Etappenrennen
Als Etappenrennen werden alle Straßenradrennen bezeichnet, bei denen an mehreren Tagen nacheinander einzelne Wettkämpfe – so genannte Etappen – ausgetragen werden, deren Ergebnisse als gefahrene Zeiten in einer Gesamtwertung addiert und damit zusammengefasst werden. Werden dagegen für die Einzelergebnisse Punkte vergeben und addiert oder spielt die Gesamtwertung – auch als Zeitwertung – eine gegenüber den Tageswertungen (z. B. von den Preisgeldern) eher untergeordnete Rolle, so spricht man von einer Rennserie. Etappenrennen werden zum Teil auch als Rundfahrten bezeichnet, insbesondere wenn der Startort des ersten Abschnitts und der Zielort des letzten Abschnitts identisch sind oder das Etappenrennen ein bestimmtes Land oder eine bestimmte Region abdecken soll.
Auch in anderen Disziplinen des Radsports werden Etappenrennen ausgetragen, wie im Mountainbikesport z. B. mit dem Bike Transalp und dem Cape Epic, und in anderen Sportarten, wie z. B. dem Rallyesport, der Tour de Ski im Skilanglauf und Wettfahrten von Heißluftballons.
Geschichte
Nachdem zum Ende des 19. Jahrhunderts immer längere Eintagesrennen ausgetragen wurden, die die Radrennfahrer zunehmend überforderten (etwa ab 1891 Paris-Brest-Paris über 1200 km), ermöglichte erst die Idee eines Etappenrennens den sinnvollen Einsatz größerer Strecken. Als erstes Etappenrennen der Welt wurde 1903 die Tour de France ins Leben gerufen. Nach dem Vorbild der Tour wurden wenige Jahre später auch in Belgien (ab 1908) und Italien (mit dem Giro d’Italia, ab 1909) Landesrundfahrten eingeführt.
Reglement
Straßenradsport
Der Weltradsportverband UCI legt für internationale Etappenrennen im Straßenradsport ein verbindliches Reglement[1] fest, u. a.:
- Etappenrennen dauern mindestens zwei Tage und können aus Straßenrennen, die wie Eintagesrennen bestritten werden, Einzel- und Mannschaftszeitfahren bestehen; nicht aber aus Kriterien und Rundstreckenrennen.
- Ein Etappenrennen wird ausschließlich von Radsportteams bestritten.
- Die Gesamtwertung ist eine Einzelwertung nach Zeit. In internationalen Männer-Etappenrennen ist auch eine Teamwertung nach Zeit verbindlich. Das Sonderreglement des Veranstalters kann weitere Wertungen auf sportlicher Basis vorsehen (z. B. Punkte-, Berg-, Sprint-, Nachwuchs- oder Teamwertung nach Punkten).
- Der Führende der Gesamtwertung ist mit einem gesonderten Trikot zu kennzeichnen (meistens das „Gelbe Trikot“). Abhängig von der UCI-Kategorie des Rennens kann der Veranstalter maximal drei bis fünf weitere Führungstrikots für Sonderwertungen vergeben.
- Die Gesamtwertung ergibt sich aus der Addition der jeweils gefahrenen Zeiten, wobei Fahrer einer geschlossenen Gruppe hierbei mit derselben Zeit gewertet werden und nur volle Sekunden gezählt werden. Stürzt ein Fahrer auf den letzten drei Kilometern einer Etappe oder hat er einen Defekt, so wird er – außer bei einer Bergankunft oder in einem Einzelzeitfahren – in der Gesamtwertung mit der Zeit der Gruppe gewertet, in der er sich zuvor befand. Im Falle einer Zeitgleichheit zählen zunächst die nicht berücksichtigten Sekundenbruchteile der Einzelzeitfahren, dann die Addition der einzelnen Etappenplatzierungen und schließlich die Platzierung auf der letzten Etappe.
- Das Sonderreglement des Veranstalters kann vorsehen, dass bei Zwischensprints und am Etappenziel (außer bei Zeitfahren) Bonussekunden für die Gesamtwertung – nicht für die Teamwertung – vergeben werden, z. B. bei „Grand Tours“ 20, 12 und 8 Sekunden am Etappenziel und 6, 4 und 2 Sekunden bei bis zu 3 Zwischensprints. Die Einbeziehung der Ergebnisse von Mannschaftszeitfahretappen in die Gesamtwertung wird ebenfalls durch das Sonderreglement der Veranstaltung festgelegt.
- Die Mannschaftswertung ergibt sich aus der Addition der Zeiten der jeweils drei schnellsten Fahrer eines Teams auf jeder Etappe.
- Das Sonderreglement des Veranstalters legt die maximal zulässige Zeit auf den einzelnen Etappen abhängig von der Charakteristik (Zeitfahren, Bergetappe, Flachetappe) der Etappe fest. Überschreitet ein Fahrer diese Karenzzeit – meist ein prozentualer Zuschlag auf die Zeit des Siegers –, so darf er bei der nächsten Etappe nicht starten. Bei außergewöhnlichen Umständen (etwa Unwetter) kann die Jury eine Ausnahmeregelung treffen.
- Das Etappenrennen kann statt einer Etappe mit einem Prolog beginnen, der als kurzes Einzelzeitfahren ausgetragen wird.
- Etappenrennen über zehn Renntage müssen mindestens einen Ruhetag haben, dreiwöchige Rundfahrten („Grand Tours“) mindestens zwei.
Für nationale Etappenrennen im Straßenradsport können die nationalen Verbände abweichende Regelungen treffen.
Jedermann und Mountainbike-Etappenrennen
Für Jedermann-Etappenrennen und Mountainbike-Etappenrennen gibt es freiere Regeln. So können hier nicht nur Radsportteams, sondern auch Einzelstarter teilnehmen, wie etwa bei der Bike Transalp.
Wichtige Etappenrennen
„Grand Tours“
Das bei weitem berühmteste und älteste Etappenrennen und Radsportereignis überhaupt ist die 1903 ins Leben gerufene und seitdem jährlich im Juli ausgetragene Tour de France. Neben der Tour de France werden auch der Giro d’Italia (im Mai, seit 1909) und die Vuelta a España (im September, seit 1935) zu den „Grand Tours“ (engl. für Große Rundfahrten, urspr. frz. Grands Tours) gezählt.[1] Die „großen Rundfahrten“ heben sich vor allem durch ihre Dauer von jeweils drei Wochen sowie ein äußerst anspruchsvolles Streckenprofil hervor.
Weitere Männer-Etappenrennen
Weitere wichtige Etappenrennen für Männer sind in der UCI WorldTour (2005 bis 2010: UCI ProTour) zusammengefasst. Unterhalb der ProTour etablierte die UCI im Jahre 2005 die UCI Continental Circuits (UCI Africa Tour, UCI America Tour, UCI Asia Tour, UCI Europe Tour und UCI Oceania Tour) u. a. mit weiteren internationalen Etappenrennen und 2020 zwischen WorldTour und den kontinentalen Kalendern die UCI ProSeries.
Frauen-Etappenrennen
Mit der fortschreitenden Entwicklung des Frauenradrennsports gibt es zunehmend hochklassige Frauen-Etappenrennen. Zu den wichtigsten gehört der Giro d’Italia Femminile und die Internationale Thüringen-Rundfahrt der Frauen. Die Grande Boucle Féminine („Tour de France der Frauen“) verlor dagegen mehr und mehr an Bedeutung und wurde im Jahr 2010 nicht mehr veranstaltet. Mehrere Frauenetappenrennen wurden im Jahr 2016 in den Kalender der neu gegründeten UCI Women’s WorldTour aufgenommen.[2]
Weblinks
- Offizielle Website UCI World Tour (englisch, französisch)
- Offizielle Website UCI Continental Circuits (englisch, französisch)
Einzelnachweise
- UCI Cycling Regulations, Part II - Road Races, dort 2.6.001 ff. In: uci.org. 10. Juni 2021, abgerufen am 31. Juli 2021 (englisch).
- Womens World Tour ersetzt ab 2016 den Weltcup. radsport-news.com, 25. September 2015, abgerufen am 24. Oktober 2015.