaut. Der zunächst von der Pariser Bevölkerung nicht akzeptierte Turm avancierte rasch zum international anerkannten Symbol von Paris und Frankreich.
Ende 1887 unterschrieb er den folgenschwersten Vertrag seiner Laufbahn, nach dem er für den von Ferdinand de Lesseps geplanten Panama-Kanal 30 Schleusen liefern sollte, die ab 1. Januar 1888 zu montieren waren. Nachdem die Panamagesellschaft im Februar 1889 Konkurs anmelden musste, wurde Eiffel 1893 der Nichterfüllung schuldig gesprochen. Daraufhin übergab er seine Gesellschaft Eiffel & Cie. an seinen Mitarbeiter Maurice Koechlin und zog sich aus dem Geschäft zurück. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts leistete Eiffel Pionierarbeit auf dem Gebiet der Windkanäle mit Experimenten zur Untersuchung des Luftwiderstandes von verschiedenen geometrischen Formen und legte damit einen Grundstein für den modernen Flugzeugbau.
Gustave Eiffel starb 1923 im Alter von 91 Jahren und wurde auf dem Friedhof von Levallois-Perret nordwestlich von Paris beigesetzt.[11]
Der Name „Eiffel“
Die väterlichen Vorfahren des Eiffelturm-Erbauers trugen den Namen „Bonickhausen-Eiffel“ bzw. „Bonickhausen dit Eiffel“ („genannt Eiffel“). Die deutsche Schreibung des Namens Bonickhausen ist „Bönickhausen“ mit Umlautzeichen. Der älteste nachweisbare Vorfahre der Familie Bönickhausen in Frankreich ist Jean René Bönickhausen, der am 30. April 1711 im Haus des Herzogs von Gramont in der rue Neuve Saint-Augustin in der Pfarrei St-Roch, Paris, Marie Lideriz heiratete und als Angestellter der Ferme générale am 7. Januar 1734 im Alter von 75 Jahren in Saint-Valery-sur-Somme in der Picardie verstarb. In dessen Sterbeeintrag findet sich der Namenszusatz „dit Eiffel“ (genannt Eiffel).[12] Die Stammfolge führt über Jean Pierre Henry Bonickhausen dit Eiffel (1715–1765) und dessen einzigen Sohn Alexandre Bonickhausen dit Eiffel (1757–1806) auf François Alexandre Bonickhausen dit Eiffel (* 29. Januar 1795 in Paris, † 15. September 1879 Paris), den Vater von Alexandre Gustave Eiffel.
Der Schriftsteller und Eiffel-Biograph François Poncetton[13] und der ehemalige Generaldirektor der französischen Archive, Charles Braibant[12] vertraten die Annahme, dass der älteste Vorfahre in der französischen Linie, Jean René Bönickhausen, der Familie des Eifeler Schulmeisters Leo Heinrich Bönickhausen entstammt. Dieser lebte zu Ende des 17. Jahrhunderts in Aremberg, Kreis Ahrweiler, und in Marmagen, Kreis Euskirchen, und stand dort als Ludimagister (Schulmeister) und Sakristan in Kirchendiensten. Auf Braibant zurückgehend hat sich die Erklärung verbreitet, dass dessen 1680 in Marmagen getaufter Sohn Wilhelm Heinrich um 1710 nach Frankreich ausgewandert sei und sich dort Jean René Bönickhausen mit dem Zusatz Eiffel genannt habe.[12] Diese in vorliegenden Eiffel-Biographien häufig[14] zu findende Behauptung ist aber unbewiesen.
Auch in der Geburtsurkunde von Alexandre Gustave Eiffel ist „Bonickhausen dit Eiffel“ eingetragen. Am Rande der Urkunde befindet sich aber der Vermerk, dass per Richterspruch des erstinstanzlichen Gerichts von Dijon vom 15. Dezember 1880 verfügt wurde, den Namen „Eiffel“ an die Stelle von „Bonickhausen dit Eiffel“ zu setzen.[12] Die Namensverkürzung hatte er am 30. Oktober 1878 beim Justizministerium beantragt und ausführlich begründet.[15]
Weitere wichtige Bauwerke
- Galerie des Machines, Pariser Weltausstellung 1867, abgerissen 1909[16] (andere Quelle: 1910[17])
- Leuchtturm Ruhnu tuletorn auf der estnischen Insel Ruhnu, erbaut 1875 [18]
- Ponte Eiffel in Viana do Castelo in Portugal (1878), Fachwerkbrücke über den Rio Lima[19]
- Hauptkuppel des Observatoire de Nice, erbaut 1879
- Palácio de Ferro (Eisenpalast), in Frankreich gebaut und nach Luanda gebracht
- Palacio de Hierro de Orizaba, Bestandteile aus Belgien nach Mexiko verschifft
- Casa de Ferro in Maputo
- Souleuvre-Viadukt, Normandie, erbaut 1887
- Eisenbahnbrücke in Münchenstein bei Basel, ist 1891 auf Grund eines Konstruktionsfehlers eingestürzt,[20] siehe auch Jurabahn
- Vecchio-Viadukt der Eisenbahn auf Korsika
- Im neugotischen Stil wurde die Basílica de San Sebastián in Manila erbaut. Sie wurde komplett aus Stahl nach Vorlagen des Gustave Eiffel konstruiert.[21]
- Real Bodega de la Concha (Lagerhalle für Sherry in Spanien, 1869)[22]
- 1892 beteiligte er sich am Wettbewerb um den Bau der Dreifaltigkeitsbrücke in Sankt Petersburg. Obwohl eine andere französische Firma den Bau ausführte, orientierte sie sich an Eiffels Projekt.
- Hotel Traian in Iași (Rumänien)
- Eisenbahnbrücke über den Pruth bei Ungheni (Moldau)
- Bahnhofsdach von Santiago de Chile
- La Casa de Hierro, das Eisenhaus, in Iquitos, Amazonien/Peru[23]
- Kirche von Santa Barbara, Santa Rosalía, Mexiko
- Hängebrücke bei Ste-Anne, Réunion
- Viadukt bei Buis-les-Baronnies auf der Schmalspurbahn Orange–Buis-les-Baronnies, nach Stilllegung 1953 abgerissen[24]
- Westbahnhof in Budapest, 1874–1877
Sonstiges
- 2021 erschien das Filmdrama Eiffel in Love, das eine fiktive Liebesgeschichte zwischen Eiffel und einer verheirateten Frau erzählt. Gustave Eiffel wird dabei von Romain Duris verkörpert.
Schriften
- La résistance de l’air et l’aviation. Paris: H. Dunod et E. Pinat, 1910.
- Les nouvelles Recherches expérimentales sur la résistance de l’air et l’aviation. 1914
Literatur
- Theo Zollna: Eiffel – Zum 35. Todestag des großen Bauingenieurs. In: Deutsche Architektur, 1. Heft Jahrgang 1959, S. 43f.
Weblinks
Einzelnachweise
- Auszug aus dem Geburtsregister von Dijon, 713/1832, erstellt am 13. Mai 1878. Archives Nationales, Dossier LH/892/60. Online bei Base Léonore (abgerufen am 1. September 2015)
- David I Harvie, Eiffel: The Genius Who Reinvented Himself, 2013, S. 1
- Gustave Eiffel : Sa Vie, Biographie détaillée. In: gustaveeiffel.com. Association des Descendants de Gustave Eiffel, abgerufen am 16. November 2011 (französisch).
- Le Grand Journal de Bordeaux, Histoire des maires de Bordeaux, 2008, S. 321
- Gerhard Mehlhorn/Manfred Curbach (Hrsg.), Handbuch Brücken: Entwerfen, Konstruieren, Berechnen, Bauen und Erhalten, 2014, S. 49
- https://de.findagrave.com/memorial/233042880/marie-eiffel
- Klaus Stiglat, Brücken am Weg: Frühe Brücken aus Eisen und Beton in Deutschland und Frankreich, 1997, S. 86 ff.
- Karl-Eugen Kurrer: The History of the Theory of Structures. Searching for Equilibrium. Ernst & Sohn, Berlin 2018, ISBN 978-3-433-03229-9, S. 75ff. (Deutsch: Geschichte der Baustatik: auf der Suche nach dem Gleichgewicht ISBN 978-3-433-03134-6)
- Michel Gaudart de Soulages, Hubert Lamant: Dictionnaire des Francs-Maçons Européens. Coulommiers: Dualpha 2005, S. 337
- Philip Militz: Freimaurer in 60 Minuten. Hrsg.: Jonathan Byron. Thiele Verlag, München 2009
- knerger.de: Das Grab von Gustave Eiffel
- Charles Braibant: Histoire de la Tour Eiffel. Paris 1964, S. 35
- François Poncetton: Eiffel: Magicien du fer. Paris 1939
- z. B. Henri Loyrette: Gustave Eiffel. Ein Ingenieur und sein Werk. Stuttgart 1985
- Archives nationales: BB/11/1473 dossier 3121x78. Online, abgerufen am 23. Oktober 2015 (französisch)
- Galerie des machines. structurae.de, abgerufen am 21. August 2015.
- Die Weltausstellung 1889 in Paris. Abgerufen am 21. August 2015.
- Thomas Junker unterwegs - Europas einsame Inseln; Folge 5 von 5. MDR Mediathek, 21. November 2020, abgerufen am 22. November 2020.
- Ponte Eiffel in Viana do Castelo (1878), Ponton’s Brücken, 18. Juli 2013
- Eine Brücke Eiffels stürzte ein. (Münchenstein, Schweiz, 1891)
- http://www.artesdelasfilipinas.com/archives.php?page_id=24 Die Basílica de San Sebastián auf Artes de las Filipinas
- Real Bodega de la Concha (1869) (Memento vom 30. August 2017 im Internet Archive)
- Wolfgang Stock: Monsieur Eiffel kommt in den Amazonasurwald, 11. Mai 2011.
- La ligne d’Orange au Buis les Baronnies, rail en vaucluse, 6. Mai 2008.