Tony Martin (Radsportler)
Tony Martin (* 23. April 1985 in Cottbus) ist ein ehemaliger deutscher Radrennfahrer. Er wurde acht Mal Weltmeister in verschiedenen Zeitfahrdisziplinen, darunter viermal im Einzelzeitfahren, Sieger von Zeitfahren in Grand Tours und auch der Gesamtsieger verschiedener Etappenrennen.
Tony Martin (2011) | |
Zur Person | |
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Spitzname | Panzerwagen[1] |
Geburtsdatum | 23. April 1985 |
Nation | Deutschland |
Disziplin | Straße |
Fahrertyp | Zeitfahrer |
Körpergröße | 185 cm |
Renngewicht | 75 kg |
Karriereende | 2021 |
Verein(e) / Renngemeinschaft(en) | |
2004–2005 | TEAG Team Köstritzer |
Internationale Team(s) | |
2006–2007 2008–2011 2012–2016 2017–2018 2019–2021 |
Thüringer Energie Team Team HTC-Columbia Etixx-Quick Step Team Katusha Alpecin Team Jumbo-Visma |
Wichtigste Erfolge | |
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Letzte Aktualisierung: 19. September 2021 |
Leben
Tony Martin kam 1989 nach Eschborn, da seine Eltern mit ihm noch vor der Maueröffnung aus der DDR flohen. Ab 2001 ging er auf die Sportschule in Erfurt und legte dort 2004 sein Abitur ab.
Martin ist Polizeimeister; die Ausbildung dazu absolvierte er bei der Sportfördergruppe „Sommer“ im Bildungszentrum der Thüringer Polizei in Meiningen.[2] Zurzeit ist er von seiner Tätigkeit als Polizist freigestellt. Heute lebt Tony Martin im schweizerischen Mannenbach-Salenstein.
Karriere
Tony Martin begann 1999 beim RV Sossenheim mit dem Radsport und wechselte 2000 zum RSV Seeheim. Dort gelang ihm 2001 neben zahlreichen Siegen bei Hessenmeisterschaften und Straßenrennen der TMP Tour in Thüringen, der einzigen Rundfahrt für Nachwuchsrennfahrer, mit einem Sieg auf der Schlussetappe der Gesamtsieg. Seinen ersten großen Erfolg feierte Tony Martin 2003, als er Deutscher Meister im Einzelzeitfahren der Junioren wurde. Im Jahr darauf wurde er gemeinsam mit Christian Bach, Sascha Damrow und Jens Lehmann Deutscher Meister auf der Bahn in der Mannschaftsverfolgung.
Im Jahr 2005 konnte er seinen ersten internationalen Elitesieg feiern, als er für das deutsche ProTeam Gerolsteiner als Stagiaire das Zeitfahren der Rothaus Regio Tour auf den Kandel gewann. Ebenfalls gewann er zwei Etappen beim U23-Rennen Giro delle Regioni in Italien. Daraufhin nahm er auch bei der U23-Weltmeisterschaft in Madrid teil. 2006, als seine Mannschaft TEAG Team Köstritzer in Thüringer Energie Team umbenannt wurde, konnte er sich den deutschen Zeitfahrmeister-Titel nun auch in der Klasse U23 holen. Die Gesamtwertung des neu eingeführten TUI-Cups gewann er, dank seines Sieges in der Thüringen-Rundfahrt, bei den Fahrern unter 23 Jahren vor Sebastian Schwager und Dominik Roels. Er startete er beim Zeitfahren der U23-Weltmeisterschaft in Salzburg und wurde 18.
Das Jahr 2007 verlief für Martin sehr erfolgreich. Er wurde Deutscher Bergmeister, gewann das FBD Insurance Ras, eine Etappe der Thüringen-Rundfahrt (dort auch 2. Platz in der Gesamtwertung), die Coppa Città di Asti sowie das Zeitfahren des Circuit des Ardennes. Zudem fuhr er mehrere Tage im Gelben Trikot der Tour de l’Avenir, der U25-Version der Tour de France, bis ihm Bauke Mollema dieses abnahm und die Gesamtwertung für sich entschied. Am Ende wurde er Zweiter.
Ab der Saison 2008 fuhr er für das Team Columbia. Bei der Weltmeisterschaft 2008 belegte Martin im Zeitfahren Rang sieben.
Die Tour de Suisse 2009 beendete Martin als Gesamtzweiter sowie als Gewinner der Bergwertung. Bei der Tour de France 2009 konnte er am 6. Juli auf der 3. Etappe das Weiße Trikot für den besten Jungprofi übernehmen und trug es auf zwölf Etappen. Die Tour de France 2010 eingerechnet wurden es insgesamt 15 Tage.[3] Die Königsetappe zum Mont Ventoux erreichte er knapp geschlagen als Zweiter hinter Juan Manuel Gárate aus Spanien. Am 12. Juli 2009 übernahm er erstmals die Spitze der offiziellen Rangliste des BDR. Im Zeitfahren der UCI-Straßen-Weltmeisterschaften 2009 holte Martin am 24. September 2009 die Bronze-Medaille.
Im Jahr 2010 konnte Tony Martin an seine Erfolge im Einzelzeitfahren anknüpfen. Auf der neunten Etappe der Tour de Suisse 2010 gewann er das Einzelzeitfahren. Bei den Deutschen Straßen-Radmeisterschaften konnte er sich das deutsche Meistertrikot sichern. Bei der Tour de France 2010 konnte Martin zwei zweite Plätze im Zeitfahren erringen; er musste sich im Prolog und im Einzelzeitfahren nur Fabian Cancellara geschlagen geben. Seinen bis dahin größten Erfolg konnte er mit dem Gewinn der Gesamtwertung der Eneco Tour feiern, auf der er das abschließende Einzelzeitfahren gewann.
2011 siegte Martin im Februar bei der Algarve-Rundfahrt. Im März konnte er nach einem Sieg im Einzelzeitfahren bei Paris-Nizza das Gelbe Trikot erobern und verteidigte es bis zum Ende der Rundfahrt. Mit dem bis dahin größten Erfolg übernahm er die Führung in der Weltrangliste[4]. Im April desselben Jahres schloss er die Tour de Romandie, die ebenfalls zur UCI WorldTour gehört, als 2. der Gesamtwertung hinter Cadel Evans und vor Alexander Winokurow ab. Bei der Tour de France gewann er das einzige Einzelzeitfahren vor Cadel Evans und Alberto Contador. Auch bei der Vuelta a España konnte er das Einzelzeitfahren für sich entscheiden, hier vor Chris Froome und Bradley Wiggins.
Am 1. September 2011 gab Tony Martin bekannt, ab 2012 für das belgische Team Quick-Step zu fahren und sich im Jahr 2012 vor allem auf das olympische Zeitfahren zu konzentrieren.[5] 20 Tage später, am 21. September 2011, gewann er bei den UCI-Straßen-Weltmeisterschaften 2011 im dänischen Kopenhagen das Zeitfahren und errang somit erstmals einen WM-Titel. Bei der Tour of Beijing, die erstmals zur UCI WorldTour gehörte, konnte er das im Auftaktzeitfahren gewonnene Führungstrikot bis zum Ende der Rundfahrt verteidigen und damit nach Paris-Nizza das zweite Etappenrennen dieser höchsten Kategorie 2011 gewinnen.
Martin gab die Tour de France 2012 nach einem Kahnbeinbruch infolge eines Sturzes auf deren 1. Etappe auf. Obwohl der Bruch bei den Olympischen Spielen noch nicht völlig ausgeheilt war, konnte er beim Zeitfahren hinter dem frisch gekürten Gewinner der Tour de France Bradley Wiggins die olympische Silbermedaille gewinnen.[6] Erst ab Ende September verlief die Saison vergleichbar zum Vorjahr. Martin konnte bei der Straßenweltmeisterschaft in Limburg seinen Zeitfahrsieg aus dem Vorjahr wiederholen und im Team auch das nach 16 Jahren wieder ausgetragene Mannschaftszeitfahren gewinnen. Außerdem gewann er danach erneut die Tour of Beijing. Im Gegensatz zu seinen früheren Rundfahrsiegen fuhr er hier den entscheidenden Vorsprung für den Gesamtsieg nicht in einem Zeitfahren heraus – die Tour of Beijing hatte 2012 keines im Programm –, sondern holte mit einer Solofahrt auf der zweiten Etappe 46 Sekunden Vorsprung.[7]
Während der Saison 2013 konnte er wieder das Einzelzeitfahren der Tour de France gewinnen. Außerdem holte er seinen dritten Weltmeistertitel im Einzelzeitfahren und seinen zweiten Weltmeistertitel im Mannschaftszeitfahren.
In der Saison 2014 gewann er zwei Etappen der Tour de France, darunter erstmals auch eine Etappe, die kein Einzelzeitfahren war. Außerdem konnte er für einen Tag das Gepunktete Trikot des Führenden in der Bergwertung tragen.[8] Bei der Vuelta a España 2014 gewann er das lange Zeitfahren. Nach seiner Aufgabe der Rundfahrt wurde er bei der anschließenden Weltmeisterschaft im Mannschaftszeitfahren Dritter und im Einzelzeitfahren Zweiter.
Da die Tour de France 2015 mit seiner Spezialdisziplin einem Einzelzeitfahren über 13,8 km begann, war eines der Hauptziele von Martin für die Saison 2015 über eine gute Platzierung, möglichst jedoch einen Sieg in jenem Einzelzeitfahren das Tragen des Gelben Trikots[9][10] Er belegte bei diesem mit fünf Sekunden Rückstand auf Rohan Dennis den zweiten Platz. Auch auf den folgenden beiden Etappen verpasste er jeweils um wenige Sekunden die Übernahme der Führung in der Gesamtwertung.[11] Auf der mit vielen Kopfsteinpflasterabschnitten versehenen 4. Etappe gelang es ihm jedoch durch einen Soloangriff drei Kilometer vor dem Ziel das Gelbe Trikot des Gesamtführenden zu übernehmen. Dieses trug er bis zur 6. Etappe von Abbeville nach Le Havre, wo er knapp 1000 Meter vor dem Ziel so schwer stürzte, dass er sich das Schlüsselbein brach und zur 7. Etappe nicht mehr antreten konnte.[12]
Die Tour de France 2016 gab Tony Martin auf der letzten Etappe in Paris wegen Knieschmerzen auf.[13] Im Zeitfahren der anschließenden Olympischen Spiele belegte er mit 3:18 Minuten Rückstand auf Olympiasieger Fabian Cancellara nur den 12. Rang. Zum Saisonende gewann er bei den Weltmeisterschaften mit seinem Team Etixx-Quick Step seinen dritten Titel im Mannschaftszeitfahren und anschließend seinen vierten Titel im Einzelzeitfahren.
Im Jahr 2017 wechselte Martin zum Team Katusha Alpecin. Während der Tour de France 2018 kam Martin auf der achten Etappe durch einen Massensturz zu Fall, zog sich einen Wirbelbruch zu und musste aufgeben.[14]
Zur Saison 2019 wechselte Martin zum niederländischen Team Jumbo-Visma. Er bestritt die Tour de France 2019 als Helfer, wurde nach der 17. Etappe jedoch aufgrund unsportlichen Verhalten disqualifiziert, da er Luke Rowe abgedrängt hatte, der sich mit einem Faustschlag revanchierte und ebenfalls disqualifiziert wurde. Beide Fahrer entschuldigten sich in einem gemeinsamen Video. Die Einsprüche der Teams gegen die Entscheidung der Jury blieben erfolglos.[15] Zum Zeitpunkt seines Ausscheidens hatte Martins Team drei Etappen gewonnen und belegte mit Steven Kruijswijk den dritten Rang in der Gesamtwertung. Bei den Weltmeisterschaften 2019 gewann er mit der deutschen Mannschaft die Mixed-Staffel.
Die Tour de France 2021 gab Martin auf der elften Etappe nach einem Sturz auf. Bereits auf der ersten Etappe war er in einen durch eine Zuschauerin ausgelösten Massensturz verwickelt. Kurz vor dem Beginn der Weltmeisterschaften 2021 teilte er mit, dass er im Einvernehmen mit dem Teammanagement den noch bis Ende 2022 laufenden Vertrag aufgelöst habe und als letzte Rennen seiner Karriere im Rahmen der Weltmeisterschaft das Einzelzeitfahren und die Mixed-Staffel bestreiten werde. Zu seiner Entscheidung hätten auch die zahlreichen schweren Stürze in jüngster Vergangenheit beigetragen.[16] Beim WM-Einzelzeitfahren erreichte er den sechsten Platz.[17] In der Mixed-Staffel wurde er gemeinsam mit der deutschen Mannschaft zum Abschluss seiner Karriere zum achten Mal Weltmeister.
Erfolge
Wichtige Platzierungen
Weltmeisterschaft | 2008 | 2009 | 2010 | 2011 | 2012 | 2013 | 2014 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 |
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StraßenrennenStraße | – | DNF | DNF | 166 | – | – | DNF | 88 | DNF | 69 | – | – | – | – |
EinzelzeitfahrenEZF | 7 | 3 | 3 | 1 | 1 | 1 | 2 | 7 | 1 | 9 | 7 | 9 | – | 6 |
MannschaftszeitfahrenMZF | – | – | – | – | 1 | 1 | 3 | 2 | 1 | 9 | 11 | 2 | – | 1 |
Grand Tour | 2008 | 2009 | 2010 | 2011 | 2012 | 2013 | 2014 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 |
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Giro d’ItaliaGiro | 128 | – | – | – | – | – | – | – | – | – | 110 | – | DNF | – |
Tour de FranceTour | – | 36 | 137 | 44 | DNF | 106 | 47 | DNF | DNF | 101 | DNF | DSQ | 118 | DNF |
Vuelta a EspañaVuelta | – | – | – | DNF | DNF | DNF | DNF | – | – | – | – | DNF | – | – |
Auszeichnungen
- 2009
- Radsportler des Jahres des BDR
- 2011
- 2012
- Thüringer Sportler des Jahres (Landessportbund Thüringen & Sporthilfe Thüringen)[19]
- 2016
- Radsportler des Jahres des BDR
- 2021
- Radsportler des Jahres des BDR
Weblinks
- Offizielle Website
- Tony Martin in der Datenbank von ProCyclingStats.com
- Tony Martin in der Datenbank von Radsportseiten.net
- Tony Martin in der Datenbank von Olympedia.org (englisch)
Einzelnachweise
- Tom Mustroph: Dolph Lundgren und der Panzerwagen. In: Tagesspiegel. 22. Juli 2014, abgerufen am 19. Juli 2018.
- Uwe Gerth: Schon weltmeisterlich im Rennschlitten und Ringen. Spitzensportförderung auf dem Meininger Drachenberg – Die Sportfördergruppen der Thüringer Polizei – Erste Absolventen bekommen Zeugnisse. In: Meininger Tageblatt. 30. Januar 2008, S. 9 (thueringen.de [PDF; 573 kB; abgerufen am 19. Juli 2018]). Schon weltmeisterlich im Rennschlitten und Ringen (Memento vom 19. August 2011 im Internet Archive)
- Jürgen Löhle: Die Tour de France. Deutsche Profis und ihre Erfolge. Delius-Klasing, Bielefeld 2017, ISBN 978-3-667-10922-4, S. 158.
- Manuel Schwarz / dpa: Martin neue Nummer eins der Welt. In: eurosport.yahoo.com. 14. März 2011, archiviert vom Original am 19. März 2011; abgerufen am 19. Juli 2018.
- Martin wechselt für drei Jahre zu Quick-Step. In: rad-net.de. 1. September 2011.
- Tony Martin: Silber ist wie ein Sieg. In: radsport-news.com. 1. August 2012, abgerufen am 19. September 2021.
- Martin gewinnt zweite Etappe in Peking – Gesamtführung. In: rad-net.de, 10. Oktober 2012.
- Tony Martin deklassiert die Konkurrenz. 20. Etappe der Tour de France. In: Sportschau. 24. Juli 2014, archiviert vom Original am 5. August 2014; abgerufen am 19. Juli 2018.
- Felix Mattis: Tony Martin: Große Ziele für 2015. In: eurosport.yahoo.com. 20. November 2014, archiviert vom Original am 2. Juni 2015; abgerufen am 29. Juli 2015.
- Tony Martin will das Gelbe und das Regenbogen-Trikot. In: rad-net.de. 21. April 2015, abgerufen am 19. Juli 2019.
- Tour de France: Tony Martin fährt ins Gelbe Trikot. In: spiegel.de. 7. Juli 2015, abgerufen am 7. Juli 2015.
- Tour de France: Aus für Spitzenreiter Tony Martin. In: zeit.de. 9. Juli 2015, abgerufen am 9. Juli 2015 (Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, jen).
- Knieschmerzen – Tony Martin gibt 50 Kilometer vor dem Ziel auf. In: radsport-news.com. 24. Juli 2016, abgerufen am 24. Juli 2016.
- Tony Martin muss die Tour mit Wirbelbruch aufgeben. In: radsport-news.com. 14. Juli 2018, abgerufen am 14. Juli 2018.
- Einsprüche gegen Disqualifikation von Martin und Rowe abgelehnt. In: radsport-news.com. 25. Juli 2019, abgerufen am 25. Juli 2019.
- Tony Martin beendet nach der Straßen-WM seine Karriere. In: radsport-news.com. 19. September 2021, abgerufen am 19. September 2021.
- „Legende“ Martin hört auf und verpasst Medaille, Rheinpfalz.de, 19. September 2021
- Tony Martin ist Radsportler des Jahres. In: radsport-news.com, 1. Januar 2012, abgerufen am 21. Oktober 2018.
- Dirk Pille, Marco Alles: Vogel, Martin und THC-Frauen sind Thüringer Sportler des Jahres. In: thueringer-allgemeine.de. Thüringer Allgemeine, 23. Dezember 2012, abgerufen am 23. Dezember 2012.