Kampfgeschwader 51
Das Kampfgeschwader 51 war ein Verband der Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg. Aufgrund seines Wappens wurde es auch Edelweiß-Geschwader genannt.
Kampfgeschwader 51 | |
---|---|
Aktiv | 1. Mai 1939 bis 24. April 1945 |
Staat | Deutsches Reich |
Streitkräfte | Wehrmacht |
Teilstreitkraft | Luftwaffe |
Truppengattung | Fliegertruppe |
Typ | Kampfgeschwader |
Gliederung | Geschwaderstab und 4 Gruppen |
Standort | Stab Landsberg I. Gruppe Landsberg II. Gruppe Leipheim III. Gruppe Memmingen IV. (Ergänzungs-)Gruppe Schwäbisch Hall |
Spitzname | Edelweiß-Geschwader |
Ausrüstung | Dornier Do 17, Heinkel He 111, Junkers Ju 88, Messerschmitt Me 410, Messerschmitt Me 262 |
Zweiter Weltkrieg | Sitzkrieg Westfeldzug Luftschlacht um England Balkanfeldzug (1941) Luftlandeschlacht um Kreta Deutsch-Sowjetischer Krieg Kriegsschauplatz Mittelmeerraum |
Geschwaderkommodore | |
Erster Kommodore | Oberst Johann-Volkmar Fisser |
Aufstellung
Das Kampfgeschwader 51 entstand am 1. Mai 1939 aus dem am 15. März 1937 in Landsberg aufgestellten Kampfgeschwader 255. Aus dem Geschwaderstab und der I./KG 255 entstanden am 1. Mai 1939 in Landsberg der Stab und die I./KG 51. Die II. Gruppe des KG 51 bildete sich am 1. April 1940 in Leipheim. Die III./KG 51 entstand am 1. Mai 1939 in Memmingen aus der III./KG 255. Am 30. Juli 1940 entstand die IV. (Ergänzungs-)Gruppe in Schwäbisch Hall. Das Geschwader war ausgestattet mit der Dornier Do 17 und der Heinkel He 111. Als es im Mai 1940 zum ersten Kriegseinsatz antrat, waren alle drei Gruppen umgerüstet auf die Junkers Ju 88. Ab Juli 1943 rüstete das Geschwader, beginnend mit der I. Gruppe, auf die Messerschmitt Me 410 um. Ab Sommer 1944 begann die Umrüstung auf die Messerschmitt Me 262. Die Geschwaderkennung war 9K.[1]
Geschichte
Das Kampfgeschwader 51 nahm nicht am Überfall auf Polen und am Norwegenfeldzug teil.[2] Es unterstand der Luftflotte 3 und wurde im Sitzkrieg zu Aufklärungs- und Propagandaflügen über Frankreich eingesetzt.
Während des Westfeldzuges standen alle drei Gruppen unter dem Kommando des V. Fliegerkorps der Luftflotte 3.[3] Von den Fliegerhorsten in Landsberg, Lechberg und München-Riem aus erfolgten Luftangriffe auf Flugplätze zur Erringung der Luftherrschaft und taktische Einsätze zur Heeresunterstützung.[1] Dabei kam es am 10. Mai 1940 zu einem folgenschweren Irrtum. Eine Kette der 8. Staffel, welche die Stadt Dijon angreifen sollte, verlor aufgrund von Navigationsfehlern die Orientierung. Darum griff sie, unter der Annahme eine französische Stadt unter sich zu haben, Freiburg im Breisgau mit 69 Bomben an. Dadurch starben 57 Einwohner. Die deutsche Führung vertuschte den Irrtum und schrieb den Luftangriff den Alliierten zu. Erst 1956 gelang es den Historikern Anton Hoch, Wolfram Wette und Gerd R. Ueberschär Belege zu finden, die die Wahrheit ans Licht brachten. Der damalige Geschwaderkommodore Josef Kammhuber leugnete jedoch noch nach dem Krieg und in seiner neuen Position als Inspekteur der Luftwaffe die Beteiligung seiner Einheit.[4]
In der Luftschlacht um England blieb das gesamte Geschwader beim V. Fliegerkorps der Luftflotte 3.[5] Dort flog es von den französischen Basen Paris-Orly, Melun/Villaroche und Étampes-Mondésir Luftangriffe gegen England. Inzwischen war das gesamte Geschwader auf die Junkers Ju 88A umgerüstet.[6]
Von Wiener-Neustadt und Schwechat aus nahm das Geschwader am Balkanfeldzug teil. Dazu war es der Luftflotte 4 direkt unterstellt.[7]
Am Angriff auf die Sowjetunion ab 22. Juni 1941 nahm das Geschwader mit dem Stab der I., II. und III. Gruppe teil. Dazu war es dem V. Fliegerkorps der Luftflotte 4 im Südabschnitt der Ostfront unterstellt.[8] Dabei griffen am 2. November 1941 drei Junkers Ju 88 des Geschwaders im Schwarzen Meer den sowjetischen Kreuzer Voroshilov an und beschädigten ihn.[9]
Am 4. November 1942 gegen 22:00 Uhr traf ein sowjetischer Nachtbomber zufällig ein Benzinfasslager des Flugplatzes Armawir. Zu dieser Zeit lag der Stab und die I. Gruppe des Kampfgeschwaders 51 dort. Dabei wurden alle Junkers Ju 88, bis auf eine, zerstört oder beschädigt.[10][11]
Bei der Schlacht um den Kursker Bogen im Juli 1943 standen der Stab, die II. und III. Gruppe bei der 1. Fliegerdivision der Luftflotte 6 bereit[12]. Bis 1943 war es an den Schwerpunkten im Süden und der Mitte der Ostfront eingesetzt[6]. In dieser Zeit verloren die Gruppen viele Maschinen und Besatzungen durch Partisanenanschläge. Diese mischten sich unter die auf den Flugplatz arbeitenden Hiwis und brachten barometrisch zündende Sprengsätze am hinteren 900-Liter-Tank der Ju 88 an, welche bei plötzlicher Höhensenkung explodierten.[13] Eine dieser Partisanen war Anna Afanassjewna Morosowa.
Ab September 1943 verlegte der Geschwaderstab und die III. Gruppe in die Heimat nach Illesheim. Die I. Gruppe war schon im Mai nach dort verlegt worden. Es erfolgte die Umrüstung auf die Messerschmitt Me 410. Die III. Gruppe wurde aufgelöst. Die II. Gruppe war zu diesem Zeitpunkt dem X. Fliegerkorps der Luftflotte 2 unterstellt und flog vom griechischen Saloniki aus ihre Einsätze im Mittelmeerraum.[6] Von November 1943 bis April 1944 kehrte sie dann wieder zum Südabschnitt der Ostfront zurück. Danach verlegte sie in das niederländische Gilze-Rijen, wo sie ebenfalls auf die Messerschmitt Me 410 umgestellt wurde. Mit diesem Flugzeugmuster waren die beiden Gruppen zur Reichsverteidigung gegen einfliegende alliierte Bomberverbände eingesetzt, wobei Stab und I. Gruppe im Winter 1943/1944 in Frankreich lagen, ersterer in Évreux und letztere unter anderem in Saint-André-de-l’Eure.
Ab August erfolgte die Einführung der Messerschmitt Me 262 beim KG 51, anfangs in Juvincourt. Später wurde es in KG 51 (J) (J für Jagd) umbenannt. Es blieb in der Reichsverteidigung eingesetzt. Am 24. April 1945 wurde es aufgelöst. Die übrigen Mitglieder des Geschwaders ergaben sich überwiegend in Norddeutschland britischen oder in Bayern amerikanischen Streitkräften.[14]
Kommandeure
Geschwaderkommodore
Dienstgrad | Name | Zeit |
---|---|---|
Oberst | Johann-Volkmar Fisser | 1. Mai 1939 bis 26. März 1940 |
Oberst | Josef Kammhuber | 26. März 1940 bis 3. Juni 1940 |
Oberst | Johann-Volkmar Fisser | 3. Juni 1940 bis 12. August 1940 |
Major | Hans Bruno Schulz-Heyn | 12. August 1940 bis 31. August 1941 |
Oberst | Paul Koester | 1. September 1941 bis 4. Juli 1942 |
Major | Wilhelm von Friedeburg | 4. Juli 1942 bis 30. November 1942 |
Oberst | Heinrich Conrady | 1. Dezember 1942 bis 8. Januar 1943 |
Major | Egbert von Frankenberg und Proschlitz | 8. Januar 1943 bis 9. Mai 1943 |
Major | Hanns Horst Heise | 9. Mai 1943 bis 25. Februar 1944 |
Oberstleutnant | Wolf Dietrich Meister | 25. Februar 1944 bis 4. Dezember 1944 |
Major | Wolfgang Schenck | 5. Dezember 1944 bis 31. Januar 1945 |
Oberstleutnant | Rudolf Hallensleben | 1. Februar 1945 bis 19. April 1945 |
Oberstleutnant | Siegfried Barth | 19. April 1945 bis 28. April 1945 |
Gruppenkommandeure
- I. Gruppe
- Oberstleutnant Hans Korte, 1. Mai 1939 bis 18. Dezember 1939
- Major Hans Bruno Schulz-Heyn, 19. Dezember 1939 bis 12. August 1940
- Hauptmann Kurt von Greiff, 12. August 1940 bis 14. Februar 1941
- Hauptmann Heinrich Hahn, 14. Februar 1941 bis 3. Februar 1942
- Major Hans-Joachim Ritter, 3. Februar 1942 bis 6. Oktober 1942
- Major Fritz-Herbert Dierich, 6. Oktober 1942 bis 5. Februar 1943
- Major Klaus Häberlen, 5. Februar 1943 bis 11. Oktober 1943
- Major Wolf Dietrich Meister, 11. Oktober 1943 bis 25. Februar 1944
- Major Hans Unrau, 25. Februar 1944 bis 8. Mai 1945
- II. Gruppe
- Major Friedrich Winkler, 15. April 1940 bis 31. März 1941
- Hauptmann Max Stadelmeier, 31. Januar 1941 bis 22. Juni 1941
- Major Wilhelm von Friedeburg, 22. Juni 1941 bis 1. April 1942
- Major Friedrich Wilhelm Kaufner, 1. April 1942 bis 21. Mai 1942
- Hauptmann Rudolf Henne, 21. Mai 1942 bis 26. Februar 1943
- Major Herbert Voss, 26. Februar 1943 bis 31. Dezember 1944
- Major Martin Vetter, 1. Januar 1945 bis 6. Februar 1945
- Hauptmann Hans-Joachim Grundmann, 21. März 1945 bis 8. Mai 1945
- III. Gruppe
- Oberst Alois Stoeckl, 1. Mai 1939 bis 7. März 1940
- Major Johann-Wilhelm Kind, 7. März 1940 bis 24. Juni 1940
- Major Walter Marienfeld, 24. Juni 1940 bis 23. November 1941
- Major Ernst Freiherr von Bibra, 23. November 1941 bis 15. Februar 1943
- Hauptmann Wilhelm Rath, 15. Februar 1943 bis 31. Dezember 1943
- Major Kurt Dahlmann, 20. November 1944 bis 31. Oktober 1944
- IV. Gruppe
- Hauptmann Hans-Joachim Ritter, 30. Juli 1940 bis 24. Februar 1942
- Hauptmann Wilhelm Stemmler, 25. Februar 1942 bis 13. Dezember 1942
- Hauptmann Josef Schölss, 13. Dezember 1942 bis 31. Januar 1944
- Major Siegfried Barth, 1. Februar 1944 bis 28. Dezember 1944
Bekannte Geschwaderangehörige
- Siegfried Barth (1916–1997), war 1973, als Oberst der Luftwaffe der Bundeswehr, im Luftflottenkommando tätig
- Ulrich Bigalke (1910–1940), war ein Ingenieur, Automobilrennfahrer und Filmemacher
- Kurt Dahlmann (1918–2017), war von 1958 bis 1978 Chefredakteur der Allgemeinen Zeitung in Namibia
- Hanswerner von Gehr (1912–2005), war ein deutscher Schauspieler und Regisseur
- Hellmuth Hauser (1916–2004), war von 1970 bis 1974, als Generalleutnant der Luftwaffe der Bundeswehr, erster Kommandierender General des Luftwaffenunterstützungskommandos
- Hanns Horst Heise (1913–1992), war ab Oktober 1968, als Brigadegeneral der Luftwaffe der Bundeswehr, Kommandeur des Deutschen Luftwaffenkommandos USA/Kanada
- Werner-Eugen Hoffmann (1910–1998), war ab 1968, als Generalleutnant der Luftwaffe der Bundeswehr, Stellvertretender Befehlshaber im Hauptquartier des NATO-Kommandos Ostseeausgänge (BALTAP)
- Josef Kammhuber (1896–1986), war von 1957 bis 1962, als General der Luftwaffe der Bundeswehr, erster Inspekteur der Luftwaffe
- Werner Panitzki (1911–2000), war von 1962 bis 1966, als Generalleutnant der Luftwaffe der Bundeswehr, Inspekteur der Luftwaffe
- Egbert von Frankenberg und Proschlitz (1909–2000), war ab 1950 für die NDPD Mitglied des Thüringer Landtags und dort Vizepräsident
Literatur
- Wolfgang Dierich: Kampfgeschwader 51 „Edelweiß“. Eine Chronik aus Dokumenten und Berichten 1937–1945. Hrsg.: Wolfgang Dierich. Motorbuch Verlag Stuttgart, Stuttgart 1991, ISBN 3-87943-272-4 (343 S.).
- Wolfgang Dierich: Die Verbände der Luftwaffe 1935–1945. Gliederungen und Kurzchroniken ein Dokument. Hrsg.: Wolfgang Dierich. Verlag Heinz Nickel, Zweibrücken 1993, ISBN 3-925480-15-3 (703 S.).
- H. L. de Zeng, D. G. Stankey, E. J. Creek: Bomber Units of the Luftwaffe 1933–1945. A Reference Source, Volume 1. Ian Allan Publishing, 2007, ISBN 978-1-85780-279-5 (englisch).
Weblinks
Einzelnachweise
- Wolfgang Dierich, S. 122.
- Wolfgang Dierich: Kampfgeschwader 51 „Edelweiss“, Motorbuch Verlag, 5. Auflage, Stuttgart 1991, ISBN 3-87943-272-4, S. 65.
- Leo Niehorster: Battle of France, German Order of Battle, 3rd Air Force, V Air Corps, 10 May 1940. 12. Dezember 2001, abgerufen am 7. Januar 2017 (englisch).
- Große Sache, Der Spiegel 17/1982 vom 26. April 1982.
- Ulf Balke: Der Luftkrieg in Europa 1939–1941. Bechtermünz Verlag, Augsburg 1998, ISBN 3-86047-591-6, S. 408 (1057 S.).
- Wolfgang Dierich, S. 123.
- Ulf Balke: Der Luftkrieg in Europa 1939–1941. Bechtermünz Verlag, Augsburg 1998, ISBN 3-86047-591-6, S. 414–415 (1057 S.).
- Leo Niehorster: German Airforce, Order of Battle, 4th Air Fleet, V Air Corps, 22 June 1941. 28. Oktober 1999, abgerufen am 7. Januar 2017 (englisch).
- Jürgen Rohwer, Gerhard Hümmelchen: Chronik des Seekrieges 1939–1945, November 1941. Abgerufen am 21. Januar 2017.
- Henry L. deZeng IV: Luftwaffe Airfields 1935–45, Russia (incl. Ukraine, Belarus & Bessarabia) S. 37–39, abgerufen am 15. Januar 2021.
- Wolfgang Dierich: Kampfgeschwader 51 ‚Edelweiss’. Stuttgart 1991, S. 188.
- Karl-Heinz Frieser, Klaus Schmider und Klaus Schönherr: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Band 8: „Die Ostfront 1943/44 – Der Krieg im Osten und an den Nebenfronten.“ Hrsg.: Militärgeschichtliches Forschungsamt, Deutsche Verlags-Anstalt 2007, ISBN 978-3-421-06235-2, S. 90–92.
- Wolfgang Dierich: Kampfgeschwader 51 ‚Edelweiss’. Stuttgart 1991, S. 204.
- Wolfgang Dierich, S. 123.